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„Wir leben in einem hastigen Zeitalter.
Umwälzungen, welche früher Decennien und
Jahrhunderte brauchten, gehen heutzutage in
Monaten vor sich, und kaum hat der Zeitgenosse
oft die nötige Muße, zu bemerken, daß
sich um ihn her etwas anders gestaltet hat.
Gerade in dieser nämlichen schnellebigen Zeit
hat sich der geschichtliche Sinn […] mächtig
entwickelt und entfaltet“1. Obwohl nahezu 110
Jahre alt, scheint diese Feststellung und das
Erleben eines sich beschleunigenden Alltags
auch unsere Gegenwart treffend zu beschreiben.
Sie trifft die Mentalität und Stimmung
jener Zeit, in der um 1890 der Lenzkircher
Kaufmann Oskar Spiegelhalder begann, im
Schwarzwald Alltagsgegenstände seiner Vergangenheit
zu sammeln. „[…] Ich war bald als
eine Art von Halbnarr bekannt. Denn das was
ich kaufte, betrachtete man als alten Krust
und wertlosen Kram“2 notierte er selbst dazu.
Noch waren wachsende Müllberge als Folgen
der modernen Konsumgesellschaft nicht sichtbar,
jedoch stapelten sich in den Speichern der
Menschen bereits jene Dinge, die außer
Gebrauch gekommen waren. Ein Paradies für
Sammler jeglicher Couleur, und einer ihrer
Großen war Oskar Spiegelhalder aus Lenzkirch.
Am 9. 10. 1909 kaufte der badische Staat
seine „zweite Schwarzwaldsammlung“, und auf
dieses Ereignis lohnt es sich aus vielerlei
Gründen zurückzublicken – nicht zuletzt, weil
es viele Bezüge zur Entstehungsgeschichte
jenes Vereins gibt, dessen hundertstes Jubiläum
2009 ebenfalls gefeiert wird, des „Landesvereins
Badische Heimat e. V.“ Auch die Person
Oskar Spiegelhalders selbst verknüpft sich mit
der Geschichte der „Badischen Heimat“, war er
1909 doch eines ihrer Gründungsmitglieder.
Spiegelhalder war passionierter Volkskundler
und damit Anhänger einer Wissenschaft und
eines Tätigkeitsfeldes, dem sich auch die „Badische
Heimat“ verschrieb: der Sicherung, Erforschung
und Darstellung historischer Alltagskultur.
Kleider machen Leute
(2019)
Als der Maler Rudolf Gleichauf (1826–1896) vor nun 150 Jahren – genauer am 15. Dezember
1869 – für die Fertigstellung von fünf Aquarellen mit Kostümdarstellungen aus St. Georgen eine
letzte Abschlagszahlung des festgesetzten Honorars von 2.300 Gulden aus der badischen Staatskasse erhielt, endete ein Projekt besonderer Art.
Denn über neun Jahre hinweg hatte Gleichauf auf dem Gebiet des damaligen Großherzogtums Baden ‚Trachten‘
als spezifische Kleidungsformen des ländlichen Raums erforscht und dokumentiert. In mehreren Reisen durchstreifte er dazu in großherzoglichem Auftrag das Staatsgebiet und fertigte zwischen 1861 und 1869 insgesamt 39 Aquarelle sowie eine darauf bezogene
105-seitige handschriftliche Beschreibung des Aussehens und der Kosten von 13 unterschiedlichen Kostümen an, die „Beschreibung Badischer Landestrachten“. Entgegen der ursprünglichen
Planung wurden nur wenige Motive als Lithografie reproduziert und der zugehörige Text blieb
bis heute unveröffentlicht.
Aus Anlass seines eigenen 100-jährigen Jubiläums legt das Badische Landesmuseum Karlsruhe, in dessen Besitz sich Aquarelle und Autograf heute befinden, 2019 eine kommentierte Edition dieses Werkes vor, dessen Zugang im Jahr 1869 zugleich den Auftakt einer eigenständigen
volkskundlichen Sammlung bildete.
