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Die Franzosen kommen!
(2020)
Eine bislang in der Regionalgeschichtsforschung des Bodenseeraums weitgehend vernachlässigte Quellengattung bilden die Einmarschberichte des katholischen Klerus, die auf Anforderung des Freiburger Ordinariats zwischen Mai 1945 und Herbst 1946 angefertigt worden sind. Sie sind im Erzbischöflichen Archiv im Bestand B 2–35/149 (Pfarrämter im Dekanat Konstanz) archiviert und sicherungsverfilmt (F 1/312). Die unmittelbare Nähe zu den Ereignissen bei der Besetzung machen sie als Quellen einzigartig, wenngleich die ausschließlich klerikale Perspektive quellenkritisch in den Blick zu nehmen ist. Deshalb wird versucht, sämtliche berichtenden Pfarrer in den Anmerkungen biographisch zu verorten und im Vorgriff auf die Einmarschberichte – wo immer möglich – auch mit Blick auf ihre Persönlichkeit und das Verhalten im Nationalsozialismus zu charakterisieren.
Erker im Bodenseeraum
(2020)
Bis ins 19. Jahrhundert waren die Städte um den Bodensee und in der Nähe des Sees kulturell eng miteinander verbunden, zumal der See sowohl in wirtschaftlicher als auch in gesellschaftlicher Hinsicht bedeutend war. Aufgrund der geografisch zentralen Lage innerhalb Europas wurde die Geschichte des Bodenseeraums lange von seiner Wirtschafts- und Verkehrssituation bestimmt. Seit römischer Zeit führten die Wege von Norden via Bodensee über die Bündner Pässe in den Süden. Auch auf der Route von Westen nach Osten, zwischen Rhein und Donau, diente der Bodensee als bedeutender und komfortabler Handels- und Transportweg. Neben dieser Bedeutung als Durchgangszone und Umschlagplatz nahm die Region noch in einer zweiten Hinsicht eine relevante wirtschaftliche Stellung ein: Angesichts des florierenden internationalen Fernhandels entwickelte sich nach dem 12. Jahrhundert vor Ort ein exportorientiertes Textilgewerbe. Bereits im Mittelalter wurden rund um den See Güter produziert und gehandelt; zum einen Leinwand und Barchet, die in großen Mengen nach Italien und Frankreich exportiert wurden, zum anderen Getreide, das vor allem in Vorarlberg und im übrigen Gebiet der Eidgenossenschaft gefragt war. Teile Süddeutschlands, Vorarlbergs und der Ostschweiz bildeten somit eine zusammenhängende Textilregion, die gleichermaßen von Kooperation und Konkurrenz geprägt war. Zusätzlich zu diesen wirtschaftlichen Verflechtungen bestanden enge politische Beziehungen. Ausgehend von einem 1312 gegründeten Städtebund, dem Zürich, Konstanz, Schaffhausen und St. Gallen angehörten, entwickelte sich ein Bündnisgeflecht, dem zeitweise über 40 Städte, Feudalherren und Herrschaftsgebiete angehörten. Deren oberstes Ziel war die Erhaltung des sogenannten Landfriedens. Diese wirtschaftlichen, politischen und zum Teil auch familiären Beziehungen um den Bodensee förderten einen Kulturtransfer. Exemplarisch dafür waren die profanen Erker, die seit dem 15. Jahrhundert in den Städten der Bodenseeregion entstanden und die im Folgenden näher beleuchtet werden.
Aus einem Reisetagebuch
(2019)
(Sebastián) Francisco de Miranda (y Rodríguez), am 28. März 1750 in der aufstrebenden Handelsniederlassung Caracas geboren, die 1777 zur Hauptstadt des spanischen
Generalkapitanats Venezuela aufstieg, und am 14. Juli 1816 im Gefängnis von La Carraca
bei Cádiz gestorben, war nicht nur der berühmte Wegbereiter und Vorkämpfer für die
Unabhängigkeit Ibero-Amerikas – el Precursor –, sondern zugleich ein Mann der Aufklärungszeit, der große Reisen unternahm und ein abenteuerliches Leben führte. [1]
Miranda,
ein Freimaurer und Liebhaber der Schönen Künste, war gebildet, hatte Latein studiert,
Griechisch gelernt und sprach neben Spanisch auch Englisch, Französisch und Italienisch. Er besaß eine beachtliche Bibliothek, verfasste viele Briefe, Anträge und Entwürfe,
führte Tagebuch und hinterließ ein voluminöses persönliches Archiv (63 Bände), das –
erst 1922 von Robertson wiederentdeckt – seit 2007 zum Weltdokumentenerbe der UNESCO gehört und
unter dem Namen Colombeia von der
Academia Nacional de la Historia de
Venezuela verwahrt wird. [2]
Das internationale Bodensee-Jahrbuch versammelt aktuelle Forschung und Information zur Geschichte und Naturkunde des gesamten Bodenseeraums. Am 19. Oktober 1868 wurde in Friedrichshafen der „Verein für Geschichte des Bodensee’s und seiner Umgebung“ gegründet. Aus Anlass des 150. Geburtstages wird die Vereinsgeschichte von den Anfängen bis heute in ihrem historischen Kontext dargestellt. Aus einem Guss und ohne sich in Details zu verlieren, behandelt der Konstanzer Historiker Harald Derschka die Geschichte dieses international einmaligen, in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in Liechtenstein grenzüberschreitend tätigen Vereins. Historische Fotos und Dokumente vertiefen den Erzählstrang. Im letzten Teil des Heftes sind sämtliche Hauptversammlungen, alle Präsidenten, Ehrenmitglieder und Funktionsträger erfasst. Ein Namenregister beschließt den Band. Anderthalb Jahrhunderte lang hat der Bodensee-Geschichtsverein die historischen, kulturellen und landschaftlichen Gemeinsamkeiten rund um den See untersucht, beschrieben und in seinem Vereinsleben verwirklicht. Damit hat er einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass wir trotz der modernen staatlichen Grenzziehung und den Verwerfungen zweier Weltkriege den Bodensee heute als die Mitte einer alten Kulturlandschaft betrachten dürfen. Das Jahrbuch wird unter der Schriftleitung von Jürgen Klöckler (Konstanz) herausgegeben vom Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung.
