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Am 5. September 1914 – rund fünf Wochen nach Ausbruch des
1. Weltkriegs – riefen das großherzoglich-badische Ministerium
für Kultus und Unterricht und der Badische Jugendwehrausschuss zur Bildung von Jugendwehren auf. [2]
Damit folgte Baden
dem preußischen Beispiel, wo schon am 16. August 1914 die
Errichtung von Jugendkompanien bekannt gegeben worden
war. [3]
Im Frühjahr 1953 erwarb das Progresswerk Oberkirch A.G.
(PWO) die Konstruktionspläne des Untertürkheimer Rollerbauers Gottfried Gassmann. [1]
Unter der Projektleitung von Werner
Abel entwickelte man das Modell weiter zur Serienreife. Auf der
zweiten Internationalen Fahrrad- und Motorradausstellung in
Frankfurt im Herbst 1953 konnte erstmals der Prototyp des
neuen Rollers vorgestellt werden. [2]
Bis 1960 baute das in Stadelhofen ansässige Unternehmen Roller, zuerst den „Strolch“ und
dann dessen Nachfolge-Modell „Progress 200“. [3]
Im Jahre 1885 besuchte Amand Goegg aus Renchen – wohlbekannt aus den Darstellungen zum Aufstand in Baden 1849 –
mit seiner Schwester Anna in Mailand die Familie von August
Stigler und fand hier überaus herzliche Aufnahme. August
Stigler? Wer war das?
August Stigler wurde am 26. Juli 1832 in Renchen geboren. [2]
Sein Vater, Jakob Stigler, geboren am 31.3.1795 in Urloffen, [3]
war ein Sohn des dortigen „Kronen“-Wirts Franz Joseph Stigler
und dessen Ehefrau Franziska Geldreich. Die Stiglers sind seit
1650 in Urloffen als Gastwirte nachweisbar – Nachkommen
wurden in vielen Orten der Ortenau als Gastwirte ansässig. Die
Mutter von August Stigler, Katharina, war eine 1796 geborene
Tochter des Renchener „Salmen“-Wirts Franz Joseph Behrle.
Im Jahr 1864 erreichte den Schiltacher Floßmeister Abraham
Koch (1815–1878) [1]
, der sein Handwerk auf der Schwarzwälder
Kinzig ausübte, ein Auftrag besonderer Art: Er sollte begutachten, ob die hier praktizierte Art der „Gestörflößerei“ auf die
Ybbs, einen Alpenfluss in Niederösterreich, übertragen werden
konnte. Auftraggeber waren die Holzhändler André & Götz
frères in Straßburg. Sie kannten Koch von der Kinzigflößerei,
deren Holz großteils dorthin verkauft wurde. [2]
Die Straßburger
hatten die Absicht, die bisherige k. k. Domäne Waidhofen zu
erwerben, aufgrund ihrer riesigen Wälder [3], die bisher kaum
verwertet wurden. Voraussetzung war ein sicherer Abtransport
der Stämme, wofür bei den schlechten
Straßen nur der Wasserweg infrage kam.
Was für die römische Interpretation der einheimischen Götter
in der Zeit Cäsars Geltung hatte, gewann 100 Jahre später, als
die Römer die südwestdeutschen Gebiete erobert hatten, eine
noch größere Bedeutung: In der frühen Kaiserzeit des ersten bis
dritten Jahrhunderts fand der Merkurkult im keltischen und
germanischen Kulturbereich der römerzeitlichen Bevölkerung
eine äußerst große Verbreitung. Auch in der römischen Ortenau finden wir bei Kaufleuten, Handwerkern, Soldaten und
kleinen Leuten den sehr beliebten Gott vertreten. Er stand an
Passstraßen, Wegkreuzungen, auf den Hausaltären der Häuser
und als eine der Gottheiten auf den Viergöttersteinen. Im Offenburger Museum ist er allein dreimal vertreten. Der bedeutendste von ihnen und sicher einer der schönsten weit und
breit verkörpert den Gott in einer feuervergoldeten kleinen
Silberstatuette. Vor genau 80 Jahren durch Zufall ans Tageslicht
gekommen, soll uns der Offenburger Merkur aus der Kinzig
nun auf unserer Reise durch die römerzeitliche Ortenau und
ihre damaligen Verkehrswege vor 2000 Jahren begleiten: Mit
Merkur unterwegs soll auch die Geschichte von drei Jahrhunderten Römerzeit in unserer Region erkundet werden und mit
Merkur als Schutzgott findiger Archäologen auch der spannende Weg der Forschung besonders der letzten Jahrzehnte
erschlossen werden. Dabei wird Offenburg in seiner Bedeutung
als Stadt des Merkur, des Handels, des Verkehrs und der Kultur
schon in der Römerzeit noch deutlicher vor Augen treten.
Wallfahrtswege
(2016)
Dem Wallfahrtswesen, und nicht nur dem christlichen, liegt
der Glaube zugrunde, dass Gnade an bestimmte Orte gebunden
und nur an ihnen zu gewinnen sei; an Orte, an denen Wunder
geschahen und die sich selber einem Wunder verdankten (oder
über besonders wirksame Reliquien verfügten). Und der Glaube,
dass man diese Gnade nur dadurch gewann, dass man einen
weiten oder wenigstens schweren, beschwerlichen Weg auf sich
nahm.
Schanzen im Kinzigtal
(2016)
Die Schanzen in unserer Gegend sind häuf g Teil eines größeren, verzweigten Schutz- und Verteidigungssystems gewesen,
das sich früher über den Schwarzwald zog. Es sollte verhindern,
dass der Gegner aus dem Rheintal durch die Gebirgstäler vordringend die beherrschenden Höhen, Kämme und Pässe besetzte. Sieht man von einem einfachen Erdwerk ab, 1610 bei
Haslach dokumentiert, wurden größere Schanzen zu Beginn
des 30-jährigen Krieges meist in quadratischer Form angelegt.
Seinen Höhepunkt erreichte der Schanzenbau gegen Ende des
17., Anfang des 18. Jahrhunderts (Barockschanzen) und wurde
aufgrund fortschreitender Kriegstechnik mit Ende der Napoleonischen Ära in alter Form nicht weitergeführt. Aber erinnern
wir uns: Der römische Limes war ein Vorgänger, und was einst
aus Holz und Erde bestand, wurde im 2. Weltkrieg durch Beton
und Stahl ersetzt; der „uneinnehmbare“ Westwall, heute eine
in Teilen unter Denkmalschutz stehende, gesprengte Bunkerlinie. Die einmal angelegten Schanzen mussten im Lauf ihrer
Geschichte ständig verstärkt, ausgebessert und erneuert werden – sofern der siegreiche Gegner die Erdanlagen nicht einebnete, wie etwa die Stollhofener Linien 1708.
Die alte sogenannte Dirnle-Brücke vom Jahr 1756 war eine
Zwei-Gewölbe-Brücke über den Ettenbach (den „alten Bach“)
am nördlichen Eingang von Ettenheim. Ihre Errichtung im
Jahr 1756 ist nur durch den beim Abbruch der Brücke im Jahr
1957 aufgefundenen Stein mit dieser Jahreszahl am Brückenbogen nachgewiesen. Dr. Johann Baptist Ferdinand berichtet kurz
über die Brücke und gibt dabei u. a. die zur Bauzeit der alten
Brücke amtierenden Amtspersonen an.1
Der Stein mit der Jahreszahl ist heute leider nicht mehr zu sehen. Schriftliche Nachweise zur Baugeschichte konnten bisher nicht gefunden werden.
Aus dem Bericht des Diözesanausschusses Baden-Baden im Jahre 1914: Das Bezirksfest der Äußeren und Inneren Mission, das am Sonntag, dem 21. Juni 1914, nachmittags in der freundlichen kleinen Kirche zu Gaggenau unter zahlreicher Gemeindebeteiligung und schönem Mitwirken des dortigen Kirchenchors gefeiert werden konnte, war noch vom Hauch des Friedens umweht. [...] Eine stimmungsvolle Nachfeier hielt die von auswärts zum Fest Gekommenen noch eine frohe kleine Weile mit den heimischen Festgenossen zusammen. Ob freilich die Eindrücke diesmal irgendwie haftend waren, wer will dies sagen? denn kurze Zeit darauf brach der ungeheure Kriegsorkan über uns herein, riss alles Empfinden, alle Gedanken, alle Kräfte an sich und beherrscht seither mit seinen gewaltigen Sturzwellen unser ganzes Leben.
Phänomen und Begriff der Vermittlungstheologie sind Teil der Kirchen- und Theologiegeschichte des 19. Jahrhunderts. Schon klassisch ist die Charakterisierung Emanuel Hirschs: „Die vornehmsten Verkörperungen des allgemeinen Typus dieser Theologie sind der Schleiermacher befreundet gewesene Carl Immanuel Nitzsch […], wohl der angesehenste Theologe und Kirchenmann der altpreußischen Union im zweiten Drittel des Jahrhunderts, und dann Karl Ullmann […], der angesehenste süddeutsche Theologe. Nitzsch‘ […] ‚System der christlichen Lehre‘ (1829, 1851) ist die beliebteste Dogmatik ihres Menschenalters. Ullmanns Schriften ‚Die Sündlosigkeit Jesu (1828, 1863) und ‚Das Wesen des Christenthums‘ (1845, 1865) gehören zu den meist gelesenen theologischen Büchern jener Jahre.“ Fasst man das Anliegen der genannten Werke zusammen, so konkretisiert sich, was mit den die Theologie prägenden Vermittlungen gemeint ist: Es geht um die Vermittlungen des konfessionellen Erbes innerhalb des Protestantismus, von Luthertum und Reformiertentum. Darin steckt die Nähe der Vermittlungstheologie zur systematischen Begründung und Ausgestaltung der Union. Es geht aber auch um die Vermittlung der Subjektivität des religiösen Bewusstseins im Gefühl mit der Objektivität der Lehre im Begriff, also um nichts Geringeres als die Vermittlung von Schleiermacher und Hegel. Es geht weiter um die Vermittlung von Wissenschaft und Glaube in der Theologie selbst und (sich daraus entwickelnd) um die Vermittlung von Glaube und Kultur, wie sie den Liberalismus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts prägte. Carl Ullmann steht selbst und persönlich für die schmerzhafte Ablösung der neuen liberalen „Vermittlungen“ von der alten Vermittlungstheologie.
Am 31. Januar 2016 ging die Geschichte der Freiburger Lutherkirche als Sakralgebäude im Rahmen eines feierlichen Entwidmungsgottesdienstes unter Teilnahme der südbadischen Prälatin Dagmar Zobel zu Ende. Damit verlor die Evangelische Kirche in Freiburg ihr größtes Kirchengebäude und gleichzeitig die einzige protestantische Kirche, die sich an einem der großen, belebten Plätze der Stadt, nämlich dem Friedrich-Ebert-Platz, befand. Damit endete die fast einhundertjährige Geschichte der Freiburger Lutherkirche, deren erster, 1919 eingeweihter Bau, beim Großangriff auf Freiburg am 27. November 1944 vollständig zerstört worden war. Der unter großen Opfern in den Nachkriegsjahren wiederrichtete Kirchenbau war am 14. Juni 1953 im Beisein des damaligen badischen Landesbischofs Julius Bender eingeweiht worden. Der Entwidmung vorausgegangen war eine fast fünfzehnjährige Diskussion, ob und wie das Areal der Lutherkirche zu verwenden sei. Schon lange war klar, dass die Lutherkirche mit mehr als 800 Plätzen für die stets rückläufige Zahl an Gottesdienstbesuchern und Gemeindegliedern viel zu groß war. Nach langen Verhandlungen ging die Lutherkirche dann 2016 auf Basis von Erbpachtzins an das Freiburger Universitätsklinikum, das im Innern des großen Kirchenraumes einen zentralen Hörsaal für Medizinstudierende einbaute. Der Korpus der Lutherkirche sowie der Glockenturm
mit dem Geläut blieben erhalten, so dass das äußere Erscheinungsbild der Lutherkirche bleiben wird, wenngleich nicht mehr in Funktion als Kirche.
