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Überlingen quillt über mit Kunst. Mit moderner wie auch älterer, aber vor allem
mit älterer Kunst. Dennoch sei die Frage erlaubt: Wieviel Italien darf es denn sein? Wie viel an italienischer Kunst verträgt eine so durch und durch deutsche Kleinstadt wie
Überlingen?
Nicht sehr viel. Schaut man vom Hügel, auf dem das Städtische Museum residiert,
auf Häuser und Kirchen hinunter und weiter hinaus auf den Bodensee (Abb. i), dann wird schnell klar, dass die Bürger dieses
durchs Mittelalter geprägte Gemeinwesen mit unleugbar anheimelndem alemannischen Charme sich nur ungern
von fremden Einflüssen gestört wissen
wollten. Ironischerweise ist aber gerade das dortige Museum ein Ort italienisch anmutender Architekturkunst.
Er ist der einzige. Ansonsten treffen
wir Künstler der Region an, die eine
Menge Mittelmäßiges und Unbedeutendes hinterlassen haben. Nur wenige ragen darüber hinaus: Der Bildschnitzer Gregor Erhart wäre zu nennen oder Jörg Zürn, der Schöpfer des
Hochaltars im Münster.
»Wer kennt sie nicht, die internationale Bodenseeregion mit den Anrainern Deutschland,
Schweiz, Liechtenstein und Österreich, die Region mit der unvergleichlich schönen Landschaft, Kultur
und Geschichte. [...] Wer aber kennt den Wirtschaftsstandort Bodensee? Wer denkt an Unternehmen
wie Nycomed, Nestle-Maggi, Alcan, Georg Fischer oder Schiesser, an ZF, MTU, Zeppelin, Dornier
oder EADS, an WoIford, Zumtobel, Hilti oder Arbonia Förster, wenn vom Bodensee die Rede ist?
Die Bodenseeregion hat zwar ein positives, aber auch ein sehr einseitiges Image - das Image der Erholungs-, Freizeit- und Ferienregion.«
Diese Analyse stammt aus der Feder der Initiative Bodensee Standort Marketing
(BSM), einem grenzüberschreitenden Zusammenschluss von Kreisen und Kantonen,
der es sich zum Ziel gemacht hat, ein anderes Image der Bodenseeregion, nämlich das
einer wirtschaftlichen und industriellen Kernregion und eines High-Tech-Standorts, zu
befördern. Aus Sorge um eine einseitige Außenwahrnehmung heraus wurde die Markeninitiative »Bodenseeland - United Innovations« gestartet, in der dem Bild von der malerisch-idyllischen Natur- und Kulturlandschaft das Gegenbild eines leistungsfähigen
Wirtschaftsstandortes mit hoher Industriedichte und Wertschöpfung entgegengestellt
wird.
Die Katholische Kirche ist mit reformbeflissenen Kritikern aus den eigenen Reihen nicht immer gut umgegangen. Zwar durften manche die Genugtuung erfahren,
noch zu Lebzeiten offiziell rehabilitiert zu werden, andere, denen die amtskirchliche
Anerkennung lebenslang versagt blieb, fanden immerhin nach ihrem Tod früher oder
später, wenn die Zeit und die Umstände reif sein mochten, einen ihnen gebührenden Respekt, wiederum andere sind gänzlich und endgültig ausgesondert worden, obwohl ihre
vermeintlich irrigen Ideen im institutionellen Gedächtnis der Kirche gespeichert blieben
und - wenn auch als abgelehnte - die Wirkung des Widerspruchs entfaltet haben, so dass
in einem gewissen Sinne auch die Häretiker zur Kirche gehören.
Im Landschaftsschutzgebiet zwischen Lindau und Bregenz steht an der alten
Landstraße ein auffallendes, altertümliches Gebäude, dem eine erst kürzlich erfolgte
Verjüngungskur deutlich anzusehen ist. Es handelt sich um die Villa Leuchtenberg, eine
der bemerkenswertesten Villen am bayerischen Ufer des Bodensees. Sie verdient nicht
nur als bauhistorisches und gartenhistorisches Dokument besonderes Interesse, sondern auch als historisches Zeugnis, in dem Familiengeschichte, Industriegeschichte und
Kulturgeschichte ineinandergreifen. Sie ist der Brennpunkt eines Bezugsgeflechts, das
weit über den engeren regionalen in einen überregionalen Rahmen reicht.
Das unbekannte Gesamte
(2010)
Der Planer schaute aus dem rund geformten Fenster einer Jugendstilvilla hinaus
auf eine Allee, die an das Bodenseeufer führte. Gerne wäre er dort hingegangen am Ende eines für ihn ereignislosen Tages, aber es war noch nicht Feierabend. Also durfte er
nicht. Der Leiter allerdings durfte. Seine untersetzte, massige Figur bewegte sich behände zwischen den Baumreihen auf die glitzernde Wasserfläche der Konstanzer Bucht
zu.
