Filtern
Erscheinungsjahr
Dokumenttyp
- Wissenschaftlicher Artikel (5531) (entfernen)
Sprache
- Deutsch (5531) (entfernen)
Gehört zur Bibliographie
- nein (5531)
Schlagworte
- Geschichte (389)
- Biografie (234)
- Baden (214)
- Karlsruhe (212)
- Freiburg im Breisgau (169)
- Villingen im Schwarzwald (152)
- Heidelberg (144)
- Nationalsozialismus (132)
- Villingen-Schwenningen-Villingen (125)
- Oberrheinisches Tiefland (124)
Wie kann sich ein kommunales Kunstmuseum an einem Stadtjubiläum beteiligen? Mit einer Ausstellung bedeutender historischer Künstler, die am Ort studierten wie Emil Nolde oder Otto Modersohn, mit Künstlern, deren familiäre Wurzeln
in der Stadt liegen wie Lyonel Feininger oder mit international renommierten Malern, die hier tätig waren wie Karl Hubbuch,
Georg Baselitz, Markus Lüpertz oder Per Kirkeby? Zu allen Genannten zeigte die Städtische Galerie Karlsruhe in den letzten drei Jahrzehnten umfangreiche Schauen. Seit ihrem Bestehen widmet sie sich aber auch in unregelmäßigen Abständen der Baugeschichte der Stadt, vorwiegend aus Zeiten, als die Architekten ganzheitlich planten: von der Gebäudehülle bis zu Alltagsgegenständen wie Möbel, Geschirr oder gar das Kleid der Hausherrin. An diese Tradition knüpfen wir nun im Jubiläumsjahr an und stellen das Werk des Architekten Friedrich Weinbrenner (1766–1826) in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten.
Der Maler und Architekt Alfred Siekiersky (1911–1991) gehört zu den zahlreichen Absolventen der Staatlichen Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe, die sich später einem Brotberuf zuwandten, die aber jede freie Minute für die künstlerische Tätigkeit nutzten. Bis zu seinem Tod 1991 entstand eine Vielzahl an Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Pastellen. Die Arbeiten Alfred Siekierskys sind geprägt von einer gleichwohl gegenstandsbezogenen wie abstrahierten Formensprache, die Strukturen großzügig zusammenfasst. Seine Gemälde zeigen ein sicheres Gespür für Komposition und einen feinen Sinn für Farbwerte und ihre nuancenreiche Abmischung.
Der Bearbeiter eines Mundartwörterbuchs ist manchmal im Zweifel, ob er diejenigen,
für die er „auch" zu schreiben glaubt, denn überhaupt erreicht, ob sie wissen, wo sie
in sprachlichen Zweifelsfällen Auskunft finden könnten, oder ob er nicht vielleicht
,,nur" für die Kollegen arbeitet.
Dieser Aufsatz soll daher nicht nur den Fachmann, den Dialektologen, ansprechen,
sondern er will besonders die Anrainer, Vertreter anderer, historisch oder philologisch
arbeitender Disziplinen, auf nützliche Arbeitsmittel aufmerksam machen
und ihnen einen Überblick über Bestehendes, einen Einblick in Aufbau und Voraussetzungen,
Zielsetzung und Besonderheiten der Dialektwörterbücher des alemannischen
Sprachraums geben.
Man hat früher in Mundartuntersuchungen sehr oft das Augenmerk nur auf
die „echte", die „gute, alte" Mundart gerichtet, und viele Mundartforscher
haben bis in die jüngste Vergangenheit hinein sich denn auch damit begnügt,
die Sprache der ältesten Ortseinwohner zu erfragen und sie in ihren „ohrenfälligsten"
Zügen darzustellen. In dieser Suche nach dem Alten, Unverfälschten
wurde und wird natürlich auch schon - implizit oder explizit - deutlich, daß
sich die Mundart wandelt und daß es zumindest von dem Moment an, wo man
an einem Ort Wandel konstatiert, auch keine homogene Ortsmundart mehr
geben kann.
Man hat nicht oft das Glück, auf anscheinend bisher noch unbekannte literarische
Mundarttexte zu stoßen, die zeitlich noch vor den Anfang des 19. Jahrhunderts
zurückreichen. In einem Schreibbüchlein des Pfullendorfers Johannes
Faigle, "burger undt schuemacher", aus den Jahren 1746-1769, das in der Bibliothek
des Studienhauses der Herz-Jesu-Priester in Freiburg/Br. aufbewahrt wird,
hat sich das im folgenden abgedruckte Hochzeitsgedicht in schwäbischer
Sprache gefunden. Weitere Suche brachte eine z. T. abweichende und kürzere
Fassung zutage, die - ebenfalls ohne Verfassernennung - zusammen mit einer
"Heyraths Abred" auf einem Flugblatt überliefert ist, das etwa in der Zeit zwischen
1780 und 1800 gedruckt worden ist.
Eglosheim, Amsterdam, Antwerpen, Paris, Tübingen, Hohenasperg, Schaffhausen, Ludwigsburg, Kirschenhardthof, Haifa in Palästina. So lesen sich die Stationen des bewegten Lebens von Georg David Hardegg. Den größten Teil seiner 67
Lebensjahre verbrachte er - teils freiwillig, teils gezwungenermaßen - in Ludwigsburg und der nächsten Umgebung von Ludwigsburg. Mit den politischen und
sozialen Bewegungen seiner Zeit, die sich gerade hier lebhaft entwickelten, war er
auf verschiedenste Weise verbunden: Ein Revolutionär mit zwei Anläufen.
Georg David Hardegg kam am 2. April 1812 in Eglosheim zur Welt. Er war der
zweitälteste Sohn des »Hirsch«-Wirts Johann Friedrich Hardegg und dessen zweiter Frau Sabine, geborene Eiselen. Außer David, wie er genannt wurde, hatte die
Familie noch sieben Kinder, drei davon starben jedoch im Säuglingsalter. Die
Großfamilie Hardegg war in Ludwigsburg und Umgebung alteingesessen und
angesehen, ihr entstammten Kaufleute und Gastronomen. Davids Onkel Johann
Georg Hardegg war Medizinalrat und königlich württembergischer Leibarzt; von
seinen Söhnen, also Davids Cousins, wurde der eine später Militärschriftsteller
und Erzieher des Kronprinzen Karl, der andere gar württembergischer Kriegsminister.
Diese Umstände, die gesicherte wirtschaftliche Lage der Familie und ein aufgewecktes Wesen ermöglichten David den Besuch der Lateinschule bzw. des
Lyzeums in Ludwigsburg. Dort erhielt er die klassische humanistische Bildung,
und auf sein »Studium der alten griechischen und römischen Geschichte« verwies
er auch noch viel später. 1829 - David hatte gerade nach dem Willen seiner Eltern
eine Lehre als Kaufmann bei seinem Onkel in Ludwigsburg begonnen - starb sein
Vater. Die Mutter heiratete zwei Jahre später den Gutsbesitzer Jacob Friedrich
Schiedt, mit dem sie das Eglosheimer Wirtshaus weiterführte.
La douleur profonde
(2019)
Am Abend des 4. April 1783 traf eine kleine Reisegesellschaft in Paris ein. Es handelte sich um Markgräfin Karoline Luise von Baden und ihre Begleiter, ihren jüngsten Sohn Prinz Friedrich, Oberstallmeister Friedrich August von Üxküll, Hofdame Christine Franziska von Üxküll, Sekretär Georg Heinrich Vierordt und Vorreiter Martin Neukomm. Da die Markgräfin seit Anfang des Jahres wegen eines Treppensturzes und wegen des Todes ihrer langjährigen Sekretärin und Vertrauten niedergeschlagener Stimmung gewesen war, hatten ihr die Ärzte Ende März zur Luftveränderung und Ablenkung eine Reise nach Paris empfohlen. Sogleich waren die Vorbereitungen getroffen worden und in der Nacht auf den 1. April war die Fahrt – in großer Vorfreude auf Paris, aber unter striktem Inkognito, da sich die Markgräfin nicht imstande fühlte zu repräsentieren – losgegangen. Nachdem sie den 6. April mit Besichtigungen, Spaziergängen und einem Jahrmarktbesuch verbracht hatten, erlitt Karoline Luise abends in der Unterkunft einen Schlaganfall, der sie halbseitig lähmte. Mit der Nachricht dieses Vorfalls
wurde Vorreiter Neukomm nach Karlsruhe geschickt. Wegen des leichten Rückgangs der Lähmungserscheinungen und der geistigen Klarheit der Markgräfin hoffte man am Morgen des 8. April noch auf ihre vollständige Genesung. Am Mittag desselben Tages erlitt sie jedoch einen zweiten Schlaganfall und verstarb binnen weniger Sekunden.