Architektonische Konzeption und bildnerischer Schmuck zeichnen den Rottweiler
Kapellenturm als „einen der schönsten gotischen Türme von Prag bis Paris" aus.
Sein kunstgeschichtlicher Rang ist so hoch, daß die Forschung von einem eigenen
Rottweiler Stil sprechen konnte, welcher während der Entstehungszeit des Turmes
entwickelt wurde und nach Augsburg, Schwäbisch Gmünd und Esslingen und
über die Grenzen der Kunstlandschaft Schwaben hinaus weiterwirkte.
Kunstwerke aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis in der Sammlung Dursch im Rottweiler Dominikanermuseum
(2006)
Nach den musealen Veränderungen der letzten Jahre in Donaueschingen verfügt in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg wohl das Dominikanermuseum Rottweil mit der Sammlung Dursch über den bedeutendsten Schatz spätmittelalterlicher Kunst. Es handelt sich um mehr als 170 Exponate, welche der katholische Kirchenrat Dr. Georg Martin von Dursch (1800–1881) gesammelt hat und die seit 1851 für 140 Jahre in der Rottweiler Lorenzkapelle ausgestellt waren, bis sie
zusammen mit den Funden aus Arae Flaviae, der römischen Vorgängerstadt des heutigen Rottweil, 1991 in einem Museumsneubau am Platz des einstigen Rottweiler Dominikanerklosters eine sachgerechte und würdige Unterbringung gefunden haben. Dies war nur möglich, weil das Land Baden-Württemberg die Stadt Rottweil bei der Erfüllung dieser Aufgabe tatkräftig unterstützt hat. Umgekehrt war das Land zu seinem Engagement deshalb zu bewegen, weil die Rottweiler Römerfunde und die Holzbildwerke der Sammlung Dursch in ihrer überregionalen Bedeutung als unstrittig anerkannt galten. Allerdings hat der von der Stadt Rottweil zu tragende laufende Museumsbetrieb die Finanzen der Großen Kreisstadt inzwischen so belastet, dass zuletzt die Öffnungszeiten des Dominikanermuseums auf sechs Nachmittage pro Woche beschränkt wurden.
Das Spätmittelalter brachte auch auf der Baar Schritt für Schritt die immer weiter gehende Ablösung der Naturalwirtschaft durch die Geldwirtschaft. Eine nicht unwichtige Rolle spielten dabei Juden - durchaus nicht begeistert, sondern von christlicher Seite in dieses Tätigkeitsfeld gedrängt, andererseits jedoch mit unübersehbarer beruflicher Kompetenz. In Erscheinung tritt dabei schon 1324 der Jude Jacklin von der Rottweiler Gemeinde, der immerhin Kaiser Ludwig den Bayern zu seinen ,,Kunden" zählen konnte. In der Mitte des 15 . Jahrhunderts ist in ähnlichem Zusammenhang Leo oder Löw der Jude von Villingen zu nennen.
Zu Ferdinand von Freiburg
(2017)
Im XXXI. Jahrgang dieser Zeitschrift wurde 2008 vom Verfasser des vorliegenden Beitrags erstmals in groben Zügen die Geschichte der Villinger Familie Freiburger (Fryburger, von Freiburg) skizziert. Auf Grund der dürftigen Quellenlage
musste diese Darstellung der Geschichte der Familie für das 17. Jahrhundert vergleichsweise unvollständig bleiben, vor allem was Ferdinand von Frieburg betraf, von dem sich allenfalls zusätzlich zeigen ließ, dass er in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges und in den Jahren danach in Villingen eine gewisse Rolle gespielt haben muss.
Die Antwort auf die Frage, wann welcher Komtur
an der Spitze des Johanniterhauses in Villingen
stand, hängt naturgemäß von der Nennung der
betreffenden Persönlichkeiten in datierten Archivalien
ab. Aus diesem Grund weist die Reihe der
Villinger Komture bisher zeitliche Lücken auf.
Werden neue Nennungen greifbar, so lassen sich
solche Lücken eingrenzen oder ganz schließen.
