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- Hebel, Johann Peter 〈1760-1826〉 (59) (entfernen)
Der blinde Seher Homer erzählt in der Odyssee, dass der gedankenkühne Odysseus zwanzig Jahre lang auf Irrfahrt gewesen sei. Am Ende dieser Zeit macht sich sein Sohn Telemach auf den Weg nach Sparta zu König Menelaos und bittet um Klarheit
über den Verbleib seines Vaters. Statt einer Antwort erzählt ihm König Menelaos, wie er selbst einstens in Pharos, einer Insel vor der Küste Ägyptens, festgesessen sei. Nach verzweifelten Versuchen die Insel zu verlassen habe sich die Göttin Eidothea
seiner erbarmt und habe ihm mitgeteilt, Proteus, genannt der Alte vom Meere, ihr Vater, erschiene immer zur Mittagszeit am Strand, um zwischen den Robben ein wenig zu schlafen. Menelaos und die Gefährten tarnen sich nun unter Robbenfellen
und als der Alte vom Meere aus dem Meere aufsteigt und sich zum Schlafe legen will, brechen Menelaos und seine Männer hervor. Unter ihren zupackenden Händen verwandelt sich Proteus in einen Löwen mit mächtigem Barte, in eine Schlange, einen Pardel, ein riesiges Wildschwein, zu fließendem Wasser und in einen hochaufsprießenden Baum. Doch wir hielten ihn ausdauernd fest mit standhaftem Mute bemerkt Menelaos. (Ein guter Tipp für alle Hebelleser!). Dieser Standfestigkeit hat Proteus nichts entgegenzusetzen. Er weist ihnen den Weg, wie sie sich aus ihrer aussichtlosen Lage befreien können.
Johann Peters Kalendergeschichte Der fromme Rat wurde 1814 von konservativ-katholischer Seite benutzt, um die Vertreter einer katholischen Nationalkirche Badens – allen voran Ignaz von Wessenberg – zurückzudrängen. Die Geschichte musste auf Druck der Zensur aus dem Rheinländischen Hausfreund entfernt werden. Ein Dokument der Auseinandersetzung Hebels
mit diesem Ärgernis ist ein Bild seiner Person mit Elisabeth Baustlicher von Carl Josef Agricola. Die Karriere Hebels stockte in der Folge des Vorfalls, nahm aber mit der Einführung der Badischen Verfassung 1818 und seiner Berufung zum Prälaten 1819 noch einmal Fahrt auf. Wessenberg und Hebel versuchten in den folgenden Jahren gemeinsam in der ersten Kammer
gemeinsame evangelische und katholische Vorhaben voranzutreiben. Am Ende setzte sich die katholische Lösung eines von Rom abhängigen Erzbistums durch.
Welcher Hebel?
(2010)
Vor Jahren schrieb Walter Ernst Schäfer in der Einleitung zu seinem Aufsatz »Hebel, der Glücksspieler«: »Hebel wurde gebraucht, als Repräsentant alemannischer Rede und Art, als Galionsfigur der aufgeklärten Markgrafschaft, als Stichwortgeber für Almanach und Kalender, als Schulbuchautor, bei Heimatfesten, in Gedenk- und Feierstunden in der Öffentlichkeit und in Schule ... Die vielseitige Brauchbarkeit und Verwendung hat sein Profil abgenutzt, verflacht«. Im Jahre 2010 scheint seine Brauchbarkeit und Verwendung einen bisher nicht gekannten Grad erreicht zu haben, der es nahe legt, von einem verfestivalten Hebel 2010 zu sprechen.
Wilhelm Zentner: »Unermessliches Reich liebenden Gedenkens«, Uli Däster: »Unentschlossenheit in bestimmender Grundzug seines Charakters«, Heide Helwig: »Luftbild einer Landschaft, in dem Wolkenfelder die Sicht verdecken«, Bernhard Viel:
ldeengeschichtliche Stränge, Franz Littmann: »Hebels Alemannischen Gedichte waren eine Antwort auf die damalige Krise.«.
