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Die Landschaft der Oberrheinaue und ihre
Auewälder haben seit dem 30-jährigen Krieg
bewegte Zeiten erlebt, über die wenig bekannt
ist. Allgemein wird angenommen, die Rheinaue
sei bis zur Korrektion des Flusses durch
den badischen Ingenieur Tulla unzugänglich,
versumpft, häufig überschwemmt und weitgehend
untauglich für die Landnutzung gewesen.
Deshalb hätten sich auch bis ins 19. Jahrhundert
urwaldartige Weichholz- und Eichen-
Ulmenwälder halten können, die großflächig
bei der Flusskorrektion vernichtet wurden.
Eingehende Untersuchungen der Forstlichen
Versuchsanstalt in Freiburg haben hierzu neue
Erkenntnisse gebracht, über die berichtet wird.
Die historische Landschaftsentwicklung der
deutsch-französischen Oberrheinaue zwischen
Basel und Karlsruhe und die Landschaftsentwicklung
der Oberrheinaue zwischen Karlsruhe
und Mainz sind an zahlreichen Rheinabschnitten
untersucht.
In der bisherigen Betrachtung galt die Rheinaue als ein vom Fluss geprägter Landschaftsteil
des Rheintales, der sehr spät erst durch den Menschen grundlegend verändert wurde. Bilder aus
dem 19. Jahrhundert wie da Gemälde von Peter Birmann, einem Basler Landschaftsmaler, zeigen den Rhein zwischen Istein und Basel als weitgehend unberührte Naturlandschaft.
Von solchen Bildern ausgehend hält ich auch in der regionalen Sichtweise die Vorstellung von
der Naturaue Rhein von urwaldähnlichen Auewäldern, von unzugänglichen ungenutzten Inseln und Uferbereichen. Besonders im Naturschutz und in Teilen der Bevölkerung am Rhein
wird diese Vorstellung aufrechterhalten. Dabei gibt es für das frühe 19. Jahrhundert aus zeitgenössischer Betrachtungsweise Dokumente der Landschaftsmalerei, die zeigen, dass die
Landschaft der Rheinaue frei von Urwäldern war und ganz anders ausgesehen hat als Peter Birmann sie in romantischer Verklärung inszeniert und überliefert hat.
Der Kulturwald als Basis
(2019)
Die frühe Inanspruchnahme des Naturwaldes durch Menschen in Mitteleuropa ist in der Historie, im Naturschutz und im Forstwesen nicht gegenwärtig. Dort heißt es noch, eine erste schwächere Umgestaltung der Natur beginnt in der Baar
um 800 vor Christus, im Schwarzwald 1000 Jahre später um 800 nach Christus. Weiter gilt, die Römerzeit hätte den Schwarzwald nicht wesentlich durch Nutzung verändert; dies sei erst mit der Aufsiedlung durch die Klöster im Mittelalter
erfolgt. Demgegenüber belegen neuere Forschungen, dass der Übergang vom Naturwald zum Kulturwald im Nordschwarzwald etwa um 1200 vor Christus einsetzt. In der Keltenzeit (600–50 v. Chr.) hat der Nordschwarzwald bereits 30 bis 40 Prozent Wald an offene Landschaftsstrukturen verloren. Der verbliebene Wald wurde großflächig genutzt. In der Baar setzt der Übergang vom Naturwald zum Kulturwald um 3000 vor Christus ein. Zur Römerzeit war die Entwaldung weit vorangeschritten; bei Rottweil betrug die Bewaldung nur noch 30 Prozent Anteil an der Landschaft.
7000 Jahre wirkt der Mensch auf die Natur am Oberrhein ein. Früh entstanden aus Urwäldern Kulturwälder. Im Naturschutz wird dieser Wandel nicht bemerkt. Naturschützer verlangen
Urwälder, reine Wildnis. Sie kann es auch in Jahrhunderten nicht mehr geben. Menschen haben in langer Zeit Kultur-Naturen aufgebaut, den Urwald mit guten Gründen als Ziel verlassen und die Biodiversität erweitert. Am Beispiel der Wälder der Rheinaue, des Rheintales und des Schwarzwaldes wird dies dargestellt.
