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Rede des Direktors des Badischen Landesmuseums zur Eröffnung der Landesausstellung am 16. 6. 2012
(2012)
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Generalbundesanwalt, sehr geehrter Prinz Bernhard, sehr geehrte Familie von Baden,
meine Damen und Herren,
ich freue mich sehr, dass das Badische Landesmuseum mit Ihnen heute das 900jährige Jubiläum Badens feiern darf. Das Badische Landesmuseum ist zwar vielleicht – trotz unserer 350 000 Sammlungsobjekten – nicht das größte unter den Museen Baden-Württembergs, wenn auch letztes Jahr wieder das bestbesuchte trotz der damaligen Baumaßnahmen im und vor dem Schloss; es ist aber gewiss das internationalste. Durch unsere
Antikensammlung und das Engagement für die orientalisch-islamischen Kulturen kooperieren wir mit Museen in Frankreich, Italien, Griechenland, Türkei, Tunesien und jetzt insbesondere Algerien und produzieren entsprechende Ausstellungen. Deswegen vernachlässigen wir aber keineswegs die Kernaufgaben im Bereich der badischen bzw. oberrheinischen Geschichte, Kunst und Kultur. Das zeigt der heutige Tag.
In politischen Debatten bis zur Gegenwart war und ist es wohlfeil, mit unverkennbar negativer Konnotation vor „Weimarer Verhältnissen“ zu warnen – mit Blick auf die gesellschaftlichen, ökonomischen und sozialen Konflikte der Jahre von 1918 bis 1933 und das Scheitern daran, im Rahmen der Institutionen des seinerzeitigen demokratischen Staates dafür sich als dauerhaft tragfähig erweisende Lösungen zu erarbeiten: Aufstände, Putschversuche, wachsende Stimmenanteile für die extremen Parteien auf beiden Flügeln des politischen Spektrums, Weltwirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit und Präsidialregierungen sind Schlagworte, die zur Illustrierung dieser Warnung herangezogen werden und die dann auch in viele Details hinein entfaltet werden können. Und in der Kirchengeschichtsschreibung ist es weithin gängig, den Mainstream des Denkens und das daraus resultierende Handeln in den evangelischen Landeskirchen während der Jahre der Weimarer Republik pauschal mit dem Schlagwort vom „Nationalprotestantismus“ zu charakterisieren – was im Ergebnis dann nicht selten auf eine Art Diskreditierung in genere hinausläuft, als seien diese Jahre letztlich nur als ein „Durchgangsstadium“ hin zum Nationalsozialismus und zu dessen Untiefen und Abgründen zu begreifen und als gelte das wie für die damalige Gesellschaft insgesamt auch, vielleicht sogar gerade für den Protestantismus in Deutschland.
Am 4. April 1556 machte Kurfürst Ottheinrich, soeben mit dem Ableben seines Vorgängers und Onkels Kurfürst Friedrich II. in die pfälzische Kurwürde eingerückt, durch einen zu Alzey gezeichneten Erlass die Reformation lutherischer Prägung für
die Kurpfalz verbindlich. Wenig später, am 1. Juni desselben Jahres, schloss sich die Markgrafschaft Baden-Pforzheim, die spätere Markgrafschaft Baden-Durlach, durch einen entsprechenden Erlass von Markgraf Karl II. an. Damit war die reformatorische Entwicklung im deutschen Südwesten gewissermaßen vervollständigt und zu einem ersten vorläufigen Abschluss gebracht. Grundlage reformatorischer Maßnahmen in beiden Territorien war die von dem Stuttgarter Propst Johannes Brenz erarbeitete württembergische Kirchenordnung des Jahres 1553, die Herzog Christoph im Jahr
1555 mit einer Anzahl weiterer reformatorischer Gesetzestexte für den Gebrauch seines kurfürstlichen Nachbarn, des damals noch regierenden Kurfürsten Friedrich II. von der Pfalz, hatte zusammenstellen lassen, ein Corpus, das den Kern der späteren
Großen Württembergischen Kirchenordnung von 1559 bildet.