Sehr herzlich möchte ich Sie am heutigen Abend zur dieser Veranstaltung begrüßen, die für manche unter Ihnen hinsichtlich ihrer Zielsetzung vielleicht noch etwas kryptisch geblieben ist. Doch immerhin so konkret waren ein Bild, ein Gemälde und vor allem ein Name auf unserer Einladung, dass Sie heute Abend da sind und vielleicht doch gespannt, was sich hier in der nächsten Stunde ereignen mag. Im Folgenden möchte ich Ihnen in der notwendigen Kürze, aber auch klar genug
vorstellen, was heute Abend und in Zukunft unter einer Oberrheinischen Sozietät verstanden werden soll und – gerne gebe ich es zu – für diese Ihr Interesse wecken. Nach einem weiteren Musikstück möchte ich – gleichsam als erste Aktion dieser
dann eröffneten Oberrheinischen Sozietät – eine Veröffentlichung, nämlich die neueste Veröffentlichung von Professor Eike Wolgast vorstellen, eine Aufsatzsammlung, die vom Verein für Kirchengeschichte in der Evangelischen Landeskirche in Baden verantwortet wird. Ich freue mich, dass dazu auch ein Vertreter des Kohlhammer-Verlages, Herr Dr. Sebastian Weigert, unter uns ist und das Wort ergreifen wird. Ich begrüße Sie sehr herzlich.
Franz Kirsch †
(2016)
Wenn ein langjähriger aktiver Mitarbeiter stirbt, sozusagen ein „Mann der ersten Stunde“ wie Franz
Kirsch es war, so bedeutet das für den ehemaligen Projektleiter und Herausgeber der „Schmetterlinge Baden-Württembergs“ eine schmerzliche
Empfindung. In der Rückerinnerung an die jahrelange fruchtbare Zusammenarbeit bleibt sie als
solche bestehen. Zugleich führt sie noch einmal
die Lage vor Augen, in der sich vor etwa vierzig
Jahren die damals noch relativ zahlreichen Freizeitentomologen und Naturbeobachter befanden.
Anlässlich des 175-jährigen Bestehens des Naturwissenschaftlichen Vereins Karlsruhe e.V.
(NWV) bereitete das Staatliche Museum für Naturkunde Karlsruhe (SMNK) unter maßgeblicher
Beteiligung des ehemaligen Leiters der Entomologischen Jugendarbeitsgemeinschaft, Dr. Peter Müller, die kleine Sonderausstellung „175
Jahre Naturwissenschaftlicher Verein Karlsruhe
e.V.“ vor, welche am 10. November 2015 eröffnet
wurde. Vorgestellt wurden, neben der Historie
des Vereins, berühmte Naturwissenschaftler aus
dem 19. und 20. Jahrhundert, die Mitglieder des
NWV waren. Jede Persönlichkeit vertrat dabei
in der Ausstellung eine bestimmte naturwissenschaftliche Disziplin.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Strohgäu nur am äußersten Rand von Bahnstrecken berührt. Dabei hatte sich längst herausgestellt, dass die Eisenbahnstrecken – wie es ein Politiker damals ausdrückte – »die großen Schlagadern des
Landes sind, nach denen sich aller Verkehr richtet«. In den von Bahnstrecken erschlossenen Orten siedelten sich Gewerbe und Industrie an, hier wurden Arbeitsplätze geschaffen und allmählich konnte ein bescheidener Wohlstand entstehen. Es verwundert daher nicht, dass damals auch im Strohgäu – wie überall in Deutschland in eisenbahnfernen Gegenden – auf kommunaler Ebene Bestrebungen zum Bau von Nebenbahnen einsetzten.
»Die erste Probefahrt auf der Eisenbahn von Stuttgart nach Ludwigsburg fand gestern [30. September] statt. Früh ½ 8 Uhr verkündete das Pfeifen der Locomotive ihre Ankunft auf dem hiesigen Bahnhof. Die Fahrt auf der ganzen Strecke ging glücklich von statten. Der Locomotive waren angehängt ein Personen- und ein Packwagen. Weitere Probefahrten mit entsprechender Zahl von Personen- und Packwägen finden heute und morgen statt und es soll die Bahn am kommenden Samstag dem Staat zum Betrieb übergeben werden.« Diese bescheidene Notiz im Ludwigsburger Tagblatt vom 1. Oktober 1846 bedeutete das Ende der eher beschaulichen Zeiten für Ludwigsburg; modernere Zeiten kündigten sich mit dem Pfeifen der Lokomotive an. Stuttgart, bisher etwa zwei Postkutschenstunden von Ludwigsburg entfernt, war jetzt viermal am Tag in einer halben Stunde zu erreichen. Diesem historischen Ereignis ging eine landesweit gut zehnjährige Planungsphase voraus, über die in der örtlichen Presse erstaunlicherweise fast gar nicht berichtet wurde.
Als König Friedrich von Württemberg (1754–1816) vor 200 Jahren, am 30. Oktober 1816, in Stuttgart verstarb, begann für das Ludwigsburger Schloss eine neue Zeitrechnung. Während Friedrichs Regierungszeit – von 1797 bis 1816 – diente die Schlossanlage mit den weitläufigen Gärten und den nahegelegenen Schlösschen Favorite und Monrepos als herrschaftliche Sommerresidenz und beliebter Aufenthaltsort des württembergischen Hofes in der warmen Jahreszeit. Alljährlich zum Osterfest im Frühjahr zog Friedrich mit seinem Hofstaat von seiner Haupt- und Winterresidenz, dem Neuen Schloss in Stuttgart, nach Ludwigsburg um und blieb meist bis Anfang Oktober, ehe die Kisten und Kutschen erneut gepackt wurden und alle wieder nach Stuttgart zurückreisten. Im Schloss und in der Stadt pulsierte in diesen Monaten geschäftiges Treiben, denn auch die Dienerschaft, der Adel sowie Künstler, Handwerker und Kaufleute hielten sich nun verstärkt in der Ludwigsburger Residenzstadt auf. Immer wieder wurden Botschafter, Gesandte, Familienmitglieder oder auch hochrangige Staatsgäste und Würdenträger empfangen und vereinzelt fanden größere Feste, Hofbälle und Truppenrevuen im Schloss beziehungsweise in der näheren Umgebung statt.
Genau ein halbes Jahrhundert ist mittlerweile vergangen, seit die Lokalbahn durchs Bottwartal zum letzten Mal Berufspendler und wanderbegeisterte Tagestouristen beförderte. Im Jahr 1965 glaubten etliche Bürger im Bottwartal und manche Eisenbahnfreunde an eine Zukunft der Bahn: Die neue Diesellokomotive war da, an schönen Wochenenden waren die Züge pratzelvoll. Das Tal wurde zunehmend Ziel begeisterter Fahrgäste, Gutachten mahnten zum Erhalt der Verkehrsverbindung. Doch sang- und klanglos verkehrte am 24. September 1966, also vor 50 Jahren, der letzte planmäßige Personenzug auf der Bottwartalbahn. Und keine drei Jahre später lag vom einstigen Stolz des Bottwartals schon kein Meter Gleis mehr.
1250 Jahre Ottmarsheim
(2016)
In der Oberamtsbeschreibung von 1866 heißt es über Ottmarsheim unter anderem: »Der im allgemeinen freundliche, meist aus mittelgroßen Gebäuden bestehende Ort ist reinlich gehalten« und hat auf der Hochebene über dem Neckartal eine »sehr angenehme, freie, jedoch etwas geschützte Lage«. Das Rathaus »mit Türmchen und Glocke auf dem First liegt von allen Seiten frei an der Hauptstraße in der Mitte des Orts und entspricht seiner Bestimmung«. Die 804 Einwohner des Dorfes sind »im allgemeinen kräftige, geordnete Leute, bei denen Sparsamkeit und Fleiß für die höchsten Tugenden gelten«. Ihre Haupterwerbsquellen »bestehen in Feldbau und Viehzucht«. Gutes Trinkwasser liefern »hinlänglich 3 laufende und 8 Pumpbrunnen«. Die Gemeinde ist schuldenfrei. Seit diese Sätze geschrieben wurden, sind 150 Jahre vergangen, und in diesen 150 Jahren hat sich sehr viel verändert: Aus den 804 Einwohnern von einst sind mittlerweile rund 2300 geworden. Die Landwirtschaft spielt heute auch in Ottmarsheim nur noch eine Nebenrolle. Um an gutes Trinkwasser zu kommen, muss man schon lange nicht mehr den mühsamen Weg zu den verschiedenen Brunnen auf sich nehmen, sondern genügt es, einfach den Wasserhahn aufzudrehen. Und Ottmarsheim ist auch nicht mehr schuldenfrei. 1971, bei der Eingemeindung nach Besigheim, lag die Pro-Kopf-Verschuldung bei 211 Mark, also rund 108 Euro, und heute ist sie noch um einiges höher.
Im Rahmen seiner Magisterarbeit über die Gruftkapelle Thurn und Taxis in Regensburg befasste sich der Autor auch mit dem Architekten des Gruftbaues. Es war dies der thurn- und taxissche Baurat Carl Victor Keim. Als im Verlauf der Recherchen zutage kam, dass Keim einer umfangreichen Sippe von mehr oder weniger bekannten Künstlern und Architekten angehörte, bot es sich an, diese Sippe näher und im Zusammenhang zu untersuchen. Dieser Aufsatz soll sich jedoch ausschließlich mit dem Vertreter der ersten Generation, dem herzoglich württembergischen Premiermaschinisten Johann Christian Keim befassen. Den Vertretern der Folgegenerationen – den Söhnen Aloys Keim (* Ludwigsburg, † Nürnberg) und Franz Xaver Keim (* Ludwigsburg, † Regensburg), den Enkelsöhnen Carl Victor Keim (* Schwabach, † Regensburg), Hermann Keim (* Nürnberg, † Regensburg) und Carl Alexander Heideloff (* Stuttgart, † Haßfurt), dem Urenkel Adolf Keim (* Regensburg, † St. Ulrich-Ortisei) und dem Ururenkel Hermann Keim d. Jüngeren (* St. Ulrich-Ortisei, † St. Christina), die allesamt nicht mehr in Württemberg aktiv waren – sollen eigene Beiträge gewidmet werden.
»1940 – Zur Erinnerung an alle behinderten Menschen aus diesem Heim, die unter der nationalsozialistischen Herrschaft ermordet wurden. Zur dauernden Mahnung an uns, jeder Menschenverachtung und Unduldsamkeit zu wehren – 1997«. So lautet die Inschrift des Mahnmals am heutigen Behindertenheim Markgröningen, das zum hundertjährigen Bestehen der Einrichtung eingeweiht wurde, fast sechzig Jahre nach den Krankenmorden des Jahres 1940. Vorausgegangen waren Recherchen von Mitgliedern der Alexander-Seitz-Geschichtswerkstatt Marbach, die auch in Aufsätzen publiziert worden waren, und ein Vortrag vor Ort, der sich mit den damaligen Geschehnissen befasst hatte und zur Gründung des Arbeitskreises Mahnmal führte. Inzwischen sind weitere Jahre vergangen, und das Gedenken an die Deportationen vor mehr als 75 Jahren gab den Anlass, noch einmal näher nachzuforschen und einen Blick auf die damaligen Ereignisse und die damals agierenden
Personen zu werfen. Hierfür konnten weitere Quellen ausgewertet werden, die bei den ersten Forschungen von Rudi Maier und Klaus Schönberger noch nicht zugänglich waren und daher keine Berücksichtigung finden konnten.
Johann Arnold Mathy
(2016)
Johann Peter Arnold Mathy (1755–1825), wie der ganze Taufname lautet, ist durch das Interesse der badischen Geschichtsschreibung an seinem Sohn Karl Mathy (1807–1868) bekannt geworden. Karl Mathy war einer der Führer der badischen Liberalen um die Mitte des 19. Jahrhunderts, Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, Staatssekretär in der dort gebildeten Reichsregierung, großherzoglicher Handelsminister, zuletzt Leitender Staatsminister. Sogleich nach Karl Mathys Tod hat Gustav Freytag, der angesehene Publizist und Verfasser historischer Romane, eine Biographie über seinen Freund geschrieben (1870), die mit einem längeren Kapitel über den Werdegang des Vaters beginnt.
