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Hin und Her
(2014)
Noch am „Collegium Germanium et Hungaricum" in Rom, ja dort erst recht, dachte Conrad Gröber, der nachmalige Erzbischof von Freiburg, gern an die Heimat zurück; so etwa an die Ferien, die er bei seinem Onkel, dem Pfarrer von Wieden im Schwarzwald, verbracht hatte. Die Tage vergingen mit Lesen, Schreiben, Nichtstun wie im Flug; ja wie in einem Traum, aus
dem ihn der Schlag der Turmuhr weckte, der ihn an seine Pflichten erinnerte. ,,Also auf! Und schnurstracks im Galopp
über Stock und Stein in die Tiefe, wo der Pfarrhund, der ,Ami', mich schon erwartet und an meinen Knien hinaufspringt. Da
stehen auch schon die beiden Brüder Walleser, Söhne des wackeren Waldhüters, vor der Türe, denen ich ,Stunden' im Latein als Stellvertreter meines Onkels zu geben habe. Es sind zwei kräftige, tüchtige, klare Schwarzwälder, die diesen Herbst
bei den Kapuzinern im Elsass eintreten wollen. Baden hat ja bis zur Stunde nicht den Großmut, den Ordensleuten, Söhnen
deutscher Stämme und Erde, eine bescheidene Niederlassung zu gestatten." Also gingen die beiden Brüder schließlich nach
Königshofen und von dort nach Sigolsheim und wurden Kapuziner, der ältere sogar noch Bischof erst in der Südsee, dann in
China. Ihre vier Schwestern traten bei den „Schwestern vom Allerheiligsten Heiland" in Oberbronn, also ebenfalls im Elsass, ein.
Auch nach 1933 war, wenigstens in Deutschland, nichts mehr so, wie es vorher gewesen war. Zahllose Lebensläufe, auch
bisher geradlinige, bogen plötzlich in andere Richtungen ab, brachen ab, verloren sich im Ungefähren und, im Ungewissen. Menschen tauchten unter, oder auch erst auf. Das Leben ging zwar weiter, aber wie?
Ein illegitimer Sohn
(2011)
Wenn sich die markgräfliche Familie in ihrer Residenz - oder, im Sommer, in Schloss Favorite - versammelte, dann war er oft dabei, gehörte aber eigentlich nicht dazu: nämlich der junge Franz Josef Herr, der Sohn des Hofküfers Franz Xaver Herr. Doch Karl Friedrich, der Markgraf, sah ihn gern, denn der Junge war in Wirklichkeit sein eigener Sohn; geboren in Karlsruhe am 20. März 1778 von einer gewissen Anna Maria Stahl, die dann, um versorgt zu sein, mit dem Küfer verheiratet worden war.
Es gibt wohl kaum eine Stadt, die in ihrer Gestalt den absolutistischen Gedanken deutlicher zum Ausdruck bringt als Karlsruhe – die Stadt, die ein Fürst von 1715 an förmlich aus dem Boden stampfen ließ. Ihren Mittelpunkt bildete das Schloss, von dem die Straßen ausgingen wie die Strahlen von der Sonne und wie die der Gnade von dem, der in ihm residierte; sie unterwarfen die Stadt einem geometrischen Raster, das keine Abweichungen duldete; und sie ermöglichten Blicke, denen nichts verborgen blieb.
Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein war es vor allem die katholische Kirche, die in den unteren Schichten nach Begabungen suchte, sie förderte und dann in ihre Dienste stellte. Wie, wenn nicht so, hätte es der Sohn eines Schonacher Holzhauers in Bahia zum Ordenspriester und zugleich zum bedeutendsten Kunsthistoriker seiner neuen Heimat bringen können? Er war freilich nicht der einzige, der die Gelegenheit nutzte, die sich ihm unversehens bot – nämlich dadurch, dass die Beuroner Benediktiner die nahezu ausgestorbenen brasilianischen Abteien wieder mit Leben füllen wollten. Ludwig Grieshaber alias Dom Clemente Maria da Silva-Nigra (1903–1987) hat seine alte Heimat dennoch nie vergessen, und sie ihn ebenfalls nicht.
Spätbarocke Tafelfreuden
(2011)
Gegessen wurde immer; aber selten mit einer solchen Hingabe, mit einem solchen Aufwand an Zeit, Geld und Kunst wie im Barock. Freilich ist hier nicht von den bescheideneren bäuerlichen und bürgerlichen Tischen die Rede, sondern von den Tafeln des Adels. Er nämlich feierte die großen Feste, zu denen - unter anderem - auch ein Festmahl gehörte, ja die oft in einem Festmahl endeten und gipfelten. Wie es dabei dann zuging, ist nicht oft beschrieben worden. Einer der wenigen, die es taten, war der Piarist P. Camillus a Praesentatione Beatae Virginis Mariae.
