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Die Frage, wie man denn seine Mundart am besten – und „richtig" – schreibt, haben sich schon viele Autorinnen und Autoren gestellt und stellen sie sich immer wieder. Egal, ob man Gedichte, Geschichten oder andere Texte im Dialekt verfassen, mundartliche Beiträge für Ortschroniken erstellen oder den eigenen Dialekt auf andere Weise (z.B. in einem kleinen Wörterbuch o. ä.) schriftlich dokumentieren will, man hat die Schwierigkeit, dass Dialekte vorwiegend mündlich gebrauchte Sprachformen sind, für die es kein amtliches Regelwerk zur Rechtschreibung gibt. Entsprechend weichen oftmals selbst in derselben Dialektregion die in der Mundartliteratur oder auch in Wortsammlungen usw. verwendeten Schreibungen von Verfasser/in zu Verfasser/in voneinander ab, manchmal sogar deutlich.
Beschäftigt man sich als Dialektologe mit dem Bodenseeraum, sieht man sich
sogleich vor einer ganzen Reihe von Schwierigkeiten. Da ist einmal die Frage der
dialektalen Zugehörigkeit des Gebietes: läßt es sich in seiner Stellung zwischen
dem Schwäbischen und dem Südalemannischen (Schweizerdeutschen) einem
dieser beiden Teilräume des Alemannischen zuordnen, oder ist es nur ein Übergangsgebiet,
oder handelt es sich um ein eigenständiges Sprachgebiet, und wenn
ja: welches sind dann die besonderen Charakteristika dieser Sprachlandschaft?
Der Bodenseeraum ist bekanntermaßen Grenz- und Übergangszone so wichtiger
Lauterscheinungen der deutschen Mundarten wie der "neuhochdeutschen
Diphthongierung", der Entrundung der gerundeten Palatal vokale, der k- Verschiebung
und der Zweisilberdehnung in offener Silbe (bllöe, hüs/bleiba, hous 'bleiben,
Haus'; müslmfs 'Mäuse', xind/khind 'Kind' und stiiba/stüba 'Stube'). Aber diese
Dinge sind vielfach in Fluß gekommen. Wir stehen somit in einem Problemraum
ersten Ranges und mitten in der Gliederungsproblematik des gesamtalemannischen
Sprachraums.
Die Ortenau
(1988)
Die geographische, kulturelle und geschichtliche Verbundenheit des Elsaß mit
Baden manifestiert sich in der Gleichartigkeit der Mundarten rechts und links
des Rheins. Wenn Theodor Frings von der Korrespondenz der Dialektlandschaften
rechts und links des Rheins spricht (1926, S. 184 ), dann trifft dies
nicht nur auf den Nieder- und Mittelrhein, sondern auch auf den mittelbadischen
Oberrhein zu.
Z'dritt odr manchmal au z'viert - denno isch's eweng eng wore - sinn si uff dem griäne Bänkli am Eck g'hockt. Alli hänn si Mandlschirtz anghet, unn jeder het e klei wenig anderscht üsgsehne wie de ander. Morgens hett als d'Nochberi üsm Fenschdr gluegt unn het ä scheener Dag gwunsche: im Nachdhemm, mitm Haarnetz uffm Kopf unn noch ohni Zähn. D' andr Nochberi het als Deppich klopft im Hof un bi Gwiddr het si bi gschlossene Fenschderläde vorere gweihde Kerz s' Vadder Unser beddet.
Die aus der Abtei Lichtenthal stammende Handschrift L 89 der Badischen Landesbibliothek enthält Auszüge einer alemannischen Übertragung des Legatus divinae pietatis der hl. Gertrud von Helfta. Sie ist datiert mit 1566 und wurde weithin geschrieben von Äbtissin Barbara Veus (1551-1597), was aus der dem Konvent gewidmeten Schlussschrift hervorgeht. Eine mit dem Monogramm S B genannte Mitschreiberin ist Sr. Salome Beck. Etwa 20 Blatt wurden von einer dritten unbekannten Hand geschrieben. Leider lässt die in der Schlussschrift enthaltene Widmung an den Konvent dyß buoch habent ich und euwer liebe mitschwester euch geschryben nicht er- kennen, ob der Text die Kopie einer anderen, vielleicht gar einer bestimmten Handschrift ist, oder ob es sich um eine ganz oder teilweise selbständige Über- tragung aus dem Lateinischen handelt. Über die Herkunft der Schreiberinnen liegen nur bei Barbara Veus nähere Angaben vor. Sie ist eine Tochter des Hieronymus Veus, der Doktor beider Rechte, zeitweilig Rektor der Universität Freiburg und nach 1518 Kanzler des Markgrafen Philipp I. von Baden war. Der Inhalt der L 89 entspricht ziemlich genau der lateinischen Edition des
Legatus divinae pietatis, die 1536 in Köln unter dem Titel Insinuationum divinae pietatis libri quinque herausgegeben wurde und wegen der vorangestellten Apologetica des Kartäusers Johannes Lansperg gelegentlich unter dessen Namen überliefert ist. Sie weicht von der 1875 durch die Benediktiner von Solesmes veröffentlichten „Originalfassung" ab, die in verkürzter Form in verschiedenen deutschsprachigen mundartlichen Fassungen bereits seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu finden ist. Dieser Unterschied ist schon in einem relativ kleinen Textvergleich erkennbar.
