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Villingen um 1900. Das einstige Ratzennest hat sich zu einem Gewerbestandort mit Ausstrahlung in den süddeutschen Raum entwickelt. Einheimische Firmengründungen wie Zuzüge aus anderen Regionen haben sich etabliert. Die Stadt zeigt auch ihre Prosperität: neben der räumlichen Ausdehnung entstanden an vielen Stellen stilvolle Gebäude, z.B. im Bahnhofsviertel. Aus Mauchen bei Stühlingen zog in jungen Jahren Adolf Preiser, geb. 1877, nach Villingen, um ab 1906 im Haus der früheren Gießerei Grüninger, Kronengasse 7, heute Feuerwehr Villingen, seine Geschäftsidee zu verwirklichen: die Herstellung von Limonadengrundstoffen und Mostextrakten zur Bereitung von Hausgetränken für die Bevölkerung.
Die spannende und wechselvolle Geschichte der
Benediktinerkirche in Villingen ist um die 2000er immer wieder in den Blickpunkt gerückt
worden. Vor allem aus Anlass der Renovierung
des barocken Gotteshauses und ihrer festlichen
Wiedereröffnung im April 1999 wurde sie wieder lebendig. Zahlreiche Beiträge sind zu diesem
Thema veröffentlicht worden. Jetzt beleuchtet
unser Mitglied und Heimathistoriker Hermann
Preiser, aus dessen Feder schon viele Veröffentlichungen in den Jahresheften des Geschichts-und Heimatvereins Villingen erschienen sind,
die Geschichte vom Bau der Benediktinerkirche
in einem umfangreichen Artikel.
Freiburg i. Br. hat als Sitz von Buchdruckereien und Verlagen eine lange und bewegte Geschichte. Bis in die Gegenwart, man denke an Namen wie Herder oder Rombach, genießt
Freiburg als Druck- und Verlagsort im deutschen Sprachraum große Bekanntheit. Wenigen ist
dagegen die Tatsache geläufig, dass in Freiburg in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
ein jüdischer Drucker, Israel Sifroni (auch Zifroni), mindestens sechs Bücher in hebräischer
und jiddischer Sprache veröffentlicht hat. Alle diese Bücher sind in hebräischen Lettern gedruckt, auch die jiddischen, da das Jiddische - obwohl eine auf dem Deutschen fußende Sprache - traditionell mit hebräischen Buchstaben geschrieben wird. Dass ein jüdischer Drucker
im 16. Jahrhundert in Freiburg wirkte, ist besonders bemerkenswert, weil nach den historischen Darstellungen Juden die Niederlassung in den habsburgisch-vorderösterreichischen
Gebieten in dieser Zeit allgemein untersagt war. Der folgende Beitrag soll nun - soweit es
die spärlichen Quellen erlauben - das Leben und Werk Israel Sifronis nachzeichnen, wobei
vor allem sein Wirken im Breisgau und die von ihm gedruckten Werke im Mittelpunkt
stehen sollen.
Kippenheimer Jüdischdeutsch
(2005)
Die Sprache der bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts in Südwestdeutschland, dem Elsass und der Schweiz lebenden Juden wird in der wissenschaftlichen Literatur als „ Westjiddisch", in genauerer Differenzierung bisweilen auch als „Südwestjiddisch" bezeichnet. Dieses Jiddische wird im 20. Jahrhundert vom so genannten Jüdischdeutschen abgelöst, worunter wir hier in diesem Beitrag eine der deutschen Standardsprache angenähertere Sprachvariante auf der Basis des Westjiddischen verstehen. Das Westjiddische selbst unterschied sich vom Ostjiddischen, das heute gleichbedeutend mit Jiddisch ist, in bestimmten lautlichen und lexikalischen Eigenheiten, deren wichtigste in dem Westjiddischen Sprachatlas von Beranek und dem Language and Culture Atlas of Ashkenaszic Jewry festgehalten sind.
Die Offenburger Mikwe
(2004)
Die Mikwe von Offenburg liegt im Herzen der Altstadt, im Winkel zwischen Glaserstraße und Bäckergasse (bis 1824: Judengasse), am Grundstück Glaserstraße 8. Zugänglich ist sie über Hof und Keller eines stattlichen, klassizistischen
Wohnhauses mit Rückgebäude und kleineren Nebenbauten. Im mächtigen, tonnengewölbten Keller unter dem Haupthaus öffnet sich eine einfache Türöffnung zur Steintreppe. Sie steigt in 44 Stufen geradlinig in südlicher Richtung hinab und endet ca. 14 m unter Hofniveau in einem gemauerten Schacht, über dem sich das Rückgebäude, ehemals die Waschküche, erhebt. Der Schacht ist im unteren Teil nahezu quadratisch; in ca. 6 m Höhe wird er von einem einfachen, kräftigen Rippengewölbe abgeschlossen, dessen vier Rippen einen gewaltigen Steinring tragen. Darüber erhebt sich bis zum Erdboden ein rund
gemauerter Schacht, dessen oberes Ende heute mit einer Steinplatte verschlossen ist.
Das Besigheimer Lied
(2013)
Eine tragische Liebesgeschichte erschüttert Mitte des 19. Jahrhunderts die kleine
Oberamtsstadt Besigheim. Am 18. Februar 1847 morgens um 6 ½ Uhr wird Caroline
Gottliebe Wölfing, die ledige Tochter des Stadtrats und Bäckermeisters Wölfing,
erschossen auf dem Kirchhof aufgefunden. Ob »selbst oder von fremder Hand« gemordet, vermochte der Schreiber, der den Todesfall unter der Nummer 24 in seinem
Leichenschaubuch notiert, nicht sagen. Gewissheit hat er jedoch über das Alter der
Toten: Gerade mal 18 Jahre, drei Monate und vier Tage ist Caroline geworden.
Eine Stunde später, um 7 ½ Uhr, die nächste grausige Entdeckung: Buchhalter Dietrich
findet seinen Untermieter, den ledigen Bauführer Friedrich Kübler aus Heilbronn, erschossen in seinem Zimmer. Dieses Mal ist die Todesursache klar: Selbstmord. Auch er
war zum Zeitpunkt seines Todes ein junger Mensch: 28 Jahre, acht Monate und 24 Tage.
Beide Leichen werden am 20. Februar 1847 auf dem Kirchhof außerhalb der Stadtmauern beerdigt. Die von Caroline morgens um 9 ½ Uhr, die Leiche Friedrichs
»abends um drei Uhr«. Der Bestattung war eine Obduktion vorausgegangen.
Bei beiden wurde ein Schuss in die Herzgegend festgestellt. »Die Wölfing« sei beim
Auffinden schon »blutleer«, also länger tot gewesen, ansonsten gesund. »Der Kübler«
hingegen hätte einige Abnormitäten aufzuweisen, wie eine geschwollene Leber und
weißliche Ablagerungen im Gehirn, die nach Meinung des obduzierenden Arztes
seinen »abnormen« Charakter und letztlich die Tat erklärten.
