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„Nachrichten aus der Heimat“
(2007)
Kann jemand erklären, weshalb der Autor Wolfgang Duffner nicht bekannter ist? Dafür, dass sie nicht viel Wind um sich zu machen verstehen, erhalten andere Autoren mitunter viel Aufmerksamkeit und Sympathie. Daran allein kann es also nicht liegen. Dabei nahm dieser Autor gleich mit seinem ersten Buch für sich ein. Duffner hat es, fast 50jährig, 1985 vorgelegt; es hieß „Das neue Rollwagenbüchlein“ und enthielt Prosaminiaturen, über die es länger nachzudenken lohnt, als es braucht sie zu lesen. In dieser Sammlung springt Duffner in regionaler Geschichte und Geographie umher wie Hebel in seinen Kalendergeschichten, behandelt Merk- und Denkwürdigkeiten, häuft Anekdoten auf Phantasien, ohne sich vor Wunderlichem zu scheuen – vor allem aber leiht er seinen Figuren immer dann all seine List, wenn es darum geht, Aufmüpfigkeit zu proben und Rechte einzufordern.
Die Geschichte ist schon mehrmals erzählt worden, und sie soll, wenn überhaupt, hier nur in aller Kürze nacherzählt werden; nämlich die Geschichte von dem spanischen Priester Joseph von Calasanza und von denen, die sich im Jahre 1597 in Rom mit ihm zusammentaten, um arme Kinder zu unterrichten; und von dieser rasch wachsenden, sich auch rasch ausbreitenden Gemeinschaft, die 1617 zu einer Kongregation, 1621 zu einem Orden erhoben wurde – dem „Ordo Clericorum Regularium
Pauperum Matris Dei Scholarum Piarum“.
Am 2. Februar 2007 berichtete die Stuttgarter Zeitung, dass im vergangenen Jahr fast 145 000 Menschen aus der Bundesrepublik ausgewandert sind, das ist seit 1954 ein neuer Höchststand. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, auch in Baden-Württemberg: Dort haben im Jahr 2005 rund 22 000 deutsche Staatsbürger den Südwesten verlassen. Die meisten Ausreisenden erhofften sich in den bevorzugten Zielländern, darunter die Schweiz und die USA, bessere Arbeitsbedingungen. Meist handelt es sich um gut ausgebildete und motivierte Fachkräfte, weswegen dieses
Phänomen neudeutsch gerne als „brain drain“ bezeichnet wird, also das Trockenlegen von Sachverstand – eine Tendenz, die Sorgen bereitet.
Schönwald – ein Hochtal, rund 1000 m über dem Meer, zwischen Triberg und Furtwangen gelegen – bestand ursprünglich aus mehr oder weniger weit voneinander entfernten, überwiegend recht stattlichen Hofgütern. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts, wahrscheinlich sogar schon früher, hatte sich hier eine Streusiedlung gebildet. Später formierte sich zunächst auf dem Pfarrwidum (geweihtes oder gewidmetes Land) in Nähe der katholischen Kirche nach und nach ein innerer Dorfkern.
„Straßentumult in Karlsruhe“
(2007)
Liberales Baden? Da blickt man in erster Linie auf die Zeit Großherzog Friedrichs I. (1852–1907) zurück, als der Liberalismus
regierende Partei wurde. Historikern schien freilich schon die Zeit vor der Revolution 1848, der Vormärz in Baden anders akzentuiert zu sein als anderswo, durch bekannte Professoren und Journalisten, durch Abgeordnete der II. Kammer, durch eine qualifizierte Beamtenschaft, den sogenannten „Geheimratsliberalismus“ geprägt, ein „Testfeld für Fortschrittlichkeit“ trotz des bundesdeutschen Metternich-Systems, eine „Schule des vormärzlichen Liberalismus“ trotz Obrigkeitsstaat, so Franz Schnabel.
Erstmals in Frankreich widmet das Musée d’Unterlinden, das den berühmten Altar der Antoniter von Isenheim aufbewahrt, dem Urheber dieses Meisterwerks, der einer der größten deutschen Maler der Renaissance war, eine eigene Ausstellung: „Grünewald. Blicke auf ein Meisterwerk“. Mit dieser Ausstellung führt das Museum seine Politik fort, die darauf abzielt, seine beachtliche Sammlung von Gemälden und Skulpturen aus dem 15. und 16. Jahrhundert einem breiten Publikum bekannt
zu machen und ihre Erforschung zu fördern. Diese Kunstwerke sind repräsentativ für eine Epoche, in der der Oberrhein geradezu ein „Goldenes Zeitalter“ erlebte.
Seit dem Sieg des Frankenkönigs Chlodwig über die Alemannen Ende des 5. nachchristlichen Jahrhunderts breitete sich das Christentum auch im Süden und Südwesten des heutigen Deutschlands aus. Es waren fränkische und iroschottische Wandermönche wie Trudpert, Fridolin, Gallus, Pirmin und andere, welche an den verschiedensten Orten in der
Oberrheinebene Einsiedeleien gegründet haben. Daraus entstanden im Laufe der Jahrhunderte Klöster mit Kirchen, woraus zum Teil sehr bedeutsame Ansiedlungen wie z. B. Münstertal, Bad Säckingen, St. Gallen und Pirmasens geworden sind. Die ältesten Kapellen und Kirchen aus jenen Gründerjahren existieren nicht mehr, doch finden sich in unserer Region noch eine Reihe sehr alter und ehrwürdiger Gotteshäuser: z. B. die drei Kirchen auf der Insel Reichenau, die Goldbachkapelle in Überlingen, die romanische Kirche in Sulzburg oder die Glöcklehofkapelle in Bad Krozingen. Ihr Alter beträgt um die 1000 Jahre und mehr.
Wilhelm Hausenstein
(2007)
„Baden – das ist nicht ein Staat. Baden – das ist eine zähe, vertrauliche und etwas verzwickte Familie.“ Und dieser Familie blieb er immer verbunden, auch in seiner zweiten Heimat München, auch als Diplomat in Paris. Der Schwarzwälder war ein Repräsentant deutscher Kultur, wie man ihn nach dem nicht nur staatlichen, sondern auch geistigen Zusammenbruch einer nationalistischen Diktatur Ende des II. Weltkriegs suchte. Seinen Lebensweg fünfzig Jahre nach seinem Tod zu verfolgen
heißt, sich der Markierungen zu erinnern, die er setzen konnte.
In dreifacher Weise hat Wilhelm Hausenstein in den Schriften wie „Badische Reise“ (1930), „Badisches Tagebuch“ (1941) und „Lux Perpetua“ (1947) „Badisches“ nicht nur zum Thema gemacht, sondern für seine Zeit exemplarisch beschrieben. An erster Stelle ist hier sein Loblied auf „Das Badische“ zu nennen, das als „Charta“ des Badischen gelten kann. An zweiter Stelle ist zu verweisen auf das „Schlüsselwort“ Liberalität, mit dem Hausenstein die badische Eigenart verschiedentlich zu charakterisieren versuchte. Und schließlich verdanken wir Hausenstein die einfühlsamsten, die Architektur der badischen Residenz würdigenden Texte.
Eine viel beachtete Wanderausstellung mit dem Thema „Kelten an Hoch- und Oberrhein“ durchläuft zur Zeit einige Städte und Ortschaften Südbadens und findet aufgrund der dargestellten Funde und der Schautafeln mit entsprechenden
Erklärungen rege Beachtung. Siedlungsgeschichte, Handelsverbindungen, Handwerk und Münzkunde vermitteln durchaus
neue Erkenntnisse. Auch elsässische und Schweizer Institutionen zeigten sich für das Thema aufgeschlossen, hat doch die Region an Hoch- und Oberrhein zu beiden Seiten des Flusses eine gleiche und reiche Frühgeschichte. Der neue Präsident der Badischen Heimat, Dr. Sven v. Ungern-Sternberg hat die Schirmherrschaft über die kleine Wanderausstellung übernommen, die sich augenblicklich in Kirchzarten befindet und von Riegel und Mengen nach Kirchzarten kam und von dort auch nach Breisach weiter wandert.
Der Basler Münsterplatz
(2007)
Es ist nicht möglich, das Münster zu sehen, ohne immer wieder auf
den Platz zurückzuschauen, der dieses und den Betrachter trägt, rahmt
und sichert. Was für ein köstlicher Platz ist dies! Weit in aller Welt kann
man umhersuchen, bis man einen findet, der es ihm gleichtut an allen
guten Eigenschaften: an Geschlossenheit und dennoch Weite; an
Gelassenheit und an Bestimmtheit, an lebender Wirklichkeit; an Mäßigung,
an Schlichtheit, aber auch Würde; an Klarheit, Stille und Offenbarlichkeit;
an Freiheit und kräftiger Ordnung; an Gesetz; an Menschlichkeit
und an jenem unwidersprechlichen Ernst, der einer weltlichen
und geistlichen Obrigkeit entspricht, den Widerschein des humorigen
Wohlgefühls eines Johann Peter Hebel aber nicht ausschließt; an
ungestörtem Zusammenhang endlich von Haus zu Haus, von Raumstück
zu Raumstück, von Zeitalter zu Zeitalter, von entlegener Vergangenheit
bis zu diesem Augenblick.
Im Lebenslauf des Schriftstellers Wilhelm Hausenstein (1882–1957) ergaben sich immer wieder Berührungspunkte zur Stadt Baden-Baden. Die ersten Besuche des jungen Schülers galten dem todkranken Vater, der in der Kurstadt vergebens Heilung erwartete. Nach dem Tode des Vaters nahm die Mutter in Karlsruhe Wohnung, von nun an fuhr sie mit ihrem Buben an vielen
Wochenenden nach Baden-Baden, um die dort lebenden Tanten Flora und Anna zu besuchen.
Der Karlsruher Schlossplatz
(2007)
In den Sohlen brennt es, brennt es: vor zum Schloßplatz! Da ist
seine stille Schönheit, seine Liberalität und humane Einfachheit; seine
bescheidene Größe, die wie im Gleichnis dennoch alle gemütliche
Weite besitzt. Ihr könnet nicht wissen was dieser Schloßplatz für mich
ist! Die Sonntagvormittage von zehn Jahren gutgläubiger Jugend
liegen mir drin; Parademusik, Schloßwache, Hofkutschen; Schulkameraden,
Tennisfreundinnen, Tanzstundendamen; Theaterzettel mit
dem Namen Felix Mottl, mit Fidelio, Wagner, den Trojanern (wo hört
man sie noch?); Hofopernsänger und Schauspieler, alle ein wenig
geheimnisvoll mit dem Rest Schwarz unter den Augen und den abgeschminkten,
großporigen, ein wenig weichen Wangen; „Herr Wassermann“,
der Karlsruher Possart, Mephisto, Nathan, Marinelli, Wurm
und Nickelmann; die Sängerinnen, ach, die Sängerinnen, [...].
Platz der Concorde
(2007)
Wie weit ist dieser Platz, wie endlos weit! So dehnt er sich im Herzen von
Paris. Ein Platz als Nonplusultra liberaler Beredsamkeit – mit nachwirkend
revolutionärem Atem, der großen Zuges nach allen Seiten ins Freie, in die
Freiheit ausströmt. Ein derart Grenzenloses als Mitte.
Man kann fast nicht sagen, dies sei ein Platz. Das räumlich Umschlossene
fehlt ihm; es mangelt das Räumlich-Formale; er hat keine Schranken – in spezifischem
Unterschied von der architekturalen Place Vendôme, von dem umhegten
Gartenhof des Palais Royal. Worin besteht der Platz der Concorde denn eigentlich?
Piazza in Venedig
(2007)
Das erstemal landete ich in der Nacht nahe San Marco. Ich betrat,
noch ungewiß vom Schiff, die tadellose Ebenheit der Piazzetta. Schon
war es ungeheuerlich und süß; schon war ich, uneingedenk aller moralischen
Begriffe des Nordens, die von der Langenweile und von der Armut
aufgestellt sind, den anonymen Bestechungen erlegen, die anfingen, wie
aus der Luft, wie Luft von allen Seiten auf mich einzudringen. Noch
wagte ich nicht, mit dem unterscheidenden Blick das Einzelne auszusondern:
die Säulen mit dem Marzocco und dem heiligen Theoderich,
der auf dem krokodilförmigen Drachen steht; die rötliche Signorie zur
Rechten, zur Linken die Silhouette des Markusturms, und wiederum zur
Rechten die wunderliche, libidinöse Üppigkeit des Doms.
Äußerlich unscheinbar – und dennoch eine Rarität! Die Rede ist von dem handschriftlichen Text eines kleinen Singspiels, das unter dem Titel „Die erklärte Einigkeit“ wenige Wochen vor der Säkularisierung der Benediktinerabtei St. Peter auf dem Schwarzwald 1806 verfasst wurde und unmittelbar die Stimmung des Konventes in den letzten Tagen vor seiner drohenden
Auflösung ausdrückt. Mit seiner Pflege der Schulkomödie stand St. Peter in einer Tradition, die in den jesuitischen und den benediktinischen Ordensgemeinschaften geschaffen wurde und dort im 18. Jahrhundert allgemein verbreitet war. Jedoch dürfte es in der Geschichte des benediktinischen Schultheaters ohne Beispiel sein, dass noch zu einem so späten Zeitpunkt,
als die meisten süddeutschen Klöster bereits aufgehoben waren, ein Singspiel entstanden ist und dazu noch die Säkularisierung des eigenen Stifts zum Thema hat.
