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Carl Ullmann (1796–1865)
(2016)
Carl Ullmann wurde im Jahre 1796 im damals noch kurpfälzischen Epfenbach geboren, wenige Jahre bevor durch Napoleon die territorialen Karten neu gemischt wurden und Dorf und Landschaft an Baden kam. In Epfenbach, einem Dorf im Übergang vom „kleinen“ Odenwald zum Kraichgau, war der Vater reformierter Pfarrer. Hier verbrachte das einzige Kind der Eltern, ein Töchterlein verstarb früh, seine Kindheitsjahre, bevor es dann nach Mosbach auf die Lateinschule und von dort für viele Jahre nach Heidelberg ging. In Heidelberg, wo der junge Carl Ullmann das Gymnasium besuchte, wohnte er als Gast und Pflegekind bei Johann Konrad Maurer, dem Kirchheimer Pfarrer, der bis zur Vollendung des Pfarrhausbaus in Kirchheim bei Heidelberg wohnte. Der junge Gymnasiast lebte jetzt in einer Stadt, die nach Jahren der Bedeutungslosigkeit unter badischer Ägide zu neuem Leben erwacht war. Ullmann war ein eifriger und sehr guter Schüler, nahm sich aber doch außerhalb des Schullebens immer wieder genügend Zeit, seiner Leidenschaft nachzugehen, dem Malen und Zeichnen. Inspirieren ließ er sich von der Ruine des Schlosses, von der Stadt, vom Neckartal und der Landschaft des „kleinen“ und „großen“ Odenwalds. Als die aus Köln stammenden Brüder Boisserée mit ihrer Sammlung spätmittelalterlicher Kunst vom Niederrhein 1810 nach Heidelberg kamen und sich im ehemaligen Anwesen der Grafen von Sickingen und Leiningen an der Nordseite des Karlsplatzes niederließen, war Ullmann auch dort häufiger Gast.
„Erziehung als Politikum“
(2008)
Einen Vorwurf könnte Franz Sales Wocheler,
zu dessen Gedenken dieser Vortrag anlässlich
des 175-jährigen Jubiläums der Leopold-
Sophien-Bibliothek in diesem Jahr stattfindet,
einen Vorwurf könnte er heute nicht mehr aufrecht
halten: Er könnte vermutlich nicht mehr
von den „blinden groben Überlingern“ reden,
die den Wert seiner Büchersammlung weder
kennen noch ihn kennen lernen wollten. Dies
nämlich schrieb Wocheler 1833 an seinen
Freund Ignaz Heinrich von Wessenberg in
Konstanz, als er sich bei ihm für ein Buchgeschenk
bedankte. Nein, so scheint es nicht
mehr zu sein: die Überlinger, zumindest die
hier versammelten, wissen heute wohl zu
schätzen, dass ihre Leopold-Sophien-Bibliothek
von großem kulturhistorischem Wert ist,
zu dem Wocheler mit der Schenkung seines
Buchbestandes den Grundstein gelegt hat. Mit
dem 175jährigen Jubiläum dieser wertvollen
Büchersammlung, das den Anlass für diese
Vortragsreihe gibt, soll deren Geschichte einerseits
ebenso wie die Erinnerung an ihren
größten Gönner andererseits im Gedächtnis
der Nachwelt lebendig erhalten werden.
Erziehung als Politikum
(2009)
Einen Vorwurf könnte Franz Sales Wocheler heute nicht mehr aufrecht halten: Er
könnte nicht mehr von den »blinden groben Überlingern« reden, die den Wert seiner Büchersammlung weder kennen noch ihn kennen lernen wollten. Dies nämlich schrieb
Wocheler 1833 an seinen Freund Ignaz Heinrich von Wessenberg in Konstanz, als er sich
bei ihm für ein Buchgeschenk bedankte. Nein, so scheint es heute nicht mehr zu sein:
die Überlinger wissen heute wohl zu schätzen, dass ihre Leopold-Sophien-Bibliothek
von großem kulturhistorischem Wert ist, zu dem Wocheler mit der Schenkung seines
Buchbestandes den Grundstein gelegt hat. Mit dem 175jährigen Jubiläum dieser wertvollen Büchersammlung soll deren Geschichte einerseits ebenso wie die Erinnerung
an ihren größten Gönner andererseits im Gedächtnis der Nachwelt lebendig erhalten
werden. Dies in seiner Bedeutung vor dem Hintergrund der allgemeinen politischen und
geistesgeschichtlichen Entwicklungen dieser Zeit zu würdigen, soll im Folgenden versucht werden.
Beim Baustellenaushub für den neuen Kindergarten neben der katholischen Stadtkirche in Wolfach wurden am Sonntag, den 14. August 1994, die ersten römischen Scherben gefunden. In der Folgezeit danach und bei gezielten Suchgrabungen kamen mehr als 70 Gefäßscherben römischer Herkunft im Bereich des Baugebietes zu Tage, die von Herrn Oberkonservator Prof. Dr. Fingerlin, Leiter der damaligen Außenstelle „Archäologische Denkmalpflege" in Freiburg, als einwandfrei römisch bestimmt wurden. Im Gebiet um die katholische Kirche und eventuell im Bereich der Vorstadt von Wolfach kann man deshalb eine römische oder römisch-keltische Siedlung vermuten, deren Fundamentreste beim Bau des Kindergartens nicht gefunden wurden. Auf der Suche nach solchen Gebäuden, bei denen nur noch die Grundmauern zu erwarten sind, wurden Sondierungsmaßnahmen mit Probegrabungen auf unbebauten Grundstücken vorgenommen, jedoch ohne Erfolg.
Es lag daher nahe, nach Abriss von Gebäuden im Rahmen der Vorstadtsanierung Suchgrabungen vorzunehmen, um ältere Besiedlungen feststellen zu können.
Die viele Jahre andauernde Erforschung der römischen Militärstraße von Straßburg nach Rottweil brachte es mit sich, dass der römische Meilenstein von Offenburg immer wieder einer eingehenden Betrachtung unterzogen wurde. Dieser ist das einzige schriftliche Dokument, das den Bau dieser Straße belegt. Das stark beschädigte Fragment des Meilensteines wurde 1605 in der Kinzig bei Offenburg gefunden (Abb. 1). Es ist mittig der Länge nach leicht schräg gespalten. Der Abbruch geht mitten durch die lateinischen Schriftzeichen, sodass beidseitig nur wenige Buchstaben sichtbar sind.
Der 12. Oktober 1944 war ein sonniger Herbsttag und gleichzeitig der Tag,
an dem sich viele Leute aus unserem
Ort schweren Herzens entschlossen,
unser geliebtes Tscheb zu verlassen.
