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Die Zähringer und Villingen
(2011)
Am Wochenende vom 25. bis 27. Juni 2010
feierte man in Villingen ein großes Stadtfest, das
u.a. als Zähringerfest die Repräsentanten von zwölf
sog. Zähringerstädten versammelte und in der symbolischen Übergabe des Wappens mit dem Zäh -
ringer adler einen seiner zahlreichen Höhepunkte
hatte. Villingen war vom 10. Jahrhundert an mit
den Zähringern verbunden, seine Stadtwerdung
war um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert
abgeschlossen, so dass dem Ort zu Recht das (wie
auch immer zu interpretierende) Attribut einer
„Zähringerstadt“ zuerkannt werden kann.
Der wilde Mann von Villingen
(2023)
Der wilde Mann von Villingen hat Anlass gegeben zur Einordnung von Sebastian Münster (*1488 – † 1552) und dessen Cosmographia (1544) in die europäische Umbruchszeit des 15. und 16. Jahrhunderts. Die „Weltbeschreibung“ Münsters lebte auch davon, dass sie Fremdes und „wunderbarliche Dinge“ darstellte. Einhegnung und Einordnung durch wissenschaftliche Systematisierung erlebten die menschlichen Wunderrassen in Mittelalter und beginnender früher Neuzeit. Das galt gerade auch für die Wildmenschen, wilde Männer und Frauen, die – immerhin unmittelbar der christlichen Zivilisation benachbart – doch nur Wesen am Rand der Gesellschaft waren, von deren Existenz im Grunde nur das Bücherwissen Auskunft gab. Die wilden Menschen gehörten zu den in Münsters Cosmographia ausgiebig betrachteten Monstern und Fabelwesen. Sie gehörten auch zu Gottes Schöpfungsplan im christlichen Kosmos des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Aus Münsters Darstellung des wilden Manns von Villingen gehen die Eigenschaften der Wild- oder Waldmenschen hervor: Ursprünglichkeit, Kraft, Robustheit, Wildheit, Sexualität, kurz gesagt: Fremdheit. Ob es den wilden Mann wirklich gegeben hat, diesen Außenseiter der Gesellschaft, der lieber allein abseits von den Menschen im Wald lebte, oder ob er eine Sage und Legende war, die die Villinger Bürger sich erzählten, muss dahingestellt bleiben. Für Münster war der Abschnitt über Villingen in seiner Cosmographia insofern bedeutsam, dass er damit den Gegensatz zwischen Natur und Kultur, Wald und wilder Mann auf der einen, Stadt und bürgerliche Zivilisation auf der anderen Seite beschrieb und hervorhob.
Im Anfang des 10. Jahrhunderts etablierte sich nach der Belagerung des Hohentwiel und der Schlacht bei Wahlwies (915) gegen die Herrschaft Konrads I. (911 – 918), des ersten nichtkarolingischen Königs in Ostfranken, das (alemannisch-)
schwäbische Herzogtum unter Herzog Erchangar (915 – 917). Erchangar und sein Bruder Berthold wurden zwar 917 gefangen genommen und wohl in Aldingen hingerichtet, jedoch führte Burkhard (I., 917 – 926) aus der Familie der Markgrafen von (Chur-) Rätien das Herzogtum weiter.
Wir wollen im Folgenden die frühe schriftliche
Überlieferung zum Ort Villingen vorstellen und so
diese dem vornehmlich aus der Archäologie gewonnenen Bild des früh- und hochmittelalterlichen
Ortes zur Seite stellen. Über vierhundert Jahre verstreut ist das zugegebenermaßen lückenhafte Quellen material, das die frühesten schriftlichen Hin -
weise zur Existenz des Ortes Villingen liefert. Die
erstmalige Nennung des Ortsnamens „Villingen“
geschieht in der Urkunde Kaiser Ludwigs des
Frommen (814–840) vom 4. Juni 817. Es folgt
über 180 Jahre später das berühmte Diplom Kaiser
Ottos III. (984–1002) vom 29. März 999, in der
der Herrscher dem Grafen Berthold (991/96–
1024) das Markt-, Münz- und Zollrecht in
Villingen verlieh. Ins 11. und 12. Jahrhundert zu
datierende Belege zu Villingen hängen mit den
Überlieferungen der Klöster St. Georgen und
St. Peter im Schwarzwald zusammen.