Menschen veränderten die Landschaft der Baar und des Schwarzwaldes Jahrtausende früher als bisher angenommen wurde. Früh und nachhaltig gestalteten
sie die Natur um: Auf der Baar seit 5000 Jahren, im Schwarzwald seit 3000 Jahren. Seither wurden die Urwälder mit natürlichen Waldgesellschaften verlassen,
und die Menschen bauten die Kulturlandschaft mit Kulturwäldern auf. Schon in
der Keltenzeit (600–50 v. Chr.) war die Baar ein landwirtschaftlich genutztes Gebiet. In den Wäldern dominierte die Landwirtschaft mit Viehherden. Die Bevölkerungsdichte muss deutlich höher gewesen sein, als bisher angenommen wurde.
Als die Römer kamen, waren bereits großflächige Strukturen der Kulturlandschaft geschaffen. In der Römerzeit wurden intensive Formen der Landwirtschaft
mit starken Waldverlusten verbreitet. Darauf baute das Mittelalter auf und verringerte und veränderte die Kulturwälder wiederum nachhaltig. Die Neuzeit ab
1500 bis 1800 ist eine Periode der Entwaldung und der Landschaftsgestaltung
für die Landwirtschaft. Um 1800 sind nur minimale Waldanteile in der Landschaft vorhanden. Nach 1770 werden Wälder großflächig als Kulturwälder in
großer Vielfalt neu aufgebaut. Die heutige hohe Biodiversität der Wälder entsteht
durch Waldgestaltung. Am Aufbau des Wald-Naturschutzerbes der Baar und des
Wutachgebietes war die ganze Bevölkerung beteiligt.
Europäische Flussauen gelten in der Fachliteratur noch als Naturlandschaften, die sich vom Menschen unbeeinflusst bis zum Beginn der Flusskorrektionen erhalten konnten (Aldinger et al. 1998; Dister 1980, 1991; Ellenberg 1996; Gerken 1988; LfU 1997; Oberdorfer 1992). Durch Forschungen der Abt. Landespflege der Forstlichen Versuchsanstalt wurden stichhaltige Argumente dafür erbracht, dass große Flussauen und deren Auewälder früh die Eigenschaften von Naturlandschaften verloren haben. Sie unterlagen dem allgemeinen frühen Veränderungsprozess unserer Kulturlandschaft in Mittel-, West-, Süd- und Osteuropa. Man kann begründet annehmen, dass auch die großen mitteleuropäischen Flussauen bereits 3000-2000 v. Chr. den Wandel der Auewälder von den Naturwäldern zu menschlich beeinflussten Wäldern erlebt haben (Volk 2002, 2003a). Im Naturschutzbereich am deutsch-französischen Oberrhein ist die Vorstellung von der langen Dauer der Naturlandschaft und der kurzen Zeit der Kulturlandschaft noch weit verbreitet. Vorstellungen der Naturlandschaftsforschung in Richtung langer Dauer der Naturlandschaft gibt es auch außerhalb des Oberrheins für die Weseraue. Ein Forschungsprojekt in der Weseraue hat die Landschaftszustände vor 3000 Jahren rekonstruiert (Gerken
u. Dörfer 2002). Diese Vorstellung von der langen Dauer der Naturlandschaft spielt in der Leitbilddiskussion für Aue-Naturschutzziele in Deutschland und Frankreich eine Rolle. Inzwischen gibt es besser gesicherte Rekonstruktionen der nacheiszeitlichen Landschaftsentwicklung größerer Flussauen. Ein Beispiel ist die Rekonstruktion der Flusslandschaften am
Niederrhein für die Jungsteinzeit (ca. 4000 Jahre vor heute). Sie hält frühe Eingriffe der Menschen in die Auewälder für sicher. Zur Römerzeit wird eine Flusslandschaft rekonstruiert, die als relativ waldarme, hoch entwickelte Kulturlandschaft gelten kann (Knörzer et al. 1999).