In der Öffentlichkeit wird vielfach die Ansicht vertreten, Juristen hätten sich nur ganz vereinzelt gegen das NS-Regime widersetzt. Dieser Eindruck ist nicht nur bezogen auf den aktiven Widerstand unzutreffend, sondern auch für den wesentlich breiteren Bereich der Widersetzlichkeit, der Opposition und Verweigerung im Alltag. Hier hat die zeitgeschichtliche Forschung die Kenntnis über die Einzelheiten widerständigen Verhaltens in letzter Zeit erheblich erweitert. Für den südwestdeutschen Bereich ist dies im wesentlichen der zur Universität Karlsruhe gehörenden Forschungsstelle Widerstand gegen den Nationalsozialismus im deutschen Südwesten zu verdanken. Sie hat sich im Rahmen des vom Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg geförderten Projekts „Justizgeschichte Badens und Württembergs, 1919–1953“ bereits
wiederholt mit dem Wirken badischer Juristen während der NS-Diktatur befasst.
Im Dorf- und Uhrenmuseum in Gütenbach befindet sich eine Flötenspieluhr mit der Signatur „Mathias Siedle“. Die Uhr hat 48
Pfeifen, zwei Zugregister und ein 24-Stundenwerk; auf einer Walze sind acht Melodien gespeichert. Das Besondere an dieser Flötenspieluhr ist die Reinheit des Klangs, ein warmer und weicher Ton, die exakte Präsentation der Stücke ohne Nebengeräusche, eine „mechanisch und musikalisch gute Spieluhr […]“.
Die Freiherrn v. Soetern-Dagstuhl waren ein uraltes Geschlecht der mittelrheinischen Reichsritterschaft, das als Wappen im roten Felde eine silberne Wolfsangel in Gestalt eines „Z“ führte. Der berühmteste Vertreter dieser Familie war der Fürstbischof von Speyer und nachmalige Kurfürst von Trier. Philipp Christoph v. Soetern, eine geistig hochbedeutende
Persönlichkeit, welche in die Geschichte der deutschen Lande am Rhein z. Zt. des Dreißigjährigen Krieges bestimmend eingriff. Schon das Äußere Philipp Christoph war ungewöhnlich: das bleiche Gesicht mit hoher Stirn und mächtigen Augenbrauen, welche funkelnde Augen beschatteten, verriet gebieterische Strenge, die seltsam geformte starke Nase, der dünne Bart, das kohlschwarze Haar gaben einen unheimlichen Eindruck. Die Rede des Bischofs soll lebhaft, geist- und [sentenzenreich] gewesen sein, nur im engsten Kreise Vertrauter pflegte der Kirchenfürst seine angeborene strenge Zurückhaltung abzulegen
und eine herzgewinnende Liebenswürdigkeit zu zeigen.
Einblicke in seine frühen Vorstellungen vom Aufbau eines demokratischen Gemeinwesens verschafft uns Leo Wohleb mit seiner Festrede anlässlich der Verfassungsfeier in der städtischen Festhalle von Donaueschingen am 11. August 1931. Die Thematik seiner Rede orientierte er an der Nassauer Denkschrift des Reichsfreiherrn vom Stein (1757–1831) mit dem Grundgedanken der Staatsauffassung von der Selbstverwaltung. Stein hatte diese nach dem Zusammenbruch Preußens im Jahre 1806 entwickelt und darin die Überzeugung vertreten, dass ein Volk sich dem Staate in Zeiten der Not verweigere, wenn man es vom Staatsgeschehen fernhalte. Die vordringliche Aufgabe sei es deshalb, „Persönlichkeit und Staat miteinander zu verbinden, das Volk zum Staat hinzuführen, ohne es ihm zu unterwerfen“.
Im 20. Jahrhundert ist die Bühlerhöhe Ort der Erholung und Genesung für einige Politiker. Dies belegen die Besuche von Gustav Stresemann, Hermann Müller und Konrad Adenauer. Auf sie wird im vorliegenden Beitrag eingegangen. Dabei wird berücksichtigt , wie die genannten Parlamentarier in menschlicher Hinsicht gewirkt haben. Auch wird darauf eingegangen, wie von der Bühlerhöhe aus Einfluß auf die Politik genommen worden ist. Der „Schuß von Bühlerhöhe“ und die Sitzung
des Kabinetts Adenauer II vom 1. September 1954 sowie die Unterredung des deutschen Bundeskanzlers mit dem amerikanischen Senator McWilsey sind dafür zwei Beispiele. Nicht verschwiegen werden soll, dass auch Adolf Hitler Gast auf der Bühlerhöhe war, da sich bei dieser Gelegenheit eine namentlich nicht bekannte Frau sich durch ein sehr mutiges Verhalten ausgezeichnet hatte.
Unsere badischen Landschaften am Oberrhein sind über viele Jahrhunderte durch die deutsch-französischen Kriege und die über viele Generationen gepflegte „Erbfeindschaft“ geprägt und beeinträchtigt worden. Der Rhein war nicht mehr wie im Mittelalter verbindender Strom einer gemeinsamen Kulturlandschaft, sondern wurde heftig umstrittene Grenze und erwies sich als schmerzende Trennung. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Schritt für Schritt durch die deutsch-französische
Annäherung und Versöhnung diese Grenze immer mehr überwunden.
Grünewald und seine Zeit
(2007)
Matthias Grünewald (1475/80–1528), einem der großartigsten, geheimnisvollsten und wirkmächtigsten Künstler der europäischen Kunstgeschichte um 1500 widmet die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe eine Große Landesausstellung unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler. Mit rund 160 Werken ermöglicht die Ausstellung „Grünewald und seine Zeit“ eine Zusammenschau seines singulären Schaffens mit Arbeiten anderer hochrangiger Künstler jener Epoche und eröffnet damit einen neuen Blick auf die anrührend expressive Qualität von Grünewalds Werk und auf dessen wegweisende künstlerische Erneuerungskraft.
Der Elsässer André Weckmann
(2007)
Beginnen wir diesen Text mit einem offenen Bekenntnis von André Weckmann: „Wir wollen endlich das sein, frei und ganz
das sein, wovon wir schon so lange träumen: mündige, alemannische Franzosen, mündige französische Alemannen.
Diese Hauptbedingung zur Verwirklichung dieses Wunschtraums ist, so paradoxal das für ein- oder hochsprachige Beobachter klingen mag, dass der Dialekt das Fundament unserer kulturellen Existenz bleibt. Denn ohne ihn, der die wichtigste und originellste Ausdrucksform unserer Persönlichkeit ist, ginge unsere Eigenart verloren. Und ohne ihn wäre keine echte französisch-deutsche Zweisprachigkeit möglich. Er steht vor den beiden Hochsprachen nicht als Feind, sondern als Partner. Ein
Partner, der sich im französischen Sprachraum bewegt als Regionalsprache und der zudem die Tür öffnet zur deutschen Standardsprache, also zur gesamtdeutschen Kulturwelt.
Das Dorf Schollach - seit 1975 Ortsteil der nördlich von Neustadt gelegenen Gemeinde Eisenbach - befindet sich in einem nach Osten gerichteten Hochtal des Hochschwarzwaldes auf
800 bis 1130 m Höhe. Erstmalig erwähnt ist der Ortsname in einer Urkunde vom 3. Juli 1280.
Die Siedlungsweise (Streusiedlung) resultiert au den örtlichen Naturgegebenheiten: Vorherrschend ist der nahezu autonome Einzelhof, der im Ursprung dem Bautyp des sogenannten Heiden- oder Höhenhauses entspricht. Relativ oft gesellen oder gesellten ich zum eigentlichen
Hofgebäude mit Wohnung und Stall unter einem Dach noch eine Hofkapelle, ein Leibgedinghau (Alterssitz) sowie eine Getreide- und/oder Sägemühle (Klopfsäge).
Nach der Schollacher Höfe- und Familienchronik gibt es den Schneckenhof spätestens seit
1529. Erster Inhaber war der Bauer Han Tritschler, von dem Blesi Meyer 1536 da landwirtschaftliche Anwesen übernahm. Ihm folgten bis 1650 drei weitere Generationen der Familie Meyer.
Bevor Matthäus (Thebus) Willmann um 1690 auf die Hofstätte kam, bewirtschaftete Johann Fehrenbach den Hof vermutlich zwischen 1650 und 1690. Im Fahlbuch des Klosters Friedenweiler von 1761 wird der Schneckenhof als der fünfte Hof im oberen Schollach
beschrieben und mit de Willmanns bezeichnet. Diese Angabe geht offenbar auf den Familiennamen Willmann zurück; immerhin sechs Generationen dieser Familie bewirtschafteten den
Hof bis 1820.
Am Abend des 29. Dezember 1936 notierte Marie Luise Kaschnitz, die das Jahresende auf dem
elterlichen Schloss in Bollschweil verbrachte, in ihr Tagebuch: 'Gespräch über das Kinderheim.
Mama bedauert, dass es nicht möglich ist, die Kinder vor dem Ablauf des Mietkontraktes zu
vertreiben. Es sei eine Schande für eine Gemeinde. Diese Äußerung erschütterte mich sehr. Vor
2 Jahren noch hätte sie den Fall, einer natürlichen Gutmütigkeit folgend, ganz anders beurteilt.'
Die Erinnerung an das hier angesprochene Kinderheim, da jüdische Kinderheim „Sonnenhalde", ist heute fast ganz untergegangen - nur wenige der älteren Bollschweiler wissen noch
davon-, und auch die Herausgeber der Kaschnitz-Tagebücher konnten es nicht verifizieren, im
Anmerkungsapparat fehlt, obwohl die Textstelle au ich heraus nicht recht verständlich wird,
jeder erläuternde Hinweis. Erst spät, und für manche Fragen zu spät, ist auch der Verfasser
durch eine Anfrage au Jerusalem auf da Kinderheim aufmerksam geworden, dessen kurze
Geschichte durchaus allgemeine Interesse beanspruchen kann, allein schon weil es eines jener zahlreichen lokalen Beispiele dafür ist wie ich jüdische Bürgerinnen und Bürger in der
NS-Zeit trotz aller Repressalien neue Lebens- und Berufschancen zu schaffen suchten.
„Die kümmerliche Entfaltung des Freiburger Buchwesens hat zum provinziellen Milieu der
Stadt Freiburg im Spätmittelalter beigetragen''. So wird in der neuesten Freiburger Stadtgeschichte behauptet. Damit wird die Meinung Friedrich Kapp bestätigt, das „am Ende des 15.
Jahrhundert da Auftreten der Buchdruckerkunst in einigen kleinen deutschen Städten [darunter auch Freiburg] des Bemerkenswerten so gut wie nichts bietet". Auch Vera Sack berichtet über Freiburg: ,,So fasste auch der Buchdruck hier relativ spät in den 90er Jahren des 15.
Jahrhunderts Fuß und florierte nicht sonderlich '. Dies alles deutet auf einen eher marginalen
ja desolaten Zustand des Freiburger Buchwesens in der Frühzeit de Buchdrucks, der Inkunabelzeit hin. Sind diese Annahmen über die Bedeutung des Buchwesens in Freiburg berechtigt?
Durch welche Kriterien werden sie bestätigt? Durch die Anzahl der Drucker, die Zahl ihrer Publikationen und ihre Auflagen? Durch ihren Inhalt und durch die Qualität ihrer Werke? Durch
die Darstellung der geistigen Strömungen ihrer Zeit oder durch ihre Rezeptionsgeschichte, d.h.
ihre Nachwirkung?
Der Begriff „Incunabel" für den frühen Buchdruck, al er „noch in den Windeln lag", wurde von dem Münsteraner Domdechanten Bernhard von Mallinckrodt vor über 350 Jahren geprägt. Er hat sich für die „Wiegendrucke", die frühen Drucke bis zum Jahr 1500 durchgesetzt.
Die moderne Kommunikationswissenschaft sieht in dieser Zeit den Übergang von einem
scriptographischen Kommunikationsmittel, das nur dem Individuum oder einer kleine Gruppe
dient, zu einem typographischen Medium da durch eine Möglichkeit der Vervielfältigung
alle Bereiche der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit erfassen kann.
Im ersten Teil dieses Beitrags wurde nach einer Tour d'Horizon zur Fachliteratur über Hanf
vom 16. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, zunächst Kenzingen als frühneuzeitliche Ackerbürgerstadt mit reichlichem Hanfanbau vorgestellt. Dem folgten ein Blick auf die verschiedenen, aus Hanf gewonnenen Produkte und deren vielfältigen Verwendungsbereiche sowie, nach
Behandlung des Hanfbaus, eine Darstellung des ersten Arbeitsschrittes zur Gewinnung der
Hanffaser: die Wässerung oder Röste (Rötze) de Hanfs, die für die Ablösung de die Fasern
enthaltenden Rindenbasts vom holzigen Stängelkern der Pflanze unerlässlich ist. Dabei wurde
die 1492 erstmals verabschiedete Wasser Ordnung im Breyßgaw vorgeteilt, die bezeichnenderweise erst in ihrer 1547 erneuerten und 1576 gedruckten Fassung einen Passus über das
Hanfrötzen und die damit verbundenen Gewässerbelastungen enthält. Daraus und aus den Veränderungen in den die Hanfrötzen betreffenden Passagen der Dorfordnungen von Ober- und
Unterachern ergab sich der Schluss, dass es in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine markante Zunahme des Hanfbaus im Breisgau und in anderen Gegenden am Oberrhein gegeben
haben muss. Am Beginn des zweiten Teil soll zunächst die Frage nach möglichen Ursachen
und Gründen für diese Zunahme beantwortet werden, bevor Aspekte de Handels mit Hanf am
Oberrhein in der frühen Neuzeit, dann die weiteren vielfältigen Arbeitsgänge zur Gewinnung
der Hanffaser und schließlich der Arbeitskampf der Kenzinger Hanfhechler zur Darstellung gelangen.
