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Um die Jahreswende 1124/1125 fand in Straßburg ein Hoftag unter Kaiser Heinrich V. statt. Auf ihm wurde auch ein Streit zwischen dem Kloster St. Blasien, das der Konstanzer Diözese angehörte, und dem Hochstift Basel verhandelt. Beide Parteien legten dem Reichshofgericht gefälschte Urkunden vor. Es ist dies der einzige aus der Frühzeit deutscher Geschichte bekannte Fall über den Umgang eines Gerichts — und sogar des höchsten — mit gefälschten Urkunden. Die moderne Forschung neigte dazu, hier das früheste Beispiel für die so genannte „diplomatische Kritik" zu sehen, wie es Harry Bresslau in seinem Standardwerk „Handbuch der Urkundenlehre für Deutschland und Italien" formulierte, also das, was wir heute Urkunden- oder Textkritik nennen. Das Reichshofgericht habe, so Harry Bresslau, die Urkunde St. Blasiens nicht als Fälschung erkannt, dagegen die des Baseler Bischofs „für unecht erklärt". War dem so?
Im Frühjahr 1421 musste die Pfarrgemeinde im oberschwäbischen Neuburg, Dekanat Munderkingen, für geraume Zeit ohne Seelsorger auskommen, da ihr bisheriger Pfarrer nicht mehr zur Verfügung stand. Ob dieser an einen anderen Ort gezogen oder gestorben war, ist heute unbekannt. Nachdem die Pfarrei also vakant zu werden drohte, stand fest, dass umgehend ein neuer Geistlicher nach Neuburg kommten musste. Bis Mitte Mai waren offenbar bereits Verhandlungen geführt worden, denn am 16. des Monats erschien der Kleriker Wilhelm Gabler vor dem Konstanzer Bischof mit einem Schreiben, in welchem ihn Herzog Friedrich von Österreich auf die Neuburger Pfarrkirche präsentierte. Das bischöfliche Generalvikariat nahm die Präsentationsurkunde entgegen und ordnete an, dass der Kandidat der Neuburger Gemeinde ordnungsgemäß bekannt gegeben werden solle, damit eventuelle Einsprüche gegen seine Kandidatur vorgebracht werden könnten. Am 18. Juni, dem Ende der Einredefrist, erschienen sowohl Wilhelm Gabler als auch der Vertreter des Priesters Eberhard von Hörnlingen vor dem Konstanzer Generalvikar. Eberhard konnte nämlich ebenfalls eine Präsentation auf die Neuburger Pfarrkirche vorweisen, die von Anna von Braunschweig, der Gemahlin Herzog Friedrichs von Österreich, ausgestellt worden war. Nachdem nun zwei Kleriker Anwartschaften auf dieselbe Pfründe besaßen, musste an der Konstanzer Kurie geprüft werden, wer von beiden der rechtmäßige Kandidat war und welcher von ihnen die Pfründe erhalten sollte.
Der Zisterzienserorden brachte im 12. und 13. Jahrhundert eine neue Dimension in das religiöse Leben des mittelalterlichen Europa. Die Inhalte hatte man aus der Polarisierung gegenüber den Benediktinern gewonnen. Dazu gehörte auch die aus einer tiefen religiösen Überzeugung erwachsende Neuorganisation des Grundbesitzes und der Wirtschaft unter eigenwirtschaftlichen Aspekten. Sie war ein wesentlicher Bestandteil der Ordensdynamik, ohne die die schnelle Ausbreitung über das gesamte katholische Europa kaum möglich gewesen wäre. Im Folgenden wird die Grundbesitz- und Wirtschaftsorganisation der Zisterzienser im südwestdeutschen Raum in einem zeitlichen Rahmen vom 12. bis zum Ende des 13. Jahrhunderts untersucht. Die Klöster in den linksrheinischen französischen Gebieten müssen, obwohl sie ähnlich geartet waren, ausgeschlossen bleiben. Die gewählte geographische Begrenzung erscheint etwas willkürlich und ungenau. Sinnvoller wäre eine räumliche Definition anhand von markanten geographischen Merkmalen wie Flüssen oder Gebirgen gewesen. Dafür böte sich aber nur der Oberrhein an, wodurch das Gebiet aber wieder zu eng eingegrenzt würde. Deshalb bezieht sich die Arbeit auf eine Gruppe von Zisterzienserklöstern innerhalb der heutigen Grenzen Südwestdeutschlands, die durch die gleichen Phänomene und Erscheinungen miteinander verbunden sind.