Überall herrschte Ratlosigkeit wegen
des Vormarsches der russischen Armee. Wir Mädchen (Anna 13 Jahre,
Veronika 10 Jahre) waren zwar auch
von der großen Unruhe erfasst worden,
konnten jedoch die Sorgen und die
Trauer unserer Mutter Anna Stefan und
unserer Großeltern Theresia und Johann Zindl nicht nachvollziehen. Die Situation überstieg unser kindliches Vorstellungsvermögen, sodass wir das
ganze Ausmaß der von den Erwachsenen zu treffenden Entscheidungen gar
nicht erfassen konnten.
Im nachfolgenden Aufsatz leite ich die Entwicklung der Dialekte allgemein und der im Neckar-
Odenwald-Kreis gesprochenen von der Entwicklung der deutschen Sprache ab.
Ich beginne mit der These, dass die Dialekte aussterben. Ich weiß mich mit dieser Feststellung
zum Teil im Widerspruch zahlreicher Experten. Dennoch gibt es untrügliche Anzeichen
für die Richtigkeit der These. Unsere Dialekte erleiden das gleiche Schicksal wie viele Sprachen
dieser Erde, auch in Deutschland. Die UNESCO hat das in umfangreichen Arbeiten dokumentiert.
(siehe weiter unten)
Dessen ungeachtet werden Dialekte noch immer gesprochen. Die Mehrheit der Deutschen
benutzt – mehr oder weniger bewusst – den angestammten, überlieferten Dialekt als Muttersprache.
»Mehrheit« heißt, dass die Deutschen statistisch mehrheitlich über 40 Jahre alt sind,
und die sprechen in der Regel ihren Dialekt. Dieser wandelt sich allerdings, was dargestellt wird.
Blumen statt Bomben?
(2006)
Auszüge aus dem zeitgenössischen Gedicht „Le dernier cri " von Erich Kästner schildern
eindrucksvoll die Situation der Frauen im Krieg und in der Nachkriegszeit.
In der Forschung war das Thema dagegen lange vernachlässigt worden und rückte erst seit
den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts verstärkt in das Blickfeld der Geschichtswissenschaft.
Die Nachkriegsgeschichte von Frauen wird als „Geschichte der Enttäuschungen und Demütigungen" gesehen, es ist die Rede von der „Restaurierung der Geschlechterverhältnisse" in
den 50er-Jahren oder einem „gigantischen Rollback in Sachen Frauenbild". In jüngster Zeit
beurteilt man die Stellung der Frau in der Nachkriegszeit allerdings auch positiver und wertet diese Jahre als wichtige Etappe der Frauenemanzipation. Im Folgenden soll am Beispiel Freiburgs geprüft werden, welche Sichtweise der historischen Realität eher entspricht. Wie erlebten die Freiburgerinnen das Ende des Krieges? Bedeutete die „Stunde Null" Zusammenbruch
oder Befreiung für die Frauen? Ein besonderes Augenmerk der Untersuchung wird dabei auf
den Muttertag gelegt, der einen guten Indikator für das geltende Frauenbild darstellt.
Diese Zeilen des Liedes „Rock and Roll“ vom Album „Led Zeppelin IV“ der Band „Led Zeppelin“ aus dem Jahr 1971 stehen nicht nur für den Rückblick auf eine vergangene Zeit mit musikalischen Eigenheiten. Zwei Jahre nach Veröffentlichung dieses Albums erschien im Jahr 1973 das Nachfolgealbum „Houses of the Holy“. Zwei Tage vor dessen offizieller Veröffentlichung spielte die Gruppe um Sänger Robert Plant am 24. März 1973 in der Ortenauhalle Offenburg. Erster Song der Setlist auf dieser Tour war „Rock and Roll“ und so begrüßte die Band auch das Offenburger Publikum mit den Worten, die historisierend für die Sehnsucht einer ganzen Generation standen.
Militärstandort Siegelsbach
(2003)
Das Jahr 1939 ist mit dem Beginn des 2. Weltkrieges nicht nur von weltgeschichtlicher Bedeutung, auch für Siegelsbach markiert es den Beginn einer Entwicklung, die bis heute den Ort entscheidend mitgeprägt hat. Gemeint ist der Baubeginn der Anlagen im sogenannten Munawald zwischen Siegelsbach, Obergimpern und Wagenbach, der wohl größten militärischen Einrichtung im gesamten Kraichgau, zuerst Heeres-Munitions-Anstalt (HMA) und Zwischenlager für die sogenannten
V2-Raketen, dann kurzzeitig Standort einiger Industriebetriebe, anschließend Bundeswehr-Gerätedepot und US-Munitionsdepot mit Tresor-Bunkern zur Lagerung von Atomsprengköpfen für Pershingraketen und heute schließlich Verwahrlager der Bundeswehr für gebrauchtes Gerät. Aber wie lange wohl noch? Niemand kann diese Frage zur Zeit verbindlich beantworten, da das schon mehrmals verkündete Ende der militärischen Nutzung des Geländes immer wieder hinausgeschoben worden ist.
Es ist erstaunlich, wie viele Ortschaften heute ein eigenes örtliches Museum besitzen. Dabei fällt auf, dass in politisch selbständigen Gemeinden deutlich häufiger ein Museum vorhanden ist (z.B. Dossenheim, Oftersheim, Neckarhausen) als in eingemeindeten Orten, die zu Stadtteilen geworden sind, obwohl auch diese die weitaus längste Zeit ihres Bestehens politisch eigenständig waren. So hatten in Heidelberg lange Zeit nur das 1927 eingemeindete Rohrbach (seit 1971, am jetzigen Standort seit 1996) und das 1920 eingemeindete Kirchheim (seit 1982) örtliche Museen (jeweils „Heimatmuseum“ genannt), seit 2000 auch Neuenheim (eingemeindet 1891) seine „Geschichtsräume“. Das 1903 eingemeindete und immer noch sehr selbstbewusste Handschuhsheim, das seine Eigenart im örtlichen Brauchtum und sogar in einem regelmäßigen Jahrbuch zum Ausdruck bringt, besitzt zwar das umfangreiche „Tiefburgarchiv“, aber kein Ortsmuseum. Das bis 1975 selbständige Ziegelhausen hat zwar ein „Heimatmuseum“, doch die Überlegungen zu einem ortstypischen „Wäschereimuseum“ haben bisher noch nicht zum Erfolg geführt. Und im 1920 eingemeindeten Wieblingen war bis vor fünf Jahren von einem Museum nicht einmal die Rede.
1250 Jahre Wieblingen
(2018)
In die lange Reihe der Ortsjubiläen in unserer Region, in denen jeweils die erste schriftliche Erwähnung des Ortes im Lorscher Urkundenbuch gefeiert wird, konnte sich im Jahr 2017 auch der Heidelberger Stadtteil Wieblingen einreihen. Denn am 27. Februar 2017 jährte es sich zum 1250. Male, dass im damaligen Kloster Lorsch eine Frau namens Rutlindis ihr Handzeichen unter eine Urkunde setzte, mit der sie ihren Besitz in „Wibilinga“, dem heutigen Wieblingen, dem Kloster vermachte. Wieblingen ist also im Jahre 767 nicht etwa gegründet worden, sondern wurde nur erstmals urkundlich erwähnt. Der Ort selbst ist etwa 200 Jahre älter.