Immer wieder wird von Freiburgern und von auswärtigen Besuchern danach gefragt, wer denn
der Stadtpatron von Freiburg sei: der Ritter Georg der Bischof Larnbert oder der Martyrer
Alexander? Zuweilen schließen sich die Fragen an, we1cher Alexander unter den vielen Heiligen dieses Namens gemeint sei oder ob „Unsere Liebe Frau" auch als offizielle Schutzpatronin der Stadt angesehen werden müsse und nicht lediglich als Patronin des Freiburger Münsters. Außerdem möchte man gern wissen, wann und auf welche Weise diese Heiligen zu
Schutzpatronen der Stadt erhoben worden sind, ob es in Freiburg Reliquien von ihnen gibt und
wo heute noch Darstellungen der Stadtpatrone zu sehen sind.
Auf diese Fragen überzeugende Antworten zu geben, fällt nicht leicht, weil seit der Erhebung der Freiburger Stadtpatrone einige Jahrhunderte vergangen sind und es nur wenige zuverlässige Quellen gibt, aber auch weil bisher lediglich Teilaspekte dieses komplexen Themenkreises untersucht worden sind. Der Freiburger Mediävist Klaus Graf warnt als Kenner
der Materie: ,,Wer sich mit solchen Stadt- und Ortspatronen befa[ss]t, betritt eine terra incognita."
In diesem Sinn äußert sich auch Hans-Jürgen Becker, Ordinarius für Europäische Rechtsgeschichte und Kirchenrecht in Regensburg; er stellt fest, dass die Bedeutung des Stadtpatrons
für die deutschen Städte bisher nur unzureichend erforscht ist und dass es sich bei diesem
Thema „um einen Grenzbereich zwischen Philologie, Lokalhistorie, Kunstgeschichte, Religionsgeschichte und nicht zuletzt Rechtsgeschichte handelt".
Die Damen Malterer
(2007)
In den Beständen de Freiburger Augustinermuseums befindet ich ein um da Jahr 1320 entstandener Bankbehang, der sogenannte Malterer-Teppich, aus dem Besitz des ehemaligen
Klosters St. Katharina in Adelhausen. Er wurde gestiftet von dem reichen Freiburger Geschäftsmann und Ratsherrn Johann Malterer und seiner Schwester Anna, die Nonne im Adelhauser Kloster war. Die Wappen der beiden rahmen einen Zyklus von elf Bildern ein, auf denen weibliche List thematisiert wird. Es werden verschiedene Episoden dargestellt, worin jeweils ein verdienter und großer Mann wegen seiner Liebe einer Frau verfällt und
sich dabei lächerlich macht. Da es im Folgenden um Schicksale und Handlungsspielräume der
Damen aus der Familie Malterer gehen soll, sei - nicht ohne ein gewisses Schmunzeln - die
Frage aufgeworfen, wie weit die realen Maltererdamen ihre Männer dominierten.
Der Bergbau auf den Blei-Silber-Zinkerzgängen im Schauinsland, 9 km südlich der Stadt Freiburg im Breisgau, wurde mit Unterbrechungen vom späten Mittelalter bis 1954 betrieben. Silber war im Mittelalter Hauptmünzmetall. Ab dem 17. Jahrhundert gewann vor allem das Blei
an Bedeutung. Die in den Erzgängen häufiger vorkommende Zinkblende konnte bis zum 19.
Jahrhundert nicht genutzt werden. Der Grubenbetrieb wurde 1954 wegen Unrentabilität eingeteilt. Die Ergebnisse der seit 1998 durchgeführten archäologischen Dokumentation der noch
befahrbaren Grubenbaue und der übertägigen Geländedenkmäler haben einige der früheren
Aussagen von Historikern bestätigt, diese hinsichtlich der Entwicklung de Bergbaus und der
Siedlungsgenese aber auch wesentlich ergänzt oder korrigiert.
Das Dorf Rettigheim, heute Ortsteil von Mühlhausen im Rhein-Neckar-Kreis, ist
788 erstmals als Radincheim im Lorscher Codex erwähnt und gehörte seit der fränkischen
Zeit zur Urmark und zum Pfarrsprengel des am Fuß des Letzenberges gelegenen
Ortes Malsch. Rettigheim und Malschenberg (heute ein Stadtteil Rauenbergs)
hatten bis ins 19. Jh. Pfarrzwang zur Mutterpfarrei Malsch, obwohl z. B.
Rettigheim bereits um 1420 ein eigenes Widumsgut besaß, auf dem vermutlich in
dieser Zeit bereits eine (erste) Kapelle (Patronat Hl. Jakobus d. Ä.) stand. Erst 1870
konnte sich Rettigheim aus der kirchlichen Abhängigkeit von Malsch lösen und eigene
Pfarrei werden. Die kleine Kapelle (urkundlich erstmals 1594 erwähnt) war
trotz der Verpflichtung des auswärtigen Gottesdienstbesuches in Gebrauch und
wurde laut den Kirchenrechnungen des Heiligenfonds laufend instand gehalten
und mit dem notwendigsten Inventar ausgestattet. Bis 1803 gehörte Rettigheim
zum Hochstift Speyer.
Ebenso wie Villingen an die Grafen von Fürstenberg gekommen ist. Herzog Berthold, der vierte des
Namens, Herzog von Zähringen, hat Villingen
erbaut. Er hatte eine Tochter mit Namen Agnes, die
hat er Graf Egino von Fürstenberg vermählt, der
auch ein Graf von Urach gewesen ist. Dieser Agnes
ist von ihrem Vater Herzog Berthold Villingen
zugeteilt worden, und also ist nach ihres Vaters Tod
und nach ihrem Tod die Stadt Villingen erblich an
die Grafen von Fürstenberg gekommen und gefallen. Das geschah im Jahr 1197.“ So schreibt der
frühneuzeitliche Geschichtsschreiber Heinrich Hug
(† ca. 1533) in seiner von 1513 bis 1533 verfassten
Villinger Chronik.
Ein Pfennig nur?
(2007)
„... tun Wir allen Menschen dieser Welt und auch
den künftigen Generationen kund und zu wissen,
dass Wir auf Ersuchen des erlauchten Herzogs
Hermann Unserem Grafen Berthold das Recht, die
allerhöchste Erlaubnis und die Gewalt gegeben,
verliehen und bewilligt haben, an einem bestimmten Ort, seinem Flecken Villingen nämlich, einen
öffentlichen Markt mit Münze, Zoll und der
gesamten öffentlichen Gerichtsbarkeit abzuhalten
und auf Dauer einzurichten. ...“
„Ein trüber Geist hat sich ins Haus geschlichen
und hält den Rundgang in dem weiten Raum.
Kein Freudenstrahl will mehr die Brust durchdringen,
sie seufzt gefangen, wie im schweren Traum.
Mein Herr und Gott, o lass’ mich nicht verzagen,
an dir nicht wanken und auf dich vertraun.
Als Glaubende in froh und trüben Tagen
mit Mut und Hoffnung in die Zukunft schaun“.
Zum Beispiel Glocken
(2007)
Unter den Schätzen des Franziskanermuseums
befinden – besser gesagt: befanden – sich auch vier
Glocken. In Villingen als einer Stadt mit reicher
Glockengießertradition ist das keine Überraschung. Die Älteste, die so genannte Alphabetglocke von um 1400, ist unbestrittene Attraktion
der Dauerausstellung, weil sie dort geläutet werden
kann und mit ihrem reinen Klang beeindruckt. Die
anderen drei wurden 2006 – teils als Leih-, teils als
Rückgaben – an die Münsterpfarrei für die
Initiative ‚Glockenspiel für Villingen’ abgegeben.
Der Johanniterorden
(2007)
Gründung und Anfänge
Vergleichsweise dicht ist die Überlieferung zur
Gründung des Johanniterhauses Villingen. Es lässt
sich glaubhaft belegen, dass Graf Heinrich I. von
Fürstenberg am 2. September 1253 „das ritterliche
Haus zu Villingen“ stiftete. Sicher gingen dem
Vorbereitungen voran, die sich über ein gutes
Jahrzehnt erstreckt haben können. 1257 befreite
die Villinger Bürgerschaft dann im Einverständnis
mit Graf Heinrich von Fürstenberg als Stadtherrn
das Johanniterhaus von allen Lasten und Dienstbarkeiten sowie von jeglicher Wehr- und Schutzpflicht. Außerdem wollten die Villinger Rechtssachen der Kommende vor ihrem Stadtgericht
immer bevorzugt behandeln. Noch im gleichen
Jahr gab Graf Heinrich seine Zustimmung, dass
jedermann bei den Villinger Johannitern eintreten
und ihnen seinen Besitz übereignen könne.
Ohne ihn wäre die Kunstszene in Villingen-Schwenningen, ja im ganzen Schwarzwald und
über die Grenzen hinaus, sicherlich sehr viel ärmer.
Seine Werke gehören seit mehr als fünf Jahrzehnten
zu den eindrucksvollsten, die in diesem Raum entstanden sind und den Weg zu zahlreichen
Kunstfreunden im deutschen Sprachraum gefunden haben. Aber viele seinen Arbeiten sind auch
Gott sei Dank „vor Ort“ geblieben und geben
Zeugnis vom vielseitigen Schaffen und Können
eines in seiner Heimat verwurzelten äußerst fleißigen Künstlers. Die Rede ist von Wolfgang Kleiser,
freischaffender Bildhauer aus Hammereisenbach
im Schwarzwald. Dort, genauer gesagt in Urach,
kam er vor 70 Jahren zur Welt. Dort wuchs er auf
und lebt und arbeitet seither in Hammereisenbach.
Dort mitten im Schwarzwald, ist er zu Hause. Aber
er fühlt sich im so genannten ländlichen Raum
durchaus nicht eingeengt.
Das Fußballfieber hatte 2006, als die besten Kicker
der Welt in Deutschland ihren Meister suchten, die
ganze Nation ergriffen. Eine wahre Euphorie
schwappte durchs Land. Ein Rausch in schwarzrot-gold! Auch in Villingen gab es kaum ein anderes Thema als die WM.
Bei den älteren Fußballfans, besonders denen des
FC 08 Villingen, taucht beim Thema Nationalelf
immer ein Name auf: Hermann Gramlich. Aber
kaum einer der alten Nullacht-Hasen nennt ihn
bei seinem richtigen Namen, alle sprechen nur
von „Wu“. Von diesem „Wu“, der dreimal das
Trikot der Deutschen Nationalmannschaft trug,
schwärmen die Nullachter, die 2008 dem hundertsten Geburtstag ihres Club feiern können, noch
heute.
Viele Zeitgenossen haben dieses Wort im Villinger
Volksmund schon gehört! Aber sie wissen oft nicht,
woher der Begriff kommt.
Der Bahnhof liegt doch auf der östlichen Seite der
Stadt und nicht auf der Riettorseite. Richtig! Und
doch hat das eine mit dem anderen etwas zu tun.
Nachdem in Deutschland im Jahre 1835 die erste
Eisenbahnlinie eröffnet wurde, setzte man sich
auch in unserer Heimat mit dem Gedanken einer
Bahnlinie vom Rheintal über Offenburg und
Villingen an den Bodensee auseinander. Über 30
Jahre sandte man Eingaben und Deputationen an
die zuständigen Ministerien in Karlsruhe, setzte
den Landtag über diese für die Stadt so lebenswichtige Entwicklung in Kenntnis und sprach auch persönlich beim Großherzog vor. In dem Apotheker
und Landtagsabgeordneten Ludwig Kirsner aus
Donaueschingen hatte man einen unermüdlichen
Befürworter, der sich für diese Verkehrserschließung im Schwarzwald und auf der Baar einsetzte.
Im Jänner 1860 reichte die Stadt Villingen in einer
Petition (Bittschrift) diesen Plan ein, auf dem der
Verlauf der Bahnlinie auf der Westseite der Stadt
eingezeichnet ist:
Die Architektur mittelalterlicher Frauenklöster fristet ein Schattendasein innerhalb der bauhistorischen Forschung. In aller Regel werden Kirchen und Klöster weiblicher Religiosen entweder allein unter architekturhistorischen Gesichtspunkten unabhängig von ihren weiblichen Nutzern behandelt oder die Untersuchungen sind vor allem lokalhistorisch orientiert. übergreifende Darstellungen, die den Fragen nach einer eigenständigen Architektursprache weiblicher Kirchen- und Konventsbauten nachgehen, sind eher selten. Wenn überhaupt, dann finden am ehesten noch die früh- und hochmittelalterlichen Kirchen von Stiftsdamen wie Quedlinburg, Essen oder St. Maria im Kapitol in Köln Aufmerksamkeit, wobei jedoch nur selten
explizit reflektiert wird, dass es sich um Kirchen eben weiblicher Religiosen handelt bzw. nach den daraus resultierenden Spezifika der Architektur gefragt wird. Das Interesse an den Frauenklöstern hat allerdings seit den 1980er Jahren insbesondere von historischer Seite her zugenommen und auch im Bereich der Kunstgeschichte mehren sich seit einiger Zeit Untersuchungen zu diesem Thema, die weniger den schalen Beigeschmack methodistischer Überzeichnung oder politisch überfärbter „gender studies" aufweisen, als vielmehr in einer unaufgeregten Sachorientierung wissenschaftlichen Standards folgen.
Viele kleine Herren
(2007)
Unter den 44 Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs gehört der Kreis Heilbronn zu den großen: nach der Zahl seiner Städte und Gemeinden ist er der fünftgrößte, nach seiner Bevölkerung der neuntgrößte und nach seiner Fläche der
zwölftgrößte. Hervorgegangen aus der Kreisreform von 1973, umfasst er 123 alte Gemeinden, die davor zu sechs verschiedenen Landkreisen gehörten und bis in die
Mitte des 20. Jahrhunderts Teile der Länder Württemberg, Baden und Hessen waren. Aber diese auf den ersten Blick schon bunte Vorgeschichte des heutigen Landkreises ist nur ein matter Abglanz der „staatlichen" Vielfalt, die während des Mittelalters und der frühen Neuzeit hier herrschte - einer politischen respektive herrschaftlichen Vielfalt, deren Relikte das Erscheinungsbild der Kulturlandschaft, das Gesicht der Städte und Dörfer bis in die Gegenwart prägen, sie interessant und
liebenswert machen.