Durch Eingriffe in den Wasserhaushalt, Torfabbau und landwirtschaftliche Nutzung wurde der größte Teil der Moore in Deutschland nachhaltig überprägt und vielerorts auch unwiederbringlich zerstört. Der Erhalt und die Wiederherstellung der verbliebenen „Moorbiotope" als Lebensraum für an Wasserüberschuss angepasste Pflanzen- und Tierarten spielt daher im Moorschutz seit langem eine zentrale Rolle (Succow & KOSKA 2001 ). Hingegen wurde die Bedeutung der vielseitigen ökologischen Funktionen von Mooren im Wasser- und Stoffhaushalt der Landschaft, wie die Kohlenstoffspeicherung oder die Retention von Niederschlägen, erst in jüngerer Zeit beachtet. In den vergangenen Jahren wurden verstärkt Anstrengungen unternommen, um die verbliebenen Moor-Lebensräume zu erhalten bzw. zu renaturieren. Zentrales Ziel der Moorrenaturierungen ist die hydrologische Stabilisierung des Moorzentrums und der Erhalt der dort lebenden Arten und Lebensgemeinschaften. Die durch Entwässerung und Abtorfung entstandenen, oligotrophen Randbereiche werden dabei häufig wenig beachtet oder außer Acht gelassen. Gerade diese Standorte auf entwässerten Torfen beherbergen jedoch auf kleinsten Raum ein heterogenes Nebeneinander von Pflanzengesellschaften, wie Feucht- und Streuwiesen sowie odensaure Magerrasen. Hervorgerufen wird dieser kleinräumige Wechsel durch sehr unterschiedliche Feuchte- und Nährstoffverhältnisse bzw. Änderungen der Basenverfügbarkeit. Magerrasen und magere Grünlandbereiche der Moorränder sind auf der Baar besonders artenreich ausgebildet und daher überregional bedeutsam.
Gemeinnützig wohnen
(2000)
Mitte der Zwanziger Jahre verschärfte sich auch in Mannheim die Wohnungsnot drastisch, weil der privat finanzierte Mietwohnungsbau fast zum Erliegen gekommen war und sich die Schere zwischen Miethöhe und Einkommen immer weiter öffnete. Unter diesen Verhältnissen litt nicht allein die Arbeiterschaft, auch für kleine Angestellte wurde es immer schwerer,
angemessenen Wohnraum zu finden. In dieser Situation gründete die Stadt Mannheim 1926 die Gemeinnützige Baugesellschaft mit einem Grundkapital von RM 100 000, um durch großzügige Neubauten Wohnraum und im gleichen Moment Arbeitsplätze zu schaffen. Noch im selben Jahre begannen die Bauarbeiten am Erlenhof, einer großzügig geplanten Wohnanlage mit 51 Häusern und 393 Wohnungen, die schon im folgenden Frühjahr bezugsfertig waren. Die Anlage im Stil des Neuen Bauens wurde durch ihre rationale Grundrißgestaltung, den klar strukturierten Aufbau und die großzügig angelegten Innenhöfe zu einem auch heute noch sehenswerten und stadtteilprägenden Ensemble. Es folgten in den Jahren bis zur Weltwirtschaftskrise noch eine Reihe weiterer Wohnblöcke, bis die Probleme der Finanzierung dieser Form der Wohnraumbeschaffung ein Ende setzten.
An inclusion in Miocene Dominican amber contained a well preserved velvety shore bug (Ochteridae), Riegerochterus baehri gen. nov., spec. nov., which is described and figured in this article. This is the first fossil representative of the family recorded from Cenozoic, as all previously described taxa are much older, e.g. from the Early Jurassic of England and the Late Jurassic-Early Cretaceous of China. It is distinguished from all extant genera of Ochteridae by several distinct characters that are shortly discussed. Figures and photos of representatives of fossil (Riegerochterus) and recent (Megochterus, Ochterus and Ocyochterus) genera are provided.
Frühsommer 1945: Deutschland lag in Trümmern. Das "Dritte Reich", das für sich beansprucht hatte, für alle Zeiten die Geschicke Deutschlands und der "ganzen Welt" zu bestimmen, war in einem Inferno von Tod und Unrecht in sich zusammengebrochen. Nun stand als zentrale Frage im Raum: Wie konnte nach diesem Krieg, den man in Deutschland als "totalen" Krieg bezeichnet hatte, ein Frieden aussehen? War dieses Deutsche Reich, war dieses deutsche Volk überhaupt friedensfähig, hatte es nach Auschwitz noch das Recht, einen Platz in der Gemeinschaft der zivilisierten Nationen einzunehmen? Gleich nach Kriegsende begannen die Alliierten mit dem Wiederaufbau Deutschlands, der mit der Entfernung von Nazi-Strukturen einherging.
Felix Wankel sind die höchsten Weihen der Bundesrepublik Deutschland zuteil geworden: Träger des Bundesverdienstkreuzes und Professor honoris causa des Landes Baden-Württemberg; beinahe wäre sogar ein Gymnasium in Lahr nach ihm, dem auf Grund seines Drehkolbenmotors renommierten Kind und Ehrenbürger der Stadt, benannt worden - Lorbeeren, die als moralisch haltbar erachtet worden sind; zumindest von denjenigen, welche in Wankel den politisch Unwissenden und erfinderisch Selbstvergessenen gesehen haben, der zwar mit seinen Erfindungen der Wehrmacht zugearbeitet, nie jedoch daran gedacht habe, dass er so das verbrecherische Nazi-Regime unterstützen könne, und deshalb auch als „Minderbelasteter"
vor der Spruchkammer Lindau verurteilt worden sei.
Ein unbestimmter, 1971 von Franz Schuhwerk (München) am Feldberg (Südschwarzwald) gesammelter
Beleg im Herbar des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (STU) erwies sich als Salix lapponum. Bei der Nachsuche konnte die Art 1997 in einem
Exemplar wiedergefunden werden. In dieser Arbeit
werden Unterschiede, Ähnlichkeiten und mögliche verwandtschaftliche Beziehungen zu anderen Salix-Arten
für Salix lapponum und die oberfächlich ähnliche Salix
helvetica beschrieben und diskutiert. Zusammen mit
der Art wurden am Fundort auch Hybriden mit Salix
caprea und Salix appendiculata gefunden, letztere
(Salix appendiculata x lapponum) wird hier unter dem
Binom Salix x declivium Plieninger als neu für die Wissenschaft beschrieben. Die standörtlichen und pflanzensoziologischen Verhältnisse (letztere durch mehrere Vegetationsaufnahmen belegt) am Fundort werden
beschrieben und diskutiert. Schließlich wird der foristische Status des ungewöhnlichen Vorkommens (derzeit einziges bekanntes Vorkommen in der Bundesrepublik Deutschland) von den Autoren diskutiert.