Emil Sutor wurde am 19. Juni 1888 in Offenburg geboren. Dort erhielt er auch seine erste - und zwar gründliche, handwerkliche - Ausbildung als Holzbildhauer in der Werkstatt von Simmler und Venator, die viele Kirchen belieferte. Von 1907 bis 1909 studierte er an der Karlsruher Kunstakademie bei dem bekannten, ja berühmten Hermann Volz; von 1910 bis 1911 arbeitete er unter Bruno Wollstädter in Leipzig und bildete sich anschließend in Dresden, München, Stuttgart und Paris weiter.
Der Rückschritt
(2019)
Die – vielfach verschwiegenen – Vorgänge um den Bau der katholischen Kirche St. Cäcilia in
Mosbach waren die Auswirkungen einer politischen und kirchenpolitischen Wende, der nicht
nur ein kühner Entwurf, sondern letzten Endes auch sein Urheber, der renommierte Architekt
Hans Herkommer, zum Opfer fiel. Das Ganze war, wie er selber fand, »mehr eine Leidensgeschichte«; und keineswegs nur seine eigene.
Ein schreckliches Gedicht
(2017)
Der badische Dichter Heinrich Vierordt (1855–1945) ist zu Recht kaum noch bekannt; seine Werke blieben schon hinter denen seiner Zeitgenossen weit zurück. Aber mit einem überaus blutrünstigen Gedicht, das er im ersten Jahr des Ersten Weltkriegs schrieb, erregte er Aufsehen, ja Entsetzen in Deutschland und darüber hinaus: Romain Rolland hat es in seinen Erinnerungen, Jaroslav Hašek in seinem berühmten Roman vom braven Soldaten Schwejk als abschreckendes Beispiel zitiert.
Als Conrad Gröber, der später als Erzbischof von Freiburg weithin bekannt wurde, noch ein unbekannter Alumnus am "Collegium Germanicum et Hungaricum" in Rom war, hielt er in seinem Tagebuch seine Erlebnisse, aber auch seine immer wieder aufsteigenden Erinnerungen fest. Und manchmal geschah es, dass sich die einen mit den anderen verknüpft en, etwa dann, wenn alte Bekannte, an die er kaum noch dachte, unvermutet vor seiner Tür standen.
"Nicht mehr wie ein Mensch"
(2013)
Im Chorraum der Universitätskirche in Freiburg, die im Zweiten Weltkrieg ihre barocke Ausstattung verlor, steht seit nunmehr 25 Jahren ein übergroßer Kruzifixus, den der Schwarzwälder Bildhauer Franz Gutmann (geb. 1928) geschaffen hat: ein nach wie vor anstößiges, ja erschreckendes Werk. Dieser Kruzifixus, der insofern keiner ist, als ihm die Arme fehlen, weist gerade dadurch auf ältere Vorbilder hin; und das gewaltige Haupt erinnert mit seiner
Dornenkrone wohl kaum zufällig an Beispiele aus der spätmittelalterlichen Kunst am Oberrhein, namentlich an Nicolaus Gerhaert und an Matthias Grünewald (wobei diese Dornenkrone das Gesicht des Gottessohnes ebenso verbirgt wie sich Gott einst im Dornbusch verbarg). So stellt dieses ganz und gar moderne Werk gleichwohl viele Assoziationen her – auch an die Gottesmutter, der diese Kirche geweiht ist, und an die heiliggesprochene Edith Stein, Schwester Teresia Benedicta "a Cruce", nach der sich die hier beheimatete Hochschulgemeinde aus gutem Grund nennt.
,,Ich als geborener Badener"
(2005)
Der Anruf aus Bonn kam ungelegen. Denn jetzt, im März 1950, wollte Wilhelm Hausenstein endlich in Ruhe gelassen werden; wollte nur noch lesen, schreiben, auch reisen, kurz: sein eigenes Leben leben, das ohnehin zur Neige ging. Und dass er sich diese Ruhe redlich verdient hatte, konnte keiner bestreiten. Am 17. Juni 1882 war er in Hornberg im Schwarzwald geboren worden; hatte das Gymnasium in Karlsruhe und die Universitäten in Heidelberg, Tübingen und München besucht; und hatte, nach einer glanzvollen Promotion in mittlerer und neuerer Geschichte, Nationalökonomie und Paläographie, in Paris der ehemaligen Königin von Sizilien als Vorleser gedient und sich dann noch einmal in München in den Hörsaal gesetzt, um Kunstgeschichte zu studieren. Dann war er einer der bedeutendsten Kunsthistoriker, Kunstkritiker, Kunstschriftsteller, auch Reiseschriftsteller seiner Zeit geworden: mit zahllosen Artikeln und Aufsätzen und mit rund 40 Büchern etwa über barocke, expressionistische und exotische Kunst; über Fra Angelico, Giotto, Carpaccio, Rembrandt; über Paul Klee und andere zeitgenössische Künstler, mit denen er bekannt und befreundet war. Dann, nach 1933, hatte er keine Bücher mehr schreiben dürfen, aber als Redakteur der berühmten ,Frankfurter Zeitung' noch eine Weile überwintern können - aber ohne den Machthabern irgendeine Konzession zu machen; war schließlich doch entlassen worden und dadurch in große Not
geraten, auch weil Margot Hausenstein, die er 1919, mit Rilke und Preetorius als Trauzeugen, geheiratet hatte, eine belgische Jüdin war. Die einzige Tochter Renee-Marie hatte mit dem letzten Schiff noch nach Brasilien flüchten können.