Karlsruhe und seine Wälder
(2016)
Karlsruhe wurde vor 300 Jahren nicht im dichten Wald gegründet. Äcker, Felder, und baumarme Weideflächen waren in der Rheinaue und im Rheintal dort landschaftsbestimmend, wo heute hoch aufragende Wälder stehen. Die Umformung der »Urwälder« zu Feld-Wald-Landschaften liegt Jahrtausende zurück. Die Baumart Kiefer war bereits in den »Urwäldern« vertreten. Seit dem Mittelalter ist die Gestaltung der Feld-Wald-Landschaft mit künstlichem Anbau von Eiche, Kiefer, Buche dokumentierbar. Auch in der Rheinaue und der Pfinz Niederung wurden seit über 1000 Jahren Kulturwälder geschaffen. Das Naturerbe Kulturwald soll auch in Zukunft nachhaltig genutzt und geschützt werden.
Kind und Spiegel seiner Zeit
(2015)
1925 ließ Dr.-Ing. Emil Gutmann im Verlag der Konkordia A. G. Bühl ein „Deutsches Lesebuch für Gewerbeschulen" erscheinen, eine „Probe-Ausgabe", so das Titelblatt, ein Buch von 322 Seiten, mithin einen stattlichen Band. Der Herausgeber betrat Neuland und nahm damit ein Wagnis auf sich. Gutmann war sich mit seinen beiden von ihm genannten Mitarbeitern, August und Karl Zimmermann, der Schwierigkeiten wohl bewusst. Denn an badischen Gewerbeschulen gab es bisher keinen systematischen Deutschunterricht. Sorgfältig auszuwählen waren die Themen, die einen Lehrling angehen konnten, erst recht die Auswahl einschlägiger Lesestücke. Man konnte ja nicht ohne Weiteres voraussetzen, dass technisch interessierte und technikbegeisterte junge Menschen an Literatur ein sonderliches Gefallen hätten. Es dürfte auch nie vorgekommen sein, dass ein Lehrling die Gesellenprüfung wegen mangelnder literarischer Kenntnisse nicht bestand.
Die politische Situation zu Beginn der 40er-Jahre des 18. Jahrhunderts in Europa war so verwirrend wie denkbar. Zu den jahrhundertelangen Konstanten der europäischen Geschichte gehörte der Gegensatz zwischen den Häusern Bourbon und Habsburg (Frankreich und Österreich). In Europa herrschte Chaos. England lag mit Frankreich und Spanien im Krieg, Russland führte mit Schweden Krieg, in Spanien wollte Königin Elisabeth ihren Sohn Philipp mit Ländereien in Italien versorgen. Österreich war durch die Türkenkriege stark geschwächt und befand sich in einer Existenzkrise. In Preußen dagegen hatte „Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I. 1740 seinem Sohn Friedrich II. ( d. Gr.) ein diszipliniertes Heer von 83 000 Mann und eine gefüllte Staatskasse zurückgelassen. Der Krieg schien in diesem Jahrhundert zum „Normalzustand" geworden zu sein.
Die Geschichtsquellen mit Aussagen zu den Beziehungen zwischen Triberg, Straßburg und dem Elsass sind in den Archiven
unter sehr verschiedenen Registern festgehalten, auch wo man sie nicht erwartet. So sei gleich zu Beginn zugegeben, dass sich unter weiteren unvermuteten Titeln noch Hinweise verstecken könnten. Dennoch versetzen die gefundenen, oft sehr knappen Angaben den Forscher in die Lage, ein Mosaik zustande zu bringen, das eine Vorstellung von den Beziehungen beider Städte und ihres Umlandes ermöglicht. Alles andere wäre verwunderlich, da doch vom Elsass Wein in die Schweiz, nach Belgien und England exportiert wurde, wenn seine Metropole Straßburg, mit 25 000 Einwohnern, mittelalterlichen Maßstäben zufolge eine Großstadt, dazu Bischofstadt und Warenumschlagplatz, ihre Handwerker und Kaufleute keine wirtschaftlichen Beziehungen zum Umland bis Triberg unterhalten haben sollten. Wo Handel getrieben wurde, herrschte Wohlstand, das war in aller Geschichte so, daher war auch der Wochen- und Jahrmarkt der Stadt und Herrschaft Triberg ein begehrtes Privileg für die Untertanen, für die Fernhändler die Grundlage, ihre Waren hier anbieten zu dürfen.