Der rheinische Raum, und zwar vor allem der oberrheinische Kulturraum, spielt bereits im
12. Jahrhundert eine zentrale Rolle für den mittelhochdeutschen Minnesang. Seit etwa 1170/80
orientieren sich Lyriker aus dem Rheinland an romanischen Dichtungstraditionen, die sie –
nach dem Vorbild Heinrichs von Veldeke – in die deutsche Sprache übertragen. Eine Schlüsselstellung nimmt dabei bekanntlich Friedrich von Hausen ein, ein hochangesehener Ministeriale
des Stauferhofes, der zu den familiares et secretarii des Kaisers gehörte. Sein Dienstverhältnis
führte ihn mindestens zweimal nach Italien; er fiel im Mai 1190 auf dem Dritten Kreuzzug bei
einer Auseinandersetzung im heutigen Anatolien. Urkundliche Zeugnisse belegen seine Herkunft aus dem rheinpfälzischen oder rheinhessischen Gebiet; für den Erzbischof von Mainz hat
er ab 1170 mehrfach geurkundet. Die Adaption der provenzalischen Trobadorlyrik aus Südfrankreich bzw. der französischen Trouvèrelyrik aus dem Norden erfolgt dabei sowohl formal
als auch inhaltlich: Friedrich von Hausen und seine rheinländischen Zeitgenossen, also zum
Beispiel Ulrich von Gutenburg, um den sich das Oberelsass und ein kleiner rheinpfälzischer Ort
an der südlichen Weinstraße streiten, oder Bernger von Horheim (vom Westrand des Neckarbeckens), verwenden für einen Großteil ihrer Lieder den Typ der Kanzonenstrophe, welcher
der Romania entlehnt ist.
Einfach so …
(2006)
Im Vorfeld zu dieser Veranstaltung habe ich nachgefragt, ob es für diesen Hurst-Abend einen besonderen Anlass gibt – ob etwa eine Auszeichnung vorgesehen ist, irgendwo zwischen Wanderstockplakette vom Schwarzwaldverein und Nobelpreis, oder ob Harald Hurst ein runder Geburtstag ins Haus steht, zu dem sich die Gratulanten versammeln. Die Antwort war: Nein, man feire einfach so – und diese Antwort hat mir gefallen.
Der Osnabrücker Kirchenhistoriker Martin H. Jung behandelt 2014 in seinem inzwischen zu einem Standardwerk avancierten Studienbuch „Kirchengeschichte“ auch die Bedeutung von Kirchengeschichte in der Region: „Geschichte hat immer regionale und lokale Bezüge […] häufig kann die große Geschichte gerade an der Lokal- und Regionalgeschichte anschaulich werden. […] Unsere unmittelbare Umgebung ist wie ein aufgeschlagenes Religionsbuch oder ein geöffnetes Archiv.“ Zur „unmittelbaren Umgebung“ von Menschen, die in unserer Landeskirche tätig sind, gehören häufig die Pfarrämter und Dekanate mit ihren teilweise ausführlichen Archiven. In vielen Pfarrämtern findet sich neben der Sammlung der Verhandlungen der Badischen Landessynode meist auch das Gesetzes- und Verordnungsblatt. Beide
Publikationen sind also gut greifbar und bilden über die Jahrzehnte hinweg einen interessanten Schatz zur regionalen Kirchengeschichte Badens.
Im Staatsarchiv Freiburg findet sich ein bisher in der Forschung eher wenig beachteter Aktenbestand „Entnazifizierung evangelischer Pfarrer 1945-49“. Das Freiburger Staatsarchiv verwaltet als Teil des Landesarchivs Baden-Württemberg vor allem Bestände der Ministerien und Behörden des 1952 erloschenen Landes (Süd-) Baden sowie Verwaltungsunterlagen staatlicher Behörden im Bereich Süd-Baden seit 1806, des weiteren wichtige Dokumente aus der französischen Besatzungszeit. Zudem enthält das Staatsarchiv auch den – teilweise lückenhaften – Bestand sämtlicher Entnazifizierungsakten aus dem südbadischen Teil der französischen Besatzungszone. Die Entnazifizierungsakten von stärker NS-belasteten Personen, die deswegen interniert wurden, befinden sich im Archiv des französischen Außenministeriums „Centre des archives diplomatiques“ in La Courneuve bei Paris. Einen ersten Überblick zur Kirchenpolitik der französischen Besatzungsmacht lieferte Jörg Thierfelder bereits 1989. Zu diesem Zeitpunkt gab es zu diesem Thema noch überhaupt keine Publikation. Dabei wies Thierfelder darauf hin, dass die Franzosen im Gegensatz zu US-Amerikanern und Briten keine eigenständige Planung für die Kirchenpolitik in ihrer Besatzungszone hatten. Die Zeitspanne zwischen der Konferenz von Jalta im Februar 1945, auf der Frankreich eine eigene Besatzungszone zugesprochen worden war, und dem Einmarsch der französischen Armee nach Südwestdeutschland ab Ende März 1945 war hierzu viel zu kurz gewesen. Insgesamt stellte Thierfelder eine ausgesprochen freundliche Behandlung der beiden Kirchen durch die französische Besatzungsmacht fest, die sich positiv von der allgemeinen Behandlung der deutschen Zivilbevölkerung abhob. Für den Bereich der württembergischen Landeskirche gab es so gut wie keine Berichte über Hausdurchsuchungen von
Gottesdiensträumen oder Pfarrhäusern und von Beschlagnahmungen.
Im Jahr 1977 wurde die Bundesrepublik Deutschland von einer Welle terroristischer Straftaten in einem bisher nicht bekannten Ausmaß überzogen. Den Auftakt zu dieser Mordserie bildete das Attentat auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback am Gründonnerstag, dem 7. April 1977 mitten in Karlsruhe. Der Anschlag, dem auch die beiden Begleiter Wolfgang Göbel und Georg Wurster zum Opfer fielen, erschütterte das ganze Land und im Besonderen die Stadt Karlsruhe – der Staatsakt am 13. April 1977 fand in der Karlsruher Stadtkirche statt, zugleich die Bischofskirche der Evangelischen Landeskirche in Baden. Das Attentat hatte sich am 7. April 1977 gegen 9.15 Uhr auf der Linkenheimer Landstraße in unmittelbarer Nähe des Karlsruher Schlosses und des Bundesverfassungsgerichts abgespielt: der blaue Dienst-Mercedes von Generalbundesanwalt Buback wurde von einem Suzuki-Motorrad an einer Ampel überholt, der Beifahrer auf dem Motorrad eröffnete daraufhin mit einer automatischen Waffe sofort das Feuer auf Türen und Fensterscheiben des Dienstwagens. Der Mercedes von Generalbundesanwalt Buback rollte einige Meter weiter und kam an einem Begrenzungspfosten zum Stehen. Der Fahrer Wolfgang Göbel war tödlich getroffen, Generalbundesanwalt Buback erlag kurz danach auf einem Rasen am Straßenrand seinen Verletzungen, Georg Wurster verstarb am 12. April an den Folgen der schweren Verwundungen in einem Karlsruher Krankenhaus.