Vor gut 650 Jahren
(2000)
„Gegen eine Welt von Feinden kann sich keiner wehren.“ Galt dies im April 1944 für Hannah Arendt als Erklärung, warum die jüdische Untergrundarbeit erst dann einsetzte, als die nicht-jüdische Zivilbevölkerung mehrheitlich ihre feindliche Haltung aufgab, so kann diese nüchterne Erkenntnis auch das Fazit für die Verfolgungen der Jahre 1348/49 bilden. Die sog. Pestpogrome überstand im gesamten westlichen Teil des Deutschen Reiches nur die jüdische Gemeinde von Regensburg. Für Berthold Rosenthal waren sie 1927 der „Höhepunkt der Leiden Israels“. Nach den Pogromen bildeten sich nur noch in einem Teil der früheren Städte die Gemeinden neu, ihre vormalige Größe wurde nirgendwo erreicht. Hatte man vor 1349 den Juden und Jüdinnen gelegentlich Bürgerrechte und bleibendes Wohnrecht zugestanden, so konnten sie danach nur noch zeitlich befristete „Schutzbriefe“ erhalten. „Judenpolitik“ wurde Sache der Städte, was die Vertreibungen aus ihnen hundert Jahre später möglich machte. Wie war es zu „der Welt ihrer Feinde“ gekommen?
Für das Badische Landesmuseum und die Staatliche Kunsthalle ist es eine große Freude, dass Sie so zahlreich unserer Einladung gefolgt sind. Es ist ein ganz außergewöhnliches Ereignis, das uns heute in Karlsruhe zusammenführt. Erstmals haben das Badische Landesmuseum und die Staatliche Kunsthalle die Kräfte verbunden, um gemeinsam unter unterschiedlichen
Gesichtspunkten die wieder als geheimnisvoll empfundene Epoche des Spätmittelalters durch die Zusammenführung großartiger Kunstwerke darzustellen und erneut zu befragen.
Das Badische Landesmuseum darf heute, gemeinsam mit der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, die Große Landesausstellung 2001 des Landes Baden-Württemberg eröffnen, wie wir dies bereits 1998 (mit der 48er Revolution) und 1999 (mit den Jahrhundertwenden) tun durften. Im Jahre 1970 hat das Badische Landesmuseum unter meinem Vorvorgänger Prof.
Dr. Ernst Petrasch, den ich sehr herzlich unter uns begrüßen möchte, eine grundlegende und bis heute wegweisende Ausstellung „Spätgotik am Oberrhein“ veranstaltet, in der eine Vielzahl der bedeutendsten Werke der Skulptur, der
Goldschmiedekunst, des Textil, der Glasmalerei und der Grafik aus jener Zeit des Spätmittelalters zusammengeführt war. Eine solche Ausstellung wäre heute, 30 Jahre danach, vor allem aus konservatorischen Gründen nicht mehr wiederholbar. Für das Badische Landesmuseum stellte sich daher die Frage, wie unser Haus das Thema dieser Landesausstellung formulieren und sich damit an dem trinationalen Projekt der oberrheinischen Museen in der Schweiz, in Frankreich und in Deutschland „Um 1500: Epochenumbruch am Oberrhein“ beteiligen könne.
