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Die protestantische Kirchengemeinde Sulzburg im Spiegel eines Visitationsberichts aus dem Jahre 1800
(2000)
Die Kirchenvisitation ist so alt wie die christliche Gemeinde. Bei den ersten Gemeinden wurde die Visitation von der Urgemeinde in Jerusalem wahrgenommen. Auch die Reisen des Paulus waren z. T. Visitationen, Besuche einer befreundeten
Autorität, aber auch Prüfungen und Kontrollen, die das Gemeindeleben fördern, stärken und - wenn nötig - befrieden sollten. ,,Visitationen sind eine eigentümliche Zwischenform zwischen brüderlichem Besuchsdienst und kirchenleitender Aufsicht über das Leben in den Einzelgemeinden," heißt es in einem großen Kirchenlexikon. Aus reformatorischem Geist wurden die Visitationen in den protestantischen Ländern zu einer kollegialen Aufsicht, die den Schwerpunkt auf Erziehung und Belehrung der Gemeindeglieder legte. Luthers Katechismen sind aus Visitationserfahrungen entstanden. Und im 18. Jahrhundert forderte der Superintendent von Dresden, daß im Rahmen der Visitationen mit allen erwachsenen Gemeindemitgliedern ein
Katechismusexamen abgehalten werden solle.
Den freiwilligen Wechsel der Deutschen aus dem demokratischen Staat, der Weimarer Republik hieß (1919-1933), in die nationalsozialistische Diktatur können wir heute nur noch verstehen, wenn wir in die Geschichte blicken. Daß ein sehr großer Teil der Menschen, die den christlichen Kirchen, der evangelischen wie der katholischen, angehörten, diesen Übergang begrüßt hat, wollen wir nicht gerne hören und mögen wir nicht glauben. Es ist aber so, und es läßt sich auch erklären. Während kirchentreue Katholiken bis 1933 durch die offiziellen Erklärungen ihrer Kirche auf Distanz zur NSDAP als Partei gehalten wurden, waren die Protestanten, die keine hierarchisch-autoritäre Kirche kennen, zunächst anfälliger. Als aber die NSDAP begann, unmittelbar in das kirchliche Leben einzugreifen und sich in Glaubensfragen einzumischen, entstanden in den protestantischen Kirchen unbeugsame Widerstandsgruppen, denen auch Menschen angehörten, die sich den NS-Ideen zunächst geöffnet hatten. Die Widerstandskraft der „Bekennenden Kirche" hat die NSDAP bis zu ihrem Ende nicht überwinden können.
Bis heute ist der Name Johann Schilters (1632–1705) für die Germanistik eng mit dem Werk des Thesaurus antiquitatum Teutonicarum und mit dem ersten großen Wörterbuch des Alt- und Mittelhochdeutschen, dem Glossarium ad scriptores linguae Francicae et Alemannicae veteris, verbunden. Dem Sammeln, Dokumentieren und Präsentieren des alten und ältesten deutschen Sprachgutes hat Schilter, von Hause aus Jurist und (Rechts-)Historiker, einen beträchtlichen Teil seines Arbeitslebens gewidmet. Erst posthum jedoch mit einem Abstand von zwei Jahrzehnten war sein Werk durch ein Bearbeiter- und Herausgeberkollegium zum Druck gebracht worden. Die Bestimmung des tatsächlichen Anteils Schilters an dem Gesamtwerk und insbesondere an dem Wörterbuch war daher später von einigen Unklarheiten geprägt. Auf der Basis des gedruckten Werkes selbst wie auch bislang unbeachteter Quellenbestände aus dem Nachlass Schilters konnten seine Rolle und seine Leistung nun genauer definiert werden.