Heidelberg war nach West-Berlin und Frankfurt am Main eines der größten Zentren der Studentenbewegung Ende des 1960er Jahre. Dies ist umso überraschender, da die Stadt mit damals knapp über hunderttausend Einwohnern sich von ihrer Größe her
weder mit Frankfurt noch gar mit Berlin vergleichen ließ. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bezeichnete Heidelberg 1968 gar als Brennpunkt der Studentenrevolte, die Neue Zürcher Zeitung sprach von einer Zitadelle des Aufruhrs. Dies hatte verschiedene Ursachen, eine davon war sicher die hohe US-amerikanische Militärpräsenz in Heidelberg und im nahe gelegenen Mannheim. Im Heidelberger Stadtteil Rohrbach befand sich über Jahrzehnte hinweg in der Campbell-Kaserne das US-amerikanische Hauptquartier für Europa USAREUR (United States Army Europe). Diese hohe militärische Präsenz von tausenden amerikanischer Soldaten auf dem Höhepunkt des Vietnam-Krieges inmitten einer Universitätsstadt führte zu einer enormen Politisierung der Heidelberger Studentenschaft.
Bereits im September 1945, nur rund vier Monate nach Kriegsende, erschien das Gesetzes- und Verordnungsblatt (GVBL.) der Badischen Landeskirche wieder – die erste Ausgabe vom 13. September 1945 umfasste lediglich drei Seiten: einziger Inhalt war der erste Brief des badischen Landesbischofs Julius Kühlewein an alle evangelischen Gemeinden, den er schon am 26. Juni 1945 verfasst hatte. Die letzte Ausgabe des Gesetzes und Verordnungsblattes vor dem Kriegsende war am 11. November 1944 in Karlsruhe veröffentlicht worden. Nach den schweren Bombenangriffen auf Karlsruhe am 27. September und am 4. Dezember 1944, bei denen auch das Dienstgebäude des Oberkirchenrates in der Blumenstraße schwer beschädigt worden war, konnte das Gesetzesblatt nicht mehr hergestellt werden. Das Gesetzes- und Verordnungsblatt gehörte zu den ersten Publikationen, die die US-Amerikaner in ihrer Besatzungszone genehmigten. Auf der letzten Seite trug das GVBl. in den ersten Nachkriegsjahren den Lizenzvermerk der US-Besatzungsbehörde Mit Genehmigung der Publications Control 7.8.45 beziehungsweise später Mit Genehmigung der Publications Control Nr. 4785. Die ersten Ausgaben des Gesetzes- und Verordnungsblattes der Evangelischen Landeskirche in Baden sind ein beeindruckendes atmosphärisches Zeugnis über die Sorgen und Nöte jener ersten Nachkriegsjahre.
Berichte aus den Kirchenbezirken sind für die kirchliche Zeitgeschichtsforschung auch in Baden von großer Bedeutung, geben sie doch oft ein sehr ausführliches, durchaus selbstkritisches und beinahe flächendeckendes Bild der Landeskirche in
einer bestimmten Epoche ab. Der hier vorliegende Bescheid des Oberkirchenrates vom Juli 1982 behandelt die Hauptberichte der Bezirkssynoden, die 1981 zum Thema „Amtshandlungen der Kirche als Herausforderung zu missionarischem Handeln“ getagt hatten. Es ist der erste Bescheid in der Ära von Landesbischof Klaus Engelhardt (1980–1998) und gleichzeitig für lange Zeit der letzte Bescheid des Oberkirchenrates auf die Berichte aus den Bezirkssynoden. Das nächste Mal gab es einen solchen Bescheid erst wieder 1995 zum Sonderthema der Synoden „‚… Als Mann und als Frau‘ – in Kirche und Gesellschaft“. Bis 1963 waren diese Bescheide und die Themen der Bezirkssynoden allgemein-kirchlich gehalten, später gab es dann spezifische Fragestellungen. Aufgrund der Thematik bieten die Berichte von 1981 ein interessantes Bild der volkskirchlichen Situation in Baden zu Beginn der 1980er, das zwischen scheinbarer Stabilität („Beim Sterben ist die Welt noch in Ordnung“) und deutlichen
Krisensymptomen oszillierte.
„Die Kanzel ist das Thermopylä der Christenheit, da wird die Schlacht verloren oder gewonnen.“
(2019)
In den frühen 1960er Jahren standen Kirche und Gesellschaft am Beginn einer Ära der Reformen und der Aufbrüche. Mit dem Rücktritt Konrad Adenauers als Bundeskanzler und dem Beginn der Regierungszeit Ludwig Erhards im Oktober 1963 endete in der Bundesrepublik endgültig die Nachkriegszeit. In der katholischen Kirche hatte kurz zuvor im Oktober 1962 unter Führung des reformorientierten Papstes Johannes XXIII. das Zweite Vatikanische Konzil begonnen mit seinem Versuch, die katholische Kirche für die Moderne zu öffnen. In der bisher gesamtdeutschen EKD hatte der Mauerbau vom August 1961 die Teilung des Protestantismus in Ost und West verschärft, in den DDR-Landeskirchen begann eine eigenständige Entwicklung, die am Ende des Jahrzehnts 1969 zur Gründung des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR führte. Auch in der Badischen Landeskirche endete 1964 mit dem Dienstbeginn von Hans-Wolfgang Heidland als Landesbischof eine Ära: die 18jährige Bischofszeit von Julius Bender, der sein Amt kurz nach Kriegsende Anfang 1946 angetreten hatte.
Im Jahr 2020 ist das Evangelische Gesangbuch (EG) der Badischen Landeskirche seit 25 Jahren in Gebrauch – es wurde am Ersten Advent 1995 (3. Dezember 1995) in den evangelischen Gemeinden eingeführt. Der gesamte Prozess der Einführung des neuen EG innerhalb der Evangelischen Kirche Deutschlands dauerte insgesamt drei Jahre: er begann am Reformationstag 1993 mit Berlin-Brandenburg und war mit der Einführung in der württembergischen Landeskirche zum Ersten Advent 1996 beendet. 2018 kam in Baden der Ergänzungsband Wo wir dich loben, wachsen neue Lieder heraus, der – ähnlich wie die Anhänge ’71 und ’77 in den 1970er Jahren als Ergänzungen zum damaligen Evangelischen Kirchengesangbuch EKG – modernes und zeitgemäßes Liedgut den Gemeinden nahebringen möchte. Im Vorfeld des 200jährigen Jubiläums der Badischen Union 2021 sollen hier die vier badischen Gesangbücher aus den Jahren 1836, 1882, 1951 und 1995 mit einem Vergleich ihrer Vorworte in den Blick genommen werden. Innerhalb der neueren badischen Kirchengeschichtsforschung spielten Untersuchungen der Gesangbücher schon immer eine wichtige Rolle. Heinrich Riehm hat in seinem 2011 erschienenen Sammelband Auf dem Weg zum Evangelischen Gesangbuch 1993 zahlreiche Aspekte der neueren badischen Gesangbuchgeschichte zusammengestellt.
Als die frühere EKD-Ratsvorsitzende und Landesbischöfin von Hannover, Margot Käßmann, in ihrer Neujahrspredigt am 1. Januar 2010 in der symbolträchtigen Dresdner Frauenkirche die ethische Legitimation des Afghanistan-Krieges anzweifelte,
löste sie damit ein publizistisches Echo aus wie wohl selten ein Ratsvorsitzender in den zurückliegenden Jahrzehnten. Dabei ist die Beschäftigung mit friedenspolitischen Fragen ein Kernthema evangelischer Theologie und Kirche. Bei besonders kontrovers diskutierten Fragen hat sich die EKD stets zu Wort gemeldet wie etwa mit der Denkschrift „Frieden wahren, fördern und erneuern“ auf dem Höhepunkt der Nachrüstungsdebatte 1981 ebenso wie mit den breit angelegten Debatten zum gleichen Thema auf den Evangelischen Kirchentagen Hamburg 1981 und Hannover 1983. Auch zum Vietnamkrieg Ende der sechziger Jahre nahm die Evangelische Kirche Stellung, ebenso bedeutsam war ihre aktive Teilnahme an der Wiederaufrüstungsdebatte in den ersten Jahren nach Gründung der Bundesrepublik.