Persönliche Initiativen
(2003)
Unter den persönlichen Unternehmungen, kirchliches Kunstgut zusammenzutragen und zu bewahren, ragen Eigeninitiativen einzelner Geistlicher immer wieder heraus. Ob in Übernahme einer neuen Pfarrei, eines Lehramtes oder auch als Domkapitular treten die Theologen aktiv als Sammler oder Vermittler der eingezogenen, beiseite geschobenen, weggegebenen oder verkauften Werke ein. Sie haben das Schicksal von so manchem Kunst- und kirchlichen Gebrauchsgegenstand wesentlich mitbestimmt. Starken Auftrieb erhielten kaufkräftige und sachkundige Kunst- und Antiquitätenhändler, die wiederum von ebensolchen Interessenten konsultiert wurden. Die Händler kauften auf den öffentlichen Versteigerungen, die in nahezu jedem aufgehobenen Kloster von badischen Beamten organisiert worden sind, oder streiften durchs Land, um entbehrliches Kirchengut zu erwerben. Über den Kunsthandel gelangte kirchliches Gut zunächst zunehmend in private Sammlungen, später in die neubegründeten Museen. Was an den einzelnen Orten von Privatpersonen geborgen oder „gerettet" werden konnte, ist selten schriftlich fassbar.
"Wir haben in der Revolution mit den Dynastien restlos aufgeräumt, aber die Grenzpfähle haben wir stehen lassen. Das ist zweifellos eine Unterlassungssünde der Revolution …" Mit diesen Worten forderte der Mannheimer Reichstagsabgeordnete Oskar Geck im Jahr 1920 eine Zusammenlegung der Länder Baden und Württemberg und gehörte damit zu den Initiatoren einer schon in der Weimarer Zeit überaus rege geführten Diskussion über die territoriale Gestaltung des deutschen Südwesten. Der Vortrag beleuchtet zunächst die politische Entwicklung in Baden in den Jahren 1918/19 und zeigt auf, weshalb es erst im Gefolge der Revolution zur Diskussion über eine Territorialreform kam. In einem zweiten Teil werden diese Diskussion, ihre Protagonisten und die Argumente Für und Wider einer Südweststaatsgründung in den 1920er Jahren erörtert.
Neuanfang nach 1945?
(2019)
In der deutschen Nachkriegsgeschichte spielte immer wieder die Frage eine Rolle: Wie konnte es dazu kommen, dass ehemalige überzeugte Nationalsozialisten nach dem Kriegsende 1945 in Politik und Regierung bald ihre Tätigkeit in herausgehobener Position fortsetzen konnten? Zwei der bekanntesten Beispiele waren Hans Globke und Hans Filbinger. Globke, Jurist und hoher Regierungsbeamter im Dritten Reich, war unter Bundeskanzler Adenauer ein einflussreicher Politiker; bei der Entnazifizierung 1947 aufgrund unwahrer persönlicher Angaben als „unbelastet“ eingestuft, wurden seine – auch judenfeindlichen ‒ Verstrickungen in das NS-Regime erst spät, zu spät, öffentlich bekannt. Filbinger, als NSDAP-Mitglied vielfach aktiver Marinerichter im Dritten Reich, einschließlich der Verhängung von politischen Todesurteilen, war nach 1945 dann CDU-Politiker und baden-württembergischer Ministerpräsident, der erst 1978 zurücktreten musste, als seine Vergangenheit bekannt geworden war („Filbinger-Affäre“). Zwei andere Beispiele: Das „Rosenberg-Projekt“ des Bundesjustizministeriums untersuchte personelle und sachliche Kontinuitäten nach der NS-Zeit. Daran schließt sich jetzt eine institutseigene Studie „Die Bundesanwaltschaft und die NS-Zeit“ an.
