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Überall entstehen
auch „Geschichtswerkstätten" oder Arbeitskreise zur Regionalgeschichte,
die beanspruchen, neue Wege der Geschichtsforschung zu begehen. [...]
Die Historikerzunft hat auf diese neue Bewegung wenig begeistert reagiert.
Dabei geht es nicht nur um Bedenken, weil viele „Laien" nun Geschichtsforschung
betreiben (,,können die das überhaupt?"), auch nicht nur darum, daß
erstaunlich viele erwerbslose Lehrer und Privatdozenten unter den Aktiven
sind, sondern darüber hinaus um grundsätzliche Probleme.
Der 15. Juli 1942 war ein Mittwoch. Reinhold Birmele, achtundzwanzigjähriger Gehilfe in der Gärtnerei Rappenecker, bearbeitete ein Grundstück in der Freiburger Beethovenstraße. Wegen epileptischer Anfälle in der Vergangenheit hatte er nicht als Soldat in den Krieg ziehen müssen. Nebenan, Nr. 9, lag der Garten, der zur Villa des ehemaligen Bankdirektors Hein gehörte. Birmele hatte schon oft dort gearbeitet. Nur flüchtig war er hingegen bisher der achtundfünfzigjährigen Hausgehilfin der Familie Hein, Maria Weber [Name geändert, H. H.], begegnet, die gerade in den Garten trat; er wußte nicht einmal ihren Namen. Sie kamen ins Gespräch. Dabei stellte sich heraus, daß Frau Weber in St. Peter beheimatet war und Reinhold Birmele ihre dort verheiratete Schwester kannte. Sie habe jetzt Ferien und wolle ihre Schwester wieder einmal besuchen, meinte Birmele die Hausgehilfin zu verstehen. Ihm kam die Idee, sie zu fragen, ob sie nicht gemeinsam dorthin wandern wollten. Er war ein großer Naturfreund und jeden Sonntag draußen in den Bergen. Birmele wollte dann, nach dem Besuch der Bekannten in St. Peter, über den Kandel zurück nach Kollnau laufen, wo er wohnte. Eine richtige Verabredung war es wohl nicht, aber Birmele dachte, Maria Weber habe seinem Plan zugestimmt.
Zum Sommersemester 1910 schrieb sich ein junger russischer Student, Michael v. Dmitrewski (Michail Simeonowitsch Dmitrewski), an der Universität Freiburg i. Br. ein. Er stammte aus einer alten russischen Adelsfamilie, seine Vorfahren hatten hohe Ämter am Zarenhof oder in der Staatsverwaltung ausgeübt. Wasili Dmitrewski war Gouverneur von Stawropol während der blutigen Kaukasuskriege gewesen. Sein Sohn, Michail Wasiljewitsch Dmitrewski, wurde als Freund des Dichters Michail Ju. Lermontow (1814-1841) bekannt. Er lernte ihn 1837 in Tiflis kennen, wo er in der Zivilkanzlei des Oberkommandierenden für den Kaukasus diente. 1841 traf er ihn in Pjatigorsk wieder und gehörte dort zum engsten Kreis um den Dichter, trug ihm auch eigene Gedichte vor, die dieser sehr geschätzt haben soll. Im selben Jahr begleitete er ihn zu seinem für ihn tödlichen Duell. Darüber hinaus war er mit einem Kreis verbannter Teilnehmer des Dekabristen-Aufstandes von 1825 - namentlich mit Alexander A. Bestuschew (1797-1837) - eng befreundet. Der Vater des neuen Freiburger Studenten, Simeon Michailowitsch, hatte die diplomatische Laufbahn eingeschlagen und erhielt den Titel eines Kammerjunkers und Hofrates.
Bei Recherchen zu meinem Buch über das Leben einer Sintiza im Zusammenhang mit der Geschichte der Sinti stieß ich im Bundesarchiv auf ein Foto von Karl Müller, dem bedeutenden Freiburger Fotografen (1901-1980). Im Zentrum steht rechts ein freundlich, fast verlegen lächelnder deutscher Soldat, der möglicherweise gerade etwas zu seinem Gegenüber auf der
linken Seite sagt. Die Frau, mit der er spricht, hält ihm ihre Hand mit einer auffordernden Geste hin. Ein Armband schmückt ihren rechten Arm. Ihre Haare sind von einem Kopftuch verdeckt, unter dem noch eine Haarlocke hervorschaut. Sie trägt ein großes, reich verziertes Schultertuch. Hinter ihr steht eine Frau mit einem gleichartigen Kopftuch. Ihr Gesicht sieht man nicht, nur einen Ohrring und ein Hals- oder Schultertuch. Rechts im Bild schaut ein Kamerad mit Brille amüsiert zu. Etwas distanziert beobachten zwei junge Frauen die Szene. Sie wirken erwartungsvoll, wie der Soldat reagieren wird. Beide sind in einer Tracht gekleidet, die sich völlig von derjenigen der Frauen am linken Bildrand unterscheidet. Im Hintergrund steht ein Bub an einer Absperrung, auf die sich links dahinter ein großer Mann stützt. Die Absperrung zieht sich rings um einen Platz herum, Verzierungen hängen von oben herunter. Handelt es sich um einen Rummelplatz? Weiter hinten sind noch Häuser zu erblicken, teilweise mit einer Beschriftung angeschrieben, die aber nicht zu entziffern ist.
Am 10. April 1943 übersandte der Psychiater Gustav Ehrismann dem Oberstaatsanwalt beim Landgericht Mannheim, der eine Anklage gegen den Sinto Friedrich Spindler vor dem Sondergericht Mannheim vertrat, ein amtsärztliches Gutachten. Dieses wurde dem Urteil des Sondergerichtes zu Grunde gelegt und sollte noch weitere Folgen haben. Es stellt die einzige Verbindung
zwischen Spindler und Ehrismann dar und dient als Scharnier, um die Biografien der beiden zu rekonstruieren. Exemplarisch werden damit Einblicke in Lebensverhältnisse, Verstrickungen und gesellschaftliche Bedingungen im nationalsozialistischen Herrschaftssystem möglich.
