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Meine sehr verehrten Damen und Herren, deutsche Bauleute unterhalten sich in diesen Tagen mit Vorliebe über des Kanzlers Schröder neue Bleibe in Berlin, über die neue „Kanzlerkathedrale“, über die „in Beton gegossene Wagneroper“, wie z. B. im „Bonner General-Anzeiger“ zu lesen war. Unser heutiges Thema verdient sicher ähnliches Interesse: „Betonbauten als Kulturdenkmale“ - für viele bis heute nur ein Ärgernis, für andere schon lange eine Herausforderung, mit drängenden Fragen nach den Möglichkeiten ihrer Erhaltung und einer neuen, sinnvollen Nutzung. Heute geht es hier in Karlsruhe um den beispielhaft sanierten Gebäudekomplex des Zentrums für Kunst und Medientechnologie, dessen Kürzel ZKM schon lange eine eigene Dynamik entfaltet. Dieser frühe Stahl-Beton-Skelettbau nach den Plänen des schwäbischen Industriearchitekten Philipp Jakob Manz (1861-1936) ist in seinem neo-klassizistischen Stil und seinen 10 Lichthöfen und der enormen Längenausdehnung von 312 Metern das mit Abstand größte Bauwerk Karlsruhes, zur Bauzeit 1915-18 sogar herausragend in ganz Deutschland.
Am 27. Juni 2001 veranstaltete die Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Stadtbild im Ständehaus einen Diskussionsabend, der dem Thema „Kunst im Karlsruher Stadtraum“ gewidmet war. Mit der Diskussion sollte überhaupt erst einmal ein öffentliches und politisches Bewußtsein für die Integration von zeitgenössischer Kunst in den Stadtraum geschaffen werden. Nicht einzelne Kunstwerke, die in der Stadt mit mehr oder weniger Qualität an mehr oder weniger bedeutsamen Orten aufgestellt sind, sollten das Thema sein, sondern der von der Arbeitsgemeinschaft als zwingend erachtete Zusammenhang von Stadtplanung und „Kunstplanung“, der zumindest für eine zukünftige urbanistische Planung von Bedeutung sein wird. „Was uns fehlt, ist eine öffentliche Diskussion“, bestätigte Bürgermeister Ullrich Eidenmüller in einem Sonntagsblatt den Ansatz der Veranstaltung.
Seit Oktober 1999 wurden die Druckwerke der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek in Donaueschingen in verschiedenen Auktionshäusern versteigert oder anderweitig auf dem Antiquariatsmarkt angeboten. Die Donaueschinger Bibliothek war seit 1855 auch Standort der umfangreichen Büchersammlung des Gelehrten Joseph Maria Christoph Freiherrn von Laßberg (1770-1855). Das Land Baden-Württemberg hat große Anstrengungen unternommen, die wichtigsten
Teile der Laßbergschen Bibliothek zu erwerben und für die Öffentlichkeit zu bewahren. Diese Bücher haben in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe eine neue Heimat gefunden, wo sich bereits ein Teil seines Nachlasses, seiner Handschriften, vor allem die deutschsprachigen Schätze des Mittelalters und deren Abschriften, und auch viele seiner Inkunabeln befinden.
100 Jahre alt geworden ist sie am 1. Oktober 2001, die „Majolika“, wie die Karlsruher ihre Manufaktur ebenso liebevoll wie ungenau nennen, handelt es sich bei „Majolika“ doch nicht um ein Gebäude oder eine Produktionsstätte sondern um eine keramische Technik. Die einzige kunstkeramische Manufaktur Deutschlands kann auf eine ebenso glanzvolle wie wechselhafte Geschichte zurückblicken. In ihrer vielfältigen und farbenprächtigen Produktion spiegelt sich der künstlerische Wandel
eines ganzen Jahrhunderts, angefangen bei der Hochblüte des Jugendstils über den Expressionismus, die Stiltendenzen des Bauhauses und die Neue Sachlichkeit bis hin zu den charakteristischen Formen der fünfziger Jahre und den aktuellen Kunstströmungen der Gegenwart.
