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Günther Müller †
(2016)
Günther Müller verstarb am 2. Dezember 2015
im Alter von 90 Jahren in Rheinstetten-Mörsch
bei Karlsruhe. Seine Liebe gehörte der Vogelwelt, dem Naturschutz und seiner Frau Maria,
die ihn bei vielen seiner Aktivitäten in der Freizeit
begleitete. Prägend für die Naturschutzverwaltung war insbesondere seine Zeit als Leiter der
Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspfege in Karlsruhe (BNL) von 1972 bis 1987.
Aber auch als ehrenamtlicher Naturschützer war
er sehr aktiv. Als Pensionär hatte er noch lange
Jahre im Karlsruher Naturkundemuseum einen
Arbeitsplatz.
We provide a short history of the development of the Höwenegg quarry between 1985 and 1996, the rationale for continuing the excavations in 2003, and the progress made during the 2004-2006 campaigns. In the 2004 field season we completed our excavation at the western extent of the Main Höwenegg Trench, and retrieved a disturbed Miotragocerus skeleton in close proximity to the other two skeletons retrieved in 2003. We also opened a 5 m thick section in a trench 50 m north of the JÖRG and TOBIEN Quarry, and established the presence of vertebrate fossils and even richer deposits of fossil plant material. The 2005 and 2006 field seasons were dedicated to establishing and opening a new quarry adjacent to, and on the immediate western border of the Main Höwenegg Trench. The establishment of this new Western Quarry required extensive support from the Town of Immendingen for cutting down trees, removing a 1 m thick soil horizon with a
thick mat of roots, and undertaking trenching and bulldozing of disturbed sediments. The Western Quarry, approximately 100 m² in area, was extensively excavated by stratigraphic horizon, and initial correlations to the JÖRG and TOBIEN stratigraphic section made. We provide here statistics on the relative percentages of biotic elements collected, and their representation in our excavations. These analyses demonstrate that Unit 11, a marl where the Miotragocerus and Trionyx skeletons were excavated in 2003 and 2004, is both the richest and contains the most diverse biotic elements at the Höwenegg. These horizons were not excavated in 2004-2006 in the new Western Quarry, but will be in the 2007 field season.
Überreste von Carnivoren finden sich in fossilen Säugetierfaunen meist selten. Dies liegt an der relativen Häufigkeit von Beutegreifern und Beute wie wir sie heute kennen. Das bisher bekannte Wirbeltierinventar der Fossilienlagerstätte Höwenegg steht beispielhaft für diese Aussage. Während die Ungulaten häufig, oft mit kompletten Skeletten gefunden werden, liegen die Carnivoren ausschließlich als isolierte Skelettelemente oder Bezahnungsreste vor, wobei einige Formen nur durch einzelne Belege nachgewiesen sind.
Paradiese aus zweiter Hand
(2022)
Sonntagsausflug im Frühling im Ried. Wir radeln durch die topfebene Landschaft und erfreuen uns an den blühenden Obstbäumen, die verstreut oder gruppiert in der Landschaft stehen. Darunter Wiesen mit gelben Farbtupfern aus Löwenzahn. Diese gruppierten Obstbäume auf Wiesen sind vielen von uns heute als Streuobstwiesen bekannt. Wäre es möglich durch die Zeit zu reisen, dann würden wir vor 100 Jahren noch viel mehr von diesen Obstbäumen sehen. Würden wir 30 Jahre in die Zukunft reisen, vielleicht gar keine mehr. Das sagen uns Zahlen aus den 1930er Jahren und heutige Prognosen für das Jahr 2050, wenn der Rückgang der Streuobstwiesen im gleichen Tempo weitergeht, wie seit Mitte des letzten Jahrhunderts. Vielen von uns ist es nicht bewusst, dass die Gesamtfläche der Streuobstwiesen seit den 1950er-Jahren drastisch zurückging. Ein Prozess, der immer noch in vollem Gange ist. Denn nur wenn man genauer hinschaut, sieht man, dass einige dieser Baumgruppen bereits recht lückig sind, dass Bäume zerzaust und ungepflegt aussehen, und die Flächen zum Teil verbuschen. Und nur wenn man eine Region gut kennt, bemerkt man auch, wenn Streuobstwiesen wieder einmal neuen Häusern weichen mussten.