Mittelalterliche Handschriften aus der Bibliothek des Benediktinerklosters St. Georgen in Villingen
(2008)
Bildung und Kultur in Deutschland stehen neuerdings zum Verkauf. Im „Kulturgüterstreit“
(„Handschriftenstreit“) zwischen der Badischen
Landesbibliothek in Karlsruhe und der baden-württembergischen Landesregierung um eine eventuelle Veräußerung von Handschriften hat die
Politik wieder einmal jegliches Fingerspitzengefühl
vermissen lassen. Ein Verkauf der Handschriften
scheint als Folge des nationalen und internationalen Protestes zwar abgewendet, doch ist weiterhin
Misstrauen gegenüber solchen politischen Entscheidungen angebracht. Auch Handschriften des
ehemaligen Klosters St. Georgen im Schwarzwald
bzw. des frühneuzeitlichen Benediktinerklosters in
Villingen wären von einem Verkauf betroffen gewesen. Das Folgende will daher nachdrücklich aufmerksam machen auf die mittelalterlichen Codices
einer Klosterbibliothek, die vom 17. bis zu Beginn
des 19. Jahrhunderts in Villingen beheimatet war.
Ebenso wie Villingen an die Grafen von Fürstenberg gekommen ist. Herzog Berthold, der vierte des
Namens, Herzog von Zähringen, hat Villingen
erbaut. Er hatte eine Tochter mit Namen Agnes, die
hat er Graf Egino von Fürstenberg vermählt, der
auch ein Graf von Urach gewesen ist. Dieser Agnes
ist von ihrem Vater Herzog Berthold Villingen
zugeteilt worden, und also ist nach ihres Vaters Tod
und nach ihrem Tod die Stadt Villingen erblich an
die Grafen von Fürstenberg gekommen und gefallen. Das geschah im Jahr 1197.“ So schreibt der
frühneuzeitliche Geschichtsschreiber Heinrich Hug
(† ca. 1533) in seiner von 1513 bis 1533 verfassten
Villinger Chronik.
Buhlmann will mit diesem Artikel in die Geschichte der Habsburger und in die habsburgische Zeit Villingens einführen. Im Vordergrund stehen dabei der Übergang Villingens an die habsburgischen Herzöge im Jahr 1326, die Einordnung der Stadt in die spätmittelalterlichen vorderösterreichischen Territorien im deutschen Südwesten, die innere und äußere Entwicklung Villingens u.a. als Teil der habsburgischen Landesherrschaft(en). Zeitlich wird damit das 14., 15. und beginnende 16. Jahrhundert
Villinger Geschichte erfasst.
Das Frankenreich der merowingischen und karolingischen Könige führt zurück in die Zeit des frühen Mittelalters, des 5./6. bis 9./10. Jahrhunderts. Es entstand im 5./6. Jahrhundert al Germanenreich der „Völkerwanderungszeit” auf dem
Boden des spätantik-römischen Gallien. Mit der fränkischen Großreichsbildung König Chlodwigs I. (482 – 511) begann die Zeit der merowingischen Herrscherdynastie und damit eine Epoche des Übergangs von der Spätantike zum Frühmittelalter, die geprägt war durch ein erbliches, Teilungen unterworfenes Königtum an der Spitze eines römisch-germanischen Vielvölkerstaates christlich-barbarischer Prägung. Gesellschaftliche Wandlungen gerade im 7. Jahrhundert schufen die Voraussetzungen für das europäische Frühmittelalter.
Eine Rekonstruktion (früh-) mittelalterlicher Geschichte Villingens und der Baar ist ohne die auf uns gekommenen Urkunden aus dem St. Galler Kloster nicht denkbar. Zu reichhaltig ist die Überlieferung gerade aus der Zeit vom 8. bis 10. Jahrhundert, zu einmalig das Überlieferte, als dass wir achtlos an den Schriftstücken einer bedeutenden Benediktinerabtei vorbeigehen könnten. So stehen im Folgenden im Mittelpunkt unserer Überlegungen die St. Galler Traditions- und Königsurkunden der Karolingerzeit, die Aufschluss geben über Villingen, die Baar und die Orte auf der Baar. Vom frühen Mittelalter aus blicken wir dann hinsichtlich des St. Gallens und der Baar auf die Entwicklungen im hohen und späten Mittelalter.