Der angehende Priester, der - irgendwann im Winter 1880, irgendwo in Wisconsin - einen befreundeten Pfarrer besuchte, freute sich sehr, als er am weit abgelegenen Bahnhof ankam und sah, daß da ein Schlitten auf ihn wartete. Und noch mehr freute er sich, als er endlich sein Zie] erreichte und sein Fahrer, ein irischer Bauer, zum Pfarrer sagte: ,,Das war eine lange,
kalte Fahrt, aber der junge Mann verkürzte sie mir durch seine Schilderungen aus seinem Leben, daß ich die Kälte nicht merkte und am liebsten noch weiterfahren möchte. Das müssen Sie sich auch erzählen lassen. Es ist ganz großartig. So etwas habe ich noch nie gehört." Der Bauer, der sich als Ire gewiß aufs Erzählen verstand, hatte recht; das Buch, das der junge Mann vierzig Jahre später schrieb, ist der beste Beweis. Es heißt ,Aus dem Leben eines Auswanderers. Uebers Weltmeer zum Altar' und
wurde 1922 im , Verlag der Waisenanstalt (Schulbrüder)' in Kirnach-Villingen, Baden gedruckt; geschrieben wurde es, laut Titelblatt, von Robert Rath.
Man kann es kaum noch glauben, dass dies einmal möglich war: dass es damals, unter Hitler, jeden treffen konnte, jederzeit, und ohne jeden Grund. Und besonders schnell traf es die, die den Herrschenden ohnehin ein Dom im Auge waren; nämlich die, die sich, statt dem neuen Staat, der Kirche widmen und weihen wollten. Niemand wird je wissen, wie viele von ihnen ihr Leben lassen mussten; ihre Zahl geht in die Tausende. Allein ins KZ Dachau wurden, allein aus der Erzdiözese Freiburg, 21 Priester eingewiesen, von denen 16 überlebten. Aber ihnen, den Geretteten, hatte es oft die Sprache verschlagen; zu sagen, was sie erlebt und erlitten hatten, war gewiss nicht leicht, und wer wollte es hören? So nahmen sie ihre Erinnerungen mit ins Grab. Um so wertvoller sind die, die sich erhalten haben - wie die einer im Kinzigtal geborenen, in Bühl eingetretenen und eingekleideten Ordensschwester, die als Schutzhäftling Nr. 25150 im KZ Ravensbrück gefangen saß; Erinnerungen, die in dieser Form bisher unbekannt waren und in ihr hier zum ersten Mal bekannt gemacht werden.
Piaristen als Autoren
(2002)
Habent sua fata libelli. Dass auch Bücher ihre Schicksale haben, hat sich,
seit Terenz diesen Satz niederschrjeb, immer wieder neu gezeigt. Wo kamen die Bücher, die einmal da waren, hin? Und wo kamen die, die da sind,
her? Und wie, und wieso, kamen sie hierher?
Solche Fragen stellt sich jeder, der eine Bjbliothek besucht. Wer die
Hjstorische Bibliothek der Stadt Rastatt besucht, weiß bald Bescheid.
Denn das heutige Ludwig-Wi]helm-Gymnasium, in dem sje sich befindet,
ist aus dem Großherzoglichen Lyzeum hervorgegangen, in dem das Piaristenkolleg von Rastatt und das Lyzeum, vormals Jesuitenkolleg von Baden-Baden aufgegangen sind - einschließlich ihrer jeweiligen Buchbestände;
und denen der Jesuiten waren schon die ihrer elsässischen Mitbrüder zugewachsen, und die der baden-badischen Kapuziner kamen auch noch hinzu.
(Und seither noch mehr.) [1]
Österreich war klösterreich, sagt ein altes Witzwort. Aber klösterreich, an Klöstern reich, war auch Deutschland, auch Baden, ja, auch die Ortenau - noch im Jahre 1800. Da gab es etwa die Benediktiner in Schwarzach, Schuttern, Gengenbach und Ettenheimmünster; die Benediktinerinnen in Frauenalb; die Zisterzienserinnen in Lichtenthal; die Prämonstratenser in
Allerheiligen; die Sepulcrinerinnen in Baden-Baden; die Franziskaner bei Baden-Baden, in Rastatt, Seelbach und Offenburg; die Kapuziner in Baden-Baden, Offenburg, Oppenau, Oberkirch und Mahlberg; die Augustinerinnen in Rastatt und Ottersweier; die Piaristen in Rastatt ... Und nur zehn Jahre später, 1810, waren alle diese Klöster untergegangen, aufgehoben, aufgelöst (oder doch, wenn auch nur in wenigen Fällen, in weltliche Institute umgewandelt worden). Es gab in diesem Lande keine Orden mehr, auf lange Zeit nicht mehr.