In der großen Landesausstellung »Das Konstanzer Konzil 1414–1418« war im
Sommer 2014 im Konstanzer Konzilgebäude auch eine handgezeichnete Bodensee-Karte
zu sehen. Diese Karte ist weithin unbekannt. Selbst in der umfassenden Monographie
»Der Bodensee in alten Kartendarstellungen« von Arthur Dürst und Ugo Bonaconsa aus
dem Jahr 1975 wird sie nicht erwähnt. Die Karte war im Besitz der Benediktinerabtei St.
Blasien im Schwarzwald. Wie sie von Konstanz nach St. Blasien gelangt ist, ist nicht bekannt. Nach Aufhebung des Klosters bei der Säkularisation 1806 wanderten die Mönche
nach St. Paul im Lavanttal in Kärnten aus, wo ihnen das dortige Benediktinerstift zur
Verfügung gestellt wurde. Im dortigen Graphischen Kabinett wird die Karte bis heute
aufbewahrt.
Das Jahr der 600. Wiederkehr des Konstanzer Konzils mit wiederholtem Aufenthalt des Königs Sigismund mit seiner Hofhaltung magyarischer Aristokraten und Hohepriester ist ein willkommener Anlass, die historischen Ereignisse der Hunnen, Awaren
und der Magyaren am Bodensee nachzuzeichnen. Weit in die Urzeiten reichen die Erinnerungen an den großen Hunnenkönig Attila des Hildebrandliedes (in der Nibelungen
Not: Etzel) in Süddeutschland zurück, dessen Reich zeitweilig auch die alemannischen
Gebiete südlich der Donau einschloss [1] (Abb. 1). In den Chroniken des 14. Jahrhunderts
ist die Existenz einer »Etzelburg« für das Römerkastell Schirenhof bei Schwäbisch Hall
nachweisbar. Auch heute noch wird ein Teil des Tunibergs an der oberrheinischen Tiefebene bei Merdingen (im Landkreis Hochschwarzwald) als Attilafelsen bezeichnet. Und
der Sage nach soll sich das Grab des Hunnenkönigs im Überlinger Wald Sigmundshau in
der Nähe des Hofguts Höllwangen befinden, in einem kegelförmigen, mit einem Erdwall
umgebenen, hohl klingenden Berg (Abb. 2), wo Attila in siebenfachem, diamantenem,
goldenem, silbernem, kupfernem, zinnernem, eisernem und eichenem Sarg bestattet worden sein soll. Hier soll früher eine Turmburg gestanden haben. [2] Doch konnte die Königsleiche bei wiederholten Grabungen bisher nicht gefunden werden. [3]
(vgl. Anlage 1).
Der Bodenseeraum zählte nicht zu den Stammgebieten des markgräflichen Hauses Baden. Erst durch die "napoleonische Flurbereinigung" der Jahre 1802 bis 1806 gelangte Baden zunächst durch die Säkularisierung in den Besitz der Reichsklöster Salem und Petershausen. Erst seit 1806 erstreckte sich das neu geschaffene Großherzogtum Baden bis an den mittleren Bodensee. Die Ausstellung im Schloss Salem thematisiert zum einen die Eingliederung des Bodenseeraumes in den neuen badischen Staat, zum anderen die Hinwendung von Mitgliedern
des Hauses Baden zur Bodenseeregion.
Arthur Schopenhauer
(2011)
Arthur Schopenhauer wurde am 22. Februar 1788 in Danzig als Sohn von Heinrich
Floris Schopenhauer (1747-1805) und Johanna Henriette Trosiener (1766-1838) geboren. Zehn Jahre später kam seine Schwester Louise Adelaide Lavinia (1797-1849), genannt Adele, zur Welt. Im selben Jahr 1797 schickte der Vater Arthur nach Le Havre, wo
er zwei Jahre lang Französisch lernen musste. In einem B rief bittet der Vater Arthur, brav
das Einmaleins in französischer Sprache zu lernen, und die Mutter schrieb ihm am 8.
April 1799: »Mache nur jetzt noch guten Gebrauch von der Zeit, denn, wie ich Dir schon
in meinem letzten Brief schrieb, Du wirst nicht mehr lange in Frankreich seyn. Dein Vater erlaubt Dir die eilfenbeinerne Flöte für einen Louisd’or zu kauffen; ich hoffe daß Du
einsiehst wie gut er gegen Dich ist, er bittet sich dagegen aus, daß Du Dir daß einmaleins
recht angelegen seyn läßt. Das ist nun wohl das Wenigste was Du thun kannst, um ihm
auch zu zeigen wie gerne Du alles thust was erwünscht.«
Heidenhöhlen
(2011)
Im Molassesandstein des Bodenseeraums sind kaum natürliche Höhlen zu finden.
