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Bruno Epples Spiegelbilder
(2000)
Ich habe ihn gesehen, dort in seinem Atelier, manches Mal, und er hat auch davon erzählt. Er arbeitet diszipliniert, Stunde um
Stunde. Das Atelier hat ein großes Fenster, hinaus in den Garten. Dennoch ist er ganz bei sich selbst, schöpfend aus seinen inneren Bildern. Musik ist sein Vorhang, literarische Texte aus Kassetten. Das schirmt ihn ab, birgt ihn bei sich selbst.
Besuch im Atelier
(2000)
Da sitze ich, unbekümmert und selbstvergessen, im Atelier, pinsle vor mich hin, der hohe Sommer brandet durchs Land, durchflimmerte Stille rundum, mir behagt’s in meinem Gehäuse, nichts bedrängt, nichts verlangt, ich kann in Hingabe verweilen, nicht neide ich den Urlaubern ihr Badeglück. Da kann es vorkommen, daß ein Auto gewichtig den Rebberg herauffährt, ein fremdes, wie ich am Brummen höre, das wie suchend den Weg zum Haus heranpirscht, einbiegt und mit einem Ruck hält: Hallo, wir sind da, so gebärdet es sich, wir haben dich gefunden! Ich lege den Pinsel aus der Hand, wechsle
die Brille, schaue durch die offenstehende Tür hinaus, derweil drei, vier Leute dem schweren Wagen entsteigen.
Friedrich Adler, Professor für ornamentische Gestaltung in Hamburg (1926-33), galt in seiner Zeit bereits als bedeutender Künstler in vielfältigen Arbeitsgebieten des Kunstgewerbes und der Glaskunst. Wenngleich die Mehrzahl seiner Entwürfe und Kunstwerke profaner Art sind, so stellte er, jüdischen Glaubens, doch auch eine große Anzahl sakraler Kunstwerke her, die im privaten Bereich und in Synagogen ihren Platz fanden. Mehrfach griff er das biblische Thema „die 12 Stämme Israels“ in Glasfenstern auf: in der Synagoge von Hamburg, in der Synagoge der „Werkbund-Ausstellung“ in Köln-Deutz (1914) und für die kleine Markenhof-Synagoge in Burg bei Kirchzarten (s. auch vorstehenden Beitrag!), deren Fenster als einzige erhalten sind. Die breite Palette seines Schaffens zeigen Museumsstücke in Karlsruhe, Berlin, Stuttgart, Philadelphia und Chicago. 1994/ 95 wurde eine Ausstellung mit dem Titel: „Friedrich Adler - zwischen Jugendstil und Art Deco“ von Laupheim aus in vielen Städten Deutschlands und in den USA präsentiert. Sie machte die Vielfalt seiner künstlerischen Gestaltungskraft sichtbar. In seinem Geburtsort, dem oberschwäbischen Groß-Laupheim, sind Werke seiner Kunst in einer ständigen Ausstellung zu betrachten.
August Babberger
(2000)
Wenn von der Zeit des deutschen Expressionismus gesprochen wird, fehlt der Name August Babberger; er fehlte in den zahlreichen Ausstellungen, die dieser Epoche gewidmet wurden. So unverständlich dies klingen mag, es läßt sich aus verschiedenen Gegebenheiten heraus erklären: August Babberger war ein Einzelgänger, schloß sich keiner der Gruppen und Bewegungen an, hielt sich auch bewußt vom Kunsthandel und dessen nervösen Betriebsamkeit fern und geriet so in Vergessenheit. Schon zu Lebzeiten kamen selten Ausstellungen für ihn zustande. Zwanzig Jahre nach seinem Tode brach
Karlsruhe mit einer großen Ausstellung 1956 zum ersten Mal das Schweigen um den Maler August Babberger. Am 8. Dezember 1885 wurde August Babberger in Hausen im Wiesental geboren. Sein Vater war Zimmermann und stammt aus Auggen, seine Mutter stammt aus Strittmatt im Hotzenwald, seine Vorfahren waren Bauern.