Verfaßte menschliche Gemeinschaften, wie es seit dem Hochmittelalter mitteleuropäische Städte nun einmal sind, kommen ohne eine gemeinsame Erinnerung nicht aus. Diese bündelt sich, wenn man wie heute, Anlaß hat, sich auf den Ausgangspunkt dieser Verfaßtheit zu besinnen, sich also der Bedeutung der Stadtrechtsverleihung für das Selbstverständnis des
Gemeinwesens zu vergewissern. Unserer Veranstaltung haftet daher etwas - im wohlverstandenen Sinn - Rituelles an, sie ist Teil der städtischen Erinnerungskultur. Daß es eine solche gibt und diese ihrerseits traditionsbildend wirkt, das bezeugt auch die draußen zu sehende Ausstellung mit Fotografien des Festumzugs zur 600-Jahrfeier.
"Freut euch mit Jerusalem!"
(2023)
“[I]n dem jar Christe 1489 war ein gar großes jubileum ußgangen von dem päpstlichen stuel zue Rom, dergleichen in vil jaren nie geschehen. Und disse große gnadt war auch der statt Villingen verkindt.” Das schreibt Juliane Ernstin (1589 – 1665), die Verfasserin der Chronik des Konvents von St. Klara im Villinger Bickenkloster und dessen Äbtissin zwischen 1655 und 1665. Demnach hatte der Papst 1489 der Stadt Villingen die Feier eines stellvertretenden römischen Jubeljahrs gewährt. Soweit ich sehe, wird dieses Ereignis in keiner anderen Quelle erwähnt. Trotz dieses Umstands und obgleich das Jahr (keineswegs ein „rundes“) und der Ort für ein derartiges Ereignis ungewöhnlich und überraschend erscheinen mögen, waren solche Anlässe dennoch alltäglich und beliebt: In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, und schon zuvor, suchten eine Reihe von Städten um die Erlaubnis nach, das römische Jubeljahr bei sich zu feiern. Beispiele sind Augsburg und Ulm 1451, Erfurt 1488, Nürnberg 1489 sowie Hamburg und Lübeck 1503.
Der mittelalterliche Baubestand Villingens ist seit mehr als drei Jahrzehnten Gegenstand baugeschichtlicher Untersuchungen und durch den Verfasser in verschiedenen Beiträgen thematisiert worden. Im Vordergrund standen dabei Analysen zu Bau- und Nutzungsstrukturen der ältesten Bürgerhäuser und deren bauliche Einbindung in das städtische Siedlungsgefüge. Dabei war es von Anfang an das Bestreben, die erzielten Ergebnisse durch dendrochronologische Untersuchungen zeitlich zu schichten, um über das so gewonnene Datierungsraster von absolut datierten Bauphasen vergleichbare, aber nicht datierte Befunde bzw. Bauzustände relativ sicher einordnen zu können.
Es war im Februar 2018, als ich folgende Mail erhielt: „Sehr geehrte Damen und Herren, mein Name ist Lotem Pinchover und ich bin Ph. D. Kandidatin der mittelalterlichen Kunstgeschichte an der Hebräischen Universität von Jerusalem, Israel (…). Ich schreibe meine Dissertation über mittelalterliche künstlerische Darstellungen von Jerusalem in deutschen Nonnenklöstern. Ich habe die interessante Geschichte des Bickenklosters und der Ablasstafeln kennen gelernt, und es machte mich sehr neugierig. Im April dieses Jahres beabsichtige ich, Deutschland zu besuchen, und ich würde gerne die Gebäude des ehemaligen Klosters besichtigen. Ist es möglich, das mittelalterliche Klostergebäude zu besuchen? (…)“
Bischof Burkhard von Basel, das Kloster St. Alban und ihre Beziehungen zu Lörrach und Umgebung
(2002)
Die Urahnen der Grafen von Straßburg waren die Herren von Fenis. In diese Familie gehört auch Bischof Burkhard von Basel. Er nannte sich zeitweilig auch „Burkhard von Hasenburg", weil er einige Zeit dort gelebt hatte. Der Lausanner Bischof Kuno war sein Bruder. Der Vater der beiden ist Graf Ulrich von Fenis. Bischof Burkhard, dessen verwandtschaftliche Beziehungen tief in den burgundischen Raum in die Gegend des Neuenburger Sees hineinreichten, war zuvor Kämmerer des Mainzer Erzbischofs. In den Urkunden des Klosters St. Alban in Basel erscheint zweimal ein Mangold von Fenis, ein jüngerer Bruder von Burkhard. Er wurde der Vater der ersten beiden Grafen von Neuenburg, deren Nachfahren zusammen mit Philipp, dem letzten Markgrafen von Hachberg-Sausenberg und Herrn von Rötteln, in der Schlosskirche bestattet und in einem lebensgroßen Denkmal verewigt sind. Das Herz Markgraf Philipps wurde bekanntlich 1503 in der Röttler Kirche in der Gruft Rudolfs III. beigesetzt.