Dagegen bietet sich das sehr weiche Gestein geradezu für den Bau von Kellern und unterirdischen Räumen an. Zum Brauen und Lagern von untergärigem Bier sind vor allem
im 19. Jahrhundert unzählige Bierkeller für die vielen Brauereien und Gastwirtschaften
entstanden, und noch im 2. Weltkrieg mussten KZ-Häftlinge ganze Produktionshallen
bei Überlingen in den Fels graben, die die Friedrichshafener Rüstungsproduktion bombensicher aufnehmen sollten. Doch schon zuvor gab es Höhlen, Gänge und Unterstände
am Nordufer des Bodensees, über deren Ursprung und Zweck bereits im 19. Jahrhundert
gerätselt wurde. Weil auch ihre Entstehungszeit nicht mehr bekannt war, wurden
manche davon landläufig einer lange vergangenen, vorchristlichen Zeit zugewiesen, und
»Heidenlöcher« genannt. Zu einer Touristenattraktion wurden mit dem Aufschwung des
Fremdenverkehrs die heute leider fast vollständig zerstörten Heidenhöhlen in den Felsen
bei Goldbach. Mit dem Verschwinden dieses prominentesten Kulturdenkmals
aus dem Kreis der künstlichen Höhlen am Bodensee wurde es auch stiller um die anderen
»Heidenhöhlen«. So kursieren die verschiedensten Vermutungen aus dem 19. Jahrhundert über den Ursprung dieser unterirdischen Räume teilweise bis heute. Ein Versuch,
sich dem Phänomen »Heidenhöhlen« erneut zu nähern, muss zunächst die sehr verstreut
publizierten und teils nur schwierig erreichbaren Informationen Zusammentragen, das
Aussehen heute verschwundener Hohlräume rekonstruieren, Sage und historische Wirklichkeit voneinander trennen.
»Wer kennt sie nicht, die internationale Bodenseeregion mit den Anrainern Deutschland,
Schweiz, Liechtenstein und Österreich, die Region mit der unvergleichlich schönen Landschaft, Kultur
und Geschichte. [...] Wer aber kennt den Wirtschaftsstandort Bodensee? Wer denkt an Unternehmen
wie Nycomed, Nestle-Maggi, Alcan, Georg Fischer oder Schiesser, an ZF, MTU, Zeppelin, Dornier
oder EADS, an WoIford, Zumtobel, Hilti oder Arbonia Förster, wenn vom Bodensee die Rede ist?
Die Bodenseeregion hat zwar ein positives, aber auch ein sehr einseitiges Image - das Image der Erholungs-, Freizeit- und Ferienregion.«
Diese Analyse stammt aus der Feder der Initiative Bodensee Standort Marketing
(BSM), einem grenzüberschreitenden Zusammenschluss von Kreisen und Kantonen,
der es sich zum Ziel gemacht hat, ein anderes Image der Bodenseeregion, nämlich das
einer wirtschaftlichen und industriellen Kernregion und eines High-Tech-Standorts, zu
befördern. Aus Sorge um eine einseitige Außenwahrnehmung heraus wurde die Markeninitiative »Bodenseeland - United Innovations« gestartet, in der dem Bild von der malerisch-idyllischen Natur- und Kulturlandschaft das Gegenbild eines leistungsfähigen
Wirtschaftsstandortes mit hoher Industriedichte und Wertschöpfung entgegengestellt
wird.
Im Pliozän und im Unterpleistozän (Eiszeitalter) vor 5 - ca . 1 Mio Jahren entwässerte der Alpenrhein auf hohem Niveau nach Norden zur Donau. Ab den Donau-Eiszeiten breitete sich in jedem Glazial der Rheingletscher im Vorland aus, was ab dem
Günz-Eiszeitenkomplex (vor vielleicht 1 Mio Jahren) jeweils zum Hochstau der westlichen Schmelzwasserströme und Zubringerflüsse wie der Thur führte. Wie die Deckenschotterrelikte zeigen, kam es dabei zum Überlauf nach Westen zum tief liegenden
Aare-Oberrhein-System. Gleichzeitig begannen die Eisströme das Bodenseebecken
etappenweise auszuschürfen. Nach dem Abschmelzen des Vorlandgletschers wurde jeweils in den Interglazialen wieder der Abfluss zur Donau frei, wobei sich wahrscheinlich
auch erste hoch spiegelnde Beckenseen gebildet hatten. Mit den jüngsten, den tieferen
Deckenschottern, war schliesslich das Überlaufniveau über dem Untersee au f +600 m
ü M abgesunken und lag damit niedriger als die Schwelle zwischen Bodenseebecken und
Donau im Raum Federsee mit mehr als 600 m ü M.
Am Abend des 7. Dezember 1815 erreichten mehrere Kutschen Konstanz und
zielten auf die Markstätte, genauer gesagt, auf das Hotel »Goldener Adler«. Daraus entstiegen eine ehemalige Königin und ein kaiserlicher Prinz sowie deren kleiner Hof. Sie
hieß Hortense Bonaparte (1783-1837), geborene de Beauharnais, Ehefrau von Louis
Bonaparte (1778-1846), Königin von Holland im Exil, mit dem Titel der Herzogin von
Saint-Leu versehen, Tochter aus erster Ehe der Kaiserin Josephine (1763-1814 ), Adoptivtochter und Schwägerin Kaiser Napoleons I. (1769-1821) und seine Erbin. Bei dem Prinzen
handelte es sich um ihren jüngsten Sohn, Charles Louis Napoleon Bonaparte (1808-1873),
den Neffen Napoleons I. Vom ehemaligen Ruhm schien an beiden nichts mehr zu haften. Die Königin war erschöpft und durchgefroren und ihre Begleiter fühlten sich auch
kaum wohler. Ferdinand Mayer, der Wirt des »Adler«, vermietete ihnen im zweiten Stock
seiner Herberge das einzige einigermassen annehmbare Appartement. Mit letzten Kräften stieg Hortense die Wendeltreppe empor; dort angekommen, konnte sie endlich aufatmen: Sie waren im Grossherzogtum Baden, dies war ihr endgültiges Asyl; hier durften
sie bleiben.