Über den Namen der Lindauer Patriziergesellschaft Zum Sünfzen ist viel gemutmaßt und gerätselt worden. Die ersten Deutungsversuche des offenbar unverständlichen
Wortes begannen im Jahr 1870. Durch Friedrich Boulan wurde zunächst die Herleitung
von dem Wort Zunft in Vorschlag gebracht. Um 1880 vermeinte K. Primbs den Sünfzen
von Seufzen/Seufzer abzuleiten. Da die Lindauer Patriziergesellschaft einen fließenden
Brunnen im Wappen führte, bezog Primbs dieses Seufzen als Plätschern bzw. Rauschen
auf diese Darstellung eines Röhrenbrunnens. 1899 verfiel Lic. Dr. Karo auf die Idee, das
griechische Wort Symposion im Sinne von Gastmahl, Trinkgemeinschaft zugrunde zu
legen, was Pfarrer Wolfart 1903 nachhaltig befürwortete. 1907 schlug Sigmund Keller,
immer noch auf der Grundlage von Karos »Symposion«, die Auslegung Gilde und damit
wiederum Zunft vor. 1921 beschäftigte sich Wilhelm Beck aufs Neue mit dem Phänomen
und verfolgte die Ableitung des Worte Sünfzen von Consunta, womit er ein Vereins- bzw.
Vergnügungslokal junger Leute der italienischen Oberschicht aus der Zeit Dantes im
Auge hatte3. 1956 brachte schließlich Alfred Otto Stolze die Diskussion zum vorläufigen
Abschluss, indem er dafür plädierte, das Wort Sünfzen von althochdeutsch sufan = Trinken abzuleiten
Die alttestamentlichen Propheten auf den spätromanischen Wandgemälden der Klosterkirche zu Lobenfeld
(2010)
Seit der Reformationszeit befindet sich die ehemalige Klosterkirche in Lobenfeld mit ihren gegen Ende des 12. oder am Beginn des 13. Jahrhunderts entstandenen romanischen Wandmalereien im Besitz der evangelischen Landeskirche und der örtlichen
Kirchengemeinde. Ihre wertvollen alten Wandgemälde sind allerdings bis ins 20. Jahrhundert hinein so gut wie unbeachtet geblieben. Gerade einhundert Jahre sind jetzt vergangen, seit der spätere Freiburger Kunsthistoriker Joseph Sauer (1872–1949) sie der Vergessenheit entriss, als er sie im Rahmen der wissenschaftlichen Bestandsaufnahme der badischen Kunstdenkmäler zum ersten Mal untersuchte und würdigte (1910). Seit Sauers Untersuchung gingen jedoch – über die beiden Weltkriege hinweg – noch einmal acht Jahrzehnte ins Land, bis längst notwendige Reparaturen und weiterführende Umbauten am Kirchengebäude in Angriff genommen werden konnten.
Der alte Philipp
(2010)
Man muss schon in ein älteres Lexikon schauen, um dem Begriff Klimakterium ohne physiologische Engführungen zu begegnen. Klimakterium bedeutet Stufenalter und die Wahrnehmung eines Menschen in Altersstufen, in Klimata. Es bedeutet kritische Lebensphase, wobei die Krisis im Schwinden der Lebenskräfte bestehen kann oder aber in der Wahrnehmung übergeordneter, z. B. auch astrologischer Konstellationen. Dann aber ist es nicht weit auch zu mystischen, gar kabbalistischen Zahlenspielen. So kann die Zahl 7 oder auch die 9 eine besondere Rolle spielen und die Kombination ergäbe dann ein Lebensalter von ca. 63 Jahren, wozu als Beispiel schon das Lebensalter des Martin Luther herhalten könnte — oder eben das Philipp Melanchthons
Gibt es ein liberales Erbe?
(2010)
Gibt es ein liberales Erbe? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns zunächst darüber verständigen, was wir unter dem liberalen Erbe verstehen wollen. Drei Punkte will ich einleitend nennen: Zum liberalen Erbe gehört 1. eine evangelische Kirche, die ein weites Herz hat. Sie übt keinen Bekenntnis- und Glaubenszwang aus. Sie lässt den Glauben eine innerliche Angelegenheit des einzelnen Menschen sein. Sie wertet die formelle Kirchenmitgliedschaft, die nur anlässlich der Kasualien den Kontakt zur Gemeinde sucht, nicht ab. Sie unterstützt den Gemeindegedanken, will, dass sich die Kirche von unten her bildet, durch das lebendige Engagement ihrer Mitglieder.