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In diesem Jahr hätte Oskar Wickert seinen hundertsten Geburtstag feiern können. 1906 in
Forchheim geboren, verbrachte er seine Kindheit
und Schulzeit in Karlsruhe. Am dortigen Goethegymnasium machte er das Abitur und studierte
anschließend an der Badischen Landeskunstschule,
der heutigen Kunstakademie.
Im Jahr 1929 legte er die Staatsprüfung für das
künstlerische Lehramt an höheren Lehranstalten
ab. Zwei Jahre später folgte das Assessorexamen.
Eine besondere musikalische Begabung befähigte
ihn als junger Lehrer in Baden-Baden an der
Richard-Wagner-Schule vorwiegend Musikunterricht zu erteilen und in Karlsruhe ein renommiertes Doppelquartett zu leiten. Sein Instrument war
das Klavier.
Gotthard Glitsch wurde 2008 70 Jahre alt. Davor war er Vorsitzender des Kunstvereins Villingen-Schwenningen. Die frühen Arbeiten des Gotthard Glitsch, mit kritzelicher, nervöser Strichführung ausgeführt, zeigen in Themen wie die „Jasager“, „Gigantenleben“, „Gefällter“ und „Angreifer“ umrisshafte Figuren.
Die Körper sind verdreht, zeigen Aufruhr, überziehen das Blatt in wilden Bewegungen, zeigen den Künstler der sich widersetzt, der sich befreit, der seinen Weg sucht.
Als ich begann mich mit dem Werk von Guido Schreiber zu befassen, viel mir zunächst die unglaubliche Fülle von Bildern auf. In der Tat hinterließ er ein Werk von mehreren tausend Bildern. Oft entstanden mehrere an einem Tag, selten gab es Wochen ohne Zeichnung oder Aquarell. An manchen Tagen nahm er einen Ort als Anregung für mehrere Bilder. Meist sind die Bilder signiert und datiert oft noch mit Ortsangabe versehen. Auch die undatierten lassen sich auf Grund von Papierformat, Zeichenstil und Motiv einem Entstehungsjahr zuordnen. So lassen sich die über 800 Orte, an denen er seine Motive fand, ziemlich genau datieren und sein Leben lässt sich wie ein Reisebilder-Tagebuch lesen.
Erinnern sie sich noch?
(2005)
1903 als Sohn des Weinhändlers Nepomuk Roth geboren, wuchs er am Oberen Tor auf. Schon früh zeigte er malerisches Talent. Es wird erzählt, ein Malkasten, den er zu Weihnachten erhielt, war ihm wichtiger als alle anderen Geschenke. Später sammelte er Kunstpostkarten. Seine ganze Liebe galt den Impressionisten. Dem Wunsch der Eltern entsprechend, in das
elterliche Geschäft einzutreten, machte er eine Banklehre und arbeitete auch kurz in der Weinhandlung. Aber Fernweh und der Wunsch zu malen trieben ihn bis Südamerika. Dort sah er in den zwanziger Jahren Ausstellungen mit Werken der Impressionisten. Zurückgekehrt stand sein Entschluss fest, Maler zu werden. 1934 ging er für zwei Jahre auf die Akademie nach Karlsruhe um sich das technische Können anzueignen. Der zweite Weltkrieg verhinderte vorerst seine Pläne.
Pfarrbücher
(1971)
Unter Pfarrbüchern versteht das LEXIKON FÜR THEOLOGIE UND
KIRCHE leider nur die Matrikel oder die Kirchenbücher, obwohl in neuerer
Zeit einige dieser Pfarrbücher herausgegeben wurden und sich auf diese
Weise der Begriff Pfarrbuch eingebürgert haben dürfte, während' umgekehrt
für die Matrikel sich die Bezeichnung Kirchenbücher durchgesetzt hat.
Andererseits tragen die Pfarrbücher oder libri parochiales neben dieser
gebräuchlichsten Bezeichnung auch andere Namen und sind überdies auch
ganz verschieden angelegt. Beim Ordnen von Archiven älterer Pfarreien aus
der Zeit vor der kirchlichen Neuordnung zu Beginn des 19. Jahrhunderts
begegnet man noch häufig solchen Bänden, die bei der Repertorisierung in
jüngster Zeit vielfach als „Pfarrchronik" aufgeführt wurden, obwohl meist
schon die erste Textseite uns eines besseren belehrt.
Ich möchte im Folgenden drei ausgewählte Ergebnisse meines Buches „Möge Gott unserer Kirche helfen!“ Theologiepolitik, ,Kirchenkampf’ und Auseinandersetzung mit dem NS-Regime: Die Evang. Landeskirche Badens, 1933–45 (Stuttgart 2015)
zur Diskussion stellen: Erstens, die Intaktheitsthese, zweitens die Neubewertung der Wiederausgliederung der Landeskirche aus der Reichskirche, drittens die Bedeutung der Stärke des aus der kirchlich-positiven Vereinigung hervorgegangenen Bekenntnismilieus im Kirchenkampf vor und nach Einrichtung der Finanzabteilung 1938. Lassen Sie mich wie schon in meinem Vortrag aus Anlass der Buchvorstellung in der Christuskirche am 18. Oktober letzten Jahres nochmals ausdrücklich zweierlei feststellen: Zum einen etwas zur Motivation. Ich habe mit der Studie keinerlei geschichts- oder erinnerungspolitische Agenda verfolgt, vielmehr ein rein zeitgeschichtliches Interesse. Es handelt sich um Ergebnisse eines DFG-Projekts, das der Kollege Jochen-Christoph Kaiser, Fachbereich Ev. Theologie/Kirchengeschichte der Philipps-
Universität Marburg, und ich als Neuzeit- und Allgemeinhistoriker der Universität Karlsruhe im sogenannten KIT eingeworben und durchgeführt haben. Um hier kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Unser Anliegen und Interesse ist es, die kritische Aneignung der NS-Geschichte zu befördern, und zwar durch eine Differenzierung der Bewertung an einem konkreten Beispiel. Dies wird für die Glaubwürdigkeit zeitgeschichtlicher Vermittlung immer wichtiger, weil wir Zeithistoriker mit einiger Sorge beobachten, dass mit wachsendem Abstand zur NS-Zeit eine oft kenntnisarme, rein moralische Ex-post-Betrachtung einem kontextualisierenden Verständnis des nationalsozialistischen Zivilisationsbruchs vor allem bei Jüngeren zunehmend im Weg steht, die darauf mit Indifferenz und Ablehnung reagieren. Der Historiker ist weder ein anklagender Staatsanwalt noch ein verteidigender Advokat oder gar spruchfällender Richter, sondern ein rückwärts gewandter Prophet vorletzter Dinge, der versucht, Menschen in ihrer Zeit zu verstehen.