Wer sich die Mühe macht, auf einer Landkarte von Mitteleuropa zu verfolgen, an welchen
Orten es Darstellungen von Totentänzen gibt und in welchen Gebieten die meisten Beispiele
dieser mittelalterlichen Bildtradition überliefert sind, wird die dichteste Ansammlung in den
Regionen Elsass, Breisgau, Ober- und Hochrhein, Bodensee und Oberschwaben sowie im
Schweizer Mittelland vorfinden. Dieses Verbreitungsgebiet, in dem seit dem 15. Jahrhundert
die Totentanzdarstellungen in außerordentlicher Vielfalt vorkommen, deckt sich weitgehend
mit dem alemannischen Sprachraum, der im Norden an die Gebiete der fränkischen Dialekte
und im Osten an die der bayerischen Idiome angrenzt, während er sich im Westen und Süden
von den romanischen Sprachregionen scheidet (Abb. 1).
Was hat es mit diesen makabren Totentänzen auf sich? Aus welchen Bildideen sind sie entstanden
und welche Funktion hatten sie? Wie haben sie sich fortentwickelt? Und wo finden wir
heute noch bedeutende Beispiele der darstellenden Kunst mit dieser Thematik? Ist die These
begründet, der Totentanz sei eines der bedeutendsten ikonografischen Themen seit dem
15. Jahrhundert? Anhand der Quellen und des umfangreichen Schrifttums soll vor allem diesen
Fragen nachgegangen werden.
Literatur am Bodensee? Ein weites Meer,
um das berühmte „weite Feld“ von Theodor
Fontanes zu wässern. Es gibt zwar einen
ungefähren Anfang – Walahfried Strabo, um
808 oder 809 geboren, Abt des Klosters Mittelzell
auf der Reichenau und ein Mann der
Dichtung –, aber noch kein Ende. Alles was zur
Literatur am See gesagt werden kann, bleibt
Fragment, an dieser Stelle sowieso: Sowohl der
exemplarische Exkurs in die Vergangenheit, als
auch der Blick in die Literatur der Gegenwart,
der Schwerpunkt dieser gewagten Literatour.
Der See – die Einheimischen sprechen nur
vom See, wenn sie den Bodensee meinen – verbindet
oder trennt, wie man will, drei Länder.
Das verkompliziert das Thema und diese Darstellung.
Aber am vorarlbergischen und auch
am Schweizer Ufer des Sees existiert eine
bemerkenswerte Literatenszene. [...]
Das Jahr 1540 ist als das Jahr einer Jahrhundertdürre in die Geschichte eingegangen, es zählt zu den wärmsten Jahren des gesamten Jahrtausends. Mitteleuropa wurde
für zehn bis zwölf Monate in den Subtropengürtel einbezogen. Aber nicht nur Mitteleuropa, auch Ost- und Westeuropa standen im Sommer unter dem Hochdruckeinfluss.
Auch Südamerika, Kalifornien oder Arizona wurden 1540 von einer ungewöhnlichen
Hitze heimgesucht. Schon die Zeitgenossen haben festgestellt, deszglich sumer ist by keinsz
menschen dencken nie ersechen worden. Es ist daher kein Wunder, dass die Hitze des Sommers
1540 das am besten belegte Ereignis im 16. Jahrhundert und damit als ein Jahrtausendereignis angesehen werden kann.
Die Auswirkungen dieses »heißen Sommers« sollen hier für den erweiterten Bodenseeraum untersucht werden. Im Zentrum steht der Bodensee in allen seinen Teilen,
dem Alpenrhein und dem Hochrhein von Chur bis Basel mit einer Entfernung von ca. 50
km landeinwärts. Fallweise richtet sich unser Blick aber auch über diese Grenzen hinaus
ins Obereisass, nach Zürich oder Thun, Ulm oder Schwäbisch Gmünd, um weitere Einzelheiten ans Licht treten zu lassen, die in den Berichten aus der Bodenseeregion nicht
deutlich ausgesprochen werden.
Grenzen überwinden
(2008)
Mit der Internationalen Bodenseekonferenz
(IBK) gehen die verantwortlichen Landesund
Kantonsregierungen der Bodensee-
Anrainer in Deutschland, Österreich und der
Schweiz sowie die Regierung Liechtensteins
konsequent den Weg, auf den wichtigsten
Gebieten gemeinsamen Interesses konstruktiv,
projektbezogen und grenzüberschreitend
zusammen zu arbeiten. Aus der Fülle der
Arbeit der IBK sind hier einige Handlungsfelder
exemplarisch dargestellt.
Vorbemerkung: Der Verfasser hat zu dem von Michael Brunner und Marion Harder-Merkelbach herausgegebenen Band »11oo Jahre Kunst und Architektur in Überlingen (850-1950)« einen Beitrag über »Kunstwissenschaftler in Überlingen« beigesteuert.