Sehr geehrter Herr Professor Schreiber,
sehr geehrte Frau Schreiber, sehr geehrter
Herr Landrat Dr. Michel, sehr geehrte Herren
Bürgermeister, sehr geehrte Damen und
Herren,
mein Vortrag heute über „Problematik und
Möglichkeiten zur Offenhaltung der Landschaft“
ist zugleich Anlass, einem Referenten
dieser Veranstaltung, Herrn Prof. Schreiber, im
Auftrag des Bundespräsidenten Prof. Horst
Köhler, das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens
der Bundesrepublik Deutschland
zu überreichen.
Die Furcht vor Holzmangel hat die Forstwirtschaft notwendig gemacht. Das Holz als
wichtigstes Baumaterial, als Werkstoff
sowie als Brennmaterial war örtlich mit dem
Anstieg der Bevölkerung knapp geworden,
auch wenn es Gewerbe gab, die dem
Brennstoff Holz nachgewandert sind wie
die Köhler und Glasmacher. Das Holz war
früher auf größere Strecken kaum zu transportieren, es sei denn, dass Bäche oder
Flüsse zum Flößen zur Verfügung standen.
Vor allem die transportgünstigen Waldteile
waren übernutzt und die ortsnahen Wälder
durch Waldweide und Streunutzung verarmt. Und dabei hatte Eppingen, am Rande
des fruchtbaren, aber waldarmen Kraichgaus gelegen, das Glück, einen relativ großen Wald zu besitzen. Diesen galt es zu
verteidigen und zu erhalten, denn Wünsche, noch mehr zu roden, wurden immer
wieder an die Stadtväter herangetragen.
Nationale und militärische Symbole spielten in der Gesellschaft des Kaiserreichs bereits nach den Befreiungskriegen (1813/15), spätestens jedoch nach der Reichsgründung 1871 eine große Rolle. Kaiserbüste oder -bild, Kriegsspielzeug und Andenken an die Militärzeit gab es in vielen Haushalten. Der Erste Weltkrieg verstärkte diese Tendenz. Andenkenartikel in Form von Gedenkblättern, Münzen, Schmuck und Geschirr wurden massenhaft produziert und verkauft. Fast alle deutschen Steingut- und Porzellanmanufakturen beteiligten sich an diesem Hype. Wandteller, Sammeltassen und Vasen mit patriotischen Sprüchen und Dekoren, Kriegsmotiven und Durchhalteparolen sowie figürliche Keramik in Form von Infanteristen und Dragonern halfen, den Inlandsmarkt zu mobilisieren und den infolge des Krieges reduzierten Auslandsumsatz zu kompensieren. Mit ihrer Hilfe sollte kommenden Generationen der "Geist der großen Zeit" veranschaulicht und im Volk die patriotische Gesinnung gefestigt werden. Gleichzeitig dienten diese Erinnerungsstücke als Bindeglied zwischen Front und Heimat, und ihr Kauf wurde in der Bevölkerung als moralische Unterstützung der Soldaten verstanden.
Heimische Orchideen
(2001)
Die Farbenpracht und die bizarre Gestalt der heimischen Orchideen betören das Auge. Nur wenige Pflanzen können sich mit der Farbenpracht und den reizvollen Formen der heimischen Orchideen messen. Meine erste Begegnung mit Ragwurzarten, die in Bretten leider nicht blühen, werde ich nie vergessen. Weltweit gibt es etwa 700 Gattungen von Orchideen mit ca. 25.000 bis 30.000 Arten mit Schwerpunkt in den Tropen. In Europa gibt es etwa 200 Arten von Orchideen. Die meisten haben die Eiszeit im Mittelmeerraum überstanden. Ca. 60 Arten haben den Sprung über die Alpen wieder geschafft. In Deutschland gibt es ca. 35 Arten. Auf der Gemarkung Bretten und Gondelsheim haben wir 12 Orchideenarten gefunden.
Heiße, mitunter trockene Sommer, kalte Winter und eine große Frosthäufigkeit –
die Vegetation auf der Baar ist vielen klimatischen Extremen ausgesetzt und dokumentiert in der Funktion als Bio-Indikator gleichzeitig Klimaveränderungen auf
regionaler Ebene. In ihrer Phänologie werden die wiederkehrenden Wachstumsphasen der Pflanzen im jahreszeitlichen Verlauf beschrieben und Trends prognostiziert. Ändern sich die klimatischen Rahmenbedingungen, passt sich die Vegetation
in ihrer jahreszeitlichen Entwicklung an. Inwieweit zeigen sich diese Veränderungen in den phänologischen Jahreszeiten der letzten Jahrzehnte auf der Baar vor dem
Hintergrund der globalen Klimaänderungen, die auch in der Region zu beobachten
sind.
Villa Alwind
(2011)
Eine der schönsten und größten Villen am Lindauer Bodenseeufer ist Alwind. Fährt
man auf dem Schiff zwischen Lindau und Wasserburg dem baumreichen Uferendang,
so zieht überraschend eine barock anmutende Gartenanlage den Blick auf sich, deren
Terrassen zu einem hochgelegenen imposanten Gebäude aufsteigen. Es ist Schloss oder
Villa Alwind.
Die Villa verdient nicht nur als kunsthistorisch interessantes Objekt und Denkmal eine eingehende Betrachtung, sondern auch ihrer wechselvollen Geschichte und der
Besitzer wegen, die hier gelebt, gebaut und umgebaut haben. Je nach
Bedürfnissen und Interessen wurde
das Anwesen verschiedenartig genutzt und entsprechend verändert
und geprägt. Die vorliegende Betrachtung beginnt nicht beim heutigen Zustand, sondern führt zunächst zu den Anfängen zurück.
Im Landschaftsschutzgebiet zwischen Lindau und Bregenz steht an der alten
Landstraße ein auffallendes, altertümliches Gebäude, dem eine erst kürzlich erfolgte
Verjüngungskur deutlich anzusehen ist. Es handelt sich um die Villa Leuchtenberg, eine
der bemerkenswertesten Villen am bayerischen Ufer des Bodensees. Sie verdient nicht
nur als bauhistorisches und gartenhistorisches Dokument besonderes Interesse, sondern auch als historisches Zeugnis, in dem Familiengeschichte, Industriegeschichte und
Kulturgeschichte ineinandergreifen. Sie ist der Brennpunkt eines Bezugsgeflechts, das
weit über den engeren regionalen in einen überregionalen Rahmen reicht.