Als Ergänzung zu den Ausführungen zur Strafrechtspflege und zum Strafvollzugsbau im September-Heft 2002 der Badischen Heimat sei hier noch ein Nachtrag eingebracht. Im Zuge der Reformbestrebungen im badischen Justizwesen Mitte des 19. Jahrhunderts wird Hübsch während der Zeit der Erbauung des Bruchsaler Zuchthauses mit Entwürfen zu weiteren Bauten des Strafvollzuges betraut. Im Herbst 1837 ersucht das Innenministerium Hübsch, in einer Kommission zur Ausarbeitung von Modellplänen für Gefängnisse mitzuwirken, um zu gleichwertigen Gefängnisbauten im ganzen Land zu gelangen. Im Juni 1838 legt Hübsch die gewünschten Entwürfe vor, die endgültige Fertigstellung und Lithographierung der Musterpläne verzögert sich jedoch bis zum Frühjahr 18402. Diese Pläne bestehen aus je zwei Grundrissen, zwei Frontansichten und einem gemeinsamen Schnitt für ein grösseres und ein kleineres Amtsgefängnis, dazu entwirft Hübsch noch eine Art Kleingefängnis in Grundrissen und Ansicht.
Die erste protestantische Generalsynode im Großherzogtum Baden fand 15 Jahre nach dessen Etablierung statt. Sie tagte vom 2. bis zum 26. Juli 1821 in Karlsruhe unter der Präsidentschaft des Staatsministers Carl Christian Freiherr von Berckheim, der in Lörrach ein Schüler des jungen Theologen Johann Peter Hebel gewesen war. Großherzog Ludwig (I.) hatte sie einberufen lassen mit dem erklärten Ziel, die beiden – im neuen Großherzogtum vorfindlichen – sogenannten protestantischen Religionsparteien – die „lutherische“ und die „reformierte“: jene mit ihren Schwerpunkten vor allem im markgräflichen Alt-Baden(-Durlach), in den Ritterschaften des Kraichgaus und in der Grafschaft Wertheim; diese mit ihrem Schwerpunkt in der Kurpfalz – zu vereinigen zu einer „Union“: zu einer „Vereinigten evangelisch-protestantischen Kirche im Großherzogtum Baden“. Deshalb sprechen wir von der „Unionssynode 1821“. Diese Generalsynode hatte sich viel vorgenommen – und sie hat viel erreicht; sehr viel – in gut drei Wochen. Was sie vor allem erreicht hat, war eben die „Union“ als solche: die wirkliche Vereinigung der beiden evangelischen Kirchen im Land, und das nicht zuletzt in einer Frage, über die alle Menschen zu allen Zeiten gerne streiten: übers Geld!
1. "Bunte Bilder von Baden"
Die Frage nach dem, was badisch ist, ist ein durchgehendes Motiv der Ausstellung. Schon im Eingangsbereich wird der Besucher eingeladen, die "eigene Vorstellung" von Baden "beim Gang durch die Ausstellung mitzunehmen".
2. Mit einer Frage durch die ganze badischen Geschichte
Eine Antwort auf die Frage nach Baden und der badischen Identität ist schon beantwortet, bevor der Besucher die Ausstellung überhaupt betritt. Die Antwort steckt in der Verkleidung des Eingangsbereichs durch die 18 Meter hohe Kuckucksuhr von Stefan Strumbel. Wir denken die Antwort könnte lauten: Wir können alles. Auch uns selber auf den Arm
nehmen. So schrieb denn auch der Direktor des Landesmuseums, Strumbels Kunst "passe wunderbar in den Kontext des 900-jährigen Jubiläums von Baden" (BLM aktuell).
Meist völlig unbekannt, in manchen Fällen durchaus auch mit kritischem Fragezeichen zu versehen, sind die Wechselbeziehungen zwischen Staat, Politik und Freimaurerei in Baden. Markgraf Karl Friedrich von Baden (1782-1811), der später (1806) erste Großherzog von Baden, wurde während seines Besuches in London im Jahre 1746 in den Bruderbund der Freimaurer aufgenommen. Er, der zugleich Ehrenmitglied der Loge „Karl zur Eintracht" in Mannheim war, anerkannte die
Freimaurerei zwar nie offiziell - wie dies z.B. Friedrich der Große in Preußen getan hatte-, war als Herrscher jedoch ein sehr aufgeklärter Absolutist. Während seiner Regierungszeit von 73 Jahren war er ein sehr fortschrittlicher Landesvater, der
sowohl die Folter (1767) als auch die Leibeigenschaft (1783) abschaffte. Unter seiner Herrschaft wurde das neue, badische
Landrecht, entworfen und entwickelt durch Johann Nikolaus Friedrich Brauer und den Grundzügen des Code Napoleon
folgend, geschaffen und in Kraft gesetzt.
