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Orden sind ein „Grundmodul der europäischen Geschichte". In Distanz zur Welt lebten die Mönche doch in und von der Welt, mussten sich mit ihr auseinandersetzen und nahmen Einfluss auf sie. Sie unterwarfen sich nach Max Weber als Erste einer durchgängig rational gestalteteten, methodisch durchgeplanten Lebensweise. Sie verwalteten effektiv ihren Besitz, sie übermittelten die Bildung der Antike dem Mittelalter, sie entwickelten strenges wissenschaftliches Denken, sie schufen bewundernswerte Kunstwerke, sie sorgten für Bedürftige. In sich einander ablösenden Gründungwellen stellten sich neue Orden neuen Aufgaben ihrer Zeit. Sie sind folglich nicht nur ein Phänomen der. Kirchengeschichte, sondern ein wichtiges Strukturelement vormoderner Geschichte allgemein und damit ein ebenso wichtiges Objekt der Profangeschichte. Ihre Bedeutung ist gerade in Oberschwaben kaum zu überschätzen, da etwa ein Drittel dieser Landschaft von Äbten regierte Klosterterritorien waren. Aber es gab nicht nur die großen Prälatenklöster. Von den etwa 50 Männerklöstern der Region waren knapp die Hälfte Konvente der Mönchsorden im engeren Sinne und der regulierten Chorherren, die andere Hälfte Konvente der Bettelorden.
Der Peterhof
(2004)
Fremd und isoliert steht der Peterhof heute auf dem Campus der Freiburger Universität (Abbildung 1). Nichts weist mehr darauf hin, dass der ehemalige Stadthof des Schwarzwaldklosters St. Peter einst ein dreimal so großes Grundstück und zahlreiche Nebenbauten umfasste. Er gehörte bis ins 20. Jahrhundert zu den größten Liegenschaften in der Freiburger Altstadt. Erhalten hat sich von dieser Anlage das Hauptgebäude an der Niemensstraße mit tiefen Gewölbekellern, Wendeltreppe und Renaissancekapelle. Die in den Jahren 2003 und 2004 durchgeführte Sanierung des Gebäudes konnte für bauhistorische Untersuchungen genutzt werden, die Erstaunliches zu Tage förderten: Trotz schwerer Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg ließen sich im Peterhof umfangreiche Reste seiner achthundertjährigen Baugeschichte finden. Der einstige Klosterhof liegt im Südwesten der Altstadt nahe der ehemaligen Stadtmauer (Abbildung 2). Er war Teil eines dreieckigen Häuserquartiers, das von der Niemens-, Peter- und Löwenstraße eingefasst wurde. Der heutige „Peterhof' entstand aus mehreren Bauteilen (Abbildung 3): Drei ehemals selbstständige Gebäude bilden das Vorderhaus an der Niemensstraße mit einem hofseitigen Treppenturm. Ein Flügelbau zieht entlang der ehemaligen Peterstraße bis zu einer ursprünglich frei stehenden Kapelle.
Manchmal muss man Jahrtage etwas „zueinander hin biegen”, damit sie in eine Retrospektive passen. Das gilt für Hans Brüstles populäre Veröffentlichung in 1971, also vor 45 Jahren, aber auch für die Dezember-Jährung 2017 zu seinem 110. Geburtsjahr und schließlich dem 40ten Todestag 1976. Ein einst populärer Zeitgenosse (1907 – 1976), den es insgesamt zu würdigen gilt
als Lehrer, Lyriker, Schriftsteller, Lokalhistoriker und GHV-Mitbegründer.
Geboren 1907 bei Oberkirch im Schwarzwald
kam er mit seinen Eltern 1908 nach Villingen, wo
sein Vater als Baumeister wirkte.
Als um die Wende zum 18. Jahrhundert in Europa der Kunststraßen- oder
Chausseebau einsetzte, entstand ein neues Tätigkeitsfeld des sich herausbildenden modernen Staate1. Dieses neue Politikfeld war Teil des Merkantilismus. Der Chausseebau war aber keine einmalige Investition, sondern der Unterhalt der Chausseen wurde, wie sich sehr schnell herausstellte, zu einer Daueraufgabe des modernen Staates. Zwar blieb der Wasserweg (Küsten- wie Flussschiffahrt) weiterhin die bevorzugte und weitgehend einzige Transportmöglichkeit für Massengüter über größere Entfernungen. Auch der Personentransport mit Kutschen über Land, d. h. außerhalb der Städte, setzte erst allmählich im 17./18. Jahrhundert ein. Die neuen Chausseen dienten zunächst dem Fernhandel
zumeist höherwertiger Güter, aber dann auch dem Transport von lagerfähigen Lebensmitteln wie Wein und Getreide. Der Chausseebau war eine Investition in die Zukunft, deren Nutzen kurzfristig nicht messbar war. Er war Infrastrukturpolitik vor der Industrialisierung und stellte, wie besonders die französische Forschung betont, die politische und wirtschaftliche Einheit eines Landes her.