Bretten schaut in die Welt
(2005)
Filme sterben schneller. Aus der Blütezeit des Stummfilms sind selbst Schlüsselwerke wie Fritz Langs „Metropolis" nur fragmentarisch erhalten. Von den Filmen vor dem ersten Weltkrieg kennt man oft nur noch die Titel. So wurde diese Epoche des „Frühen Films“ lange unterschätzt und kaum wahrgenommen. Doch gerade in den ersten beiden Jahrzehnten des 20.
Jahrhunderts hat sich der Kinofilm zu einer neuen Kunstform und zu einer machtvollen Industrie entwickelt. Eine Legende der Geschichtsschreibung verlegt den Ort dieser Entwicklung in die Großstädte. Zweifellos fanden dort die ersten Filmvorstellungen statt, gab es dort das meiste Publikum, und es kann nicht überraschen, daß in den Städten um 1905 die ersten Kinozweckbauten entstanden. So ist auch die städtische Entwicklung des neuen Mediums besser dokumentiert; das frühe Kino auf dem Land hingegen ist sogar vor Ort oft vergessen.
Im Jahr 2012 feierte die Herrschaft Baden ihr 900-jähriges Jubiläum. Dieses Ereignis nahm der Historische Verein Zell a. H.
zum Anlass, in einer Ausstellung an den Übergang von einer Reichsstadt im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation zu
einer badischen Landstadt zu erinnern. Gezeigt wurde sie vom 7.9. bis 4.11.2012 im Foyer des Storchenturm-Museums. Akten
im Stadtarchiv (StA) lieferten zahlreiche Informationen, auf die im Folgenden Bezug genommen wird. Im Ratssaal des Zeller
Rathauses grüßt das Portrait von Großherzog Karl Friedrich, in dessen Amtszeit sich der Wandel vollzog.
Im Ettenheimer Ortsteil Altdorf, Schmieheimer Straße Nr. 7, findet sich ein Gebäude, das auf seinem Türsturz die Zahl 1806 trägt. Einheimische, die an der Ortsgeschichte interessiert sind, wissen, dass dieses Haus eine geraume Zeit die Israelitische Schule beherbergt hat. Das 200-jährige Jubiläum des ortsbildprägenden Hauses soll hier zum Anlass genommen werden, der Geschichte der Israelitischen Schule nachzugehen. Neben der Berücksichtigung ortsbedingter Besonderheiten soll auf jene gesetzlichen Regelungen hingewiesen werden, die auch die Verhältnisse an anderen Israelitischen Schulen im Großherzogtum Baden prägten. Zu Grund gelegt werden Archivalien, die sich bis 1996 im Generallandesarchiv Karlsruhe und seither im Staatsarchiv Freiburg befinden. Altdorf gehörte in der Zeit des Großherzogtums Baden zum Bezirksamt Ettenheim. Entsprechend finden sich in den Unterlagen dieser Behörde einschlägige Dokumente zum gewählten Thema. In der Zeit der Weimarer Republik kam Altdorf zum Landratsamt Lahr. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Staatsarchivs Freiburg sei an dieser Stelle für die Unterstützung dieser Arbeit freundlich gedankt.
,,Meine Herren, vielleicht der älteste Parlamentarier in diesem Haus, habe ich nicht geglaubt, am neigenden Abend meines öffentlichen Lebens noch bei einem solchen Gesetz auftreten und dagegen meine Überzeugung aussprechen zu müssen." Als Franz Josef Buß (B.) sich mit diesen einleitenden Worten an die Abgeordneten des Reichstags in Berlin wandte, war er 71 Jahre alt. Der Wahlkreis Tauberbischofsheim hatte ihn mittels direkter, gleicher, allgemeiner und geheimer Wahl in die neue Reichshauptstadt entsandt. Mit 13.603 gegen 8.114 ließ der betagte B. als Kandidat der jungen Zentrumspartei seinen liberalen Gegenspieler hinter sich.
Dem Zeller Stadt-Archiv wurde vor einiger Zeit von privater Seite eine Akte mit dem Schriftverkehr über eine Vormundschaft in Zell-Oberentersbach übergeben. Vormundschaften gibt es bis heute und wird es auch künftig geben. Immer wieder sind Personen auf diese Unterstützung angewiesen. Der Begriff „Vormund“ wurde allerdings in jüngster Zeit durch den Begriff
„Gesetzlicher Betreuer“ ersetzt, und statt von einem „Mündel“ spricht man heute von einem „Betreuten“.
Ob die Deutschen wirklich mit Hurra in den Ersten Weltkrieg
gezogen sind, ist umstritten. Für die Behauptung spricht eine
hohe Zahl von Kriegsfreiwilligen. In den ersten Tagen der Mobilmachung im August 1914 haben sich 1 Million junger Männer freiwillig zu den Waffen gemeldet, wie z. B. der aus Nonnenweier stammende Ludwig Frank. Der in Mannheim tätige
Rechtsanwalt gehörte zu den führenden Köpfen der Sozialdemokratie. Deren Anhänger wurden gelegentlich als Vaterlandsverräter beschimpft, weil sie die geplanten Rüstungsausgaben
nicht bewilligen wollten. In der „Stunde der Not“ wollten sie
nun mit ihrer Meldung zum Militär das Gegenteil beweisen.
Zecken sind die wichtigsten Überträger human- und
veterinärmedizinisch relevanter Krankheitserreger in
Europa. Es gibt seit einiger Zeit Indizien dafür, dass
die Verbreitung und die Populationsdichte einiger medizinisch
und ökonomisch wichtiger Zeckenspezies in
Mitteleuropa zunehmen. Die Gründe dieses Wandels
werden kontrovers diskutiert. Sie beruhen offenbar auf
Faktoren wie dem Klimawandel und der geänderten
Landschaftsnutzung sowie auf menschlichen Verhaltensänderungen.
Von Studien aus Nordamerika ist
jedoch bekannt, dass die Populationen der Wirbeltier-
Wirte** eine große Rolle in der Dynamik der Zecken
und der zeckenübertragenen Krankheiten spielen, d.h.,
dass das Pathogen-Zecke-Wirt-System als Einheit
betrachtet werden muss. Auch in Europa scheint es
dementsprechend nicht möglich zu sein, ohne Informationen,
insbesondere über Nagetiere, Veränderungen
in der Häufigkeit und der Ausbreitung von Zecken und
zeckenübertragenen Krankheiten des Menschen darzustellen.
Gleiches gilt für die Entwicklung und die Einführung
effektiver Präventions- und Kontrollstrategien.