Freytag besaß durch seine Freundschaft mit Mathy Verbindung zur Familie und konnte auf deren Schilderungen und den Nachlass zurückgreifen. Indessen hatte schon der für die preußische Rheinprovinz wichtige Rheinische Antiquarius 1854 auf Johann Arnold Mathy hingewiesen. Zu dessen 100. Todestag im Jahre 1925 brachte der Enkel Ludwig Mathy im Rahmen einer Familiengeschichte mehrere Beiträge über seinen Vorfahren ein, die dessen Bild bereichern. Damit
liegen die Grundlagen für jede Beschäftigung mit Arnold Mathy vor.
Ohne Parallele in der nunmehr 50-jährigen Geschichte der Badischen Bibliotheksgesellschaft ist jener kulturpolitische Eklat, der im September 2006 als badischer ,,Handschriftenstreit" begann und sich in den darauffolgenden Monaten zum baden-württembergischen „Kulturgüterstreit" auswuchs. Er begann just in jenem Jahr, als die Badische Bibliotheksgesellschaft (BBG) ihr 40-jährigesJubiläum mit einer
Ausstellung beging, in der neben sonstigen eindrucksvollen Erwerbungen, die mit Unterstützung der BBG erworben worden waren, einige Handschriften gezeigt wurden. In der als Begleitheft zu dieser Ausstellung veröffentlichten Jubiläumsschrift würdigte das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst die „bleibenden Verdienste" der BBG „beim Erwerb von Handschriften, Inkunabeln und alten Drucken".1 All dies geschah freilich im Mai 2006, als niemand etwas von den Ereignissen vier Monate später ahnte. Der Handschriftenstreit liegt inzwischen ein Jahrzehnt zurück, so dass es gerechtfertigt erscheint, seine Hintergründe und
seinen Verlauf ins Gedächtnis zu rufen.
In den etwa 150 Jahren seines Bestehens durchliefen Hunderte von Schülern das Villinger Benediktinergymnasium. Sie brachten Leben an diesen Ort, erfüllten ihn mit Eifer und Hoffnungen und gewiss auch mit ihren Launen und Streichen.
Doch im Gedächtnis der Nachwelt sind viele nicht einmal mehr mit Namen bekannt, und hinter vielen Namen werden keine Person und keine Biografie mehr greifbar. Einige aber sind als die Persönlichkeiten, die sie später geworden sind, noch in Erinnerung – an den Orten, aus denen sie stammten, an den Stätten, an denen sie eine besondere Wirksamkeit entfalteten, und durch die Werke, die sie hinterlassen haben. Sie sollen in
elf Kurzbiografien, geordnet nach Geburtsjahren, vorgestellt werden.
Das Villinger Benediktinergymnasium war klein, selbst nach zeitgenössischen Maßstäben. Im Vertrag mit den Franziskanern 1670 war die Schülerzahl auf 12 beschränkt worden. Bei der feierlichen Grundsteinlegung der Kirche am 16. Mai 1688 konnten dann allerdings schon 16 „Jünglinge” aufgeboten werden, die ein szenisches Spiel aufführten. Die Franziskaner hatten deutlich mehr Schüler; auch waren sie es und nicht die Benediktiner, die ab 1711 in Villingen einen philosophischen Kurs, also den Übergang zum Universitätsstudium, anboten. Bei der Vereinigung der beiden Gymnasien 1774 traten 39 von 42 Franziskanerschülern zu den Benediktinern über. Für das Jahr
1783 sind dann 55 Schüler im Benediktinerlyzeum nachweisbar, 42 in den Gymnasialklassen und 13 im philosophischen Kurs. Bis zur Aufhebung von Kloster und Gymnasium 1806 pendelte sich die jährliche Schülerzahl bei 50 – 70 ein. Das ergibt im
Durchschnitt 8 – 12 Schüler pro Klasse – aus heutiger Sicht geradezu traumhafte Verhältnisse.
Als im Februar 2015 die Villingerin Inge Haase zum Thema „Gestaltung der Ringanlagen – früher und heute”, zu Springbrunnen, Fasanenteich und der Bepflanzung des früheren Stadtgrabens um 1900 den Namen ihres Ur-Großvaters las, des
ersten Villinger Stadtgärtners Karl Nüßle (geboren 1865), meldete sich die frühere Erzieherin mit großer Freude, denn: „Karl Nüßle war mein Ur-Großvater, dem ich in meiner frühesten Kindheit noch oft auf dem Schoß gesessen bin.” Und weil eben dieser Nüßle eigentlich als derjenige galt, der das „erste städtische Gartenamt” leitete, das es im heutigen Sinne noch gar nicht gab, und Inge Haase in der Fotoschachtel kramte und bestes Bildmaterial hervor zog, wird das über Jahrzehnte bis heute beeindruckende Werk von Karl Nüßle ein wenig intensiver betrachtet.
Als zu Beginn 2015 das Bürgerforum „Leben und Wohnen in der Villinger Innenstadt” den Vize-Chef des Stadtbauamtes, Erich Hargina, zu Gast hatte, durften die Gäste davon ausgehen, dass auch das Thema „Ring- und Grünanlagen” in Villingen schon längst auch eine Historie hat. Es sind zwar nur die wahrlich warmen Monate Mai bis Oktober, während denen der Radler großer Schwung zwischen Riettor und Romäus-Gymnasium unterwegs ist. Doch spätestens dann geht auch dem Passanten meist der Blick auf, dass die Grünflächen um die Villinger Stadtmauer von Frühjahr bis in den Herbst was Besonderes sind und nicht nur, weil hier auf historischem Boden ‚gewandelt‘ wird.
In historischen Zeiten, als Villingen noch eine „feste Stadt” war, lief hier der Wasser gefüllte Wehrgraben rings um die Altstadt. Der entnommene Aushub bildete einen breiten Wall, die sogenannte Fülle. Entlang dieser Fülle verlief eine feste zweite Mauer und ein weiterer Wassergraben mit 15 Metern Breite.
Ein im Stadtarchiv Villingen-Schwenningen sehr häufig genutzter Bestand ist die "Stadtchronik". Die Stadtchronik geht zurück auf Dr. Rudolf Ströbel (Leiter des Schwenninger Heimatmuseums
von 1949 bis 1972), der Anfang der 1950er Jahre für eine zu erstellende Ortschronik damit anfing, Informationen zur Schwenninger Ortsgeschichte zu sammeln. Diese Informationen ordnete er thematisch in einem Zehnersystem.
Traditionslokal „Torstüble”
(2016)
Nach vielen Jahren, während denen mal ein Grieche als Wirt, dann auch ein Musiker als studierter Posaunist, ein gelernter Koch aus Villinger Familie, dann mal ein Schwabe und zuletzt zwei Italiener mit dem Kochlöffel winkten und sie das Sagen in der Küche und an der Theke hatten, ist die Torstüble-Gastronomie seit Februar 2015 mit asiatischem Hintergrund zu neuem Leben erweckt worden. Das Lokal, dessen Namen nahezu jeder Villinger kennt, stellt auch ein Stück Villinger Geschichte dar, denn das Gasthaus zählt zu den ältesten am einst badischen Ort. Dass es nach wie vor einen exponierten Platz am Riettor hat, lockte schon zahlreiche Pächter, von denen jedoch einige fast ebenso schnell gingen wie sie kamen.
Eine Unterhaltungselektronikindustrie im Schwarzwald gibt es heute nicht mehr. Wie die Uhrenindustrie verschwand sie fast völlig. Heute werden die innovativen und attraktiven Geräte der
Unterhaltungselektronik in Korea und in China produziert. An die Existenz einer Schwarzwälder Unterhaltungselektronik erinnert nur noch wenig und dies obwohl einer ihrer wichtigsten Vertreter, die Firma Saba, in der Mitte des 20. Jahrhunderts zu den bedeutendsten Arbeitgebern der Region gehörte.
Literarisch, aber auch in den Erinnerungen alter Menschen war Kinderarbeit ganz selbstverständlich. Aber was heißt Kinderarbeit eigentlich? Normalerweise wurde im 19. und 20. Jahrhundert
unter Kinderarbeit die berufliche Tätigkeit von schulpflichtigen Kindern unter 14 Jahren verstanden. Die Altersgruppe zwischen 14 und 16 Jahren zählte zu den jugendlichen Arbeitern.
Auch heute noch können Interessierte einen Großteil der damaligen Verteidigungsanlagen in Augenschein nehmen: „Südwestdeutschlands besterhaltene mittelalterliche Stadtmauer” besitzt im 21. Jahrhundert noch drei von ehemals vier Stadttoren sowie 61% des ursprünglichen Mauerrings und schließt damit den mittelalterlichen Stadtkern beinahe völlig ein.
Dass dies keineswegs selbstverständlich ist, zeigt das Beispiel anderer, ehemals befestigter Städte in ganz Deutschland.
Diese wurden im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts häufig entfestigt, die Verteidigungsanlagen geschleift, das Gelände verkauft. Folgt man der Einschätzung vieler Historiker, sprachen damals gute Gründe für diesen Schritt. So waren beispielsweise die mittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Befestigungsanlagen militärisch wertlos geworden, die Stadt benötigte zunehmend Siedlungsfläche oder Bürger plädierten für den Abriss aufgrund eines zeitgenössischen, ästhetischen Wandels. Angesichts dieser Argumente drängt sich geradezu die Frage auf, warum in Villingen anders verfahren wurde.
Die Anfänge der Habsburger reichen mindestens bis in die 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts zurück, ihr politischer Aufstieg gründete in der Erlangung des römisch-deutschen Königtums durch Rudolf I. (1273-1291). Im späten Mittelalter verfügten
die habsburgisch-österreichischen Herzöge und Könige auch in Südwestdeutschland über die als Vorderösterreich bezeichneten südwestdeutschen Landesherrschaften, u.a. die Herrschaft Sigmaringen (1290), die Grafschaft Veringen (1291), die Stadt Bräunlingen (1305), die Schwarzwälder Herrschaft Triberg (1325), die Stadt Villingen mit ihrem Umland (1326) oder die Grafschaft Hohenberg (1381). Die habsburgisch-österreichischen Herzöge waren die Landesherren Vorderösterreichs, österreichische Landesteilungen und ungünstige politische Verhältnisse verhinderten indes die Umwandlung in einen geschlossenen Herrschaftskomplex zwischen Tirol und Vogesen, zumal sich die Schweizer Eidgenossenschaft in politischer Gegnerschaft zu den Habsburgern befand und durch ihren Schlachtensieg bei Sempach (1386) u.a. den Anschluss der Basler Lande an Vorderösterreich vereitelten
In Deutschland sind heute Zustimmung zur Europäischen Union und Ablehnung zwei Seiten einer Medaille. Die stabile und mehrheitliche Zustimmung beruht auf der europäischen Geschichte. Seit dem großen Frieden in Europa, der den Dreißigjährigen Krieg beendet hat, dem Frieden von Münster und Osnabrück, den man auch den „Ewigen Frieden”
genannt hat, hat es in Europa nicht weniger als 48 Kriege gegeben. Jede Nachkriegszeit wurde wieder zur Vorkriegszeit.
Im 20. Jahrhundert wurden die europäischen Kriege zu Weltkriegen mit über 14 Millionen Toten im Ersten Weltkrieg und über 50 Millionen Toten im Zweiten Weltkrieg. Nach der totalitären Zerstörung der Städte, nach Vertreibung und
Flucht von Millionen Menschen aus ihrer angestimmten Heimat, nach der geistigen Verwüstung durch totalitäre Ideologien, kam es zur Besinnung im Denken der Überlebenden. Winston Churchill, Robert Schuman, Jean Monnet, Alcide de Gasperi,
Konrad Adenauer, Paul Henri Spaak haben mit Weitblick und Mut in schwierigster Nachkriegszei eine neue Politik eingeleitet. Die USA haben aus dem zerstörten Deutschland keine Reparationen herausgepresst, sondern mit dem Marshall-Plan geholfen und einen Neubeginn ermöglicht.
