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"Freut euch mit Jerusalem!"
(2023)
“[I]n dem jar Christe 1489 war ein gar großes jubileum ußgangen von dem päpstlichen stuel zue Rom, dergleichen in vil jaren nie geschehen. Und disse große gnadt war auch der statt Villingen verkindt.” Das schreibt Juliane Ernstin (1589 – 1665), die Verfasserin der Chronik des Konvents von St. Klara im Villinger Bickenkloster und dessen Äbtissin zwischen 1655 und 1665. Demnach hatte der Papst 1489 der Stadt Villingen die Feier eines stellvertretenden römischen Jubeljahrs gewährt. Soweit ich sehe, wird dieses Ereignis in keiner anderen Quelle erwähnt. Trotz dieses Umstands und obgleich das Jahr (keineswegs ein „rundes“) und der Ort für ein derartiges Ereignis ungewöhnlich und überraschend erscheinen mögen, waren solche Anlässe dennoch alltäglich und beliebt: In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, und schon zuvor, suchten eine Reihe von Städten um die Erlaubnis nach, das römische Jubeljahr bei sich zu feiern. Beispiele sind Augsburg und Ulm 1451, Erfurt 1488, Nürnberg 1489 sowie Hamburg und Lübeck 1503.
Nachdem bereits 1927 unter Vorsitz des Nazivordenkers Alfred Rosenberg der „Kampfbund für Deutsche Kultur“ gegründet worden war, begann mit dem Aufstieg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) Anfang der 1930er-Jahre, die Intoleranz gegenüber avantgardistischen Künstlern einen zunehmend repressiven Charakter anzunehmen. Gleich nach der sogenannten „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurde der gesamte Kulturbereich zentralisiert und im Interesse der neuen Machthaber durchstrukturiert. Dem im März 1933 eingerichteten Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unter Leitung von Joseph Goebbels kam dabei eine zentrale Rolle zu. Durch das wenige Wochen später erlassene Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums wurden zahlreiche jüdische und nicht systemkonforme Lehrende an den Akademien sowie Mitarbeiter von Museen in ganz Deutschland entlassen. Schließlich wurden im Juli auf Erlass des Reichsministeriums alle Künstlervereinigungen und Kunstvereine gleichgeschaltet und in das Reichskartell der bildenden Künste überführt. Wenige Wochen später erfolgte die Gründung der Reichskulturkammer. Sieben Einzelkammern erfassten sämtliche kulturellen Bereiche: Musik, Theater, Schrifttum, Presse, Rundfunk, Film und auch die bildenden Künste. Wer der Reichskulturkammer bis zum 15. Dezember 1933 nicht beitreten wollte oder konnte, hatte fortan keine Möglichkeit mehr, seinen Beruf auszuüben. Voraussetzung für die Aufnahme war die deutsche Staatsangehörigkeit und der Nachweis einer „arischen“ Abstammung, doch auch aus politischen oder anderen Gründen „unerwünschte“ Künstler konnten mit dieser perfiden Maßnahme auf Einfachste ausgegrenzt werden.
Es war ‚Martins-Tag’. Der Tag des Heiligen aus Tours. Am Abend des 11. November wurden, wie seit vielen Jahren, im Nach-Spiel vom ‚hohen Roß’ herab in Stadt und Land viele ‚Mäntel zerteilt’, in strahlenden Kinderaugen spiegelten sich Lampions und auch in der Neckar-Stadt sangen helle Stimmen laut „Laterne, Laterne…”. An diesem Abend 2009 kamen Astrid Ihle, Simone Jung, Heiderose Langer und Wendelin Renn zum ersten Mal zusammen. Sie saßen im Restaurant Ochsen und sie aßen traditionell Martins-Gans. Die drei Kolleginnen von der Sammlung Grässlin in St. Georgen, vom Museum Biedermann aus Donaueschingen und von der Kunststiftung Erich Hauser in Rottweil hatte Wendelin Renn nach Schwenningen
eingeladen...
Mehr als dreihundert Kunstwerke, Ölgemälde, Graphiken und Skulpturen von verschiedenen Künstlern der Region, aber auch von international bekannten Meistern
beherbergt die Sammlung des Ehepaars Brigitte und Egon Dehner aus Bad Dürrheim und bildet so einen verborgenen Kunstschatz der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg. Ende 2007 habe ich dazu den Sammlungskatalog "Vom Impressionismus
in die Moderne - Sammlung Dehner" herausgegeben.
Die primär topographisch orientierte Bezeichnung des Rheins und seiner angrenzenden Landschaftsräume blieb im Abschnitt zwischen Basel und dem Bodensee bis in
die jüngere Vergangenheit schwankend. So wurde dieser Bereich in verschiedenen
Publikationen unter dem Begriff „Oberrhein“ subsumiert. Abgesehen von der Frage, ob sich mit dieser primär geographisch orientierten Gliederung auch aus historischer Sicht ein sinnvolles Betrachtungsfeld abgrenzen lässt, scheint deshalb im Hinblick auf die vorliegende Arbeit eine grundlegende begriffliche Klärung sinnvoll.