Obwohl in den letzen Jahrzehnten sehr viel über Zecken
in Europa publiziert wurde, gibt es bislang keine
gut konzipierte Langzeitstudie, in der die Beziehung
zwischen der Populationsdynamik der Wirbeltier-Wirte
von Zecken, den Zecken selbst und den von ihnen
übertragenen Pathogenen zufriedenstellend dokumentiert
wird. In diesem Beitrag wird aufgezeigt, welche
grundlegenden Informationen zum Verständnis der
Ökologie der in Mitteleuropa vorkommenden Zecken,
ihrer Wirte und der von ihnen übertragenen Pathogene
fehlen.
Konzentrierte Sachlichkeit
(2013)
Der Künstler Otto Tillkes (1884–1949) ist heute weithin vergessen. Viele seiner
Arbeiten sind – vor allem bedingt durch die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts –
verloren gegangen oder verbrannt. Das verbliebene Oeuvre ist im Privatbesitz und im
Kunsthandel verstreut. Soweit bekannt, hat bisher nur ein Museum [2] eine Sammlung seiner Werke begonnen. Einzelausstellungen seiner Arbeiten gab es bisher ebenso wenig
wie Monografien über ihn. Auch über seine Biographie sind bisher nur – teilweise in
falscher Reihenfolge wiedergegebene – Bruchstücke bekannt. [3]
Doch das Werk dieses Künstlers zeigt Qualitäten, wegen derer sich eine nähere
Beschäftigung lohnt. Der stets gegenständlich malende Otto Tillkes vermochte es, eine
konzentrierte Lebendigkeit in der Wirkung zu erzielen, die sich bei wiederholter Betrachtung noch zu steigern scheint.
Insbesondere in Lindau, wo Tillkes von 1923 bis 1930 lebte und wo er auch noch
bis Mitte der dreißiger Jahre gelegentlich ausstellte, war er ein viel beschäftigter Maler
und Zeichner. Hier schuf er viele seiner Werke, insbesondere Porträts, aber auch Landschaften,
Stillleben, Akte und weitere Arbeiten. Otto Tillkes, der ein Mitglied der 1925 am
Bodensee etablierten Künstlervereinigung »Der Kreis« war, hat später die Lebensspanne
in Lindau als seine produktivste bezeichnet.4 Auch deswegen lohnt es sich, auf Spurensuche
zu gehen und diesen Künstler gerade in seinem Wirkungskreis in Lindau wieder
zu entdecken.
Wirtschaft in Karlsruhe
(2015)
Das Wirtschaftsleben ist ein fester Bestandteil der badischen Kultur. In der heutigen TechnologieRegion Karlsruhe hat es in 300 Jahren das Lebensgefühl mit geprägt und zeigt sich dabei vor allem modern und selbstbewusst. In Zeiten eines tiefgreifenden Wandels durch Internationalisierung und die Digitalisierung der Wirtschaft ist Karlsruhe Motor für innovative technologische Entwicklungen, für Online-Handel und für Industrie 4.0, die sogenannte »Vierte Industrielle Revolution«. Die Region von Waghäusel bis Bühl – unter dem Namen TechnologieRegion Karlsruhe als Marke bekannt – zählt zu den wirtschaftsstärksten Regionen Deutschlands und Europas. Mit im Durchschnitt 95–98 Prozent Beschäftigungsquote herrscht hier de facto Vollbeschäftigung. Ein entscheidender Faktor dafür ist die Branche der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) mit über 4100 Unternehmen und rund 30 000 Beschäftigten.
Das Freiburger Münster bildete einen zentralen Pol in der öffentlich-städtischen Religiosität der
Stadt Freiburg. Religiöse Verbindungen formten vielgestaltige Beziehungsgeflechte in der städtischen
Kultur und umspannten die mittelalterliche Gesellschaft. Auch Universitäten wurden im
Mittelalter als geistliche Institutionen verstanden. Mit den zunehmend urbanen Strukturen profilierte
sich sowohl von städtischer als auch von kirchlicher Seite eine Vielzahl von Gruppierungen
mit eigenen Anspruchshaltungen. Im Brennpunkt des Freiburger Münsters trafen diese
aufeinander und kulminierten, wodurch ihm eine Schlüsselstellung in der kirchlichen Praxis
Freiburgs zukam.
Mobilität ist ein Phänomen, das die Menschen jeder Epoche in unterschiedlicher Weise und Intensität
geprägt hat. Entgegen den Vorstellungen vom starren mittelalterlichen Gesellschaftssystem
und von kleinräumigen, lokal begrenzten Lebenswelten war gerade die Gesellschaft des
Mittelalters durch räumliche und soziale Mobilität in ständiger und fließender Bewegung. Eine
wichtige Gruppe, die diese Migrationsbewegungen mit getragen hat, sind Universitätsbesucher.
Die Funktionsfähigkeit und das Ansehen einer Universität hingen in ihren ersten Bestandsjahren
maßgeblich von der Zahl der Studenten, deren Herkunft und sozialem Gewicht ab, die der
Hochschule ein ganz eigenes Profil verliehen.
Ein aufgebockter Leiterwagen, dessen Räder fehlen. Zwei gebrannte Lehmziegel aus einem Trümmerhaufen. Und ein Paar unscheinbare Lederstiefel, das bei genauer Betrachtung einen Mikrokosmos an Bedeutungen offenbart. Diese drei Museumsdinge, die sich ihrer Herkunft, Machart und
Materialität nach unterscheiden, verbindet manches. Sie befanden sich über Jahrzehnte in Familienbesitz, bevor sie als Schenkungen dem Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm (DZM)
anvertraut wurden. Ihre Vorbesitzer*innen brachten sie aus ihrer alten Heimat im südöstlichen
Europa mit in ihre neue Heimat Deutschland. Sie haben heute kaum einen materiellen Wert, aber
es haften Erinnerungen, Gefühle und teils traumatische Erlebnisse an ihnen, die bei der Übergabe
an das Museum überliefert wurden. Und: Die Objekte und ihre einstigen Eigentümer*innen haben eine (erzwungene) Migration hinter sich.
Anhand dieser drei Objekte möchte ich in diesem Beitrag auf folgende Aspekte eingehen:
Welche Rolle spielen „Heimat“ und „Migration“ für die Ausstellungs- und Sammeltätigkeit des
Donauschwäbischen Zentralmuseums? Welchen Widerhall erzeugt der am DZM etablierte Umgang mit den kontroversen und gefühlsbeladenen Begriffen bei den Museumsbesucher*innen?
Und schließlich: Welche Chancen und Grenzen ergeben sich durch die Thematik des Hauses für
interkulturelle Vermittlungsformate? Zunächst aber ist zu klären, wen wir überhaupt meinen,
wenn wir von „den“ Donauschwaben sprechen.