Noch in den achtziger Jahren war der sogenannte Hallenbau A selbst unter Karlsruhern kaum ein Begriff. Obwohl mit seinen
312 Metern Länge, 54 Metern Breite und 25 Metern Höhe mit Abstand größer als alle öffentlichen Gebäude der Stadt, fristete er als Teil des Geländes der Industriewerke Karlsruhe-Augsburg ein weitgehend unbeachtetes Dasein, zur Brauerstraße hin versteckt hinter ausgedehnten Werkhallen, auf der Westseite an der Lorenzstraße begrenzt von einem wenig attraktiven, ungeordneten Gebiet mit kleinen Gewerbebetrieben zwischen verwilderten Kleingärten. Der ungepflegte Zustand mit bröckelndem Putz und schmutzigen Fenstern trug außerdem dazu bei, dass der riesige, langgestreckte Baukörper von denen, die ihn überhaupt wahrnahmen, als Schandfleck angesehen wurde, der möglichst bald aus dem Stadtbild verschwinden sollte.
Antrittsrede
(2001)
Da steht er nun vor Ihnen, der neue Direktor, liebe Karlsruher, leibhaftig, man könnte meinen der Leibhaftige, der angetreten ist, das Karlsruher Naturkundemuseum für Stuttgart zu vereinnahmen, wahrscheinlich im Auftrag von Teufel selbst. So könnte man beinahe manche Kommentare interpretieren. Vom Abgeordneten bis hin zum sich spontan äußernden Busfahrer
schien vielen dies fast zwangsläufig der Weisheit letzter Schluss. Höllisch war am ganzen Transfer nur eines, ganz Banales: die Temperatur in meinem neuen Arbeitszimmer. Am 1. August, meinem ersten Arbeitstag, maßen wir sage und schreibe 32°C an meinem Schreibtisch, wohlgemerkt im Schatten.
Kunst im Naturmuseum
(2001)
Heute ist es eine rechte Seltenheit, dass Natur und Kultur zusammenfinden, in diesem Fall das Naturmuseum und die Kunst. Während einstens diese beiden tragenden geistigen Lebensbereiche, allerdings bei Dominanz der Geisteswissenschaften, miteinander verwoben waren, sind sie inzwischen so etwas wie gegensätzliche, bis zu einem gewissen Grade verfeindete Brüder geworden. Selbstredend war das noch weitgehend anders bei Altmeister Goethe, dem derzeit vielerorten gefeierten
Jubilar. Bei einer profunden humanistischen Bildung (schon mit zehn Jahren führte er lateinische Gespräche mit seinem Vater) waren für ihn die Bereiche Kunst mit der Bildenen Kunst, Literatur, Dichtung, Theater und Musik einerseits und die Natur einschließlich der damaligen Naturwissenschaften andererseits zwei mächtige, einander gegenüberstehende, aber
nicht bekämpfende Größen, die bis zu einem gewissen Grade die beiden Seiten ein und derselben Medaille bildeten. “Wer Kunst und Wissenschaft fördert darf sich sagen, dass er gränzenlose Folgen vorbereitet,” schrieb Goethe 1822 der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt am Main, Kunst als Synonym für die Kultur und Wissenschaft für die Naturwissenschaften. Beide Komplexe wurden somit als gleichwertige Elemente nebeneinander gestellt.
Sehr geehrte Damen und Herren, heute können wir einen freudigen Tag für unser Land in der Badischen Landesbibliothek
feiern: Historische Dokumente, ein Teil südwestdeutscher Geschichte, bleiben im Original für Wissenschaft und Forschung, für die Öffentlichkeit erhalten. Bibliotheken und Archive werden häufig als Gedächtnis unserer Gesellschaft zitiert. Deshalb ist es gut, daß das Erbe Laßbergs an gedruckten Büchern in der Badischen Landesbibliothek zugänglich bleibt. Und zwar im Kontext, im Zusammenhang mit Laßbergs Nachlaß, seinen deutschen Handschriften und mittlerweile knapp 1000 neu erworbenen Bänden aus Laßbergs Bibliothek. Laßbergs gedruckte Bücher, das möchte ich besonders hervorheben, sind neben seltenen Rara nicht einfach Drucke, die es anderen Ortes auch gibt, sondern sie zeigen die Spuren seiner Arbeit, insbesondere seiner Beschäftigung mit dem Mittelalter und dessen deutscher Literatur. Sie sind damit wichtige und einzigartige Quellen, vergleichbar mit dem Briefwechsel. Damit nenne ich bereits ein Thema, das im Mittelpunkt unserer Ausstellung steht.
