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- Weltkrieg 〈1914-1918〉 (63) (entfernen)
Im Mai 1913, nur 15 Monate vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, wagte der Mediziner
und Generaloberarzt des preußischen Heeressanitätsdienstes Paul Schmidt in einem Vortrag
vor der Berliner Kaiser-Wilhelm-Akademie, in dem er die historische Genese des deutschen
Heeressanitätswesens behandelte, einen optimistischen Blick in die Zukunft: Sollte demnächst
ein großer Krieg ausbrechen, was durchaus wahrscheinlich sei, denn wer sollte sich heutigen
Tages unterfangen, noch den Traum des ewigen Völkerfriedens zu teilen, dann sei das deutsche
Lazarettwesen gut gerüstet: Die Organisation unseres Heeressanitätswesens [ist] auf eine Höhe
gebracht, dass alle Bedürfnisse der Versorgung unserer Kranken und Verwundeten auf dem
Schlachtfelde wie in den Lazaretten, des Krankentransportes und der Krankenunterbringung
erfüllt werden. Für wahr! Unser Sanitätskörper darf mit berechtigtem Selbstvertrauen und in
dem Bewusstsein seiner Kriegsbereitschaft den kommenden Ereignissen ruhigen Sinnes entgegensehen.'
Der "Neue[n] Badische[n] Landeszeitung" vom 8. Februar 1916 ist zu entnehmen, dass ein eiserner Hirsch "als Wahrzeichen des gegenwärtigen Krieges und des Opfersinnes der Einwohnerschaft" in St. Blasien aufgestellt worden sei. Dieser Beitrag will keine Kriegsschilderung sein, sondern an zwei kleinen, dem Leben einer überschaubaren Gemeinde entnommenen Beispielen Anfang und Ende des von manchen Historikern als "Urkatastrophe" bezeichneten Ersten Weltkriegs aufzeigen: Hier die genagelte Symbolik der Opferbereitschaft , aber erst recht der Leiden und Tragödien (Gefallene und Hinterbliebene, aber auch seelisch und körperlich verletzte Heimkehrer), da der schale Nachgeschmack des Endes und des Überlebens.
Große Anzahlen von Glocken fielen bereits den früheren Kriegen, insbesondere dem Dreißigjährigen Krieg, sowie der französischen Revolution zum Opfer, um, unter anderem, zu Kriegsmaterial umgegossen zu werden. 1917 mussten die Kirchtürme erneut beisteuern. Ein Teil des bereits während des 19. Jahrhunderts wiederhergerichteten Geläutes verschwand damals. Das Gleiche sollte sich nochmals während des Zweiten Weltkrieges abspielen, jedoch blieben die Schäden wegen des kurzen Zeitraums weit geringer.
Beim Austausch von schwerverwundeten Soldaten zwischen Deutschland
und Frankreich und bei der Internierung von chronisch kranken Soldaten in der Schweiz im Ersten Weltkrieg handelt es sich um ein sehr komplexes Thema. Zum einen sind die Interessen der deutschen Reichsregierung, insbesondere preußisches Kriegsministerium und Auswärtiges Amt, zu berücksichtigen, denen die Interessen der französischen Seite gegenüberstehen. Es müssen die Mitwirkung der Konstanzer Stadtverwaltung und die Aktivitäten des örtlichen Roten Kreuzes einbezogen werden, beide in Personalunion vertreten durch den
Oberbürgermeister Dr. Hermann Dietrich. Die Abläufe in Konstanz können mit denen in Lyon verglichen werden, wo die Transporte ebenfalls einen Ausgangs- und Endpunkt hatten. Hinzu kommt die Haltung der Schweiz (Regierung, Armee, nationales Rotes Kreuz), die mit den Transporten von Verwundeten durch ihr Land, aber vor allem auch mit der Internierung von Kriegsgefangenen eine gewaltige humanitäre Aufgabe auf sich nahm. Des Weiteren spielen beim Zustandekommen dieser Aktionen das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in Genf und der Vatikan mit Papst Benedikt XV. eine Rolle.
In der Schweiz lebten 1914 etwa 220.000 Deutsche, etwas weniger als heute, 1918
waren es 70.000 weniger, 1945 waren es noch 65.000, heute sind es 280.000. Die Schweiz
vor 1914 war durch ein Netz von Niederlassungsabkommen gegenüber Ausländern freizügiger als die heutige Schweiz der bilateralen Verträge. Diese Deutschen ergriffen 1914
Partei, wollten nicht abseits stehen. Bereits am 2. August rief das Deutsche Generalkonsulat in Zürich alle gedienten und beurlaubten Militärpersonen auf, möglichst rasch
nach Deutschland auszureisen und sich dort beim nächsten Bezirkskommando zu
melden.
