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„Nur jener erfaßt wirklich ein Kunstwerk in seiner Aussagekraft, der darob entzückt und hingerissen wird.“ Gewiß wollte der überragende Theologe Hans Urs von Balthasar das Staunen ungezählter Münster-Turm-Besichtiger nicht abwerten durch dieses Weisheitswort. Schaut jemand, selber einsachtzig klein, erstaunt auf zu dem steil aufragenden Turm-Gebirge — Stein auf Stein, Stein auf Stein aufgetürmt —, kann nachdenkliches Fragen sich regen: Warum haben jene fernen Geschlechter so etwas gemacht, und für wen? Bewundernd erblicken viele von allen Seiten dieses Wunderwerk gotischer Baukunst; sie preisen die vollendet-schöne Gestalt — und manche fangen wohl an, den darin aufscheinenden Sinn-Gehalt zu entdecken. Andere jedoch finden an dem, was sie in bloßer Ästhetik trunkenen Auges sehen, ihr Genügen: diesen einzigartigen Körper betrachten sie, verborgen aber bleibt ihnen der darin einwohnende Geist. Wieder andere, Experten, meinen, das ganze Bauobjekt weit erforscht zu haben: alles, bis zu den Einzelheiten, ist exakt vermessen, die Maßverhältnisse sind verstanden, Vergleiche über Vergleiche mit anderen Kunstwerken werden gezogen, Geschichtliches wird wissenschaftlich noch und noch aufgehäuft. Solchem Analysieren und auch additiven Syntheseversuchen hat schon Goethe entgegengehalten: „Ihr habt die Teile in der Hand; fehlt leider das geistige Band.“
Das Bild der Madonna im Rosenhag, 116 x 76 cm, in neugotischem Goldrahmen, Freiburger Privatbesitz, blieb bisher ebenso unveröffentlicht wie die anderen Kopien des 19. Jahrhunderts. Auf Leinwand gemalt, hat es auf der Rückseite „J. Schultis / nach M. Schongauer“ signiert (Abb. 1). Von diesem Freiburger Maler wissen wir nur, dass er als Bruder Simeon mit der Beuroner Malerschule um 1878 in Monte Cassino arbeitete. Später wandte er sich nach Stil und Form der Neugotik zu und erhielt um 1893 den Auftrag, drei Fresken mit der Legende des hl. Bernhard in der Kirche des Cistercienserinnenklosters Lichtenthal bei Baden-Baden zu malen. In der Folge des II. Vatikanischen Konzils wurden sie 1965 zerstört. Eine kurze Beschreibung soll zur Einordnung des Freiburger Bildes verhelfen, obgleich der Zustand beschädigt und die Qualität mäßig ist. Maria sitzt frontal auf einer Rasenbank, die von Akelei, Erdbeerstauden und Lilien gerahmt wird. Auf ihrem linken Arm trägt sie das göttliche Kind, dessen rechtes Ärmchen ihren Hals unter den lang herabfallenden Haaren umschlingt. Sie hat ihm über den Zipfel ihres karminroten, grünlich gefütterten Mantels, den sie über einem zinnoberroten Gewand trägt, ein weißes Tuch ausgelegt. Die eng anliegenden Ärmel eines blauen Unterkleides werden sichtbar.
Die Kontroverse um Fortschritt und Tradition, Vernunft und Glaube, Kirche und Welt im 19. und frühen 20. Jahrhundert manifestierte sich in vielerlei Bereichen. Ein besonders sensibles und emotionsbefrachtetes Thema stellte in diesem Zusammenhang die Bestattungsfrage dar. Nachdem jahrhundertelang das Erdbegräbnis die ausnahmslos übliche Art der Bestattung im christlichen Abendland gewesen war, plädierten verschiedene Kreise im Laufe des 19. Jahrhunderts aus unterschiedlichen Gründen für eine Wiederaufnahme der antiken Sitte der Leichenverbrennung. Auch in Freiburg gaben nach der Wende zum 20. Jahrhundert Pläne zu einem Krematoriumsbau Anlass zu heftigen Auseinandersetzungen, welche vor allem mittels der zahlreichen damals hier erscheinenden Tageszeitungen in durchaus polemischer Art und Weise ausgetragen wurden. Im Folgenden soll zunächst die allgemeine Wiedererweckung des Brauchs der Feuerbestattung in Deutschland seit der Zeit der Aufklärung dargestellt werden. Daran schließt die spezielle Auseinandersetzung in dieser Frage in Freiburg an. Nach einer kurzen Beschreibung des zuvor heftig umstrittenen Krematoriums wird schließlich das Ergebnis zusammengefasst.
Als 1946 die große Freiburger Fronleichnamsprozession erstmals Station an einem prächtigen Altar vor dem Haupteingang der Universität machen konnte und sich vor den Statuen von Homer und Aristoteles die Monstranz erhob, war das für Joseph Sauer Anlass, auf fünfzig Jahre Katholizismus und Universität zurückzublicken.