Internationale Sprach-, Informations- und Kulturkompetenz bilden die Schlüsselqualifikationen der Zukunft, so Hilmar Hoffmann, Präsident der Goetheinstitute. Zweifellos haben die Bewohner eines Grenzgebietes die allerbesten Chancen, diese Fähigkeiten nicht nur theoretisch zu erwerben, sondern auch gleich praktisch anzuwenden. Der daraus zu ziehende Wettbewerbsvorteil gegenüber Bewohnern grenzferner Regionen, aber auch die Frage, wie sich eine Stadt wie Karlsruhe und generell der badische Landesteil in Zeiten der Globalisierung in einem geeinten Europa positionieren könne, haben in den letzten Jahren dazu geführt, die grenzüberschreitenden Beziehungen zum Elsaß stärker als bisher auszubauen. Denn mehr als fünfzig Jahre nach Kriegsende bedarf es neuer Begründungen für eine besondere Rolle der deutsch-französischen Zusammenarbeit, die, insbesondere für die „jüngere" Generation (ab 50 abwärts) scheinbar so selbstverständlich, so normal, aber deswegen eben auch nicht besonders spannend zu sein scheint.
Im April 2001 wird im Badischen Landesmuseum Karlsruhe (BLM) die Ausstellung zur badischen Landes- und Kulturgeschichte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf ca. 700 qm Ausstellungsfläche eröffnet. Mit dieser Neueinrichtung unter dem Titel „Baden zwischen den Revolutionen 1789-1848" werden die Anfänge der badischen Geschichte als Großherzogtum an historischem Ort, dem Karlsruher Schloss, lebendig. In vier Abschnitten will die Ausstellung den Besucherinnen und Besuchern einen Überblick geben über die Entwicklung in der Zeit von der Französischen Revolution und den Erhebungen von 1848. Dabei wird die besondere Rolle Badens im Rahmen der gesamteuropäischen Geschichte reflektiert. Dazu steht die umfangreiche kulturgeschichtliche und kunsthistorische Sammlung des Hauses zur Verfügung. Der größte Komplex an Objekten sind traditionell volkskundliche Sammlungsgegenstände. Diese werden nicht, wie dies in früheren Präsentationen der Fall war, nach Objektgruppen ausgestellt. Vielmehr wird die Neueinrichtung auf der Basis eines kulturwissenschaftlichen Konzepts erfolgen. Daher werden die Bestände - ergänzt durch einige Ankäufe sowie langfristige Leihgaben - unter dem Aspekt ihrer Aussage zur Landes- und Kulturgeschichte Badens in den narrativen Kontext der Ausstellung integriert.