Der Kraichgau ist ein klimatisch begünstigter Landstrich mit vielen Sonnentagen. An vielen Süd- und Südwesthängen ist bzw. wäre deshalb bis heute Weinbau möglich. Dies gilt auch für das Wollenbachtal am Nordostrand des Kraichgaus. Hier trifft man auf eine typische Hügellandschaft; Mischwälder und landwirtschaftlich genutzte Flächen bestimmen das Bild. Im Mittellauf des gleichnamigen Baches, dem Wollenbach, liegen die beiden Ortschaften Bargen und Wollenberg. Sie haben eine über 1200 Jahre alte Geschichte und gehören damit zu den ältesten Dörfern im Kraichgau.
Raban I. von Helmstatt, ,,genannt von Bischofsheim"!, war im Besitz eines Drittels des großen Zehnten und des Pfarrsatzes (= Patronatsrecht) des „Dorfes zu Bischofsheim". Diese Rechte hatten bereits seine „altfordern" gehabt. Im Jahr 1329 tauschte Raban diese Rechte gegen fünf Höfe zu Grumbach ( = Bad
Rappenau-Grombach) und „das Weyler zu Büchelbach" (= Oberbiegelhof). In einem „Bischöflich Wormsischen Lehenherrlichen Consens-Brief" vom 14. Juni 1330 wurde dieser Tausch bestätigt. Damit ging das „ius patronatus", das
Patronatsrecht „der parkirchen zu Bischofsheim", das Raban bisher als Lehen des Bistums Worms innegehabt hatte, an den Bischof zu Worms. In diesem „Consens-Brief" von 1330 wurde erstmals eine Pfarrkirche in Bischofsheim erwähnt.
Der Weg zu Hinrich Zürn gestaltet sich nicht ganz einfach: sein Atelier- und Wohnhaus liegt im Kraichgau zwischen Gemmingen, Stebbach und Richen auf dem gräflichen Gut Schomberg, unterhalb der Burg Streichenberg. Durch den Gemminger Steinbruch führt ein Feldweg in die Senke unterhalb der Burg, wo die Familie eine ehemalige Mühle bewohnt, deren Mauern aus dem 17. und 18. Jahrhundert stammen. Nachdem die Mühle 1963 ihren Betrieb einstellen musste, konnten Hinrich Zürns Eltern sie 1972 pachten. Nach den Jahren des Studiums und Unterwegs-Seins ist Hinrich Zürn mit seiner Frau Britta und den drei Kindern Jakob, Carlotta und Grete in das Haus seiner Kindheit zurückgekehrt: 2005 konnten sie das unter Denkmalschutz stehende Gebäude erwerben und umbauen, so dass nun drei Generationen darin ihren Platz finden.
Ich bin gern do ...
(2007)
Als Ilse Rohnacher im Oktober 1981 zum ersten Mal beim Mundartdichterwettstreit in Bockenheim an der
Weinstraße antrat, hätte sie sich sicher den Erfolg ihrer
Texte in den kommenden Jahren nicht träumen lassen.
Der erste Auftritt in Bockenheim war nicht gerade ermutigend.
Ilse Rohnacher hatte es gewagt, mit dem
Gedicht „Na un?!", einem Gedicht ohne Endreim, am
Wettbewerb teilzunehmen. Sein Inhalt befasst sich mit
dem Geburtenrückgang der Pfälzer und der Dialektsprache
der Gastarbeiterkinder und endet mit dem
Fazit: Mir hawwe genau so viel Pälzer wie früher, bloß
hawwe sie annere Name. Na un?!
Keines der einschlägigen Denkmalinventare, weder Adolf von Oechelhäusers
Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden1, noch die beiden Dehio-
Handbücher Baden-Württemberg2 erwähnen das bedeutende klassizistische
Erinnerungsdenkmal des Eberhard von Gemmingen, noch das ( erst 2002 wieder
entdeckte) Epitaph des Ottheinrich (1.) von Gemmingen in der ev. Pfarrkirche
Hoffenheim.
Bei Oechclhäuser mag das daran liegen, dass der lnventarisator bei seiner sonstigen
Akribie die damals (1909) relativ neue (1841 vollendete) neugotische Kirche nicht
der Begehung wert erachtete; er erwähnte lediglich kurz die Vorgängerbauten, aber
weder die bedeutende Walcker-Orgel noch das Gemmingen-Denkmal.
Wohl in der Nachfolge von Oechelhäuser erwähnte Georg Dehio im Handbuch
der Deutschen Kunstdenkmäler Baden-Württemberg I (1964) Hoffenheim nicht.
Erst in der Neuauflage von 1993 findet die Kirche als früher Bau der Hübsch-
Schule Beachtung- das Gemmingen-Denkmal nicht.
Uriel von Gemmingen
(2007)
Die Freiherren von Gemmingen sind eine der wenigen Adelsfamilien im Kraichgau,
die sich seit dem hohen Mittelalter bis heute erhalten haben. Ihr Geschlecht
war zahlenmäßig von Anfang an eines der stärksten, hatte umfangreichen Grundbesitz
weit über den Kraichgau hinaus und hat sich daher auch früh in viele Seitenlinien
aufgespaltet. Dass eine so große Familie auch immer wieder bedeutende
Persönlichkeiten hervorbringt, ist nicht verwunderlich. Eine besonders große Zahl
gebildeter und einflussreicher Familienmitglieder hatten die Gemminger im 15.
und 16. Jahrhundert aufzuweisen. Unter ihnen ragen Hans der Reiche, der als
Doktor beider Rechte zeitweise Hofrichter am kurpfälzischen Hof in Heidelberg
und sogar Vizedom, d.h. Stellvertreter des Kurfürsten, war und dessen Enkel
Dietrich, Wolf und Philipp eine zentrale Rolle in der Reformation im Kraichgau
spielten}, und Hans der Kecke, der Begründer der Michelfelder Linie, hervor.
Gelegentlich wird dieser im Gegensatz zu Hans dem Reichen, dem Begründer der
Guttenberger Linie, auch Hans der Arme oder auch Keckhans genannt.
Die Ehrenmitglieder Theo Zieger und Karl Werle des Heimatvereins von Oberhausen-
Rheinhausen wurden anlässlich der Adventsfeier im Saal des historischen
Gasthauses „Alte Post" in Rheinhausen durch Bürgermeister Martin Büchner mit
der Ehrenmedaille der Gemeinde und der entsprechenden Urkunde ausgezeichnet.
Theo Zieger hat sich nicht nur durch seine Aktivitäten im Heimatverein, sondern
auch durch sein Engagement in weiteren Vereinen um die Gemeinde verdient
gemacht. Seine Fotos, die Ausgestaltung von Bildbänden und seine vielseitigen
Dia-Vorträge sind weithin bekannt. Karl Wehrle hat fast sein ganzes Leben der
Frühgeschichte, vielen Ausgrabungen und der Bestimmung von archäologischen
Funden auf der Gemarkung der Gemeinde gewidmet, Ergebnisse seiner Arbeit
sind im Rathaus ausgestellt und außerdem in einem Bildband beschrieben.
Mit vielen Bildern ausgestattet ist der Bildband „Oberhausen-Rheinhausen" mit
dem Untertitel „Die 50er und 60er Jahre" und „Deutschland im Aufbruch"
(Geiger-Verlag, Horb), der von den beiden Bilderlieferanten und Autoren Heinz
Kraus und Theo Zieger 2006 präsentiert wurde. Das Werk hat einen allgemeinen
Teil, der die Epoche nach dem zweiten Weltkrieg mit Texten und in Bildern
darstellt. In einem ortspezifischen zweiten Teil wird das Oberhausener und Rheinhausener
Gemeindegeschehen in den 50er und 60er Jahren anhand von alten Fotos
illustriert.
Der Freiburger Erzbischof Dr. Hermann Schäufele ( 1906-1977) und sein Geburtsort Gemmingen-Stebbach
(2007)
Am 14. Mai 1958 wurde Dr. Hermann
Schäufele von Papst Pius XII. zum Erzbischof
von Freiburg und Metropoliten der
Oberrheinischen Kirchenprovinz ernannt,
am 16. September in sein Amt eingeführt
und am 23. Dezember in Rom von Papst
Johannes XXIII. mit dem Pallium bekleidet.
Er leitete die Erzdiözese über 19 Jahre
lang und verstarb, völlig unerwartet, im
Jubiläumsjahr 1977, in dem die Erzdiözese
den 150. Jahrtag ihrer Errichtung feierte2 .
Erzbischof Schäufele war Konzilsvater
beim Zweiten Vatikanischen Konzil,
Protektor des Deutschen Caritasverbandes,
Mitglied der römischen Kongregation für
die Bischöfe, Mitglied der Kommission der
Deutschen Bischofskonferenz für gesellschaftliche
und sozial-caritative Fragen.
RHEIN NECKAR ZEITUNG vom 29. Mai 1947 (von F. S.)
„Die 100. Kartenperiode
Am letzten Friedenstag 1939 erschienen wie ein Blitz aus heiterem Himmel Plakatanschläge
mit der Bekanntgabe der Beschlagnahme aller Lebensmittel und der Ausgabe
von Versorgungskarten. Damit begann die erste Kartenperiode. Es gab noch
gute und reichliche Sachen. Die Kalorien waren noch unbekannt und wurden
1.urch Brot, Butter, Fett, Fleisch und Wurst reichlich aufgewogen. Die
Ubergewichtler waren zwar auf etwas bescheidenere Kost gesetzt, aber der Durchschnittsmensch
brauchte sich keine Kandare anzulegen. Noch waren alle Tabakläden
indianische Raucherparadiese, in denen die braunen Sumatra und schlanken
Virginia, die Eckstein 5 und Haus Neuerburg die Besucher anlächelten. Auf dem
Marktplatz saßen noch die Gemüsefrauen mit vollen Körben und riefen:
,,Kaafe Se Äpfel".
Heinz Scheible 75 Jahre
(2007)
Heinz Scheible, der am 4. August 2006 seinen 75. Geburtstag feierte, wurde in
Pforzheim geboren. Früh fand er seine Lebensaufgabe: das von Gunst und Hass
verwirrte Bild des Humanisten und Reformators Philipp Melanchthon zurecht zu
rücken und seine 10 000 Stücke umfassende Korrespondenz in einer kritischen,
kommentierten Edition heraus zu geben.
Nach der Promotion beim Kirchenhistoriker Heinrich Bornkamm 1960 gründete
Scheible 1963 die Melanchthon-Forschungsstelle in Heidelberg. Unter der Obhut
der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hat sie sich zu einem wichtigen
deutschen Forschungsunternehmen auf dem Gebiet der Reformationsgeschichte
entwickelt und mit ihrem langjährigen Leiter internationales Ansehen errungen.
Für die Menge des Briefmaterials entwickelte Scheible einen speziellen Stufenplan
für die Edition und nutzte vorausschauend schon 1970 die Möglichkeiten der
EDV. Von der Forschungsstelle wurden bisher die Regesten, Ortsregister, Personenregister
A-K und mehrere Bände Texte (bis 1537) publiziert.
Aus Scheibles Bibliographie hervorzuheben ist sein Artikel „Melanchthon" in der
Theologischen Realenzyklopädie und seine Melanchthon-Biographie zum 500. Geburtsjubiläum
des Reformators.
Anlässlich der 100-jährigen Fundwiederkehr erschien ein Sammelband zahlreicher
Autoren: ,,Homo heidelbergensis Schlüsselfund der Menschheitsgeschichte" (Hrsg.
Wagner u. a. 2007). Ein reißerischer Titel? Oder hat der am 21. Oktober 1907 gefundene
Unterkiefer eines Homo heidelbergensis in Mauer an der Elsenz nach wie
vor internationale Bedeutung?
Vergegenwärtigen wir uns die Situation zur Zeit des Fundes 1907, so waren in Europa
vor allem fossile Reste der Neandertaler bekannt geworden. Im Jahre 1856
war das Skelett im Neandertal gefunden worden, dann belgische Neandertaler aus
Spy und Engis und endlich die berühmten Funde aus Krapina in Kroatien. Fossile
Homo sapiens-Reste waren erstmalig 1868 unter dem Felsdach von Cro Magnon
ausgegraben worden, danach noch an mehreren Fundorten in Europa. Aber all diese
frühen Funde sind schlecht dokumentiert, die Fundumstände blieben häufig unklar
und die _Datierung ließ zu wünschen übrig. Der einzige außereuropäische
menschliche Überrest war der Pithecanthropus erectus aus Java. Aber der Entdecker
Eugene Dubois hatte die Knochen weggeschlossen, sie waren für die Wissenschaftler
nicht zugänglich und nur wenigen Spezialisten bekannt. Die Diskussion
über die Rolle der Neandertaler war in Deutschland kaum beendet.
Zur Erinnerung an die 30 Jahre vorher (1952) erfolgte Entdeckung und Ausgrabung
eines fränkischen Gräberfeldes erweiterte der Bürgerverein Bargen 1982 seine
Ziele auch auf Heimatforschung im weitesten Sinne. Als erster Schritt erfolgte ein
Aufruf an die Bevölkerung, alte Fotografien zur Verfügung zu stellen, die von zwei
Vereinsmitgliedern mühsam reproduziert wurden (Scanner waren damals noch ein
Wunschtraum). Im März 1983 konnte das Ergebnis der Arbeit vorgestellt werden,
eingeleitet durch einen Diavortrag der Archäologin Dr. Ursula Koch über die
Bargener Gräberfunde.
