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Fides Heidelbergensis
(2015)
Ob Luther tatsächlich die 95 Ablassthesen an der Schlosskirche zu Wittenberg angeschlagen hat, wie Melanchthon 1546 in seiner Historia Lutheri beschreibt, oder ob man aus der Tatsache, dass Luther diese Thesen auch an Erzbischof Albrecht von
Mainz und Magdeburg als für Wittenberg zuständigen Ortsbischof gesandt hat, schließen kann, der „Thesenanschlag“ sei eine spätere Legendenbildung, kann hier auf sich beruhen bleiben. Ich würde aus der Aufforderung an diejenigen, die nicht
anwesend sein und mündlich mit uns debattieren können, dieses in Abwesenheit schriftlich zu tun, schließen, dass Luther von Anfang an zweigleisig fuhr, um eine möglichst breite Diskussionslage zu schaffen; denn die Angelegenheit war ihm offensichtlich so wichtig, dass er um der Kirche willen, amore et studio elucidande veritatis, die strittigen Fragen nicht auf sich beruhen lassen konnte, sie aber auch nicht im Alleingang beantworten wollte.
Zwischen der Durchsetzung der Reformation unter Ottheinrich 1556 und der Veröffentlichung des Heidelberger Katechismus 1563 liegt für die Kurpfalz ein etwa siebenjähriges Ringen um die konfessionelle Identität des neuen evangelischen Kirchwesens. Das Land wandelt sich in dieser Zeit von einer Schaubühne der großen innerreformatorischen Lehrstreitigkeiten zu einem eigenständigen Akteur im konfessionspolitischen Kräftespiel der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Besonders
fassbar wird diese Wandlung anhand einer Momentaufnahme aus dem Sommer 1560. Zeitzeugenberichte verschaffen zuerst einen Eindruck von den Protagonisten und Frontstellungen dieser Zeit. Das entstandene Bild soll dann zweitens in den Kontext
der politischen und der kirchlichen Entwicklungen in der Kurpfalz seit 1556 eingebunden werden. Drittens wird nach der Bedeutung der Momentaufnahme für den Weg zum Heidelberger Katechismus zu Fragen sein.
Der Augsburger Religionsfrieden fiel sowohl in der Kurpfalz als auch in Baden in eine konfessionelle Übergangssituation: Beide Territorien durchliefen seit Jahrzehnten eine Phase der Vorreformation mit spontaner Konfessionsveränderung auf der Gemeindeebene. In der Kurpfalz wie in Baden-Pforzheim ging die Entwicklung 1556, das heißt in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Religionsfrieden, in eine offene, obrigkeitlich gelenkte Reformation über. Von daher drängt sich ein Vergleich auf, und die Frage liegt nahe, ob die Reformationen in den beiden Nachbarterritorien nur in einem chronologischen oder auch in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Religionsfrieden standen.
Die autonome Bürgergemeinde mit ihrem spezifischen Stadtrecht machte zusammen mit der Konzentration von Handel und Gewerbe die mittelalterliche Stadt aus. Jede Stadt hatte ihre eigene Form der Selbstverwaltung mit eigenen Privilegien. Die Entstehung der Kommune, der Stadtgemeinde, unterschied sich durch Rechtsqualität und Topographie deutlich vom Umland. Die Konzentration von Handel und Gewerbe, das Marktrecht, die Verdichtung von Wohn- und Gewerbebau auf
relativ kleinem Raum gegenüber dem weiträumigen Dorf, die Stadtmauer als Schutzinstrument, die besondere Rechtsstellung der Bürger in einem besonderen Status und die städtische Verfassung waren weitere Merkmale der Stadt.
In den meisten Chroniken und Abhandlungen zur Orts- und Regionalgeschichte Brettens ist über das Schicksal der Stadt und seiner Bürgerinnen und Bürger während des sog. Dreißigjährigen Krieges in der Zeit zwischen 1618 und 1648 nicht viel zu lesen. So heißt es z.B. in G. Ginter's „Chronik von Bretten“ aus dem Jahr 1967 recht lapidar: „Besondere Einzelheiten über Geschehnisse in Bretten während des Krieges sind uns nicht überliefert. Es darf wohl gesagt werden, daß im ganzen gesehen die Stadt erträglich durch die Wirren dieses längsten aller Kriege kam.“ Wenn auch die historische Quellenlage aus
dieser Zeit in Bezug auf Bretten alles andere als befriedigend ist, so weiß man heute doch: Ganz so erträglich war es leider nicht. Es mag stimmen, dass das damals kurpfälzische, protestantisch-reformierte Bretten (bzw. „Breteheim“) in der ersten Hälfte dieses Krieges und im Schnitt deutlich weniger gelitten hat als die meisten anderen Städte und Dörfer der rechtsrheinischen Pfalz und des Kraichgaus, aber insgesamt hat auch die Melanchthonstadt bluten und leiden müssen.