Die folgenden Beiträge gehen auf den Workshop „Johann Schilter (1632–1705) im Kontext seiner Zeit. Forschungsperspektiven interdisziplinär“ zurück, den Almut Mikeleitis-Winter (Leipzig) und Kai H. Schwahn (Hamburg) im März 2019 in Hamburg durchgeführt haben. Die Idee, Johann Schilter in den Mittelpunkt einer interdisziplinär angelegten Untersuchung zu stellen, gründet in dem intensiven Austausch der beiden Veranstalter im Rahmen ihrer Schilter-bezogenen Projekte. Ausschlaggebend war die Erkenntnis, wie sehr die Beschäftigung mit einem (zeittypisch) vielseitig interessierten Gelehrten wie Johann Schilter von unterschiedlichen Perspektiven und Herangehensweisen profitieren kann. Das gilt insbesondere angesichts der Bedeutung, die Schilter von Zeitgenossen in den Bereichen der Rechtsgeschichte, Sprachforschung, Lexikographie und Kirchengeschichte beigemessen wurde, die in der Forschung bislang aber kaum
Beachtung fand. Von dieser Hochschätzung zeugen zum einen Schilters umfangreiche Korrespondenzen, die er mit bedeutenden Gelehrten seiner Zeit über konfessionelle und territoriale Grenzen hinweg führte, zum anderen die intensive
Rezeption seiner Werke. Mit seinen Arbeiten gehört Schilter zu den Vertretern einer integrativ und überdisziplinär ausgerichteten gelehrten Beschäftigung mit dem Mittelalter, die zum Ende des 17. Jahrhunderts einsetzte.
Das Thema beschäftigt sich mit einem Gegensatz: Armut-Ernährung. Auf der einen Seite der Arme - Mann, Frau oder Kind - , der kaum je ausreichend zu essen hatte. Auf der anderen Seite der Begriff der Ernährung, der weit über die Grundversorgung hinausreicht. Der Arme führte ein kärgliches Leben, in kärglichen Umständen und aß kärglich. Wohlgemerkt, gemessen am Lebensstandard seiner Zeit - nach der heutigen Definition von Armut. Der Lebensstandard des 19. Jh.: Bedeutete er gesicherte Ernährung bzw. Grundversorgung für viele, für alle außer den Armen? Wer war der Arme, der „arme Mann"? Der Begriff der Armut kann recht weitläufig gefaßt werden, er reicht vom Bettler bis zum Arbeitslosen, vom Tagelöhner bis zum unverschuldet Kranken. Ich beziehe mich auf die in den Quellen des 19. Jh. immer wieder genannten „ärmeren Klassen" . Im Verlauf der Zeit gehörten Menschen unterschiedlichster Herkunft und Tätigkeiten dazu. Gut 20 Jahre lang - 1796 bis 1818 - können in Waldshut fast die Hälfte der Familien/ Einwohner dazugezählt werden. Das belegen Tabellen und Listen über den Bedarf an Früchten, Brot und Fleisch. Was erfahren wir aus den Quellen über die Versorgung der Menschen?
Überlingen quillt über mit Kunst. Mit moderner wie auch älterer, aber vor allem
mit älterer Kunst. Dennoch sei die Frage erlaubt: Wieviel Italien darf es denn sein? Wie viel an italienischer Kunst verträgt eine so durch und durch deutsche Kleinstadt wie
Überlingen?
Nicht sehr viel. Schaut man vom Hügel, auf dem das Städtische Museum residiert,
auf Häuser und Kirchen hinunter und weiter hinaus auf den Bodensee (Abb. i), dann wird schnell klar, dass die Bürger dieses
durchs Mittelalter geprägte Gemeinwesen mit unleugbar anheimelndem alemannischen Charme sich nur ungern
von fremden Einflüssen gestört wissen
wollten. Ironischerweise ist aber gerade das dortige Museum ein Ort italienisch anmutender Architekturkunst.
Er ist der einzige. Ansonsten treffen
wir Künstler der Region an, die eine
Menge Mittelmäßiges und Unbedeutendes hinterlassen haben. Nur wenige ragen darüber hinaus: Der Bildschnitzer Gregor Erhart wäre zu nennen oder Jörg Zürn, der Schöpfer des
Hochaltars im Münster.