Der vorgesehene Umfang schloss den Abdruck autobiographischer Texte und einschlägiger biographischer Darstellungen, auf die der Verfasser während seiner Recherchen
stieß, leider aus. Da es sich dabei jedoch meistenteils um unbekannte Arbeiten und nachgelassene Texte handelt, die im Kontext biographischer Forschung der Kenntnis wert
sind, schien es sinnvoll, dieses notgedrungene Versäumnis in einer umfangreicheren
Form nachzuholen. Dies wird in diesem Beitrag versucht. Wie bereits die Beschränkung
auf das 20. Jahrhundert einerseits und auf die deutsche Bodenseeseite andererseits belegt, kann es sich hierbei nur um einen Ausschnitt handeln. Von daher erklärt sich auch
die auffällige Prägung des ausgewählten Personenkreises durch die politische Geschichte
des 20. Jahrhunderts.
Rettungshafen Ostschweiz
(2007)
In St. Margrethen, dem Dorf in der nordöstlichen Ecke der Schweiz, stand einst
eine Brücke. Sie führte über den Alten Rhein und verband die Schweiz mit Österreich,
war Nadelöhr wie Eingangspforte. In den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs rettete die alte Brücke, die längst durch eine modernere ersetzt ist, Zehntausenden Menschen
das Leben, auf ihr spielten sich Vorgänge von weltpolitischer Bedeutung ab. Im Rahmen
der 2005 erschienenen Studie »Flüchtiges Glück« über die Flüchtlinge im Grenzkanton
St. Gallen zur Zeit des Nationalsozialismus konnten die außergewöhnlichen Vorgänge
zusammengefügt und in Beziehung gesetzt werden. Im Folgenden werden einzelne Aspekte in vertiefter Form behandelt. Im Gegensatz zu den Geschehnissen vor Ausbruch
des Zweiten Weltkriegs, als der St. Galler Polizeihauptmann Paul Grüninger, der Bregenzer Vizekonsul Ernest Prodolliet, die orthodoxe St. Galler Jüdin Recha Sternbuch und
unzählige weitere Helfer Tausenden von jüdischen Flüchtlingen das Leben retteten, sind
die Vorgänge der letzten Kriegsmonate an den Landesgrenzen um den Bodensee erst
in Teilen bekannt. Im Wesentlichen handelt es sich um mehrere KZ-Transporte, die ihr
Ende im Kanton St. Gallen hatten, um den Verhandlungspoker, der zur Rettung jüdischer KZ-Häftlinge führte, sowie um den Flüchtlingsstrom aus dem versinkenden Dritten Reich in den letzten 20 Kriegstagen.
Seegefilde
(2004)
Wie einem Fremden den Bodensee erklären, seine Vielgestalt überschaubar, seine Besonderheit merkbar machen? Also dass
einer, wo immer er stehen mag, einen ersten Überblick über seine Komposition hat, um sich desto eindringlicher vom Reichtum seiner Melodien verzaubern zu lassen. Der Bodensee ist ein wundersamer Dreiklang, eine Einheit von drei Seen, jeder von besonderer Art: der Obersee, der Überlinger See und der Untersee.
Aus der Bohlinger Schlucht (BS) am Nordrand des Schiener Berges (westlicher Bodensee, Baden-Württemberg) werden 5 neue Fossil-Fundstellen innerhalb der Steinbalmensande (Obere Süßwassermolasse, Miozän) vorgestellt. Diese Fundstellen lieferten bei einer Grabung im Herbst 2003 etwa 100 Kleinsäuger- und 70 Großsäugerreste, sowie zahlreichen Fossilien von Pflanzen, Wirbellosen und Reptilien, darunter auch 40 Reste von Krokodiliern. Der größte Teil der Funde stammt aus den Fundstellen BS 3 und BS 6. Die Lithologie der Fundstellen wird beschrieben; Floren- und Faunenlisten werden zusammengestellt. Die Wirbeltierreste wurden bestimmt, beschrieben und biostratigraphisch, sowie paläoökologisch ausgewertet. Das Alter der Fundstellen BS 3 und BS 6 wird auf den mittleren Bereich der Säugerzone MN6 (unteres Astaracium, 14,5 Ma - 14,2 Ma) eingeengt. Aufgrund des Fauneninhalts und der Höhenlage im Profil ist für die anderen Fundstellen eine Zugehörigkeit zum mittleren bis oberen Teil von MN6 wahrscheinlich. Die im Hangenden der Steinbalmensande in der Bohlinger Schlucht anstehenden Mergel der Oberen Öhniger Schichten sind der
Säugetierzone MN7 zuzuordnen. Sedimentologische, taphonomische und paläobiologische Daten deuten darauf hin, dass die Taphozönosen der einzelnen Fundstellen in einem langsam fließenden, mäandrierenden Flusssystem gebildet wurden. Die nähere Umgebung dieses Flusses war von Galerie- und Auwäldern bestanden. Einige Faunenelemente deuten darauf hin, dass neben feuchten Auwäldern auch trockenere Areale mit vermutlich offener Vegetationsstruktur existierten.