In der Blütezeit des deutschen Kaiserreichs (1871–1918) entstanden zahlreiche Villen und Häuser im sogenannten historistischen Stil mit dem bewussten Rückgriff auf Schmuckelemente der deutschen Vergangenheit. Diese Formensprache verflocht sich dann mit dem floralen Jugendstil und brachte besonders filigrane und großzügige Bauten hervor. In Villingen entstanden so neue Quartiere außerhalb der Stadtmauer wie das Romäus Gymnasium und das Villinger Krankenhaus in der Herdstraße, (Friedrichkrankenhaus). Weitere bedeutende Stadterweiterungen in dieser Zeit fanden auch in der Mönchweilerstraße, Vöhrenbacher Straße, Schillerstraße und dem Beneditkinerring statt.
Das Kloster St. Ursula in Villingen ist seit dem Sommer 2015 Geschichte. Mit dem Auszug der letzten beiden Klosterfrauen der Ursulinen, Superiorin Schwester Roswitha Wecker und Schwester Sigrun Schachtner, sowie dem langjährigen Hausgeistlichen Pater Hermann, schloss sich Ende Juli 2015
die Klosterpforte am Bickentor für immer. Die drei letzten Klosterbewohner hatten in den letzten Jahren, nachdem 2013 die langjährige Superiorin Schwester Eva Maria Lapp starb, den Klosterbetrieb auch im hohen Alter noch aufrecht erhalten.
Aus dem Schuldienst an den St. Ursula Schulen hatten sich die Ordensfrauen des Klosters altersbedingt schon vor Jahren zurückgezogen. Schwester Sigrun, die seit 1966 im Kloster lebte und bis 2003 Mathematik und Physik unterrichtete, verbringt ihren Lebensabend im Ursulinen-Kloster im schweizerischen Brig. Superiorin Schwester Roswitha, die von ihren 2015 80 Lebensjahren 58 in St. Ursula lebte und arbeitete,
die letzten drei Jahre als Superiorin, zog in die Villinger Seniorenwohnanlage St. Lioba. Ebenso Pater Fuchs.
Die große Restauration und Wiedereinrichtung des Villinger Münsters 1905 bis 1909 beschäftigte neben den engagierten Stiftungsräten mit Pfarrer Josef Scherer die wichtigen Kunstwerkstätten der Erzdiözese Freiburg: Marmon in Sigmaringen, Moroder in Offenburg, viele Handwerker und
Künstler und darunter besonders Martin Feuerstein, königlich-bayerischer Akademieprofessor aus München, der nach Villingen seine beiden Meisterschüler Theodor Bayerl und den Freiburger Franz Schilling (1879 – 1964) mitbrachte. Alle drei haben bis heute gültige Werke im Münster hinterlassen. Martin Feuerstein malte die vier großen Bilder der Seitenaltäre, Theodor Bayerl die Bilder im Mittelschiff zwischen den Apostelfiguren, die sieben Freuden und die sieben Schmerzen Mariens. Franz Schilling entwarf die Fenster im Hochchor (nur teilweise erhalten), er malte auf den drehbaren Hochaltarflügeln die Bilder der vier Evangelisten und der vier abendländischen Kirchenväter. Sein größtes Werk in Villingen sind die beiden Wandbilder im unteren Chor: nach Norden das Jüngste Gericht und nach Süden die Schutzmantelmadonna.
Ein gut 40 km langes Teilstück der Autobahn A 5 zwischen Baden-Baden und Offenburg wird von einem Konzessionär privat finanziert auf sechs Spuren ausgebaut und 30 Jahre lang betrieben. Die Kosten belaufen sich auf rund 850 Mio. Euro – es ist damit eines der größten jemals realisierten Straßenprojekte in Baden. In dem Beitrag werden sowohl die Vorbereitung,
Planung und der Bauvollzug dieser einmaligen Maßnahme im badischen Rheintal beschrieben als auch einige Hintergründe solcher privat finanzierten Straßenbauprojekte beleuchtet und aufgezeigt, wie komplex und auch umstritten all diese Modelle sind.
Krise oder »Renaissance«?
(2016)
Heimatbünde und Heimatvereine repräsentieren eine in Deutschland seit dem späten 19. Jahrhundert bestehende kulturelle Bewegung, die sich von Beginn an in eine staatlich-akademische und eine populäre Richtung aufteilte. Beide Ausprägungen der Heimatbewegung standen und stehen dabei kaum miteinander in Verbindung. Etwa seit 1960 befinden sich beide Ebenen in einem latenten Krisenmodus, der durch die zunehmende Stadt-Land-Diffusion und die Pluralisierung der Lebensstile bedingt ist und sich angesichts neuer konkurrierender Anbieter (Kulturämter, Geschichtswerkstätten) verfestigt hat. Der von Bayern ausgehende »dynamische Heimatbegriff« bot nach 1970 die Chance einer konzeptionellen Neuausrichtung; nun begannen die Heimatvereine, auf die Veränderungen der Nachkriegsentwicklung zu reagieren und die technische Moderne als Teil des Heimatdiskurses zu akzeptieren. Das Vereinswesen insgesamt tendiert heute zu weiterer Spezialisierung (bundesweit mehr Vereine, aber weniger Mitglieder). Auch hier zeigen sich die bekannten Muster des sozialen Wandels: Individualisierung,
»Überalterung« und nachlassendes soziales Engagement. Heimatbünde und
-vereine sollten darauf mit Angeboten reagieren, die ihre »Übersetzungsfunktion« zwischen staatlichen Kulturdienstleistern (Wissenschaft , Denkmalpflege) und interessierter Öffentlichkeit
betonen und die Belange des ländlichen Raumes stärker in den Mittelpunkt rücken.
Der vorstehende Überblick über 70 Jahre Vereinsgeschichte steht unter der Reformfrage: Was sind angesichts unserer Vergangenheit mögliche Erfolgsfaktoren für die Zukunft der B. H.? Wir wollen an alten Erfolgen Maß nehmen und stehen am Ende vor einem gemischten Ergebnis:
Zunächst jene Erfolgsfaktoren, die heute nicht mehr verfügbar zu machen sind, dazu gehören: bevölkerungsweite Attraktivität des Vereinszwecks Heimatpflege, satte Unterstützung durch die Landesregierung, ein hauptamtlicher Geschäftsführer, landesweite und lokale Aufmerksamkeit für den Verein in den Medien (= »Vergangene Herrlichkeit«). Schmuckstücke des Landesvereins sind aber immer noch das Haus der B. H. in der Freiburger Hansjakobstraße, die
Vierteljahresschrift B. H. und – in neuer Aufmachung – die Schriftenreihe der B. H. (= »Bestandssicherung «). Für aktuelle Reformaufgaben finden sich am Schluss des Artikels ausgewählte
Vorschläge (= »Anpassungen«).
Karlsruhe und seine Wälder
(2016)
Karlsruhe wurde vor 300 Jahren nicht im dichten Wald gegründet. Äcker, Felder, und baumarme Weideflächen waren in der Rheinaue und im Rheintal dort landschaftsbestimmend, wo heute hoch aufragende Wälder stehen. Die Umformung der »Urwälder« zu Feld-Wald-Landschaften liegt Jahrtausende zurück. Die Baumart Kiefer war bereits in den »Urwäldern« vertreten. Seit dem Mittelalter ist die Gestaltung der Feld-Wald-Landschaft mit künstlichem Anbau von Eiche, Kiefer, Buche dokumentierbar. Auch in der Rheinaue und der Pfinz Niederung wurden seit über 1000 Jahren Kulturwälder geschaffen. Das Naturerbe Kulturwald soll auch in Zukunft nachhaltig genutzt und geschützt werden.
Digital stöbern
(2016)
Es ist nicht das einzige, aber das vielleicht nachhaltigste Geschenk gewesen, das die Badische Landesbibliothek der Stadt Karlsruhe zu ihrem 300. Geburtstag gemacht hat: weit mehr als 900 000 Karlsruher Zeitungsseiten wurden im August 2015 frei ins Netz gestellt; weitere 50 000 Seiten folgen im Jahr 2016. Sie bieten seitdem jeder Bürgerin und jedem Bürger der Stadt, aber natürlich auch allen Interessenten weltweit, eine attraktive Fundgrube für Nachrichten über lokale und regionale, nationale und internationale Ereignisse, die einstmals eine Zeitungsmeldung für Wert befunden worden waren. Dies wird im Artikel an drei Beispielen illustriert.
Das langjährige Engagement des Landes Baden-Württemberg und der Stadt Schwetzingen für die Anerkennung als Weltkulturerbe fand 2012 auf der Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees in St. Petersburg trotz der formalen Vorläufigkeit kein gutes Ende. Der Beitrag beleuchtet die inhaltliche Positionierung, den turbulenten Verlauf mit Rücknahme und Neuantrag,
die sich wandelnden Rahmenbedingungen des Welterbeumfeldes und die umstrittene Rolle von ICOMOS, dem Internationalen Rat für Denkmalpflege.
Dass er einmal in die Landesgeschichte eingeht, war dem noch im 19. Jahrhundert im nahe der Schweizer Grenze gelegenen badischen Stühlingen als Sohn eines Postbeamten geborenen Franz Konstantin Mohr nicht in die Wiege gelegt. Die Palette seiner außergewöhnlichen
Karriere in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts reicht vom Militärdienst in der Kaiserlichen Schutztruppe im damaligen Deutsch-Südwest-Afrika über seine legendär gewordene Aufgabenwahrnehmung als Führer einer Hundertschaft bei den kasernierten badischen Polizeibereitschaften in der Zeit der Weimarer Republik bis zum Leiter von zwei Strafanstalten für Politisch-Inhaftierte im Dritten Reich. Beim Letzteren ist seine Funktion als »Hauptmann von Kislau« landesgeschichtlich von besonderer Bedeutung.
Christian Mayer (1719–1783)
(2016)
Christian Mayer wirkte ab 1752 an der Universität Heidelberg, später von 1760–1769 auch an der Sternwarte in Schwetzingen. Von 1775 bis 1783 war die Mannheimer Sternwarte sein Arbeitsplatz. Hier entdeckte er mehr als 100 Doppelsterne. Die Katalogisierung des Sternhimmels,
die Berechnung von Umlaufbahnen und Distanzen von Himmelskörpern und die Vermessung des Landes waren seine Hauptaufgaben. Ab 1780 war die Mannheimer Sternwarte auch eine Station im weltweiten Wetterbeobachtungsnetz der »Societas Meteorologica
Palatina«.
Jakob Ebner erlebte als Militärpfarrer den Ersten Weltkrieg ausschließlich an der Westfront. Seine Einsatzorte belegen deutlich, dass er an vielen heiß umkämpfen Brennpunkten im Einsatz war und den Krieg mit den unermesslichen Leiden der Soldaten im wahrsten Sinne des Wortes an vorderster Front erlebt hat. Näher eingegangen und durch historisches Kartenmaterial erläutert wird auf seine Einsätze im Priesterwald, am Loretto, in der Champagne, an der Somme, an der Aisne sowie am Kemmelberg in Flandern, wobei auch sehr viel Wert darauf gelegt wird, die Ereignisse im allgemeinen Zusammenhang »Erster Weltkrieg« zu sehen. Ein besonderer Abschnitt versucht mit der Beschreibung der »emotionalen Schlüpflöcher « eine Erklärung dafür zu finden, auf welche Weise Jakob Ebner die traumatischen Kriegserlebnisse bewältigen konnte.