Mit dem Erscheinen des sechsten und zugleich Registerbandes der Quellenedition „Die Evangelische Landeskirche in Baden im ,Dritten Reich‘“ im Jahr 2005 wurde eines der großen editorischen Langzeitprojekte der deutschen kirchlichen Zeitgeschichte abgeschlossen. Anders als bei der Dokumentation des württembergischen Kirchenkampfes durch Gerhard Schäfer – für sich genommen eine geradezu singuläre Dokumentationsleistung – steht bei dem im Auftrag des Evangelischen Oberkirchenrats Karlsruhe in Kooperation mit dem Verein für Kirchengeschichte in der Evang. Landeskirche in Baden zustande gekommenen Editionsprojekt nicht die „Kirchenkampf“-Geschichte im engeren Sinn im Vordergrund. Das Karlsruher Projekt hat sich, wie bereits das Geleitwort von Landesbischof Dr. Klaus Engelhardt zum ersten, 1991 erschienenen Band zeigt, die Kontextualisierung der Auseinandersetzung zwischen Landeskirche und NS-Regime in der Kirchen- und Allgemeingeschichte des 20. Jahrhunderts zum Ziel gesetzt.
Die Erinnerung an den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 ist bei uns – anders als in Frankreich – angesichts der Schrecken der Weltkriege des 20. Jahrhunderts gänzlich verblasst. Dabei hatte der zunehmend grausamer geführte »Bruderkrieg« gravierende Folgen für beide Länder und auch die Menschen am Oberrhein: Für Deutschland brachte er die Reichseinigung und das Kaiserreich, das dann Elsass-Lothringen annektierte. Frankreich wurde nach der Abdankung Kaiser Napoléons III. endgültig zur Republik.
Die konfessionelle Konfrontation und der Gegensatz der europäischen Mächte führten 1618 zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Er weitete sich von einem religiösen zu einem politischen Kampf um die Vormacht in Europa aus. Bis auf die Eidgenossenschaft waren weite Gebiete am Oberrhein von schweren Zerstörungen und einem dramatischen Bevölkerungsverlust betroffen. Erst nach dem Westfälischen Frieden 1648 und den Eroberungskriegen Frankreichs
begann am Oberrhein eine längere Friedensperiode.
Was die rezente Mundart im alemannischen Gebiet - auf das ich mich im folgenden
beschränke - angeht, finden sich in den Wörterbüchern zahlreiche Hinweise
auf regional verschiedenen Gebrauch des grammatischen Geschlechts, die
freilich immer nur einige wenige einzelne Orte erfassen; die einzige das Problem
betreffende Karte gab H. Fischer 1895. Erst kürzlich empfahl D. Rosenthal am
Beispiel der/die bach sogar ausdrücklich „große Vorsicht" bei der
„Heranziehung des Genuswechsels für die Dialektgeographie", vor allem bei der
Beurteilung seiner Gesetzmäßigkeit und beim Schluß von rezenten auf
historische räumliche Lagerungen, da die Mundarten aufgrund partieller lautlicher
Entwicklungen in der Neuzeit gerade im Bereich der Flexionssysteme unterschiedliche
Aufnahmebereitschaft für den Einfluß der Hochsprache zeigen
Familiennamen am Bodensee
(2000)
1. Unsere Familiennamen sind vor etwa 700-800 Jahren entstanden, unter anderem deswegen, weil die Menschen, die bisher nur einen Namen trugen, vor allem in den damals stark anwachsenden Städten begannen, sich durch zusätzliche Benennungen genauer zu unterscheiden, um Verwechslungen zu vermeiden. Man nutzte dazu fünf Möglichkeiten, aus
denen all unsere Familiennamen hervorgegangen sind: (1) Unterscheidung nach dem Vater, sog. Patronymika: Hans [der Sohn des] Hartmann; (2) nach der Herkunft, sog. Herkunftsnamen: Hans [der] Allgaier „aus dem Allgäu“; (3) nach der Wohnstätte, sog. Wohnstättennamen: Hans [am] Löhle „am Wäldchen“; (4) nach dem Beruf, sog. Berufsnamen: Hans [der]
Riester(er) „der (Flick-)Schuster“; (5) nach körperlichen, charakterlichen oder biographischen Merkmalen, sog. Übernamen: Hans [der] Sterk „der Starke“, Hans [der] Thumb „der Unerfahrene, Junge“, Hans [der am] Sonntag [geboren ist]. Durch die elektronische Speicherung von Telefonanschlüssen ist nun in jüngster Zeit eine äußerst ergiebige Grundlage auch zur Erforschung der Familiennamen gelegt worden. Entsprechende Untersuchungen wurden erstmals von Konrad Kunze für Gesamtdeutschland vorgelegt. Im Folgenden soll am Beispiel des Bodenseeraums gezeigt werden, welche Möglichkeiten sich auch für die regionale Namenkunde bieten. Leider sind die schweizerischen und die österreichischen Telefonanschlüsse
noch nicht in meine Datenbank eingearbeitet, so daß sich die Beispiele auf die deutsche Seeseite beschränken müssen.
Alemannische Legendare (l.)
(1973)
Bis heute finden sich in vielen katholischen Haushalten, auch dort, wo wenig
gelesen wird, jene Bücher, die in der Reihenfolge des Kalenders die Legenden
der Heiligen enthalten. Jene Folianten, von denen der Erzähler in dem Roman
„Halbzeit" des Wasserburger Schriftstellers Martin Walser schreibt: ,,Meine
Mutter saß steif vor der großen Legende, ihrem einzigen Buch, in dem sie
seit eh und je las ... in jener Haltung eben, in der jemand, der nicht viel liest,
vor einem Buch sitzt, und dazu noch vor einem solchen in Schweinsleder
gebundenen Heiligenbuch ... Sie wollte an jedem Tag ihre Begegnung mit
dem Heiligen haben, der wirklich an diesem Tag dran war."
Zwischen der Durchsetzung der Reformation unter Ottheinrich 1556 und der Veröffentlichung des Heidelberger Katechismus 1563 liegt für die Kurpfalz ein etwa siebenjähriges Ringen um die konfessionelle Identität des neuen evangelischen Kirchwesens. Das Land wandelt sich in dieser Zeit von einer Schaubühne der großen innerreformatorischen Lehrstreitigkeiten zu einem eigenständigen Akteur im konfessionspolitischen Kräftespiel der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Besonders
fassbar wird diese Wandlung anhand einer Momentaufnahme aus dem Sommer 1560. Zeitzeugenberichte verschaffen zuerst einen Eindruck von den Protagonisten und Frontstellungen dieser Zeit. Das entstandene Bild soll dann zweitens in den Kontext
der politischen und der kirchlichen Entwicklungen in der Kurpfalz seit 1556 eingebunden werden. Drittens wird nach der Bedeutung der Momentaufnahme für den Weg zum Heidelberger Katechismus zu Fragen sein.