Die Paläoklimate der einzelnen Fundstellen werden diskutiert. Der Fossilbericht deutet darauf hin, dass das Krokodil
Diplocynodon am Schiener Berg innerhalb MN6 ausstarb. Dies wird als Anzeichen für ein Absinken der Jahresmitteltemperaturen angesehen. Ergänzt durch Temperaturwerte, die aus paläobotanischen Daten abgeleitet wurden, wird damit eine Klimaänderung in der Oberen Süßwassermolasse am Schiener Berg innerhalb des Zeitraumes zwischen 14,5 Ma und 13,5 Ma rekonstruiert. Diese Klimaänderung ist durch ein Absinken der mittleren Jahrestemperatur auf etwa 16 °C und eine Abkühlung der mittleren Temperatur des kältesten Monats auf etwa 7 °C gekennzeichnet. Da Diplocynodon bei diesen Temperaturwerten ausstirbt, wird vermutet, dass die Minimaltemperaturen, unter denen diese Gattung existieren konnte, etwas höher lagen, als sie für den rezenten Alligator gemessen werden.
Der lange Weg zur Moderne
(2004)
Die Erinnerung des Malers Andre Ficus hält im späten Rückblick eine Erfahrung fest,
wie sie in jener Zeit viele gemacht haben. Kultur, eben noch Instrument ideologischer Bevormundung und Einübung in fehlgeleiteten Patriotismus, wurde im Kontext der Nachkriegszeit zum integralen Moment des Neuanfangs und Ausdruck der Umkehr zu einer zivilen und
gesitteten Existenz, ja eine Art Nenner, auf den sich die menschlichen Hoffnungen bringen
ließen. Wenn die unmittelbaren Nachkriegsjahre nicht nur Jahre der Not und Entbehrung,
sondern auch eines neuen Optimismus und der Euphorie waren, so dank eines ungeahnten
kulturellen Aufbruchs. Man war noch einmal davongekommen, und Kultur wurde für viele
zum Träger eines neuen Lebensgefühls. Nicht zuletzt mit Bezug auf sie wurde rückblickend
von einer Zeit der schönen Not gesprochen, und wenn für das Jahr 1945 der Ausspruch »So viel Anfang war nie« bemüht wird, dann meint er vor allem das Erlebnis einer neugeschenkten geistigen Freiheit.
Vor dem Hintergrund der enormen Bedeutung des Bodensees als Trinkwasserreservoir ist die Erfassung und Überwachung seiner morphologischen und hydrogeologischen Einzugsgebiete eine dringende Notwendigkeit.
Schwierig wird die Erfassung der Wassereinzugsgebiete dann, wenn es sich um
Gebiete mit anstehenden Kalkgesteinen größerer Mächtigkeit handelt wie z. B. im
Nordwesten des Bodensees. Die in den Bodensee mündenden Flüsse wie die Radolfzeller Aach und Stockacher Aach beziehen ihr Wasser aus Liefergebieten, deren geologischer Aufbau durch jurassische Kalkgesteine gekennzeichnet ist. Der in
diesen Gebieten fallende Niederschlag sowie auch die Wasserläufe versickern relativ rasch in den klüftigen Juragesteinen. Mit der hydrogeologischen Situation der
jurassischen Gesteine sind Trockentäler, Dolinen und andere Erscheinungsformen
der Verkarstung verbunden.
Im 15. Buch seiner nur teilweise erhaltenen aber als Quelle für die spätantike Geschichte des Imperium Romanum überaus bedeutenden res gestae hat der aus Antiocheia am Orontes stammende römische Historiker Ammianus Marcellinus einen sowohl für die provinzialrömische Geschichte als auch für die landeskundliche Forschung gewichtigen und viel behandelten Exkurs über Alpenrhein und Bodensee hinterlassen. Dieser ist in den Kontext eines nur bei Amman überlieferten Feldzuges eingebettet, den Constantius II (337-361) und einer seiner Feldherrn namens Arbetio im Jahre 355 gegen die lentiensischen Alamannen im östlichen Bodenseegebiet führten. Da dieser Feldzug die Straße von Como über die Bündner Pässe entlang des Alpenrheintals Richtung Bregenz als Hauptmarschroute benutzte, war der Exkurs wohl gewählt und eng mit der Haupthandlung verknüpft. Gegenstand der Darstellung sind sowohl der Alpenrhein von seinen Ursprüngen als auch der Bodensee, wobei gleichzeitig kurze Bemerkungen zu Landschaftsbild und Klima geboten werden.
Der gebürtige Ostpreuße Ferdinand Gregorovius1, freischaffender Kulturhistoriker, Geschichtsschreiber der Stadt Rom im Mittelalter und deren erster protestantischer Ehrenbürger, darf wie auch der etwa gleichaltrige, in Basel lehrende Geschichtswissenschaftler Jacob Burckhardt als einer der zentralen Mittler des
19. Jahrhunderts zwischen den Kulturen nördlich und südlich der Alpen gelten. In
über 20 Jahren, von 1852 bis 1874, war Gregorovius so vollkommen in Italien
heimisch geworden, daß er seinem ursprünglich nicht zur Veröffentlichung vorgesehenen Tagebuch 1867 anvertraute: Deutschland und Welschland sind so grundverschiedene Wesen, daß sie keine Brücke verbindet; daher versinkt mir Rom sofort, wenn ich drüben, und das Vaterland, wenn ich hier bin.