Abschiedsrede
(2001)
Soll ich es kurz machen, indem ich einfach „Danke“ sage? - Ich würde es mir und Ihnen leicht machen, aber es bliebe dann offen, wem dieses „Danke“ gilt und für was es ausgesprochen ist. Nach 41 Jahren Berufstätigkeit in und für Museen fragt
man sich schon, was dieses Berufsleben lebenswert gemacht hat. Am Anfang stand die starke Prägung durch das
Elternhaus, die Familie, die auch meine beiden Brüder, die unter Ihnen sind, intensiv erlebt haben. Sie hat erste, entscheidende Weichen gestellt und ihr gilt mein tiefster Dank. Dass ich im Senckenbergischen Bürgerhospital zu Frankfurt am Main geboren wurde, war sicher kein Omen. Aber vor 46 Jahren begann ich, mir mein Studium der Geo- und Biowissenschaften durch Führungen, Pforten- und Aufsichtsdienst im Senckenbergmuseum mitzufinanzieren. Den studentischen Schwur, nie in einem Museum (und erst recht nicht im Senckenberg) zu arbeiten, habe ich allerdings bereits 1960 gebrochen. Die 18 Jahre von 1960 bis 1978 unter dem herausragenden Museumsdirektor Wilhelm Schäfer waren Lehrjahre, für die ich noch heute dankbar bin - Lehrjahre in jeder Hinsicht. Sie haben mir vielfach gezeigt, dass ein Museum mehr sein kann, mehr sein muss als ein Ausstellungsgebäude, mehr sein muss als ein - wie es damals hieß - „Tempel der Wissenschaft“, mehr sein muss als eine Schatzkammer kultureller Güter, wobei ich selbstverständlich die zu erforschenden und erforschten Schätze der Natur als Kulturgüter ansehe. Waren sie doch das Erste, was unsere frühen Vorfahren sammelten und befragten! Museum als Bildungseinrichtung, Museum als Forschungsinstitut, Museum als materialbezogenes
Dokumentationszentrum von Vergänglichem und Vergangenem aus dem wir für die Zukunft zu lernen haben. Museum dann aber auch als Gemeinschaft von Aufsehern, Handwerkern, Präparatoren, Reinemachefrauen, Technikern, Verwaltungsleuten, Volontären, Wissenschaftlern etc. - finanziert von der Gesellschaft mit der Pflicht, ihre Kulturgüter zu bewahren, zu erforschen und zu pflegen und dieser Gesellschaft möglichst viele Kenntnisse und Erkenntnisse in anschaulicher Weise zurück zu geben. Im Senckenbergmuseum waren diese Ziele getragen von Bürgersinn und Mäzenatentum - nicht von Sponsoren.
Der Name Fürstenberg hat für viele deutlich an Glanz und Ausstrahlung verloren; seit langem galt er vor allem als Programm und Garant für Kultur auf höchstem Anspruchsniveau. Durch den Ausverkauf wertvollsten Kulturgutes ist ein ungeheurer Traditionsbruch zu beklagen, Zug um Zug wird versilbert, was in Generationen gesammelt, bewahrt und gepflegt wurde. Die Sotheby's-Auktion vom Juli 1994 in London war eine spektakuläre „Glanznummer" in diesem denkwürdigen Kulturgeschacher, etliche andere bleiben in trauriger Erinnerung. Ein wenig Hoffnung und ein bißchen Genugtuung sind geblieben. Das Land Baden-Württemberg hat bereits 1993 1050 für die Landeskultur besonders bedeutsame Handschriften aus der Fürstlich-Fürstenbergischen Hofbibliothek gekauft und 1999 seltene Musikalien mit 7532 Drucken, dazu 1110 Bände aus der Laßberg-Bücherei für die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe erworben - für insgesamt 54,3 Millionen DM. Die öffentliche Diskussion um die „Verteilung" dieses Kulturerbes war sehr erregt, viele bibliophile Kostbarkeiten aus dem alten Baden sind vor allem in der anglo-amerikanischen Welt angekommen, sicher auch mancher „antiquarische Schrott". Aber wer beurteilt dies im Detail?
Am 1. September 1921 erschien in der Zeitschrift „Der Beamte", den Mitteilungen des Badischen Beamtenbundes e. V., ein Artikel von Gotthold Eugen Mayer mit dem Titel: „Die Beamtenbank - Gedanken über den Ausbau"; er formulierte Überlegungen, wie die badischen Beamten eine „Selbsthilfeeinrichtung'' schaffen könnten, als die Scheinblüte der
Nachkriegszeit vorbei und die Signale der Geldentwertung, der Verteuerung, der Inflation immer deutlicher wurden. Die „Erfüllungspolitik" des aus Freiburg stammenden Reichskanzlers Joseph Wirth wurde mit Mißtrauen und Sorge betrachtet; Matthias Erzberger, den deutschen Reichsfinanzminister, der nachdrücklich für die Annahme des Versailler Vertrages eingetreten war, hatten politische Attentäter am 26. August 1921 während seines Urlaubs bei Bad Griesbach/Renchtal-Kniebis ermordet. Unsichere Zeiten also - und sie sollten wirtschaftlich und finanzpolitisch noch schlimmer werden.