Der Reformator im Bild
(2015)
Vor dem Hintergrund des 500. Geburtstages Lucas Cranachs d. J. hat die EKD für das Jahr 2015 der Lutherdekade das Thema „Reformation – Bild und Bibel“ gewählt. Tatsächlich ist das Werk dieses Malers, anders als dasjenige seines Vaters Lucas Cranachs d. Ä., bisher noch nicht Gegenstand systematischer kunsthistorischer Forschungen gewesen. Aus Anlass des Jubiläums widmen sich Ausstellungen, begleitende Veröffentlichungen und Symposien dem Œuvre des Künstlers. Porträts bilden neben zahlreichen Epitaphgemälden den thematischen Schwerpunkt seines Schaffens. Er vervielfältigte weiterhin die sogenannten authentischen, weil nach unmittelbarer Anschauung angefertigten Tafelbildnisse Luthers, Melanchthons und anderer Wittenberger Reformatoren, die bereits zu Lebzeiten des Vaters in Serienproduktion gegangen waren, und entwickelte neue marktgängige Formate. Diese Bildnisse gaben der Reformation ein Gesicht. Im Rahmen des Ausstellungs-Projektes „Reformatoren im Bildnis“, das ab Februar 2014 mit einer Laufzeit von drei Jahren an der Europäischen Melanchthon-Akademie Bretten angesiedelt ist, werden von der Verfasserin Bildnisse von der Hand dieses und anderer Künstler auf visuelle Strategien hin untersucht, die sich in der bildlichen Inszenierung der Reformatoren entfalten. Denn diese werden stets – auch in den sogenannten authentischen Porträts, die dem heutigen Betrachter eine mimetische Abschilderung nahelegen – in einer bestimmten Absicht ins Bild gesetzt, die als Reformationspropaganda bezeichnen werden kann. An dieser Stelle kann nicht ausführlich auf die Theorie des Bildnisses im 16. Jahrhundert eingegangen werden, doch sei so viel erwähnt: Die Konterfeis der Protagonisten der Reformation sind ausgestattet mit bildrhetorischem Überzeugungspotential. Das Bild sucht den Betrachter mit bildeigenen Mitteln nicht nur von der lebendigen Präsenz der Dargestellten im Bild zu überzeugen, sondern zugleich auch von der Sache, die diese vertreten, und zwar mithilfe einer angewandten Rhetorik, die seit der Antike zu Findung von Argumenten für eine überzeugende Darstellung diente.
Urs Graf machte sich im Buchgewerbe zu Beginn des 16. Jahrhunderts im Oberrheingebiet einen Namen. Ab 1509 war er für Basler Drucker tätig. Als Reisläufer nahm er an Kriegszügen teil. Sein derber Lebenswandel – Schlägereien, feuchtfröhliche Gelage, Umgang mit Prostituierten – ist in den Basler Gerichtsakten belegt. In seinen Werken schlägt sich sein Charakter
wie bei keinem anderen Künstler seiner Zeit nieder oder wird von humanistisch gesinnten Druckern und Verlegern zurückgedrängt.
Der Renchener Schlossberg
(2016)
Als der Edle Siegfried im Jahre 1070 sein „predium Ulm“, einen
großen Güterkomplex in der nördlichen Ortenau, an die Bischofskirche von Straßburg schenkte, war das – namentlich
leider nicht genannte – Renchen wohl mit inbegriffen. Die
Quelle ist nicht ganz unproblematisch, weil das Original der
Urkunde nicht mehr erhalten und sie nur in einer späten Abschrift bekannt ist. Die Urkunde könnte echt gewesen sein
(d. h. aus dem Jahr 1070 gestammt haben) oder auch eine hochmittelalterliche (d. h. 100 bis 200 Jahre jüngere) „Fälschung“
bzw. Dokumentation oder Rückschreibung eines Zustands
darstellen, der vielleicht gegen anderweitige Ansprüche verteidigt werden musste. Anlässe für die Herstellung einer solchen
Urkunde hätte es im 12. und 13. Jahrhundert für die Bischofskirche in Straßburg genug gegeben. In jedem Fall ist anzunehmen, dass die Siedlung Renchen als Dorf oder Weiler damals
längst bestand. Im Jahre 1150 wird – bezogen auf das Jahr 1115
– ein „Wernherus de Reinecheim“ genannt, bei dem es sich um
einen kleinen Adligen oder Ministerialen handeln dürfte. Das
Jahr 1115 wurde auf diesem Wege zur Grundlage für das
900-jährige Ortsjubiläum von Renchen, das im Jahre 2015 gefeiert wurde. Und damit bildete es auch den Anlass für die
Jahresversammlung des Historischen Vereins für Mittelbaden
am 25. Oktober 2015 und den Festvortrag, der etwas verändert
hier abgedruckt wird.