Weg von der Insel
(2018)
300 Millionen weniger Vögel in Deutschland und Europa seit den 1980er Jahren: Diese Meldung hat es in den letzten Monaten bis in die Leitmedien geschafft. Dabei wird vor allem der Rückgang der Vögel der Agrarlandschaft hervorgehoben. Zwischen 1990 und 2013 verschwanden in Deutschland 35 Prozent aller Feldlerchen, 80 Prozent aller Kiebitze und 84 Prozent aller Rebhühner. Auch in der südlichen Ortenau blieb der Rückgang der Artenvielfalt nicht unbemerkt. So konnte die Fachschaft für Ornithologie Südlicher Oberrhein der Entwicklung der Vogelarten im Gebiet nur eine negative Bilanz bescheinigen. Im Zeitraum zwischen 1959 bis 2009 wurde das Aussterben von 20 Vogelarten festgestellt. Etwa genauso viele Bestände von Brutvögeln gingen in diesem Zeitraum stark zurück oder waren stark gefährdet. Inzwischen sind also nicht nur die Spezialisten unter den Vögeln, sondern auch die Allerweltsvögel bedroht. Der NABU Südbaden konstatiert bei der „Stunde der Gartenvögel“ für den Ortenaukreis zwischen 2001 und 2016 gleich für mehrere Vogelarten einen Rückgang. Bei der Mehlschwalbe beläuft er sich auf fast die Hälfte, beim Distelfink auf zirka 40 Prozent. Der Rückgang einzelner Vogelarten ist allerdings nur die Spitze des Eisbergs.
Ludwig V. und seine Brüder
(2015)
Mit der Revolution von 1525 beginnt die Geschichte der deutschen Demokratie. Bei dem Historiker Peter Blickle, der die Bauernkriegsforschung auf neue Füße stellte, heißt es: „Die vorwaltende mittelalterliche Vorstellung, Herrschaft sei eine angeborene und gottgewollte Fähigkeit des Adels wurde substituiert […] durch die Überlegung, Herrschaft werde durch einen willentlichen Akt des politischen Zusammenschlusses konstituiert.“ Trotz seiner vernichtenden Niederlage hat sich der Aufstand des Gemeinen Mannes, den auch die Zeitgenossen schon verkürzend „Bauernkrieg“ nannten, tief in das deutsche Gedächtnis eingebrannt. Generationen von allgemein und regional Forschenden haben nicht nur Quellen gesichtet und narrative Zusammenhänge geprägt, sondern auch verschiedenartige Deutungen erarbeitet. Von Interesse könnte die Feststellung sein, dass zwei der bedeutendsten Bauernkriegshistoriker in Heidelberg waren: Günther Franz lehrte hier von 1935 bis 1937 Mittlere und Neuere Geschichte; obwohl er
sich nach 1945 von der NS-Ideologie nie lossagte, ist seine Forschungsleistung unbestritten. Max Steinmetz begann sein Studium 1932/33 in Heidelberg als NS-Student und schloss es 1940 in Freiburg mit einer Dissertation über Ludwig V. ab. Erst in sowjetischer Kriegsgefangenschaft wurde er zum Marxisten und später zum führenden DDR-Historiker des Bauernkriegs. Aber dieses forschungsgeschichtliche Panorama kann hier nicht eröffnet werden. Die Ereignisse des Jahres 1525 für Heidelberg darstellen zu wollen, erschiene ein müßiges Unterfangen. Heidelberg war 1525 keine ‚Zitadelle des Aufruhrs‘ wie 1968, sondern eine Zitadelle der Repression. Auf dem Schloss sammelten sich einige aus ihren Residenzen vertriebene Landesherren, und von hier aus startete der vernichtende Feldzug gegen die Bauernheere im Kraichgau, in Franken und in der Pfalz. In der Residenzstadt selbst blieb es äußerlich ruhig.
Als im November 2013 die Denkmaltopographie für den Stadtkreis Heidelberg (im Folgenden DT) mit ihren über 1200 Seiten in zwei Bänden herauskam, waren die ersten Reaktionen in der Presse, bei den öffentlichen Persönlichkeiten und im Bekanntenkreis sehr euphorisch: Soviel Neues an Geschichte, Beschreibungen und Deutungen des Wohnumfelds waren zu entdecken. Im privaten Kreis schlugen nach ein paar Wochen die Reaktionen um: Alle hatten nun einen oder mehrere Fehler gefunden, Widersprüche oder Lücken entdeckt. Viele Fragen erreichten uns. Der Geschichtsverein lud daraufhin zu einer Fachkonferenz Denkmaltopographie ein, die am 26. September 2014 in der Volkshochschule Heidelberg stattfand. Die Teilnahme war lebhaft, fast alle Stadtteile waren vertreten. In der Einladung waren Stellungnahmen zur Bewertung der Denkmaltopographie erbeten. Die Konferenz hatte einen ergiebigen Verlauf. Es gibt ein knappes Protokoll, ein paar Statements, E-Mails und den Auftrag an mich, einen Bericht zu schreiben. Der Tenor war sehr einhellig: Die DT wurde als wichtiges Hilfsmittel für die Stadtforschung begrüßt, im Detail fehlte es dann nicht an Kritik, Korrekturen und Fragen. Im Folgenden will ich meinem Auftrag gerecht werden, indem ich mich weitgehend auf solche Themen und Beispiele beschränke, mit denen ich selbst mich befasst habe. Darüber hinaus gilt mein Dank allen, die mit ihren Anregungen zur Diskussion beigetragen haben. Besonders hervorheben will ich die Beiträge von Georg Machauer zum Pfaffengrund, von Walter Petschan zu Wieblingen und von Tobias Städtler zu Ziegelhausen.
