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Der Jude Jakob vor Gericht
(2020)
Die jüdische Gemeinde in Konstanz erlebte im Spätmittelalter eine durchwachsene Geschichte. Neben dem friedlichen Miteinander in der Stadt wurde sie im Zuge der Pestpogrome vertrieben und siedelte sich erst Ende des 14. Jahrhunderts wieder an. Kurze Zeit später kam es im Rahmen der Ravensburger Ritualmordvorwürfe erneut zur Verfolgung und mehrfachen Einsperrung der Juden in Konstanz, bis diese 1448 die Stadt, vermutlich endgültig, verlassen mussten.
In der Mitte des 15. Jahrhunderts begegnen uns mehrere hohe Kleriker mit dem Namen Tiefer im Umfeld des Bischofs von Konstanz. Ihre Lebensgeschichten sind auf Grundlage der diözesanen und edierten Quellen bereits in Ansätzen rekonstruiert und in den Arbeiten Helmut Maurers zur Stadt- und Kirchengeschichte von Konstanz publiziert worden. Friedrich und Leonhard hatten zahlreiche kirchliche Pfründen erworben, waren Dom- und Chorherren, bekleideten hohe päpstliche Ämter, Leonhard (bzw. Lienhart) Tiefer war zeitweise sogar apostolischer Nuntius. Auch die Brüder Sebastian und Jacob hatten durch kirchliche Ämter ein stattliches Vermögen erwirtschaftet. Angesichts der enorm hohen Stellung, die jene Brüder in der kirchlichen Hierarchie in Konstanz, Zürich und Chur erlangt hatten, stellt sich die Frage, wie es den Söhnen einer nicht adligen und auch einer nicht dem Stadtadel beziehungsweise den Geschlechtern zuzurechnenden Familie gelingen konnte, einen solchen Aufstieg zu vollziehen. Das Augenmerk soll auf die bislang kaum beachteten Familienmitglieder gelenkt und so auch mögliche Erkenntnisse über soziale Stellung und die Nachkommenschaft gewonnen werden. Als Quellen dienen in erster Linie die in den Konstanzer Gemächtebüchern erhaltenen Testamente der Familie Tiefer: Ein Testament eines Jacob Tiefer von 1464, die Testamente eines Albrecht und seiner Frau Magdalena Tiefer von 1502 und ein weiteres Testament des genannten Albrecht von 1510. Die Testamente liegen transkribiert und kommentiert zur Ergänzung dieses Aufsatzes im Stadtarchiv Konstanz vor.
Mit dem Bürgerbuch von 1356 bewahrt das Stadtmuseum in der ehemaligen Tonofenfabrik in Lahr ein wertvolles Zeugnis der Stadt- und Sozialgeschichte. Das Buch verzeichnet in mittelhochdeutscher Sprache 376 Namen von Bewohnern der Stadt ab dem Jahr 1356 (Dis sint die Burgere in der stat zuo Lare). Dazu listet es in Nachträgen bis um 1410 noch einmal mehr als 230 Namen weiterer Neubürger und sogenannter „Ausbürger“ auf: Das sind Personen, die das Bürgerrecht besaßen, ohne im städtischen Rechtsbezirk ansässig zu sein. Sie lebten Mitte des 14. Jahrhunderts in der Region rund um Lahr, etwa in Offenburg, Friesenheim, Schopfheim, Ettenheim, Rheinau, Dinglingen, Hugsweier, Burgheim, Kippenheim, Schuttern, Sulz, Ichenheim, Kürzell, Schutterzell, Ottenheim, Allmannsweier, Nonnenweier, Meißenheim, Altenheim und Müllen. Den Stand der Erforschung von Herkunft, Inhalt und Zweck des Bürgerbuchs hat zuletzt der ehemalige Stadthistoriker Thorsten Mietzner zusammengefasst.
Im 17. und 18. Jahrhundert beherrschte südlich von Seelbach das Schloss Dautenstein das Bild des Schuttertals. Der letzte Geroldsecker Graf Jakob kaufte 1584 das Anwesen für 4.000 Gulden. Er ließ das alte Wasserhaus abbrechen, welches während der Bauernkriege im 16. Jahrhundert zerstört wurde, und errichtete Ende des 16. Jahrhunderts einen stattlichen Neubau im Geschmack der Zeit. Nach den Worten seiner Tochter Anna-Maria war es ein „ansehlich Vnd cöstlich gebeuw, so Zue einer fürstlichen residenz genugsam gewesen“.
