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„Mystik und Kunst" bezeichnet ein Aufgabengebiet, in dem verschiedene
Fachinteressen sich überschneiden, verschiedene Forschungsrichtungen je mit
ihrer Methode arbeiten und doch jede durch eine sich anbietende Kongruenz
der Form auf die Erkenntnisse der andern verwiesen wird. Ein Phänomen
fordert hier seine wissenschaftliche Erfassung in der ganzen Breite. Sobald man
sich diesem Anruf aber stellt, droht die Kongruenz sich dem Zugriff zu entziehen.
Seit längerer Zeit schon erkannte man daher die Notwendigkeit, die vielberufenen
Beziehungen zwischen Mystik und Kunst zu spezifizieren. Man hat sie
besonders abzulesen versucht an einem Beispiel, wo sich literarisch wie künstlerisch
reiches Belegmaterial anbot: bei den mystischen Lebensbeschreibungen
von Klosterfrauen einerseits und jener Gattung der bildenden Kunst andererseits,
die dieselbe Mentalität vorauszusetzen scheint, die Andachtsbilder. Beide
führen uns in den oberdeutschen Raum mit dem Schwerpunkt im Bodenseegebiet
und am Oberrhrein.
Das ältere deutsche Rechtsdenken begreift sich als vollkommene und unabänderliche
Ordnung. Geschriebene Gesetze wie die Spiegel des Mittelalters
sind keine Rechtsschöpfungen, sondern Rechtsdarstellungen. Gleichgültig ist
daher auch die Urheberschaft, allein entscheidend sind Rechtskunde und
Autorität. Das Recht gründet in einer einheitlichen und überkommenen Überzeugung
der Gemeinschaft, vor allem ihrer Vertreter, der Schöffen und Urteiler.
Rechtsprechung war daher lediglich Rechtsfindung im Wortsinne.
Der Investiturstreit fand gerade in Schwaben seinen Ausdruck in offenem
Kampf. Die süddeutschen Fürsten und mit ihnen der Großteil des übrigen
Adels standen an der Spitze oder auf der Seite der Opposition gegen Heinrich
IV. Neben dem antiköniglich gesinnten Adel fanden die gregorianischen Kräfte
ihre Hauptstütze in einer wachsenden Zahl neu entstehender Klöster.[...]In diesen Rahmen muß auch die Stiftung des Klosters Alpirsbach im Schwarzwald
gestellt werden, das zu den von Berthold von Zwiefalten genannten Klöstern
gehört.
Auf der Suche nach Belegen für Kunstwerke, die stilistisch bestimmten Meistern
zuzuschreiben waren, stieß ich - nicht ohne Grund - wiederholt auf Verwandtschaftsbeziehungen
dieser Künstler. Daß solche verwandtschaftlichen
oder persönlichen Verbindungen in manchen Fällen zu Aufträgen geführt hatten,
legte ich bereits vor einigen Jahren am Beispiel der Breisgauer Barockbildhauer
Johann Baptist Sellinger, Johann Christian Wentzinger und
Joseph Hör dar. Ich erkannte und unterstrich dabei den Wert gründlicher
familienkundlicher Kenntnisse besonders in Fällen, in denen für Kunstwerke
weder durch Signaturen noch durch schriftliche Belege die Urheberschaft der
Künstler zu sichern gewesen war; denn neben der Stilkritik hatte die Genealogie
zusätzliche Begründungen für die Zuschreibung der Arbeiten geliefert.
Man hat früher in Mundartuntersuchungen sehr oft das Augenmerk nur auf
die „echte", die „gute, alte" Mundart gerichtet, und viele Mundartforscher
haben bis in die jüngste Vergangenheit hinein sich denn auch damit begnügt,
die Sprache der ältesten Ortseinwohner zu erfragen und sie in ihren „ohrenfälligsten"
Zügen darzustellen. In dieser Suche nach dem Alten, Unverfälschten
wurde und wird natürlich auch schon - implizit oder explizit - deutlich, daß
sich die Mundart wandelt und daß es zumindest von dem Moment an, wo man
an einem Ort Wandel konstatiert, auch keine homogene Ortsmundart mehr
geben kann.