Drei neue Rubus-Arten aus dem nördlichen Baden-Württemberg werden beschrieben: Rubus pulchricaulis sp. nov. (Series Pallidi), Rubus stimulifer sp. nov. (Series Rhamnifolii), Rubus striaticaulis sp. nov. (Series Pallidi). Alle drei Arten werden durch Fotos der Typus-Belege und durch Fotos lebender Pflanzen illustriert. Zusätzlich werden die Variabilität, wichtige diakritische
Merkmale und – falls notwendig – Unterscheidungsmerkmale ähnlicher Arten kurz beschrieben. Außerdem werden die Verbreitung und die ökologischen Präferenzen dargestellt.
Vier neue Rubus-Arten der sectio Corylifolii Lindley aus
dem nördlichen Baden-Württemberg werden beschrieben: Rubus appropinquatus sp. nov. (series Suberectigeni), Rubus histrionicus sp. nov. (series Subthyrsoidei),
Rubus lictorum sp. nov. (series Subcanescentes), Rubus
remotifolius sp. nov (series Subcanescentes). Alle vier
Arten werden durch Fotos der Typus-Belege und durch
Fotos lebender Pfanzen illustriert. Zusätzlich werden
die Variabilität, wichtige diakritische Merkmale und –
falls notwendig – Unterscheidungsmerkmale ähnlicher
Arten kurz beschrieben. Außerdem werden die Verbreitung und die ökologischen Präferenzen dargestellt.
Heinrich Eberhard Gottlob Paulus, rationalistischer Bibelexeget und Theologe, der in Heidelberg den Vortrag zum Reformationsjubiläum am 31.10.1817 zu M. Luthers „Heidelberger Disputation“ (26.4.1518) hielt, zeichnete in sein Verständnis von „Denkgläubigkeit“ Luthers Disputationsthesen und sein Bild von Luther und der Reformation ein.
Nach (1.) einem Überblick über Paulus’ Leben und Werk, wird (2.) sein Säkularvortrag „Auch zu Heidelberg war Doktor Martin Luther“ dargestellt mit (2.1.) dem Blick auf Luthers „Heidelberger Disputation“ und (2.2.) Paulus’ Bild von Luther und
der Reformation. Es folgt (3.) eine Einordnung in den geistesgeschichtlichen Zusammenhang und eine kritische Wertung von Paulus’ denkgläubiger Interpretation von Luthers reformatorischem Rechtfertigungsglauben.
Auf den Spuren Böhmens
(2008)
Nur auf dem ersten Blick mag es erstaunlich
erscheinen, im Südwesten Deutschlands
böhmische Spuren und Gemeinsamkeiten entdecken
zu wollen. Aber der aufmerksame Wanderer,
der den Schwarzwald und die umliegenden
Gebiete durchstreift und die Geschichte
des Landes ein wenig studiert, wird zu seiner
Überraschung bald eine Anzahl von Erinnerungen
an einzelne Persönlichkeiten wie auch
eine Fülle von landschaftlichen und historischen
Übereinstimmungen und Parallelen
finden, denen nachzugehen es sich lohnt.
Das Glas … fängt das Licht ein und spielt
mit ihm, aber es hält es nicht auf. Es vollbringt
das Wunder von erstarrter Luft und von trockenem
Nass. Der Glasbläser … flößt dieser
Traummaterie Leben ein und schenkt ihr mit
unglaublicher Geschicklichkeit die verschiedensten
Formen. Sie passt sich all seinen Launen
an, bläht, dehnt und rundet sich nach
seiner Phantasie. Geheimnisvolle Künste verleihen
ihr die schillernden Farben des Regenbogens
und der seltensten Edelsteine, die
Adern des Marmors, die Trübung der Wasser,
den Dunst der Wolken, die Glut der Morgenröte.
In den Händen anderer Schöpfer lässt es
sich schleifen wie Stein, ziselieren wie Silber,
stechen wie Kupfer, bemalen wie Leinwand
und emaillieren wie Porzellan.
Gateau, Die Glaskunst
"Freut euch mit Jerusalem!"
(2023)
“[I]n dem jar Christe 1489 war ein gar großes jubileum ußgangen von dem päpstlichen stuel zue Rom, dergleichen in vil jaren nie geschehen. Und disse große gnadt war auch der statt Villingen verkindt.” Das schreibt Juliane Ernstin (1589 – 1665), die Verfasserin der Chronik des Konvents von St. Klara im Villinger Bickenkloster und dessen Äbtissin zwischen 1655 und 1665. Demnach hatte der Papst 1489 der Stadt Villingen die Feier eines stellvertretenden römischen Jubeljahrs gewährt. Soweit ich sehe, wird dieses Ereignis in keiner anderen Quelle erwähnt. Trotz dieses Umstands und obgleich das Jahr (keineswegs ein „rundes“) und der Ort für ein derartiges Ereignis ungewöhnlich und überraschend erscheinen mögen, waren solche Anlässe dennoch alltäglich und beliebt: In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, und schon zuvor, suchten eine Reihe von Städten um die Erlaubnis nach, das römische Jubeljahr bei sich zu feiern. Beispiele sind Augsburg und Ulm 1451, Erfurt 1488, Nürnberg 1489 sowie Hamburg und Lübeck 1503.
Richtstätten sind Bodenurkunden, die zusammen mit archivarischen Quellen Zeugnisse der Rechtsarchäologie darstellen und einen Einblick in die Rechtsauffassung und Alltagsgeschichte vergangener Zeiten ermöglichen. Die Hoch- oder Blutgerichtsbarkeit, also das Recht, über Leben und Tod zu richten, war ein Ausdruck landesherrlicher Gewalt und damit war die Richtstätte auch ein Herrschaftssymbol und Zeichen obrigkeitlicher Macht. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts blieb der Galgen neben dem Pranger das wichtigste Strafwerkzeug. Deshalb wurden die Galgen an weithin sichtbaren Stellen aufgerichtet, meist in der Nähe wichtiger Landstraßen, an Wegkreuzungen oder an den Gemarkungsgrenzen einer Herrschaft, bevorzugt auf Anhöhen. Es galt das Prinzip der Abschreckung, denn die Richtstätte sollte jedem in einem Herrschaftsbereich Ankommendem oder Eindringendem mahnend vor Augen halten: Das ist dein Schicksal, wenn du eine Straftat begehst!
Das Überlinger Patrizierhaus der Reichlin von Meldegg auf dem Luzienberg oberhalb der Stadt ist nicht nur das älteste, sondern auch das stattlichste Anwesen
seiner Art in der ehemaligen Reichsstadt. Es markiert den Höhepunkt einer Blütezeit, die sich vom 14. Jahrhundert bis zum Dreißigjährigen Krieg erstreckte und
die sich in zahlreichen ansehnlichen Bauwerken niederschlug, die der Stadt bis
heute ihr Gepräge verleihen. Der Gebäudekomplex kann als ein Musterbeispiel einer innerstädtischen Residenz eines einflussreichen Patriziers im ausgehenden Mittelalter gelten und veranschaulicht mit seiner aufwendigen Gestaltung das Bestreben dieser Gesellschaftsschicht nach einer ihrer Stellung angemessenen architektonischen Repräsentation.