Aus der langen Reihe von Büchern, die Wilhelm Hausenstein schrieb, sticht das eine, um das es hier geht, unübersehbar hervor; oder sollte man sagen, dass es aus der Reihe fällt? Dennoch, oder eben deshalb, ist es so oft wie kein anderes nach
seiner ersten Veröffentlichung, 1948 bei Karl Alber, immer wieder neu aufgelegt worden: 1958 bei Herder, 1976 im Süddeutschen Verlag, 1980 im Deutschen Taschenbuch-Verlag. Das Buch heißt: „Die Masken des Komikers Karl Valentin“. Ihm war, 1932 bei Knorr & Hirth, schon „Das Karl Valentin Buch“ vorausgegangen, als „Erstes und einziges Bilderbuch von Karl
Valentin, über ihn und Lisl [sic] Karlstadt, mit Vorwort und ernsthafter Lebensbeschreibung und Bildunterschriften von ihm selbst, sowie zwei Aufsätzen von Tim Klein und Wilhelm Hausenstein“. Und nun, 2019, ist es noch einmal erschienen,
bei Schirmer/Mosel, schöner als je zuvor.
„Unser Anteil am Westen“
(2019)
Am Ende seines Lebens konnte Wilhelm Hausenstein, der 1882 in Hornberg geboren worden war, von sich sagen, er habe „seit Kindesbeinen von meiner schwarzwäldischen Heimat her immer nach dem Elsaß auf die natürlichste und nächste Weise hinübergelebt“. Der Blick ging talabwärts, den Bächen und Flüssen nach, hin zum Rhein, ins Offene, Weite. Und nicht von ungefähr folgte dieser Blick dem Weg, den einst die Flößer genommen hatten, unter ihnen einer der Urgroßväter Hausensteins, der legendäre Johann Armbruster aus Wolfach. Er folgte zugleich der alten Poststraße, die von jeher Wien mit Paris verband. – Dagegen hat Hausenstein „oft erzählt, wie die Hornberger Schulbuben zur nahegelegenen Staatsgrenze, nach Schramberg zu, hinaufstiegen und den jenseits vermuteten württembergischen Bundesbrüdern ins Blaue hinein Beschimpfungen zuriefen“. Es war klar, wem die Sympathien galten, und wem nicht.
Wolf und Wappen
(2018)
Der Wolf kehrt, wie man hört, zurück – nachdem er schon einmal dagewesen ist und seine Spuren hinterlassen hat; auch in
der Ortenau, und an sichtbarer Stelle. So zeigt etwa das Wappen von Rammersweier einen schreitenden, rotgezungten schwarzen Wolf (was wohl weniger auf den angeblichen, durch mündliche Überlieferung begründeten Übernamen der Einwohner als vielmehr auf ein wirkliches Vorkommen des Tieres zurückgeht, woran in der benachbarten Gemarkung Zell-Weierbach noch der Gewannname „Wolfsgrube“ erinnert). Das Wappen von Oberwolfach zeigt, wie nicht anders zu erwarten, einen angreifenden roten Wolf; aber das der Stadt Wolfach selber keinen, sondern eine sogenannte Wolfsangel, nämlich einen „facettierten“, d. h. geschliffenen Doppelhaken, über dessen Bedeutung die Meinungen weit auseinandergehen. Aber vielleicht gelingt es, das diesbezügliche Dunkel ein wenig zu erhellen.
Wallfahrtswege
(2016)
Dem Wallfahrtswesen, und nicht nur dem christlichen, liegt
der Glaube zugrunde, dass Gnade an bestimmte Orte gebunden
und nur an ihnen zu gewinnen sei; an Orte, an denen Wunder
geschahen und die sich selber einem Wunder verdankten (oder
über besonders wirksame Reliquien verfügten). Und der Glaube,
dass man diese Gnade nur dadurch gewann, dass man einen
weiten oder wenigstens schweren, beschwerlichen Weg auf sich
nahm.
Bemerkungen über den Salm
(2000)
„Das Einhorn lebt von Ort zu Ort/nur noch als Wirtshaus fort.“ Was Christian Morgenstern vom Einhorn sagte, hätte er auch vom Salm sagen können; nur daß es diesen (anders als jenes) wahrhaftig gab und sogar noch gibt; nur eben nicht mehr dort, wo die Wirtshäuser noch seinen Namen tragen. Nach dem Salm nennen oder nannten sich Wirtschaften in Karlsruhe, in Rastatt und Rotenfels, in Baden-Baden, in Lichtenau, in Offenburg, Zunsweier und Wolfach, in Friesenheim, Ettenheim und Herbolzheim, in Weil, Laufenburg, Jestetten und anderswo wohl auch. Aber dort, wo diese Orte liegen, also am Rhein
und an seinen Nebenflüssen, denen die Aufzählung in aufsteigender Linie folgte - dort gibt es schon lange keine Salme mehr.