Das Interesse der Bargenerlnnen sowohl am Vortrag Frau Dr. Kochs wie an der
Fotoausstellung übertraf die kühnsten Erwartungen des Vereins. Schnell wurde
klar, dass die auf DIN A4 vergrößerten Bilder archiviert und immer wieder
zugänglich gemacht werden mussten. Zudem boten zahlreiche Besucherlnnen
spontan an, dem Verein Gegenstände des täglichen Gebrauchs aus vergangenen
Tagen zu überlassen, sobald er Räumlichkeiten für eine Dauerausstellung hätte.
Nur wo?
Am 10. Oktober 2006 erlag Franz Reichsgraf
von Degenfeld-Schonburg im Alter von
44 Jahren seinem schweren Leiden. Mit ihm
verlor der Heimatverein Kraichgau ein
langjähriges Beiratsmitglied.
Franz Reichsgraf von Degenfeld-Schonburg
übte nach seiner Rückkehr in den Kraichgau
über 10 Jahre lang das Amt eines Beirates aus
und war in dieser Funktion zuständig für die
Zusammenarbeit mit den Archiven unserer
Region sowie für die Verbindungen und
Kontaktpflege mit dem Adel im Kraichgau.
Er arbeitete mit im Arbeitskreis „Burgen
und Schlösser im Kraichgau". Unvergessen
ist seine Mitwirkung an der Konzeption und
dem Aufbau der Wanderausstellung „Auf
Berggipfeln und in den Ebenen - Burgen
und Schlösser im Kraichgau", an der Artikelserie
„Burgen und Schlösser im Kraichgau"
in der Eppinger Zeitung im Herbst
2000 und an dem Begleitheft zur Ausstellung,
dessen zwei Auflagen er betreute. In ebenso guter Erinnerung wird er uns
bleiben als kompetentes Mitglied des Arbeitskreises, der die gemeinsam vom Evangelischen
Dekanat Eppingen-Bad Rappenau und dem Heimatverein Kraichgau
durchgeführte Wanderausstellung „Reformation und Humanismus im Kraichgau"
zusammen mit einem Ausstellungsbegleitheft erarbeitete. Mehrere Aufsätze und
zahlreiche Rezensionen in den Kraichgau-Jahrbüchern entstammen seiner Feder.
Das Weltklima unterliegt zeitgenössisch einem durchgreifenden Wandel, wie er
in dieser Geschwindigkeit und in diesem Ausmaß seit mindestens tausend Jahren nicht
festgestellt werden konnte. Im vergangenen Jahrhundert stieg die mittlere Temperatur der Erde um etwa 0,7 °C an und sie dürfte
in den nächsten Jahrzehnten mit einer Rate von o,2°C/10 Jahre weiter steigen. Eine wesentliche Ursache wird in der globalen Zunahme von Treibhausgasen, vornehmlich des Kohlendioxids (C0 2) gesehen, dessen Konzentrationen von rd. 280
ppm (vorindustrieller Referenzwert um 1750) auf nunmehr 380 ppm gestiegen ist. Verantwortlich hierfür sind vor allem menschliche Aktivitäten, z. B. die Verbrennung fossiler
Energieträger, die Abholzung der Wälder und der Landnutzungswandel (IPCC 2001).
Vor der großen Industrialisierung spielte der Bodenseeraum als wirtschaftliches
Zentrum und als Durchgangslandschaft für Transport und Verkehr eine wichtige Rolle.
Wie der Genfer See oder die oberitalienischen Seen war auch der Bodensee eine bedeutende Wasserstraße im Verkehrswegenetz über die Alpen. Die wirtschaftliche Blüte
des mittelalterlichen Schwaben und seiner Städte wäre ohne die Anbindung an das verzweigte leistungsfähige Wasserstraßennetz vor den Alpenpässen kaum denkbar gewesen. Während der frühneuzeitliche Handel und die Verkehrswege im Bodenseegebiet
durch wirtschaftsgeschichtliche Arbeiten verhältnismäßig gut erforscht sind, war über
die vorindustrielle Schifffahrt und den Holzschiffbau an diesem Binnengewässer lange
Zeit fast nichts bekannt. Die harte alltägliche Arbeit von Tausenden hat nur wenige direkte Spuren in der historischen Überlieferung hinterlassen. Eine weitgehend schriftlose
Schiffbaupraxis kam ohne Pläne und Risse aus, sie fehlen auch für die letzten hölzernen
Lastsegelschiffe, die kleineren oft als Segner bezeichneten Fahrzeuge des 19. und frühen
20. Jahrhunderts. Die größten Schiffe, die ca. 30 m langen und bis zu 150 t
ladenden Lädinen, waren einigen Zeitgenossen zufolge schon in der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts außer Gebrauch gekommen.
In Vorarlberg fanden bereits um die Mitte des 16. Jahrhunderts - also zu einer Zeit,
die im deutschsprachigen Raum als ausgesprochen verfolgungsarm gilt - umfangreiche
Hexenverfolgungen statt. Nach einem Tiefstand zu Beginn des Jahrhunderts hatten diese
zwar allgemein seit etwa 1530 wieder leicht zugenommen, dennoch lässt sich bislang
um 1550 im weiten Umkreis keine ähnlich intensive Prozessserie wie in Vorarlberg feststellen. Der Schwerpunkt der Verfolgungen lag damals im Bregenzerwald. Hier sollen
sich ganze Hexen-Gesellschaften gebildet haben.
In der Literatur finden sich erste Hinweise darauf in einer Arbeit Hermann Sanders
aus dem Jahr 1893 über Vorarlberg zur Zeit des Bauernkriegs. Das Schicksal der dort
kurz erwähnten Anna Mätzlerin führt auch Meinrad Tiefenthaler in seinem Aufsatz
über »Hexen und Hexenwahn in Vorarlberg« aus dem Jahr 1962 an.
Der Schonwald Hohes Reisach, im Vorland der Mittleren Schwäbischen Alb bei Kirchheim unter Teck gelegen und ein ehemals artenreicher Eichen-Hainbuchen-Mittelwald, wandelt sich zu einem artenarmen, dunklen Buchenwald. Seit den 1990er Jahren gehen die mesotraphenten Halbschattenpflanzen der Krautschicht zusehends zurück, während sich Allium ursinum und Mercurialis perennis ausbreiten. Im reduzierten Lichtgenuss am Waldboden wird ein Hauptgrund für die Verarmung der Waldbodenflora gesehen. Nach erhöhtem Lichteinfall durch Sturmschäden und einer erneuten
Durchforstung (2000/01) war mit einer Erholung der ehemals vielfältigen Frühlingsflora, speziell der Populationen von Scilla bifolia, zu rechnen. Tatsächlich aber erwies sich ein Auflichtungseffekt meist als zu gering und nur vorübergehend. Selektive Plenterschläge im buchenreichen Bestand reichen nicht aus, da die Buche die Lücken rasch schließt. Selbst nach einem Femelhieb hat sich Allium ursinum zuletzt weiter ausgebreitet. Erst größere Femelschläge könnten Verhältnisse schaffen, die eine gewisse Stabilisierung oder Erholung der mesotraphenten Halbschattenpflanzen zur Folge haben. Hierauf weist die Neubesiedlung durch Scilla bifolia und andere hin. Die Anwendung größerer Schirmhiebe, die versuchsweise Wiedereinführung einer Mittelwaldnutzung und eine gezielte Reduzierung des Buchenanteils werden vorgeschlagen.
Ellenberg-Zeigerwerte für Licht (Lichtzahlen) werden für die Auswertungen neu kalibriert.
Überreste von Carnivoren finden sich in fossilen Säugetierfaunen meist selten. Dies liegt an der relativen Häufigkeit von Beutegreifern und Beute wie wir sie heute kennen. Das bisher bekannte Wirbeltierinventar der Fossilienlagerstätte Höwenegg steht beispielhaft für diese Aussage. Während die Ungulaten häufig, oft mit kompletten Skeletten gefunden werden, liegen die Carnivoren ausschließlich als isolierte Skelettelemente oder Bezahnungsreste vor, wobei einige Formen nur durch einzelne Belege nachgewiesen sind.
Rettungshafen Ostschweiz
(2007)
In St. Margrethen, dem Dorf in der nordöstlichen Ecke der Schweiz, stand einst
eine Brücke. Sie führte über den Alten Rhein und verband die Schweiz mit Österreich,
war Nadelöhr wie Eingangspforte. In den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs rettete die alte Brücke, die längst durch eine modernere ersetzt ist, Zehntausenden Menschen
das Leben, auf ihr spielten sich Vorgänge von weltpolitischer Bedeutung ab. Im Rahmen
der 2005 erschienenen Studie »Flüchtiges Glück« über die Flüchtlinge im Grenzkanton
St. Gallen zur Zeit des Nationalsozialismus konnten die außergewöhnlichen Vorgänge
zusammengefügt und in Beziehung gesetzt werden. Im Folgenden werden einzelne Aspekte in vertiefter Form behandelt. Im Gegensatz zu den Geschehnissen vor Ausbruch
des Zweiten Weltkriegs, als der St. Galler Polizeihauptmann Paul Grüninger, der Bregenzer Vizekonsul Ernest Prodolliet, die orthodoxe St. Galler Jüdin Recha Sternbuch und
unzählige weitere Helfer Tausenden von jüdischen Flüchtlingen das Leben retteten, sind
die Vorgänge der letzten Kriegsmonate an den Landesgrenzen um den Bodensee erst
in Teilen bekannt. Im Wesentlichen handelt es sich um mehrere KZ-Transporte, die ihr
Ende im Kanton St. Gallen hatten, um den Verhandlungspoker, der zur Rettung jüdischer KZ-Häftlinge führte, sowie um den Flüchtlingsstrom aus dem versinkenden Dritten Reich in den letzten 20 Kriegstagen.
In seiner 1992 verfassten Schrift Industrieästhetik zitiert Stanislaus von Moos den
an der Stickmaschine arbeitenden Sticker als anschaulichstes Bild der vom Prinzip der
Imitation und Reproduktion dominierten visuellen Kultur des 19. Jahrhunderts: Der Sticker
sitzt auf seinem Hocker, vor ihm, a u f dem senkrechten Musterbrett aufgeheftet, die Stickvorlage. Mit der Linken führt er den Pantographen über das Blatt hin und bewegt so den riesigen Stickboden in der
Stickmaschine. Wird ein Punkt der Stickvorlage mit dem Pantographen angestochen, fuhren dutzende - wenn nicht Hunderte - von Nadeln die gleiche Bewegung auf dem Stickboden aus. Während der
Sticker seine Vorlage abtastet, entsteht so das gewünschte Motiv gleichzeitig in dutzend-, ja hundertfacher Ausführung... Skrupel hinsichtlich der Tatsache, dass der ganze Aufwand vor allem dazu diente, eine handwerkliche Herstellung vorzutäuschen, gab es keine.
Für von Moos ist das Kopieren älterer und ausländischer Vorbilder sogar ausdrückliches Programm. In der Blütezeit der St. Galler Spitzen der 1880er Jahre sieht er eine nie
gesehene Imitierwut.
Die Schiffmühlen gehören mit den Brücken- und Ufermühlen zu den Flussmühlen. Die Schiffmühlen sind im weiteren Bodenseeraum wenig bekannt, weshalb sie im
Blick auf den Alpen- und Hochrhein für die Zeitspanne vom 15. bis 19. Jahrhundert
vorgestellt werden. Es gab auf dem Alpenrhein etwa 20 Vertreter und auf dem Hochrhein 8 - möglicherweise noch mehr. Grundsätzlich kann man sich verschiedene Typen vorstellen, doch gelangten auf den erwähnten Flussstrecken nur zweischiffige Anlagen mit einem oder zwei Wasserrädern zum Einsatz. Ihre Zahl war gegenüber jener
der Landmühlen sehr bescheiden, was auf bestimmte Nachteile zurückzuführen ist. Die
letzten Schiffmühlen gingen um 1900 ein.
Für den Genealogen ist es immer erfreulich, wenn die von ihm erforschten
Personen mit der Justiz in Konflikt geraten sind, denn dadurch sind sie aktenkundig geworden. Eine insbesondere für Personen des ehemaligen Herzogtums Württemberg und benachbarter Gebiete wichtige Quelle der Gerichtsbarkeit stellen die Akten dar, die im Zusammenhang mit dem Asylrecht von
Reutlingen angelegt wurden. Die als Enklave im Herzogtum gelegene Reichsstadt durfte aufgrund eines kaiserlichen Privilegs von 1495 bis zum Ende der
Reichsunmittelbarkeit Totschlägern Asyl gewähren. Die fünf erhaltenen Asylantenbücher im Stadtarchiv Reutlingen dokumentieren in den Zeiträumen
von 1515 bis 1617 und von 1685 bis 1785 mehr als 2000 Fälle von Asyl, darunter allein 1467 Fälle im Zeitraum bis 1590; in diesen Akten sind außer den Totschlägern auch die Opfer mit ihren Namen und Herkunftsorten vermerkt, was
sie umso wertvoller macht. [1]
Wer war Christoph Eitzelein?