Die Strafpraxis spiegelt das Selbstverständnis einer Gesellschaft und ihrer
Organe. Der Wissenschaft ist dabei die Rolle zugeteilt, an die staatliche
Reaktion zeitentsprechende rationale Maßstäbe anzulegen. Je mehr die Vernunft
als Schrittmacher der Geschichte angesehen wird, desto größer ist das
Bedürfnis nach gelehrter Auskunft. Ein weites Feld wissenschaftlicher Einflußnahme
hat sich dem Juristen eröffnet, seitdem die Constitutio Criminalis
Carolina von 1532 den „Rat der Rechtsverständigen" institutionalisierte und
so eine Wissenslücke zwischen Laienrichter und Gelehrtenrecht zu schließen
versuchte.
Wann und durch wen Erzbischof Gröber von Fühlungnahmen zwischen
Reichsregierung und Kurie über ein Konkordat erfuhr, läßt sich nicht mehr
feststellen. Annehmen kann man, daß er zumindest Pressestimmen - deutsche
wie ausländische - aus dem Ende des Monats März und der ersten Aprilwoche
1933 über Konkordats-Absichten bzw. -Vermutungen kannte, die seit dem
Bekanntwerden der Oster-Reise Papens und Görings nach Rom und ihrer
Audienz bei Pius XI. (am 12. 4.) sich noch intensivierten.
Wie konnte ein Bauernsohn,
gar der Sohn eines leibeigenen Bauern, die ständischen Schranken der alten
Reichsverfassung durchstoßen und zum Prälaten und, wenn Reichsunmittelbarkeit
und Reichsstandschaft mit der Prälatur verbunden waren, zum geistlichen
Fürsten aufsteigen? Diese Problemstellung liegt - neben dem personen-,
familien- und landesgeschichtlichen Interesse, das unser Abt Blasius II. nach
Person, Stellung und Wirken beanspruchen darf - auch den heutigen Betrachtungen
zugrunde .
Tarodunum/Zarten
(1973)
Es gehört zu den ebenso reizvollen wie schwierigen Aufgaben der Geschichtswissenschaft,
Licht in jene säcularen Vorgänge zu bringen, welche
den Übergang von der Spätantike zum Mittelalter bewirkten. Die Spärlichkeit
der schriftlichen Zeugnisse steht im Kontrast zur Virulenz der Hypothesenbildung.
Zwei Hauptthesen beherrschen - in vielfacher Abwandlung - auch
heute noch die Diskussion.
Einmal die aus humanistischer Tradition stammende Dekadenztheorie, die
dann einmündete in die sogenannte Katastrophentheorie, d.h. in die
Lehre vom Untergang der Antike in der germanischen Völkerwanderung.
Demgegenüber bemühte sich Alfons D o p s c h durch minutiöse Einzeluntersuchungen,
vorwiegend im Bereich der Wirtschafts- und Sozialgeschichte,
um Erweis einer kontinuierlichen Entwicklung. (Kontinuitätstheorie).
Alemannische Legendare (l.)
(1973)
Bis heute finden sich in vielen katholischen Haushalten, auch dort, wo wenig
gelesen wird, jene Bücher, die in der Reihenfolge des Kalenders die Legenden
der Heiligen enthalten. Jene Folianten, von denen der Erzähler in dem Roman
„Halbzeit" des Wasserburger Schriftstellers Martin Walser schreibt: ,,Meine
Mutter saß steif vor der großen Legende, ihrem einzigen Buch, in dem sie
seit eh und je las ... in jener Haltung eben, in der jemand, der nicht viel liest,
vor einem Buch sitzt, und dazu noch vor einem solchen in Schweinsleder
gebundenen Heiligenbuch ... Sie wollte an jedem Tag ihre Begegnung mit
dem Heiligen haben, der wirklich an diesem Tag dran war."
Das Gebiet des heutigen Landkreises Lindau im Nordosten des Bodensees
gehörte seit dem Jahre 15 v . Chr. zur römischen Provinz Raetia, nach deren
Teilung dann zur sogenannten Raetia secunda. Seit etwa 259/60 wurde die
römische Grenze (Limes) zurückgenommen auf eine Linie Hochrhein-Bodensee-
Argen-Iller-Donau. Das Gebiet des heutigen Landkreises Lindau kam
somit an die äußere Grenze des römischen Imperiums zu liegen.
Während im westlichen Oberschwaben und im württembergischen Bodenseehinterland
zahlreiche Siedlungsreste von der 250jährigen Herrschaft der
Römer zeugen, sind solche Zeugen einer 400jährigen römischen Anwesenheit
weiter östlich sehr spärlich.