Nahe bei Zarten, Kirchzarten, Hinterzarten - dem alten Tarodunum, der schon vom römisch-ägyptischen Geographen Ptolemaios auf seiner Weltkarte ca. 120 Jahre nach Christus genannten Fluchtburg der Kelten - liegt, wunderschön eingebettet zwischen den nahen Bergen des Dreisamtales, die kleine Kapelle der alten Buchhändler-Familie Herder. Eines der Familienmitglieder, Dr. Theophil Herder-Dorneich ließ die Gebetsstätte 1968 - nach glücklich überstandenem 2. Weltkrieg - als Grablege für sich und andere Familienmitglieder errichten. Die Kapelle ist voller Symbolik, dient mehreren Konfessionen als Raum für den Gottesdienst, - im Volksmund trägt sie den Namen „Vaterunser-Kapelle“. So steht es auch groß an der Eingangstür. Die Kapelle will den Menschen „ein Zeichen am Wege sein, wie es einst die Feldkreuze waren“.
Verehrter Herr Erster Bürgermeister, verehrte Damen und Herren, die Sie heute für Ihr ehrenamtliches Engagement mit der
Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet werden, meine Damen und Herren. Ehrenamt und Freiwilligentätigkeit sind in den letzten Jahren zu bedeutenden Themen in der öffentlichen Diskussion geworden. International, national und lokal erfahren Menschen und Initiativen, die auf Selbsthilfe, Bürgerengagement, Solidarität und Gemeinschaftssinn setzen, eine noch vor wenigen Jahren nicht für möglich gehaltene Beachtung. Dies äußert sich nicht nur, aber auch, am 5. Dezember, dem Tag des Ehrenamts, an dem das Engagement ehrenamtlich tätiger Mitbürgerinnen und Mitbürger gewürdigt wird. Die Würdigung, die Sie und Ihr Engagement heute erfahren werden und zu der ich Ihnen sehr herzlich gratuliere, kann Anlaß geben, über den neugewonnenen Stellenwert des Ehrenamts in unserer Zeit nachzudenken.
Dazu möchte ich Sie einladen.
Edith Picht-Axenfeld wird mit dem Reinhold-Schneider Preis ausgezeichnet: zum zweiten Mal innerhalb der letzten Jahre geht dieser Preis an eine bedeutende Frau, deren Lebenswerk die Interpretation von Kunst ist. Wurde 1995 Swetlana Geier für ihre Übersetzungsarbeit aus dem Russischen geehrt, so feiern wir heute eine Dolmetscherin der Musik - und es mag erlaubt sein, zu Beginn dieser Lobrede etwas ausführlicher über die Kunst der Übersetzung nachzudenken.
Europäische Lehrkräfte werden sich in den nächsten Jahren gestiegenen Anforderungen stellen müssen, denn „zur Unterstützung europäischen Bewusstseins und des gegenseitigen Verstehens (ist) eine stärkere Ausrichtung des
Unterrichts unserer Schulen auf die Gemeinsamkeiten in der europäischen Kultur sehr wichtig.“ Die Lehrkräfte von morgen werden unter anderem vor die Aufgabe gestellt werden, sich als Vermittler zwischen den Kulturen zu begreifen, ihre Schüler zu Offenheit und Toleranz für andere Kulturen zu führen, kurz interkulturelle Kompetenz zu vermitteln. Grundlage der Verwirklichung der europäischen Einheit ist allerdings nicht nur die interkulturelle, sondern auch die sprachliche Kompetenz der Bewohner Europas, denn zur „transnationalen Kommunikationsfähigkeit“ gehört auch die Mehrsprachigkeit als „konstitutioneller Teil unserer multikulturellen Gegenwart und Zukunft“.
Der 15. Juli 1942 war ein Mittwoch. Reinhold Birmele, achtundzwanzigjähriger Gehilfe in der Gärtnerei Rappenecker, bearbeitete ein Grundstück in der Freiburger Beethovenstraße. Wegen epileptischer Anfälle in der Vergangenheit hatte er nicht als Soldat in den Krieg ziehen müssen. Nebenan, Nr. 9, lag der Garten, der zur Villa des ehemaligen Bankdirektors Hein gehörte. Birmele hatte schon oft dort gearbeitet. Nur flüchtig war er hingegen bisher der achtundfünfzigjährigen Hausgehilfin der Familie Hein, Maria Weber [Name geändert, H. H.], begegnet, die gerade in den Garten trat; er wußte nicht einmal ihren Namen. Sie kamen ins Gespräch. Dabei stellte sich heraus, daß Frau Weber in St. Peter beheimatet war und Reinhold Birmele ihre dort verheiratete Schwester kannte. Sie habe jetzt Ferien und wolle ihre Schwester wieder einmal besuchen, meinte Birmele die Hausgehilfin zu verstehen. Ihm kam die Idee, sie zu fragen, ob sie nicht gemeinsam dorthin wandern wollten. Er war ein großer Naturfreund und jeden Sonntag draußen in den Bergen. Birmele wollte dann, nach dem Besuch der Bekannten in St. Peter, über den Kandel zurück nach Kollnau laufen, wo er wohnte. Eine richtige Verabredung war es wohl nicht, aber Birmele dachte, Maria Weber habe seinem Plan zugestimmt.