Die Carta Caritatis des Zisterzienserordens in einer alemannischen Handschrift des 16. Jahrhunderts
(2006)
Die Handschrift K1 L 46 des Klosters Lichtenthal kann den Wasserzeichen ihres Papiers nach ab 1500 entstanden sein. Auf ihrem Vorderspiegel notierte im 18. Jahrhundert eine unbekannte Hand den Titel Deffinitiones capitulorum generalium ordinis Cisterciensis ad monasterium Liechtenthal spectantes. Wer diese Sammlung von Verfassungstexten für Lichtenthal schrieb, ist unbekannt. Die Annalen des Klosters berichten jedoch die Unterbringung von Herrenalber Mönchen in Lichtenthal nach der 1535 erfolgten Aufhebung ihrer Abtei durch Herzog Ulrich I. von Württemberg. Man kann annehmen, dass einer von ihnen den Zisterzienserinnen die Verfassungstexte des Ordens zugänglich machte, indem er sie aus dem Lateinischen in die alemannische Mundart übertrug. Die Carta Caritatis ist das von Abt Stephan Harding und seinen Mitbrüdern um 1118/19 in Citeaux erstellte Grundgesetz des Ordens. Der Schreiber überliefert sie in der überarbeiteten Fassung, die heute als Carta Caritatis posterior bezeichnet wird. Sie wurde geschrieben, als der Orden durch die zahlreichen Gründungen der Primarabteien La Ferte (1113), Pontigny (1114), Clairvaux (1115) und Morimund (1115) gewachsen war. Ihre Zusammenstellung erfolgte wohl bald nach der Billigung der Veränderungsabsichten durch Papst Alexander III. im August 1165.
Vor 50 Jahren wurde in Freiburg i. Br. die Muettersproch-Gsellschaft e. V. gegründet. Der erklärte
Vereinszweck war die Erhaltung und Pflege der Mundart, die in Südbaden gesprochen
wird. Gegründet wurde die Gemeinschaft auf die Initiative von in Alemannisch schreibenden
Kulturschaffenden hin. Doch ab den 70er Jahren gelang es, den Unterstützerkreis auf all die
zu erweitern, denen der Fortbestand des Alemannischen und die positive Wahrnehmung der
Mundart in der Öffentlichkeit am Herzen lagen.
"Bi uns cha me au alemannisch schwätze“.
So steht es auf dem kleinen blauen „Bäpperli“,
das zum Markenzeichen der Muettersproch-
Gsellschaft geworden ist und das dem Verein
einen festen Platz in der heimatverbundenen,
südbadischen Vereinslandschaft eingebracht
hat.
Das war nicht immer so. Die Muettersproch-
Gsellschaft war bei ihrer Gründung ein
zartes Pflänzchen, das gepäppelt werden musste.
Anfang der 1960er-Jahre traf sich ein
Arbeitskreis von alemannischen
Mundartdichtern,
dessen Motor der aus Sulzburg
stammende Hubert
Baum war. Mit zu dem
Dichterzirkel gehörten Karl
Kurrus (Endingen), sowie
Richard Gäng (Freiburg),
der Hausacher Eugen Falk-
Breitenbach und der Stühlinger
Hans Matt-Willmatt
sowie die Dichterinnen Ida
Preusch-Müller (Müllheim),
die Elsässerin Lin Ritter-
Potyka, die aus Obereggenen
stammende Lina Kromer, sowie Hedwig
Salm und Gertrud Albrecht (beide Freiburg).
Die Handschrift L 89 mit dem „both der göttlichen myltigkeit“ befindet sich in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe. Äbtissin Barbara Veus, die das Kloster Lichtenthal in der schwierigen Zeit von 1551 bis 1597 regierte, widmet in einer Schlußschrift dieses Buch dem Konvent mit dem Hinweis, sie habe es für ihn zusammen mit einer Mitschwester geschrieben. Leider fügt sie nicht hinzu, ob sie es unmittelbar aus dem Lateinischen ins Alemannische übertragen oder aus einer bereits vorhandenen Übertragung übernommen hat. Ihre Ausbildung als Tochter des Badischen Kanzlers Hieronymus Veus und die gelegentlich originelle Wortwahl lassen jedoch vermuten, daß sie die Übersetzerin war. Als Vorlage diente wahrscheinlich die Edition des Kölner Kartäusers Johannes Landsperg von 1536. Dies ergibt sich durch einen Vergleich mit der deutschen
Übertragung von Michael Sintzel.
»Alemannisch dunkt üs guet«
(2010)
Endlich gibt es ein Wörterbuch des Alemannischen, wissenschaftlich ausgearbeitet und benutzerfreundlich, ein Band mit rund 400 Seiten. Das Werk enthält den Dialektwortschatz der Bevölkerung zwischen Hochrhein, Oberrhein, Hochschwarzwald und Baar bis zum Bodensee, d. h. das Alemannische in Mittel- und Südbaden. Ausgegrenzt ist damit das Alemannische im Elsass, in der Schweiz und in Vorarlberg sowie das schwäbische Alemannisch. Das Wörterbuch dokumentiert und interpretiert unsere heimische Mundart.