Am 9. Dezember 1933 brach Patrick Leigh Fermor, 18 Jahre alt, in London zu einer Reise auf, die ihn bis nach Istanbul führen und deren Beschreibung ihn viele Jahre später berühmt machen sollte; es gibt kaum etwas, was mit ihr zu vergleichen wäre. Auf seinem Weg kehrte der Reisende für einen Tag in Bruchsal ein, wo ihn das ehemals fürstbischöfliche Schloss mehr beeindruckte als alles davor und vieles danach.
Jemand, der malt
(2001)
Jemand, der malt, spricht in Bildern, also in Farben, Formen und Figuren; ihnen mit Worten zu entsprechen fällt dem, der schreibt, schwer. Denn die Worte dürfen sich nicht vor die Bilder stellen oder gar an deren Stelle treten wollen (was aber leider oft geschieht); sie müssen den Weg beschreiben, der zu ihnen hin und in sie hinein führt, und dann verstummen. Wer sie gehört oder gelesen hat, darf sie auch wieder vergessen - sobald er zu sehen beginnt. Dazu sind sie da, und sonst zu nichts.
Dreimal Karlsruhe
(2006)
Gar manche künstlich hinaufgeschraubte ehemals kleinfürstliche Residenzstadt sank wieder zum unscheinbaren Landstädtchen
herab, welches uns nur noch durch ein verwaistes Schloß und heruntergekommene Adelssitze an seinen früheren Glanz erinnert. Andre künstliche Städte sind aber auch weit über ihren Ursprung hinausgewachsen und behaupten jetzt eine steigende innere Notwendigkeit. (…) Als Beispiel nenne ich Karlsruhe. W. H. Riehl, Land und Leute (1899)
Und das ewige Licht ...
(2007)
Der Vater von Wilhelm Hausenstein stirbt früh; der Trauergottesdienst findet in Karlsruhe, in St. Stephan, statt. Auf den Sohn, der im evangelischen Glauben der Mutter aufgewachsen ist, macht dieser Raum und macht die ganze heilige Handlung einen tiefen Eindruck. „Am meisten aber berührt ihn das rubinrot glühende Licht der Ampel in der Kirche.“
Eigentlich hatte man ja gedacht, es sei alles schon gesagt: zumindest über die Jahre, die Wilhelm Hausenstein als erster konsularischer und diplomatischer Vertreter Deutschlands in Paris verbrachte und in denen er versuchte, das Eis zu brechen, ja zum
Schmelzen zu bringen. [1] Und war nicht auch schon alles über die
Schwierigkeiten gesagt, die man ihm, wie nicht anders zu erwarten, in Frankreich machte, aber ebenfalls in Deutschland? Offenbar nicht.
Da steht er nun, der Stier
(2010)
Da steht er nun, der Stier, vielmehr: er stürzt, fällt, bricht zusammen, so wie es die Legende erzählt. Denn in ihr heißt es, dass sich die fünf am Korker Wald beteiligten Dörfer einst nicht einigen konnten, weil sie nicht wussten, wo die Grenzen eben dieses Waldes lagen. „Also rufft jederman gott an, daz irgen ein from mensch erschine, daz anweisunge gebe, wie die Dinge zu vertragen werent. Also gab ein erbar person den rat, man sollt nehmen ein Wucherrint, das ein pfor [Farren, Stier] were, daz soll fünft jar alt sin und sol es instelen, daz es weder sonn noch monne in jar und tag nit sehe. Ist geschehen und uff dem Rindschedel [Gewann bei Zierolshofen] erzogen worden."
Die guten Schwestern
(2009)
Wir hier in Rastatt erinnern uns doch noch gut an die guten Schwestern: an Adelaria, Aldrich, Bruno, Christa, Dionysia, Ida, Johannita, Luisiana - oder etwa nicht? Sie hießen „Niederbronner Schwestern" nach ihrem Mutterhaus im Elsaß, oder „Bühler Schwestern" nach dem Mutterhaus ihrer badisch-hessischen Provinz, oder „Schwestern vom Allerheiligsten Heiland", wohnten im Marienhaus in der Engelstraße und wirkten in der Nähschule und der häuslichen Krankenpflege; ihre Mitschwestern vom selben Orden führten das Waisenhaus am Leopoldring und den Kindergarten am Rohrersteg. Und es gab auch noch die „Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul" oder „Vinzentinerinnen" mit ihren großen weißen Flügelhauben, die im Konvikt, im Altersheim, im Krankenhaus und im Kindergarten in der Engelstraße tätig waren. Und es gab die „Schwestern vom Guten Hirten", die sich im Maria-Viktoria-Stift um schwererziehbare Mädchen kümmerten. Aber jetzt gibt es in Rastatt gar keine Schwestern mehr; und auch in den anderen Städten und Dörfern in der Ortenau, zu deren Bild sie einst gehörten, sieht man sie nicht mehr.