Die Anfänge der Habsburger reichen mindestens bis in die 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts zurück, ihr politischer Aufstieg gründete in der Erlangung des römisch-deutschen Königtums durch Rudolf I. (1273-1291). Im späten Mittelalter verfügten
die habsburgisch-österreichischen Herzöge und Könige auch in Südwestdeutschland über die als Vorderösterreich bezeichneten südwestdeutschen Landesherrschaften, u.a. die Herrschaft Sigmaringen (1290), die Grafschaft Veringen (1291), die Stadt Bräunlingen (1305), die Schwarzwälder Herrschaft Triberg (1325), die Stadt Villingen mit ihrem Umland (1326) oder die Grafschaft Hohenberg (1381). Die habsburgisch-österreichischen Herzöge waren die Landesherren Vorderösterreichs, österreichische Landesteilungen und ungünstige politische Verhältnisse verhinderten indes die Umwandlung in einen geschlossenen Herrschaftskomplex zwischen Tirol und Vogesen, zumal sich die Schweizer Eidgenossenschaft in politischer Gegnerschaft zu den Habsburgern befand und durch ihren Schlachtensieg bei Sempach (1386) u.a. den Anschluss der Basler Lande an Vorderösterreich vereitelten
Mit dem Tod Herzog Bertholds V. (1186 – 1218) endeten über zweihundert Jahre Zähringerherrschaft über Villingen, eingeleitet mit der Villinger Markturkunde Kaiser Ottos III. (983 – 1002) vom 29. Mai 999, ausklingend mit der Entwicklung
Villingens zur hochmittelalterlichen Stadt unter ebendiesem Berthold als fundator ville Vilingen. Nicht jedoch die mit den Zähringern verwandten Herzöge von Teck oder die Grafen von Urach setzten sich in Villingen fest, sondern es waren die staufischen Könige und Kaiser, die Villingen – wohl für mehrere Jahrzehnte – zu einer „Königsstadt” machten, Ansprüche ihrer politischen Gegner auszugrenzen versuchten und damit das ehemalige Konkurrenzverhältnis zwischen Staufern und Zähringern im (oberen) Neckarraum zu ihren Gunsten entschieden. Jedenfalls sind staufische Aktivitäten in Villingen für die Zeit um 1220, um 1240 und für die 1240er Jahre bezeugt.
Im Sommer 2014 jährt sich der Ausbruch des
Ersten Weltkrieges zum 100. Mal. Durch diesen
Krieg kamen 17 Millionen Menschen ums Leben
und er führte zu einem unfassbaren Ausmaß an
Elend und Verwüstung in weiten Teilen Europas.
Obwohl Villingen von den direkten Kriegsereignissen des Ersten Weltkrieges weitgehend
verschont blieb, hatte dieser dennoch Auswirkungen auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen in
der Stadt. So kam es schon 1915 zu Versorgungsengpässen und die ersten Rohstoffsammlungen
wurden durchgeführt. Die Brotkarte wurde eingeführt, Öl, Fett, Zucker, Eier, Heiz- und Brennstoffe wurden knapp und mussten rationiert, gestreckt
oder ersetzt werden.
Schon bald nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden in Villingen französische und russische Kriegsgefangene interniert, später kamen
dann auch britische und amerikanische Inhaftierte
dazu. Das Kriegsgefangenenlager befand sich auf
dem Gebiet des heutigen Welvert. Den Gefangenen
ging es, was die Versorgung mit Lebensmitteln
anging, wesentlich besser als der Villinger Bevölkerung. Auch durften gefangene Offiziere zusammen
mit dem Wachpersonal Ausflüge in der Umgebung
des Lagers machen und obwohl die Kontaktaufnahme zur Villinger Bevölkerung strengstens
untersagt war, suchten die Offiziere das Gespräch
mit Schülern.
1769 wurde vom Mannheimer Hof ein wertvolles Fernrohr zur Beobachtung des Venus-Transits in St. Petersburg erworben. Das von Peter Dollond in London angefertigte Instrument war gut 3 m lang und besaß ein achromatisches Objektiv sowie vier auswechselbare Okulare von 50-, 100-, 150- und 160-facher Vergrößerung. Dazu gehörte auch ein Heliometer. Der Aufsatz zeichnet den wechselvollen Gebrauch des Teleskops bis 1923 nach und gibt einen Einblick in die Astronomie- und Technikgeschichte des 18. Jahrhunderts.
Zwischen 2013 und 2016 wurde der Turm der Alten Mannheimer Sternwarte aufwändig nach altem Vorbild restauriert. Den Abschluss der Restaurierungsarbeiten bildete im Oktober 2019 die Wiederaufsetzung des seit 1860 verschwundenen Observationstürmchens. Anhand alter Pläne und Beschreibungen konnte das Türmchen nachgebildet und durch eine großzügige Geldspende realisiert werden. Die Alte Mannheimer Sternwarte, ein kultur- und technikhistorisches Denkmal des 18. Jahrhunderts, besitzt nun wieder seine ursprüngliche Silhouette.