Der Arlberg, oder genauer gesagt, die Landesgrenze zwischen Tirol und
Vorarlberg, gilt in der Mundartforschung als eine der schärfsten Sprachscheiden
innerhalb des Oberdeutschen, dem Alemannischen im Westen und
dem Bairischen im Osten. Dies trifft zweifellos auch heute noch zu, wenn man
H. Pauls Prinzip zugrundelegt: ,,Das eigentlich charakteristische Moment in
der dialektischen Gliederung eines zusammenhängenden Gebietes bleiben
immer die Lautverhältnisse" (Prinzipien der Sprachgeschichte § 30). Daß hier
zwei verschiedene phonologische Systeme aufeinandertreffen, ist durch die
Ergänzungsaufnahmen für den „Vorarlberger Sprachatlas" offenkundig geworden, obwohl die Verhältnisse doch differenzierter sind als bisher angenommen
wurde.
Das Land am Oberrhein im ausgehenden Mittelalter: Bettlerscharen vor den
Kirchen, Blinde, Lahme, Verstümmelte, Schwangere; Geistesgestörte, die man
vom Teufel besessen glaubt. [...]
Wer hat dieses, pandämonische Bild einer aufgewühlten Gesellschaft am Vorabend
der Reformation überliefert, jene Beschreibung, wie geschaffen als
Motivsammlung zu einem Film von Russel, Pasolini, Fellini und uns heutigen
wieder merkwürdig interessant? Sie findet sich in einem der eigenartigsten
Texte, den die Literaturgeschichtsschreibung zu verzeichnen hat: in dem um
1510 anonym gedruckten „Liber Vagatorum / Der Betler orden", der zur Gattung der „Gaunerbüchlein" rechnet und in der Enthüllung von Betrugspraktiken,
die den Gläubigen und Leichtgläubigen das Geld aus der Tasche ziehen
sollten, das oben gezeichnete Bild zwar in karikierender Überzeichnung entwirft,
doch auch in der Darstellung des Scheins noch das zugrunde liegende
Sein mitabbildet, wo dieses nicht vergleichend direkt zur Sprache kommt.
Der Besucher, der am Vorabend des Festes Christi Himmelfahrt in den
Mauern der alten Stadt Endingen am Kaiserstuhl weilt, kann dort heute noch
alljährlich Zeuge eines eigenartigen, singulären Brauches werden. An diesem
,,Auffahrtsabend" wird in der Martinskirche ein feierlicher Gottesdienst abgehalten.
Er findet zu Ehren der sog. ,,Weinenden Muttergottes von Endingen"
statt und zieht Jahr für Jahr eine große Zahl von Gläubigen an.
Man hat nicht oft das Glück, auf anscheinend bisher noch unbekannte literarische
Mundarttexte zu stoßen, die zeitlich noch vor den Anfang des 19. Jahrhunderts
zurückreichen. In einem Schreibbüchlein des Pfullendorfers Johannes
Faigle, "burger undt schuemacher", aus den Jahren 1746-1769, das in der Bibliothek
des Studienhauses der Herz-Jesu-Priester in Freiburg/Br. aufbewahrt wird,
hat sich das im folgenden abgedruckte Hochzeitsgedicht in schwäbischer
Sprache gefunden. Weitere Suche brachte eine z. T. abweichende und kürzere
Fassung zutage, die - ebenfalls ohne Verfassernennung - zusammen mit einer
"Heyraths Abred" auf einem Flugblatt überliefert ist, das etwa in der Zeit zwischen
1780 und 1800 gedruckt worden ist.
Der Landschaftsname Allgäu
(1976)
Der Landschaftsname Allgäu ist durch die neue Regionaleinteilung des Landes
Bayern nunmehr auch ein Begriff der politischen Verwaltung geworden: Es
gibt eine Region Allgäu und drei Landkreise, die seinen Namen tragen: Oberallgäu,
Unterallgäu und Ostallgäu. Damit scheinen die Grenzen dieser Landschaft
fest geworden zu sein, und auch für den Außenstehenden stellt es keine
Schwierigkeit mehr dar, den Umfang dessen, was mit Allgäu bezeichnet wird,
zu bestimmen. Das Allgäu ist eine fest umrissene, juristisch zu definierende
Größe geworden, es ist in geographischer Terminologie zum „Land" geworden.
Als „Landschaft" aber scheint das Allgäu heute noch die gleichen Probleme
zu bieten wie vor bald 40 Jahren, wo die Abgrenzungsschwierigkeiten sich in
Termini wie „unbestimmtes, quellbares Ganzes" und „Wechselbalg" ausdrückten.