Dass wir uns heute hier versammelt haben, hat einen guten Grund, zumindest einen Anlass, oder vielmehr einen doppelten: 125 Jahre sind vergangen, seit Wilhelm Hausenstein in Homberg im Schwarzwald geboren wurde, und 50 Jahre, seit er in München starb. Und wenn wir schon mit Zahlen spielen, dann müssen wir auch die beiden Daten, die wir feiern, genauer
betrachten, um die Zeitgenossenschaft dessen, den wir feiern, besser zu begreifen. Als er geboren wurde, 1882, wurden auch James Joyce, Jean Giraudoux, Georges Braque, Igor Strawinsky geboren; als er starb, 1957, starben auch Alfred Döblin, Valery Larbaud, Curzio Malaparte, Constantin Brancusi, Henry van de Velde, Arturo Toscanini, Jan Sibelius. So also hießen die Zeitgenossen; und die Zeit hieß - in Deutschland - Zweites Kaiserreich, Erster Weltkrieg, Weimarer Republik, Drittes Reich, Zweiter Weltkrieg, Bundesrepublik. Es waren 75 Jahre, nicht viele; aber sie hatten es in sich.
Wilhelm Hausenstein und das Morgenland? Über diesen Titel, dieses Thema wird sich zunächst, und zu Recht, auch der wundern, der Hausenstein kennt – ihn, der doch ein durchaus abendländischer, ein westlicher Mensch war, der auch die Grenzen Westeuropas kaum je überschritt; eigentlich nur einmal, und erst spät, nämlich 1929, als er nach Jugoslawien reiste. Da erst ging ihm, wie er schrieb, „das Morgenland auf“.
Die Geschichte ist schon mehrmals erzählt worden, und sie soll, wenn überhaupt, hier nur in aller Kürze nacherzählt werden; nämlich die Geschichte von dem spanischen Priester Joseph von Calasanza und von denen, die sich im Jahre 1597 in Rom mit ihm zusammentaten, um arme Kinder zu unterrichten; und von dieser rasch wachsenden, sich auch rasch ausbreitenden Gemeinschaft, die 1617 zu einer Kongregation, 1621 zu einem Orden erhoben wurde – dem „Ordo Clericorum Regularium
Pauperum Matris Dei Scholarum Piarum“.
In Wieden
(2012)
In Wieden, einem sonst nicht sehr bekannten Dorf im Schwarzwald, amtierte von 1884 bis 1892 der Pfarrer Konrad Gröber. Er stammte aus Meßkirch und hatte dort einen Bruder, der Alois hieß und Schreiner war; und dieser hatte eine Tochter und zwei Söhne, von denen einer wiederum Konrad hieß. Auch dieser Konrad wollte Priester werden; der Vater war dagegen,
der Onkel in Wieden aber dafür, und daher ging’s dann doch von Meßkirch nach Konstanz aufs Gymnasium, nach Freiburg auf die Universität, und schließlich sogar noch nach Rom ins ›Collegium Germanicum et Hungaricum‹. Dort hat der junge Gröber von 1893 bis 1898 ein Tagebuch geführt, das ein Rom beschreibt, das es längst nicht mehr gibt; das aber auch, aus der Erinnerung, die Orte beschreibt, an denen er seine Kindheit und Jugend verbrachte – und so auch Wieden.
Ein Baum und eine Schaukel
(2008)
Dass die Eindrücke, die man als Kind empfing,
nicht verlöschen, selbst „in ihren kleinsten
Teilen“ nicht, hat schon Goethe behauptet
(und in seinen autobiographischen Schriften
auch bewiesen). „Man denkt doch am längsten
dran, was einem in der Jugend begegnet ist“2,
heißt es auch bei Johann Peter Hebel; was der
sogenannte Hausfreund freilich ganz natürlich
findet, denn „man hat am längsten Zeit, daran
zu denken“3. Und woran denkt man dann? An
Ereignisse, Erlebnisse, an Menschen und an
Dinge; ja, auch an Dinge, die etwas bedeuteten,
auch wenn man oft nicht wusste, was es war;
vielleicht war es ja das Leben, das eigene,
selbst.
Bruder Eusebius Kassel
(2009)
… fast allein in der Schwellung und
Schwingung der Hügelketten (…) scheint der
Süden sich auszudrücken. Aber so wellen sich
auch die Rebenhügel zwischen Schwarzwald
und Rhein. Und wie dort grünen auch um Assisi
Eichen und großblättrige Linden; flammt der
Mohn im hohen Korne auf, wiegt sich die Kornblume,
noch tiefer zwischen den Halmen verborgen;
umkränzen die Reben zerfallene Burgen.
Reinhold Schneider, Assisi
Was konnte einer erwarten, der im Jahre
1878, am 11. Februar, in Würmersheim geboren
wurde? In einem Dorf, das damals 350 Einwohner
hatte und von dem es noch ein halbes
Jahrhundert später1 hieß, es gehöre „zu den
geringsten, unansehnlichsten und eines zivilisatorischen
Anstrichs am meisten bedürftigen
Gemeinden“ und sei „wie eine vergessene Siedlung“?