Die Mainzer Erzdiözese war — ähnlich wie ihr Suffragan Konstanz — von enormen Ausmaßen. Sie reichte von der Nahe im Südwesten bis zur Saale im Nordosten, vom südlichen Niedersachsen bis zum Odenwald. Flächenmäßig war zwar die Diözese Konstanz größer, hinsichtlich der Zahl der Pfarreien stand aber das Erzbistum Mainz an erster Stelle. Die Verwaltung des Erzbistums Mainz zeigte im Spätmittelalter stark entwickelte regionale Strukturen, deren Ausprägung wohl auf die Größe der Diözese zurückzuführen ist. Für die geistliche Verwaltung und die Pfründenvergabe waren die Archidiakone und ihre Offiziale zuständig. Wie die Pfründenbesetzung vonstatten ging, welche Instanzen daran beteiligt waren und welche Quellengruppen Auskunft über diese Vorgänge geben können bzw. zur Verfügung stehen, soll exemplarisch für die Mainzer Archidiakonate Fritzlar und Erfurt aufgezeigt werden.
Die epiphytischen Moosgesellschaften zweier großer Waldgebiete in der mittleren Oberrheinebene in einer Höhenlage von
120 bis 200 m über meist kalkarmen Sanden werden beschrieben. Wichtigste Epiphytengesellschaften sind die mit
Hypnum cupressiforme: das Dicrano-Hypnetum filiformis, das Hypno-Orthodicranetum montani und das Platygyrietum repentis, die v.a. auf Fagus sylvatica und Carpinus betulus beobachtet wurden. Das Isothecietum myuri ist an der Basis von
Quercus spec. häufig. Gelegentlich tritt anstelle von Isothecium alopecuroides Isothecium myosuroides; diese Art bevorzugt ärmere Standorte als I. alopecuroides. Das Dicranetum viridis ist im Gebiet ziemlich selten, meist an der Stammbasis
von Fagus sylvatica und Carpinus betulus zu finden, selten auch auf Ainus glutinosa. Charakteristisch für die Untersuchungsgebiete sind die ausgedehnten Rasen von Frullania tamarisci, v.a. auf Quercus spec.; die Bestände lassen sich zumeist als besondere Subassozation des Isothecietum myuri fassen, seltener dem Dicrano-Hypnetum zuordnen. Neutrophile bis basiphile Epiphytengesellschaften sind das Neckero-Anomodontetum und das Zygodontetum rupestris; sie wurden in Gebieten mit kalkreichen Böden beobachtet, v.a. entlang der kleinen Bäche. Die Wuchsorte des Neckero-Anomodontetum können teilweise kurz überflutet werden.
Die Häufigkeit des Vorkommens epiphytischer Moose auf einzelnen Holzarten in zwei tiefgelegenen
Waldgebieten über kalkarmen Sanden des mittleren
Oberrheingebietes wurde untersucht: Im Hagenauer
Forst (Frankreich, Dep. Bas-Rhin), in einer Höhe von
125 bis 200 m gelegen und im Bienwald (Deutschland,
Rheinland-Pfalz), in einer Höhe von 120 bis 150 m gelegen. Dabei wurden die Moose vom Stammgrund bis
in Höhen um 2 m erfasst, der Kronenraum blieb unberücksichtigt. Der Durchmesser der Stämme lag über
0,3 m (lediglich bei Carpinus betulus wurden auch
dünnere Stämme erfasst). Bei den meisten Holzarten
betrug die mittlere Artenzahl um 5; Beziehungen Artenzahl - Stammdurchmesser waren (bei Stämmen
über 0,3-0,4 m Durchmesser) nicht zu erkennen. Hypnum cupressiforme war in der Regel die dominierende
Moosart; Frullania dilatata, Orthotrichum affine und
Ulota bruchii (vorzugsweise auf glatter Borke wachsend) wurden nur relativ selten beobachtet. Auf Fagus
sylvatica spielen Arten wie Orthodicranum montanum
und Platygyrium repens (ohne Sporogone) eine wichtige Rolle. Bemerkenswert ist die hohe Frequenz von
Dicranum viride (17 bzw. 26 % in den beiden Waldgebieten). Basi- und neutrophytische Arten kommen
als Epiphyten nur selten vor. Ähnlich wie auf Fagus
sylvatica ist die Zusammensetzung der Epiphytenflora
auf Carpinus betulus. Allerdings sind die mittleren Artenzahlen etwas niedriger.
Die mittlere Zahl epiphytischer Moose ist auf Quercus spec. (unwesentlich) höher als auf Fagus sylvatica. Isothecium alopecuroides und Frullania tamarisci sind hier mit höherer Frequenz zu beobachten. Bezeichnend ist auch das gelegentliche Auftreten neutro- bis basiphytischer Moose am Stammgrund, so z.B. von Homalia trichomanoides. - Auf Stämmen von Ainus glutinosa wurden kaum neutrophytische Moose beobachtet.
Etwas stärker weicht die epiphytische Moosflora auf Fraxinus excelsior ab; der Baum besiedelt in beiden Waldgebieten reichere Standorte, z.T. mit kalkhaltigen Böden. Einmal liegt die Artenzahl deutlich höher als bei den anderen Bäumen (durchschnittlich 8,5 Arten), zum anderen sind Stämme mit neutrophytischen bis basiphytischen Arten nicht selten. Bei den Stämmen von Ulmus laevis, ebenfalls an reichere Standorte gebunden, konnten große Unterschiede in der Artenzahl
und in den Anteilen neutrophytischer bis basiphytischer Moose an den einzelnen Stämmen untereinander festgestellt werden.
In der Arbeit wird eine Übersicht über den Stand der Vegetationskartierung in Baden-Württemberg gegeben. Mehrere Karten der realen Vegetation im Maßstab 1:25.000 in der Größe von Messtischblättern wurden publiziert. In größeren Maßstäben (etwa 1 10.000 bis 1:2.000) liegen zahlreiche Karten von kleineren Gebieten vor; diese Karten wurden meist unter Aspekten des Naturschutzes angefertigt. Die Potentielle natürliche Vegetation wurde bisher nur in wenigen Karten dargestellt, meist im Maßstab 1:100.000 bis 1:200.000. Für das ganze Land liegt nur eine Karte im Maßstab 1:900.000 vor. Wenige Karten behandeln die Naturnähe der (Wald-)Vegetation. Vegetationskarten bieten eine Grundlage, um Änderungen der Vegetation zu erfassen; hierfür werden einige Beispiele aus Baden-Württemberg angeführt.