Ein unbekannter Gartenplan
(2019)
Während einer Recherche im Fürstlich Quadt’schen Archiv in Isny stieß ich vor
einigen Jahren auf einen aufgerollten Gartenplan, der zwischen zahlreichen anderen verstaubten Rollen in einem Wandregal lagerte.[1]
Beim Öffnen der Rolle fiel sofort die große
Qualität der kolorierten Federzeichnung ins Auge, dann aber zur großen Überraschung
auch diese Signatur: Entworfen und gezeichnet von M. F. Weyhe aus Düsseldorf. Wie sich zeigen
sollte, war es ein beachtenswerter Fund, denn der Urheber des Plans war kein Unbekannter, sondern der angesehene Gartenkünstler Maximilian Friedrich Weyhe (Bonn 1775–
1846 Düsseldorf ), der Plan aber ein unbekanntes Werk, das aus unerfindlichen Gründen
vor mehr oder weniger als zweihundert Jahren in der Versenkung verschwunden und nur
durch den oben erwähnten glücklichen Zufall wieder ans Tageslicht gelangt ist.
Ornamentierte mittelalterliche Bodenfliesen stellen eine Kunstgattung dar, die in unserem Raum erst seit wenigen Jahrzehnten kunsthistorische Beachtung findet. In manchem Museum waren solche Fliesen zwar schon früher, dann meist komplett und gut erhalten, als dekorative Ausstellungsobjekte zu finden, wer jedoch einen engeren Bezug zu seiner Heimat und deren Geschichte hat, sollte wissen, dass bei Grabarbeiten innerhalb oder in der Umgebung mittelalterlicher Klöster und Kirchen, Burgen und auch Bürgerhäusern im dort lagernden historischen Schutt oder Abfall neben ganzen Fliesen oft recht unscheinbare Bruchstücke solcher Bodenfliesen zum Vorschein kommen können, die dann leider meist unbeachtet bleiben.
Auch kleinste Bruchstücke lassen sich manchmal auf Grund ihrer Ornamentreste bereits bekannten Fliesentypen zuordnen, so dass ganze längst nicht mehr existierende historische Fußböden zeichnerisch rekonstruiert werden können, die dadurch für uns zu Zeugen der einstigen Ausschmückung der betreffenden Gebäude werden.
Der Wunsch, eine unserer Zeit gemäße Nutzung in einem Altbau unterzubringen,
erfordert Sanierungsmaßnahmen, die in vielen Fällen zum Totalverlust von alter
Bausubstanz und auch von Bodenschichten im Fundamentbereich führen. Material,
das als Ausfüllung in Decken, Gewölbezwickeln und im Fundamentbereich eines
Gebäudes liegt (Abb. 1 ), gilt landläufig als wertloser Schutt, wird entfernt und
abgefahren, und geht damit für Untersuchungen endgültig verloren. Ein Beispiel
soll dazu anregen, solche Verfüllungen in oder um zu sanierende ältere Bauwerke
höher zu achten und ihren Inhalt, wenn die betreffenden historischen Schichten
schon nicht an Ort und Stelle verbleiben können, zu bergen, zu untersuchen und
dadurch zukünftigen Generationen wenigstens als Dokumentation zu überliefern.
Im Verlauf von Bau-, Umbau- oder Abrissmaßnahmen finden sich in den Kellern
älterer Gebäude hin und wieder im Kellerboden eingegrabene Tongefäße - allerdings
verständlicherweise nur dort, wo alte gestampfte Lehm-Kellerböden noch
nicht durch Betonböden ersetzt wurden.
Kurt Sartorius aus Bönnigheim wurde bereits 1984 beim Abbruch von Häusern in
Zabergäudörfern auf solche in Kellerböden eingegrabene, meist mit Deckeln verschlossene
Tongefäße aufmerksam. Inzwischen sind weit über 100 solche Fundstellen
in Baden-Württemberg bekannt geworden. Im Bad Rappenauer Ortszentrum
kamen 1979 beim Abbruch einer Scheune der ehemaligen Bäckerei Zimmermann
drei eingegrabene ungebrauchte Töpfe zu Tage; einer davon war mit einem umgedrehten
Deckel verschlossen (Abb. 1). Zwei der wahrscheinlich aus dem 16./17.
Jahrhundert stammenden Töpfe waren wegen ihrer beim Brennen verdorbenen,
porös und rauh gewordenen Innenglasur zum Kochen nicht zu gebrauchen. 1987
wurde beim Abbruch eines Hauses in Wollenberg ein ebenfalls mit Deckel verschlossener
Topf (Abb. 2) im Boden eingegraben gefunden.
Als „Anekdote", die als „Beitrag zur Geschichte der deutschen Bühne angemerkt zu werden verdient", bezeichnete 1781 ein
anonymer Autor ein Ereignis aus Schiltach, ,,einem kleinen wirtembergischen Städtchen auf dem Schwarzwald": Bald nach
dem Dreißigjährigen Krieg hätten die dortigen Bürger „ein Schauspiel aufgeführt, und solches gleichsam unter ihre Privilegien, oder wenigstens unter ihre alte ehrbare Gewohnheiten [ ... ] gezält." Zum Beweis fügte der Autor fünf Aktenstücke aus
dem Jahr 1654 bei, deren Herkunft er zwar verschweigt, die er jedoch im herzoglichen Archiv in Stuttgart (heute: Hauptstaatsarchiv) gefunden haben muss, wo sie bis heute verwahrt werden.
Von den Denkmälern im öffentlichen Raum und den in einigen Familien noch aufbewahrten Andenken abgesehen, sind nach einem Jahrhundert die Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg verblasst. Wie man den damals in eine lange Friedenszeit
einbrechenden Krieg „in der Heimat" erlebte, sich zu ihm verhielt und ihn zu bewältigen suchte, soll am Beipiel des Städtchens Schiltach und der bäuerlichen Nachbargemeinde Lehengericht untersucht werden. Und dies anhand der öffentlichen
Wahrnehmung und Beeinflussung, wofür die Zeitung das tägliche Sprachrohr war. Grundlage ist der im Amtsbezirk Wolfach
verbreitete „Kinzigtäler", der auch aus Schiltach und Lehengericht (1910: 1902 bzw. 862 Einw.) berichtete.