Vorausgegangen ist diesem Essay ein Vortrag im Museum, der fraglos ziemlich kühn in seiner Ankündigung war: Ist das Markgräflerland eine „Kunstprovinz" oder ist die Kunst hier im Markgräflerland doch nur provinziell? Zum Begriff „Kunstprovinz". Diese erste Frage ist ein wenig Lockvogel-Attrappe und sollte rasch beseitigt werden. Dem Begriff
,,Kunstprovinz" haftet heute ein unauslöschliches Odium des Pejorativen, des Unfreien, Stubenhockerischen, Verengten an. Das war aber nicht immer so. Die berühmtesten Kunstprovinzen erblühten im Italien der Renaissance, in der Toscana. (Ganz nebenbei: Unter deren herrlichen Früchten lässt sich ja auch ziemlich viel von musealem Kunst-Dörrobst finden). Heute
spricht man, um dem Missverständnis vorzubeugen, bei solchen Kunstprovinzen lieber von Kunstlandschaften, Regionen oder von Schulen. Wahrscheinlich drückt sich in dieser Zurückweisung des Begriffes „Kunstprovinz" auch der Zweifel aus, ob in einer Landschaft, in ihrem „Blut und Boden", überhaupt noch derartige Wirkungsmacht steckt. Jedenfalls haben jüngere Kunstregionen mit etwas weniger kunstgeschichtlichem Strahlenglanz auszukommen. Die Pleinairisten von Pontoise, die das Silberlicht der Erlen so hingebungsvoll perfektionierten, wussten sich bereits zu bescheiden.
Es gibt verschiedene Wege, sich mit Geschichte zu beschäftigen. Einer davon ist der Zugang über Biographien. Ob ich die Vergangenheit geistesgeschichtlich oder sozialgeschichtlich deute, ob ich nach Verfassungen, Gesetzen oder Bekenntnissen frage, immer ist der Mensch der Agierende und der Reagierende, Täter und Opfer. Er ist Träger neuer Ideen und Verteidiger der alten. Er findet Verhältnisse von seinen Vorfahren vor und gestaltet neu für seine Nachkommen, er ist Kind seiner Zeit und gleichzeitig prägt er seine Zeit. Was ich intellektuell sezieren und unterscheiden kann, fließt zusammen in der Existenz eines Menschen. In einer Biographie muss darum beides zum Ausdruck kommen: was der Mensch vorfindet und was er selbst beiträgt. Nun gibt es einen Faktor, der den Menschen in doppelter Hinsicht prägt, der seine Verhältnisse, die Bedingungen, die er vorfindet, mitbestimmt, und gleichzeitig seine körperlichen, seelischen und geistigen Fähigkeiten bedingt: die Familie. Neben der „Biographie“ eines Einzelnen ist darum auch die „Oikographie“ einer Familie, eines Geschlechts, von Interesse, vor allem dann, wenn Familien Geschichte geprägt haben. Betrachtet man die Geschichte der badischen Landeskirche, dann sind es bestimmte Namen, die unter den Pfarrern, später auch Pfarrerinnen, immer wieder auftauchen, seit dem 16. Jahrhundert begegnen uns beispielsweise die Familien Fecht, Hitzig, Sachs oder Eisenlohr und bis in die heutige Zeit hinein Bender, Kühlewein oder Schmitthenner. Nicht immer sind Vater und Sohn gleichermaßen bedeutsam in ihrem Beitrag für die Geschichte, nicht immer folgt der Sohn dem Vater in das geistliche Amt, manchmal sind es erst Enkel oder Urenkel, und nicht immer übernimmt der Nachkomme automatisch die theologische Position seiner Vorfahren, oft muss er sich nicht nur mit dem theologischen Erbe seiner Zeit, sondern mit dem theologischen Erbe der Väter auseinandersetzen, um eine eigene Position zu finden. Und dennoch findet man immer wieder auch das Familientypische.
Eine Familie, die unsere badische Kirche und Gesellschaft seit dem 18. Jahrhundert geprägt hat, ist die Familie Frommel. Zahlreiche Theologen, Künstler und andere Gelehrte hat sie hervorgebracht. Der vorliegende Aufsatz porträtiert den ersten Pfarrer der Familie, Johann Christoph Frommel (1724-1784), und macht durch kurze Lebensskizzen einiger seiner Nachkommen beispielhaft deutlich, wie stark Pfarrfamilien vom 18. bis 20. Jahrhundert kulturprägend und –tragend waren.