Das Naturschutzgebiet Unterhölzer Wald (8.35 Länge/ 47.56 Breite), im Besitz der Fürsten von Fürstenberg weist besonders in der nordwestlichen Hälfte seiner ca. 560 ha auf 680-730 m Höhe einen beachtlichen Bestand an alten Eichen und Buchen auf. Es enthielt nach der Avifauna Baden-Württembergs ein seit Jahrzehnten in höheren Lagen etabliertes Brutvorkommen des Mittelspechts auf der Baar, das seit 1985 allerdings als erloschen galt. Der Mittelspecht gehört zur Gattung der schwarz-weiß-roten Buntspechte (Dendrocopos), von der es in Europa fünf Arten gibt; er schlägt aber insofern „aus der Art", als bei ihm auch das Weibchen eine ausgedehnte rote Scheitelfärbung besitzt und an die Stelle des Trommelns der anderen Spechte treten gereihte quäkende Balzrufe. Er ist auch kein Hackspecht wie die anderen, sondern eher ein Stocherspecht, der dazu Bäume mit grober Rinde, eben vorzugsweise alte Eichen brauche. Sein Verbreitungsschwerpunkt liegt in Mitteleuropa und da wiederum in
Baden-Württemberg, ,,sodass diesem Bundesland eine besondere Verantwortung für den Schurz dieser Urwaldart zukommt." (HÖKZINGER/MAHLER 2001, S.436 ).
In dieser Arbeit wird die Verbreitung und Ökologie der
Kleinarten der Eleocharis palustris-Gruppe im westlichen Bodenseegebiet untersucht. Insgesamt wurden
drei verschiedene Arten gefunden, die sich in ihrer
Häufigkeit und Einnischung deutlich unterscheiden.
Eleocharis uniglumis war die am weitesten verbreitete
Art und war am häufigsten in den Rieden am Ufer des
Bodensees. Sie kam vor allem in Steifseggenrieden
(Caricetum elatae), in Pfeifengraswiesen (Molinietum
caeruleae), in Kopfbinsenrieden (Phmulo-Schoenetum
ferruginei) und nur selten in Feuchtgrünland vor. Die
Abundanz von Eleocharis uniglumis war am höchsten
an Störstellen, die durch Tritt oder Mähmaschinen erzeugt wurden. Eleocharis austriaca wurde nur an vier
Orten an Tümpeln oder Bächen gefunden. An einem
Fundort jedoch kamen Zwischenformen vor, die Eleocharis mamillata ähnelten. Eleocharis vulgaris wurde
nur einmal gefunden am Ufer eines kleinen Teiches.
Die Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica) ist eine typische Art der Streuwiesen (Molinion caeruleae) am
Bodenseeufer. Der beobachtete Rückgang einiger Populationen wurde zum Anlass genommen, um Veränderungen in der Populationsgröße und der Artenzusammensetzung von Iris sibirica-Wiesen zu untersuchen.
Es wurde hauptsächlich drei Fragen nachgegangen:
1. Wie ist die aktuelle Verbreitung von Iris sibirica und
hat sich der Bestand in den letzten hundert Jahren verändert? 2. Gibt es einen langfristigen Populationstrend
1992-2008? 3. Hat sich die Artenzusammensetzung
der Streuwiesen mit Iris sibirica-Wiesen zwischen den
zwei untersuchten Zeitperioden 1988-1993 und 2003-
2009 verändert?
Um die Änderung der Häufigkeit zu untersuchen, wurde
die aktuelle Verbreitung von Iris sibirica mit Literaturangaben
verglichen. Zudem wurden die Monitoring-
Daten des Naturschutzbunds Deutschland (NABU)
ausgewertet, um den langfristigen Populationstrend
abschätzen zu können. Beim Monitoring wurde in 16
Populationen von 1992 bis 2008 jährlich die Zahl der
Blütenstände ausgezählt. Spearmans Rangkorrelations-
Koeffizienten wurden benutzt, um den Trend zu
schätzen und auf Signifikanz zu prüfen. Um Vegetationsveränderungen
festzustellen, wurden die Vegetationsaufnahmen
beider untersuchter Zeiträume nach
der Methode Braun-Blanquet und mit Hilfe multivariater
Verfahren (Detrended Correspondence Analysis, DCA)
ausgewertet.
Die Zahl der Vorkommen verringerte sich von 25 um
1910 auf 13 nach 2008. Iris sibirica war hauptsächlich
an den Mündungen der Bodenseezuflüsse verbreitet
und kam in einer Höhenlage zwischen 400 und 430 m
NN vor. Die Bestandsentwicklung zeigte keinen einheitlichen
Trend. Die Populationsgröße verringerte sich in
zwei Populationen, während sie in dreien zunahm. Die
Iris sibirica-Wiesen ließen sich in zwei Ausbildungen
unterteilen: eine mit Molinia caerulea und eine mit Thalictrum
flavum. Zwischen 1988-1993 und 2003-2009
fand keine deutliche Veränderung der Artenzusammensetzung
statt. Jedoch wurde eine leichte Zunahme von
Deschampsia cespitosa und Solidago gigantea festgestellt.
Zusammenfassend betrachtet ist Iris sibirica
derzeit im westlichen Bodenseegebiet nicht gefährdet,
obwohl ein Rückgang der Fundorte seit 1910 festzustellen
ist. Die meisten aktuellen Populationen zeigten
keinen Bestandstrend auf oder nahmen sogar zu. Fast
alle Streuwiesen mit Iris sibirica befinden sich in Naturschutzgebieten
und werden aus Naturschutzgründen
einmal im Jahr gemäht.
In einer langfristigen Dauerflächenuntersuchung wurde die Populationsdynamik des endemischen Bodensee-Vergissmeinnichts (Myosotis rehsteineri WARTM.) untersucht. Es wird der Frage nachgegangen, (1) wie die Individuendichte von Jahr zu Jahr variiert und (2) ob ein Zusammenhang zwischen Populationsdynamik und Wasserstandsschwankungen besteht. Am Bodensee-Untersee wurde eine 4 m2 große Dauerfläche eingerichtet, die über 12 Jahre fast alljährlich kontrolliert wurde. Von 1989 bis 2000 wurde die Zahl der Pflanzen jeweils vor und nach der Überschwemmung im Sommer erfasst und die Wachstumsrate während des Sommers berechnet. Die Pflanzendichte variierte beträchtlich zwischen 1 und 371 Individuen pro m2; ein
klarer Trend wurde langfristig jedoch nicht beobachtet. Die Wachstumsrate ging mit der Überschwemmungsdauer (Anzahl Tage) signifikant zurück. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Populationsdynamik von Myosotis rehsteineri durch die Wasserstandsdynamik des Bodensees bestimmt wird. Die daraus resultierenden Folgen für Monitoring und Gefährdung werden diskutiert.