Vor 10 Jahren hat es noch kaum jemand für möglich gehalten: Vom kontrollierten Zerfall zur Reaktivierung nach der DlN 19700. Nach erfolglosen Anläufen in der Vergangenheit verfolgt die Stadt Vöhrenbach das Sanierungsprojekt Linachtalsperre seit 1998 mit Nachdruck, so dass diese in 2006/2007 realisiert werden konnte. Die Vision des Zusammenwirkens von Denkmalschutz, Erzeugung regenerativer Energie, Klimaschutz (C0 2-Vermeidung), Naherholung, Ökologie und sanftem
Tourismus wurde und wird unter Einsatz von großem bürgerschaftlichem Engagement, hohem technischem und wissenschaftlichem Know-how und entsprechendem bürokratischen und finanziellem Aufwand, Finanzmitteln von Bund, Land, Stiftungen, Sponsoren und nicht zuletzt der kleinen Schwarzwaldstadt Vöhrenbach Wirklichkeit.
Als Freiburg im Jahr 1120 das Marktrecht erhielt, war ein Aufschwung des städtischen Lebens gewjss zu erwarten. Neben dem wirtschaftlichen Erstarken bedeutete das vor allem auch die
Zuwanderung von Bürgern, die Errichtung von Häusern und anderen Bauwerken und eine
allgemeine Verdichtung des sozialen Lebens. Im 14. Jahrhundert hatte die Stadt Freiburg die
maximale Einwohnerzahl von 9.000 errejcht, die dann bis zum Ende des 15. Jahrhunderts auf
ca. 6.000 Einwohner absank. 1 Das Zusammenleben vieler Menschen auf engem Raum und unter
schlechten hygienischen Bedingungen, wie es in einer mittelalterlichen Stadt der Fall war,
begünstigte die Entwicklung von Krankheiten und Seuchen. Der Aussatz z.B. ist nach der Ansicht
von Ernst Theodor Nauck in Freiburg seit 1252 überliefert.2 Hinzu kamen gebärende
Frauen, Verletzte, altersschwache Menschen und elternlose Kinder. Man darf davon ausgehen,
dass es im mittelalterlichen Freiburg eine beträchtliche Zahl an hilfsbedürftigen Personen gegeben
hat, die auf die öffentliche und kirchliche Fürsorge angewiesen waren.
Im Zuge der jüngsten Lehrplanrevision sollen landeskundliche und landesgeschichtliche
Stoffe im Schulunterricht wieder eine stärkere Berücksichtigung
erfahren und zwar in Form fächerübergreifender Themenstellungen.
Dabei soll über bloßes Faktenwissen hinaus den Schülern die eigene Kulturtradition
bewußt gemacht und die eigene Identitätsfindung erleichtert werden.
Um diesen Intentionen zu entsprechen und damit auch dem Auftrag der
Landesverfassung (Artikel 12, Abs. 1) gerecht zu werden, steht den Lehrern
in Baden-Württemberg ein umfangreiches Schrifttum zur Verfügung, vor allem
die Publikationen der traditionsreichen amtlichen Landesbeschreibung.
Im folgenden soll in groben Strichen die Geschichte der Südwestdeutschen
Landeskunde und die Entwicklung der Landesbeschreibung dargestellt werden.
Ihre Kenntnis scheint mir nicht nur für Pädagogen, sondern auch für Heimatforscher
und andere landeskundlich interessierte Personen wichtig zu sein.
Die Notstandsgemeinden des Königreiches Württemberg um 1850 und ihre Entwicklung bis zur Gegenwart
(1970)
In den Württembergischen Jahrbüchern für Statistik und Landeskunde findet
sich im Heft I des Jahrgangs 1875, Seite 180, eine Aufstellung von 39 Gemeinden, die auf Grund Königlicher Verordnung vom 25. September 1855 unter besondere Staatsaufsicht gestellt worden waren. In dem kurzen einführenden
Text werden sie als „verwahrloste" Gemeinden bezeichnet, ,,welche
der erforderlichen ökonomischen Grundlage ermangeln, insbesondere nicht im
Stande sind, den für Gemeindezwecke nöthigen Aufwand ohne Unterstützung
aus Staatsmitteln zu bestreiten, und zugleich in sittlichem Zerfall sich befinden
... ".
Im folgenden soll nun zunächst untersucht werden, welche Faktoren dafür
verantwortlich waren, die diese Gemeinden zu den Ärmsten der Armen
machten, und wie sie sich in den vergangenen 100 Jahren weiterentwickelt
haben.
Bei der Verzeichnung des Pfarrarchivs Grunbach, Dekanat Schorndorf, Rems-Murr Kreis sind wir auf Briefe und Postkarten von 2 Nachkommen ehemaliger Grunbacher Auswanderer aus den Jahren 1931–1933 gestoßen, die betroffen machen. So schreibt ein Wilhelm Knauer am 28.12.1931 an den damaligen
Ortspfarrer.[1]
Zwei Jahre vor dem berühmt gewordenen Kirchentag in Wittenberg erschien 1846 in den Fliegenden Blättern aus dem Rauhen Hause zu Horn bei Hamburg ein Artikel über die Innere Mission in Baden, in dem – wahrscheinlich – Johann Hinrich Wichern schrieb: Baden steht zwischen Württemberg, den Cantonen Basel und Zürich und dem Elsaß eigenthümlich isolirt da, in Beziehung auf die freie Association zu praktisch christlichen Zwecken in unmittelbarster Nähe. Während in den genannten, Baden umgebenden, Ländern Vereine und Anstalten christlicher Liebe aller Art blühen und zunehmen, kommt aus Baden uns kaum eine Kunde von verwandten Unternehmungen zu. Diese Klage über mangelnden missionarischen und diakonischen Einsatz dürfte kaum mit dem Hinweis auf Wicherns defizitäre Kenntnisse zu entkräften sein, galt er doch als überaus gut informierter Fachmann, wie die in der genannten Zeitschrift abgedruckte Auflistung badischer Werke der Inneren Mission zeigt. Die badischen Entwicklungen der Inneren Mission und der „Diakonie“ verfolgte Wichern spätestens seit den frühen 1830er Jahren. Seit dieser Zeit pflegte er auch direkte Kontakte zu Badenern.