(2007)
Als Otfried Praetorius 1927 im Deutschen Geschlechterbuch die Stammliste
Liebig veröffentlichte, nannte er den Vater der Mutter von Justus Liebig
(1803 –1873), dem berühmten Chemiker, noch nicht. [1] 1930 holte Praetorius
dies in zwei Publikationen nach: In einer Ergänzung zur Stammliste Liebig im
Deutschen Geschlechterbuch schrieb er: »Als Vater ist (entgegen anderslautenden, unbegründeten und einander widersprechenden Gerüchten) in den
K.-B. [Kirchenbüchern] zu Darmstadt mehrfach, nämlich bei Taufe, Konfirmation und Trauung, bezeugt Christoph Eitzelein, Schneidergesell aus ›Eisingen im Herzogtum Württemberg‹. Nachdem Forschungen zu Eisingen bei
Pforzheim, Isingen und Unter-Jesingen bei Reutlingen ohne Ergebnis blieben,
gelang es Herrn Stadtarchivar Dr. Adolf Müller zu Darmstadt, seine Herkunft
festzustellen: er ist zweifellos personengleich mit: Christoph Einselin, * Jesingen bei Kirchheim u. Teck 17. 2.1757, † …«. [2] Und in der Einleitung »Ahnentafel des Chemikers Justus Freiherrn von Liebig« schrieb Praetorius: »Fast rein
schwäbischer Abkunft war dann der (außereheliche, aber mehrfach als solcher
bezeugte) Vater der Mutter Liebigs, Christoph Einselin (6). […] Was aus dem
Schneidergesellen Christoph Einselin selbst geworden ist, ließ sich leider nicht
ermitteln – vielleicht ist er wie sein Bruder im Strudel der Revolution 1789
untergegangen.« [3]
Ludwig Scheuermann
(2007)
Der Schwiegervater des Niedernhaller Pfarrers M. Vitus Knör war Ludwig
Scheuermann, Keller in Weikersheim [2]
. Er war der Sohn des Langenburger
Forstmeisters Caspar Scheuermann und einer Dorothea unbekannter Herkunft. Der Name Scheuermann findet sich mehrfach im Hohenlohischen,
auch in Heilbronn. Rechnungen von Caspar Scheuermann sind aus den Jahren
1581 bis 1585 in den Jagd-Lagerbüchern des Grafen Wolfgang II. von Hohenlohe-Langenburg [3] erhalten, mit eigener Unterschrift. Ein anderer Sohn des
Forstmeisters, Albrecht Scheuermann, wurde Pfarrer. Ludwig Scheuermann
selbst wurde schon in jungen Jahren in gräflichen Diensten beschäftigt. Ab
1568 hat er als ein junger Schreiber für die gräflichen Frauenzimmer geschrieben, dann schickte man ihn nach Langenburg als Verschuldigungsschreiber.
Beim Umbau des Weikersheimer Schlosses war er Bauschreiber [4]
.
Wenn wir Marbacher Epitaphe und Grabdenkmale suchen, werden wir an
drei Orten fündig. Die Stadtkirche birgt zwei Holzepitaphe, die allerdings aus
der Alexanderkirche stammen. Weitere Denkmale sind nicht vorhanden, da
dieses Gotteshaus nie Bestattungskirche war und auch keinen Friedhof hat.
Die Stadtkirche liegt mitten in der Stadt und war ursprünglich eine Frühmesskapelle. Einige schöne Grabsteine befinden sich auf dem Marbacher Friedhof
nördlich der Alexanderkirche. Sie sind allerdings an dieser Stelle zu vernachlässigen, da sie in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts datieren, wo die genealogische Überlieferung ohnehin schon recht dicht ist.
Aus den Inhaberreihen von 96 hiesigen Lehengütern, die mir lückenlos von
1470 bis 1840 vorliegen,2 kann man herauslesen, dass hier viele Familien acht
oder gar zehn bis fünfzehn Generationen auf dem gleichen Hof saßen. Diesen
Umstand führe ich hauptsächlich darauf zurück, dass die betreffenden Güter
alle als Erblehen verliehen worden waren und somit für deren Inhaber auf
Dauer eine sichere Sache gewesen sind.
Wir kennen es alle: Irgendwann erscheint eine Familie in den Kirchenbüchern
und ihre Herkunft wird nicht angegeben. Manchmal liegt es auch an der
Schwierigkeit der Handschrift eines Kirchenbuchführers; mitunter verliest
man sich und sucht an falschen Orten – kurz, es lässt sich nicht erschließen,
woher die Familie kam. Für solche plötzlich erscheinenden Familien in den
Dekanaten Besigheim und Brackenheim fanden sich folgende Hinweise auf
die Herkunft.
Im 1961 erschienenen Heimatbüchlein »800 Jahre Spielberg« findet sich als
Einleitungskapitel der Aufsatz »Spielberg und seine Bewohner«, in welchem
Franz Schofer mit großem Fleiß zusammengetragene Darstellungen verschiedener Spielberger Familien, darunter seiner eigenen namengebenden,
darbietet. Leider werden Quellen, wie oft, aber ärgerlicherweise üblich, nicht
genannt oder höchstens angedeutet.
Ignaz Schwinn
(2007)
Ignaz Schwinn, mein Urgroßonkel, wurde am 1. 4.1860 in Hardheim (Neckar-Odenwald-Kreis) geboren. Er erlernte den Beruf eines Drehers, kam während
seiner Wanderzeit in Norddeutschland mit dem neuen »Safety-Fahrrad« des
Engländers Starley in Berührung und erkannte sofort, dass dessen Neuentwicklung wohl das Zeitalter des Hochrades beenden werde. [1]
Durch die Heirat der Anna Maria Wetterspecher aus Weilheim an der Teck mit
dem aus Kirchheim unter Teck stammenden Pfarrer Johann Christoph Landauer kamen die Wetterspecher in viele Ahnenlisten württembergischer Pfarrer- und Honoratiorenfamilien. Aus diesem Grunde habe ich unser hochbetagtes
Mitglied in Weilheim, Friedrich Anwander, gebeten, einmal diese Linie aus
Weilheimer Unterlagen zusammenzustellen. Herr Anwander hat in jahrzehntelanger Arbeit nicht nur die Weilheimer Kirchenbücher verkartet, sondern darüber hinaus auch die Inventuren und Teilungen im dortigen Stadtarchiv. Dabei
hat er Angaben aus den Stadtrechnungen mit einbezogen, die weit vor die Kirchenbuchzeit zurückführen. Weilheim hat also eine beneidenswert gute Überlieferung. Hier nun folgt das Ergebnis der Arbeit von Herrn Anwander, ergänzt
durch Daten aus eigenen Recherchen in den Kirchheimer Kirchenbüchern. [1]
Bei Renovierungsarbeiten in der Rosenfelder Kirche wurde im Jahr 1993 in
einer wieder frei gelegten Wandnische eine alte Bemalung entdeckt. Wie sich
zeigte, war es ein Wandbild, das die Wandlung des Saulus zum Paulus illustriert. Das damalige Landesdenkmalamt datierte das Jahr der Anbringung dieser Malerei auf etwa 1645.
Leider war die Inschrift unter dem Bild sehr beschädigt. Es ließen sich vom
Stifter nur noch der Vorname »Jerg« und seine Funktion als Bürgermeister
und Heiligenpfleger ablesen, eine Jahreszahl »164 …« und es fand sich eine Art
Wappen dabei.
Vier Generationen lang stellte ausschließlich die Familie Müller die Lehrer in
Truchtelfingen. Vor dieser Zeit liegt das örtliche Schulwesen völlig im Dunkeln. Selbst die weit zurückreichenden Kirchenbücher helfen nicht weiter.
Mitte des 16. Jahrhunderts ist der früheste planmäßige Unterrichtsbetrieb im
Orte anzunehmen analog der allgemeinen Schulentwicklung im Lande. Durch
den nachmaligen Dekan in Herrenberg wissen wir, dass eine Schule in Truchtelfingen jedenfalls im Jahr 1653 bereits bestanden hatte [1]
. Weitere Aufhellung
bringt ein Brief aus dem Jahre 1718. Der damalige Schreiber, M. Julius Nördlinger, Pfarrer in Tailfingen, berichtet über äußerst ungute Truchtelfinger
Schulverhältnisse. Die Kinder seien durch die beiden Lehrer äußerst unbefriedigend unterrichtet worden [2].
Altnuifra, das vor der 1721 erfolgten Gründung von Neunuifra (heute Ortsteil
von Pfalzgrafenweiler) einfach Nuifra hieß, ist eine alte Siedlung. Der Ortsname, der in alten Schriften als Nieverun, Niuferon o. ä. erscheint, wird aus
dem Althochdeutschen niwi-farun = Neu-Fahrer, Neusiedler, abgeleitet. [1]
Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte Ende des 11. Jh., als kurz nacheinander Teile von Altnuifra von den Grafen Alwig und Hermann von Sulz
und den Brüdern Burkhard und Berthold von Staufenberg dem Kloster
Hirsau geschenkt wurden. Das Kloster Hirsau trat diesen Besitz an sein in
den 1080er-Jahren neu gegründetes Tochterkloster Reichenbach ab, das noch
weiteren Nuifraer Besitz von Egilolf und Rapoto von Breitenau erhielt. [2] Aus
diesen vielfältigen Schenkungen kann geschlossen werden, dass Altnuifra
ursprünglich wesentlich größer war als zu Beginn der Neuzeit, als nur noch
zwei Höfe vorhanden waren. [3]
Germans to Franklin County
(2007)
Franklin County, an der Grenze zu den U.S.-Staaten Vermont und New
Hampshire gelegen, ist der nördlichste Teil des Staates Massachusetts und grenzt
im Westen an den Staat New York. Massachusetts, einer der Neuengland-Staaten an der amerikanischen Ostküste, zählte seit den Tagen der Pilgrim Fathers
zu den klassischen Einwanderungsgebieten in der neuen Welt. Der nachstehende Artikel schlägt einen historischen wie menschlich-familiären Bogen von
einem kleinen Gebiet in Württemberg zu einem kleinen Gebiet im U.S.-Staat
Massachusetts nach Franklin County. Und obwohl diese Arbeit in erster Linie
für amerikanische Leser gedacht war, findet sie doch gewiss auch unser Interesse
auf dieser Seite der gedachten Brücke über den Atlantik.
Eine wiederum fällige und notwendige Ergänzung und Korrektur zum
Ahnenbuch Wolffhardt von Dr. Friedrich Rusam ergab sich im Zuge der Bearbeitung des Ortsfamilienbuches Sulzfeld (Kreis Karlsruhe), erschienen im
Jahre 2003. Die Anregung dazu erhielt ich auf Grund eines in den Südwestdeutschen Blättern für Familien- und Wappenkunde (SWDB) Band 21 Heft 8,
Seite(n) 377– 384 erschienenen Aufsatzes von Otto Wolfhard »Eine notwendige Korrektur zum Ahnenbuch Wolffhardt«. Das Ahnenbuch Wolffhardt
selbst lag mir nicht vor, um entsprechende Vergleiche vorzunehmen. Über die
Entwicklung der Familie Wolffhardt (Ahnen des Dichters Friedrich Hölderlin) aus Waiblingen verweise ich auf die veröffentlichten Aufsätze in den
SWDB. Auf Georg Johann Wolffharts eigenhändige Lebensbeschreibung im
Dührener »Liber animarum« im ersten Kirchenbuch von Dühren geht stellenweise im oben aufgeführten Aufsatz auch Otto Wolfhard ein. Betrachtet man
den Lebenslauf von Georg Johann Wolffhart, so berichtet er unter anderem
von seinen Taufpaten (Ursula Herzogin v. Württemberg, Elisabeth v. Karpff,
Balthasar Müttschelin, Vogt zu Nürtingen (1601) sowie als Vornamensgeber
»Georg Hans Pfalzgraf bey Rhein und Velden(t)z-Lau(t)terecken seelig«). Die
von ihm eingeführten Pfarrer nach seinem Abschied (»zu Michelfeld habe ich
mein Valet genommen 1654 den 15. Sept.«) sind ebenfalls namentlich aufgeführt. Primär waren für mich Namen und Daten aus den Kirchenbüchern von
Dühren und a. a. Orten. Diese meines Erachtens nach wichtigen Ergänzungen
und Korrekturen zum Ahnenbuch Wolffhardt, sollen im Folgenden – als
Nachkommenliste bis 1822 – hier aufgeführt werden. [1]
Der Bestrafung von Eltern unehelicher Kinder wurde im Herzogtum Württemberg besondere Bedeutung zugemessen. Die Verfahren zur Ermittlung der
Väter finden sich teils in den Kirchenkonventsprotokollen, teils in Amtsprotokollen »in causis mixtis« [1]
. Letztere wurden im 19. Jahrhundert unter dem
Titel Skortationsprotokolle weitergeführt, liegen aber nur für wenige Ämter
noch vor. Die Einziehung der teils empfindlichen Strafen ist in den Amtsrechnungen [2]
, für Klosterämter auch in den Landschreibereirechnungen [3] verbucht.
In Band 21 Heft 11 der Südwestdeutschen Blätter für Familien- und Wappenkunde (März 1997) bezweifelt auf Seite 514 Werner Schmidt mit Recht die
zweite Ehe des Jacob Schopf 62 Jahre nach der Geburt der Tochter Apollonia.
Er verbessert das errechnete Geburtsjahr 1536 auf 1550 und nimmt für die
Geburt des Vaters Jacob Schopf die Zeit um 1525 an.
„... Als 1872 die Großherzoglich Badische Post in die Kaiserliche Reichspost eingegliedert wird, erhält Villingen ein kaiserliches Postamt“, schreibt das Mitglied des Geschichts- und Heimatvereins Walter K.F. Haas. Von ihm erfahren wir auch, dass ab 1875 das kaiserliche Postamt in der Niederen Straße 24 (damals Nr. 388) im Hause der Familie Beha (heute Haus Sutermeister) untergebracht war. Vom „Postdirektor“ bis zum „Hilfsbriefträger“ betrug das Personal neun Personen, dazu kamen vier Landbriefträger und drei Bürodiener. In der ganzen Stadt gab es drei Briefkästen. Die amtliche Verkaufsstelle für Postwertzeichen befand sich 1884 bei Kaufmann Karl Butta, Marktplatz 185 (heute Parfümerie Butta-Stetter, Bickenstraße).