Zwischen Baden und Kurpfalz
(2002)
Die Anfänge der Stadt Heidelsheim liegen im Dunkeln. Wann genau hatte der deutsche König - wohl zur Zeit der Staufer - die Siedlung zur Stadt erhoben beziehungsweise ausgebaut? 1241 wird der Ort als Reichsstadt sichtbar. Doch das Interesse des Königs an seiner Stadt hielt nicht lange an. 1311 genehmigte nämlich der König die Verpfändung Heidelsheims an Graf Konrad von Vaihingen und an Markgraf Rudolf IV. von Baden. Was bedeutete dies für die Stadt? Heidelsheim hatte nun plötzlich drei Stadtherren oder besser gesagt zwei Pfand- und einen Stadtherrn. Denn der König blieb weiterhin nominell Stadtherr, wenn er auch kaum noch stadtherrliche Funktionen ausübte. Mit der Pfandschaft waren vor allem Nutzungsrechte und genau definierte Einkünfte verbunden. Verpfändungen von Städten, gerade durch den König, waren an der Tagesordnung. Durch die Verpfändung erhielt der König vom Grafen von Vaihingen 800 Pfund und vom Markgrafen von Baden 1000 Pfund - oder Dienste in angemessener Größenordnung. Der König nahm nämlich für die Reichspfandschaften bei der Vergabe normalerweise gar kein Geld des Gläubigers.
Seit dem späten Mittelalter spielte die Edelsteinschleiferei in Freiburg i. Br. und in Waldkirch, ab Mitte des 18. Jh. die Granatschleiferei im Kinziggebiet in SW-Deutschland eine wichtige Rolle. Die wichtigsten Rohstoffliefergebiete waren die
Schweizer Alpen, der Schwarzwald, die Idar-Obersteiner Berge und Böhmen.
Das Großbottwarer Rathaus
(2020)
Wann aus dem Dorf »Bodebura«, nördlich der Martinskirche und westlich der Kleinen Bottwar gelegen, die Stadt »Bothebur«, später »Botwar« genannt, wurde, wissen wir nicht genau. Es gibt keine Gründungsurkunde, aber ein paar Anhaltspunkte. Wir können davon ausgehen, dass es sich um eine geplante Neugründung einer Stadt handelt, östlich neben dem alten Dorf gelegen. Und dass diese Stadt, vermutlich von Albrecht von Lichtenberg gegründet, in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden ist. Dies lässt sich aus dem Vergleich von zwei Urkunden erschließen: 1247 bestätigt Papst Innozenz IV. dem Kloster in Oberstenfeld die Schenkung eines Grundstückes in »Villa de Botebor«, also im Dorf Bottwar, und 32 Jahre später erhält das Stift Oberstenfeld in einer Jahrzeitstiftung Grundstücke »juxta muros civitatis Bothebur«, also neben den Mauern der Stadt Bottwar.