Und in einem winzigen Häuschen in der
Auer Straße Nr. 1? Und als achtes von zwölf
Kindern (drei Jungen, neun Mädchen in dichter
Folge) des Mesners Johann Kassel und
seiner Frau Katharina, geb. Martin? Andreas
Kassel konnte nicht viel erwarten.
Das Augustinerkloster in Beuron, das um 1077 gegründet und 1802 aufgehoben wurde, war „während seines Bestehens ohne
Bedeutung geblieben" : ein so harter wie wahrer Urteilsspruch. Aber für das Benediktinerkloster, das 1863 - also vor nunmehr
150 Jahren - an seiner Stelle, und als erstes deutsches nach der Säkularisation, gegründet wurde, galt er nicht; ganz im Gegenteil. Nun blühte Beuron auf, strahlte aus, brachte eine lange Reihe von Tochterklöstern hervor. Sie bildeten bald eine eigene Kongregation, die mit ihrer Disziplin, ihrer Dynamik, ihrer explosiven Expansion über die Grenzen hinweg als „Leitstern und Schrecken der benediktinischen Welt zugleich" betrachtet wurde. Aber auch das Mutterkloster selber war und blieb ein Ort, der weithin wirkte und ungezählte Menschen, oft ganz gegen ihren Willen, in seinen Bann schlug.
Einmal und nie wieder
(2011)
Emil Sutor wurde am 19. Juni 1888 in Offenburg geboren. Dort
erhielt er auch seine erste - und zwar gründliche, handwerkliche
- Ausbildung als Holzbildhauer in der Werkstatt von Simmler
und Venator, die viele Kirchen belieferte. [1] Von 1907 bis 1909
studierte er an der Karlsruher Kunstakademie bei dem bekannten,
ja berühmten Hermann Volz; von 1910 bis 1911 arbeitete er
unter Bruno Wollstädter in Leipzig und bildete sich anschließend
in Dresden, München, Stuttgart und Paris weiter. Danach, 1913,
kehrte er nach Offenburg zurück, wo er eine „ Werkstatt für Friedhofskunst" gründete. Dann kam der Krieg, der ihn an verschiedene Fronten führte. Im Jahre 1919 fand er sich wieder bei Volz
in Karlsruhe ein, nun, und bis 1921, als dessen Meisterschüler. In
Karlsruhe lebte er, vielbeschäftigt, bis ihm der Tod am 13. August
1974 den Meißel aus der Hand nahm. [2]
Vom berühmten Rastatter Maß
(2003)
Von Rastatt sagt ein Buch, das 1725 in Frankfurt und Leipzig erschien, dass es „groß/und wegen der großen Maß/berühmt" sei. Und dass es „insonderheit wegen des grossen Maasses berühmt" sei, steht auch in dem betreffenden, 1741 in Halle und Leipzig erschienenen Band der berühmten Zedlerschen Enzyklopädie. (Und beide Male steht es gleich im ersten Satz.) Im Jahre 1799 kam dann, in Dortmund, die „Jobsiade" von Karl Anton Kortum heraus: eine komische Biographie des recht nichtsnutzigen Kandidaten Hieronimus Jobs aus Sulz- oder Schildburg in Schwaben, der jedoch, nach vielen Verwirrungen, schließlich Pfarrer von Ohnwitz wird, nachdem der bisherige Amtsinhaber plötzlich das Zeitliche gesegnet hat.
Über Heinrich Hansjakob, den man als einen Volksschriftsteller kennt, kann man geteilter Meinung sein; aber es läßt sich nicht leugnen, da[ss] er, als einer der ersten, die Lebensläufe der kleinen Leute niederschrieb, um die sich sonst keiner kümmerte, über die sonst keiner etwas wissen wollte. Einer von ihnen war Theodor Armbruster (1815-1898), der als Seifensieder und Holzhändler in Wolfach lebte. Und hinter ihm, den Hansjakob ins Zentrum einer eigenen Erzählung stellte, wird die alle und alles überragende Gestalt seines Vater sichtbar - die des Schiffers, d.h. Flößers Johann Armbruster (1786-1872), auch ,Jean' oder ,Schang' oder ,der starke Hans' genannt. Er war, wie Hansjakob berichtet, ,,wohl das angesehenste Haupt aller Schiffer im Kinzigtal, und wenn er nach Hasle kam und beim Frankfurterhans, seinem Schwager, vorfuhr, hatte alles Respekt, als ob ein Fürst käme. Er war aber auch ein Wald- und Holzfürst und ein kreuzbraver Mann alten Schlags". Seine größte Leistung bestand darin, daß er Flöße mit einer Länge von über 2.000 Fuß und einer Besatzung von 40 bis 50 Mann nach Holland hinunter steuerte, einmal sogar bei Nacht durch die Kölner Rheinbrücke hindurch, weil sich das Ungetüm nicht mehr rechtzeitig anhalten ließ. Hansjakob hat da Ereignis ausführlich nacherzählt.