Am 31. Januar 2016 ging die Geschichte der Freiburger Lutherkirche als Sakralgebäude im Rahmen eines feierlichen Entwidmungsgottesdienstes unter Teilnahme der südbadischen Prälatin Dagmar Zobel zu Ende. Damit verlor die Evangelische Kirche in Freiburg ihr größtes Kirchengebäude und gleichzeitig die einzige protestantische Kirche, die sich an einem der großen, belebten Plätze der Stadt, nämlich dem Friedrich-Ebert-Platz, befand. Damit endete die fast einhundertjährige Geschichte der Freiburger Lutherkirche, deren erster, 1919 eingeweihter Bau, beim Großangriff auf Freiburg am 27. November 1944 vollständig zerstört worden war. Der unter großen Opfern in den Nachkriegsjahren wiederrichtete Kirchenbau war am 14. Juni 1953 im Beisein des damaligen badischen Landesbischofs Julius Bender eingeweiht worden. Der Entwidmung vorausgegangen war eine fast fünfzehnjährige Diskussion, ob und wie das Areal der Lutherkirche zu verwenden sei. Schon lange war klar, dass die Lutherkirche mit mehr als 800 Plätzen für die stets rückläufige Zahl an Gottesdienstbesuchern und Gemeindegliedern viel zu groß war. Nach langen Verhandlungen ging die Lutherkirche dann 2016 auf Basis von Erbpachtzins an das Freiburger Universitätsklinikum, das im Innern des großen Kirchenraumes einen zentralen Hörsaal für Medizinstudierende einbaute. Der Korpus der Lutherkirche sowie der Glockenturm
mit dem Geläut blieben erhalten, so dass das äußere Erscheinungsbild der Lutherkirche bleiben wird, wenngleich nicht mehr in Funktion als Kirche.
„Baden trifft Rom“
(2015)
Einer der sicherlich spannendsten Abschnitte in den Amtszeiten badischer Landesbischöfe nach dem Zweiten Weltkrieg sind die Jahre 1991 bis 1997, als der badische Landesbischof Klaus Engelhardt gleichzeitig den Vorsitz des Rates der EKD innehatte. In der Zeit unmittelbar nach der staatlichen und kirchlichen Wiedervereinigung (3. Oktober 1990 beziehungsweise 28. Juni 1991) bedurfte die Tätigkeit des EKD-Ratsvorsitzenden besonderer Sensibilität, die Klaus Engelhardt nach Ansicht von Georg Gottfried Gerner-Wolfhard zu einer Art „pontifex, ein[em] Brückenbauer in der Zeit der schwierigen Wiederzusammenführung der östlichen und westlichen EKD-Gliedkirchen“ werden ließ. Als Brückenbauer verstand Landesbischof Engelhardt auch sein Engagement in und für die Ökumene, zu dessen Höhepunkten sicherlich die Begegnung mit Papst Johannes Paul II. bei dessen Deutschland-Besuch am 22. Juni 1996 in Paderborn gehörte. Klaus Engelhardt war der bisher einzige badische Landesbischof, der auch EKD-Ratsvorsitzender war. In der württembergischen Nachbarkirche hatten bereits zwei Bischöfe diese wichtigste repräsentative Aufgabe im deutschen Protestantismus innegehabt: Theophil Wurm in den unmittelbaren Nachkriegsjahren 1945 bis 1949 und Helmut Claß in der Zeit von 1973 bis 1979.
Im Landeskirchlichen Archiv Karlsruhe befindet sich ein bisher nicht beachteter, hochinteressanter Aktenbestand mit Berichten von Pfarrern über das Kriegsende im Frühjahr 1945: Kirchl. Zustände im Kirchenbezirk Durlach […] während der Besatzungszeit inkl. Berichte über die Kampfhandlungen der letzten Kriegstage und Besetzung durch alliierte Truppen. Offensichtlich auf Anweisung der französischen Militärverwaltung bat der Durlacher Dekan Schühle alle Pfarrer in seinem Zuständigkeitsbereich unmittelbar nach Kriegsende, Berichte über die Zeit vor und während der Besetzung durch französische Truppen anzufertigen. Eine Zusammenfassung dieser Berichte unter dem Titel Die kirchl. Zustände im Kirchenbezirk Durlach betr. verfasste Schühle am 10. Mai 1945 und übergab sie wohl einige Tage später einem Offizier der Besatzungsbehörde. Die Berichte sind aufgrund des extremen Papiermangels in dieser Zeit zumeist auf dünnem Durchschlagpapier sehr engzeilig geschrieben, oft wurde die Rückseite eines bereits anderweitig verwendeten Schreibens benutzt. Da die Kampfhandlungen hier in der Karwoche und über die Ostertage des Jahres 1945 stattfanden, empfanden die Zeitgenossen den Zusammenfall von Karfreitag und Ostern mit Kriegsende und Eroberung, aber auch Befreiung von der NS-Diktatur, als besonders intensiv.
2011 sind es genau 90 Jahre her, dass auf evangelischer Seite die Erforschung der badischen Kirchengeschichte durch regelmäßige Publikationen begann, nämlich mit Johannes Bauers Dokumentensammlung über die badische Union von 1821, publiziert zum Unions-Jubiläum 1921 in der nur kurzlebigen Reihe „Veröffentlichungen der evangelischen kirchenhistorischen Kommission in Baden“. Ab 1928 gab es dann mit den „Veröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der Evangelischen Landeskirche in Baden“ eine Reihe, die es bis zur Einstellung 2009 auf stattliche 64
Bände gebracht hat, die ein einmaliges und unerlässliches Fundament für die kirchenhistorische Erforschung der Badischen Landeskirche darstellen. Seit 2007 steht nun auch das „Jahrbuch für Badische Kirchen- und Religionsgeschichte“ der lokal- und regionalgeschichtlichen Aufarbeitung unserer Landeskirche zur Verfügung. Obwohl das Erzbistum Freiburg sogar ein paar Jahre jünger ist als die Badische Landeskirche – die Gründung der Erzdiözese aufgrund der Bulle „Provida solersque“
erfolgte zwar ebenfalls 1821, doch „funktionierte“ das Bistum erst mit der Einsetzung des Bischof 1827 – wurde bereits viel früher als auf evangelischer Seite, nämlich schon 1864 ein „Kirchengeschichtlicher Verein für das Erzbistum Freiburg“ gegründet, der seit 1865 das „Freiburger Diözesan-Archiv“ herausgibt, eine der ältesten kirchenhistorischen Zeitschriften Deutschlands.
2007 feiern die Freiburger Protestanten den 200. Gründungstag der ersten evangelischen Gemeinde in der traditionell katholisch geprägten Universitätsstadt. Am 26. Juli des Jahres 1807 hielt Gustav Friedrich Wucherer, der erste evangelische Pfarrer Freiburgs, den Eröffnungsgottesdienst der neugegründeten Gemeinde. Erste protestantische Spuren lassen sich in Freiburg bereits seit der Reformationszeit nachweisen. 1522 baten Freiburger Bürger den damals für sie zuständigen Bischof von Konstanz, das Abendmahl in beiderlei Gestalt zuzulassen, was dieser in einem geharnischten Brief ablehnte. Etwa zur gleichen Zeit fand man bei einer Hausdurchsuchung über 2000 „ketzerische“ Bücher, die auf dem Münsterplatz verbrannt wurden. Prominente Anhänger Luthers wie der spätere Straßburger Reformator Wolfgang Capito oder der Universitäts-Rektor Matthäus Zell mussten wegen ihrer Sympathien für die neue Glaubensrichtung Freiburg verlassen.