Im Jahre 1960 wird die Heimatgeschichte von Heidelsheim herausgegeben. Unterlagen aus dem Nachlass von Otto Härdle bestätigen, dass der Autor von 1936 bis 1939 schon einmal versucht hat, seine heimatgeschichtlichen Forschungen in Buchform zu veröffentlichen. Doch kommt das Vorhaben nicht voran. Erst spät erkennt der Autor, dass die NSDAP in das Geschehen eingreift. Langsam konkretisieren sich Einwendungen. Die Bereitschaft des Autors zu Korrekturen führt nicht zu einer Druckfreigabe.
Zu Anfang des 20. Jahrhunderts gab es im Land Baden verschiedene Wahlsysteme bei Bürgermeisterwahlen. Der Bürgermeister der Gemeinde Langenbrücken, heute gehört der Ort zu Bad Schönborn, Josef Ziegelmeyer, ist mittels drei verschiedener Wahlsysteme zum Bürgermeister gewählt worden. Die ersten beiden Wahlen fanden im Zeitalter der konstitutionellen Monarchie statt, die dritte im Zeitalter einer demokratischen Republik. Bei der ersten Wahl wurde Ziegelmeyer von einem Bürgerausschuss gewählt, bei der zweiten von einem Teil der Ortsbürger und bei der dritten Wahl von allen Ortsbürgern der Gemeinde. Das Ergebnis der Wahlen Ziegelmeyers war immer hervorragend, die Wahlsysteme hatten keinen Einfluss auf das sehr gute Abschneiden Ziegelmeyers.
Wer die Evangelische Stadtkirche am Karlsruher Marktplatz sieht, kann kaum ahnen, welch eine lange und bewegte Entwurfs- und Baugeschichte dieses Gebäude hat. Sage und schreibe 24 Jahre waren vergangen, als die Glocken am Pfingstsonntag 1816 zur Einweihung des Gotteshauses
riefen. Friedrich Weinbrenner hatte sich bereits in seiner Lehrzeit 1791/92 in Berlin mit der Frage nach der Gestalt dieser Kirche beschäftigt und eine größere Zahl an Entwürfen gefertigt. Bei der späteren Ausführung des Kirchengebäudes indes musste der Baumeister einen steinigen Weg beschreiten. Aus finanziellen Gründen sah er sich vielfach gezwungen, bei der Realisierung auf übliches Baumaterial zu verzichten und sich mit Ersatzlösungen zu begnügen. Hinzu kamen leidige Auseinandersetzungen mit dem vorgesetzten Finanzministerium. Doch nach dem beharrlichen Widerstand Weinbrenners stellte sich der Großherzog zuletzt auf dessen Seite.
Geschichte der Landschaft
(2016)
Dieser Beitrag will historische Tiefenschichten der Landschaft sichtbar machen: einer Landschaft im Wandel, wie sie von der Natur und von Menschen geschaffen wurde, in der Naturgeschichte und Kulturgeschichte sich überlagern. Wenn wir reflektieren, dass »Natur« ebenso
ein Begriff der Philosophiegeschichte wie der Naturwissenschaft ist, wird plausibel, dass Naturschutz auch als eine kulturelle Aufgabe verstanden werden kann.
Schwetzingen
(2016)
Die Stadt Schwetzingen feiert im Jahr 2016 die erste urkundliche Erwähnung als »Suezzingen« im Lorscher Kodex im Jahr 766. Der Eintrag im Lorscher Kodex geht auf die Schenkung einer Frau namens Agana zurück. Agana wäre erstaunt, würde sie ihr damaliges Dorf Suezzingen heute erleben. Im Jahr der 1250-Jahrfeier zeigt sich Schwetzingen als besonders lebenswerte, historische und lebendige Stadt mit großer Aufenthaltsqualität. Die Wurzeln dieser Entwicklung liegen in der Historie und sind über die Jahrhunderte gewachsen; zugleich stellte sich die Stadt immer den Herausforderungen der Zeit und wusste sich sinnvoll anzupassen und zu entwickeln. Der nachfolgende Beitrag versucht, die heutige Stadt zu beschreiben und zugleich die Gründe aufzuzeigen, warum Schwetzingen eine überaus beliebte und lebenswerte Stadt ist. Am Ende wird sich zeigen, dass es sich um eine Kombination von Gründen handelt, die für die Qualitäten des heutigen Schwetzingens ausschlaggebend ist. Lage, Geschichte, Stadtgestaltung, Angebotsstruktur und Mentalität der Menschen waren entscheidend für die überaus positive Entwicklung der Stadt.
Prinzessin Wilhelm
(2016)
Dynastisch verflochten ist Prinzessin Wilhelm mit dem Familienclan des Kaisers Napoleon I. und zugleich mit dem Zarenhaus. In Petersburg geboren und aufgewachsen fühlte sie stets als Russin. Als sie im Jahre 1863 den Prinzen Wilhelm von Baden, Bruder des Großherzogs Friedrich
I., ehelichte, bezog das Paar ein Palais am Karlsruher Schlossbezirk. Engagiert widmete sich die Prinzessin gesellschaftlichen und sozialen Aufgaben. Sie ist die Mutter des Prinzen Max von Baden, der zu Ende des Ersten Weltkriegs eine politische Schlüsselposition einnahm.
Im Jahr 2015 konnte die Badische Landesbibliothek durch die Schenkung des Karlsruher Italiensammlers Klaus Gerhard Frank (1930–2015) einen bedeutenden Zuwachs im Bereich der Inkunabeln, alten Drucke und historischen Karten verzeichnen. Mehr als 3000 Werke einer seit den 1970er Jahren kontinuierlich gewachsenen Rom- und Italiensammlung gelangten in ihren Bestand. Dieses besondere Ereignis nahm die BLB zum Anlass für die Ausstellung »Bella Bibliotheca – Kostbarkeiten einer Karlsruher Italiensammlung«, die vom 26. Februar bis 18. Juni 2016 zu sehen war.
Im Januar 2014 trat in Frankreich das Gesetz zur Neuordnung der Territorialverwaltung und Stärkung der großen Städte (Métropoles) in Kraft . Am 17. Dezember 2014 verabschiedete die französische Nationalversammlung eine einschneidende Gebietsreform. Die Zahl der Regionen wurde zum Jahreswechsel von 22 auf 13 zurückgeführt. Im Lichte der Europäisierung werden die neuen Gebietskörperschaften die kritische Größe erreichen und gleichzeitig mit mehr Kompetenzen und Mitteln ausgestattet. Staatspräsident François Hollande sieht darin weitere
wichtige Schritte auf der Reformagenda zur Modernisierung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit seines Landes, vor allem aber einen Beitrag zum Sparkurs der französischen Regierung.
Der Beitrag gibt einen kurzen Einblick in die Anfänge der Philatelie in den 1840er Jahren, beschreibt die »Definition Briefmarke« und deren Entwertungsmöglichkeiten. Mit der Gemeindereform in Baden-Württemberg in den 1970er Jahren verschwanden viele Ortsnamen aus den Poststempeln. Eine gewisse Anonymität hat sich »eingeschlichen«. Vereinzelt gibt es noch Ortswerbestempel, die für einen Ort oder eine bestimmte Einrichtung in der Gemeinde oder Stadt werben. Der Beitrag verdeutlicht auch die Rationalisierungen im täglichen Postbetrieb.
Noch heute besitzt jede Gemeinde ihre Postleitzahl und den »modernen« Maschinenstempel des Briefzentrums mit der individuellen Zahl der »Postleitregion«. Das Thema wird postalisch am Beispiel der heutigen Gemeinde Hausen im Wiesental (Landkreis Lörrach) verdeutlicht. Der
Artikel möchte auch dazu anregen, dass sich die Leserinnen und Leser mit der Philatelie- und Postgeschichte auseinandersetzen und sich vielleicht des Themas in ihrem Wohnort annehmen.
Aus der Fülle der Diskussionsbeiträge verweisen wir hier auf einige grundsätzliche Themenstellungen. Vereinsorganisatorische Probleme wie Mitgliederstruktur, Ausschüsse, personelle und finanzielle Ausstattung wurden besprochen. Voraussetzungen, Möglichkeiten und Grenzen eines angemessenen politischen Engagements der Heimatvereine wurden ausgelotet. Im Zusammenhang mit den problematischen Mitgliederzahlen wurde die Frage diskutiert, in welchem Verhältnis die Sorge um die zukünftigen Mitgliederzahlen zu den unverzichtbaren Vereinsanliegen stehen solle und dürfe. Die Frage, in wie weit eine mitglieder- und vereinsgebundene Heimat in Zukunft noch zeitgemäß ist, war die extremste Ausformung der Überlegungen. Auf Alleinstellungsmerkmale und »Mehrwert« der Heimatvereine einigte man sich als wichtige Erkennungszeichen der Heimatvereine und ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Konsens herrschte darüber, dass der Internetauftritt auf allen Ebenen vorangetrieben werden müsse. Um überhaupt von der Verwaltung wahrgenommen zu werden, wurde eine Zusammenarbeit der beiden Heimatvereine besonders in politischen Fragen als vordringlich erachtet. Beide können sich auch eine Zusammenarbeit auf weiteren Feldern vorstellen. Eine Fusion der beiden Vereine wurde aber ausdrücklich ausgeschlossen.
Der Beitrag listet zahlreiche Neu- und Wiederfunde
von Flechten für Naturräume und größere Regionen
von Süddeutschland und angrenzenden französischen
Gebieten auf. Einige der Funde sind Erstnachweise für
Deutschland. Sie werden mit entsprechenden topographischen und ökologischen Daten und Herbar-Referenzen vorgestellt. Bemerkenswert sind u.a. der Wiederfund von Sclerophora farinacea, die in Deutschland 150
Jahre verschollen war, und die Zuordnung einer vielfach
gesammelten sterilen Flechte zu Biatora aureolepra, einer Art hochmontaner Nadelwälder. Ausführlicher wird
auf die Floristik des Candelariella efforescens-Aggregates im Gebiet eingegangen. Die Synonymisierung von
Lecidea scabridisca mit Rimularia mullensis und von Lecidea vezdai mit Miriquidica complanata wird erklärt.
Günther Müller †
(2016)
Günther Müller verstarb am 2. Dezember 2015
im Alter von 90 Jahren in Rheinstetten-Mörsch
bei Karlsruhe. Seine Liebe gehörte der Vogelwelt, dem Naturschutz und seiner Frau Maria,
die ihn bei vielen seiner Aktivitäten in der Freizeit
begleitete. Prägend für die Naturschutzverwaltung war insbesondere seine Zeit als Leiter der
Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspfege in Karlsruhe (BNL) von 1972 bis 1987.
Aber auch als ehrenamtlicher Naturschützer war
er sehr aktiv. Als Pensionär hatte er noch lange
Jahre im Karlsruher Naturkundemuseum einen
Arbeitsplatz.
2016 konnte das Regierungspräsidium Karlsruhe
das Naturschutzgebiet „Pfinzquellen“ ausweisen. Das
Naturschutzgebiet „Pfinzquellen“ liegt zwischen den
Ortsteilen Ittersbach, Langenalb und Feldrennach
der beiden Gemeinden Karlsbad und Straubenhardt
und umschließt den Norden des Ortsteils Pfinzweiler.
Es handelt sich um eine der letzten großen zusammenhängenden
Wiesenlandschaften des nördlichen
Schwarzwaldes.
Rund 220 ha, also etwa 75 % des gesamten Naturschutzgebietes,
sind Grünland. Es setzt sich aus den
nach der Roten Liste Baden-Württembergs gefährdeten
Nasswiesen basenarmer Standorte, den ebenfalls
gefährdeten Magerwiesen mittlerer Standorte, den
stark gefährdeten Pfeifengras-Streuwiesen sowie den
Fettwiesen mittlerer Standorte zusammen. Die Magerwiesen
zählen zu dem nach der europäischen Flora-
Fauna-Habitat-Richtlinie geschützten Lebensraumtyp
(FFH-LRT) „Magere Flachlandmähwiese“ (Code
6510), und die Pfeifengras-Streuwiesen zu dem FFHLRT
„Pfeifengraswiese“ (Code 6410). Naturschutzfachlich
besonders wertvoll sind die Nasswiesen und die
Pfeifengras-Streuwiesen im Feuchtbereich des Naturschutzgebietes.