Johann Jacob Heber (1666-1724) - ein Feldmesser und Kartograf im Bodenseeraum und in Oberschwaben
(2001)
Im 18. Jahrhundert war in den Territorien Südwestdeutschlands die Durchführung einer Steuerreform ein sehr wichtiges Thema. Beschwerden der Untertanen
über Steuerungerechtigkeiten veranlassten die Regierungen dieser großen und kleinen Staaten, eine solche Reform durchzuführen. Da die Steuer in erster Linie aus
dem landwirtschaftlichen Ertrag ermittelt wurde, war die Vermessung der landwirtschaftlichen Grundflächen eine unerlässliche Voraussetzung für eine gerechte
Besteuerung. Durch die sogenannten Renovationsvermessungen erfolgten die Ermittlung der nutzbaren Flächen und die Darstellung der Vermessungsergebnisse in
Verzeichnissen und in großmaßstäbigen Flurkarten. Allerdings fielen die Ergebnisse dieser Vermessungen sehr verschieden aus. Vielfach blieben die Reformprojekte unvollendet. Neben diesen Vermessungsarbeiten für ein Steuerkataster waren
natürlich auch Vermessungen für topografische Landesaufnahmen und im Laufe
des 18. Jahrhunderts in vermehrtem Umfang auch für Vereinödungen, eine frühe
Vorstufe der heutigen Flurneuordnung, durchzuführen. Für diese umfangreichen
und vielgestaltigen Aufgaben wurden zahlreiche Feldmesser benötigt. Ein durch
große Leistung und fachliches Können herausragender Vertreter dieses Berufsstandes war der Feldmesser und Kartograf Johann Jacob Heber.
Der Landschaft um den Bodensee wird vielfach eine besondere »Klimagunst« bescheinigt, wobei meist offen bleibt, was darunter konkret zu verstehen ist. Nicht
selten wird damit bewusst oder unbewusst die Vorstellung von einem für mitteleuropäische Verhältnisse besonders warmen Klima verbunden. Ein Vergleich der
Durchschnittstemperaturen zeigt jedoch, dass die Beckenlandschaft um den See
zwar deutlich wärmer ist als die - mit Ausnahme des Rheintals - durchweg höheren Lagen der Umgebung, jedoch weniger warm als andere, noch tiefer gelegene
Gebiete Südwestdeutschlands und der Schweiz, wie namentlich das Oberrheinische Tiefland. Die Jahresdurchschnittstemperaturen sind im engeren Bodenseegebiet sogar noch rd. 0,5 °C niedriger als beispielsweise in vergleichbaren Höhenlagen der rd. 100-120 km weiter nördlich gelegenen Filderebene bei Stuttgart (Deutscher Wetterdienst 1953).
Apathie und Trümmer
(2000)
Für die Zeit zwischen April 1945 und Herbst 1945, als es keine deutschen Zeitungen gab, die Verwaltung unter französischer Kontrolle stand und das öffentliche Leben erst wieder in Gang gebracht werden musste, sind wir auf deutscher Seite weitgehend auf persönliche Erinnerungen und Berichte von Betroffenen und Beteiligten angewiesen. Die 1. Französische Armee von General de Lattre de Tassigny begleiteten aber auch Kriegsberichterstatter, die nach der Besetzung nicht nur über das Auftreten der Armee, sondern vor allem auch über die Atmosphäre in Lindau und Konstanz berichteten, da sich hier bis zum 1. August 1945 die Spitze der frühen Besatzungsverwaltung befand. Und es kamen immer wieder auch
Schweizer Journalisten in das Bodenseegebiet und hielten dort die konkrete Lage und die Atmosphäre fest. Es ist also der Blick von außen, der hier erfasst werden soll.
Als Präsident des Landtags von Baden-Württemberg und als Wahlkreisabgeordneter von Waldshut liegt mir die nachbarschaftliche Zusammenarbeit mit der Schweiz, insbesondere am Hochrhein, aber auch am Oberrhein und am Bodensee, natürlich sehr am Herzen. Ich habe mich schon immer politisch und persönlich dafür engagiert, weil die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im südwestlichen Grenzraum unseres Landes nach meiner Überzeugung von beispielhafter Bedeutung für
das Zusammenwachsen Europas ist. Nur wenn Europa im Kleinen, gerade an den Grenzen, vorankommt, kann es auch im Großen wachsen.
Familiennamen am Bodensee
(2000)
1. Unsere Familiennamen sind vor etwa 700-800 Jahren entstanden, unter anderem deswegen, weil die Menschen, die bisher nur einen Namen trugen, vor allem in den damals stark anwachsenden Städten begannen, sich durch zusätzliche Benennungen genauer zu unterscheiden, um Verwechslungen zu vermeiden. Man nutzte dazu fünf Möglichkeiten, aus
denen all unsere Familiennamen hervorgegangen sind: (1) Unterscheidung nach dem Vater, sog. Patronymika: Hans [der Sohn des] Hartmann; (2) nach der Herkunft, sog. Herkunftsnamen: Hans [der] Allgaier „aus dem Allgäu“; (3) nach der Wohnstätte, sog. Wohnstättennamen: Hans [am] Löhle „am Wäldchen“; (4) nach dem Beruf, sog. Berufsnamen: Hans [der]
Riester(er) „der (Flick-)Schuster“; (5) nach körperlichen, charakterlichen oder biographischen Merkmalen, sog. Übernamen: Hans [der] Sterk „der Starke“, Hans [der] Thumb „der Unerfahrene, Junge“, Hans [der am] Sonntag [geboren ist]. Durch die elektronische Speicherung von Telefonanschlüssen ist nun in jüngster Zeit eine äußerst ergiebige Grundlage auch zur Erforschung der Familiennamen gelegt worden. Entsprechende Untersuchungen wurden erstmals von Konrad Kunze für Gesamtdeutschland vorgelegt. Im Folgenden soll am Beispiel des Bodenseeraums gezeigt werden, welche Möglichkeiten sich auch für die regionale Namenkunde bieten. Leider sind die schweizerischen und die österreichischen Telefonanschlüsse
noch nicht in meine Datenbank eingearbeitet, so daß sich die Beispiele auf die deutsche Seeseite beschränken müssen.