Wilhelm Baur
(2005)
Zu den wichtigen Botanikern des 19. Jahrhunderts in Baden gehört Wilhelm Baur. Er kam am 29. September 1839 in Salem zur Welt; sein Vater Franz-Xaver Baur war dort badisch-markgräflicher Hofapotheker. Vater Baur war selbst auch floristisch aktiv und verfasste eine Pflanzenliste des Überlinger Gebietes, die 565 Arten enthielt. 1845 siedelte die Familie nach lchenheim bei Offenburg über; Vater Baur gründete dort eine neue Apotheke. Wilhelm Baur begann nach dem Schulbesuch in lchenheim und Besuch des Gymnasiums in Offenburg mit der Apothekerausbildung, zunächst in der väterlichen Apotheke in
lchenheim, dann bei F.X. Leiner in Konstanz und schließlich in Hallein bei Salzburg.
Dr. Sabine Görs 1922-2002
(2003)
Frau Dr. Sabine Görs, Hauptkonservatorin i. R., verstarb am 15. Juni 2002 plötzlich im 81. Lebensjahr in ihrem Wohnsitz in Ettlingen bei Karlsruhe. Frau Dr. Görs kam am 15. Februar 1922 in Greifswald zur Welt. Dort verbrachte sie ihre Jugend, dort legte sie ihr Abitur ab. Krieg und die Wirren der Nachkriegszeit erlaubten ihr erst ein geregeltes Studium nach 1947,
das nicht in ihrer Heimatstadt, sondern in Tübingen und das unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen stattfinden musste. Hier wurde sie 1955 mit der Arbeit über den “Lebenshaushalt der Flach- und Zwischenmoorgesellschaften im württembergischen Allgäu” promoviert; die Arbeit wurde von Prof. Dr. W. Zimmermann und Prof. Dr. K. Buchwald betreut. Das
Allgäu und Oberschwaben wurden in Folgezeit quasi eine zweite Heimat für Frau Görs, selbst noch in der späteren Karlsruher Zeit. Zahlreiche Arbeiten, besonders über Flachmoorgesellschaften, zeugen davon.
Moosflora und Moosvegetation von drei Bannwäldern (Naturwaldreservaten, Totalreservaten) im Kraichgau und Stromberg (Südwestdeutschland, zwischen Karlsruhe und Heilbronn gelegen) werden dargestellt. Die Untersuchungsgebiete umfassen Flächen von jeweils ca. 11-13 ha, gelegen in einer Höhe von 210 bis 395 m. Die Zahl der in den einzelnen Gebieten beobachteten Moosarten liegt jeweils bei ca. 12 Lebermoosen und ca. 60 Laubmoosen. Epiphytische Arten spielen eine
wichtige Rolle; Felsen, Blöcke und Wegstellen fehlen weitgehend. Die Frequenz epiphytischer Moose auf Fagus sylvatica, Carpinus betulus und Quercus spec. (besonders Q. petraea) als den wichtigen Holzarten wurde bestimmt. Die Artenzahlen auf Quercus spec. liegen deutlich höher als bei den anderen beiden Holzarten. Besonderheit auf Fagus sylvatica und auf Carpinus betulus sind die regelmäßigen Vorkommen von Dicranum viride (oft jedoch nur in geringer Menge). Im Schutzgebiet „Zaberhalde“ wurde diese Art nicht beobachtet; die Gründe für das offensichtliche Fehlen werden diskutiert. Der Anteil neutro- und basiphytischer Moose ist in den drei Schutzgebieten recht gering. – Als weitere Holzarten wurden wenige Stämme von Fraxinus excelsior, Sorbus torminalis und Acer campestre untersucht. Von diesen Arten weist Acer campestre eine reiche Epiphytenflora auf, die zahlreiche basi- und neutrophytische Arten enthält. Die Epiphytenflora auf Sorbus torminalis ist dagegen extrem artenarm; anspruchsvolle Epiphyten fehlen. – Die Vergesellschaftung der Moose
wird nach der Methode von BRAUN-BLANQUET dargestellt. Die wichtigsten Moosgesellschaften sind die von Hypnum cupressiforme dominierten Gesellschaften, so das Dicrano-Hypnetum und das Dicranetum viridis. Das Isothecietum myuri wurde v.a. auf Quercus spec. beobachtet. Neutro- und basiphile Moosgesellschaften sind im Gebiet v.a. auf Fraxinus excelsior und Acer campestre zu finden.
Aus dem badischen Oberrheingebiet werden Vorkommen des Laubmooses Tortula latifolia (BRUCH) HARTM. außerhalb des Überschwemmungsbereichs der Flüsse beschrieben. Das Moos wurde an einzeln stehenden Bäumen in Parkanlagen und auf Friedhöfen gefunden, zumeist an der Stammbasis. Ein weiterer wichtiger Vorkommensbereich sind Asphaltdecken der Wege,
hier an wenig betretenen oder befahrenen Rändern. Schließlich werden Vorkommen an Mauern (außerhalb des Überflutungsbereichs der Flüsse) genannt. Die Vergesellschaftung des Mooses an den einzelnen Standorten wird dargestellt.
Bernd Haisch 1941-2005
(2006)
Völlig überraschend verstarb am 24. August 2005 Bernd Haisch. Gerade hatte er eine Hüftoperation gut überstanden und
hoffte, wieder seinem botanischen Hobby nachgehen zu können, als ihn der Tod ereilte. Bernd Haisch kam am 28.
August 1941 in Blankenloch bei Karlsruhe zur Welt. Hier besuchte er die Volksschule. Danach begann seine Ausbildung
in der Vermessungsverwaltung. Schließlich folgte ein Besuch in der Ingenieurschule (Fachhochschule). Im Staatlichen Vermessungsamt war er zuletzt als Oberamtsrat tätig.
In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts, vor allem in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts, verstärkten sich die Spannungen in Theologie, Kirche und Gesellschaft. Überall war Unruhe zu spüren. Kirche und Gesellschaft befanden sich in einem fast fiebrig zu nennenden Zustand. Wie die geistlich-theologische und kirchenpolitische Großwetterlage beschaffen war, fand in den Diözesansynoden, heute würden wir sagen: in den Bezirkssynoden des Jahres 1846 ihren Niederschlag. Auf fast allen Synoden wurde das Verlangen nach Veränderung und Ausbau der Kirchenverfassung laut. Das Motto lautete: Mehr Beteiligung der Gemeinde, der Diözesansynoden und der Generalsynode in Leitung und Gestaltung der Kirche! Vor allem die Diözesen in den ehemals kurpfälzisch-reformierten Landesteilen taten sich mit deutlichen Forderungen hervor.
Ein weiteres wichtiges Thema war die Zuordnung von Schrift und Bekenntnis. Zwölf der siebenundzwanzig Synoden beschäftigten sich damit, und die, die sich damit befassten, lehnten allesamt eine stärkere Verpflichtung auf die Bekenntnisse mehr oder weniger entschieden ab. Dem Evangelischen Oberkirchenrat wurde dabei vorgeworfen, dass er in den Verlautbarungen und Erlassen der letzten Zeit die Bekenntnisbindung zu sehr betont habe.