Von April bis August 2002 wurden Kleinsäuger auf drei Rebflächen in Weinbaugebieten Südwestdeutschlands mit
Lebendfallen erfasst und durch Fellschnitte und KMnO4-Lösung markiert. Die Auswahl von Probeflächen mit unterschiedlichen Habitatelementen ermöglichte Aussagen über die Artenzusammensetzung in Abhängigkeit der jeweiligen
Habitatelemente. Zwei Arten - Feld- und Waldmaus - wurden in geringen Dichten auf halb- und ganz begrünten Rebflächen
nachgewiesen. In nicht begrünten Rebflächen gelangen keine relevanten Nachweise von Kleinsäugern. Ausschlaggebend
für die Besiedlung von Rebflächen durch Feld- bzw. Waldmäuse war das Vorhandensein von Bodenbegrünung in der
Rebfläche.
Im Stadtarchiv Bräunlingen hat sich ein von seinem Verfasser selbst als „Kriegs-Protokoll“ überschriebenes Konvolut erhalten, aus dem sich Details über die
Truppenbewegungen in der Region und über die von der Stadt Bräunlingen zu
tragenden Kriegslasten sowie einige private Begebenheiten aus dem Leben des
Oberschultheißen entnehmen lassen.
Am 2. Oktober 1688 erfolgte die erste Eintragung, am 17. Juli 1702 die letzte. Somit umfasst dieses Kriegstagebuch die Zeit des Pfälzischen Erbfolgekrieges
von 1688 bis 1697 sowie die Anfänge des Spanischen Erbfolgekrieges ab 1701.
Nach einer Darstellung der politischen Hintergründe der kriegerischen Auseinandersetzung zu Ende des 17. Jahrhunderts beschreibt der folgende Beitrag das
Amt des Bräunlinger Schultheißen, die Lebensumstände des Johann Konrad
Gumpp und die Kriegsereignisse in und um Bräunlingen, soweit sie aus seinem
Tagebuch hervorgehen.
Die Kanonen von Hüfingen
(2016)
Der Dreißigjährige Krieg belastete nach dem Eingreifen der Schweden auch die
Baar schwer. Herzog Julius Friedrich von Württemberg stellte sich 1632 an die
Seite der Schweden und suchte zusammen mit ihnen die katholischen Nachbarn
heim, um sich vom habsburgischen Druck zu entlasten, aber auch, um sein eigenes Fürstentum abzurunden. Rottweil (freie Reichsstadt), Villingen (Vorderösterreich) und Hüfingen (Fürstenberg) wurden zu Leidtragenden dieser Politik.
Die Vorgänge sind erforscht und vielfach beschrieben worden. Der vorliegende Aufsatz will die Kenntnis der Zeit durch eine Episode
ergänzen, deren Auswirkungen weit über den Krieg hinausreichten.
Im Spannungsfeld der Konfessionen –
Dorfvögte in Mönchweiler und Schwenningen
im 16. Jahrhundert
(2017)
Im 16. Jahrhundert war die hiesige Landschaft politisch zersplittert. Weite
Bereiche des Landes gehörten dem Haus Fürstenberg als Landgrafen in der Baar.
Die Stadt Villingen mit ihren Dependenz-Orten im Brigachtal war österreichisch,
ebenso Bräunlingen und die Herrschaft Triberg. Württembergisch waren Hornberg, Schwenningen und Tuningen, dazu Buchenberg, Weiler, Erdmannsweiler
und Burgberg. Zum Kloster St. Georgen gehörten St. Georgen mit dem oberen
Brigachtal sowie Oberkirnach und Mönchweiler. Die rechtliche Stellung des
Klosters selbst war ungeklärt. Der Abt vertrat den Standpunkt, dass sein Kloster
unmittelbar dem Heiligen Römischen Reich unterstand, zahlte aber jedes Jahr
50 Gulden Landessteuer an Württemberg. Der Herzog von Württemberg, der
auch Kastenvogt (der weltliche Schutzherr) des Klosters war, war natürlich anderer Meinung. Für ihn gehörte das Kloster zu seinem Herzogtum.
Das 1945 stark zerstörte Schloss Bruchsal wurde in seiner äußeren Hülle wiederaufgebaut
und mit den rekonstruierten Prunkräumen 1975 feierlich wiedereröffnet. Architekten, Kunsthistoriker
und Restauratoren sind nun dabei, auch die ehemaligen fürstbischöflichen Appartements
mit dem geretteten Kunstgut wieder einzurichten. Dabei stützen sie sich auf historische
Inventare, über 400 Bildquellen und die für Bruchsal nachweisbaren Kunstobjekte – darunter
kostbare Roentgen-Möbel und über 38 Tapisserien. Der Abschluss der Arbeiten ist für Herbst
2016 geplant.
Die Wiedereinrichtung der Beletage von Schloss Bruchsal beinhaltete zunächst umfangreiche Bau- und Sanierungsmaßnahmen, um die einstige Raumfolge der fürstbischöflichen Appartements wiederherzustellen. Die Räume erhielten eine szenografische, raumbildende Ausstattung mit reduziertem Stuck und seidenen Wandbespannungen. Die Einrichtung der 17 Räume erfolgte in Anlehnung an die historischen Inventare mit den im Krieg ausgelagerten Kunstgegenständen. Darunter befinden sich 38 kostbare Tapisserien, elegante Möbel und der verbliebene Teil der fürstbischöflichen Gemäldesammlung. Seit Ende April 2017 ist die zeremonielle Abfolge der Schlossräume und das einstige Leben am Hofe der Fürstbischöfe von Speyer im 18. Jahrhundert bzw. der Amalie von Baden im frühen 19. Jahrhundert wieder erlebbar.
Der studentische Verein „Heidelberger Lupe e.V. – Verein für Historische Forschung und Geschichtsvermittlung“ wurde im Frühjahr 2016 gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, die Regionalgeschichte Heidelbergs im Nationalsozialismus zu erforschen und didaktische Zugänge und Methoden für den Schulunterricht zu entwickeln. Er entstand aus einer Projektidee in Kooperation mit dem Arbeitsbereich Minderheitengeschichte und Bürgerrechte in Europa am Lehrstuhl für Zeitgeschichte (Historisches Seminar der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg) und mit der Jüdischen Kultusgemeinde Heidelberg. Er ist ein Zusammenschluss aus Studierenden und Absolventinnen und Absolventen der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg sowie der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Bereits im Sommersemester 2015 hatte ein Teil der Gruppe im Rahmen eines Seminars eine Ausstellung mit dem Titel „Herausgerissen – Deportation von Heidelbergern 1940“ konzipiert. Mit ihr beleuchteten wir die Deportationen der Heidelberger Juden und Sinti im Jahr 1940 anhand von regionalhistorischen Quellen und Orten. Die Ausstellung war im Foyer des Rathauses zu sehen und wird seither als Wanderausstellung an Heidelberger Schulen verliehen.