Beschäftigt man sich als Dialektologe mit dem Bodenseeraum, sieht man sich
sogleich vor einer ganzen Reihe von Schwierigkeiten. Da ist einmal die Frage der
dialektalen Zugehörigkeit des Gebietes: läßt es sich in seiner Stellung zwischen
dem Schwäbischen und dem Südalemannischen (Schweizerdeutschen) einem
dieser beiden Teilräume des Alemannischen zuordnen, oder ist es nur ein Übergangsgebiet,
oder handelt es sich um ein eigenständiges Sprachgebiet, und wenn
ja: welches sind dann die besonderen Charakteristika dieser Sprachlandschaft?
Der Bodenseeraum ist bekanntermaßen Grenz- und Übergangszone so wichtiger
Lauterscheinungen der deutschen Mundarten wie der "neuhochdeutschen
Diphthongierung", der Entrundung der gerundeten Palatal vokale, der k- Verschiebung
und der Zweisilberdehnung in offener Silbe (bllöe, hüs/bleiba, hous 'bleiben,
Haus'; müslmfs 'Mäuse', xind/khind 'Kind' und stiiba/stüba 'Stube'). Aber diese
Dinge sind vielfach in Fluß gekommen. Wir stehen somit in einem Problemraum
ersten Ranges und mitten in der Gliederungsproblematik des gesamtalemannischen
Sprachraums.
Das Gebiet des heutigen Landkreises Lindau im Nordosten des Bodensees
gehörte seit dem Jahre 15 v . Chr. zur römischen Provinz Raetia, nach deren
Teilung dann zur sogenannten Raetia secunda. Seit etwa 259/60 wurde die
römische Grenze (Limes) zurückgenommen auf eine Linie Hochrhein-Bodensee-
Argen-Iller-Donau. Das Gebiet des heutigen Landkreises Lindau kam
somit an die äußere Grenze des römischen Imperiums zu liegen.
Während im westlichen Oberschwaben und im württembergischen Bodenseehinterland
zahlreiche Siedlungsreste von der 250jährigen Herrschaft der
Römer zeugen, sind solche Zeugen einer 400jährigen römischen Anwesenheit
weiter östlich sehr spärlich.
Einer der Kernräume des Obstbaus in Mitteleuropa ist das Bodenseegebiet.
Seit einigen Jahren ändert sich hier die obstbauliche Anbauweise. Neben die
bisher übliche mit Hochstämmen und Unterkultur treten - sie zunehmend
ersetzend - niedere Baumformen, die ihren Standort mit keiner weiteren
Kultur teilen müssen. Hochstammobstbau, Altbestände, alter Obstbau auf
der einen und Niederstammobstbau, Plantagenobstbau, neuer Obstbau, Neu- oder
Junganlagen auf der anderen Seite sind synonyme Bezeichnungen für
die beiden Anbauweisen.
In manchen Gegenden ist die Umstellung schon weit vorangeschritten, in
andern hat sie noch kaum Fuß gefaßt; den Ursachen nachzugehen ist eines der
Hauptziele dieser Untersuchung.
„Mystik und Kunst" bezeichnet ein Aufgabengebiet, in dem verschiedene
Fachinteressen sich überschneiden, verschiedene Forschungsrichtungen je mit
ihrer Methode arbeiten und doch jede durch eine sich anbietende Kongruenz
der Form auf die Erkenntnisse der andern verwiesen wird. Ein Phänomen
fordert hier seine wissenschaftliche Erfassung in der ganzen Breite. Sobald man
sich diesem Anruf aber stellt, droht die Kongruenz sich dem Zugriff zu entziehen.
Seit längerer Zeit schon erkannte man daher die Notwendigkeit, die vielberufenen
Beziehungen zwischen Mystik und Kunst zu spezifizieren. Man hat sie
besonders abzulesen versucht an einem Beispiel, wo sich literarisch wie künstlerisch
reiches Belegmaterial anbot: bei den mystischen Lebensbeschreibungen
von Klosterfrauen einerseits und jener Gattung der bildenden Kunst andererseits,
die dieselbe Mentalität vorauszusetzen scheint, die Andachtsbilder. Beide
führen uns in den oberdeutschen Raum mit dem Schwerpunkt im Bodenseegebiet
und am Oberrhrein.
Die wirtschaftliche Entwicklung ist im Mittelalter von der Zeit des
Städtewesens weg, d. h. vom 11. Jahrhundert an, in entscheidender Weise
von der Industrie beeinflußt worden.[...]
Das deutsche Wirtschaftsgebiets des Mittelalters seinerseits
entsprach in seiner industriellen Leistung durchaus der Gestaltung in
ganz Europa. Es hat ebenfalls wohl in allen seinen Landschaften Industrien
von mehr als landschaftlicher Bedeutung aufgewiesen, dagegen sehr wenig
Industriezweige von wirklich gemeineuropäischer Bedeutung und ebenso
wenige wirkliche Industriebezirke.[...]
Umreißen wir nun den Bereich der Bodenseeleinwand näher:
Er hat in der heutigen Schweiz etwa die Kantone St. Gallen, Appenzell und
Thurgau sowie die angrenzenden Teile von Schaffhausen und Zürich umfaßt.
Rapperswil, Winterthur und wohl auch Schaffhausen sind hier die
westlichsten Punkte des eigentlichen Leinwandgebiets.