Am 21. Juni 1738 ging in der Kanzlei des herzoglichen Regierungsrats in Stuttgart ein voluminöser Bericht des »fürstlichen Commissarius« Johann Friedrich Geiger ein. Geiger stellte darin auf rund 400 Seiten ausführlich dar, was er über die – wie es im Titel seines Berichts heißt – »zwischen dem Expeditionsrat und Vogt Viktor Stephan Essich zu Besigheim und dem daselbstigen Magistrat obwaltenden Differentien« hat ermitteln können. Geiger war zehn Monate zuvor, im August 1737, auf Befehl Herzog Carl Rudolphs nach Besigheim geschickt worden, nachdem sich Vogt Essich Ende April 1737 beim Regierungsrat »wider die große Unbotmäßigkeit« des Magistrats und der Bürgerschaft beschwert und um Hilfe und Untersuchung der Angelegenheit gebeten hatte. Wer diesen Bericht und die beigelegten Dokumente sowie zwei andere, nicht weniger umfangreiche Kommissionsakten aus den Jahren 1743/44 und 1755/56 liest, kann leicht nachvollziehen, weshalb Friedrich Breining in seinem 1903 herausgegebenen Buch »Alt-Besigheim in guten und bösen Tagen« den Vogt Essich zu den »schlimmen« Vögten rechnete. Breining lieferte für seine Einschätzung zwar keine nähere Begründung, berief sich aber auf eben diese Kommissionsakten, die heute im Hauptstaatsarchiv Stuttgart verwahrt werden. Sie zeigen das Bild eines Beamten, der zwar durchaus tüchtig und fähig war, dessen Amtsführung jedoch in einem hohen Maß durch Eigennutz, Missbrauch und Überschreitung seiner Befugnisse und nicht zuletzt auch immer wieder durch große Gewalttätigkeit geprägt war.
Während der umfangreichen Instandsetzung der Ludwigsburger Schlossanlage traten aus den Fehl- und Zwischenböden des Schlosses immer wieder Fundstücke zu Tage. Darunter finden sich auch Schriftstücke aus dem Schulunterricht: Lateinübungen, deutsche Schreibübungen, Sprachübungen in Russisch, Französisch, Englisch und Mathematikaufgaben. Ein kleines Heft, gefunden in der Ahnengalerie, enthält englisch-deutsche und englisch-französische Dialoge, und aus dem Jagdpavillon stammt eine Seite aus einem Schulheft von Jenni Appolt 1822, die wohl ein Diktat enthält. Jenni war wahrscheinlich die Tochter von Christian Wilhelm Appolt, der 1817 Registrator beim Finanzdepartement war, dann Sekretär bei der Finanzkammer des Neckarkreises. Beide Institutionen hatte ihren Sitz im Schloss. Alle diese Funde stammen von Kindern aus dem Hofpersonal und dem Beamtenstab, einige der Fremdsprachenübungen vielleicht auch von den Hofdamen oder gar von einer Prinzessin. Da stellte sich mir die Frage, wie die Erziehung der württembergischen Prinzen aussah? Gibt es von ihnen noch Unterrichtshefte? Es gibt sie im Hauptstaatsarchiv Stuttgart.
In der bisherigen Betrachtung galt die Rheinaue als ein vom Fluss geprägter Landschaftsteil
des Rheintales, der sehr spät erst durch den Menschen grundlegend verändert wurde. Bilder aus
dem 19. Jahrhundert wie da Gemälde von Peter Birmann, einem Basler Landschaftsmaler, zeigen den Rhein zwischen Istein und Basel als weitgehend unberührte Naturlandschaft.
Von solchen Bildern ausgehend hält ich auch in der regionalen Sichtweise die Vorstellung von
der Naturaue Rhein von urwaldähnlichen Auewäldern, von unzugänglichen ungenutzten Inseln und Uferbereichen. Besonders im Naturschutz und in Teilen der Bevölkerung am Rhein
wird diese Vorstellung aufrechterhalten. Dabei gibt es für das frühe 19. Jahrhundert aus zeitgenössischer Betrachtungsweise Dokumente der Landschaftsmalerei, die zeigen, dass die
Landschaft der Rheinaue frei von Urwäldern war und ganz anders ausgesehen hat als Peter Birmann sie in romantischer Verklärung inszeniert und überliefert hat.
Seit etwa drei Jahrzehnten versuchen sich Forschungen zur Sportgeschichte im Kanon der Geschichtswissenschaften zu etablieren, seit einigen Jahren geschieht dies mit zunehmender Akzeptanz und Beachtung. Lange Zeit hat die allgemeine Geschichtsschreibung den Sport als Untersuchungsgegenstand allerdings nicht zur Kenntnis genommen und die Erforschung
seiner historischen Abläufe den Sportwissenschaften überlassen. Als Erklärung hierfür wird eine generelle bildungsbürgerliche Distanz zum Sport angenommen. Es war in Deutschland - etwa im Gegensatz zu den englischsprachigen Ländern - lange Zeit keinesfalls selbstverständlich, Sport und Sportereignisse als integralen Bestandteil des kulturellen Lebens anzuerkennen. Im Gegenteil: der Sport und seine gesellschaftlichen Begleiterscheinungen wurden von vielen sogar als „Un-Kultur" eingestuft, mit der Folge, dass sich innerhalb der Geistes- und Kulturwissenschaften kaum Interesse an der Erforschung entsprechender Inhalte regte. Inzwischen hat sich die Situation fast grundlegend geändert. Es entstehen mehr
und mehr solide Arbeiten auf diesem Feld, so dass die Historiographie des Sports allmählich ihren früheren Exotenstatus abzustreifen beginnt. Neben den einzelnen Sportverbänden sind es vor allem wissenschaftliche Institute oder verschiedene Universitätsabteilungen, die entsprechende Forschungsarbeiten fördern und vorantreiben. Für Baden-Württemberg nimmt
in diesem Zusammenhang seit einigen Jahren das Institut für Sportgeschichte e. V. in Maulbronn eine innovative Stellung ein.
Hitlers Umbauprogramme für Berlin, Nürnberg oder München zu nationalsozialistischen Vorzeigemetropolen gerieten in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr in den Fokus detaillierter
kunsthistorischer und geschichtswissenschaftlicher Forschung. Die größenwahnsinnige Bauwut beschränkte sich jedoch keineswegs auf einige ausgesuchte Großstädte: Eine neuere Studie belegt etwa am Beispiel Posen (heute Poznan), da Hitler selbst während des Krieges eine
führenden Architekten noch mit ehrgeizigen Projekten auf gerade erobertem Terrain beauftragte. In mancherlei Hinsicht kann Straßburg dabei als westliches Gegenstück zu Posen betrachtet werden: Kaum zufällig sollte in beiden Städten eine Reichsuniversität eröffnet werden
und kaum zufällig sollten die jeweiligen Gauleiter auf Geheiß des „Führers" innerhalb von zehn
Jahren die umliegenden Gebiete germanisieren bzw. entwelschen.
Im Sommer 1940 entwarf Hitler die Grundlinien eines gewaltigen Bauprojektes für die elsässische Metropole, des en Ausführung er seinem ,.Leibarchitekten" Alben Speer anvertraute.
Al Gegenstück zum mittelalterlichen, vom Münster dominierten „Alten Straßburg" würde
fortan das „Neue Straßburg" von der Gigantomanie des „Tausendjährigen Reiches" zeugen.
August Ruf und Eugen Weiler
(2006)
Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hat August Ruf (1869-1944) und Eugen Weiler (1900-1992) viele Jahre nach ihrem Tod den Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern“ verliehen. Überreicht wurde diese höchste Auszeichnung, die der israelische Staat zu vergeben hat, im Rahmen einer Feierstunde in Singen am 24. Juli 2006, eine weitere Feierstunde fand am 25. Juli 2006 in Rufs Heimatstadt Ettenheim statt. Damit wurden die beiden Priester der Erzdiözese Freiburg für etwas ausgezeichnet, das eigentlich selbstverständlich sein sollte: Sie haben einem Menschen das Leben gerettet. Was die Tat so besonders macht, dass ihnen postum diese besondere Anerkennung zugedacht wurde, sind deren Umstände: Sie haben im Jahr 1942 einer deutschen Jüdin zur Flucht in die Schweiz verholfen und sie somit vor der Ermordung in den Gaskammern von Auschwitz bewahrt. Etwas besonderes ist auch die Tatsache, dass es mit August Ruf und Eugen Weiler zwei deutsche Geistliche sind, die mit dieser Ehrung bedacht wurden — sie sind damit die ersten Priester der Erzdiözese Freiburg, denen dies widerfahren ist. Wenn sich auch die Erzdiözese eigentlich keinerlei Verdienste in Zusammenhang mit der Tat der beiden Priester zurechnen kann, und wenn auch die Ehrung selbst ohne Zutun der Bistumsleitung oder -verwaltung zustande gekommen ist, so fällt doch vielleicht ein kleiner Widerschein auf die Erzdiözese Freiburg und ihren Klerus zurück. Der aus Singen stammende Freiburger Weihbischof Prof. Dr. Paul Wehrle hat es sich daher nicht nehmen lassen, im Rahmen der Singener Veranstaltung der beiden Männer ehrend zu gedenken und ihnen nachträglich noch den gebührenden Dank für ihre Leistung abzustatten.
Ein Stammtisch nach dem landläufigen Muster wollten sie nicht sein, die Herren der einst berühmten „Lästerecke“. Doch das ist lange her, der Villinger Nobeltreff existiert nicht mehr. Einmal noch trafen sich jetzt fünf Mitglieder der einstmals großen Stammtischbruderschaft und hielten Rückschau und Ausblick zugleich. Fritz Heby, Gerhard Altmann, Erwin Bißwurm, Helmut
Wider und Gerhard Ballof genossen die Wiedersehensfreude im Parkhotel, der Station, wo sich die „Lästerecke“ nach Schließung des Hotel Ketterer bis zuletzt Ende der 80er Jahre getroffen hatte.
Die "zweite Sündfluth"
(2006)
Die vorliegende Studie verfolgt in erste Linie ein regionalgeschichtliches Anliegen, auch wenn sie vielleicht der naturwissenschaftlichen Hochwässerforschung
verwertbares Material an die Hand geben mag. In meinem Aufsatz »Der Bodensee im
16. lahrhundert« konnten einige Aspekte, insbesondere auch die Naturkatastrophen,
aus Platzgründen nicht näher ausgeführt werden. Diese Lücke soll, wenn auch vorerst
nur exemplarisch, mit diesem Blick auf das Hochwasser von 1566 geschlossen werden.
Dabei soll insbesondere gezeigt werden, dass es sich bei dem Hochwasser von 1566 um
ein »überdurchschnittliches überregionales Hochwasser katastrophalen Ausmaßes«
gehandelt hat, das schwere Schäden an wasserbezogenen Bauten (Dämmen, Wuhren,
Stegen, Brücken, Gebäuden, Mühlen) anrichtete und durch länger andauernde Überflutung schwere Schäden an ufernahen Feldern und Gärten sowie große Verluste an
Menschenleben und Vieh sowie auch Veränderungen der Oberflächenstruktur (Versandung, Verschlammung, Einbruch von Land in den See) mit sich brachte, nicht zuletzt
aber auch durch die Verseuchung des Trinkwassers der Ausbreitung der Pest Vorschub
leistete. Für zahlreiche Städte und Gemeinden am Bodensee hat sich daher das Hochwasser von 1566 als eine echte Katastrophe dargestellt, auch wenn nahezu alle Geschichtsbücher bisher darüber schweigen.
Konrad, von 934 bis 975 Bischof von Konstanz, wird im allgemeinen dargestellt mit einem Kelch, auf dem eine Spinne sitzt. Dies verweist auf folgende Geschichte: Als Konrad bei der Feier der heiligen Messe am Ostertag den Kelch abdeckte und das Blut Christi trinken wollte, sah er, dass eine giftige Spinne in den Kelch gefallen war. „Mit festem Glauben trank er den Kelch aus, überzeugt davon, dass das Gift ihm nicht schaden werde. Die Umstehenden befiel Trauer und Furcht. Doch Konrad setzte sich nach dem Gottesdienst mit den übrigen zum Mahl. Et reclinato super mensam capite, exitum araneae aperto praebet ore, quae nec mori in homine Dei, nec mortem potuit inferre. Tum quanta convivarum exultatio, quanta de viri constantia suboritur admiratio, lector potius animo concipiat, quam exprimendum verbis exigat“ („Und nachdem er sein Haupt auf den Tisch geneigt, gewährte er mit offenem Munde der Spinne den Ausgang, die im Manne Gottes weder hatte sterben, noch den Tod bringen können. Wie groß darauf der Jubel der Speisenden war, welche Bewunderung der Standhaftigkeit des Mannes sich erhob, möge der Leser lieber selbst im Geist erfassen, als in Worten ausgedrückt verlangen“.) Dieses sogenannte Spinnenwunder ist in der ältesten Überlieferung der Lebensbeschreibung von 1190 noch nicht enthalten und taucht erstmals in der Handschrift der Vita in der württembergischen Landesbibliothek von 1456 auf, fand aber wohl schon seit dem 13. Jahrhundert allmählich Eingang in die Konradsvita; auch in der Legenda aurea des Jacobus de Voragine wird sie immerhin schon in einer Handschrift des 14. Jahrhunderts erwähnt.