Der Rhein entwickelte sich ab dem 18. Jahrhundert mehr und mehr zu einer für Europa besonders wichtigen Reiseregion, wobei der Mittelrhein als das attraktivste Segment galt. Verschiedene Arten von Druckwerken beschäftigten sich mit dem Fluss und seiner Umgebung. Dazu gehören Reiseberichte, die für einen bestimmten Zeitraum eine subjektive Bestandsaufnahme bieten, bei der politische Erwägungen und Interpretationen der historischen Vorgänge in der Region
eine große Rolle spielen können. Teils sind diese Bücher in Briefform verfasst und können eingeschränkt als Anleitung für eigene Reisen verwendet werden. Diese Funktion steht dann im Vordergrund der eigentlichen Reiseführer, die im frühen 19. Jahrhundert einsetzen und teils über einen längeren Zeitraum in verschiedenen, überarbeiteten Auflagen produziert worden sind. In Werken dieser Art spielt die Logistik der Reise eine große Rolle, bei der die neu hinzukommenden Fortbewegungsmittel der Dampfschifffahrt und der Eisenbahn immer wichtiger werden. Als weitere Buchgattung wären die Rheinalben zu nennen,
bei denen die bildliche Wiedergabe ausgewählter Sehenswürdigkeiten im Vordergrund steht, während der Text ganz zurücktritt; hier dominiert der Souvenircharakter.
„Geschichte vollzieht sich in Raum und Zeit“ – das bekannte Diktum von Johann Gustav Droysen, das er an mehreren Stellen seiner „Historik“ (1857/58) in verschiedenen Wendungen gebraucht hat – hat im letzten Jahrzehnt die Historiker ganz verschiedener Fachrichtungen beschäftigt. Karl Schlögel hat 2003 in seinem Essay unter dem Titel „Im Raume lesen wir die Zeit“ ein geistreiches Plädoyer für die „Räumlichkeit der menschlichen Geschichte“ gehalten. Dieser Feststellung wird kaum ein Historiker widersprechen, schon gar keiner, der sich dem interdisziplinären Anspruch einer geschichtlichen Landeskunde verpflichtet weiß, die die Raumbezogenheit als konstitutives Element ihrer Arbeit versteht.
Seit der Französischen Revolution kristallisieren sich in der „Rheinfrage“ die deutsch-französischen Beziehungen. Dem deutschen Standpunkt, den Rhein, der eine Verbindung zwischen deutschen Völkern darstelle, als deutschen Fluss zu
betrachten, steht die französische Vorstellung gegenüber, den Rhein als Grenze zwischen der deutschen und der französischen Welt zu sehen. Durch die Französische Revolution politisiert, sieht man meistens die Frage als einen Konflikt um die Kontrolle über den Rhein an. Deswegen gibt es viele Autoren, die diese Frage als eine Reihe von deutsch-französischen Krisen betrachten, angefangen 1840, als Nikolaus Becker Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein schrieb. Musset antwortete ihm: Nous l’avons eu votre Rhin allemand. Der Rhein wurde so in den Rang eines strategischen Flusses, zum nationalen Mythos erhoben. Ob 1870/71 oder 1918/19 oder später 1940 und nochmals 1945 jubelten die
Nationalisten diesseits und jenseits des Flusses: der Rhein gehörte jetzt ihnen.