Nachfolgend wird der Untersuchungsbereich mit dem mittlerweile im wissenschaftlichen und politischen Sprachgebrauch dies- und jenseits des Stromes gebräuchlichen Terminus „Hochrhein“ umschrieben. Der Beitrag bezieht sich auf den Abschnitt zwischen Kaiseraugst und Waldshut-Tiengen sowie die im Norden und
Süden anschließenden Gebiete, deckt sich also weitgehend mit dem vorderösterreichischen Hoheitsbereich im südlichsten Breisgau, den die zuständigen Verwaltungsorgane im 18. Jahrhundert als „Oberes Rheinviertel“ bezeichneten.
Vorbemerkung: Der Verfasser hat zu dem von Michael Brunner und Marion Harder-Merkelbach herausgegebenen Band »11oo Jahre Kunst und Architektur in Überlingen (850-1950)« einen Beitrag über »Kunstwissenschaftler in Überlingen« beigesteuert.
Der vorgesehene Umfang schloss den Abdruck autobiographischer Texte und einschlägiger biographischer Darstellungen, auf die der Verfasser während seiner Recherchen
stieß, leider aus. Da es sich dabei jedoch meistenteils um unbekannte Arbeiten und nachgelassene Texte handelt, die im Kontext biographischer Forschung der Kenntnis wert
sind, schien es sinnvoll, dieses notgedrungene Versäumnis in einer umfangreicheren
Form nachzuholen. Dies wird in diesem Beitrag versucht. Wie bereits die Beschränkung
auf das 20. Jahrhundert einerseits und auf die deutsche Bodenseeseite andererseits belegt, kann es sich hierbei nur um einen Ausschnitt handeln. Von daher erklärt sich auch
die auffällige Prägung des ausgewählten Personenkreises durch die politische Geschichte
des 20. Jahrhunderts.
Menschen und Landschaften
(2005)
Vom 14. Februar bis zum 18. April 2004 wurde im Franziskanermuseum die Ausstellung „Menschen und Landschaften. Kunst aus Villingen“ gezeigt. Höhepunkte des lokalen Kunstgeschehens des 17. bis 20. Jahrhunderts aus Museumsbeständen – darunter eine Reihe von Neuerwerbungen der vergangenen Jahre, die erstmals zu sehen waren –
bildeten den Grundstock der Ausstellung. Doch erst großzügige Leihgaben aus Privatbesitz machten es möglich, bewusst Schwerpunkte zu bilden. Oberstes Kriterium für die Auswahl der Exponate war künstlerische Qualität. Das ist eine sehr ungenaue Größe und in einem kulturgeschichtlich ausgerichteten Museum wird sie nur selten benutzt. Doch je besser ein Bild ist, desto aussagekräftiger ist es auch als Zeichen seiner Zeit und des kulturellen Umfeldes, in dem es entstand, desto mehr
Zeugniswert für die Geschichte vor Ort hat es.
Vorausgegangen ist diesem Essay ein Vortrag im Museum, der fraglos ziemlich kühn in seiner Ankündigung war: Ist das Markgräflerland eine „Kunstprovinz" oder ist die Kunst hier im Markgräflerland doch nur provinziell? Zum Begriff „Kunstprovinz". Diese erste Frage ist ein wenig Lockvogel-Attrappe und sollte rasch beseitigt werden. Dem Begriff
,,Kunstprovinz" haftet heute ein unauslöschliches Odium des Pejorativen, des Unfreien, Stubenhockerischen, Verengten an. Das war aber nicht immer so. Die berühmtesten Kunstprovinzen erblühten im Italien der Renaissance, in der Toscana. (Ganz nebenbei: Unter deren herrlichen Früchten lässt sich ja auch ziemlich viel von musealem Kunst-Dörrobst finden). Heute
spricht man, um dem Missverständnis vorzubeugen, bei solchen Kunstprovinzen lieber von Kunstlandschaften, Regionen oder von Schulen. Wahrscheinlich drückt sich in dieser Zurückweisung des Begriffes „Kunstprovinz" auch der Zweifel aus, ob in einer Landschaft, in ihrem „Blut und Boden", überhaupt noch derartige Wirkungsmacht steckt. Jedenfalls haben jüngere Kunstregionen mit etwas weniger kunstgeschichtlichem Strahlenglanz auszukommen. Die Pleinairisten von Pontoise, die das Silberlicht der Erlen so hingebungsvoll perfektionierten, wussten sich bereits zu bescheiden.