Obwohl Andreas Morgenstern erstmals das Thema „Kriegsende und Neubeginn“ 1918/19 in Schiltach behandelt, mit neuen
Quellen zur Existenz eines „Arbeiter- und Volksrats“, soll die Darstellung hier hinterfragt werden. Sie, die sich als „beispielhafter Blick“ in die badische „Provinz“ versteht, wartet nicht nur mit überraschenden Thesen zur Kriegswahrnehmung und zur Tätigkeit des „Volksrats“ auf, sondern zieht auch eine „Bilanz“, die äußerst pessimistisch erscheint: Dass in dem
2000-Einwohner-Städtchen „die Fundamente der Demokratie sich […] brüchig gestalteten“; dass „die Zahl ihrer aktiven Unterstützer hier wie anderswo gering (war)“; dass „Gleichgültigkeit bis hin zur Ablehnung bei einem bedeutenden Teil der
Bevölkerung gedeihen (konnte)“. Diese Aussagen erinnern an den Slogan der „Republik ohne Republikaner“, wofür Schiltach
nun offenbar ein „Beispiel“ sein soll.
In seinem Aufsatz „Die Geschichte der Schiltacher Schifferschaft" zitierte der Heimatforscher Hermann Fautz (1898-1979) aus einem Brief des Schiffers Adolf Christoph Trautwein vom 27. Juli 1871, den ihm der Sägewerksbesitzer Gottlieb Wagner (1889-1964), ein Enkel Trautweins, überlassen hatte. Aus dessen Nachlass kam aufgrund glücklicher Umstände nun das Original des verloren geglaubten, auf blauem Papier verfassten, vierseitigen Briefs zutage, der aufgrund seines dokumentarischen Gehalts lokal-, wirtschafts- und allgemeingeschichtlich von hohem Interesse ist. Um ihn als Zeitdokument zu erschließen, soll er hier, unter Wahrung seines persönlichen Charakters, mit den wichtigsten Erläuterungen ediert werden.
Der Investiturstreit fand gerade in Schwaben seinen Ausdruck in offenem
Kampf. Die süddeutschen Fürsten und mit ihnen der Großteil des übrigen
Adels standen an der Spitze oder auf der Seite der Opposition gegen Heinrich
IV. Neben dem antiköniglich gesinnten Adel fanden die gregorianischen Kräfte
ihre Hauptstütze in einer wachsenden Zahl neu entstehender Klöster.[...]In diesen Rahmen muß auch die Stiftung des Klosters Alpirsbach im Schwarzwald
gestellt werden, das zu den von Berthold von Zwiefalten genannten Klöstern
gehört.
Das vielberichtete Auftreten des leibhaftigen Teufels 1533 in Schiltach, gefolgt von einem katastrophalen Stadtbrand und
der Hinrichtung einer „Hexe", beschäftigte die Menschen über das 16. Jahrhundert hinaus. Nicht nur, dass der „Teufel von
Schiltach" redensartlich wurde, den man zitierte, ,,so man von einer erschrockenlichen Tat sagen will". Auch verschiedenste
Autoren griffen den Fall auf: Verfasser von „Neuen Zeitungen" und Wunderzeichenbüchern, Chronisten, Theologen, nicht
zuletzt Dämonologen, die Befürworter der Hexenlehre, für die er ein gut verbürgtes Exempel des Wirkens des Bösen war. Im
19. Jahrhundert historisiert, wurde er zur Spukgeschichte aus alter Zeit, der sich Sagensammler, Literaten, Künstler, Schöpfer
von Fasnachtsmasken, schließlich auch Geschichts- und Hexenforscher annahmen.
Matthäus Hermann exhumiert seinen 1941 in Russland gefallenen Sohn und überführt ihn nach Schiltach
(2020)
Als vielleicht einmalige, persönliche Selbstausführung eines kleinen und unbekannten Menschen während des Kriegs 1939/45 bezeichnete der in Radolfzell lebende Bahnbeamte Matthäus Hermann (1896–1969) eine 1941 getätigte Aktion: Die Heimüberführung des Leichnams seines beim sog. „Russlandfeldzug“ gefallenen Sohnes Ernst. Von einigen Berufskollegen gebeten beschrieb er sie 1963 in einer 17-seitigen Abhandlung unter dem Titel Ein dunkler Ausschnitt aus meinem Leben!. Zugehörige Fotos sind leider nicht erhalten, sodass die Ereignisse in Russland durch Aufnahmen bebildert sind, die der aus Schiltach stammende Franz Bächle (1913–2000) als Wehrmachtssoldat dort 1942 gemacht hat.
„Bald fahr ih zue Wasser …“
(2020)
Im Besitz des Schiltacher Heimatforschers Julius Hauth (1899–1988) befand sich die Fotokopie eines handschriftlichen Blattes, überschrieben mit „Flößer-Schnadahüpfel“, über dessen Herkunft er keine Angaben hatte. Auf seiner maschinenschriftlichen Transkription vermerkte Hauth „Verfasser unbekannt“, auch zur Datierung machte er keine Angaben.
An der ehemaligen badisch-württembergischen Landesgrenze im oberen Kinzig- und Schiltachtal rumort noch immer eine
vor mehr als anderthalb Jahrhunderten getroffene verkehrspolitische Entscheidung, sowohl in den Köpfen wie in der lokalen Presse und Geschichtsschreibung. Es ging und geht um die günstigste Linienführung der vom Großherzogtum Baden in den 1860er Jahren geplanten Schwarzwaldbahn, genauer: wie sie aus dem Kinzigtal über das wie ein Sperrriegel ansteigende
Gebirge nach Villingen geführt werden sollte.
Im Jahr 1864 erreichte den Schiltacher Floßmeister Abraham
Koch (1815–1878) [1]
, der sein Handwerk auf der Schwarzwälder
Kinzig ausübte, ein Auftrag besonderer Art: Er sollte begutachten, ob die hier praktizierte Art der „Gestörflößerei“ auf die
Ybbs, einen Alpenfluss in Niederösterreich, übertragen werden
konnte. Auftraggeber waren die Holzhändler André & Götz
frères in Straßburg. Sie kannten Koch von der Kinzigflößerei,
deren Holz großteils dorthin verkauft wurde. [2]
Die Straßburger
hatten die Absicht, die bisherige k. k. Domäne Waidhofen zu
erwerben, aufgrund ihrer riesigen Wälder [3], die bisher kaum
verwertet wurden. Voraussetzung war ein sicherer Abtransport
der Stämme, wofür bei den schlechten
Straßen nur der Wasserweg infrage kam.