Im Sommer des Jahres 1462 wurde der einem angesehenen Überlinger Geschlecht
entstammende Klaus Besserer auf Weisung des Rates seiner Heimatstadt in Haft
genommen. Schenkt man den späteren Darstellungen der städtischen Obrigkeit
Glauben, so war das Sündenregister des Patriziers zu diesem Zeitpunkt in der Tat
beachtlich. Mehrfach hatte Besserer in der Vergangenheit gegen den städtischen
Frieden verstoßen. Auch von betrügerischen Machenschaften ist in den Quellen
die Rede. Im Dezember 1461 hatte sich der Rat mit der Auseinandersetzung des
Patriziers mit Tristan Musierer zu befassen. In der burger stube zum Löwen hatte
Besserer einen Streit mit Musierer vom Zaun gebrochen und frävenliche wort an
Tristan geleit. Etliche Jahre später bestätigten Zeugen, die von einer kaiserlichen
Kommission vernommen wurden, diesen Vorwurf. Zugleich verwiesen sie aber
darauf, dass auch Musierer seinen Widerpart geschmäht und ihm vorgehalten habe, ain wissenklicber boßwicht zu sein. Während des lautstarken Wortwechsels
soll Besserer jedoch ainen blossen tegen under sinem mantel getragen haben, was
für die städtische Obrigkeit der eigentliche Anlass zum Einschreiten war. Die Verfehlungen des mehrfach auffällig gewordenen Bürgers ahndete der Rat schließlich
mit Ehren- und Geldstrafen.
Wilhelm Keil
(2003)
Wer heute über die »Wilhelm-Keil-Straße« in Ludwigsburg geht und Passanten nach
deren Namensgeber fragt, erhält in der Regel nur ein verständnisloses Schulterzucken
zur Antwort. Selbst in historischen Fachkreisen ist Wilhelm Keil zumeist nur ausgewiesenen Experten zur Geschichte der Arbeiterbewegung noch ein Begriff.
Finden sich auch unter den deutschen Abgeordneten nicht wenige zu Unrecht in der
Erinnerung verblasste Parlamentarier, so sticht das Vergessen im Falle Keils
insbesondere hervor, da seine politische Karriere eine Ausnahmeerscheinung in der
deutschen Parlamentarismusgeschichte bildet. Unter den gewählten deutschen
Abgeordneten des 20. Jahrhunderts gibt es wohl kaum einen Parlamentarier, der
gleichermaßen lange und einflussreich wie Wilhelm Keil sein Mandat ausübte und
zugleich der Nachwelt dermaßen unbekannt ist.
1972-1975 grub das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg unter der Leitung von Dietrich Lutz die Wasserburg Eschelbronn aus, von der damals obertägig nur noch ein Wiesenquadrat zeugte. Erstmals in Baden-Württemberg wurde dabei der Kernbereich einer solchen Anlage vollständig erfasst und nach modernen Gesichtspunkten archäologisch dokumentiert. Zur Qualität der Ergebnisse trugen in nicht unerheblichem Maße die außergewöhnlichen Erhaltungsbedingungen bei, die die Archäologen in Eschelbronn antrafen: Der im Spätmittelalter rasch ansteigende Talboden führte nämlich dazu, dass die ältesten Eschelbronner Bauperioden frühzeitig im Grundwasser „versanken". Ihre hölzernen Baureste liegen daher in Feuchtbodenerhaltung vor. Dass die Grabungsauswertung sich nicht unmittelbar anschloss, sondern erst 1984-1988 im Rahmen einer Dissertation von einem Bearbeiter durchgeführt wurde, der an den Grabungen gar nicht teilgenommen hatte, ist einem Grundfehler zu verdanken, der dem archäologischen Betrieb in Deutschland insgesamt anhaftet. Nicht zu erklären ist die Tatsache, dass diese Arbeit erst 1997 und beinahe heimlich im Druck erschien.