Ein Akt der Verzweiflung
(2000)
Die von langer Hand und unter strikter Geheimhaltung vorbereitete Deportation von 350 jüdischen Männern, Frauen und Kindern aus Freiburg nach Gurs schlug sich im Tagebuch der Polizeidirektion, das für den 22. Oktober 1940 auch den Besuch der Sicherheitsdienste (SD) von Mülhausen und Freiburg vermerkt, in einer siebenzeiligen Notiz nieder: ,,Dienstag, 22. Oktober und Mittwoch, 23. Oktober 1940: An beiden Tagen wurden die jüdischen Familien abtransportiert. Hierbleiben durften nur diejenigen Juden, bei denen entweder der Mann oder die Frau arischer Abstammung sind. Weiter blieben auch die Mischlinge hier. Zwei Juden haben Selbstmord verübt; eine Jüdin hat sich die Pulsadern durchschnitten und starb in der Klinik, ein Jude hat sich erhängt. Der Abtransport ging in aller Ordnung vor sich."
Alice Leimenstoll schrieb am 22. Oktober 1940 einen Brief an einen Verwandten. Darin heißt es: "Bei uns in Freiburg geht es seit Sonntag toll her. Jede Nacht haben wir Fliegeralarm ... Auch ist heute ein besonderer Tag. Denke Dir, sämtliche Juden
werden abgeholt und in Omnibussen fortbefördert. Mit der Polizei und Kriminal wurden sie im Hause geholt und dann auf Lagerplätzen gesammelt. Wie ich gehört habe, kommen sie nach Südfrankreich und von dort mit dem Schiff weiter. Sie konnten alle nur mit ein paar Habseligkeiten gehen, denn sie hatten nur ½ Stunde Zeit zum packen. Ich stelle mir das vor, wenn wir so fort hätten müssen und alles liegenlassen, was einem lieb und wert war: Wie ich gehört habe, sollen Leute, die ihr Hab und Gut durch Bomben verloren haben, in die Wohnungen kommen z.B. Berliner, Düsseldorfer ..."
Der Anlaßwar der schlimmste Überfall des Krieges. Am „schwärzesten Tag", dem 14. April 1917, erlebte die Stadt Freiburg einen Angriff durch britische und französische Flieger, bei dem elf Zivilisten und ein Soldat ums Leben kamen. Einige Tage
später bot die Bestattung der Opfer am Freiburger Hauptfriedhof die Gelegenheit, eine feierliche Kundgebung gegen die „ruchlose" Praxis des Feindes zu veranstalten, der den Krieg auf offene deutsche Städte übertragen hatte mit dem Ziel, Zivilisten zu terrorisieren und schuldlose Menschen aus der „friedlichen Arbeit in der Heimat" fortzureißen. Dementsprechend befanden sich unter den Teilnehmern auf dem Friedhof fast sämtliche Stadtprominente - leitenden Persönlichkeiten der Staats- und Stadtverwaltungen, des Militärs und der Universität, jeweils sieben geistliche Repräsentanten des Freiburger Katholizismus und Protestantismus sowie Vertreter der Holzgroßhandlung der Gebrüder Himmelsbach, deren Belegschaft allein neun Opfer
erbracht hatte.
Der Wechsel der Konfession in der Frühen Neuzeit hat bislang vor allem im Phänomen der Fürstenkonversionen des 17. und 18. Jahrhunderts das Interesse der Forschung gefunden. Im Mittelpunkt des Interesses standen einerseits die Beweggründe
der Konvertiten, unterschieden nach religiösen oder politisch-dynastischen Motiven. Zum anderen fanden die Auswirkungen des Konfessionswechsels eines Landesherrn auf seine Untertanen Aufmerksamkeit. Seit dem Augsburger Religionsfrieden von
1555 galt das Prinzip, daß die Untertanen der Konfession des Landesherrn angehören sollten. Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts hatte die Fürstenkonversion somit zumeist den Religionswechsel der Einwohnerschaft eines ganzen Territoriums
zur Folge. Am Oberrhein bietet die Markgrafschaft Baden-Baden ein Paradebeispiel für die erzwungene Konversion der Untertanen nach dem Konfessionswechsel ihres Landesherrn bzw. dem Regierungsantritt eines neuen Landesherrn mit anderer Konfession als sein Vorgänger. Bis 1634 wechselte das Territorium - und damit stets die Mehrheit der Untertanen - sechsmal das Bekenntnis.