Während auf allen größeren Zuflüssen der oberen Kinzig - der Wolf, der Schiltach, der Kleinen Kinzig und sogar dem Heubach - seit der frühen Neuzeit eifrig geflößt wurde, ist die Gutach in Sachen Flößerei bisher nicht in Erscheinung getreten. Von ihr, immerhin der Kinzigzufluss mit dem zweitgrößten Einzugsbereich, heißt es lapidar, dass auf ihr „die Flößerei nicht möglich war." Dieser Sachstand erscheint wenig befriedigend, zumal bereits 1509 das „flossen" mit „denen von Homberg" in Verbindung gebracht wird: Damals schrieb Andreas Kötz, fürstenbergischer Vogt im Kinzigtal, seinem württembergischen Kollegen Ulrich Eckhart in Hornberg: Den Hornbergern würde auch nach dem Ende der offiziellen Floßzeit an Martini „kain flossen" durch das fürstenbergische Kinzigtal „abgeschlagen", zumal sie bei der damaligen Wasserknappheit lange genug „uff das wasser verziehen und gotzberait (hätten) warten" müssen. Belegt diese Nachricht Flößerei auf der Gutach für die Zeit um 1500, so scheint sie danach tatsächlich in Abgang gekommen zu sein. 1626 berichtete Untervogt Georg Schmidt von Hornberg dem Herzog Johann Friedrich von Württemberg, dass im Vergleich zu den Hornbergern die Schiltacher „ihr meist und größte Nahrung uff dem Holtzgewerb ligen haben"; diese seien „ wohl habhafft und vermöglich, darunder 3 oder 4 der vonehmbsten Bürger gewißlich habhaffter alß die ganze Hornberger Bürgerschafft." In Homberg stützte man sich wirtschaftlich vor allem auf den Fuhrverkehr durchs Gutachtal, der nicht so viel wie der Holzhandel und die Flößerei einbrachte, was die Schiltacher den Hornbergern mit der verächtlichen Bemerkung, sie seien „Barfüessische Bettler" auch deutlich zu verstehen gaben. So blickten Bürgermeister, Gericht und Rat der Stadt Homberg 1627 durchaus neidisch auf den „großen und starckhen Holtz- und Flotzhandel" der Schiltacher, ,,dergleichen sich die Hornberger nichzit zuegeniessen haben." Auf der anderen Seite nahm man in Schiltach in Anspruch, dass dieser Reichtum nicht von selber gekommen war, sondern „von den hartschaffend Holzgewerben herrührt", die ihr „fürnembster Nährpfennig" seien.
Der Schiltacher Lehrer Johann Höflin (t1892) hatte häufig Gelegenheit, ,,am Wirtstisch, im Familienkreis, bei Lichtgängen" von zwei Gaunern erzählen zu hören: ,,Welche Gespanntheit bemerkt man da an den Gesichtern der Zuhörer! Mit welcher
Aufmerksamkeit hängen ihre Augen an den Lippen des Erzählers!" 1881 sammelte er, was er dazu auf dem Rathaus an Akten
finden konnte, in seinen „Beiträgen zur Geschichte der Stadt Schiltach". Dabei war ihm ein Anliegen, ,,die Unsicherheit der
damaligen Zeit" mit dem „hohen Wert der heutigen Zustände" zu vergleichen, in denen „Humanität, Sicherheit des Eigentums, Arbeitsamkeit der Bevölkerung, geordnetes Staatswesen" solche Vorkommnisse unmöglich machten.
Für den Hohenheimer Forstwissenschaftler Wilhelm Heinrich
von Gwinner (1801-1866) gehörte es zur Praxis, mit seinen Studenten auf Exkursion zu gehen. Dabei fertigten die „Forstkandidaten" Protokolle an, die publiziert wurden, wie die einer Exkursion in den nördlichen und mittleren Schwarzwald im Jahr 1832,
bei der sie auch die Flößerei beobachteten. [1] 1838 ging eine „neuere forstliche Reise" nach Oberschwaben, in den Bregenzer Wald
und Konstanz, wo die Gruppe am 24. Juni das Dampfboot „Helvetia" nach Schaffhausen bestieg und sich von einem mitreisenden Holzhändler berichten ließ:[2]
Als „Aufbruch ins Badnerland“ wird die Wende des jungen Malers Wilhelm Hasemann bezeichnet, die er 1880 seinem Leben gab: 1850 in Mühlberg an der Elbe geboren und dort aufgewachsen, wurde er 1866 zum Studium an der Königlichen
Akademie der Künste in Berlin zugelassen, deren Abgangszeugnis mit „Prämie“ er 1872 erhielt. Er wechselte an die Großherzoglich-Sächsische Kunstschule in Weimar (bis 1879), um dann als Illustrator nach München zu gehen. Dort erreichte ihn eine Anfrage für die Bebilderung einer Prachtausgabe der Novelle „Die Frau Professorin“ des viel gelesenen Schriftstellers Berthold Auerbach (1812–1882), Begründer des literarischen Genres der Dorfgeschichte. Nach Übersendung der Probearbeiten empfahl Auerbach zum Kennenlernen der Landschaft und der Menschen Hasemann einen Aufenthalt „in dem an der Eisenbahn gelegenen Schwarzwald-Dorf Guttach (bei Hornberg)“: „Auf Schritt und Tritt werden Sie Malerisches finden“. Im April 1880 traf er hier ein und begann gleich, die Landschaft und die trachtentragenden Bewohner zu skizzieren und sich wohlzufühlen: „Es ist aber auch wunderschön hier im Schwarzwalde […] Habe ich in den Bauernstuben gezeichnet […] Ebenso interessant ist die hiesige Tracht“.
Europäische Lehrkräfte werden sich in den nächsten Jahren gestiegenen Anforderungen stellen müssen, denn „zur Unterstützung europäischen Bewusstseins und des gegenseitigen Verstehens (ist) eine stärkere Ausrichtung des
Unterrichts unserer Schulen auf die Gemeinsamkeiten in der europäischen Kultur sehr wichtig.“ Die Lehrkräfte von morgen werden unter anderem vor die Aufgabe gestellt werden, sich als Vermittler zwischen den Kulturen zu begreifen, ihre Schüler zu Offenheit und Toleranz für andere Kulturen zu führen, kurz interkulturelle Kompetenz zu vermitteln. Grundlage der Verwirklichung der europäischen Einheit ist allerdings nicht nur die interkulturelle, sondern auch die sprachliche Kompetenz der Bewohner Europas, denn zur „transnationalen Kommunikationsfähigkeit“ gehört auch die Mehrsprachigkeit als „konstitutioneller Teil unserer multikulturellen Gegenwart und Zukunft“.