Nach über 30 Jahren wurde Eriogaster catax in Baden-Württemberg wiedergefunden. Das Vorkommen der
Art konnte nach ersten Raupenfunden 2010 in der Trockenaue der Markgräfler Oberrheinebene durch weitere Raupenfunde im Gebiet 2011 bestätigt werden.
Wir diskutieren die Frage, ob es sich um ein spontanes
Auftreten oder um Aussetzung handelt.
Coronajahr 2020, ein Virus erobert die Welt, Ansichten aus Lahr und Umgebung, Zurück zur Normalität?
(2021)
Angeblich bedeutet das chinesische Schriftzeichen für Krise auch gleichzeitig Chance. Ob das so ist, habe ich nicht überprüft, Richard von Weizäcker hat das in einer Rede einmal gesagt. Es ist auf jeden Fall ein schönes Bild, das mir gefällt. Anfang des Jahres hat niemand geahnt, was in diesem Jahr auf uns zukommen wird. Alles lief normal. Also so, wie wir glauben, dass es „normal" ist oder sein sollte. Eine Krise in Form einer Pandemie erschütterte dann unseren Planeten. Und die meisten nahmen und nehmen es dankenswerterweise ernst. Längst haben wir das Verständnis und den Glauben an das verloren, was in den USA geschieht oder in Brasilien. Nebenbei brennt der Urwald wieder mehr denn je. Stoff für mindestens eine Verschwörungstheorie. Die sind ja gerade schwer in Mode. Ich denke an die Bilder von Bergamo, das Bild von dem Massengrab, das sie in New York mit Baggern aushoben, um Sarg an Sarg darin zu stapeln. Ich denke an den Bericht eines Arztes in einer Straßburger Klinik, verzweifelt, erschöpft. Ich höre das erste Mal das Wort „Triage“. Ich denke an den Hollywood-Streifen „Pearl Harbour“, als die Krankenschwester den verletzten Soldaten mit dem Lippenstift Zeichen auf die Stirn malt, über Leben und Tot entscheiden muss, weil man nicht mehr allen helfen kann. Straßburg, ein paar Kilometer
von uns weg, nicht Hollywood!
Es gibt kaum ein historisches Sachbuch, dem in den letzten Jahren ein solcher Erfolg beschieden gewesen ist, wie „Die Nonnen von Sant’Ambrogio. Eine wahre Geschichte“ aus der Feder des Münsteraner Kirchenhistorikers Hubert Wolf. Wolf schildert in der „exzellent recherchierte[n] Story“ im Stile eines Kriminalromans „die Geschichte der Prinzessin Katharina von Hohenzollern-Sigmaringen (1817–1893), die nach zweifacher Verwitwung und einem gescheiterten ersten Klosteraufenthalt [im Elsass, G.P.] auf Anraten ihres Beichtvaters, des [überaus konservativen, zum Mystizismus neigenden, G.P.] Kurienkardinals Karl August von ReisachIII, in das Kloster […] Sant’Ambrogio in Rom ein[tritt]“. Schon unmittelbar nach Beginn ihres Noviziats im Jahr 1858 sieht sich die Fürstin jedoch mit sittlichen und strafrechtlichen Vergehen in ungeahntem Ausmaße konfrontiert, die in Mordanschlägen auf ihre Person, einer spektakulären Flucht im Juli 1859 und letztlich sogar in der Aufhebung der Gemeinschaft gipfeln. Im Rahmen des in diesem Zusammenhang von Katharina angestrengten Inquisitionsprozesses treten massive strukturelle Probleme zutage. Insbesondere sexuelle Verfehlungen und disziplinarische Auswüchse scheinen in dem von der charismatischen Mystikerin Maria Agnese Firrao († 1854) um 1800 ins Leben gerufenen Konvent seit der Gründung üblich und somit systemimmanent gewesen zu sein.
Gipsabbau in Hochhausen
(2019)
Seit Ende des 18. Jahrhunderts wird im Elzmündungsraum Gips abgebaut. Das Zentrum der
Gipsgewinnung befand sich anfänglich in Haßmersheim, wo in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
im Laufe der Jahre mehr als 30 kleine Gipsgruben am »Hühnerberg« und im Gewann
»Einöde« angelegt wurden. In den 1840er-Jahren wurden weitere Gipsbergwerke in Neckarzimmern
und Obrigheim eröffnet. Ende des 19. Jahrhunderts lag das Zentrum der lokalen
Gipsindustrie dann für etwa 15 Jahre in Hochhausen.
Die Betreuung und Versorgung von Säuglingen und Kleinkindern außerhalb des Elternhauses in Kinderkrippen ist nicht erst ein Thema der letzte Jahrzehnte. Mit der Einrichtung derartiger Betreuungseinrichtungen wurde in Deutschland schon Mitte des 19. Jahrhunderts begonnen. 1849 öffnete die erste Kinderkrippe in Wien ihre Türen. Bis 1851 stieg die Zahl der dortigen Krippen auf acht an. Im selben Jahr 1852 wurden Krippen in Dresden und Leipzig gegründet. 1852 folgten Berlin, Hamburg und Sachsenhausen bei Frankfurt. Obwohl selbst die 1867 in Paris veranstaltete Weltausstellung über eine Musterkrippe verfügte, fand die neue Form der Kinderbetreuung im Großherzogtum Baden zunächst keine Beachtung. Erst 1877 wurde die erste Kinderkrippe in der badischen Residenzstadt Karlsruhe eröffnet, der 1897 eine zweite folgte.
Am 11. Februar 1919 wurde der gelernte Sattler Friedrich Ebert in Weimar zum ersten Reichspräsidenten gewählt. Damit erreichte der Lebensweg eines Mannes seinen Höhepunkt, der nach der Revolution im Herbst 1918 entscheidend zur Stabilisierung der innenpolitischen Lage beigetragen und den Weg zur Demokratisierung Deutschlands geebnet hatte. Dem gebürtigen Heidelberger war eine außergewöhnliche Karriere gelungen, die ihn aus einfachen Verhältnissen in das höchste Amt des Staates führte. Dabei war Ebert auch wiederholt nach Mannheim gekommen, das er schon seit seiner Jugend kannte.
Als Zweiflüssestadt spielte Mannheim
schon seit seiner Gründung eine gewisse Rolle
für die Rheinschiffahrt. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts
konnte sich die Kommune dann zu
einer der wichtigsten deutschen Hafenstädte
im Binnenland entwickeln. Die Quadratestadt
war im Laufe ihrer Geschichte aber nicht nur
als Umschlagplatz für die Flußschiffahrt von
Bedeutung. Mit der „Schiffs- und Maschinenbau
AG“, umgangssprachlich „Schimag“ abgekürzt,
besaß die Stadt an Rhein und Neckar im
19. und 20. Jahrhundert eine wichtige Schiffswerft,
die im Laufe ihres rund 80jährigen
Bestehens die unterschiedlichsten Schiffstypen
produzierte. In seiner Werbung bezeichnete
sich das Unternehmen in den 50er Jahren des
vergangenen Jahrhunderts selbst stolz als
„Größte Binnenschiffswerft in Deutschland“.