Das belehrende und unterhaltende Anliegen spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher
Werke der Literatur bedingte deren Anlage auf Stoffülle, die bis zum
enzyklopädischen Anspruch gehen konnte. So ist etwa Heinrich Wittenwilers
„Ring", dessen Verständnis uns Bruno Boesch wieder erschlossen hat, schon von
seinem Titel her dahin bestimmt, daß das Werk „ze ring umb uns beschait der
welte lauf und lert auch wol was man tuon und lassen schol". Ganz ähnlich
versteht Johannes Pauli sein um mehr als ein Jahrhundert später verfaßtes
Schwankbuch „Schimpf und Ernst", indem er ebenfalls im Titel anzeigt: ,,durchlauft
es der welt handlung mit ernstlichen und kurzweiligen exempeln, parabeln
und historien nützlich und gut zur besserung der menschen". Dieses Programm
einer Erfassung und Beeinflussung menschlichen Lebens umfaßt auch jene Bereiche,
die durch die verbindliche Normativität des Rechts geordnet sind. Gerade
Konfliktsituationen, wie sie das Recht zu lösen hat, erweisen sich immer wieder als geeignetes Material für eine literarische Bearbeitung. Diese Erkenntnis hat die
rechtshistorische Forschung schon seit geraumer Zeit bewogen, auch das nicht spezifisch
rechtlich ausgerichtete Schrifttum auf seine Ergiebigkeit für die rechtsgeschichtliche
Kenntnisgewinnung hin zu prüfen.
Das Lateinische als abendländische Bildungssprache schlechthin, ist von
den Vulgärsprachen erst in einem langwierigen und auch heute noch nicht völlig
abgeschlossenen Prozeß ersetzt worden. Dieser Ablösungs- und Emanzipationsprozeß
lief im romanischen Sprach- und Kulturkreis anders als im germanischen
und slavischen ab, differierte fernerhin je nach Textsorte und Verwendungszusammenhang,
nach Raum und Zeit. Aus dieser skizzierten überaus komplexen
Sachlage ergeben sich einige allgemeine methodische Konsequenzen für die künftige
Arbeit. Ausgangspunkt wird zunächst eine allgemeine Darstellung der Theorie
der lingua vulgaris im Mittelalter sein müssen, wobei die Lehre von den drei
Sakralsprachen im Mittelpunkt zu stehen hat. Einschlägige Zeugnisse sind bisher
lediglich für die Karolingerzeit gesammelt und ausgewertet. Für die Folgezeit
liegen keine systematischen Untersuchungen vor. Auf diesem Hintergrund
haben die Einzelphilologien - in Zusammenarbeit mit den historischen Disziplinen
- empirische Untersuchungen durchzuführen, die wegen der Materialfülle
nur durch strenge Begrenzung des Objektrahmens förderlich sein können.
Drei Wiborada-Handschriften
(1976)
„Sie pflegte auch einigen sehr ehrwürdigen Vätern in diesem Kloster zur
Umhüllung der Bände der heiligen Bücher mit eigenen Händen schöne Tücher
zu weben "- auf so kunstvolle und persönliche Art trat die junge, vornehme
und fromme Wiberat um die Wende vom IX. zum X. Jahrhundert in Verbindung
mit dem Kloster St. Gallen, bei dem sie am 1. Mai 926 als Rekluse und
Martyrin des Ungarneinfalls gestorben ist. Bücher sind ihr teuer gewesen und
in Büchern lebte ihr Andenken fort und verbreitete sich weit über St. Gallen
hinaus in Schwabens Klosterlandschaft, während der Wiboradakult nur in bescheidenem
Maß an der Stelle gepflegt wurde, wo sie zuletzt inkludiert war,
und wo fast das ganze Mittelalter hindurch in ihrer Nachfolge Reklusen
lebten: auf dem Hügel der Magnus-Kirche unweit des Stifts, jetzt einem
Teil der Altstadt von St. Gallen.
Architektonische Konzeption und bildnerischer Schmuck zeichnen den Rottweiler
Kapellenturm als „einen der schönsten gotischen Türme von Prag bis Paris" aus.
Sein kunstgeschichtlicher Rang ist so hoch, daß die Forschung von einem eigenen
Rottweiler Stil sprechen konnte, welcher während der Entstehungszeit des Turmes
entwickelt wurde und nach Augsburg, Schwäbisch Gmünd und Esslingen und
über die Grenzen der Kunstlandschaft Schwaben hinaus weiterwirkte.