Wie ihr Gefährdungsgrad anzeigt, verschwinden
diese Lebensräume in Baden-Württemberg
zusehends, sofern sie nicht durch Schutz- und Pflegemaßnahmen
aktiv erhalten werden.
Besonders herauszuheben sind die Wiesen auf Ittersbacher
Gemarkung, die durch ihren Reichtum an besonders
geschützten Pflanzenarten, wie z.B. diversen
Orchideenarten, Schlüsselblume und Heilziest ein botanisches
Highlight in der Region darstellen.
Aufgrund des offenen Charakters der Landschaft
und der aus den bestehenden Quellen entstandenen
Feuchtwiesen stellt das 290 ha große Areal nicht nur
einen wertvollen Lebensraum für seltene Pflanzenarten
dar, sondern ist besonders für bodenbrütende
Vogelarten ein unersetzlicher Lebensraum. Insgesamt
konnten im Gebiet rund 32 % der in Baden-Württemberg
brütenden Vogelarten festgestellt werden. Durch
seine große Vielfältigkeit bietet das Gebiet für eine
beeindruckende Anzahl von Vogelarten einen geeigneten
Lebensraum als Brut-, Nahrungs- und Winterquartier.
Nicht weniger als acht Fledermausarten
sowie 19 Heuschrecken-, 46 Tag- und 204 Nachtfalterarten
sowie viele weitere Tierarten haben hier ihren
Lebensraum.
Die Schutzwürdigkeit wird durch die große Vielzahl
an seltenen und hoch gefährdeten Tier- und Pflanzenarten
und Lebensraumtypen verdeutlicht. Bereits
bestehende Schutzkategorien wie das FFH-Gebiet,
ein Landschaftsschutzgebiet und zahlreiche nach § 30
Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) geschützte
Biotope
unterstreichen diese Feststellung. Die bereits
bestehenden rechtlichen Bestimmungen müssen jedoch
ergänzt und konkretisiert werden, um den Schutz
aller vorhandenen Lebensräume und Arten zu gewährleisten.
Die insbesondere für dichter besiedelte Räume
sehr hohe Vielfalt der Flora und Fauna des Gebietes
soll durch die Unterschutzstellung bewahrt, seine Lebensräume
sollen durch eine naturverträgliche Nutzung
(weiter) gepflegt und entwickelt werden.
Der Renchener Schlossberg
(2016)
Als der Edle Siegfried im Jahre 1070 sein „predium Ulm“, einen
großen Güterkomplex in der nördlichen Ortenau, an die Bischofskirche von Straßburg schenkte, war das – namentlich
leider nicht genannte – Renchen wohl mit inbegriffen. Die
Quelle ist nicht ganz unproblematisch, weil das Original der
Urkunde nicht mehr erhalten und sie nur in einer späten Abschrift bekannt ist. Die Urkunde könnte echt gewesen sein
(d. h. aus dem Jahr 1070 gestammt haben) oder auch eine hochmittelalterliche (d. h. 100 bis 200 Jahre jüngere) „Fälschung“
bzw. Dokumentation oder Rückschreibung eines Zustands
darstellen, der vielleicht gegen anderweitige Ansprüche verteidigt werden musste. Anlässe für die Herstellung einer solchen
Urkunde hätte es im 12. und 13. Jahrhundert für die Bischofskirche in Straßburg genug gegeben. In jedem Fall ist anzunehmen, dass die Siedlung Renchen als Dorf oder Weiler damals
längst bestand. Im Jahre 1150 wird – bezogen auf das Jahr 1115
– ein „Wernherus de Reinecheim“ genannt, bei dem es sich um
einen kleinen Adligen oder Ministerialen handeln dürfte. Das
Jahr 1115 wurde auf diesem Wege zur Grundlage für das
900-jährige Ortsjubiläum von Renchen, das im Jahre 2015 gefeiert wurde. Und damit bildete es auch den Anlass für die
Jahresversammlung des Historischen Vereins für Mittelbaden
am 25. Oktober 2015 und den Festvortrag, der etwas verändert
hier abgedruckt wird.
Der Garten der Landesherrschaft im Pfaffenbach wird zuerst
als Stadtschreibereigarten bezeichnet, später als Amtsschaffneigarten. Ein Grund für die Änderung ist nicht erkennbar. Die
Stadt- und Amtsschaffnei befand sich in einem Haus gegenüber
dem Palais Rohan. Heute ist dort die Wiegandt’sche Apotheke.
Nach dem Umzug des Justizbeamten und des Domänenverwalters in das sogen. Schloss (heute: „Palais Rohan“) verkaufte der
badische Staat das ehemalige Schaffneihaus im Jahr 1825 an
den Apotheker Joseph Leonhardt Mylius. [1]
Seither diente es
vielen Apothekern als Wohn- und Geschäftshaus.
Die Erschließung der Wälder durch Wege ist eine notwendige
Kulturleistung mit unterschiedlichen Absichten. Ohne Wegebau könnte der Wirtschaftsfaktor Wald nicht genutzt werden.
Allerdings waren diese Wege früher nicht von solcher Breite
wie die heutigen, die schließlich auch einem Langholzfahrzeug
die Passage ermöglichen müssen. Zudem erfolgte der eigentliche Holztransport vom Schlag weg oft mit Pferden auf schmalem Weg zu einer hölzernen Rutschrinne, der Riese. Der Bau
von Spazier- und Wanderwegen ist erst eine Erscheinung des
beginnenden 19. Jahrhunderts. Denn die Romantik liebte das
Wandern durch die Natur. Heute haben Barfußpfade Konjunktur, Mountainbike-Trails, Walkingtouren, auch unterm Hohen
Horn. Einige willkürlich ausgesuchte Aspekte zu dieser „Unterwegsgeschichte“ in der Ortenau mögen die Vielfalt des Themas
andeuten. Aus autobiographischen Gründen des Verfassers soll
das Hohe Horn, der Hausberg Offenburgs, als Untersuchungsobjekt dienen.
Innerhalb der Geschichtswissenschaft hat seit geraumer Zeit
die Beschäftigung mit den Fragestellungen und Problemen der
sogenannten „historischen Authentizität“ eine enorme Bedeutung erlangt. Insbesondere das Museumswesen und die Gedenkstättenarbeit sind davon in besonderer Weise berührt.
Woher rührt das Bedürfnis nach dem historischen Echten und
Realen und wie lässt sich diese Authentizität feststellen oder
festschreiben? Wie geht man andererseits mit nur inzenierten
oder konstruierten vermeintlich historischen Orten um? [1]
Lassen sich beide Kategorien – der authentische oder der inszenierte Ort – immer klar voneinander trennen?
Diese Fragestellungen zur „historischen Authentizität“ lassen sich exemplarisch auf einen Ort jüdischer Regionalgeschichte beziehen, der inzwischen aus dem Schuttertal bekannt geworden ist: das sogenannte „Judewegle“ bei Dörlinbach.
Zu einer geschichtlichen Betrachtung kann auch gehören, statt
nur von Siegern und Gewinnern zu berichten, ebenso Unterlegene und Verlierer in den Blick zu nehmen. Selten ist die Quellenlage so günstig wie im Fall der Bewerbungen um das Amt
des Obervogts in Triberg nach dem Tod des Johann Baptist
Essig (26. Dezember 1736), als sechs Kandidaten dieses Amt
anstrebten. Gewinner wurde Johann Franz Meinrad von
Pflummern. Ihre Namen: Veit Sigmund von Reischach, Joseph
von Kornritter, Laurenz Nabholz, Severin von Bender, Ignaz
von Rottenberg. Alle hatten sie sichere, höhere Positionen inne,
übten vergleichsweise ruhige Tätigkeiten aus, am Hungertuch
nagte keiner, nur Rottenberg bezeichnete sich ausdrücklich als
„ziemlich mittellos“. Sie hatten Erfahrungen in der Verwaltung
und kehrten dies auch hervor. Gerade deshalb reizte sie das
Amt des Obervogts von Triberg, dem insgesamt 10 Vogteien
unterstellt waren, die sich über Berge und Täler hinzogen, bewohnt von einer Bevölkerung, die, gelinde gesagt, schwierig
war, was die Bewerber möglicherweise nicht so genau wussten.
Die Berufung in dieses Amt muss als Beförderung und Ehre
verstanden worden sein, ein weiterer Aufstieg in der Beamtenhierarchie ist von keinem Triberger Obervogt bekannt.
Mitten im Ersten Weltkrieg starb am 23. Juni 1916 Heinrich
Hansjakob, der Anlass, seiner in Triberg und Gremmelsbach
besonders zu gedenken. Denn in seinem literarischen Werk
fanden die beiden Orte den ihnen gebührenden Platz, gerade
Gremmelsbach sucht man in der Unterhaltungsliteratur
nahezu vergebens. Zur Erzählkunst Hansjakobs gehört, dass
er das Wort an die Hausierkiste seines Großvaters, des Wälder-Xaveri, abgibt, mit anderen Worten: die Hausierkiste selber
reden lässt. Das Gespräch der Kiste mit ihrer „Mutter“, einer
Tanne am Wasserfall – denn die Kiste ist aus ihrem Holz gefertigt – über ihre Umgebung und ihr Schicksal enthält durchaus philosophische Gedanken über Leben und Sterben, über
die Zeit, die die Menschen im Unterschied zu Tannen ganz
anders fühlen. Die Erzählerin, in Wahrheit die alte Tanne,
vergisst dabei aber die Welt am Boden, unter dem Boden und
in den Wipfeln der Tannen nicht. Es gelingt eine herrliche
dichterische Beschreibung, mehr noch ein Stimmungsbild
der Wasserfallwildnis, dazu ein Bild des 18. Jahrhunderts,
denn die Wallfahrtskirche ist 1705 erbaut, die Tanne hört, so
will es der Dichter, die Glocken der Wallfahrtskirche, andere Bäume schauen den Uhrenträgern, die vorbeikommen,
in die Ferne nach und sehen sie dann auch glücklich heimkehren. Ein Streiflicht über einen Moment der Triberger Geschichte.
Bei einer Begehung am 24.7.2013 konnte bei Schuttern ein ausgedehntes Siedlungsareal lokalisiert werden, bei dem es sich um
die lange gesuchte Burg Schuttern handeln könnte. Sie wurde
bisher im Gewann „Schlossmatt“ gesucht, auf dem sich seit Jahrzehnten die Gebäude, Äcker und sonstigen Pflanzungen einer
Gärtnerei befinden. Ein anderer Lokalisierungsvorschlag suchte
sie innerhalb des ehemaligen befestigten Städtchens Schuttern,
und zwar in seinem östlichen Randbereich. Anlass dafür waren
neben Mauerbefunden in einer Baustelle (die jedoch jünger und
nicht massiv genug ausgeführt waren) die im frühen 16. Jahrhundert erfolgte Nennung des halben Stadtgrabens unter den
Zugehörden, in einem Atemzug mit Turm und Burgstall. Dies
meinte man im Sinne einer baulichen Einheit von Stadt und
Burg verstehen zu können – wofür es ja andernorts durchaus
Beispiele gibt.
Kenzingen, die „Perle des Breisgaus“, wie die Stadt im Internet
gerühmt wird, gehört heute mit seinen knapp 10 000 Einwohnern zum Landkreis Emmendingen. Vorläufer des dortigen
heutigen Goethe-Gymnasiums [1]
ist die 1878 gegründete Höhere
Bürgerschule [2].