Im Rahmen eines Forschungsprojektes zum Einfluss der Beweidung auf die Flora und Fauna der Alpe Einödsberg in den Allgäuer Alpen wurden zwischen 2003 und 2008 die Laufkäfer (Coleoptera: Carabidae) untersucht. Es handelt sich dabei um die intensivsten Aufsammlungen mittels Bodenfallen in den Bayerischen Alpen. Im Rahmen des sechsjährigen Projektes wurden fast 40.000 Individuen von 65 Arten bestimmt. In diesem Artikel wird eine kommentierte Artenliste vorgestellt sowie die festgestellten Zönosen und die Phänologie der Arten diskutiert. Dabei entsprechen die phänologischen Daten mit einer ausgeprägten Frühjahrsaktivität nach der Schneeschmelze den Erwartungen für Hochgebirgsstandorte. Bei den festgestellten Arten und Zönosen konnten zum einen mehrere Arten in ungewöhnlicher Höhe nachgewiesen werden. Des weiteren zeigt
sich, dass die Trennung in Arten des Offenlandes und Waldarten für Gebirgsstandorte wenig sinnvoll ist und andere Faktoren, z.B. das Mikroklima, für die Präsenz oder Absenz von Arten bestimmend sind.
Eines der bemerkenswertesten Charakteristika spätmittelalterlicher oberdeutscher Reichsstädte ist ihre Neigung, Bündnisse zu errichten. Nirgendwo ist diese Neigung offensichtlicher als im Elsass. Schon im frühen 14. Jahrhundert beherbergte dieser eng und dicht verstädterte Landstreifen zwischen Vogesen und linkem Rheinufer eine der zahlreichsten und konzentriertesten Reichsstädteansammlungen im ganzen Heiligen Römischen Reich. Im späten Mittelalter wurden ständig Bündnisse von längerer oder kürzerer Dauer zwischen diesen zahlreichen unabhängigen städtischen Einheiten geschaffen und erneuert.
Manchmal umfassten solche Bündnisse nur zwei Reichsstädte, aber zeitweise waren sie umfassender, sodass viele Mächte sogenannten „Städtebünden“ angehörten. Der berühmteste und dauerhafteste davon war der aus zehn elsässischen Reichsstädten zusammengesetzte Bund, den man später la Décapole nannte. Er bestand von 1354 bis 1679 mit gewissen Unterbrechungen und Mitgliedschaftswechseln. Obwohl die zwei Freien Städte Straßburg und Basel, die Metropolen am Nord- und Südende des elsässischen Korridors, dem Zehnstädtebund nicht angehörten, wurden sie zwischen den 13. und 16. Jahrhunderten immer wieder ihrer politischen und geschäftlichen Interessen wegen in verschiedene andere
Bündnisnetzwerke hineingezogen.
Im Juli 2012 erschien ein „Kirchenführer der Pfarrkirche St. Jakobus Schutterwald". Herausgeber war das Katholische Pfarramt Schutterwald. Die Recherchen und Texte sind von Horst Heitz. In diesem kleinen hervorragend gestalteten Kirchenführer mit Farbfotos des Schutterwälder Fotografen Hubert Braxmeier wird erwähnt, dass der Baumeister der Schutterwälder Kirche die in der Zeit von 1784 bis 1786 erbaut wurde, ein Vorarlberger Architekt namens Joseph Hirspihl war, der auch Bürger von Schutterwald gewesen sein soll, was schon etwas außergewöhnlich ist. Es ist meines Wissens das erste Mal, dass der Name des Erbauers der hiesigen Kirche St. Jakobus überhaupt erwähnt wird. Bisher war nur bekannt, dass die Kirche von Schutterwald von einem Vorarlberger Baumeister erbaut wurde. In keiner Veröffentlichung über die Schutterwälder Barockkirche ist der Name des Joseph Hirschbühl vorher jemals aufgetaucht.
Beim dritten Landtag, 1822, war das Ständehaus noch nicht fertig und die Karlsruher Museumsgesellschaft gab den Volksvertretern Herberge. Sie lehnten aber hier das Kriegsbudget ab, obwohl es nur etwas über eine und eine halbe Million Gulden betrug. Heute ist die Sorte bürgerlicher Abgeordneten, die so was ablehnen, längst ausgestorben. Dafür versagte der Großherzog allen von dem oppositionellen Landtag beschlossenen Gesetzen seine Sanktion, und man trennte sich in voller Disharmonie. Erst am 24. Februar 1825 – Mirabeau-Liebenstein war indes geheimer Referändär in Karlsruhe geworden und tagte schon zwei Jahre nicht mehr mit – wurde das eigene Ständehaus für den Landtag eröffnet, ein Haus, in welchem in den zwanziger, dreißiger und vierziger Jahren tapfer gestritten wurde um Volksfreiheit, und das viele bedeutende Männer aus- und eingehen sah in dem halben Jahrhundert seines Bestehens.
Das vergangene Jahr 2018 war ein Jahr der Erinnerung an das Ende des Ersten Weltkrieges, „La Grande Guerre“ der Franzosen. In vielen Veranstaltungen, in Beiträgen in Zeitungen und in spezieller Literatur wurde insbesondere an die
Ereignisse vom November 1918 in Deutschland erinnert, die durch die Ergebnisse der neueren historischen Forschung in ein neues Licht gerückt wurden, besonders im Blick auf ihre Bedeutung für die politische Entwicklung unseres Vaterlandes bis in unsere Tage. Dabei konnte leicht der Eindruck einer Sicht von oben auf die Ereignisse aufkommen. Denn in der Tat waren es im November 1918 und in den folgenden Monaten dramatische Ereignisse, die zunächst mit großer Geschichte und großen Namen in Erinnerung sind: nach über sechs Jahrhunderten war das einstmals große und gewaltige Osmanische Reich Geschichte geworden, das jahrhundertealte zaristische Russland verschwand von der Weltbühne, ebenso die ehemals glorreiche österreichisch-ungarische Doppelmonarchie, wie auch das kaiserliche Deutschland. Neue Staaten entstanden, andere erlebten eine Wiedergeburt: die Tschechoslowakei, die baltischen Staaten, Polen. In Deutschland brach die Revolution aus, es wurde geschossen, „alle Macht den Räten“ hieß eine Parole, rote Fahnen wehten in Berlin auf dem
Reichstag, auf dem Brandenburger Tor und auf dem Berliner Schloss. Die Republik wurde ausgerufen, dazu gleich zweimal.