1988 legte der Historiker Clemens Vollnhals – inzwischen Leiter des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung in Dresden – eine umfangreiche Dokumentation „Die evangelische Kirche nach dem Zusammenbruch. Berichte ausländischer Beobachter aus dem Jahre 1945“ vor. Darin präsentierte er 72 bis dahin völlig unbekannte Dokumente US-amerikanischer, britischer und französischer Kirchenvertreter, die unmittelbar nach Kriegsende das zerstörte und besiegte Deutschland besucht und erste Kontakte zu deutschen Kirchenvertretern geknüpft hatten. Die Dokumente, die in der Zeit zwischen Mai und Dezember 1945 entstanden, hatte Vollnhals unter anderem in den „National Archives in Washington“, in den damals noch in Colmar lagernden Beständen der „Archives de l’Occupation française en Allemagne et en Autriche“ sowie im „Archiv des Lutherischen Weltbundes“ und des „Ökumenischen Rates der Kirchen in Genf“ entdeckt. Drei dieser ausländischen Beobachter hatten dabei auch die Badische Landeskirche und die Erzdiözese Freiburg besucht: Sylvester C. Michelfelder und Stewart W. Herman aus den USA sowie Marcel Sturm aus Frankreich. Ihre Berichte sind eine einmalige historische Quelle für die Situation der evangelischen und der katholischen Kirche in Baden in den ersten Nachkriegsmonaten 1945.
Im November 2018 waren es 70 Jahre, dass der Bäckermeister Hermann Müller nicht länger Bürgermeister in Reichenbach bei Lahr sein wollte. Von den Franzosen im Juni 1945 eingesetzt, amtierte er nur eine kurze Zeitspanne gemessen an den
Amtszeiten seiner Nachfolger. Während diese im Ort aber noch in guter Erinnerung sind, ist die Person Hermann Müllers weitgehend in Vergessenheit geraten. Wer war dieser Mann? – Die untersuchten Quellen verraten wenig über den Menschen Hermann Müller. So muss man sich sein Wesen und seine Lebenseinstellung herleiten aus den Zeitumständen, die in jenen Jahren in Reichenbach herrschten, und wie Müller mit diesen umging. Hilfreich sind dabei auch die Erinnerungen seiner Söhne Bernhard und Franz, die der Person des Vaters eine Kontur und seinem Naturell Farbe geben. Aber vieles muss Vermutung bleiben.
An dem Weg, der entlang des Waldes zwischen Kuhbach und Reichenbach verläuft, steht ungefähr auf halber Strecke, dort, wo die Verbindung zum Langenhard hinauf abzweigt, ein markantes Sandsteinkreuz. Es trägt die Inschrift: „Zur Erinnerung an unsere liebe Tochter und Schwester Emma, die hier an dieser Stelle am 25. November 1948 im Alter von 20 Jahren verunglückte. Mein Jesus Barmherzigkeit. Gewidmet von ihren Eltern Mathias Haas und Hermine, geborene Maier.“ Bereits im Jahr 1950 hatten Emmas Eltern das Kreuz von dem Ettenheimer Steinmetzmeister Beck errichten lassen - keine zwei Jahre also nach dem schlimmen Tod ihrer ältesten Tochter. Auf dem Stein findet der Eltern Verwurzelung im christlichen Glauben Ausdruck
in der Bitte um Barmherzigkeit, um Jesu Hilfe in ihrer Not. So steht dieses Sandsteinkreuz nun also seit fast 70 Jahren an der genannten Weggabelung und doch weiß kaum einer unter den vielen Menschen, die täglich an ihm vorbeikommen, von jenem schicksalshaften und schrecklichen Ereignis, das zu seiner Erstellung geführt hatte.
Diese Geschichte handelt nicht von der Schönheit eines Gartens oder vom Nutzen eines Biotops. Ihr Thema ist das genaue Gegenteil. Sie beschreibt den Verlust von beidem und versucht zu verstehen, warum in diesem Fall Garten und Biotop an Bedeutung und Wert verloren und nach und nach einem Baugebiet Platz gemacht haben. Sie führt zurück in die unmittelbare Nachkriegszeit, als die Menschen ihren Alltag neu ordnen mussten und als Kriegsheimkehrer und Flüchtlinge die Ortsansässigen vor große Herausforderungen stellten. Diese Geschichte spielt in Reichenbach: damals ein überschaubarer
Ort, heute eine immer beliebter werdende und wachsende Wohnstätte am Rande der Stadt.
„Einen anderen habe ich in Tegel noch mehr gesehen und gelegentlich auch heimlich gesprochen, den Jesuitenpater Delp. Weder seine Kleidung noch auch sein etwas rustikales Denkergesicht verrieten den Kleriker; er war Konvertit und einer der scharfsinnigsten und einfallsreichsten Mitarbeiter der ,Stimmen der Zeit‘, jenem bedeutenden, in jeder Hinsicht hochstehenden Organ der Jesuiten. […] Er war – wie die meisten – ungebeugt und ungebrochen“. Diese Sätze stammen aus den Erinnerungen des Theologen Hanns Lilje (1899–1977) und schildern seinen Eindruck von seinem Mithäftling Alfred Delp, der am 11. Januar 1945 vom Volksgerichtshof wegen „Hoch- und Landesverrats“ zum Tode verurteilt und am 2. Februar 1945 in Berlin-Plötzensee hingerichtet wurde.
Der Erste Weltkrieg spielt im kollektiven Gedächtnis der Deutschen bis heute eine eher untergeordnete Rolle und stand hierzulande trotz seiner kaum zu unterschätzenden historischen Folgen immer im Schatten des Zweiten Weltkriegs. Damit steht Deutschland im auffälligen Gegensatz zu seinem Nachbarland Frankreich, wo der Erste Weltkrieg (»La Grande Guerre«) stets als der bedeutendere der beiden Weltkriege galt und dementsprechend die öffentliche Erinnerung an ihn deutlich ausgeprägter ist. Dennoch kann der aufmerksame Betrachter auch heute noch, 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs immer wieder auf einzelne Erinnerungsspuren an diesen Jahrhundertkrieg« (Jens Essen) stoßen. So sind hier zunächst die zahlreichen Kriegerdenkmäler auf den Friedhöfen oder öffentlichen Plätzen der Gemeinden und Städte zu nennen, die nach 1918 errichtet wurden und bei denen angesichts der ungeheuren Opferzahlen im Unterschied zu älteren Denkmälern sowohl das Motiv der Heldenehrung als auch des Totengedenkens anzutreffen sind. Überdies verdienen aber auch die vereinzelt anzutreffenden Denkmäler Beachtung, die der privaten Erinnerungskultur zuzuordnen sind und die
uns in Gestalt von Grabmälern, Wegkreuzen oder anderen Zeugnissen im öffentlichen Raum begegnen. Der Beitrag will ausgewählte öffentliche (Kriegerdenkmäler) und private Denkmäler (wie z. B. die Vogesenkapelle bei St. Peter oder einzelne Grabmäler oder Wegkreuze) an den Ersten Weltkrieg aus dem Gebiet des Dreisamtals und des angrenzenden Hochschwarzwalds sichtbar machen und ihre Geschichte freilegen. Anhand von ausgewählten Erinnerungsorten soll so in einem relativ eng umgrenzten geographischen Raum aufgezeigt werden, wie dieses weltgeschichtliche Ereignis in vergleichsweise unscheinbaren und häufig kaum mehr beachteten Zeugnissen unserer Lebenswelt seinen bleibenden Niederschlag gefunden hat. Der Aufsatz beabsichtigt auch einen Beitrag dazu zu leisten, den Blick der Leserinnen und Leser für solche noch immer anzutreffenden Denkmäler des Ersten Weltkriegs zu schärfen und sie im Jubiläumsjahr 2014 in neuer Weise wahrzunehmen.
Vor 100 Jahren wurde der Jesuit und Theologe Karl Rahner in Freiburg i. Br. geboren. Seiner Geburtsstadt blieb Rahner, der häufig als der bedeutendste katholische Theologe des 20. Jahrhunderts bezeichnet wird und dessen umfangreiches und weitgespanntes Werk bis heute die Gestalt der katholischen Theologie prägt, zeitlebens verbunden. Noch kurz vor seinem Tod am 30. März 1984 in Innsbruck erreichte ihn die Nachricht, die Stadt Freiburg habe beschlossen, ihn zum Ehrenbürger zu ernennen. Ein nach ihm benannter Platz im Freiburger Universitätszentrum erinnert heute an diesen großen Sohn der Stadt an der Dreisam. Dennoch lässt sich die Frage, ob Rahner ein „Freiburger Theologe" genannt werden könne, nicht einfach beantworten. Denn Rahners Lebens- und Arbeitsschwerpunkte lagen nicht in Freiburg, sondern in Innsbruck, Wien, Rom, München und Münster. Als der Abiturient im Jahr 1922 seine Heimatstadt verließ, um in Feldkirch in Vorarlberg in das
Noviziat des Jesuitenordens einzutreten, sollte dies ein Abschied für lange Zeit bedeuten. Und abgesehen von seiner Promotionszeit ist Rahner auch nie mehr für längere Zeit nach Freiburg zurückgekehrt. Dennoch haben Freiburg und die Erlebnisse und Erfahrungen seiner Freiburger Zeit Rahners Denken und Wirken zeitlebens begleitet und auch geprägt. Dies lässt sich nicht nur an den Stationen seines Lebenslaufs aufzeigen, sondern auch aus einzelnen Äußerungen des Theologen
entnehmen.