Für Montag, den 6. Oktober 1919 kündigte eine Zeitungsannonce einen Vortrag von Franz Rosenzweig aus Kassel an: „Die Stellung der jüdischen Religion unter den Weltreligionen“, abends um halb neun. Veranstalter war eine „Arbeitsgemeinschaft der jüdischen Jugend“, Vortragsort der Saal des kaufmännischen Vereins, Hauptstraße 77, Ecke Bienenstraße, „Eingang durch Kaffee Hohenzollern“. Der Eintritt war frei, Gäste waren willkommen. Dieser Auftritt des bedeutenden Religionsphilosophen soll im Folgenden nach den knappen Quellen dargestellt und in die Beziehungen Franz Rosenzweigs nach Heidelberg eingeordnet werden. Zum Inhalt des Vortrags ließen sich bislang weder ein Manuskript noch ein Pressebericht nachweisen. Der Zeitpunkt dieses Auftritts fällt allerdings ziemlich genau in die entscheidende Phase von Rosenzweigs Weg vom akademischen zum jüdischen Gelehrten. Weder in der Biografik Rosenzweigs noch in der Geschichte der Heidelberger Juden hat dieser Vortrag bislang Beachtung gefunden.
Vor elf Jahren habe ich in diesem Jahrbuch an die historische Bedeutung des Plättelswegs erinnert. Dabei bin ich auf dessen Trasse nicht näher eingegangen, weil sie mir allgemein bekannt zu sein schien. Manfred Benner weist 2006 im Archäologischen Stadtkataster auf die Diskussion um diesen Höhenweg und auf meinen Beitrag hin, ebenfalls ohne eine Streckenführung zu nennen. In zwei aktuellen Publikationen wird nun eine irreführende Lokalisierung vorgenommen. In dem Stadtführer „Heidelberg in Mittelalter und Renaissance“ schreibt Achim Wendt: „Wenn man zwischen der Molkenkur und dem Weg um die ‚Burgschanze‘ den Blick zu Boden richtet, fällt die linear aus großen Sandsteinplatten gebildete Wegbefestigung ins Auge, auf die sich die volkstümliche Bezeichnung ‚Plättelsweg‘ bezieht.“ Gemeint ist der westliche Abschnitt des Friesenwegs, der vom Molkenkurweg entlang der ehemaligen Steinbrüche bis zur Alten Burg führt. Bei meinen Waldführungen habe ich stets vermieden, über die Konnotation ‚Platten – Plättel‘ zu witzeln, um nicht falsche Deutungsmuster zu prägen. Aber Wendt meint es offenbar ganz ernst. Auch die Denkmaltopographie bringt ein Bild des Friesenwegs. Im Text schreibt Wolfgang Seidenspinner dazu: „Der an der Burgstelle vorbeiführende, mit Steinplatten befestigte ‚Plättelsweg‘, der durch die Burg bzw. Schanze gesperrt werden konnte, war zumindest mittelalterlichen Ursprungs, nach einer jüngst vorgetragenen These wird in ihm ein Abschnitt einer alten Fernverbindung von Worms her vermutet.“ Hier liegt derselbe Irrtum vor: Ein Weg, der weder aus dem Tal kommt noch über den Kleinen Gaisberg hinausführt, kann nie eine ‚Fernverbindung‘ gewesen sein. Im Folgenden will ich zunächst den Plättelsweg kartografiegeschichtlich belegen und die Stellen auflisten, an denen er heute wahrgenommen werden kann. Ein Exkurs
nähert sich dem Gelände östlich der alten Burg. Im letzten Kapitel soll die verkehrsgeschichtliche Bedeutung des Plättelswegs herausgearbeitet werden.
Im Innern der Heiliggeistkirche steht an der Nordwand eine Grabplatte. Sie zeigt eine junge Frau in wohlhabender Kleidung. Von der weithin zerstörten Inschrift sind hauptsächlich noch „Ostfriesland“ und die Jahreszahl „1552“ zu lesen. Gewidmet ist sie der Gräfin Anna Cirksena, geboren 1534 in Greetsiel, gestorben 1552 in Heidelberg. Greetsiel ist heute ein Teilort der Gemeinde Krummhörn an der Emsmündung in Ostfriesland und mit seinem kleinen Hafen und den beiden Windmühlen ein bedeutendes Tourismusziel.