Pünktlich zum Sommeranfang am 21.6.2002 wurde ein weiterer Teil der geplanten Gesamt- und Dauerausstellung „Baden von den Anfängen bis zur Gegenwart" im Schloss zu Karlsruhe, Sitz des Badischen Landesmuseums, eingeweiht. Der neue Ausstellungsteil mit vielen informativen Schau- und Hinweistafeln zur Geschichte und technisch-zivilisatorischen Entwicklung des Landes - wie auch en detail seiner Einwohner - beginnt mit dem Schicksalsjahr 1918, als am 9. 11. der Waffenstillstand im Eisenbahnwagen bei Compiegne geschlossen wurde.
Auch im Jahr 2001 kam der Entomologentreff monatlich einmal im Staatlichen Museum für Naturkunde
Karlsruhe zusammen. Bei den abendlichen Zusammenkünften wurden Vorträge zur Biologie und Ökologie verschiedener Insektenordnungen von Mitgliedern
der Arbeitsgruppe gehalten. Über interessante Insektenbeobachtungen wurde von den Teilnehmern berichtet. Bemerkenswerte Neuerscheinungen der Insektenliteratur zu einzelnen Fachgebieten wurden präsentiert und diskutiert. Wegen der Umbaumaßnahmen
im Museum kann die Arbeitsgruppe nicht mehr in der
Entomologischen Abteilung Zusammenkommen. Deshalb standen vorwiegend Vorträge der Mitglieder des
Entomologentreffs im Mittelpunkt der Abende.
Neben der Dammerstock-Siedlung im Karlsruher Stadtteil Rüppurr (Entwurf Walter GROPIUS und Otto HAESLER) gehört der heute als Naturschutzzentrum genutzte Gebäudekomplex der ehemals „Städtischen Vogelwarte" im so genannten Rheinpark Rappenwört zu den markantesten architektonischen Vorzeigeobjekten aus der Bauhaus-Zeit. Der in seinem formalen Aufbau in Teilen an die Meisterhäuser in Dessau erinnernde multifunktionale Gebäudekomplex stammt vom Architekten im Hochbauamt der Fächerstadt, Walter MERZ (1897-1963), der zusammen mit Alfred FISCHER und Fritz RÖSSLER auch an der Ausführung von drei Einfamilien-Reihenhausgruppen in der Dammerstock-Siedlung beteiligt war.
„In der Tat kann nur eine gewissenhaft durchgeführte echte Parität [...] auf die Dauer die Zusammenfassung in einem Land sichern. [...] Es darf nicht der preußische Fehler einer Überzentralisation in kleinem Maßstab in Stuttgart wiederholt werden." Dies ist nicht etwa ein Zitat aus der in unseren Tagen geführten Auseinandersetzung über die Behördenverlagerung in die Landeshauptstadt. Die Feststellung stammt aus einem Schreiben vom 15. Juli 1946 an den Ministerpräsidenten in Stuttgart. Der dies schrieb, war der Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe und spätere langjährige Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg, Hermann Veit. Damals ging es um die Verteilung der Behörden in dem von der US-Militärregierung im September 1945 geschaffenen Land (Nord)Württemberg-(Nord)Baden. Konkreter Anlass für Veits Demarche an den
Ministerpräsidenten war die Ansiedlung des Landesrechnungshofes. Veit war äußerst besorgt darüber, dass durch den Verlust der Hauptstadtfunktion und dem damit verbundenen Abzug der zentralen Landesbehörden, Karlsruhe „auf eine dritte oder vierte Städtestufe heruntergedrückt werde." Die Landesregierung gab in Falle des Rechnungshofes nach und machte Karlsruhe zu dessen Sitz, beließ jedoch eine Außenstelle in Stuttgart.