Hermann Maas als Kreisdekan
(2008)
Im Rückblick auf sein Leben schrieb Hermann Maas 1952: Im Sommer desselben Jahres [1945] wurde ich wieder in den aktiven Kirchendienst aufgenommen und zum Kreisdekan für die zehn Dekanate Nordbadens ernannt. So habe ich als alter Mann fast mehr zu tun als je in meinem Leben, weil die Ökumene, der Kampf gegen den Antisemitismus, die Arbeit und Fürsorge für die einst Geknebelten und Verfolgten, die Pflege der Beziehungen zu den amerikanischen Männern, ein großer Briefwechsel mich im Banne halten, neben der eigentlichen Berufstätigkeit in meiner Kirche.
Der Abbau der Streu in Wäldern ist das Werk der Bodenorganismen. Klima, Struktur und Nährstoffangebot des Bodens sowie die Vegetation und die von ihr abhängige Ressourcenqualität für die Bodenorganismen bestimmen die Zusammensetzung der Bodenbiozönose, deren Biomasse und Leistung. Die Leistung des Abbausystems ist in Waldökosystemen so optimiert, dass sie im Klimaxstadium annähernd 100 % der jährlichen Streuproduktion erreicht. In den gemäßigten Breiten wird ein Streujahrgang in nährstoffreichen Wäldern unter maßgeblicher Beteiligung der Makrofauna innerhalb eines Jahres abgebaut. Die Abbauleistung der Bodenfauna ist groß, ihre Steuerungsfunktion aber ist gering, Nährstoffverluste werden aus dem mineralischen Substrat nachgeliefert. In nährstoffarmen Wäldern ist die Abbaukapazität auf mehrere Streujahrgänge verteilt, deren Abbau erst in der Summe 100 % ergibt. Das mächtige Streuprofil ermöglicht die Entwicklung einer reichen Mesofauna, die eine Feinsteuerung des Abbauprozesses gewährleistet und dadurch Nährstoffverluste minimiert. Im nährstoffarmen tropischen Regenwald bedingt das Klima einen raschen und wenig kontrollierten Abbau unter maßgeblicher Beteiligung der Makrofauna. Die notwendige Feinsteuerung wird ersetzt durch ein hochentwickeltes Filtersystem, das aus zahlreichen Organismen und biotischen Strukturen in allen Straten des Waldes besteht und die frei werdenden Nährstoffe aufnimmt und bindet.
Wie der neue Direktor in seinem Editorial am Anfang des Bandes schreibt, soll zukünftig in der Carolinea ein Bericht zum Vorjahr in kurzer, telegrammartiger Form über Personalstand und Ereignisse im Naturkundemuseum Karlsruhe Auskunft geben. Der Auftrag des Museums ist ein zweifacher: Erstens allgemeines und neu erarbeitetes naturkundliches Wissen der Öffentlichkeit, den Bürgern, zu vermitteln durch Ausstellungen, Führungen, Vorträge und Berichte in den Medien - der Bildungsauftrag; zweitens naturkundliches Wissen in den Bereichen Taxonomie, Systematik, Faunistik und Floristik, Ökologie und Naturgeschichte auf den Gebieten der Geologie und Paläontologie, Botanik und Zoologie zu erarbeiten sowie durch Sammeln, Ordnen und Konservieren von Organismen, Naturobjekten und Daten zu belegen - der Forschungs- und Sammlungsauftrag. Für den ersten Auftrag steht der Name „Naturkundemuseum“, für den zweiten der Beiname „Bio- und Geowissenschaftliches Forschungsinstitut“ Entsprechend gliedert sich auch der Jahresrückblick. Zuerst werden - Kapitel 2 - die Personen genannt, die längerfristig auf Planstellen oder kurzfristig auf Zeit- und Drittmittelstellen die Öffentlichkeitsarbeit und die wissenschaftlichen Tätigkeiten tragen oder verwalten. Daran schließt sich - Kapitel 3 - ein kurzer Abriss der Tätigkeiten und Ereignisse im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit an, in der vor allem der Bildungsauftrag des
Museums zur Geltung kommt. Der Forschungs- und Sammlungsauftrag wird von den Wissenschaftlichen Abteilungen getragen. Hier ist stichwortartig - Kapitel 4 - über die wissenschaftliche Tätigkeit, die Sammlungen, über Forschungs- und Sammelreisen, Exkursionen, Grabungen, über die Teilnahme an Tagungen, über allgemeine und akademische Lehr- und Vortragstätigkeit zu berichten. Ein Verzeichnis der Veröffentlichungen, die die wissenschaftliche Tätigkeit, aber auch Teile der Öffentlichkeitsarbeit dokumentieren, bilden - Kapitel 5 - den Abschluss des kurzen Rückblicks auf das Jahr 2000.
Dr. Peter Volz 1903-2002
(2002)
Am 5. März 2002 starb Dr. Peter Volz in Heidelberg, kurz vor Vollendung des 99. Lebensjahres. Er war einer der letzten universalen Bodenzoologen, der sich intensiv mit zahlreichen Tiergruppen quer durch das Tierreich befasste. Er erarbeitete sich nicht nur die entsprechenden Artenkenntnisse, sondern betrachtete zugleich ihre Biologie und - als das Wort noch lange
nicht Mode war - ihre Ökologie. Die Bodentiere sah er stets im Zusammenhang mit ihrem Lebensraum und den dort ablaufenden biologischen Prozessen. Den daraus resultierenden Zustand der Böden, vornehmlich Waldböden, und ihre Lebensgemeinschaften, die ihm als Kenner so vieler Tiergruppen in der Zusammenschau als .Physiognomie’ der Böden anschaulich vor Augen traten, versuchte er in der Hauptphase seines wissenschaftlichen Schaffens in einer 'pedozoologischen Standortslehre' zusammenzuführen.
Im Rahmen der ökologischen Bearbeitung eines umfangreichen Probenmaterials der Milben-Gruppe der
Oribatiden aus Südwestdeutschland bereitete die taxonomische Einordnung der Individuen der Gattung
Phthiracarus Perty, 1841, besondere Schwierigkeiten.
Es erwies sich trotz der zur Verfügung stehenden
neueren Literatur wie Weigmann (2006) und Niedbała
(2011) als notwendig, die vorkommenden Arten nochmals taxonomisch zu revidieren, in einer Kurzdiagnose darzustellen und die Abgrenzungen zu begründen.
Insgesamt wurden 12 Arten gefunden, zwei weitere
bisherige Arten werden lediglich als Formen bekannter
Arten betrachtet: Phthiracarus longulus forma fexisetosus (Parry, 1979), Phthiracarus borealis forma crenophilus (Willmann, 1951). Die Vorkommen der Arten in
Südwestdeutschland werden kurz zusammenfassend
dargestellt.
Am 2. September 2003 starb Werner Hanagarth völlig unerwartet während einer Exkursion auf den Einödsberg in den Allgäuer Alpen. Gemeinsam wollten wir die Probenfläche eines neuen Forschungsprojektes besichtigen. Wir waren am frühen Morgen von Karlsruhe losgefahren, dann von Einödsbach bei Oberstdorf den steilen Pfad zur Einödsalpe und weiter nach der Mittagsrast zum Gipfelgrat aufgestiegen. Die ersten Bodenfallen waren kontrolliert und wir freuten uns auf den Abend in der Alphütte, auf eine der in der Alltagshektik so seltenen Gelegenheiten, unbeschwert die Erinnerungen an viele gemeinsame Erlebnisse in den Anden, im Beni oder im Amazonastiefland in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten wieder aufleben zu lassen. Doch kurz unter dem Gipfelgrat brach Werner Hanagarth zusammen, jede Hilfe kam zu spät.