Beim Mühlbrunnen habe im Mittelalter eine Mühle gestanden, behauptet Werner Sattler in seiner Zusammenstellung der
Flurnamen von Oberriexingen. Er verrät nicht, woher er sein Wissen bezog. Diese Notiz wäre bedeutungslos, gäbe es nicht den sogenannten »Codex Edelini«, das Güterbuch des Klosters Weißenburg aus dem 9. Jahrhundert, das diese Mühle im Zusammenhang mit Herrenhof und Kirche erwähnt: »Ad Ruadgisingen est curtis dominica, […] basilica 1 cum decima, molendinum 1, mansi serviles 26.« Am Mühlbrunnen kann jedoch mindestens seit 1455 keine Mühle mehr gestanden
haben, da die Bürger von Oberriexingen seit dieser Zeit das Wasser zur Wiesenwässerung unbeschränkt nutzen konnten. In
Renningen hingegen durfte das Wasser des Mühlgrabens nur von Samstagabend bis Sonntagmorgen für die Wiesenwässerung
benutzt werden.
Der frühneuzeitliche Kanton Kraichgau der freien Reichsritterschaft war Teil des schwäbischen Ritterkreises, und die wohl nicht zuletzt daher rührende Vorstellung, der Kraichgau sei eine schwäbische Landschaft, ist weit verbreitet. Tatsächlich aber ist der Kraichgau eine fränkische Landschaft. Das alte fränkische Stammesgebiet umfasst sogar nicht allein den Kraichgau, sondern reicht im Süden über das Zabergäu und den Enzgau hinaus bis in den Glemsgau und in den Würmgau. Die Grenze zwischen dem früh- und hochmittelalterlichen Franken und Schwaben verläuft zwischen
Weil der Stadt und Böblingen beziehungsweise zwischen Calw und Herrenberg; die Landschaften südlich dieser Linie sind altes schwäbisches Stammesgebiet, die Landschaften nördlich davon – und mithin auch der Kraichgau – gehören zum Gebiet des alten Franken. Davon zeugt nicht zuletzt die hierzulande noch heute verbreitete südrheinfränkische Mundart. Unser Wissen um die alten Stammesgrenzen beruht indes keineswegs primär auf dialektgeographischen Beobachtungen, die naturgemäß einem ständigen Wandel unterliegen, sondern in allererster Linie beruht es auf uralten kirchlichen Grenzen, nämlich auf den bis in die napoleonische Zeit bestehenden alten Diözesangrenzen. Würmgau, Enzgau, Glemsgau, Zabergau und Murrgau mit Weil der Stadt und Hirsau gehörten demnach zur alten – fränkischen – Diözese Speyer, ebenso wie die südwestliche Hälfte des Kraichgaus. Die nordöstliche Hälfte des Kraichgaus war in älterer Zeit Teil der selbstverständlich ebenfalls fränkischen Diözese Worms.
Datiert vom Tag der Apostel Philipp und Jakob, dem 1. Mai des Jahres 1393 stiftete der zu jener Zeit schon betagte Mainzer Erzbischof und Kurfürst Konrad von Weinsberg zur Rettung seines und seiner Vorfahren Seelenheils bei Burg Guttenberg über dem Neckar eine Kapelle zur Ehren Gottes und des heiligen Bekenners und Bischofs Eucharius. Da Guttenberg und das dabei gelegene Dorf (Neckar-) Mühlbach Filial der Pfarrei Heinsheim waren, hatte der Stifter es nicht versäumt, vorab das Einverständnis der zuständigen Kirchenoberen einzuholen, des Dekans und Stiftskapitels von Wimpfen im Tal, der patronorum seu collatorum necnon pastoris prefate parrochialis ecclesie, der Patrone, Leiheherren und Pfarrherren zu Heinsheim. Patronus, collator und pastor ecclesie parrochialis – drei Zentralbegriffe der älteren Kirchenverfassung. In die neue Kapelle stiftete Konrad von Weinsberg ein beneficium perpetuum, das heißt eine Pfründe für einen täglich dort zelebrierenden Kaplan, und dotierte diese mit einem in der unmittelbaren Nachbarschaft der Kapelle noch zu errichtenden Haus sowie mit näher bezeichneten Pfründgütern und -einkünften in umliegenden Dörfern. Außerdem verordnete er dem jeweiligen Kaplan einen Platz am Tisch des Guttenberger Burggesindes und traf detaillierte Verfügungen bezüglich der Pflichten und Rechte der künftigen Pfründinhaber. Die Verleihung der Kaplaneipfründe sollte – wie üblich – für alle Zeiten dem jeweils Erstgeborenen und ältesten Agnaten des Hauses Weinsberg zustehen, dem verus heres proximior et senior masculus. Indes ging das Haus Weinsberg bereits in der nächsten Generation in Konkurs und starb wiederum eine Generation später im Mannesstamm aus. Burg Guttenberg gelangte 1449 samt der dazugehörigen Herrschaft und dem Recht zur Verleihung der Kaplaneipfründe in den Besitz der Kraichgauer Ritteradelsfamilie von Gemmingen.