„Der ganze Marxismus und Leninismus [...]. Unsere Quelle war die KPD der 20er Jahre [...]. Wir haben [...] uns die historischen Kostüme der 20er Jahre angezogen. Es wurde viel Analyse gemacht, aber die Analyse wurde immer gemessen an den Theorien von damals und von Anfang an war das halt falsch.“ So bewertet Jochen Noth, eines der aktivsten Mitglieder des Sozialistischen Palästina-Komitees Heidelberg (SPKH), heute die Israelkritik dieser Vereinigung, welche der vorliegende Artikel untersucht. Das SPKH bestand von 1969 bis 1974 und war eine Parallelorganisation des SDS in Heidelberg. Nach Verbot des SDS 1970 stand das SPKH der Kommunistischen Hochschulgruppe (Neues Rotes Forum) – KHG bzw. KG (NRF) – nahe. Die bisherigen, größtenteils politikwissenschaftlichen und soziologischen Studien zur
Israelkritik der Neuen Linken untersuchen meist, inwiefern die Kritik antisemitisch war. Folgt man dem Soziologen Gerd Hanloser, werden sie den historischen Akteuren damit jedoch nicht gerecht. Dan Diner spricht sich dafür aus, „die expliziten Motive der Israelkritik erst einmal an[zu]nehmen“ und erst davon ausgehend zu bewerten, ob es sich um differenzierte Kritik handelt. Seinem Plädoyer schließt sich der vorliegende Artikel an.
„Sconaugiam, quae est abbatia ordinis Cisterciensis duabus circiter milliaribus Heidelberga distans“ − diese Entfernungsangabe entnehmen wir der um 1220 entstandenen Lebensbeschreibung des hl. Eberhard. Der spätere Abt des Frauenklosters Kumbd im Hunsrück begleitete in seiner Jugend Pfalzgraf Konrad und seine Söhne Friedrich und Konrad und pendelte mit der pfalzgräflichen Familie zwischen Heidelberg und den wittelsbachischen Besitztümern am Rhein. Seine Lebensbeschreibung bietet daher interessante Einblicke in die Umgebung des Pfalzgrafen am Ende des 12. Jahrhunderts − eine Zeit, für die weitere Prosaquellen äußerst rar gesät sind. Eberhard hatte in seiner Jugend eine nächtliche Vision, die in ihm den
Wunsch weckte, einem Klosterorden beizutreten. Er reiste also auf eigene Faust nach Schönau – hier die Erwähnung des Klosters im obigen Zitat – und bat dort um Aufnahme in den Zisterzienserorden. Der Schönauer Abt Gottfried (belegt von 1182 bis 1192) schickte ihn jedoch wieder zurück, da Eberhard für die Aufnahme noch zu jung gewesen sei und darüber hinaus seine Eltern nicht einverstanden waren. Trotzdem versuchte Eberhard es noch zwei weitere Male, beim dritten Mal wurde er von seinem aufgebrachten Bruder Heinrich in Schönau aufgefunden und zurückgebracht.
Kurz vor Ostern 2001 besuchte ich das Altersheim „Stahlbad St. Antonius" in Freiburg-Littenweiler. In ihm lebte von 1938 bis 1944 meine Großmutter Eleonore von den Steinen, geb. Herzfeld. Als Kind - ich bin Jahrgang 1932 - habe ich sie dort im „St. Antoniushaus", wie es damals noch hieß, häufig besucht. Noch heute steht im Treppenhaus des Altersheims die Standuhr, Typ „sieben Geißlein-Uhr", die aus dem Elternhaus meiner Mutter in Berlin stammt und von der Großmutter ins Antoniushaus gebracht worden war. Diese Uhr veranlasst mich, etwas von ihrer Besitzerin zu erzählen.
Das Naturschutzgebiet „Taubergießen" erstreckt sich auf einer Länge von zwölf Kilometern entlang des Rheines auf deutschem und französischem Grundeigentum. Es besteht aus zwei sehr unterschiedlichen Landschaftstypen: Westlich des Tulla'schen Hochwasserdammes befinden sich die Überflutungsbereiche des Rheins mit zum Teil urwaldähnlichen Auenwäldern aus Eichen, Ulmen, Silberweiden und Schwarzpappeln. Östlich des Hochwasserdammes, in der sogenannten Altaue, treffen wir eine liebliche Landschaft mit Wiesen, Hecken, kleineren Wäldern und Gewässern an, deren Flussläufe jedoch keine Verbindung mehr zum Rhein haben.
Die Gartenstadt
(2003)
Im Rahmen des Begleitprogramms zur Landesausstellung „Mythos Jahrhundertwende" des Landesmuseums für Technik und
Arbeit in Mannheim im Millenniumsjahr 2000 hielt Herr Walter Pahl zu dem Themenschwerpunkt „Wohnen und Wohnideen" den Vortrag ,,Die Gartenstadt". Bei dem hier wiedergegebenen Text handelt es sich um eine überarbeitete Fassung des als Aufsatz in Heft 36/2000 der Reihe LTA-Forschung des Landesmuseums für Technik und Arbeit in Mannheim in gekürzter Form wiedergegebenen Vortragsmanuskripts. Walter Pahl, Betriebswirt (VWA), auch langjähriges Mitglied des Stiftungsrates des LTA, war von 194 7 bis 1988 geschäftsführender Direktor und bis 2000 Vorstandsvorsitzender der Gartenstadt- Genossenschaft Mannheim eG. sowie von 1968 bis 1991 Vorstandsmitglied GdW Bundesverband.
Die Spiegelmanufaktur (SAINT-GOBAIN GLASS DEUTSCHLAND GMBH) im Mannheimer Stadtteil Waldhof kann in diesem Jahr auf ein 150jähriges Bestehen zurückblicken. Ein Ereignis das aus mehreren Gründen gewürdigt werden soll. Ihre Errichtung auf einem von den Erben des Hofgerichtsrats und Hofbibliothekars Karl Theodor von Traitteur erworbenen Gelände auf dem Luzenberg leitete die Industrialisierung im Norden Mannheims ein. Luzenberg und Waldhof, es waren nur
kleine Ökonomiegüter, gehörten zur Gemarkung Käfertal und lagen weit vor den Toren der Stadt. Bis zu ihren Eingemeindungen 1897 bzw. 1913 lagen die selbständigen Gemeinden Käfertal und Sandhofen zwischen Mannheim
und der Landesgrenze zu Hessen. Die Gemeinde Käfertal hatte eine Gesamtfläche von über 1776 Hektar mit recht unterschiedlichen Bodenqualitäten, aber 1852 bevölkerten nur 1748 Einwohner das große Gebiet. Das sollte sich ab 1853 rasch ändern.