30 Jahre Europa-Park Rust
(2005)
„Wilde Maus“ und „Calypso“, so hießen einst die Fahrgeschäfte, die
das Familienunternehmen Mack aus Waldkirch im Breisgau baute. Die
Familie Mack steht maßgeblich hinter dem Erfolg und den Veränderungen im Europa-Park Rust. Heute hat man es dort mit Attraktionen namens „Silver Star“ und „Atlantica Super Splash“ zu tun. Die Zeiten haben sich geändert. In den vergangenen 30 Jahren hat sich der Europa-Park
von einem einfachen Freizeitpark hin zu einem High-Tech-Vergnügen entwickelt.
Als Bern von der Reichenau am 7. Juni 1048 – 40 Jahre nach Beginn seines Abbatiats – verstarb, hinterließ er ein beeindruckendes literarisches Erbe. Zu diesem zählen neben einem wirkmächtigen Tonar, einer kulturhistorisch bedeutsamen Briefsammlung und einer vielgelesenen Biographie des heiligen Ulrich von Augsburg auch mindestens 16 sprachlich wie inhaltlich äußerst reizvolle Predigten. Diese befassen sich zum größten Teil mit der Mutter Gottes – das Reichenauer Münster hat Marienpatrozinium –, den Feiertagen im Kreis des Kirchenjahres und dem Evangelisten Markus, dessen Reliquien im Jahr 830 auf die Reichenau kamen. Zwei Predigten – der sermo de S. Matthia apostolo und der sermo de dedicatione ecclesiae – lassen sich keiner der drei Gruppen zuordnen. Handschriftlich überliefert sind nur elf dieser Predigten; von den übrigen
sermones – darunter der sermo (III) de S. Marco – sind lediglich einzelne Exzerpte im elften Band der von den Magdeburger Zenturiatoren um Matthias Flacius Illyricus verfassten Historia ecclesiastica erhalten.
Bern von der Reichenau, der dem berühmten Bodenseekloster vier Jahrzehnte lang – von 1008 bis 1048 – als Abt vorstand, ist der mediävistischen Forschung als einflussreicher Musiktheoretiker, Liturgiker und Verfasser kulturhistorisch bedeutsamer Briefe bekannt. Sehr viel weniger Aufmerksamkeit hat hingegen Berns sprachlich wie inhaltlich äußerst reizvolles Predigtwerk auf sich gezogen. Die 16 sermones befassen sich zum größten Teil mit der Mutter Gottes – das Reichenauer Münster hat Marienpatrozinium –, dem heiligen Markus – Reliquien des Apostels kamen im Jahr 830 auf die Reichenau – und den Feiertagen im Kreis des Kirchenjahres (Weihnachten, Epiphanias, Gründonnerstag, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten); zwei Predigten – der sermo de S. Matthia apostolo und der sermo de dedicatione ecclesiae – lassen sich keiner der drei Gruppen zuordnen. Handschriftlich überliefert sind nur elf dieser Predigten (Werknr. 44–54); von den übrigen sermones (Werknr. 55–61) sind lediglich einzelne Exzerpte im elften Band der von den Magdeburger Zenturiatoren um Matthias Flacius Illyricus verfassten Historia ecclesiastica erhalten.
Der Kraichgau ist ein klimatisch begünstigter Landstrich mit vielen Sonnentagen. An vielen Süd- und Südwesthängen ist bzw. wäre deshalb bis heute Weinbau möglich. Dies gilt auch für das Wollenbachtal am Nordostrand des Kraichgaus. Hier trifft man auf eine typische Hügellandschaft; Mischwälder und landwirtschaftlich genutzte Flächen bestimmen das Bild. Im Mittellauf des gleichnamigen Baches, dem Wollenbach, liegen die beiden Ortschaften Bargen und Wollenberg. Sie haben eine über 1200 Jahre alte Geschichte und gehören damit zu den ältesten Dörfern im Kraichgau.
Otto Ehrlich (1909–1971) schloss sein Medizinstudium in Heidelberg im Dezember 1936 mit dem Staatsexamen ab. Bald darauf reichte er seine Dissertation ein und bestand die Doktorprüfung, doch der Erhalt des „Diploms“ war zu diesem Zeitpunkt keine Selbstverständlichkeit mehr. Ehrlich musste vielfältige Anstrengungen unternehmen und bürokratische Hürden überwinden, „um das Doktordiplom zu erhalten, da dies für mich für meine Auswanderung von lebenswichtiger Bedeutung ist“. Seine Bemühungen spiegeln sich in umfangreicher Korrespondenz und führten letztlich zum Ziel. Exemplarisch zeigen die von uns bearbeiteten Dokumente die sich verstärkenden Einschränkungen für jüdische Promovierende, die detaillierte bürokratische Regulierung und die verschiedenen Stellen, die mit dem Anliegen zu befassen waren – diese reichten von der Ebene der Universität mit Dekanat und Rektorat über das Badische Ministerium für Kultus und Unterricht in Karlsruhe bis zum Reichserziehungsministerium. Bürokratische Spielräume auf lokaler Ebene scheint es aufgrund
der direkten Kontrolle durch das Reichsministerium im Einzelfall kaum gegeben zu haben. Dennoch stellt sich die Frage nach der Umsetzung der Vorgaben an der Heidelberger Medizinischen Fakultät. Welchen Einfluss hatten die beteiligten Ministerien und die verschiedenen Ebenen der Universitätsverwaltung? Handelten sie streng nach Vorschrift? Versuchten sie, eigene Handlungsimpulse umzusetzen, entweder
um den Betroffenen zu helfen oder um die Aushändigung des Doktordiploms zu verhindern? Wir gehen den genannten Fragen an zwei Beispielen nach. Zunächst stellen wir kurz die Entwicklung der Gesetzeslage dar, um dann die „Fallgeschichten“ von Otto Ehrlich und Lore Hirsch einordnen zu können.
Mina Becker
(2021)
Wieder einmal mache ich Halt am Fuß des Schutterlindenbergs, in Lahr, wo ich in den 40er und 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts meine Schulzeit verbrachte. Der Rosenbrunnen in der Lahrer Altstadt ist das letzte Zeugnis der Anwesenheit von Mina Becker, die von 1912 bis 1956 mit ihrem Geist und ihren Impulsen das Leben in Lahr inspirierte und prägte. Sie war meine Großmutter. Die im Brunnentrog eingemeißelte Jahreszahl 1917 bedeutet mehr als das Jahr der Errichtung des Brunnens, das war 1919. Im September 1917 war Minas Mann Karl im Weltkrieg in Belgien gefallen, und sie veranlasste anstelle des alten, wohl baufälligen Brunnens die Neuerrichtung nach dem Entwurf des Karlsruher Architekturprofessors Gisbert von Teuffel. Dies entsprach einem Versprechen, welches sich die Eheleute für den Fall von Karls Tod im Krieg gegeben hatten. Auch in späteren Jahren war dieser Brunnen ein generationenübergreifendes Symbol. Ein Foto zeigt einen Teil der Familie im Sommer 1942 beim Holen des Taufwassers für die beiden neugeborenen Enkel.
Aus dem Bericht des Diözesanausschusses Baden-Baden im Jahre 1914: Das Bezirksfest der Äußeren und Inneren Mission, das am Sonntag, dem 21. Juni 1914, nachmittags in der freundlichen kleinen Kirche zu Gaggenau unter zahlreicher Gemeindebeteiligung und schönem Mitwirken des dortigen Kirchenchors gefeiert werden konnte, war noch vom Hauch des Friedens umweht. [...] Eine stimmungsvolle Nachfeier hielt die von auswärts zum Fest Gekommenen noch eine frohe kleine Weile mit den heimischen Festgenossen zusammen. Ob freilich die Eindrücke diesmal irgendwie haftend waren, wer will dies sagen? denn kurze Zeit darauf brach der ungeheure Kriegsorkan über uns herein, riss alles Empfinden, alle Gedanken, alle Kräfte an sich und beherrscht seither mit seinen gewaltigen Sturzwellen unser ganzes Leben.