Wer heute das Hauptgebäude des Regierungspräsidiums Karlsruhe am Schlossplatz aufsucht, ist sich meist nicht bewusst, welch' architekturgeschichtlich interessanten Bau er betritt und wer der Baumeister desselben ist. Sein Erbauer ist der spätere badische Baudirektor Heinrich Hübsch (1795-1863), "Der grosse badische Baumeister der Romantik", wie er im Titel des Katalogs zur Jubiläumsausstellung 1983/ 1984 genannt wird. Werfen wir zunächst einen Blick auf Leben und Werk des bedeutenden Architekten, Theoretikers und Bauforschers. Heinrich Hübsch wird 1795 als Sohn eines großherzoglich badischen und fürstlich Thurn- und Taxischen Postmeisters in Weinheim an der Bergstrasse geboren. Dort verbringt er seine Kindheit und erste Schulzeit, ab 1811 besucht er das Gymnasium in Darmstadt. Im Frühjahr 1813 - achtzehnjährig - geht er nach Heidelberg, um für zwei Jahre Mathematik und Philosophie zu studieren. Vielleicht durch den Darmstädter Architekten und Weinbrenner-Schüler Georg Moller, die romantische, der Kunst zugetane Atmosphäre Heidelbergs und die Bekanntschaft mit der berühmten altdeutschen Gemäldesammlung der Gebrüder Boisseree angeregt, wendet er sich 1815 der Architektur zu und bezieht in Karlsruhe die angesehene und bekannte Bauschule Friedrich Weinbrenners, der zu den bedeutendsten Architekten des Klassizismus zählt und damals die Geschicke des badischen Bauwesens lenkt.
Vor kurzem wurde bekannt, dass das seit 1969 auf dem Gelände des früheren Hoftheaters angesiedelte Bundesverfassungsgericht eine Erweiterung in den Botanischen Garten Karlsruhes plane. Zumindest bezieht sich die
Ausschreibung des Wettbewerbs für einen Erweiterungsbau allein auf die Südostecke des Botanischen Gartens. Der Architekturwettbewerb schloss alternative Standorte aus. Der von dem Berliner Architekten Paul Baumgart realisierte Gebäudekomplex von 1969 fügte sich in den Schlossplatz auf der Ostseite und den Botanischen Garten auf der Westseite problemlos ein. Die spätromantische, trapezförmig zwischen 1854 und 1857 angelegte Parkanlage von Heinrich Hübsch würde aber, sollte das BVG einen Bau auf der Rasenfläche in der Südostecke des Botanischen Gartens erstellen, in
ihrer Ausgewogenheit zerstört, auch wenn nur 730 Quadratmeter der Wettbewerbsfläche verbaut werden sollten (Hans-Jürgen Papier, BNN 12.7.2002).
Die Polen, deren Staat nach den drei Teilungen zwischen Russland, Preußen und Österreich am Ende des 18. Jahrhunderts seine Unabhängigkeit verlor, haben diese Tatsache niemals akzeptiert und versuchten, sowohl mit diplomatischen als auch
militärischen Mitteln politische Souveränität wiederzugewinnen. Zu der nationalen Freiheit sollte sie zuerst Tadeusz Kosciuszko führen, dann Napoleon. Auf dem Wiener Kongress 1815, mit dem die Restaurationszeit in Europa einsetzte, wurde auch das Königreich Polen restauriert, diesmal unter der königlichen Obhut des Zaren und der Verfassung. Das erweckte manche Hoffnungen auf Erlangung des Selbstbestimmungsrechts. Diese erwiesen sich jedoch als illusorisch. Das eigenartige Gebilde, die konstitutionelle Monarchie mit dem alleinherrschenden Zaren-König an der Spitze, stürzte ein. Die absolutistische Regierungspraxis des Zarenreiches, zu deren Mitteln nicht selten das Spitzelsystem der Geheimpolizei und Missachtung der
Verfassung gehörten, ließ sich mit dem Streben der Polen nach ihren in der Verfassung garantierten Rechten und mit der wiederbelebten Idee der völligen Unabhängigkeit von Russland nicht vereinbaren.