Etwa zwanzig Jahre nach ihrer Gründung – die Höhere Bürgerschule/Realschule war bis dahin im ehemaligen Franziskanerkloster und späteren Spital untergebracht [3]
– erhielt Kenzingen ein neues Schulgebäude. „Das Doppelschulhaus an der
Kleinen Elz wurde für die Volks- und Realschule 1897/98 erbaut. 1961 zog das Progymnasium aus, und seit 1996 steht das
Gebäude ausschließlich der inzwischen geschaffenen Hauptschule zur Verfügung.“ [4]
Ob die Deutschen wirklich mit Hurra in den Ersten Weltkrieg
gezogen sind, ist umstritten. Für die Behauptung spricht eine
hohe Zahl von Kriegsfreiwilligen. In den ersten Tagen der Mobilmachung im August 1914 haben sich 1 Million junger Männer freiwillig zu den Waffen gemeldet, wie z. B. der aus Nonnenweier stammende Ludwig Frank. Der in Mannheim tätige
Rechtsanwalt gehörte zu den führenden Köpfen der Sozialdemokratie. Deren Anhänger wurden gelegentlich als Vaterlandsverräter beschimpft, weil sie die geplanten Rüstungsausgaben
nicht bewilligen wollten. In der „Stunde der Not“ wollten sie
nun mit ihrer Meldung zum Militär das Gegenteil beweisen.
Nachdem wir, für unsere Arbeit über den Klerus des Elsasses
vor 1648, alle Urkunden in den Archives Départementales
du Bas-Rhin durchstöbert haben, haben wir seit einigen Jahren dieselbe Arbeit in den Archives Municipales de Strasbourg
unternommen. Es handelt sich nicht nur um das Stadtarchiv,
sondern auch um andere reiche Fonds, die darin einverleibt
sind: jene der Œuvre Notre-Dame, des Grand Chapitre sowie
um die sehr reichen Fonds des Spitals und des Kapitels von
Saint-Thomas, in welchen auch vieles über die Ortenau zu
finden ist.
Angesichts neuer Herausforderungen und knapper werdender Mittel geraten die historischen Bestände als Träger des schriftlichen Kulturerbes zuweilen ein wenig aus dem Fokus. Doch gelingen hin und wieder trotz gestiegener Preise auch in diesem Bereich einzigartige Neuwerbungen. So ging es der Badischen Landesbibliothek Ende 2015: Sie konnte eine kostbare spätmittelalterliche Handschrift erwerben, deren Geschichte gleich mehrfach mit Baden und der BLB verbunden ist. Ermöglicht wurde dies durch die großzügige und unbürokratische Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Stiftung
Kulturgut Baden-Württemberg und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg.
Carolinea. – 74 (2016)
(2016)
Zwei geschichtspolitische Themen bestimmen seit fast vierzig Jahren die lokale Erinnerungskultur der Stadt Offenburg: Die
Erinnerung an und die Auseinandersetzung mit der badischen Revolution von 1847–1849 sowie „Verfolgung und Widerstand“
in der NS-Zeit. In den beiden vergangenen Jahren zog die Kulturverwaltung gemeinsam mit dem Kulturausschuss und dem
Gemeinderat eine Bilanz über die städtische Erinnerungskultur der letzten vier Jahrzehnte und setzte die inhaltlichen Schwerpunkte für die zukünftige städtische Erinnerungspolitik. Gemeinsam entschied man sich bewusst dafür, dass auch in Zukunft „NS-Vergangenheit“ einerseits und „Demokratiebewegung des Vormärz“ andererseits Schwerpunkte der Erinnerungskultur in Offenburg bilden sollen. Der folgende Beitrag beschäftigt sich ausführlich mit der kommunalen Erinnerungskultur und ihrer Zukunft.
Untrennbar mit der frühen Ludwigsburger Stadtgeschichte ist die Gestalt der
Christina Wilhelmina von Grävenitz (1685–1744) verbunden. Sie war 24 Jahre
die Mätresse des Ludwigsburger Stadtgründers Eberhard Ludwig und prägte
dessen Regierungszeit wie kein anderer Mensch.
Mätressen verdankten in der Frühen Neuzeit ihren Aufstieg vor allem ihrem
Aussehen. Und wer könnte das Aussehen der Grävenitz besser beurteilen als ein
Zeitzeuge. Heinrich August Krippendorf hatte als ihr Privatsekretär über viele
Jahre sehr engen Kontakt zu ihr. Er schreibt aus der Retrospektive:
»Es war ... an der Grävenitz
gar nichts Schönes, außer der Busen und Hände. Ihre
Augen, Haar und Taille von der allergemeinsten Sorte, die Zähne die heßlichsten
von der Welt, der Gang negligent. Ihr Angesicht, welches jederzeit mit Farde so
starck übergeschmiert war, als ob sie einem [G]ipser die Arbeit verdungen, gliche
ohne diesem Anstrich einem alten Epitaphio, woraus das Gold gekratzt worden, indem es die Blattern gar grob verderbt hatten. Nechst diesem ist es schier unmöglich
zu glauben, wie Eberhard Ludwig die Grävenitz die letzten 12 Jahre ihres Dominats
über lieben können, denn sie ward durch eine ausgestandene Kranckheit so unförmlich dick, daß es Kunst brauchete, sie einzuschnüren, welches auch sehr selten und
nur bey den vornemsten Hoffestins geschahe.
In der Stuttgarter Zeitung vom 27. Juli 2016 schrieb Ingmar Volkmann: »Eine
Flüchtlingskrise hat Europa fest im Griff. Eine riesige Zahl von Wirtschaftsflüchtlingen macht sich auf eine äußerst ungewisse Reise in der Hoffnung auf
eine bessere Zukunft. Die einen wagen die beschwerliche Etappe zu Fuß, andere
mit dem Schiff. Auf den Booten brechen Krankheiten aus und fordern viele
Opfer. Im Flüchtlingslager von Ismajil an der Donau angekommen, müssen sich
die Auswanderer direkt in Quarantäne begeben. Im Lager herrschen erschreckende
hygienische Zustände, zahlreiche Epidemien wüten. Ein Teil der Flüchtlinge
wird ihr gelobtes Land nie erreichen. Die, die es aber schaffen, schicken denen,
die diesen Schritt noch nicht gewagt haben, beinahe enthusiastische Nachrichten
aus der neuen Heimat.«
Diese Schilderung könnte eine Zustandsbeschreibung der aktuellen Flüchtlingslage sein. Es ist jedoch ein Bericht über die Situation vor 200 Jahren. 1816 und 1817
führte der Fluchtweg jedoch im Gegensatz zu heute in andere Richtungen,
nämlich vor allem nach Osten. Zentraleuropa steckte damals mitten in einer
dramatischen Wirtschaftskrise. Württemberg war besonders schlimm betroffen
und wurde zeitweilig als das Armenhaus Europas bezeichnet. Schuld daran waren
die jahrelangen Kriege der napoleonischen Zeit sowie mehrere Missernten.
Seit 1812 waren die Sommer nass und kalt. Am schlimmsten war das Jahr
1816, das bekanntermaßen als »Jahr ohne Sommer« in die Geschichte einging.
Man spricht heute sogar von einer sogenannten Kleinen Eiszeit, wie sie zuvor
um 1400 stattgefunden hatte. Dies hatte zur Folge, dass ganze Bevölkerungsschichten verarmten und ein Massenexodus einsetzte. In den ersten vier Monaten
des Jahres 1817 sollen, so der Historiker Daniel Krämer, 17 000 Menschen legal
aus dem Königreich Württemberg ausgewandert sein.
Er hat das Wort "Naturschutz" erstmals im heutigen Sinn verwendet: Philipp Leopold Martin, geboren am 5. November 1815. Er führte den Begriff "Naturschutz" in die deutsche Sprache ein und gilt somit als dessen "Erfinder". Dieser Vordenker des Naturschutzes hat bereits 1871
ein umfassendes Programm zum Natur- und Artenschutz vorgelegt. Anlässlich des 200. Geburtstages von Martin erschien in der (Schriften-)Reihe des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) die Nr. 417 der Sparte "BfN-Skripten", in welcher seine Leistungen gewürdigt und seine
Originalschriften zugänglich gemacht werden.
Das Elsass ist als Schlemmerland, als Einkaufs- und Wanderregion mit den vielen Burgen, als Region mit berühmten Museen und Sehenswürdigkeiten bekannt. Doch es hat noch anderes anzubieten. Das Elsass gilt als eine der Wiegen der deutschen Sprache seit dem 9. Jh. bis Ende des 16. Jh., als Kulturland. Als französische Gegend ist es ein Teil des rheinischen Humanismus und der Kultur. Viele Elsässer wollen nicht auf die deutsch-französische Zweisprachigkeit verzichten und setzen sich energisch dafür ein.
Wenn man schnell einige zuverlässige und aussagekräftige Informationen über
die örtlichen Verhältnisse eines württembergischen Dorfes im 19. Jahrhundert
haben möchte, sind bekanntlich die vom einstigen Königlichen statistisch-topographischen Büro herausgegebenen alten Oberamtsbeschreibungen eine
unverzichtbare Quelle und Hilfe. Dies gilt auch für Aldingen.
In der im Jahre 1859 veröffentlichten »Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg« sind der Gemeinde Aldingen neun Seiten gewidmet. Sie begegnet uns
darin als ein Ort, dessen Verhältnisse wohl geordnet sind und im Wesentlichen
jenen in den anderen Dörfern des Oberamtsbezirks entsprechen. Von den Nachbarorten unterschied sich Aldingen freilich dadurch, dass es hier damals noch
eine blühende israelitische Gemeinde gab – ein Erbe der einstigen Ortsherrschaft der Herren von Kaltental, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts
einige jüdische Familien aufgenommen hatten. Von den 1250 Einwohnern,
die man 1856 zählte, waren 112 Juden. Die israelitische Gemeinde löste sich
allerdings in der Folgezeit, namentlich infolge von Abwanderungen nach
Ludwigsburg, rasch auf; bereits 1882 gab es in Aldingen keine jüdischen Einwohner mehr.
Ein anderes Erbe der Herren von Kaltental hat sich hingegen bis heute erhalten:
Das 1580 von Heinrich von Kaltental im Stil der Renaissance erbaute Schloss.
Es war nach dem Aussterben der Kaltentaler 1746 in bürgerliche Hände gekommen. In seiner östlichen Hälfte waren dann ab 1836 Rathaus, Schule und die
Wohnung des Schulmeisters untergebracht.
1769 wurde vom Mannheimer Hof ein wertvolles Fernrohr zur Beobachtung des Venus-Transits in St. Petersburg erworben. Das von Peter Dollond in London angefertigte Instrument war gut 3 m lang und besaß ein achromatisches Objektiv sowie vier auswechselbare Okulare von 50-, 100-, 150- und 160-facher Vergrößerung. Dazu gehörte auch ein Heliometer. Der Aufsatz zeichnet den wechselvollen Gebrauch des Teleskops bis 1923 nach und gibt einen Einblick in die Astronomie- und Technikgeschichte des 18. Jahrhunderts.
Im Gedenkjahr der Reformation wird der Blick auf jene Außenseiter der reformatorischen Bewegung gelenkt, die in jener Zeit als Wiedertäufer verfolgt wurden. Neben der Darstellung ihrer Lehren und Hauptvertreter in Süddeutschland und der Stellungnahmen der führenden Reformatoren wie Melanchthon und Brenz zu ihnen, wird ihre Präsenz im Kraichgau und insbesondere in Bretten dargestellt. Stand am Anfang ein hartes Urteil mit seinen Folgen, so haben sich in der Gegenwart die protestantischen Kirchen und die Täufer, heute Mennoniten genannt, einander in wesentlichen Fragen angenähert.
Gründerjahre
(2017)
Die Geschichte der Universität Konstanz beginnt am 6. September 1959 bei einer
Bauernversammlung in der Nähe von Singen und sie beginnt mit einem Zettel. [1]
Den erhält der damalige Konstanzer Landrat vom damaligen Ministerpräsidenten Kurt Georg
Kiesinger, der auf dem Zettel eine Idee notiert hat: Ich habe vorhin (Stadtrat) den Gedankenfalls neue Universitätsgründungen notwendig werden- Konstanz für unser Land vorgeschlagen. [2]
Eine Idee ist noch keine Geburt. Für das eigentliche Geburtsdatum kommen mehrere Ereignisse in Betracht:
– Im Dezember 1963 werden mit Landtagsbeschluss die Gründungsausschüsse für die
geplanten neue Universität Konstanz und die Medizinische Hochschule Ulm berufen.
