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Eine der wesentlichen Erkenntnisse der Kirchenkampfforschung von vor bereits 30 Jahren ist gewesen, dass eine Darstellung des Kirchenkampfes nicht 1932 oder 1933 einsetzen kann, sondern schon und insbesondere die Vorgeschichte: die Geschichte der Weimarer Republik, zu betrachten ist. Hier, in einer vor allem theologiegeschichtlichen Betrachtung, bedeutet das die Frage der allgemeinen Umbrüche 1918/19 zu konzentrieren auf die spezielle Frage nach theologischen Einstellungen, Prägungen und Mentalitäten. Genauer betrachtet stellt sich hier umgehend ein Problem: nämlich ob die Prägung der Akteure als genus subjectivus oder objectivus zu verstehen sei. Will sagen: Geht es um die Frage, wer in der Weimarer Republik die Theologie geprägt hat, vor allem im Umkreis der Universität Heidelberg, oder geht es um die Frage, wer im kirchlichen Dienst der badischen Landeskirche mit welcher theologischen Prägung agierte? Oder geht es um die Frage, ob und wieweit bei den nun strukturell transformierten Akteuren, nämlich den Kirchenparteien, theologische Strömungen zu erkennen sind, die explizit oder implizit auf theologischen Prägungen beruhen? Mit den Fragen sind erste und vorläufige Antworten schon vorbereitet. In aller Vorläufigkeit – auch hier machen sich schmerzlich Forschungsdesiderate bemerkbar – sind heute alle drei Aspekte zu würdigen. Ich betone die Vorläufigkeit der hier vorgetragenen Beobachtungen.
„Die Kanzel ist das Thermopylä der Christenheit, da wird die Schlacht verloren oder gewonnen.“
(2019)
In den frühen 1960er Jahren standen Kirche und Gesellschaft am Beginn einer Ära der Reformen und der Aufbrüche. Mit dem Rücktritt Konrad Adenauers als Bundeskanzler und dem Beginn der Regierungszeit Ludwig Erhards im Oktober 1963 endete in der Bundesrepublik endgültig die Nachkriegszeit. In der katholischen Kirche hatte kurz zuvor im Oktober 1962 unter Führung des reformorientierten Papstes Johannes XXIII. das Zweite Vatikanische Konzil begonnen mit seinem Versuch, die katholische Kirche für die Moderne zu öffnen. In der bisher gesamtdeutschen EKD hatte der Mauerbau vom August 1961 die Teilung des Protestantismus in Ost und West verschärft, in den DDR-Landeskirchen begann eine eigenständige Entwicklung, die am Ende des Jahrzehnts 1969 zur Gründung des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR führte. Auch in der Badischen Landeskirche endete 1964 mit dem Dienstbeginn von Hans-Wolfgang Heidland als Landesbischof eine Ära: die 18jährige Bischofszeit von Julius Bender, der sein Amt kurz nach Kriegsende Anfang 1946 angetreten hatte.
Im Jahr 2020 ist das Evangelische Gesangbuch (EG) der Badischen Landeskirche seit 25 Jahren in Gebrauch – es wurde am Ersten Advent 1995 (3. Dezember 1995) in den evangelischen Gemeinden eingeführt. Der gesamte Prozess der Einführung des neuen EG innerhalb der Evangelischen Kirche Deutschlands dauerte insgesamt drei Jahre: er begann am Reformationstag 1993 mit Berlin-Brandenburg und war mit der Einführung in der württembergischen Landeskirche zum Ersten Advent 1996 beendet. 2018 kam in Baden der Ergänzungsband Wo wir dich loben, wachsen neue Lieder heraus, der – ähnlich wie die Anhänge ’71 und ’77 in den 1970er Jahren als Ergänzungen zum damaligen Evangelischen Kirchengesangbuch EKG – modernes und zeitgemäßes Liedgut den Gemeinden nahebringen möchte. Im Vorfeld des 200jährigen Jubiläums der Badischen Union 2021 sollen hier die vier badischen Gesangbücher aus den Jahren 1836, 1882, 1951 und 1995 mit einem Vergleich ihrer Vorworte in den Blick genommen werden. Innerhalb der neueren badischen Kirchengeschichtsforschung spielten Untersuchungen der Gesangbücher schon immer eine wichtige Rolle. Heinrich Riehm hat in seinem 2011 erschienenen Sammelband Auf dem Weg zum Evangelischen Gesangbuch 1993 zahlreiche Aspekte der neueren badischen Gesangbuchgeschichte zusammengestellt.