Carl Ullmann (1796–1865)
(2016)
Carl Ullmann wurde im Jahre 1796 im damals noch kurpfälzischen Epfenbach geboren, wenige Jahre bevor durch Napoleon die territorialen Karten neu gemischt wurden und Dorf und Landschaft an Baden kam. In Epfenbach, einem Dorf im Übergang vom „kleinen“ Odenwald zum Kraichgau, war der Vater reformierter Pfarrer. Hier verbrachte das einzige Kind der Eltern, ein Töchterlein verstarb früh, seine Kindheitsjahre, bevor es dann nach Mosbach auf die Lateinschule und von dort für viele Jahre nach Heidelberg ging. In Heidelberg, wo der junge Carl Ullmann das Gymnasium besuchte, wohnte er als Gast und Pflegekind bei Johann Konrad Maurer, dem Kirchheimer Pfarrer, der bis zur Vollendung des Pfarrhausbaus in Kirchheim bei Heidelberg wohnte. Der junge Gymnasiast lebte jetzt in einer Stadt, die nach Jahren der Bedeutungslosigkeit unter badischer Ägide zu neuem Leben erwacht war. Ullmann war ein eifriger und sehr guter Schüler, nahm sich aber doch außerhalb des Schullebens immer wieder genügend Zeit, seiner Leidenschaft nachzugehen, dem Malen und Zeichnen. Inspirieren ließ er sich von der Ruine des Schlosses, von der Stadt, vom Neckartal und der Landschaft des „kleinen“ und „großen“ Odenwalds. Als die aus Köln stammenden Brüder Boisserée mit ihrer Sammlung spätmittelalterlicher Kunst vom Niederrhein 1810 nach Heidelberg kamen und sich im ehemaligen Anwesen der Grafen von Sickingen und Leiningen an der Nordseite des Karlsplatzes niederließen, war Ullmann auch dort häufiger Gast.
„Erziehung als Politikum“
(2008)
Einen Vorwurf könnte Franz Sales Wocheler,
zu dessen Gedenken dieser Vortrag anlässlich
des 175-jährigen Jubiläums der Leopold-
Sophien-Bibliothek in diesem Jahr stattfindet,
einen Vorwurf könnte er heute nicht mehr aufrecht
halten: Er könnte vermutlich nicht mehr
von den „blinden groben Überlingern“ reden,
die den Wert seiner Büchersammlung weder
kennen noch ihn kennen lernen wollten. Dies
nämlich schrieb Wocheler 1833 an seinen
Freund Ignaz Heinrich von Wessenberg in
Konstanz, als er sich bei ihm für ein Buchgeschenk
bedankte. Nein, so scheint es nicht
mehr zu sein: die Überlinger, zumindest die
hier versammelten, wissen heute wohl zu
schätzen, dass ihre Leopold-Sophien-Bibliothek
von großem kulturhistorischem Wert ist,
zu dem Wocheler mit der Schenkung seines
Buchbestandes den Grundstein gelegt hat. Mit
dem 175jährigen Jubiläum dieser wertvollen
Büchersammlung, das den Anlass für diese
Vortragsreihe gibt, soll deren Geschichte einerseits
ebenso wie die Erinnerung an ihren
größten Gönner andererseits im Gedächtnis
der Nachwelt lebendig erhalten werden.
Erziehung als Politikum
(2009)
Einen Vorwurf könnte Franz Sales Wocheler heute nicht mehr aufrecht halten: Er
könnte nicht mehr von den »blinden groben Überlingern« reden, die den Wert seiner Büchersammlung weder kennen noch ihn kennen lernen wollten. Dies nämlich schrieb
Wocheler 1833 an seinen Freund Ignaz Heinrich von Wessenberg in Konstanz, als er sich
bei ihm für ein Buchgeschenk bedankte. Nein, so scheint es heute nicht mehr zu sein:
die Überlinger wissen heute wohl zu schätzen, dass ihre Leopold-Sophien-Bibliothek
von großem kulturhistorischem Wert ist, zu dem Wocheler mit der Schenkung seines
Buchbestandes den Grundstein gelegt hat. Mit dem 175jährigen Jubiläum dieser wertvollen Büchersammlung soll deren Geschichte einerseits ebenso wie die Erinnerung
an ihren größten Gönner andererseits im Gedächtnis der Nachwelt lebendig erhalten
werden. Dies in seiner Bedeutung vor dem Hintergrund der allgemeinen politischen und
geistesgeschichtlichen Entwicklungen dieser Zeit zu würdigen, soll im Folgenden versucht werden.
Beim Baustellenaushub für den neuen Kindergarten neben der katholischen Stadtkirche in Wolfach wurden am Sonntag, den 14. August 1994, die ersten römischen Scherben gefunden. In der Folgezeit danach und bei gezielten Suchgrabungen kamen mehr als 70 Gefäßscherben römischer Herkunft im Bereich des Baugebietes zu Tage, die von Herrn Oberkonservator Prof. Dr. Fingerlin, Leiter der damaligen Außenstelle „Archäologische Denkmalpflege" in Freiburg, als einwandfrei römisch bestimmt wurden. Im Gebiet um die katholische Kirche und eventuell im Bereich der Vorstadt von Wolfach kann man deshalb eine römische oder römisch-keltische Siedlung vermuten, deren Fundamentreste beim Bau des Kindergartens nicht gefunden wurden. Auf der Suche nach solchen Gebäuden, bei denen nur noch die Grundmauern zu erwarten sind, wurden Sondierungsmaßnahmen mit Probegrabungen auf unbebauten Grundstücken vorgenommen, jedoch ohne Erfolg.
Es lag daher nahe, nach Abriss von Gebäuden im Rahmen der Vorstadtsanierung Suchgrabungen vorzunehmen, um ältere Besiedlungen feststellen zu können.
Die viele Jahre andauernde Erforschung der römischen Militärstraße von Straßburg nach Rottweil brachte es mit sich, dass der römische Meilenstein von Offenburg immer wieder einer eingehenden Betrachtung unterzogen wurde. Dieser ist das einzige schriftliche Dokument, das den Bau dieser Straße belegt. Das stark beschädigte Fragment des Meilensteines wurde 1605 in der Kinzig bei Offenburg gefunden (Abb. 1). Es ist mittig der Länge nach leicht schräg gespalten. Der Abbruch geht mitten durch die lateinischen Schriftzeichen, sodass beidseitig nur wenige Buchstaben sichtbar sind.
Der 12. Oktober 1944 war ein sonniger Herbsttag und gleichzeitig der Tag,
an dem sich viele Leute aus unserem
Ort schweren Herzens entschlossen,
unser geliebtes Tscheb zu verlassen.
Überall herrschte Ratlosigkeit wegen
des Vormarsches der russischen Armee. Wir Mädchen (Anna 13 Jahre,
Veronika 10 Jahre) waren zwar auch
von der großen Unruhe erfasst worden,
konnten jedoch die Sorgen und die
Trauer unserer Mutter Anna Stefan und
unserer Großeltern Theresia und Johann Zindl nicht nachvollziehen. Die Situation überstieg unser kindliches Vorstellungsvermögen, sodass wir das
ganze Ausmaß der von den Erwachsenen zu treffenden Entscheidungen gar
nicht erfassen konnten.