Keine Spur?
(2001)
Das letzte Wort in dem letzten Buch, das Marie Luise Kaschnitz schrieb, war: Spur. „Ich gehe immer weiter, weiter nach Osten, und meine Füße hinterlassen keine Spur.“ Was sie beschrieb, war, wie so oft, ein Traum - in Wirklichkeit hat sie sehr wohl eine Spur hinterlassen, nämlich ein Werk, und zwar gar kein kleines, schmales: Gedichte, Erzählungen, Romane,
Hörspiele und die tagebuchartige Prosa, die sie am Ende am liebsten schrieb; insgesamt rund 30 Bücher. Ein großes Werk also, aber auch ein einheitliches, d. h. eines, das durch thematische Klammern zusammengehalten wird; und eine von ihnen, ja sogar eine von den stärksten, ist die autobiographische. Schon 1961 hat Horst Bienek in einem seiner sogenannten Werkstattgespräche gefragt, ob „das Werk eines Schriftstellers [...] ohne autobiographische Elemente denkbar“ sei; und Marie Luise Kaschnitz hat geantwortet: „Ich glaube, dass niemand ohne eigene Erfahrungen zu verwenden schreiben kann. Es müssen aber nicht immer ausgewachsene Erlebnisse sein. Es können Keime von Erlebnissen sein, auch Keime von Anlagen und Ansichten, die man in sich trägt und die man dann literarisch entwickelt, Möglichkeiten also, die im eigenen Leben vielleicht niemals zur Entfaltung kommen. Je reicher ein Schriftsteller ist, desto größer sind seine eigenen derartige
Möglichkeiten, also das, was man seine Phantasie nennt. Ich bin in dieser Beziehung nicht besonders begabt.“
Es gibt fromme Bilder, denen man auch außerhalb des Kirchenraums auf Schritt und Tritt begegnet: am häufigsten dem des
gekreuzigten Jesus, dann dem seiner Mutter Maria. Doch schon an dritter Stelle folgt, überraschenderweise, das des heiligen Johannes Nepomuk. Dafür, dass er auch im mittelbadischen Raum, und im 18. Jahrhundert, unzählige Male dargestellt wurde, gibt es gute Gründe.
Die sogenannte ,Beuroner Kunstschule‘ lebt, wie es scheint, nur noch in ihren Werken weiter; doch noch immer läßt sich nicht endgültig sagen, was an ihnen ist, was von ihnen bleibt. Schon Joris Karl Huysmans, gewiß ein großer Kenner, dem sie im fernen Paris vor Augen kamen, fand, daß sie „bei all den banalen und schwachen Stellen, den zu vielen geschmacklosen und aufdringlichen Einzelheiten (...) merkwürdige und starke Momente“ hätten, daß sie ausnahmslos eine „fast beredte Sprache“ sprächen, ja daß aus ihnen ein „Strahl echter Glaubensinbrunst“ dringe.
Der "Verlag der Schulbrüder" in Unterkirnach und die Verehrung der heiligen Theresia vom Kinde Jesu
(2017)
Das Ende des Ersten Weltkriegs war zugleich der Anfang eines Aufbruchs, wie ihn Deutschland noch nicht gesehen hatte; und nicht zuletzt auf religiösem Gebiet. Er fand seinen unmittelbaren Ausdruck in einem stetig anwachsenden Schrifttum, dem der Leser oft ratlos gegenüberstand. Nun kamen vor allem die alten katholischen Verlage wieder zum Zuge, die ihm die Wahl erleichterten: Herder in Freiburg, Kösel in München, Pustet in Regensburg, Benziger in Einsiedeln. Aber neben ihnen erschienen auch neue und hatten großen Erfolg: so etwa der „Verlag der Schulbrüder“, der sich 1919 in deren deutschem Mutterhaus „Maria-Tann“ in Unterkirnach bei Villingen konstituierte.
Von Baden nach Amerika
(2003)
Das Leben, dessen Lauf hier nachgezeichnet wird, ist beispiellos, ja fast bizarr zu nennen; in ihm traf zusammen, was sonst nie zusammentrifft. Aber zugleich ist es auch beispielhaft für die vielen Biographien derer, die, mit wenig mehr als Gottvertrauen ausgerüstet, im 19. Jahrhundert ihre badische Heimat verließen, um in Amerika eine neue zu suchen; und die nur auf diese Weise den geistlichen Beruf ergreifen konnten, den sie erstrebten — oder denen nur dadurch, dass sie ihn ergriffen, die Ausreise gelang. Von vielen ist nur wenig oder nichts bekannt; aber die Geschichte des Joseph Albrecht handelt auch von ihnen, indem sie die Schwierigkeiten zeigt, die auch sie bewältigen mussten, und die sie oft besser bewältigten als er es tat.