Der Mannheimer Luisenpark
(2021)
Der Luisenpark ist die größte Parkanlage in Mannheim. Er liegt stadtnah am linken Neckarufer und gliedert sich in zwei Teile: Den Unteren und den Oberen Luisenpark. Der Untere Luisenpark ist der ältere Teil und frei zugänglich. Der Obere Luisenpark wird von der Stadtpark Mannheim gGmbH privatwirtschaftlich betrieben und kostet Eintritt. Er entstand in seiner heutigen Gestaltung anlässlich der BUGA 1975. Mit über 1,2 Mio. Besuchern im Jahr besetzt der Luisenpark regelmäßig den 1. Platz der Freizeiteinrichtungen in der Metropolregion Rhein-Neckar.
An den Anfang meines Vortrages stelle ich
eine idealisierte Abbildung des im 18. Jahrhundert
über die Grenzen Hollands hinaus
berühmten Naturalienkabinetts des Levinus
Vincent (1658–1727). Dieser Kupferstich,
welcher der Beschreibung seiner Sammlung:
Wondertooneel der Nature, Amsterdam 1706
vorangestellt ist, verdeutlicht den Luxus und
die Vielfalt eines zeitgenössischen Naturalienkabinetts.
Levinus Vincent, ein durch den
Tuchhandel reich gewordener Amsterdamer
Bürger, sammelte naturalia (Muscheln,
getrocknete und in Weingeist eingelegte Präparate,
Insekten) und artificialia (ethnografische
Gegenstände, Gemälde und Blumenbilder),
die er in Schränken, in Vitrinen oder
offen in einem als Galerie gestalteten Raum in
Amsterdam präsentierte. Mit dieser Sammlung
wandte er sich an ein breites, bürgerliches
Publikum. Deshalb druckte er den Katalog der
Sammlung in Niederländisch und in Französisch.
Er konnte für drei Gulden oder für
zwei Gulden und den Eintrittspreis zu seiner
Sammlung erworben werden.
Welcher Mannheimer kennt sie nicht, die "Alte Sternwarte" im Quadrat A 4? Etwas versteckt hinter dem Chorhaus der Jesuitenkirche gelegen, rundet sie heute das einzigartige Mannheimer Barockensemble von Schloss, Palais Bretzenheim und Jesuitenkirche ab. Erbaut wurde die Sternwarte noch als kurfürstliche Sternwarte unter dem Kurfürsten Carl Theodor zwischen 1772 und 1774. Berühmte Tagestouristen wie Wolfgang Amadeus Mozart, Alessandro Volta, Georg Reichenbach, Georg Forster und Thomas Jefferson, um nur einige zu nennen, besichtigten die Sternwarte und bestaunten den ungewöhnlich reichen Instrumentenbestand und genossen die damals noch mögliche weite Aussicht in die Region.
Christian Mayer (1719–1783)
(2016)
Christian Mayer wirkte ab 1752 an der Universität Heidelberg, später von 1760–1769 auch an der Sternwarte in Schwetzingen. Von 1775 bis 1783 war die Mannheimer Sternwarte sein Arbeitsplatz. Hier entdeckte er mehr als 100 Doppelsterne. Die Katalogisierung des Sternhimmels,
die Berechnung von Umlaufbahnen und Distanzen von Himmelskörpern und die Vermessung des Landes waren seine Hauptaufgaben. Ab 1780 war die Mannheimer Sternwarte auch eine Station im weltweiten Wetterbeobachtungsnetz der »Societas Meteorologica
Palatina«.
Als Mennonit über die Geschichte der Täufer zu referieren birgt eine besondere Herausforderung. Kirchenhistoriker, zumal wenn sie sich gleichzeitig als Mitglied einer Kirche verstehen, stehen meines Erachtens in einem eigentümlichen Spannungsfeld. Diesen Vortrag halte ich heute Nachmittag vor Ihnen anders, als wenn ich zum selben Thema etwa bei einer Sektion des Historikertags zu sprechen gebeten worden wäre. Aber nicht, weil ich denke, dass hier weniger strenge wissenschaftliche Standards herrschen als bei Profanhistorikern. Wer sich den Prinzipien wissenschaftlichen Arbeitens verpflichtet fühlt – und ich denke, das tun alle Kirchenhistoriker – wird sicherlich nicht der Versuchung erliegen, die Kirchengeschichte zur Legitimation einer heutigen menschlichen Institution zu missbrauchen. Die meisten Kirchenhistorikerinnen und Kirchenhistoriker besitzen genügend Realitätssinn und Quellenkenntnis, um Identitätsmerkmale und Theologumena, die ihnen vielleicht heute sehr am Herzen liegen, nicht unbedacht in die Vergangenheit zu projizieren. Doch auch wenn man gegen die Gefahr gefeit ist, aus der Kirchengeschichte eine Legitimationsinstanz oder eine Quelle von identitätsstiftenden Mythen zu machen, bleibt die Aufgabe des Kirchenhistorikers grundlegend anders als die eines Profanhistorikers.