Ein großer Badener
(2010)
Heuer ist ein Hebeljahr: Am 10. Mai 1760 brachte in Basel Ursula Hebel, geb. Oertlin aus Hausen i. W., Ehefrau des Johann Jakob Hebel, ihr erstes Kind zur Welt. Die Eltern ließen den Buben Hanspeter taufen. In der Peterskirche, wo damals noch der berühmte Totentanz an der Friedhofsmauer zu sehen war. Beide Eltern hatten eine Stelle im Haus der wohlhabenden Basler Patrizierfamilie Iselin.
Neben der Aufgabe, Fremdes dem eigenen Volk nahezubringen, es ihm vertraut
und liebenswert zu machen, hat Hugo von Hofmannsthal das Verjüngen und
Erneuern der eigenen Sprache als eine der wichtigsten Bestimmungen des Übersetzers
erkannt. Übersetzen nicht nur als ein Übertragen, sondern als ein Anregen,
Stimulieren zu Eigenem, - eine Funktion, die wohl für kaum einen Sprach- und
Literaturbereich von so gravierender Bedeutung gewesen ist wie für den der slavischen
Völker. Hier besonders ist die Orientierung am fremden Vorbild eine der
Quellen eigener schöpferischer Leistung gewesen. Dies gilt auch für die neuere russische
Literatur, deren Entstehung und Konstituierung ohne die Tätigkeit bedeutender
Übersetzer nicht zu denken ist. [...]
Als einer seiner bedeutendsten Repräsentanten
hat der Dichter und Übersetzer Vasilij Andreevic Zukovxkij zu gelten,
dessen Übersetzungen die russische Literatur zu Beginn des 19. Jahrhunderts
wesentlich bereichert haben[...]
Obwohl sich Zukovskij, wie seine Übersetzungen zeigen, über einen recht langen
Zeitraum hinweg mit Hebel beschäftigt hat, fehlen Belege dafür, wann und auf
welche Weise er mit dessen Werk bekannt geworden ist. Mehrere Möglichkeiten
sind zu berücksichtigen: So ist es sehr wahrscheinlich, daß ihm die Dichtungen
Hebels während eines von 1815 -1817 währenden Aufenthaltes in Dorpat nahegebracht
worden sind. Zukovskij hat dort viel bei aus Süddeutschland stammenden
Familien verkehrt und könnte durch diese auf die Allemannischen Gedichte aufmerksam
gemacht worden sein.
Zum ersten Mal zu Besuch in Schwetzingen war Johann Peter Hebel (vermutlich) bereits als Schüler des Karlsruher Gymnasiums. Kurz vor seinem Examen (1777) unternahm er nämlich eine Ferienwanderung entlang des Rheins bis nach Mannheim. Der damals schon berühmte Schwetzinger Schlossgarten gehörte sicherlich zu den touristischen Höhepunkten dieser Wanderung. Vielleicht hörte er bei dieser Gelegenheit etwas vom ehemaligen Schwetzinger Gartendirektor Friedrich Casimir Medicus (1736-1806).
»Wer Gesetze, Ordnung, Tugend und Religion liebt und zur Richtschnur nimmt, der ist weise!« Diese These formulierte der Markgraf, später Kurfürst und zuletzt Großherzog von Baden in seiner berühmten »Antwort auf die Danksagungen des Landes nach Aufhebung der Leibeigenschaft 1783«, die er drucken und überall in Baden verteilen ließ. In diesem Grundsatzpapier postulierte er auch, dass »Titel, Rang, Reichtum u.s.f. nur alsdann Ehre (machen), wenn sie Folgen edler Handlungen sind.«
Johann Peter Hebel teilte diese Auffassung seines Landesherrn.
Der Ausgangspunkt der Ausstellung „Verstöhntder mi?" ist folgende These: Die Weisheiten, die man beim Lesen der Alemannischen Gedichte eingeflößt bekommt, sind für die Seele des Menschen so wirksam wie vor 200 Jahren. Die Heilmittel, die Hebel seinen Landsleuten (nicht nur aus dem Wiesental) verabreichte, um sie von den Auswüchsen der
Modeme (Stichwort: Dialektik der Aufklärung) zu kurieren. stammten aus einer vormodernen, also klassischen Seelenapotheke.