Der Bergrain ist ein Sporn der Niederterrasse, der gebildet wird von
der Rheinaue und der des Feuerbaches. An seinem Fuß liegt das Dorf
Kirchen, das inzwischen mit seinem Nachbarort zu der Gemeinde Efringen-
Kirchen im Landkreis Lörrach zusammengeschlossen wurde. [...]
An der Südwestseite der Hochfläche steigt die Straße Kirchen-Eimeldingen
aus der Stromaue herauf zur Niederterrasse. Längs dieser Straße befindet
sich eine nunmehr aufgegebene Kiesgrube von großem Ausmaß. Sie wird
sicher schon lange betrieben. In dem Ortsplan eines Grundbuches aus den
Fünfzigerjahren des 19. Jahrhunderts, der auf dem Rathause liegt, ist sie
längst noch nicht so weit neben der Straße in die Niederterrasse hinein
vorgetrieben.
Der erste Fund aus dem Bereich der Kiesgrube wird aus dem Jahre 1880
gemeldet. Es handelt sich um ein alamannisches Plattengrab. Einige weitere
Gräber dieser Art wurden um die Jahrhundertwende beobachtet.
Orden sind ein „Grundmodul der europäischen Geschichte". In Distanz zur Welt lebten die Mönche doch in und von der Welt, mussten sich mit ihr auseinandersetzen und nahmen Einfluss auf sie. Sie unterwarfen sich nach Max Weber als Erste einer durchgängig rational gestalteteten, methodisch durchgeplanten Lebensweise. Sie verwalteten effektiv ihren Besitz, sie übermittelten die Bildung der Antike dem Mittelalter, sie entwickelten strenges wissenschaftliches Denken, sie schufen bewundernswerte Kunstwerke, sie sorgten für Bedürftige. In sich einander ablösenden Gründungwellen stellten sich neue Orden neuen Aufgaben ihrer Zeit. Sie sind folglich nicht nur ein Phänomen der. Kirchengeschichte, sondern ein wichtiges Strukturelement vormoderner Geschichte allgemein und damit ein ebenso wichtiges Objekt der Profangeschichte. Ihre Bedeutung ist gerade in Oberschwaben kaum zu überschätzen, da etwa ein Drittel dieser Landschaft von Äbten regierte Klosterterritorien waren. Aber es gab nicht nur die großen Prälatenklöster. Von den etwa 50 Männerklöstern der Region waren knapp die Hälfte Konvente der Mönchsorden im engeren Sinne und der regulierten Chorherren, die andere Hälfte Konvente der Bettelorden.
Renitenz und Genie
(2004)
Herr Landrat, Herr Bürgermeister, verehrte Bewohner des Geniewinkels und des Fleckviehgaus, meine Damen und Herren,
„Wir wissen ja nicht, wie es heißt wo wir sind. Vielleicht nicht einmal, wo wir sind. Daher gab es in dieser Gegend immer wieder Ortungs- und Definitionsversuche." Soweit das jüngste Mitglied des hiesigen Genie-Pantheons, der Büchner-Preisträger Arnold Stadler. Dass es an Vorschlägen nicht mangelt, wie es heißt, wo wir hier sind, dazu hat er mit beigetragen.
Zu einem Ortungsversuch sind auch wir hier zusammengekommen. Denn wenn nach einem Satz des zwar umstrittensten, aber berühmtesten Meßkircher Genies Martin Heidegger „Herkunft stets Zukunft bleibt", dann klärt uns Geschichte immer auch auf über uns, unseren Standort, die ,,Ansprüche, die Geschichte an uns stellt", um nochmals Heidegger zu zitieren.
Ein solcher Ortungsversuch ist das Buch, das wir heute die Freude haben, vorzustellen mit dem schönen irritierenden Titel: ,,Renitenz und Genie".
Doch obschon die These von der Quellenvielfalt für große Teile des 20. Jahrhunderts vielleicht zutreffen mag, so zeigt sich auch hier, dass es wohl keine grundsätzlichen Befunde ohne Ausnahmen gibt. Blickt man nämlich auf die nationale Geschichte Deutschlands, so findet sich in der Tat ein Zeitraum im 20. Jahrhundert, in welchem die Quellenlage außerordentlich dünn ist: Für die letzten Tage des „Dritten Reichs“, die Endphase des Zweiten Weltkriegs also, sind die Quellenbestände keineswegs so üppig wie man dies allgemein für das 20. Jahrhundert annehmen könnte. Noch kritischer wird die Quellenlage, wenn explizit lokal- und regionalgeschichtliche Fragestellungen in den Blick genommen werden. Diesem Problem will sich die vorliegende Studie ganz bewusst stellen, indem exemplarisch die Region Freiburg im Frühjahr 1945 in den Blick genommen wird. Es soll nachfolgend der Versuch unternommen werden, das Ende des Zweiten Weltkriegs und die ersten Wochen der Besatzungszeit am regionalen Beispiel zu rekonstruieren. Grundlage dieses Unterfangens ist ein bislang weitgehend unbeachtetes Quellenkorpus kirchlicher Provenienz, der nicht nur die verfügbaren Quellen zum Kriegsende ergänzt, sondern auch neue regionalgeschichtliche Perspektiven auf jene Zeit ermöglicht. Damit versteht sich der vorliegende Beitrag zugleich als ein Beleg für das Potential, welches die Geschichtswissenschaft aus einer verstärkten Beschäftigung mit Quellenbeständen aus kirchlichen Archiven ziehen könnte.
Grünanlagen in Villingen
(2011)
Auszug aus dem Vortrag „Von öffentlichen Parks bis
Gartenschauen. Geschichtliche Hintergründe und
Instrumente der Stadtentwicklung“ vom 24. 3. 2010
beim Geschichts- und Heimatverein.
Die Tallardsche Belagerung war die letzte, in
denen die mittelalterlichen Mauern und Wehr -
anlagen der Stadt Villingen zum Einsatz kamen. 40
Jahre später musste die Stadt ihre Tore dem an -
rückenden Feind öffnen, um nicht zerstört zu werden. Die waffentechnische Entwicklung hatte die
alten Mauern der Stadt als Verteidigungsanlagen
wertlos gemacht.
Am Samstag 24. April 2010 feierte die Stadt- und
Bürgerwehrmusik Villingen und die Historische Bürger -
wehr und Trachtengruppe in einem Festakt im Kulturzentrum Franziskaner ihr 200-jähriges Jubiläum.
Nachfolgend dokumentieren wir in Auszügen die Festansprache von Oberbürgermeister Dr. Rupert Kubon.