In der nördlichen Altstadt von Lahr gibt es ein besonderes Kleinod - den Rosengarten neben dem Lahrer Finanzamt. Neben dem spätbarocken Gebäudeensemble verzaubert der Garten ganz leise die Besucherinnen und Besucher. Der Garten liegt im Grabenbereich der mittelalterlichen Befestigung der nördlichen Stadterweiterung zwischen der ehemaligen inneren und äußeren Stadtmauer. Mit dem Beginn des Barocks hatten die Stadtmauern ihre Funktion verloren und wurden daher in Zier und Nutzgärten umgewandelt. Im 19. Jahrhundert nutzte der Sohn des letzten Henkers von Lahr an den Garten angrenzende Gebäude als Wein- und Essighandlung. Dies kann man heute noch an den gewaltigen alten Gewölbekellern erkennen, optimal für Wein- und Essiglagerung.
1923: im Ruhrgebiet herrscht Elend. Der Bischof von Münster, Johannes Poggenburg, schreibt im kirchlichen Amtsblatt von Münster vom 21. 2. 1923: „Die Not im besetzten Gebiete erheischt von neuem und besonders dringlich die Unterbringung unterernährter Kinder in ländlichen Familien. Die übermäßige Steigerung der Lebensmittelpreise, die wachsenden Schwierigkeiten der Zufuhr, vor allem der große Mangel an Milch gefährden Gesundheit und Leben vieler Kinder. Die Unterernährung nimmt in erschreckendem Masse zu. In einer Stadt des neu besetzten Gebietes ist ermittelt worden, dass 35% der Schulkinder unterernährt sind ( ... ) [Daher] richte ich an die ländliche Gemeinden die dringende väterliche Mahnung und Bitte, mit erneuter Bereitwilligkeit unterernährte Kinder bei sich aufzunehmen.“ In der gleichen Ausgabe wird gemeldet: „Im Jahre 1922 [sind] einige tausend Kinder aus Stadt und Industrie in den ländlichen Gemeinden des Bistums untergebracht worden.“ Gleichartige Berichte und bischöfliche Aufrufe findet man in diesen Jahren in den Amtsblättern der Bistümer Paderborn und Köln. In 1922 hört Kaplan Josef Merk - ein junger, lungenkranker Priester, der als Hausgeistlicher im Krankenhaus zu St. Blasien arbeitet - zum ersten Mal durch seine Kontakte mit den Kranken von Rhein und Ruhr von dem großen Elend und der Kindernot im Ruhrgebiet und wird nach Horst-Emscher (bei Gelsenkirchen) eingeladen.
Maxim Gorki, als Alexei Maximowitsch Peschkow 1868 in Nischnij Nowgorod geboren, schloß sich früh der russischen Arbeiterbewegung an, war Mitstreiter Lenins aber auch Schöpfer von Romanen wie „Forma Gotdeiew“, „Die Mutter“, „Das Werk des Artamonows“, „klim Samgins Leben“, von Schauspielen wie „Nachtasyl“, „Wasa Schelesnowa“ oder „Meine
Kindheit“. Ein Russe von weltweiter Beachtung. Maxim Gorki, von Dezember 1921 bis um 4. April 1922, war er Gast in St. Blasien im Schwarzwald, versuchte seine Lungentuberkulose auszukurieren. Immer noch krank, verließ er St. Blasien, immerhin soweit gefestigt, daß er noch weite Reisen durch Europa zurücklegen konnte, daß er hochgefeiert in sein Heimatland zurückkehrte und erst 1936 in seinem Haus in Moskau starb. 120 Schwarzwaldtage, eine kurze, aber spannende Zeit, auch für den kleinen Ort an der Hauensteiner Alb, dem Ort mit der großen Kuppelkirche.
Der Ruster „Musikbaron"
(2004)
Nicht sehr schmeichelhaft ist es, was über den „Musikbaron" Franz Friedrich Sigismund August Böcklin von Böcklinsau in der 1812 bis 1814 erschienenen zweiten Auflage von Franz Ludwig Gerbers „Lexikon der Tonkünstler" steht. Umgekehrt hat „The New Grove", eines der bedeutendsten Musiklexika unserer Zeit, dem Musikbaron einen in positivem Grundton gehaltenen Artikel von deutlich mehr als einer halben Spalte gewidmet - und somit den Schluss nahegelegt, dass er nicht ganz unbedeutend gewesen sein dürfte.
Die viele Jahre andauernde Erforschung der römischen Militärstraße von Straßburg nach Rottweil brachte es mit sich, dass der römische Meilenstein von Offenburg immer wieder einer eingehenden Betrachtung unterzogen wurde. Dieser ist das einzige schriftliche Dokument, das den Bau dieser Straße belegt. Das stark beschädigte Fragment des Meilensteines wurde 1605 in der Kinzig bei Offenburg gefunden (Abb. 1). Es ist mittig der Länge nach leicht schräg gespalten. Der Abbruch geht mitten durch die lateinischen Schriftzeichen, sodass beidseitig nur wenige Buchstaben sichtbar sind.