Nach einer allgemeinen Einleitung über die Arten und den Umfang der Überlieferung und über
die Urteile von außen über den Odenwald, zu dem man früher auch das Bauland rechnete,
bearbeitet der Autor die verschiedenen Bewirtschaftungsformen, die aus der Naturlandschaft
eine Kulturlandschaf gemacht haben. Dabei ging es darum, Zustände und Einrichtungen,
die es andernorts gab, auch für die behandelte Region nachzuweisen bzw. zu differenzieren.
Die Begriffe »Hubenstruktur« und »Dreifelderwirtschaft« werden erläutert und auf einzelne
Odenwalddörfer angewendet. Als Kulturpflanzen wird auf die Kartoffel, den Wein und das
Obst näher eingegangen. Wiesen, Ortsettern und Gärten sind eigene Kapitel gewidmet.
Durch die Analyse eines Gedichts des Dichters Nicolaus Rüdinger (aus: Rüdiger) können die Autoren nachweisen, dass dessen lateinischer Beiname >>Pisovernas<< >>Schefflenzer<< bedeutet. Aus seiner Korrespondenz und seinem poetischen Austausch geht hervor, dass der als Lehrer und Kämmerer in Wertheim wirkende Poet unter den dichtenden Humanisten seiner Zeit durchaus anerkannt war. Dass weder Augusta Bender nach Edwin Roedder als Schefflenzer Heimatforscher auf ihn gestoßen sind, ist erstaunlich. Seine durchweg auf Latein verfassten >>Elegiae Evangelicae<< (Gedichte zu den christlichen Sonn- und Feiertagen), in lutherischem Geist, sind sein Hauptwerk. Aus seinen Kasualgedichten werden das dichterische Netzwerk und manche seiner biographischen Umstände deutlich. Der Aufsatz ist als Vorläufer einer Teilausgabe seiner Werke gedacht, die im Jahr 2020 von denselben Autoren zu erwarten ist.
Über den Höhen des Schwarzwaldes im Westen von Schonach zum Prechtal hin, inmitten wilden Baumwerks, liegt der Zinken ,,Feldern“. Dort wurde am 5. Oktober 1910 der Akademische Maler, Graphiker und Buchdrucker meister Eugen Gross als jüngstes von acht Kindern geboren. Es war ein hartes Leben in der Abgeschiedenheit des Hochschwarzwaldes
Entgegnung
(2023)
Marcel van Eeden wurde am 13. August 2023 in Bernau im Schwarzwald der Hans-Thoma-Preis, der Staatspreis des Landes Baden-Württemberg für Bildende Kunst, verliehen. Für die zeitgleich eröffnende Preisträgerausstellung im Hans-Thoma-Kunstmuseum schuf er mit 1898 eine Serie von 152 Gummidrucken, die er an verschiedenen Orten der Niederlande aufgenommen hatte. 1 Motivisch beziehen sich die Bilder auf eine bis dato wenig bekannte Reise Hans Thomas aus dem Jahr 1898, deren Stationen van Eeden im Rahmen der Ausstellungsvorbereitungen recherchiert hatte. Die von van Eeden bewusst als künstlerisches Mittel eingesetzte zeitgenössische Motivik, die etwa heutige Strandszenen, moderne Windkraftanlagen oder Museumsbesuche umfasst, verdeutlicht die Distanz zum historischen Gegenstand von 1898. Darin vermittelt sich van Eedens kritische Grundhaltung gegenüber den Möglichkeiten und Fallstricken der Geschichtsschreibung. Die Serie beinhaltet zudem eine Reflexion von van Eedens eigener Annäherung an die Vergangenheit, so etwa Bilder von Orten und Personen, die seine Recherchen zu Thoma geprägt haben. Die gewählte Technik des Gummidrucks erzeugt eine Ästhetik vermeintlicher Authentizität des ausgehenden 19. Jahrhunderts und trägt in Konkurrenz zu den zeitgenössischen Bildinhalten ihrerseits zur Skepsis gegenüber historischen Aussagen bei. Unterbrochen wird die Serie von 30 Zitaten von Hans Thoma, von ausgewählten Zeitgenossen und nachrangig auch aus der späteren Sekundärliteratur, mit denen van Eeden eine zweite inhaltliche Ebene eröffnet. Darin geht es um Hans Thomas Kontakte zu völkischen Kreisen im deutschen
Kaiserreich, insbesondere jene zum antisemitischen Kulturtheoretiker Julius Langbehn, dessen Buch Rembrandt als Erzieher (1890) als Grundlagenwerk der völkischen Bewegung gilt. Van Eeden problematisiert auf diese Weise das dominante eindimensionale, rein affirmative Bild Hans Thomas in der Öffentlichkeit, zu dessen Wahrung völkische Sympathien und antisemitische Äußerungen ausgeblendet oder nivelliert werden. Im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg habe ich für die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe die kuratorische Begleitung der Ausstellung 1898 des Thoma-Preisträgers Prof. Marcel van Eeden 2023 in Bernau im Schwarzwald übernommen (Hans-Thoma
Kunstmuseum, Bernau, 13.8.-15.10.2023). Die Ausstellung wurde ergänzt durch eine von mir herausgegebenen Publikation, in dem unter anderem auch ein wissenschaftlicher Aufsatz von mir zum Ausstellungsgegenstand enthalten ist.
Wie verändert sich das Lernen von Jugendlichen heute? Mit welchen pädagogischen Konzepten können Bibliothekspädagoginnen und -pädagogen arbeiten, um Jugendliche zu begeistern? Diesen Fragen ging eine Fortbildung der Fachkommission Bibliothekspädagogik des Landesverbands Baden-Württemberg im dbv nach, die am 2. Mai 2022 per Zoom angeboten wurde. Als Referentinnen konnten Prof. Britta Klopsch, Prof. Anne Sliwka, Janina Beigel sowie Joana Kling gewonnen werden. Im Zentrum stand die Überlegung, wie eine auf schulische Kooperationen ausgerichtete Bibliothekspädagogik beziehungsweise -didaktik des 21. Jahrhunderts gestaltet sein könnte, damit sie den Anforderungen der heutigen und der kommenden Zeit genügt, und die Bedürfnisse von Jugendlichen anspricht.
Aufbruch in eine neue Zeit
(2018)
2017 feierten die evangelischen Kirchen am 31. Oktober den Tag, an dem nach der Überlieferung vor 500 Jahren der Mönch und Doktor der Theologie Martin Luther an der Schlosskirche zu Wittenberg 95 Thesen angeschlagen hat, über das Thema
„Buße". Dieser Tag gilt als die Geburtsstunde der Kirchen der Reformation. Die 500ste Wiederkehr dieses Tages ist über den Raum der Kirche hinaus von so großer Bedeutung, dass er im Jubiläumsjahr ein staatlicher Feiertag war, und dass die Vorbereitungen für dieses Jubiläum schon vor einigen Jahren begonnen hatten.
Viele Jahrhunderte diente der Friedhof
bei der Pfarrkirche St. Johann (,,Totenkirche")
als Begräbnisplatz für die Verstorbenen
von Neckarbischofsheim.
Lange war er am Rand des Städtchens
gelegen. Mittlerweile aber war der Ort
gewachsen, wodurch der Friedhof seine
Randlage verloren hatte. Da eine Erweiterung
nicht mehr möglich war, begann
man am Rand der Stadt einen neuen
Friedhof anzulegen.
Am 5. Juli 1860 teilte der Gemeinderat
Neckarbischofsheim dem Großherzogliehen
Amt Neckarbischofsheim mit,
dass „die Begraebnißstaette fertig ist
und dass sie dem Gebrauch übergebenwerden
kann" 1•