… Es gilt heute einem herausragenden Jubiläum
in der langen Geschichte unserer Stadt Referenz zu
erweisen und es ist hier im Kulturzentrum Franziskaner ein wohl würdiger Ort, dieses Jubiläum
festlich zu feiern: Die Stadt- und Bürgerwehrmusik
Villingen und die Historische Bürger wehr und
Trachtengruppe feiern ihr 200-jähriges Bestehen.
Rede Festakt GHV
(2020)
Liebe Freunde und Mitglieder des Geschichts- und Heimatvereins Villingen, sehr geehrte Damen und Herren.
„Wer die Enge seiner Heimat begreifen will, der reise. Wer die Enge seiner Zeit ermessen will, studiere Geschichte“, dieses Zitat Kurt Tucholskys klingt fast so als hätten es vor 50 Jahren die Gründer des Geschichts- und Heimatvereins Villingen aufgegriffen, um daraus das Erfolgsprogramm zu machen, welches unseren Verein bis heute auszeichnet. Heute feiern wir Geburtstag und ich freue mich, dass Sie alle gekommen sind, um mit uns zu feiern. Die illustre Zahl unserer Gäste zeigt mir, dass die immerhin rund 200 Gründungsmitglieder, welche den neuen Verein am 10. Juni 1969 aus der Taufe hoben, eine
wirklich tolle und sehr nachhaltige Entscheidung trafen.
Altdekan Kurt Müller †
(2020)
Der Geschichts- und Heimatverein Villingen verliert mit Ihm einen der wichtigsten Kenner der Geschichte unserer Stadt, insbesondere hinsichtlich aller unmittelbaren oder mittelbaren kirchenhistorischen Zusammenhänge. Kurt Müller, in Kehl geboren, kam schon als Kind nach Villingen, wo er die Schule besuchte und 1957 das Abitur ablegte. Nach seinem Theologiestudium in Freiburg und Würzburg wurde er im Juni 1963 zum Priester geweiht. Damit wurde das 1962 begonnene II. Vatikanische Konzil auch zur Leitschnur seines pastoralen Wirkens.
Vor 75 Jahren wurde hier in Villingen im Tannhörnle der polnische Zwangsarbeiter Marian Lewicki an einer Eiche erhängt. Er war von einem Gericht zum Tode verurteilt worden, nachdem er und eine junge deutsche Frau wegen einer Liebesbeziehung denunziert worden waren. Zu einer Stunde des Gedenkens versammelten sich am 5. März 2017 zahlreiche Bürger unserer Stadt um das Sühnekreuz ( Abb. 1). Oberbürgermeister Rupert Kubon gedachte in einer Ansprache des furchtbaren
Ereignisses, Altdekan Pfarrer Kurt Müller sprach abschliessend ein Gebet.
Als ich nach meiner Wahl zum Oberbürgermeister vor 19 Jahren auf dem Villinger Münsterplatz vor dem Rathaus auf die provisorisch aufgebaute Bühne trat, spielte die Villinger Stadtmusik das Badener Lied, und nicht wenige der anwesenden Zuschauer sangen mit der Hand am Herzen inbrünstig mit. Diese kurze Episode stand eigentlich im Kontrast zu einem wesentlichen Bestandteil meines späteren Arbeitszimmers, einem wertvollen Gemälde der jungen Maria Theresia, welches den Charakter des Raumes entscheidend prägt.
Mein Vorgänger im Amt, Gerhard Gebauer stellte 1998 in einem Aufsatz zur Fusion von Villingen und Schwenningen vor 50 Jahren mit Stolz fest, dass die Neubildung der Stadt Villingen-Schwenningen in Deutschland die größte Gemeindereformmaßnahme war, die seit 1945 erfolgreich durchgeführt wurde. Dies gilt auch heute fast 25 Jahre später, und das macht den Sachverhalt noch bemerkenswerter. Hinzu kommt, dass diese Fusion auf der Grundlage einer Zustimmung der Bürgerschaft in beiden Städten Schwenningen und Villingen vollzogen wurde. Aber neben der Würdigung dieses doch sehr einzigartigen Vorgangs stellt sich deshalb die Frage, weshalb es keine Nachahmer mehr gab, und ob man dann tatsächlich vom Erfolg dieser Maßnahme sprechen kann.
Bei einem Überblicksbeitrag wie diesem wird schmerzlich bewusst, dass es bislang keine Gesamtdarstellung des Themas gibt. Dabei ist die Landeskirche reich an Beispielen aus allen Zeiten. An dieser Stelle können nur mit einigen Fallstudien Leitgedanken des Kirchenbaus der letzten beiden Jahrhunderte dargestellt werden.
Ihre Entführung im Jahre 1623 war der wohl größte Kulturverlust der Kurpfalz. Rund 3700 mittelalterliche und frühneuzeitliche Handschriften und etwa 13.000 Inkunabeln und Druckschriften aus der Heidelberger Heiliggeistkirche gelangten als Kriegsbeute der Katholischen Liga in die päpstliche Bibliothek. Diese Schätze sind heute unter der allgemein üblichen Bezeichnung Bibliotheca Palatina bekannt. Diese ist ein Sammelbegriff für die ursprünglich separaten Bestände der Heidelberger Universität, des Heidelberger Schlosses und der von Ulrich Fugger (1526–1584) übernommenen Bibliothek, die nach und nach, aber nie ganz vollständig, auf den Emporen der Heiliggeistkirchen vereinigt worden waren. Es handelt sich hauptsächlich um deutsche und lateinische Handschriften, aber auch um griechische, hebräische, arabische und türkische. Mit den 845 deutschsprachigen Handschriften kehrte 1816 ein wesentlicher Bestandteil der Bibliotheca Palatina nach Heidelberg zurück. Dort kam als Aufbewahrungsort solcher
Schätze – nach dem Ausscheiden von Hof und Kirche als Kulturträger – nur noch die aufblühende Universität infrage.
Emmanuel Prince (später Duc) de Croÿ (1718−1784) hielt sich am 3. und 4. März 1742 in Heidelberg auf. Seine Eindrücke hat er in einem Tagebuch festgehalten, auf das hier ausdrücklich aufmerksam gemacht werden soll. Der Reisebericht ist an diesem Ort und in dieser Kürze leicht zu übersehen, aber kulturgeschichtlich umso wertvoller, weil er eine vorromantische Perspektive auf Stadt und Schloss bietet. Der Angehörige des französischen Hochadels hatte als Reichsfürst Ende Januar bis Mitte Februar in Frankfurt Wahl und Krönung Kaiser Karls VII. (1697−1745) verfolgt und sich im Anschluss an die Feierlichkeiten auf eine Reise durch Westdeutschland begeben (S. 28−60). De Croÿ kam aus Darmstadt nach Heidelberg, um dann
weiter nach Speyer und Mannheim zu ziehen. Die Entfernung von Darmstadt nach Heidelberg war damals noch eine Tagesstrecke, der Reisende brauchte zu Pferde neun Stunden, nämlich von sieben Uhr morgens bis vier Uhr nachmittags.