Der Krieg mit dem Schwäbischen Städtebund und speziell die Schlacht von Döffingen
vom 23. August 1388, auf die noch intensiver zurückzukommen ist, hat seit
über 150 Jahren die Historiker beschäftigt. Eigene Kapitel boten schon die
Geschichtswerke von Ludwig Häuser 1845 über die Kurpfalz und Christoph
Stälins dritter Band der Württembergischen Geschichte von 1856. Spätere Arbeiten
versuchten die Geschehnisse zu deuten bzw. gaben als Regestenwerke eine etwas
sicherere Grundlage. In den letzten 25 Jahren kamen wichtige neue Publikationen
hinzu: Martin Hanselmann behandelte die Schlacht intensiv im Heimatbuch
Grafenau 1988 und Hermann Ehmer thematisierte die Forschungslage anlässlich
seiner umfassenden Publikation über den „Gleißenden Wolf v. Wunnenstein"
1991. Weiterhin sind beispielsweise die Arbeiten von Fuchs, Harms, Schneider
bzw. Schubert zu nennen.
Die Täufer in der Kurpfalz
(2001)
Nachdem man sich aus gegebenem Anlass in jüngster Zeit verstärkt mit den Geschicken der Waldenser beschäftigt hat, bietet sich ein vergleichender Blick auf die Täufer an. Die Parallelen, vor allem in der Geschichte der Verfolgung, sind nicht zu übersehen. Für unsere heutige Sicht könnte freilich ein wesentlicher Unterschied von Bedeutung sein: Die Verfolgung der
Waldenser hatte schon früh, im Mittelalter, begonnen und spielte sich in einigermaßen fernen Ländern und unter sehr dezidiert katholischen Herrschern ab. Für uns hat das alles eine gewisse beruhigende Distanz. In unserer näheren Umgebung sehen wir die Waldenser sodann als mehr oder weniger freundlich eingeladene und aufgenommene Flüchtlinge und Neubürger. Von beunruhigender Nähe ist dagegen, was wir von den Täufern erfahren: Die Verfolgung geschah unter anderem in dem Territorium, zu dem damals Bretten gehörte. Wir hören die Namen bekannter Kurfürsten wie etwa Ludwig V. oder Ottheinrich und haben es mit Luther, Melanchthon und Heidelberger Theologen zu tun.
Seit 1409 ist der Kurpfälzer Haupt- und Guldenzoll in Großsachsen an der Bergstraße belegt – die Lage des Ortes im Netz der zur Messestadt Frankfurt führenden Straßen prädestinierte es zur Aufnahme einer Zollstation, die als die einträglichste im Oberamt Heidelberg bezeichnet
wurde. Die hier als Zöllner amtierenden Bediensteten der Kurpfälzer Rechen- oder Hofkammer hatten somit besondere Herausforderungen zu bewältigen. Als Dienstsitz stand den Zöllnern ein herrschaftliches Zollhaus zur Verfügung. Das letzte in seiner Reihe wurde 1728
fertig gestellt. Es steht gegenwärtig vor einer umfänglichen Renovierung.
Am 4. April 1556 machte Kurfürst Ottheinrich, soeben mit dem Ableben seines Vorgängers und Onkels Kurfürst Friedrich II. in die pfälzische Kurwürde eingerückt, durch einen zu Alzey gezeichneten Erlass die Reformation lutherischer Prägung für
die Kurpfalz verbindlich. Wenig später, am 1. Juni desselben Jahres, schloss sich die Markgrafschaft Baden-Pforzheim, die spätere Markgrafschaft Baden-Durlach, durch einen entsprechenden Erlass von Markgraf Karl II. an. Damit war die reformatorische Entwicklung im deutschen Südwesten gewissermaßen vervollständigt und zu einem ersten vorläufigen Abschluss gebracht. Grundlage reformatorischer Maßnahmen in beiden Territorien war die von dem Stuttgarter Propst Johannes Brenz erarbeitete württembergische Kirchenordnung des Jahres 1553, die Herzog Christoph im Jahr
1555 mit einer Anzahl weiterer reformatorischer Gesetzestexte für den Gebrauch seines kurfürstlichen Nachbarn, des damals noch regierenden Kurfürsten Friedrich II. von der Pfalz, hatte zusammenstellen lassen, ein Corpus, das den Kern der späteren
Großen Württembergischen Kirchenordnung von 1559 bildet.
Der in Mauer lebende Autor arbeitet seit einigen Jahren daran, die über seinen Wohnort vorhandenen Dokumente in lateinische Schrift zu übertragen, um sie den Mitbürgern und anderen Interessenten zugänglich zu machen. Eine große Quelle beherbergt das Generallandesarchiv Karlsruhe (GLA KA). Für Mauer sind die verfilmten Dokumente in der Abteilung 22_9, Nummern 64414 bis 65534 wichtig. In den Dokumenten lässt sich im Hintergrund vieles über das Leben in Mauer in den vergangenen Jahrhunderten erfahren. In der hier beschriebenen Akte, die weit über 200 Seiten hat, geht es vordergründig um eine Geldstrafe gegen den von Zyllnhardtischen Verwalter. Eigentlich handelt es sich aber um eine Auseinandersetzung zwischen Ortsadel und dem Kurfürstlichen Unteramt Dilsberg über die Rechte in Zivilsachen.