Die Forschung zur Geschichte der Stadt Villingen versucht seit jeher ein kohärentes Szenario der frühen Siedlungsentwicklung zu entwerfen, ausgehend von der
Ersterwähnung 817 und der Verleihung des Marktrechts durch Kaiser Otto III.
an den Zähringer-Vorfahren Graf Bertold im Jahr 999, vor allem aber für die Zeit
des späten 11. bis zu Beginn des 13. Jahrhunderts. In dieser Phase war der Siedlungskern vom östlichen Ufer der Brigach, dem Dorf Villingen-Altstadt, in dem
sich auch die Pfarrkirche befand, um etwa 1,5 Kilometer nach Nordwesten in den
Brigachbogen verlegt worden, wo sich die Stadtwerdung Villingens vollzog. Gemeinsam ist allen diesen Versuchen, dass sie sich mit einer nur spärlich vorhandenen Quellenüberlieferung konfrontiert sehen. Neben der historischen Überlieferung spielen auch archäologische und bauhistorische Befunde eine Rolle. Als bedeutendste Protagonisten kristallisieren sich neben den Herzögen
von Zähringen und deren Ministerialität zwei im Umfeld von Villingen begüterte
Klöster heraus, die unter der Vogtei der Zähringer standen: St. Georgen und
St. Peter.
Melanchthonstadt Bretten
(2007)
Im Sommer des Jahres 1462 wurde der einem angesehenen Überlinger Geschlecht
entstammende Klaus Besserer auf Weisung des Rates seiner Heimatstadt in Haft
genommen. Schenkt man den späteren Darstellungen der städtischen Obrigkeit
Glauben, so war das Sündenregister des Patriziers zu diesem Zeitpunkt in der Tat
beachtlich. Mehrfach hatte Besserer in der Vergangenheit gegen den städtischen
Frieden verstoßen. Auch von betrügerischen Machenschaften ist in den Quellen
die Rede. Im Dezember 1461 hatte sich der Rat mit der Auseinandersetzung des
Patriziers mit Tristan Musierer zu befassen. In der burger stube zum Löwen hatte
Besserer einen Streit mit Musierer vom Zaun gebrochen und frävenliche wort an
Tristan geleit. Etliche Jahre später bestätigten Zeugen, die von einer kaiserlichen
Kommission vernommen wurden, diesen Vorwurf. Zugleich verwiesen sie aber
darauf, dass auch Musierer seinen Widerpart geschmäht und ihm vorgehalten habe, ain wissenklicber boßwicht zu sein. Während des lautstarken Wortwechsels
soll Besserer jedoch ainen blossen tegen under sinem mantel getragen haben, was
für die städtische Obrigkeit der eigentliche Anlass zum Einschreiten war. Die Verfehlungen des mehrfach auffällig gewordenen Bürgers ahndete der Rat schließlich
mit Ehren- und Geldstrafen.