Am 1. August 1914 erklärte das Deutsche Reich Russland den Krieg. Wenige Tage später befand es sich auch mit seinen westlichen Nachbarn Frankreich, Belgien und Großbritannien im Kriegszustand. Doch, obwohl die meisten Militärstrategen die
Länge und Intensität des Ersten Weltkriegs noch nicht absehen konnten oder wollten, war bereits frühzeitig klar, dass seine
Finanzierung eine große Herausforderung darstellen würde. Die eigene Bevölkerung sollte so dem kriegführenden Staat
Darlehen geben. Für dieses Vorhaben wurden bis 1918 u. a. neun Kriegsanleihen aufgelegt.
Den Ersten Weltkrieg begleiteten propagandistisch zahlreiche Fotos. Sie sollten einen bildlichen Eindruck der Ereignisse ins
Deutsche Reich, auch ins Kinzigtal vermitteln. Für die politische und militärische Führung des Kaiserreichs war dies sehr
wertvoll, da das moderne Medium Foto im frühen 20. Jahrhundert reges Interesse beim Publikum hervorrief und Zustimmung versprach. Die Gründe für die Faszination Fotografie sind leicht zu beschreiben, deuten allerdings auch gleich auf die Problematik hin: Fotos versprechen Echtheit. Für den Rezipienten entsteht so der Eindruck, dass das auf dem Foto festgehaltene Ereignis so wie abgebildet auch gewesen sein muss. Das ist der Unterschied zu einem gemalten Bild, bei dem der Künstler nach seinen eigenen Vorstellungen oder Vorgaben das Thema gestaltet, sozusagen ausmalen kann. Bei einem Foto
klickt der Fotograf dagegen nur auf den Auslöser, anschließend ist ein Moment festgehalten. Und dieses Bild lässt sich dann
überallhin verbreiten – so bekommen wir alle im wahrsten Wortsinn Einblick in bestimmte Ereignisse weit weg von unserem Lebensumfeld.
Gerade das 100. Jubiläumsjahr des Kriegsbeginns 2014 und das Gedenken an 100 Jahre deutsche Revolution von 1918 führten zu einem Schub frischer sozialgeschichtlicher Untersuchungen zu den damaligen Ereignissen, auch jenseits der Fronten. Rege wird geforscht und publiziert. Doch während die Ereignisse in den größeren Städten im Mittelpunkt stehen, bleiben ländliche Regionen weitgehend außen vor. Selbst die grundlegende Darstellung des revolutionären Geschehens im Land Baden 1918/19 von Markus Schmidgall blickt vor allem auf die städtischen Zentren, voran Mannheim und Karlsruhe, während der ländliche Raum lediglich am Rande Erwähnung findet. Es scheint so, als wäre in den kleineren Orten nichts Erzählenswertes passiert. Dabei lebten 1918 in Baden über 62 Prozent aller Menschen in Gemeinden unter 5000 Einwohner, in der „Provinz“. Der Blick soll daher auf eine dieser kleinen Gemeinden, das Industriestädtchen Schiltach, gelenkt werden – ein
beispielhafter Blick auf die Ereignisse jenseits der politischen und ökonomischen Zentren.
Museen am Oberrhein organisieren 2014 das europaweit wohl größte grenzüberschreitende Netz von Ausstellungen zum Ersten Weltkrieg. Das Dreiländermuseum Lörrach zeigt eine Überblicksausstellung zum Ersten Weltkrieg in Baden, dem Elsass und der Nordwestschweiz. Der folgende Beitrag hält die wesentlichen Inhalte der Überblicksausstellung fest und beschreibt die Jahre 1914 bis 1918 am Oberrhein im grenzüberschreitenden Vergleich. Zugleich berichtet er über die Entstehung und Idee der 35 miteinander verbundenen Ausstellungen des Netzwerks Museen.
Die Kraichgaubahn
(2010)
Der Krieg 1870/71 gegen Frankreich hatte
gezeigt, wie notwendig ein schneller Aufmarsch des Militärs mit Hilfe der Eisenbahn
für strategische Zwecke war. Der völlige
Mangel an eisenbahnorganisatorischen
Vorkehrungen auf französischer Seite gewann entscheidende Bedeutung für den
deutschen Sieg über die Armee Napoleons
III. “Die Eisenbahnen sind zu einem Kriegsmittel, zu einem Kriegswerkzeug geworden, ohne das diese großen Armeen der
Gegenwart weder aufgestellt, noch zusammengebracht, noch vorwärtsgeführt,
noch erhalten werden könnten”, umschrieb
Graf von Schlieffen den Wert der Eisenbahn unter militärischen Gesichtspunkten.
Da nach dem Sieg über Frankreich
1870/71 ein Revanchekrieg befürchtet
wurde, begannen politische und militärische Kreise über einen Folgekrieg mit dem
westlichen Nachbarn nachzudenken. Im
Rahmen dieser Überlegungen wurden
auch Planungen für den Ausbau der Eisenbahnverbindungen zur französischen Grenze hin aufgestellt.