Höchst unterschiedliche Namen, von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, von Philipp Scheidemann bis Prinz Max von Baden, sind in die Geschichte eingegangen.
Es war ein glücklicher Fund wider das Vergessen: ein Aktenfaszikel aus 147 Blättern, mit einer groben Schnur zusammengeheftet, die Seiten eng beschrieben mit Schreibmaschine und
einer sehr schönen und regelmäßigen, gleichwohl oft nicht
leicht lesbaren altdeutschen Schreibschrift. Über ein halbes
Jahrhundert lang hatte das Bündel im Schrank des katholischen Pfarrhauses in Schutterwald verborgen gelegen, und
nachdem ein neuer Pfarrer eingezogen war, bewahrte es nur
die glückliche Aufmerksamkeit eines Fußgängers vor der Vernichtung und dem endgültigen Vergessen auf einem Haufen
Sperrmüll am Straßenrand. Schließlich waren die Blätter über
einige merkwürdige Umwege auf mich gekommen.
Venustempel
(2011)
2010 wurde im Kunsthandel ein druckgraphisches Werk angeboten, das den Titel »Venustempel« trägt. Auf den Bildtext wird wie folgt eingegangen: »Temple en l'Honneur de la Deesse Venus« sowie bez. »Decoration en relief qui a ete executee a Rome en 1747 a l'occasion de la ceremonie de l'hommage que le Royaume de Naples rend au St. Siege«, wohl Darstellung der architektonischen Rekonstruktion eines Venustempels in Rom nach dem antiken Vorbild in Tivoli, nach einem Gemälde
von Claude Lorrain (1600-1682).
Kriegsende in Konstanz
(2000)
Gestützt auf sein Tagebuch, das er als Konstanzer Schüler zumeist auf lateinisch führte und mit Zeitungsausschnitten u. a. von Wehrmachtsberichten versah, sowie auf seine Erfahrungen im 3. Reich und in der Nachkriegszeit, schrieb Manfred Hanloser um 1985 seine Erinnerungen. Im Zusammenhang mit meinem Artikel über seine Fotos von der kampflosen Einnahme seiner Geburtsstadt erklärte er sich bereit, einen Auszug aus seinen persönlichen Notizen erstmals zu veröffentlichen. (Werner Klipfel)
Interniert in Kislau
(2019)
Weder die deutsche Öffentlichkeit noch die Geschichtswissenschaft beschäftigte sich nach Ende des „Dritten Reiches“ mit dem Schicksal der Menschen, die im Nationalsozialismus als „Asoziale“ verfolgt wurden. Noch weniger bekannt ist, dass sich deren Stigmatisierung und Ausgrenzung nicht auf die Zeit zwischen 1933 und 1945 begrenzte, sondern bereits im Kaiserreich praktiziert wurde und auch in der Bundesrepublik weiter anhielt. Die Betroffenen – insbesondere Menschen ohne festen Wohnsitz – waren noch Jahrzehnte nach Kriegsende mit Ressentiments und Kriminalitätszuschreibungen konfrontiert. Da sie nicht als Opfer „rassischer Verfolgung“ anerkannt wurden, hatten sie keine Ansprüche auf finanzielle Entschädigung für das erlebte Leid. Die Forschung lenkte ihren Blick erstmals und auch nur vereinzelt in den 1980er-Jahren auf das Schicksal der als „asozial“ Stigmatisierten. Dies geschah im Zuge der generellen Entdeckung sogenannter „vergessener Opfer“, die sich nach Kriegsende nicht in Opferverbänden zusammengeschlossen hatten und daher kaum öffentlich wahrgenommen wurden. Mittlerweile sind viele der „vergessenen Opfer“ anerkannt worden, wie die Homosexuellen, Sinti und Roma, Zwangssterilisierte oder sowjetische Zwangsarbeiter, allerdings fehlen bis heute die „Asozialen“. Als „asozial“ abgestempelte Personen wurden in nationalsozialistische Konzentrationslager eingewiesen – meist versehen mit dem schwarzen oder grünen Winkel – und dort zu Tausenden ermordet, aber auch in reichsweit existierenden Arbeitshäusern interniert. Darunter befand sich ein badisches Arbeitshaus, das auf dem Gelände des Schlosses Kislau bei Mingolsheim (heute Bad Schönborn) untergebracht war.
The beetle fauna of soil and litter in Amazon forest eco-systems was studied by means of Berlese-Tullgren extractions, at 8
sampling dates during 2 years in four experimental plots (one in primary forest, one in secondary forest and two polyculture
plots) of the Embrapa Amazonia Ocidental research centre near Manaus (Brazil). Beetle individuals were found in 99 % of
the extracted litter and soil cores. In total, we recorded 47 beetle families, of which 12 contributed to more than 90% of
the total individual numbers and beetle biomass, respectively. Most individuals recorded were very small averaging less than
2 mm body length. The total number of predator families was low (6 families, 13 %), when compared to that of the decomposers (29 families, 62 %). Only one family was considered herbivorous (Chrysomelidae, 2 %). 28 % of the decomposer families, but 67 % of the predator families ranged among the 12 most abundant beetle families. Among the 12 dominant beetle families the carnivorous Scydmaenidae, Staphylinidae, Carabidae and Pselaphidae represented 51 % of the abundance and 41 % of the biomass. In comparison to other macroarthropods (Chilopoda, Formicidae, Isoptera, Diplopoda)
the contribution of Coleoptera to the total of individual numbers or faunal biomass was rather small. We conclude that
although diversity of the soil dwelling beetles seems to be high, their total contribution to nutrient cycling may be of minor
importance.
1596 in der Ortenau. Katharina Treyschneizler aus Ortenberg sagte aus, sie habe vom Teufel eine Gerte als Lohn dafür bekommen, dass sie „diesem zu Willen gewesen". Die beiden Pferde, die sie mit der Gerte geschlagen habe, seien kurz darauf eingegangen. Sie habe auch auf der Riethalde bei Rammersweier ein Unwetter gezaubert; dadurch seien die Trauben verdorrt. Niemandem kamen damals Zweifel, dass dies alles der Wahrheit entsprach. Mehr oder weniger identische Aussagen wurden auch in Friesland, Bayern oder der Eifel von den Gerichtsschreibern aufgezeichnet. Hexen, Unholde, Zauberer und Wettermacherinnen - für Generationen waren sie totale Existenzbedrohung. Krankheit, Tod, sieches Vieh und Missernten - alles Hexenwerk. Sie sagten Gott ab und trieben Unzucht mit dem Teufel, flogen zum Hexensabbat und töteten ungetaufte Säuglinge. Theologen und Juristen hatten die theoretischen Voraussetzungen für den Wahn geschaffen, das Volk sie dankbar aufgenommen.