In der Zeit vom 15. Mai bis 15. Oktober 1919 zeigten die Städtischen Sammlungen in Heidelberg die Ausstellung „Heidelberger Maler der Romantik“. Sie war die erste umfassende museale Präsentation zu diesem Thema. Was verstehen wir unter Heidelberger Malerei der Romantik? Für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts und teilweise darüber hinaus häufen sich die Namen von Künstlern, die, oft nur wenige Jahre, in Heidelberg lebten oder zumindest Heidelberger Motive malten. Was diese Maler ästhetisch verbindet, sind verwandte Kunstauffassungen (zum Teil im Sinne des Biedermeiers); eine Schule im engeren Sinn hat sich jedoch nicht ausgebildet. Biografisch waren die Vernetzungen unter den Künstlern so lose, dass man von einer „Künstlerkolonie“ sprechen könnte. Damals gab es am Ort kaum Möglichkeiten, zum Künstler ausgebildet zu werden, vor allem keine Kunstakademie; gebürtige Heidelberger gingen an die Akademien in Karlsruhe oder München, seltener nach Düsseldorf. Bevorzugte Sujets waren Heidelberger Stadt- und vor allem Schlossansichten, Landschaften und Porträts. Die Landschaftsmalerei Heidelberger Künstler erreichte ihren Höhepunkt mit dem Übergang von der idealen zur stimmungsvoll-realistischen Wiedergabe. Eine solche Malerei bediente den Geschmack des gehobenen Bürgertums, war aber auch am Hofe salonfähig. So ist es nicht erstaunlich, wenn etwa mit Ernst Fries ein Heidelberger Romantiker Hofmaler in Karlsruhe geworden ist. Das Kunstmäzenatentum des landgräflichen Hofes in Darmstadt hat für einzelne Künstler die fehlende Residenz am Neckar ersetzt.
Johann Friedrich Heinrich Schlosser (1781–1851) und seine Frau Sophia (Sophie) Johanna, geborene Du Fay (1786–1865), sammelten zu Beginn des 19. Jahrhunderts Zeichnungen, Aquarelle und Gemälde zeitgenössischer deutscher Künstler in Rom, der sogenannten Nazarener. Ihre Sammlung befand sich bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein auf Stift Neuburg. Die Sammlung Schlosser besaß ein überregionales Ansehen. Der Münchner Kunstsammler Graf Adolf Friedrich von Schack (1814–1894), dem wir eine Beschreibung der Innenräume von Stift Neuburg verdanken, sah dort „vortreffliche Gemälde und eine interessante Sammlung von Handzeichnungen“. Der Berliner Kunsthistoriker Gustav Friedrich Waagen (1794–1868) erwähnt sie in der Beschreibung seiner ausgedehnten Kunstreisen durch Deutschland: „Leider gestattete es mir die Zeit nicht, den ganz in der Nähe von Heidelberg lebenden Herrn Christian Schlosser zu besuchen, der eine Reihe werthvoller Gemälde lebender Künstler, wie namentlich von Overbeck, besitzen soll.“ Waagen kannte die Sammlung offenbar nur vom Hörensagen, denn er verwechselt Friedrich Schlosser mit seinem jüngeren Bruder Christian in Frankfurt, der ebenfalls Kunst der Nazarener besessen, möglicherweise auch gesammelt hat (ich komme auf ihn zurück).
Am 10. Juli 2012 wurde bei Sotheby´s in London ein einzelnes Pergamentblatt aus einer Handschrift, geschrieben um 800 n. Chr. in der Reichsabtei St. Nazarius zu Lorsch, für rund 120.000 Euro (93.650 GBP) ersteigert. Die heute weit verstreute Bibliothek dieses Klosters gehörte zu den kostbarsten Bücherschätzen der karolingischen Epoche. Wer sich für die Heidelberger (Vor-) Geschichte interessiert, weiß, dass die 764 gestiftete Abtei mit ihren beiden Niederlassungen auf dem Heiligenberg und ihren ausgedehnten Besitzungen auch südlich des Neckars eine wichtige Rolle gespielt hat. Was aber wissen wir über die Lorscher Klosterbibliothek? Baulich ist die Bibliothek längst verloren; sie mag ihren Standort im Winkel von Nordquerhaus und Chor eingenommen haben, wie es der im St. Gallener Klosterplan postulierte benediktinische Idealfall vorsieht. Der Lorscher Bibliotheksbestand ist seit 2012 fast vollständig digital erschlossen. Dieses Digitalisierungsprojekt wurde von der (für Lorsch zuständigen) Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen finanziert, von der Heidelberger Universitätsbibliothek angestoßen und in Zusammenarbeit mit der UNESCO-Welterbestätte Kloster Lorsch organisiert. Angestrebt wird bis 2014 die vollständige Abbildung und Kommentierung der ermittelbar in Lorsch geschriebenen und/oder aufbewahrten Codices und Handschriftenfragmente. Das sind nach heutigem Kenntnisstand circa 330 Handschriften. Insgesamt verteilt sich das Material auf nicht weniger als 68 in- und ausländische Bibliotheken und Archive. Im Team der Heidelberger Universitätsbibliothek sind die Kunsthistorikerin Alexandra Büttner für die Projektkoordination und der Mittellateiner Michael Kautz für die wissenschaftliche Bearbeitung zuständig.
