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Die Welt im Kabinettschrank
(2015)
„Wenn je eine religiöse Korporation der Menschheit
wohltätig war, so gehört in deren erste Reihe
das Benediktinerstift zu Villingen”, urteilten
die Gründer der Städtischen Altertümersammlung
Jahrzehnte nach Aufhebung des ehemaligen
Klosters St. Georgen. Dort seien „ohne Interesse,
ohne Lohn, nur zum Wohle der Jugend Schätze
der Wissenschaft” gesammelt worden. Getreu
der Losung Initium sapientiae timor domini sei
bei aller Wissenschaftlichkeit jedoch Religiosität
„das Grundprinzip” geblieben, „darauf das ganze
Lehrsystem der Georgier gebaut war”. Schätze der
Wissenschaft gab es bei den Benediktinern nicht
nur im übertragenen, geistigen Sinn. Seit dem
18. Jahrhundert bestand im Kloster eine
wissenschaftliche Schausammlung mit zahlreichen
Exponaten, die vom zweihändigen Schwert bis zur
physikalischen Apparatur reichten. Die Einrichtung
eines Museums im geistlichen Umfeld eines
Klosters mag zunächst überraschen, doch reihen
sich die Villinger Benediktiner mit ihrer Sammelleidenschaft
in eine lange und ganz Europa umfassende
Entwicklung.
Vom Halm zum Strohzylinder
(2015)
Das Arrangement gesammelter Dinge aus dem Schwarzwald, über die Dr. Max Wingenroth, seit 1909 als Museumskonservator für die städtischen Sammlungen in Freiburg tätig, so wertschätzend urteilte, entstammt aus dem Zusammenhang eines eng mit der Geschichte des Schwarzwaldes verbundenen Handwerks: der Strohflechterei. Diese sogenannte Hausindustrie war im Schwarzwald vom 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts nicht nur für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte von Bedeutung, sondern auch für die Kultur- und Kunstgeschichte. Das Handwerk hinterließ Spuren vor allem in Form von Dingen, in die seine Geschichte eingeschrieben worden ist. Oskar Spiegelhalder, ein Uhrenfabrikant
aus Lenzkirch, beteiligte sich um 1900 an einer auch überregional spürbaren Rettungsaktion des Bürgertums, bei der volkskundlich-kulturgeschichtliche Dinge vor dem Verschwinden bewahrt werden sollten. Mit der Aufnahme in drei nacheinander arrangierte Sammlungen verlieh er den um 1900 bereits zu großen Teilen bedeutungslosen Kulturrelikten eine neue Relevanz. Diese besteht nicht nur in der (musealen) Konservierung eines vergangenen Handwerks, sondern auch
in der Möglichkeit, die „subjektive Dingbedeutung“ der Sammlungsstücke und damit ihren individuellen Stellenwert für verschiedene Akteure zu ergründen.