Der Wasserhaushalt der Flechten in den nahezu regenlosen küstennahen Teilen der Namibwüste wird maßgeblich vom Nebel bestimmt, der vom Meer her ins Landesinnere treibt. Der Feuchteeintrag ist besonders an Hindernissen, wie Hügeln und Bergketten, auf welche die Nebel auftreffen, erheblich. Dabei entstehen ausgeprägte Luv-Lee-Gegensätze. An küstennahen Hügelketten der Zentralen Namib wurde in drei Transekten über steinige Berg- bzw. Talhänge untersucht, wie sich die Flechtenvegetation auf Silikatgestein (Dolerit) in Abhängigkeit vom Vorkommen in Luv und Lee und von der Position am Hang ändert. In den Aufnahmeflächen wurden alle Flechten erfasst, unabhängig von der Position an den Steinen. Trotz
dieser ökologischen Unschärfe zeigen sich sehr unterschiedlich strukturierte Artengruppierungen, die ihrerseits in charakteristischen Mustern auftreten. So unterscheiden sich unmittelbar benachbarte Luv- und Lee-Vegetation beträchtlich. Die Muster sind wesentlich vom Eintrag der Feuchtigkeit der Nebel abhängig, die über die Hänge landeinwärts gezogen werden. Die trockenresistenteste, an völlig flechtenfreie Flächen grenzende Flechtengesellschaft wird durch Caloplaca
elegantissima geprägt, die feuchtigkeitsbedürftigste durch Teloschistes capensis, Coronoplectrum namibicum, Roccella montagnei, Ramalina-Arten und weitere als hygrophytisch bekannte Arten, im Extremfall durch Rimelia reticulata. Während morgens nach Nebelzug die in Luv wachsenden Teloschistes-Polster triefend nass sind, können die Caloplaca elegantissima-Standorte trocken erscheinen. Zwischen diesen Extremen ordnen sich weitere Flechtengemeinschaften in einen
Feuchtegradienten ein. Die Gemeinschaften kommen zonal an den Berghängen vor. Unter günstigen Umständen kann in Luv-Lage im Bereich einer Distanz von weniger als 20 Höhenmetern die komplette Zonierung vertreten sein, von der (1) Caloplaca elegantissima-Zone am offensichtlich wenig Nebelwasser empfangenden Hangfuß, gefolgt von der (2) Pertusaria pseudomelanospora-Zone (mit Acarospora luederitzensis, Xanthoparmelia serusiauxii, X. incomposita, Lecidella
placodina), (3) der Lecanora substylosa-Zone, (4) der L. panis-erucae-Zone, bis zur (5) Teloschistes-Zone am nebelreichen Oberhang oder Grat. Die Teloschistes-Zone erfährt an besonders feuchten Orten eine weitere Bereicherung durch Arten wie Arthothelium desertorum, Lecanographa subcaesioides, Diploicia canescens. Kleinste Hangunebenheiten und Neigungsänderungen, vor allem aber nebelabfangende Bergvorsprünge sorgen für Unregelmäßigkeiten und
Zonierungsanomalien. Die Flechtenflora erwies sich als sehr artenreich. Insgesamt wurden 56 Arten in den Aufnahmen der
Transekte registriert. Die höchste Artenzahl in einer Aufnahmefläche betrug dabei 26/0,2 m2, was auch in niederschlagsreichen Gebieten Mitteleuropas kaum übertroffen wird. Zahlreiche Arten sind in Süd- oder Südwestafrika endemisch. Acht Arten kommen auch in Mitteleuropa – vor allem in klimatisch milden Bereichen – vor. Niebla cephalota, von den Pazifikküsten Nord- und Südamerikas bekannt, Buellia follmannii (Chile) und B. inturgescens (Australien) werden erstmals für Afrika nachgewiesen. Ein Vergleich mit der Zonierung der Flechtenvegetation in den Flechtenfeldern der Kiesebenen ergibt gewisse Ähnlichkeiten bezüglich der Verbreitung der Lebensformen der Flechten und dem Auftreten einiger charakteristischer Arten, so von Teloschistes, Ramalina „irritans“, Xanthoparmelia walteri, X. serusiauxii, X. incomposita, Lecidella placodina, Caloplaca rubelliana.
Als im Sommer des Jahres 2005 die heutige Tagung vorbesprochen wurde, da wussten wir noch nicht, dass das Thema dieses Vortrags — „Das Priesterseminar als Nachfolger der Benediktinerabtei“ — auch bald der Geschichte angehören würde, dass die letzte Seite in diesem Kapitel unseres Hauses bereits aufgeschlagen ist und dass bald ein neues Kapitel beginnen wird. Mit dem 31. August — also in gut sechs Wochen — schließt das Priesterseminar in St. Peter offiziell seine Pforten und wird mit dem Collegium Borromaeum in Freiburg vereinigt. Damit geht eine 164-jährige Tradition zu Ende. Um den damit verbundenen verschiedenen Facetten Rechnung zu tragen, soll in vier Schritten vorgegangen werden. Zunächst möchte ich aus der Perspektive des Regens etwas über das Priesterseminar in St. Peter und seine Aufgabe sagen. Ich möchte Sie gleichsam mit hinein nehmen in die Aufgabe, die ein Priesterseminar im Allgemeinen und das Flair, das dieses Seminar im Besonderen auszeichnet. In einem zweiten Schritt wird aufgezeigt, wie die alte Benediktinerabtei St. Peter, die ab 1806 entweder als Militärlazarett diente oder mit Ausnahme der Pfarrerwohnung einfach leer stand, 15 Jahre nach der Bistumsgründung anno 1842 zum Priesterseminar wurde und damit einem drohenden Abriss entging. In einem dritten Schritt wird beispielhaft auf zwei markante politische Ereignisse der vergangenen 164 Jahre eingegangen und danach gefragt, wie es dem Priesterseminar in diesen Phasen ergangen ist. Abschließend möchte ich kurz auf die jetzt anstehende Verlegung des Priesterseminars nach Freiburg eingehen.
Stiftungen boten seit jeher Begüterten die Möglichkeit, sich wohltätig in ihrem Gemeinwesen zu engagieren. Dahinter mochten religiöse Motive stehen oder der Wunsch, den erreichten gesellschaftlichen Status öffentlich zur Schau zu stellen, oder ein den eigenen Tod überdauerndes Renommee für die Nachwelt zu schaffen. Allgemein gab es in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts einen Stiftungsboom, und Offenburg war keine Ausnahme. Die Anna-von-Heimburg-Stiftung fällt somit in eine Zeit, in der die mittelbadische Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte. Bedingt durch die Industrialisierung wuchs die Bevölkerung von 3.831 Einwohnern im Jahre 1855 auf 7.274 Einwohner im Jahre 1880 an. Dieser Aufschwung hatte jedoch auch seine Schattenseiten. Die Versorgung der Armen und Kranken erwies sich zunehmend als schwieriger, denn in Folge der Landflucht als Grundbedingung für das beschriebene Wachstum waren
frühere feudale Versorgungssysteme gänzlich außer Kraft getreten, während gleichzeitig noch keine neuen Absicherungen existierten, etwa in Form der ab 1883 von Bismarck zur innenpolitischen Befriedung eingeführten Sozialversicherungen gegen Krankheit und Unfall, Invalidität und Alter. So konnte z.B. das St. Andreas-Hospital die Armenpflege nur noch schwer bewältigen, da das Geld nicht mehr reichte. Immer wieder ergingen an die Bürgerschaft Aufrufe zu stiften. Genau genommen wurden die Menschen zu einer Schenkung aufgefordert, denn es ging nicht ausschließlich darum, an einen Kapitalstock zu gelangen, dessen Erträge dem Spital hätten zufließen können, sondern darum, entweder das bereits vorhandene Vermögen über „Zustiftungen" aufzustocken oder Geldbeträge einzusammeln, welche direkt in die Armenpflege fließen sollten.
Der 200. Geburtstag des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar gibt den Anlass, die Rolle von Villinger und Schwenninger Forschern und Mitgliedern des Vereins einmal näher zu untersuchen. Welchen Stellenwert hatten die Vereinsmitglieder aus Villingen und Schwenningen im Baarverein in den vergangenen zwei Jahrhunderten? War der Baarverein ein allein auf Donaueschingen bezogener Verein? Seit wann gab es in Villingen und Schwenningen Geschichtsvereine und welche Stellung nahmen diese gegenüber dem Baarverein ein. Diese Fragen sollen bei der Untersuchung des Themas behilflich sein. Auch soll auf die Forscherpersönlichkeiten selbst, ihre Herkunft und ihre Arbeitsgebiete, eingegangen werden. Die
Untersuchung erstreckt sich bis zum Ende der 1980er Jahre.
Dunkelheit herrschte in der Kirche. Von draußen war das Rasseln der Panzer zu hören. Einige ältere Frauen beteten, andere weinten: Noch gut kann sich Manfred Ganter an die letzten Stunden des zweiten Weltkriegs erinnern, als er mit seinen
Eltern und Nachbarn ins nah gelegene Münster geflohen war, in dem der Ministrant und Chorknabe schon so manchen Bombenalarm verbracht hatte. Wie ein Lauffeuer ging es durch die Innenstadt, dass die Franzosen auf dem Vormarsch sind und bald Villingen erreicht haben werden. Die Bevölkerung suchte Schutz in den Häusern, Luftschutzkellern oder der Kirche.
Die Anfänge der Uhrenfabrik Werner gehen auf das Jahr 1826 zurück. Nach einem Brand übersiedelte der Handelsmann Johann Nepomuk Nock mit seinem Sohn Heinrich Nock von Triberg nach Villingen und ließ sich in dem Haus am Marktplatz, Ecke Riet- und Obere Straße, nieder. Beide betrieben darin eine Eisen- und Colonialwarenhandlung und gründeten nebenbei ein Uhrenversandgeschäft. Sohn Heinrich Nock war die Seele des angegliederten Uhrenbetriebes. Er selbst zog noch als Uhrenträger mit der Krätze hinaus, um Absatzmärkte für die von den Uhrmachern gefertigten und aufgekauften Erzeugnisse zu finden. Im Volksmund nannte man diese Tätigkeit auch „backe”, weil wohl das Verpacken der Uhren nach außen hin als
besonderes Merkmal dieser Tätigkeit galt.
Mit großartigen Modellen historischer Villinger Bauwerke hat sich Dietmar Kempf in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht. Der Geschichts- und Heimatverein Villingen hat die Leistung seines Mitglieds in den Jahresheften vergangener Jahre schon mehrfach gewürdigt. Jetzt hat er wieder ein Stück Villinger Stadtgeschichte aus der Vergangenheit geholt und im
wahrsten Sinne des Wortes sichtbar gemacht: das Kaufhaus von 1573, das auch Gerichtslaube, Kornlaube und Tanzlaube genannt wurde und einst in der Oberen Straße stand.
Der „Tag des offenen Denkmals“ fand am 11. September 2005 unter dem Schwerpunktthema „Krieg und Frieden“ statt. Das von seiner in weiten Teilen erhaltenen Stadtbefestigung geprägte Villingen hat dazu einen reichen Denkmalbestand vom hohen
Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert zu bieten. Bereits in früheren Jahren gab es im Rahmen des Tages des offenen Denkmals Gelegenheiten, einige dieser Bauten bei Führungen kennen zu lernen. In diesem Jahr wurde unter anderem ein Gebäude
geöffnet, das jeder von außen, aber keiner von innen kennt: das „Pulvertürmle“ am Kaiserring.
Kunstwerke aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis in der Sammlung Dursch im Rottweiler Dominikanermuseum
(2006)
Nach den musealen Veränderungen der letzten Jahre in Donaueschingen verfügt in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg wohl das Dominikanermuseum Rottweil mit der Sammlung Dursch über den bedeutendsten Schatz spätmittelalterlicher Kunst. Es handelt sich um mehr als 170 Exponate, welche der katholische Kirchenrat Dr. Georg Martin von Dursch (1800–1881) gesammelt hat und die seit 1851 für 140 Jahre in der Rottweiler Lorenzkapelle ausgestellt waren, bis sie
zusammen mit den Funden aus Arae Flaviae, der römischen Vorgängerstadt des heutigen Rottweil, 1991 in einem Museumsneubau am Platz des einstigen Rottweiler Dominikanerklosters eine sachgerechte und würdige Unterbringung gefunden haben. Dies war nur möglich, weil das Land Baden-Württemberg die Stadt Rottweil bei der Erfüllung dieser Aufgabe tatkräftig unterstützt hat. Umgekehrt war das Land zu seinem Engagement deshalb zu bewegen, weil die Rottweiler Römerfunde und die Holzbildwerke der Sammlung Dursch in ihrer überregionalen Bedeutung als unstrittig anerkannt galten. Allerdings hat der von der Stadt Rottweil zu tragende laufende Museumsbetrieb die Finanzen der Großen Kreisstadt inzwischen so belastet, dass zuletzt die Öffnungszeiten des Dominikanermuseums auf sechs Nachmittage pro Woche beschränkt wurden.
125 Jahre Murrtalbahn
(2006)
Wenn man von der Murrtalbahn spricht, ist nicht nur eine Strecke mit einem Anfangs- und Endpunkt, sondern gleich eine größere Anzahl von Linien im näheren und weiteren Einzugsgebiet des Flusses Murr gemeint. Dabei handelt es sich um die
Strecken Waiblingen-Backnang-Schwäbisch Hall-Hessental, Bietigheim-Marbach-Backnang und Ludwigsburg-Beihingen. Heute identifiziert man mit dem Begriff Murrtalbahn die Strecke von Waiblingen nach Schwäbisch Hall-Hessental als Teil der
Fernverbindung von Stuttgart nach Nürnberg. Die Strecke von Marbach nach Backnang wird gerne »kleine Murrtalbahn« genannt. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass unter Eisenbahnexperten ein kleiner und auch unwichtiger Streit existiert, ob der offizielle Terminus auf die Zwischensilbe »tal« verzichten sollte und die Strecke eigentlich kurz »Murrbahn« genannt werden müsste.