Max Frisch bereiste 1946 und 1947 das zerstörte Europa. Über Berlin z.B. notierte er: »Ganze Quartiere ohne ein einziges Licht. Nicht abzuschätzen ist die Menge von Schutt; doch die Frage, was jemals mit dieser Menge geschehen soll, gewöhnt man sich einfach ab. Ein Hügelland von Backstein, darunter die Verschütteten, darüber die glimmernden Sterne; das letzte, was sich da rührt, sind die Ratten. Abends in die Iphigenie.«
August Koehler (1844-1919)
(2011)
Im Jahr 1751 baute Joseph Stöckle am Mühlbach zwischen Lautenbach und Oberkirch eine Papiermühle mit einem Wasserrad,
das neben dem Stampfwerk für die Hadern auch noch eine Öltrotte antrieb. Viermal wechselte der kleine Betrieb in den folgenden Jahrzehnten den Besitzer, keinem war wirtschaftlicher Erfolg
beschieden. Der fünfte Papiermacher, der die Mühle 1802 erworben hatte, geriet bereits 1807 in Konkurs, ersteigert wurde der
Betrieb nun von dem Ettlinger Kaufmann Otto Koehler. Dessen
Sohn Johann Ignaz hatte das Papiermacherhandwerk in Ettlingen
erlernt, bereits 1809, mit 20 Jahren, übernahm er von seinem
Vater die Mühle, im gleichen Jahr heiratete er die Oberkircher
Bäckerstochter Maria Anna Geldreich. Das kleine Werk - 1813
wird von zwei Gesellen und einem Lehrjungen berichtet - reichte
nicht aus, die Familie zu ernähren. Von Anfang an wurde Landwirtschaft betrieben, vor allem Weinbau, der bereits für die Ettlinger Vorfahren nachgewiesen ist.
Vorbemerkung: Das Stadtmuseum in der Tonofenfabrik, ein aufregendes Projekt, ein Glücksfall für Lahr: Raus aus den beengten
Verhältnissen in der Villa Jamm, Platz für die übergroße Fülle an Exponaten, von der Römerzeit über die Stadtgründung bis zum
Grizzlybären. Um die bewegte Geschichte unserer Stadt darzustellen, hat Gabriele Bohnert, die Leiterin des Museums, eine Menge
erstklassigen Materials - und doch nicht genug. Ende 2015 fragt sie die Mitglieder des Fördervereins nach Dokumenten und Exponaten
zum Ersten und Zweiten Weltkrieg, denn „leider wurde zu diesem Thema nichts gesammelt“. Die Geschichte: Ich gehöre zu der Generation, die das Ende des Zweiten Weltkriegs als Kind noch in Erinnerung hat. Dazu gehört vor allem ein einschneidendes Ereignis: der nächtliche Absturz eines englischen Bombers im Litschental bei Seelbach, weniger als drei Kilometer von meinem Elternhaus entfernt. Und der Besuch
zusammen mit meinem Vater und den Brüdern an der Absturzstelle, wo deutsche Soldaten die Trümmer des riesigen viermotorigen
Lancaster-Bombers bargen, der, kurz nachdem er seine Bombenlast im vorderen Litschental abgeworfen hatte, an einer Bergwand im
Wald zerschellt war. Ich erinnere mich daran, dass mein Vater den deutschen Soldaten gegen ein Kistchen Zigarren etwas abgehandelt
hatte, ein kompaktes Steuerelement aus dem Cockpit des Flugzeugs. Bis zu Gabriele Bohnerts Rundruf lag dieses „Artefakt“ fast vergessen auf meinem Speicher. War das nicht genau das Richtige für die Sammlung?
Der Beginn des 18. Jahrhunderts war eine stürmische Zeit. Von 1701 - 1714 tobte in Europa der Spanische Erbfolgekrieg, von dessen Auswirkungen auch unsere engere Heimat nicht verschont blieb. Am 31. August 1704 strömten die Reste des französischen Heeres, das in der Schlacht von Höchstädt am 13. August durch die Truppen des Prinzen Eugen und des Herzogs von Marlborough eine bittere Niederlage erlitten hatten, durch das Kinzigtal und brannten die fürstenbergische Stadt Haslach, warum auch immer, bis auf die Grundmauern nieder. Und ein Jahr später baute ein Schwarzwälder Bauer an der alten Schönberger Straße, kurz unterhalb der Passhöhe, ein stolzes Schwarzwälder Bauernhaus. Der Name des Erbauers ist uns nicht bekannt, seine Initialen JHW und die Jahreszahl 1705 sind, umgeben von einem Herz, im Eckständer des Hauses eingeschnitzt. Wir können nur erahnen, wie viel Mut, wie viel Zuversicht und natürlich welche wirtschaftlichen Anstrengungen notwendig waren, um in Sichtweite der Burgruine Hohengeroldseck - die altehrwürdige Burg war 1689, rund 430 Jahre nach ihrer Erbauung, von französischen Truppen zerstört worden - das große „Wohn-/Stall-/Scheunenhaus" zu errichten.
In insgesamt 46 erhaltenen Briefen und Postkarten aus der Zeit zwischen 9. September 1916 und 10. April 1918 berichten die Brüder über ihre Zeit erst auf Truppenübungsplätzen und dann von der Front. Ernst ab Mai 1917 und Hermann ab Dezember 1917. Ergreifend der Zusammenhalt der Familie, der sich in regem Briefwechsel zwischen Eltern und Geschwistern mit ihren beiden Soldaten ausdrückt. Zuhause sorgten sich außer den Eltern fünf Geschwister um ihre Brüder an der Front: Greta *1896, Olga (Olle) *1898, Julius *1901, Richard *1904 und Lisbeth *1906. Neben Briefen waren es zahlreiche Päckchen und Pakete mit Zigarren der väterlichen Zigarrenfabrik und Produkten aus der eigenen Landwirtschaft, die den beiden das Leben im Dreck des Heubergs und die Not im Schützengraben am „Chemin des Dames“ etwas erleichterten. Bemerkenswert: Was in diesem Krieg offensichtlich bis zuletzt funktionierte, war die Feldpost.
gemeinsam.flexibel.kreativ
(2023)
Im März 2023 hat die Badische Landesbibliothek die Lernwerkstatt eröffnet. Die Lernwerkstatt ist eine offene Lernlandschaft mit der Idee, »Lernen im Austausch« zu fördern. Gezielt wurde daher die Raumkonzeption mit einem breiten Veranstaltungsprogramm kombiniert. Seit über zehn Jahren bietet die Teaching Library der Badischen Landesbibliothek Workshops und Schulungen zu Informationskompetenz und wissenschaftlichem Arbeiten für Schülerinnen und Schüler der Kursstufe sowie Studierende an. Bis zur Covid-19-Pandemie hatte sich das Team auf Präsenzschulungen konzentriert, die von Lehrkräften und Dozierenden bevorzugt wurden. Nach der kompletten Umstellung auf Online-Schulungen während der Pandemie kristallisierte sich zuletzt eine Mischung aus Online- und Präsenzveranstaltungen heraus. Dieser Prozess löste auch interne Diskussionen darüber aus, wie sich das Angebot an das sich verändernde Lernverhalten anpassen
könnte. Denn die Pandemie und die durch diese beschleunigte Digitalisierung im Bildungsbereich haben dauerhafte Veränderungen im Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer bewirkt, die bei der inhaltlichen wie didaktischen Planung eines Workshop- und Veranstaltungsprogramms berücksichtigt werden müssen. Der ohnehin geplante Umzug des bis 2022 genutzten Schulungsraums war daher eine gute Gelegenheit, über die Neugestaltung nachzudenken. Bereits zuvor waren flexible Raumgestaltung und Laptops für interaktive Didaktik Standard. In einem zweijährigen Planungsprozess wurde ein Konzept für einen neuen Lernort mit Veranstaltungsprogramm entwickelt, um diese Fragen zu beantworten.