– Am 27. Februar 1964 beschließt der Landtag, in Konstanz und Ulm Hochschulen zu
errichten.
– Am 28. Februar 1964 wird Gerhard Hess zum Gründungsrektor ernannt.
– Die ersten sieben Professoren erhalten am 26. März 1966 im Konstanzer Rathaus vom
Ministerpräsidenten ihre Ernennungsurkunden. Es sind dies:
Hans Aebli, Psychologie,
Waldemar Besson, Politische Wissenschaft,
Ralf Dahrendorf, Soziologie,
Hans Robert Jauss, Romanistik,
Franz Georg Maier, Alte Geschichte,
Herbert Nesselhauf, Alte Geschichte,
Wolfgang Preisendanz, Germanistik.
Auch die ersten Studenten kommen 1966. Viel spricht also für dieses Jahr und
letztlich entscheidet sich die Universität für ihr Gründungsdatum für eine steingewordene Manifestation, die alle Zweifel, ob es je zu einer Universität Konstanz kommen
sollte, unwiderruflich beseitigt: die Grundsteinlegung auf dem Gießberg am 21. Juni
1966.
Die Heimattage Baden-Württemberg werden 2017 in Karlsruhe und somit in der bislang größten Stadt veranstaltet. Karlsruhe will sich dabei dem Heimatbegriff aus der Perspektive einer Großstadt annähern und ausloten, wie sich Heimat für die Menschen hier im Vergleich zu denen aus kleineren Orten oder dem ländlichen Raum unterscheidet. »Wie fühlt sich Heimat in einer Großstadt an?« wird zur zentralen Frage der Heimattage in Karlsruhe. Neben den zwei großen Landesveranstaltungen, dem Baden-Württemberg-Tag am 6. und 7. Mai 2017 und den Landesfesttagen mit dem Landesfestumzug vom 8. bis 10. September 2017 stehen drei Themen im Mittelpunkt: »Heimat im Wandel«, »Heimat im Netz« und die »Heimat des Fahrraderfinders «, Karl Drais. Hier findet unter dem Motto »Ganz schön Drais!« vom 25. bis 28. Mai 2017 als Höhepunkt des Jubiläums »200 Jahre Fahrrad« ein FahrradFestival statt. Insgesamt locken über 250 Veranstaltungen im Heimattage-Jahr nach Karlsruhe.
Von den württembergischen Königinnen ist die erste, Königin Charlotte Auguste
Mathilde, die unbekannteste geblieben. Dabei war sie als geborene Prinzessin
von Großbritannien und Irland nach der Rangordnung des europäischen Adels
durchaus mit den späteren Königinnen Katharina und Olga, beide geborene
Großfürstinnen von Russland, zu vergleichen. Ihr Heimatland stieg während
ihrer Lebenszeit zur Weltmacht auf. Sie selbst heiratete 1797 Herzog Friedrich II.
von Württemberg, der 1803 zum Kurfürsten erhoben wurde und 1806 die Königswürde annahm. So war Charlotte Mathilde zwar schließlich Königin in einem
relativ kleinen Land, aber sie war immerhin Königin.
Die geringere Popularität der Monarchin gegenüber ihren Nachfolgerinnen
dürfte zwei Gründe haben. Zum einen war sie mit König Friedrich verheiratet,
der als schwierige Persönlichkeit galt.
In seine Zeit fiel die Säkularisation und
Mediatisierung, aber seine Regierungsjahre waren auch von schweren Krisen,
ausgelöst durch Kriege und eine Reihe von Missernten, bestimmt. Neben dem
willensstarken, autoritären König verblasste die Gemahlin etwas, weil sie sich nicht
direkt in die Politik ihres Ehemannes einmischte. Dabei nahm sie interessiert
Anteil an den politischen Entwicklungen, denn sie war an einem bedeutenden
europäischen Hof aufgewachsen. Als das Herzogtum Württemberg im Zweiten
Koalitionskrieg zwischen Frankreich und Österreich massiv von französischen
Truppen bedroht wurde, bat Charlotte Mathilde ihren Vater König Georg III.,
für Württemberg Partei zu ergreifen und ihren Gemahl zu unterstützen. Außerdem spielte der Umstand eine Rolle, dass König Friedrich bereits aus seiner
ersten Ehe drei Kinder hatte, der Erbprinz bei der zweiten Eheschließung also
bereits geboren war.
Die Kunst Bruchsal zu sein
(2017)
Der Autor stellt einige Überlegungen dazu an, was Stadtentwicklung als Entwicklung menschlicher Lebensräume heute bedeutet, welche Akteure dabei eine Rolle spielen, und was wesentliche Kriterien einer insbesondere nachhaltigen Stadtentwicklung sein könnten. Zum Schluss gibt er einen Ausblick auf die Ausstellung »Die Kunst Bruchsal zu sein«, die begleitend zum gesamtstädtischen Entwicklungskonzept Bruchsal 2025 gezeigt wird.
Wer heute Veranstaltungen an einer evangelisch theologischen Fakultät besucht, wird mit großer Wahrscheinlichkeit viele Frauen antreffen. Immer wieder heißt es, das Pfarramt „verweibliche“. Was heute als Alltag an den theologischen Fakultäten und in unseren Kirchengemeinden betrachtet werden kann, war lange Zeit nicht nur außergewöhnlich, sondern gänzlich unmöglich. Bereits seit mehr als 100 Jahren können zwar Frauen in Deutschland Theologie studieren, aber es ist nicht einmal 50 Jahre her, dass Männer und Frauen in unserer badischen Landeskirche gleichberechtigt als Pfarrerinnen und Pfarrer arbeiten können. Und doch nahm vor 100 Jahren, im August 1917, die erste badische Theologin, Elsbeth Oberbeck, ihren Dienst in der Heidelberger Heiliggeistgemeinde auf.
Vor fast genau 16 Jahren, im März 1999, fand
an derselben Stelle im Theater am Ring eine
Tagung statt, die neben dem Stadtarchiv Villingen-
Schwenningen dieselben Mitveranstalter
hatte: die Abteilung Landesgeschichte des Historischen
Seminars der Universität Freiburg sowie das
Alemannische Institut Freiburg. Mein Beitrag zu
dieser Tagung galt damals der Wirkungsgeschichte
einer anderen Urkunde, der Villinger Marktrechtsurkunde
aus dem Jahre 999, die damals nach
1899 zum zweiten Mal im Verlauf der Villinger
Geschichte den historischen Anlass für ein Jahrhundertjubiläum
bot. Das Referat endete mit dem
Ausblick, dass die beiden großen Stadtbezirke,
Villingen und Schwenningen, im Jahr 817 zum
ersten Mal schriftlich belegt sind: „Die nächste
Jahrhundertfeier wird es 2017 geben, oder vielleicht
ist dann das Interesse an Jahrhundertfeiern
gänzlich verschwunden."
Anlass für diesen Beitrag war für mich das 30jährige Bestehen des Kunstmuseums Hohenkarpfen, das im Sommer 2016 gefeiert wurde. Eine Ausstellung präsentierte zu diesem Anlass eine Auswahl an wichtigen Werken aus der eigenen Sammlung. Am Anfang stand die Stiftung eines umfassenden Konvoluts von Darstellungen des Lebens der Menschen und der Landschaft der Hochbaar von der Hand des aus Tuttlingen stammenden Malers und Zeichners Ernst Rieß (1884–1962). Ihren Zuwachs verdankt die Sammlung insbesondere Ankäufen des Landes Baden-Württemberg und anderer Institutionen, die dem Museum zur dauerhaft en Bewahrung überlassen worden sind, sowie zahlreichen Schenkungen einzelner Werke oder ganzer Sammlungen aus privater Hand.
Wo ab 1927 mit Schuhen gehandelt wurde, nämlich beim 'Salamander' oder genauer beim Schuhhaus Häsler, war zuvor das „Café Central”. Ein ehemals 'pompöses' Café mit Konditorei, das
zunächst einem Markus Späth gehörte, der in späteren Jahren von 1927 bis 1942 auch Wirt der „Blume-Post” war. Die Attraktion für die Villinger Bevölkerung war damals neben der Confiserie auch das für Villingen erste Speise-Eis, womit sich das „Central" damals auch als erstes EisCafé am Platz angepriesen hatte. Als das Gebäude im Jahre 1912 einem Brand zum Opfer fiel, schuf die Baufirma Kistenfeger die Fassade im Jugendstil.
1934 gelang dem FC Germania Karlsdorf der Aufstieg in die Gauliga Baden. Damit stieß die Dorfmannschaft Karlsdorf in die erste Liga vor, in der sonst ausschließlich Vereine aus den Fußballhochburgen Karlsruhe, Mannheim, Pforzheim und Freiburg spielten. Die Germanen standen als größtmöglicher Außenseiter im Interesse der badischen Zeitungen. Der Aufsatz analysiert das badische Zeitungswesen umfassend nach der Frage, wie insbesondere die städtische Presse über das Team aus der Provinz berichtete.
Georg Peter Weygoldt (1889–1907) war ein strebsamer Mensch. Er stammte aus einfachen Verhältnissen, war Lehrer an verschiedenen Volksschulen und machte als Autodidakt das Abitur. Danach studierte Weygoldt evangelische Theologie und Philologie, und er wurde im badischen Oberland, in Lörrach, zum Kreisschulrat befördert, nachdem er zuvor kurze Zeit die höhere Bürgerschule in Weinheim geleitet hatte. Nach knapp 14 Jahren als Kreisschulrat wurde er als Stadtschulrat nach Karlsruhe versetzt. Hier gelang ihm als Nationalliberalem der Sprung in
die Zweite Kammer der badischen Ständeversammlung. Er wurde für den Wahlbezirk XI, der sich zum großen Teil aus Orten seines ehemaligen Schulbezirks in Südbaden zusammensetzte, ins Parlament gewählt. Nach wenigen Jahren als Schulrat in Karlsruhe wurde Weygoldt ein Mitglied des Oberschulrates in Karlsruhe, einer staatlichen Behörde für die Aufsicht über das gesamte Schulwesen in Baden. Er war ein Vorreiter der später qualitativ aufgewerteten Volks- und Berufsschulen.
Als Jung-Stilling 1806 ins Karlsruher Schloss einzog, weil der Großherzog ihn als Seelsorger in seiner Nähe haben wollte, hatte er schon ein für ihn stets unter Gottes Führung stehendes Leben hinter sich, zuletzt vor allem als erwecklicher Schriftsteller. 1796 hatte Karl Friedrich
nach der Lektüre von Jung-Stillings Heimweh-Roman Verbindung zu ihm aufgenommen. Nach dem Tod seines Gönners 1811 wirkte Stilling weiterhin als Schriftsteller und pflegte viele persönliche Kontakte, darunter zu bedeutenden Zeitgenossen. Er starb als Rufer in einer Zeit,
in der für ihn das Weltende nahe war.
Rund um den Bodensee kennt man Johann Caspar Bodmer (1776–1827) mehr oder
weniger bloß als gescheiterten Vorläufer der erfolgreichen Dampfschiffahrts-Pioniere,
über den sich der Volksmund lustig gemacht habe. Häufig wird er mit seinem Bruder
Johann Georg Bodmer verwechselt, bisweilen wird sogar Johann Caspar Bodmer, der
1827 gestorben ist, ein photographisches Porträt des alten Johann Georg Bodmer zugewiesen. In Wirklichkeit ist von Johann Caspar kein Bild bekannt. Immerhin finden sich
Modelle seines Dampfboots im Rosgarten-Museum Konstanz, im Seemuseum Kreuzlingen und neuerdings auch in Lindau, für ein dort geplantes Eisenbahn- und Schifffahrtsmuseum. Alle weiteren Angaben zu Bodmers Biographie in der einschlägigen, fast nur
populären Literatur und in verschiedenen Artikeln in Zeitungen und Zeitschriften bleiben vage und unbelegt – am Ende seines Lebens sei er mit einem Eisenbahnprojekt in
Ungarn beschäftigt gewesen, heißt es lediglich.