Der Rückschritt
(2019)
Die – vielfach verschwiegenen – Vorgänge um den Bau der katholischen Kirche St. Cäcilia in
Mosbach waren die Auswirkungen einer politischen und kirchenpolitischen Wende, der nicht
nur ein kühner Entwurf, sondern letzten Endes auch sein Urheber, der renommierte Architekt
Hans Herkommer, zum Opfer fiel. Das Ganze war, wie er selber fand, »mehr eine Leidensgeschichte«; und keineswegs nur seine eigene.
Der Salmen in Offenburg
(2004)
„Wir leben in einer Zeit, in der nicht nur die jungen Menschen, sondern auch wir Älteren diese Demokratie hinnehmen, als sei sie eine Selbstverständlichkeit. Erst wenn wir uns vergewissern, dass Menschen dafür ihr Leben gegeben haben, erst dann wird uns deutlich, was auf dem Spiel steht, wenn die Demokratie gefährdet ist, und darum meine ich, ein solcher Ort wie der Salmen kann uns das deutlich machen." Diese Sätze entstammen dem Grußwort, das Bundespräsident Johannes Rau am 20. September 2002 anlässlich der Eröffnung des „Salmen" als Kultur- und Veranstaltungszentrum in Offenburg sprach. Schon im Januar 2002 hatte der Beauftragte der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien den Salmen zum ,,Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung" erklärt. Das sind Denkmäler, die „Zeugnis ablegen über kulturelle, politische, geschichtliche, architektonische, städtebauliche oder wissenschaftliche Leistungen, die zur Entwicklung oder Darstellung des Gesamtstaates als Kulturnation maßgeblich beigetragen haben oder die für die kulturelle oder historische Entwicklung einer Kulturlandschaft von herausragender Bedeutung sind."
Wer weiß heute noch, was ein Scharf- oder Nachrichter tat und
warum man ihm ungern begegnete? Wer weiß noch, dass es
einst eine Gesellschaftsordnung gab, die sich in Klassen oder
Stände unterschied? Wer weiß noch, dass damals Ehre so viel
wert war wie persönliches Kapitalvermögen? Es fällt schwer,
sich die Antworten auf diese Fragen vorzustellen.
Wer sich mit lokaler Geschichte befasst, stößt irgendwann
unweigerlich auf Gerichtsprozesse, bei denen Menschen für ihr
Tun (oder auch Nichttun) mit ihrem Leben bezahlten. Nach
erfolgter gütlicher, doch meist eher peinlicher Befragung (also
der Folter), wie das so lapidar heißt, erfolgte die Hinrichtung.
Ausgeführt wurde diese vom Scharf- oder Nachrichter, manchmal auch Henker genannt.
In seinem Aufsatz „Die Geschichte der Schiltacher Schifferschaft" zitierte der Heimatforscher Hermann Fautz (1898-1979) aus einem Brief des Schiffers Adolf Christoph Trautwein vom 27. Juli 1871, den ihm der Sägewerksbesitzer Gottlieb Wagner (1889-1964), ein Enkel Trautweins, überlassen hatte. Aus dessen Nachlass kam aufgrund glücklicher Umstände nun das Original des verloren geglaubten, auf blauem Papier verfassten, vierseitigen Briefs zutage, der aufgrund seines dokumentarischen Gehalts lokal-, wirtschafts- und allgemeingeschichtlich von hohem Interesse ist. Um ihn als Zeitdokument zu erschließen, soll er hier, unter Wahrung seines persönlichen Charakters, mit den wichtigsten Erläuterungen ediert werden.
Unter denen, die 1933 oder später ihr deutsches Vaterland verließen, sich vor den neuen Herren in Sicherheit zu bringen
suchten, waren auch Photographen, meist jüdische Photographen, deren Namen man schon kannte oder noch kennen lernen sollte. Unter ihnen waren Alfred Eisenstaedt, der in die USA entwich; Gisèle Freund, die nach Paris ging; Andrei Friedmann, der dasselbe tat und sich dann Robert Capa nannte; Helmut Gernsheim, der in London unterkam; Kurt Hübschmann, dem unter dem Namen Hutton dasselbe gelang; Erich Salomon, der sich in Holland verbarg, bis er von den anderen Deutschen aufgespürt
und im KZ umgebracht wurde; und Felix H. Man.