Im nachfolgenden Aufsatz leite ich die Entwicklung der Dialekte allgemein und der im Neckar-
Odenwald-Kreis gesprochenen von der Entwicklung der deutschen Sprache ab.
Ich beginne mit der These, dass die Dialekte aussterben. Ich weiß mich mit dieser Feststellung
zum Teil im Widerspruch zahlreicher Experten. Dennoch gibt es untrügliche Anzeichen
für die Richtigkeit der These. Unsere Dialekte erleiden das gleiche Schicksal wie viele Sprachen
dieser Erde, auch in Deutschland. Die UNESCO hat das in umfangreichen Arbeiten dokumentiert.
(siehe weiter unten)
Dessen ungeachtet werden Dialekte noch immer gesprochen. Die Mehrheit der Deutschen
benutzt – mehr oder weniger bewusst – den angestammten, überlieferten Dialekt als Muttersprache.
»Mehrheit« heißt, dass die Deutschen statistisch mehrheitlich über 40 Jahre alt sind,
und die sprechen in der Regel ihren Dialekt. Dieser wandelt sich allerdings, was dargestellt wird.
Blumen statt Bomben?
(2006)
Auszüge aus dem zeitgenössischen Gedicht „Le dernier cri " von Erich Kästner schildern
eindrucksvoll die Situation der Frauen im Krieg und in der Nachkriegszeit.
In der Forschung war das Thema dagegen lange vernachlässigt worden und rückte erst seit
den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts verstärkt in das Blickfeld der Geschichtswissenschaft.
Die Nachkriegsgeschichte von Frauen wird als „Geschichte der Enttäuschungen und Demütigungen" gesehen, es ist die Rede von der „Restaurierung der Geschlechterverhältnisse" in
den 50er-Jahren oder einem „gigantischen Rollback in Sachen Frauenbild". In jüngster Zeit
beurteilt man die Stellung der Frau in der Nachkriegszeit allerdings auch positiver und wertet diese Jahre als wichtige Etappe der Frauenemanzipation. Im Folgenden soll am Beispiel Freiburgs geprüft werden, welche Sichtweise der historischen Realität eher entspricht. Wie erlebten die Freiburgerinnen das Ende des Krieges? Bedeutete die „Stunde Null" Zusammenbruch
oder Befreiung für die Frauen? Ein besonderes Augenmerk der Untersuchung wird dabei auf
den Muttertag gelegt, der einen guten Indikator für das geltende Frauenbild darstellt.
Diese Zeilen des Liedes „Rock and Roll“ vom Album „Led Zeppelin IV“ der Band „Led Zeppelin“ aus dem Jahr 1971 stehen nicht nur für den Rückblick auf eine vergangene Zeit mit musikalischen Eigenheiten. Zwei Jahre nach Veröffentlichung dieses Albums erschien im Jahr 1973 das Nachfolgealbum „Houses of the Holy“. Zwei Tage vor dessen offizieller Veröffentlichung spielte die Gruppe um Sänger Robert Plant am 24. März 1973 in der Ortenauhalle Offenburg. Erster Song der Setlist auf dieser Tour war „Rock and Roll“ und so begrüßte die Band auch das Offenburger Publikum mit den Worten, die historisierend für die Sehnsucht einer ganzen Generation standen.
Militärstandort Siegelsbach
(2003)
Das Jahr 1939 ist mit dem Beginn des 2. Weltkrieges nicht nur von weltgeschichtlicher Bedeutung, auch für Siegelsbach markiert es den Beginn einer Entwicklung, die bis heute den Ort entscheidend mitgeprägt hat. Gemeint ist der Baubeginn der Anlagen im sogenannten Munawald zwischen Siegelsbach, Obergimpern und Wagenbach, der wohl größten militärischen Einrichtung im gesamten Kraichgau, zuerst Heeres-Munitions-Anstalt (HMA) und Zwischenlager für die sogenannten
V2-Raketen, dann kurzzeitig Standort einiger Industriebetriebe, anschließend Bundeswehr-Gerätedepot und US-Munitionsdepot mit Tresor-Bunkern zur Lagerung von Atomsprengköpfen für Pershingraketen und heute schließlich Verwahrlager der Bundeswehr für gebrauchtes Gerät. Aber wie lange wohl noch? Niemand kann diese Frage zur Zeit verbindlich beantworten, da das schon mehrmals verkündete Ende der militärischen Nutzung des Geländes immer wieder hinausgeschoben worden ist.
Es ist erstaunlich, wie viele Ortschaften heute ein eigenes örtliches Museum besitzen. Dabei fällt auf, dass in politisch selbständigen Gemeinden deutlich häufiger ein Museum vorhanden ist (z.B. Dossenheim, Oftersheim, Neckarhausen) als in eingemeindeten Orten, die zu Stadtteilen geworden sind, obwohl auch diese die weitaus längste Zeit ihres Bestehens politisch eigenständig waren. So hatten in Heidelberg lange Zeit nur das 1927 eingemeindete Rohrbach (seit 1971, am jetzigen Standort seit 1996) und das 1920 eingemeindete Kirchheim (seit 1982) örtliche Museen (jeweils „Heimatmuseum“ genannt), seit 2000 auch Neuenheim (eingemeindet 1891) seine „Geschichtsräume“. Das 1903 eingemeindete und immer noch sehr selbstbewusste Handschuhsheim, das seine Eigenart im örtlichen Brauchtum und sogar in einem regelmäßigen Jahrbuch zum Ausdruck bringt, besitzt zwar das umfangreiche „Tiefburgarchiv“, aber kein Ortsmuseum. Das bis 1975 selbständige Ziegelhausen hat zwar ein „Heimatmuseum“, doch die Überlegungen zu einem ortstypischen „Wäschereimuseum“ haben bisher noch nicht zum Erfolg geführt. Und im 1920 eingemeindeten Wieblingen war bis vor fünf Jahren von einem Museum nicht einmal die Rede.
1250 Jahre Wieblingen
(2018)
In die lange Reihe der Ortsjubiläen in unserer Region, in denen jeweils die erste schriftliche Erwähnung des Ortes im Lorscher Urkundenbuch gefeiert wird, konnte sich im Jahr 2017 auch der Heidelberger Stadtteil Wieblingen einreihen. Denn am 27. Februar 2017 jährte es sich zum 1250. Male, dass im damaligen Kloster Lorsch eine Frau namens Rutlindis ihr Handzeichen unter eine Urkunde setzte, mit der sie ihren Besitz in „Wibilinga“, dem heutigen Wieblingen, dem Kloster vermachte. Wieblingen ist also im Jahre 767 nicht etwa gegründet worden, sondern wurde nur erstmals urkundlich erwähnt. Der Ort selbst ist etwa 200 Jahre älter.