Kirchheim, 1. April 1920
(2020)
Am 1. April 2020 jährte sich die Eingemeindung Kirchheims nach Heidelberg zum einhundertsten Mal. Diese wurde also in der politisch unruhigen Zeit kurz nach dem Ersten Weltkrieg vollzogen. Entscheidende Weichenstellungen waren teilweise schon während des Krieges erfolgt. Dass in dieser Zeit ein solcher Schritt gewagt wurde, mag überraschen. Die Annahme scheint plausibel, die Gemeinden hätten damals andere Sorgen gehabt. Im Folgenden soll daher neben dem Ablauf des Eingemeindungsprozesses auch der Zusammenhang mit den Zeitverhältnissen untersucht werden: Inwieweit haben Krieg und Nachkriegszeit Verlauf und Zeitpunkt der Eingemeindung beeinflusst? Darüber hinaus soll untersucht werden, wie die Eingemeindung Kirchheims zu allgemeinen Linien der Stadtpolitik und Stadtentwicklung Heidelbergs in Beziehung stand. Weiterhin soll nach Haltungen und Einstellungen gefragt werden, die zur Eingemeindung auf lokaler Ebene bestanden. Kirchheim befand sich damals strukturell auf dem Weg von einem landwirtschaftlich geprägten Dorf zum Arbeiterwohnort. Daraus ergibt sich die Frage, ob in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen unterschiedliche Meinungen bestanden.
Nach 1945 wollten manche Institutionen, Firmen und Privatpersonen die jüngste Geschichte ihres Betriebs, Geschäfts oder ihrer Immobilie lieber nicht thematisieren. Die „Arisierung“ in der NS-Zeit war tabu. Auf eine Definitions-Diskussion des Begriffs „Arisierung“, der in jüngster Zeit eine, durchaus begründbare, Erweiterung in den Kultur- und Kunstbereich erfahren hat, soll hier verzichtet werden. Für die vorliegende Untersuchung ist der mit offenem oder subtilem Druck erzwungene Übergang von Eigentum jüdischer Einwohner in nichtjüdische Hand gemeint. Hierzu zählt auch manch „freiwilliger“ Verkauf in der NS-Zeit, der bei genauerem Hinsehen so freiwillig nicht war. Es handelte sich um Notverkäufe, die der Finanzierung der lebensrettenden Flucht ins Exil dienen sollten. Die Verkaufsverhandlungen verliefen unter unfairen Bedingungen, der Preis wurde weit unter den Marktwert gedrückt. Im Grunde sind diese Vorgänge besonders infame Formen von Enteignung. Während Nutznießer und Profiteure der „Entjudungen“ rasch Gras über die Vorgänge wachsen lassen wollten, mussten die Opfer in den Nachkriegsjahren meist einen zähen und langen Kampf um ihre Ansprüche auf Entschädigung und „Wiedergutmachung“ führen. Die Öffentlichkeit schien lange am Thema „Arisierung“ wenig interessiert. Firmengeschichten wiesen für die Jahre 1933–1945 bemerkenswerte Lücken auf oder griffen zu euphemistischen Formulierungen und nebulösen Darstellungen, die nichts erklärten. Langsam erst kam die Aufarbeitung der wahren Hintergründe in Gang, und ungeschönte Chroniken einzelner Firmen und Ortschaften entstanden. Doch es bleibt noch viel zu recherchieren, auch für Heidelberg steht eine detaillierte und umfassende Darstellung der „Arisierungen“ noch aus. Ein ungewöhnlicher und interessanter Fall ist die „Arisierung“ der damals in Heidelberg ansässigen Handelsfirma mit dem offiziellen Namen „Hopfenhandlung Leon Weil – Mitinhaber Max Eisemann“. Die Quellenlage zu diesen Vorgängen ist sehr gut. Dokumente aus dem Archiv der Firma Hildegard Eisemann KG, dem Stadtarchiv Heidelberg und dem Generallandesarchiv Karlsruhe ergänzen sich und lassen in
der Zusammenschau ein detailliertes und nahezu lückenloses Bild dieser besonderen „Entjudung“ entstehen.
Die vorliegende Studie widmet sich der Entwicklung der Heidelberger Chemiefirma Teroson von einem kleinen Familienbetrieb zu einem mittelständischen Industrieunternehmen. Geprägt wurde dieser Aufstieg zwischen 1930 und dem Beginn der 1950er Jahre von Erich Ross, dem Firmenchef der 2. Generation. Welche Haltung nahm er gegenüber der NS-Ideologie und dem NS-Staat ein? War er ein überzeugter Anhänger des Nationalsozialismus oder ein tüchtiger Unternehmer, der sein Verhalten im Interesse der Firma dem NS-System anpasste? In welchem Maße begünstigten der Wirtschaftsaufschwung der 1930er Jahre, die Aufrüstung und die Kriegswirtschaft den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens? Wie überstand Ross die Zeit der amerikanischen Besatzung und wie führte er den Ausbau der Firma in der frühen Bundesrepublik fort?