Dies gilt auch für das 16. Jahrhundert, aus dem bis
1571 schon folgende Villinger Komture mit ihrer
„Regierungszeit“ bekannt gewesen sind:
Wilhelm von Remchingen 1485 – 1513
Gabriel von Breitenlandenberg 1518
Philipp Schilling von Cannstatt 1523
Wolfgang von Masmünster 1523 – 1536
Rudolf von Rüdigheim 1539 – 1541
Georg Andreas Kechler
von Schwandorf 1546 – 1571
Im Rahmen von Forschungen zur kirchlichen Kunstgeschichte fiel dem Verfasser 2012 in der katholischen Pfarrkirche St. Blasius im heutigen Donaueschinger Teilort Aasen am rechten Seitenaltar ein Oberbild auf (vgl. Abb.). Schon aus stilistischen Gründen kann es unzweifelhaft dem Rottweiler Barockmaler Johann Achert (ca.1655–1730) zugeschrieben werden, der mit seinem Werk in den letzten Jahren zunehmend Aufmerksamkeit nicht nur bei Spezialisten der Kunstgeschichte gefunden hat. Achert wird in den Quellen ungefähr seit 1680 greifbar. Er hat ein aufschlussreiches Skizzenbuch hinterlassen, großformatige Altarblätter für die Stadtkirche in Weil der Stadt und für Kirchen in Solothurn und Freiburg i.Ü. gemalt, für Klöster wie Salem, Beuron, St. Blasien, Rottenmünster oder Wittichen gearbeitet und zahlreiche Aufträge aus den Kreisen von Adel und Klerus
erhalten. So können heute mehr als 140 Werke des Meisters namhaft gemacht werden. Seine Rottweiler Werkstatt wurde durch seinen Sohn Jakob Christoph (1690–1750) weiterführt.
Am oberen Neckar erlangten die niederadligen Herren von Bern im 13. und 14. Jahrhundert eine gewisse Bedeutung - zuerst als Besitzer einer Burg und später auch in der aufstrebenden Stadt Rottweil. Mit Wilhelm von Bern, der in Rottweil 1406 bei der Besieglung einer Urfehde erstmals fassbar wird, beginnen sie im 15. Jahrhundert, sich endgültig aus dem Rottweiler Raum zurückzuziehen, um bis zu ihrem Aussterben im mittleren und unteren Kinzigtal eine beachtliche Rolle zu spielen. Den Weg in diese Gegend wiesen wohl alte Verbindungen zu den Fürstenbergern und die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem „Rottweiler" Zweig und jenen Bernern, die bereits vor der Mitte des 14. Jahrhunderts in Haslach wichtige Stadtämter bekleidet hatten. Von Bedeutung mag ferner gewesen sein, dass mit Konrad von Blumberg zwischen 1398 und 1415 ein Verwandter von Wilhelm von Berns Gemahlin das politisch immer noch gewichtige Schwarzwaldkloster Gengenbach als Abt leitete. Wilhelm von Bern erscheint nämlich in der Ortenau erstmals im Jahre 1418 mit zwei Nennungen als Schultheiß von Zell am Harmersbach, den einzusetzen als Privileg den Gengenbacher Äbten zustand.
Der Johanniterorden
(2007)
Gründung und Anfänge
Vergleichsweise dicht ist die Überlieferung zur
Gründung des Johanniterhauses Villingen. Es lässt
sich glaubhaft belegen, dass Graf Heinrich I. von
Fürstenberg am 2. September 1253 „das ritterliche
Haus zu Villingen“ stiftete. Sicher gingen dem
Vorbereitungen voran, die sich über ein gutes
Jahrzehnt erstreckt haben können. 1257 befreite
die Villinger Bürgerschaft dann im Einverständnis
mit Graf Heinrich von Fürstenberg als Stadtherrn
das Johanniterhaus von allen Lasten und Dienstbarkeiten sowie von jeglicher Wehr- und Schutzpflicht. Außerdem wollten die Villinger Rechtssachen der Kommende vor ihrem Stadtgericht
immer bevorzugt behandeln. Noch im gleichen
Jahr gab Graf Heinrich seine Zustimmung, dass
jedermann bei den Villinger Johannitern eintreten
und ihnen seinen Besitz übereignen könne.