Bretten schaut in die Welt
(2005)
Filme sterben schneller. Aus der Blütezeit des Stummfilms sind selbst Schlüsselwerke wie Fritz Langs „Metropolis" nur fragmentarisch erhalten. Von den Filmen vor dem ersten Weltkrieg kennt man oft nur noch die Titel. So wurde diese Epoche des „Frühen Films“ lange unterschätzt und kaum wahrgenommen. Doch gerade in den ersten beiden Jahrzehnten des 20.
Jahrhunderts hat sich der Kinofilm zu einer neuen Kunstform und zu einer machtvollen Industrie entwickelt. Eine Legende der Geschichtsschreibung verlegt den Ort dieser Entwicklung in die Großstädte. Zweifellos fanden dort die ersten Filmvorstellungen statt, gab es dort das meiste Publikum, und es kann nicht überraschen, daß in den Städten um 1905 die ersten Kinozweckbauten entstanden. So ist auch die städtische Entwicklung des neuen Mediums besser dokumentiert; das frühe Kino auf dem Land hingegen ist sogar vor Ort oft vergessen.
Im Jahr 2012 feierte die Herrschaft Baden ihr 900-jähriges Jubiläum. Dieses Ereignis nahm der Historische Verein Zell a. H.
zum Anlass, in einer Ausstellung an den Übergang von einer Reichsstadt im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation zu
einer badischen Landstadt zu erinnern. Gezeigt wurde sie vom 7.9. bis 4.11.2012 im Foyer des Storchenturm-Museums. Akten
im Stadtarchiv (StA) lieferten zahlreiche Informationen, auf die im Folgenden Bezug genommen wird. Im Ratssaal des Zeller
Rathauses grüßt das Portrait von Großherzog Karl Friedrich, in dessen Amtszeit sich der Wandel vollzog.
Im Ettenheimer Ortsteil Altdorf, Schmieheimer Straße Nr. 7, findet sich ein Gebäude, das auf seinem Türsturz die Zahl 1806 trägt. Einheimische, die an der Ortsgeschichte interessiert sind, wissen, dass dieses Haus eine geraume Zeit die Israelitische Schule beherbergt hat. Das 200-jährige Jubiläum des ortsbildprägenden Hauses soll hier zum Anlass genommen werden, der Geschichte der Israelitischen Schule nachzugehen. Neben der Berücksichtigung ortsbedingter Besonderheiten soll auf jene gesetzlichen Regelungen hingewiesen werden, die auch die Verhältnisse an anderen Israelitischen Schulen im Großherzogtum Baden prägten. Zu Grund gelegt werden Archivalien, die sich bis 1996 im Generallandesarchiv Karlsruhe und seither im Staatsarchiv Freiburg befinden. Altdorf gehörte in der Zeit des Großherzogtums Baden zum Bezirksamt Ettenheim. Entsprechend finden sich in den Unterlagen dieser Behörde einschlägige Dokumente zum gewählten Thema. In der Zeit der Weimarer Republik kam Altdorf zum Landratsamt Lahr. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Staatsarchivs Freiburg sei an dieser Stelle für die Unterstützung dieser Arbeit freundlich gedankt.
,,Meine Herren, vielleicht der älteste Parlamentarier in diesem Haus, habe ich nicht geglaubt, am neigenden Abend meines öffentlichen Lebens noch bei einem solchen Gesetz auftreten und dagegen meine Überzeugung aussprechen zu müssen." Als Franz Josef Buß (B.) sich mit diesen einleitenden Worten an die Abgeordneten des Reichstags in Berlin wandte, war er 71 Jahre alt. Der Wahlkreis Tauberbischofsheim hatte ihn mittels direkter, gleicher, allgemeiner und geheimer Wahl in die neue Reichshauptstadt entsandt. Mit 13.603 gegen 8.114 ließ der betagte B. als Kandidat der jungen Zentrumspartei seinen liberalen Gegenspieler hinter sich.
Dem Zeller Stadt-Archiv wurde vor einiger Zeit von privater Seite eine Akte mit dem Schriftverkehr über eine Vormundschaft in Zell-Oberentersbach übergeben. Vormundschaften gibt es bis heute und wird es auch künftig geben. Immer wieder sind Personen auf diese Unterstützung angewiesen. Der Begriff „Vormund“ wurde allerdings in jüngster Zeit durch den Begriff
„Gesetzlicher Betreuer“ ersetzt, und statt von einem „Mündel“ spricht man heute von einem „Betreuten“.
Ob die Deutschen wirklich mit Hurra in den Ersten Weltkrieg
gezogen sind, ist umstritten. Für die Behauptung spricht eine
hohe Zahl von Kriegsfreiwilligen. In den ersten Tagen der Mobilmachung im August 1914 haben sich 1 Million junger Männer freiwillig zu den Waffen gemeldet, wie z. B. der aus Nonnenweier stammende Ludwig Frank. Der in Mannheim tätige
Rechtsanwalt gehörte zu den führenden Köpfen der Sozialdemokratie. Deren Anhänger wurden gelegentlich als Vaterlandsverräter beschimpft, weil sie die geplanten Rüstungsausgaben
nicht bewilligen wollten. In der „Stunde der Not“ wollten sie
nun mit ihrer Meldung zum Militär das Gegenteil beweisen.
Zecken sind die wichtigsten Überträger human- und
veterinärmedizinisch relevanter Krankheitserreger in
Europa. Es gibt seit einiger Zeit Indizien dafür, dass
die Verbreitung und die Populationsdichte einiger medizinisch
und ökonomisch wichtiger Zeckenspezies in
Mitteleuropa zunehmen. Die Gründe dieses Wandels
werden kontrovers diskutiert. Sie beruhen offenbar auf
Faktoren wie dem Klimawandel und der geänderten
Landschaftsnutzung sowie auf menschlichen Verhaltensänderungen.
Von Studien aus Nordamerika ist
jedoch bekannt, dass die Populationen der Wirbeltier-
Wirte** eine große Rolle in der Dynamik der Zecken
und der zeckenübertragenen Krankheiten spielen, d.h.,
dass das Pathogen-Zecke-Wirt-System als Einheit
betrachtet werden muss. Auch in Europa scheint es
dementsprechend nicht möglich zu sein, ohne Informationen,
insbesondere über Nagetiere, Veränderungen
in der Häufigkeit und der Ausbreitung von Zecken und
zeckenübertragenen Krankheiten des Menschen darzustellen.
Gleiches gilt für die Entwicklung und die Einführung
effektiver Präventions- und Kontrollstrategien.
Obwohl in den letzen Jahrzehnten sehr viel über Zecken
in Europa publiziert wurde, gibt es bislang keine
gut konzipierte Langzeitstudie, in der die Beziehung
zwischen der Populationsdynamik der Wirbeltier-Wirte
von Zecken, den Zecken selbst und den von ihnen
übertragenen Pathogenen zufriedenstellend dokumentiert
wird. In diesem Beitrag wird aufgezeigt, welche
grundlegenden Informationen zum Verständnis der
Ökologie der in Mitteleuropa vorkommenden Zecken,
ihrer Wirte und der von ihnen übertragenen Pathogene
fehlen.