152 Sorbus-Belege des Herbarium des Staatlichen Museums für Naturkunde Karlsruhe (KR) wurden ausgewertet. Die Sammlung enthält für Bayern und Baden-Württemberg bedeutende Mehlbeerennachweise. Für mindestens drei Arten (Sorbus dubronensis, S. seyboldiana, S. badensis) können Erstnachweise erbracht werden. Die Sammlung belegt, dass manche Mehlbeeren seit über 200 Jahren in Baden-Württemberg in Kultur gehalten werden.
„Republikanische Tugenden“
(2018)
Die im Jahr 1898 verfassten Lebenserinnerungen des Bezirksarztes Hugo Wolf
(1830–1900) aus Mosbach tragen den bezeichnend einschränkenden und im Anspruch
ausgesprochen bescheidenen Titel Einiges aus meinem Leben. Auf einleitende
Ausführungen über die Motive und die Ziele für die Niederschrift seiner
Erinnerungen verzichtet der Autor. Es finden sich keine Floskeln der Bescheidenheit
oder kokette Demutsadressen an den Leser, mit denen in Autobiografien
gerne eröffnet wird: Warum man zum Beispiel trotz eines eher schmucklosen
Lebens sich nun doch seinen Lebenserinnerungen gewidmet habe. Wolf bemüht
weder seine Kinder, denen er Wegweisendes für die Zukunft anvertrauen will.
Noch zielt er auf die Allgemeinheit, der die Lektüre der Erinnerungen in der zukünftigen
Gestaltung des gesellschaftlichen oder politischen Lebens zum Vorteil
gereichen könnte. Wolf reflektiert auch nicht über den Sinn oder die Grenzen
autobiografischen Schreibens. Sein Bericht bleibt nüchtern, er schreibt Geschehenes
– oder besser formuliert – Erinnertes auf. Und wie die Recherche ergibt:
zwar nicht immer, aber meist doch recht zuverlässig und genau.
Die Explosion, die sich am 21. September 1921 in Oppau ereignete, zählt zu den „schlimmsten Katastrophen der Industriegeschichte“ und wurde seinerzeit als „das größte Unglück“ in der Geschichte der chemischen Industrie bezeichnet. Trotz immenser weltweiter Aufmerksamkeit, die diesem dramatischen Ereignis entgegengebracht wurde, vermittelt die Forschungsliteratur den Eindruck, dass die Ursachen nie zuverlässig ergründet worden sind. So stellte noch 1990 der Historiker Joachim Radkau fest: „Die Ursachen der Explosion waren nur hypothetisch zu klären; ihre Erforschung blieb weitgehend eine Angelegenheit enger Experten-Kreise, und auch diese erklärten sich außerstande, einen Schuldigen auszumachen; die Öffentlichkeit scheint dies auch nicht einmal von ihnen erwartet zu haben“. Gleiches gilt auch für das Ausmaß der Schäden. Obwohl zeitgenössische Tageszeitungen unmittelbar von „schweren“ Gebäudeschäden und „ungeheuren Verwüstungen“ sprachen, wurden vorwiegend nur zur Gemeinde Oppau5, nicht aber etwa zu Mannheim konkrete Angaben veröffentlicht.
Der nachfolgende Beitrag möchte die Besiedlungsgeschichte der Baar aus der
Sicht der Namenkunde beleuchten, wobei die bisherigen Forschungsergebnisse
zusammenfassend dargelegt werden sollen. Das Spektrum erstreckt sich hierbei
in zeitlicher Hinsicht von der vorgermanisch-keltisch-römischen Zeit bis ins
beginnende Mittelalter, in namenkundlicher Hinsicht von den Hydronymen, den
Gewässernamen, über die Toponyme, die Orts- oder Siedlungsnamen, bis hin zu
den Mikrotoponymen, den Flur- und Bergnamen.
Mit Erscheinen des „Kleinen Dialektatlasses" (= KDA), erarbeitet vom Autorenteam H. Klausmann, K. Kunze und R. Schrambke im Jahre 1993, wurde erstmals ein vollständiger Überblick über das „Alemannische und Schwäbische in Baden-Württemberg" (so der Untertitel) gegeben. Die meisten der 88 Übersichts-, Laut- und Wortkarten mit über 200 Einzelgrenzlinien (= Isoglossen) beruhen auf den neuesten Sprachmaterialien des „Südwestdeutschen Sprachatlasses". Die über eine Million umfassenden Einzeldaten dieses von Dialektologen als SSA abgekürzten Kleinraumatlasses wurden in direkter Methode von geschulten Feldforschern (= Exploratoren) vor Ort erhoben und in einem speziell für das Alemannische entwickelten Umschriftsystem, dem sogenannten Teuthonista-Transkriptionssystem niedergeschrieben. Der SSA wurde seit 1974 am Arbeitsbereich für Geschichtliche Landeskunde und Badisches Wörterbuch der Universität
Freiburg i. Br. vorbereitet und erscheint seit 1989 in Lieferungen a 50 Karten. Der „Kleine Dialektatlas" faßt nun bereits wichtige Ergebnisse seines ,großen Bruders' zusammen und stellt sie übersichtlich und für mundartinteressierte Laien anschaulich dar. Der nachfolgende Aufsatz über die Mundarten des Schwarzwaldes beruft sich in weiten Teilen auf diesem
vom Alemannischen Institut herausgegebenen Atlas. Bei der Beschreibung der wichtigsten Mundartgrenzen wird auf dessen zahlreiche Karten verwiesen. So bedeutet z.B. die Abkürzung KDA 31, daß die gerade besprochene Mundarterscheinung auf dieser Karte im „Kleinen Dialektatlas" zu finden ist. Die Kurzform z.B. SSA Il/20.00 verweist auf die bereits erschienenen
Karten des „Südwestdeutschen Sprachatlasses".