Die Badische Landesbibliothek hat im März 2023 die Lernwerkstatt eröffnet, eine offene Lernumgebung, die auf „Lernen im Austausch“ abzielt. Die Lernwerkstatt kombiniert eine freie Lernfläche mit einem Seminarraum – auf beiden Flächen findet ein breites Veranstaltungsprogramm statt. Die Lernwerkstatt ist die räumliche Heimat der Teaching Library, die seit 2010 Schulungen und Workshops im Bereich wissenschaftliches Arbeiten und Informationskompetenz anbietet.
Raum für Veränderung
(2023)
Seit zwölf Jahren ist die Badische Landesbibliothek in der Vermittlung von Informationskompetenz aktiv. Mit der Eröffnung der Lernwerkstatt im Frühjahr 2023 hat sie nicht nur einen neuen Lernort innerhalb der Bibliothek geschaffen, sondern auch ihr Programmangebot stark vergrößert. Die Lernwerkstatt ist ein Lernort, der mit seiner technischen und räumlichen Ausstattung
sowie mit seinem Veranstaltungsprogramm das „Lernen im Austausch“ fördert. In diesem Artikel werden Konzeptionierung und Umsetzung dieses Lernortes vorgestellt.
Am 24. Oktober 2014 wurde in einem "Bibltioheksbrunch" des Deutschen Bibliotheksverbands - Landesverbands baden-Württemberg e. V. die Beta-Version des Portals "Bibliothek und Schule" freigeschaltet. Das Portal ist Teil der Internetplattform "Kultur und Schule" und vernetzt Bibliotheken aller Sparten mit Lehrerinnen und Lehrern aller Schularten und Jahrgangsstufen. Die Internetplattform „Kultur und Schule" lädt Lehrerinnen
und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, Ellern, Bildungsträger, Kulturschaffende und Kulturvermittler
dazu ein, sich zu informieren, miteinander in Kontakt zu treten und gemeinsame
Projekte durchzuführen.
Seit Herbst 2010 legt die Badische
Landesbibliothek in ihrer strategischen
Ausrichtung einen starken Fokus auf die
Bibliothek als Lernort. Seitdem finden zum
einen intensive Serviceverbesserungen im
Benutzungsbereich der Bibliothek statt;
zum anderen hat die Teaching Library mit
ihrem zielgruppenorientierten Programm
für Schule, Studium sowie Beruf und
Freizeit ihre Arbeit rasant aufgenommen.
Die räumliche Entwicklung als Lernort,
an dem sowohl selbstbestimmtes Lernen
stattfindet als auch Informationskompetenz vermittelt wird, bekam Anfang
2011 einen weiteren Anschub. Mit einer
bewusst auf ein »learning centre« abzielenden Bedarfsanmeldung gelang es, Unterhaltsträger und Bauverwaltung davon
zu überzeugen, ein in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Bibliothek freistehendes
Gebäude der Badischen Landesbibliothek
zu übertragen. Nach einer zehnmonatigen
Konzeptions- und Umbauphase wurde
das neue Wissenstor am 19. März 2012
feierlich durch den Staatssekretär im
Ministerium für Wissenschaft, Forschung
und Kunst, Jürgen Walter, eröffnet.
Informationskompetenz bezeichnet die Fähigkeit, eigenen Informationsbedarf zu erkennen und zu formulieren, benötigte Informationen gezielt und
effizient zu recherchieren, gefundene Informationen zu bewerten, zu strukturieren und zu nutzen sowie sich über die rechtlichen und ethischen Implikationen der Nutzung bewusst zu sein. Die wissenschaftlichen Bibliotheken
in Baden-Württemberg fördern diese – in Zeiten der digitalen Informationsflut besonders wichtige – Fähigkeit mit Schulungsangeboten für die Sekundarstufe.
Wissen vor Ort
(2016)
Seit Herbst 2010 setzt sich die Badische Landesbibliothek (BLB) intensiv für
die Stärkung der Informationskompetenz ihrer Nutzerinnen und Nutzer ein. Neben
den etablierten Aufgaben der BLB – Speicher des kulturellen Gedächtnis Badens,
Digitalisierungszentrum und Landesbibliographie – stehen die beiden Gebiete
Lernort und Teaching Library als Elemente der strategischen Ausrichtung im Fokus.
Die Verbindung von Raum und Serviceangeboten sowie die Personalentwicklung
werden als zentrale Faktoren für den Erfolg der Teaching Library gewertet.
Die Wiederentdeckung einer bisher wenig beachteten Urkunde aus dem Jahre 1325 beweist, dass die Stadt Kleingartach von den Herren von Weinsberg oder auf deren Betreiben mit königlicher Billigung vor 1295/99 gegründet wurde. Bisher ist man davon ausgegangen, dass die ehemalige Stadt im Oberen Leintal durch die Markgrafen von Baden gegründet wurde, die allerdings im Jahr 1332 erstmals nachweisbar im Besitz der Stadt sind. Zudem stoßen wir in dieser Urkunde von 1325 erstmals auf den Namen des Nachbardorfes Niederhofen, was bisher von der heimatgeschichtlichen Forschung nicht berücksichtigt wurde. Seit dem 1. Dezember 1971 ist die ehemalige Stadt Kleingartach nach Eppingen eingemeindet. Die kleine, ländliche Ortschaft ist von ihrer Siedlungsform her betrachtet eine typische spätmittelalterliche Stadtsiedlung, was auch nach der Eingemeindung im Zuge der Gemeindereform Gültigkeit hat. Kleingartach, das man im allgemeinen Sprachgebrauch gerne als „Dorf" bezeichnet, um die ländlichen Züge des Ortes zu beschreiben, ist dennoch ein württembergisches „Städtle" geblieben. Von der Luft aus ist der quadratische Stadtkern noch heute zu erkennen, was Kleingartach von vielen Gemeinden des Zabergäus und Leintals unterscheidet. Reste der Stadtbefestigung sind letzte bauliche Zeugnisse der frühen Stadtgeschichte und verdeutlichen die Privilegien einer mittelalterlichen Stadt, sich durch
Mauern und Türme vom Umland abgrenzen zu dürfen.