Wer immer sich mit "badischer Geschichte" befasst, der wird für sich selbst und für seine Leser klären müssen, welchen Raum er zu beschreiben gedenkt. Zahlreiche Autoren haben
diese Aufgabe auf recht verschiedene Weise gelöst. Vor allem waren es historische Jubiläen, die den Anlass dafür boten, sich mit "Baden" zu beschäftigen, so wie dies in den Jahren 2002 und 2006 der Fall war, als man der 200. Wiederkehr der Schaffung des Kurfürstentums und des Großherzogtums Baden gedachte – wie übrigens auch des Nachbarlandes Württemberg, das wie Baden zum Kurstaat und danach zum Königreich erhoben wurde. Zum ersten Großherzog wurde der
bisherige Markgraf Karl Friedrich von Baden, dessen 200. Todestag im Jahr 2011 wiederum den Anlass zu einem Jubiläum bot, das den Gründer des modernen Baden feierte. Diese Daten markieren denn auch den tiefgreifendsten Einschnitt, den es in der neuzeitlichen Geschichte des deutschen Südwestens und auf der Landkarte der deutschen Länder gegeben hat. Erst seit diesem Zeitpunkt gibt es das
Land Baden in jenen von nun an festliegenden Grenzen, die alle politischen Veränderungen bis zum 2. Weltkrieg überdauert haben,
Viele Fragen tun sich auf, sobald man auf diese Überschrift stößt: „Lieder badischer Liedermacher im 20. Jahrhundert“
– Welche Art von Liedern fällt unter diese Rubrik? – Wer ist Badener? Wer nicht? – Was ist ein Liedermacher? – Wer alles gehört zum 20. Jahrhundert? Welche Art Lied? – Da es sich ja hier um eine Tagung zu Gesangbuch und Kirchenlied handelt, erübrigt sich wohl meine erste Frage. Kirchenlieder sind gemeint. Gemeindelieder sind gemeint. Lieder sind gemeint, die in einem Gesangbuch stehen oder stehen könnten. Wer ist Badener? – Ob ein Mensch in Baden geboren ist oder seine Wirkungsstätte hat, ob er in Baden seinen Ruhestand verbracht hat oder gestorben ist – hier möchte ich gern großzügig sein. Ich selbst bin in Westfalen geboren und aufgewachsen, trotzdem fühle ich mich seit langem in der Kurpfalz zu Hause und bin also auch – irgendwie – Badener. Was ist ein Liedermacher? – Wer fällt Ihnen da ein? Zunächst doch wohl eher die
Sänger von Protestsongs, die mit der Gitarre auf der Kleinkunstbühne ihre Lieder vortragen. Reinhard Mey, Wolf Biermann, Hans Dieter Hüsch, Hannes Wader, Konstantin Wecker u.s.w. Obwohl „Über den Wolken“ von Reinhard Mey bei Trauungen
von Flugbegleitern sicher gut passen würde, wüsste ich nicht, dass ein Lied dieser Sänger schon im Gesangbuch gelandet wäre. Natürlich gibt es auch kirchliche Protestsongs und kirchliche Wanderbarden mit Gitarre. Bei meinen Ausführungen möchte ich mich aber beschränken auf Menschen, deren Dichtungen oder deren Weisen Eingang ins Gesangbuch gefunden haben.
Liberale Frömmigkeit
(2008)
Am 11. und 12. Januar 2008 fand im „Haus der Kirche“ in Bad Herrenalb die Tagung „Liberale Frömmigkeit. Zur Geschichte der süddeutschen Protestantenvereine im 19. Jahrhundert“ statt. Die Tagung wurde vom Verein für Kirchengeschichte in der Evangelischen Landeskirche in Baden und dem Verein für pfälzische Kirchengeschichte unter den Vorsitzenden Johannes Ehmann (Karlsruhe) und Klaus Bümlein (Speyer) gemeinsam organisiert und vorbereitet. Da es in der Geschichte des sogenannten „liberalen Südwesten“ im 19. Jahrhundert zahlreiche Parallelen und Querverbindungen gab, lag eine gemeinsame Untersuchung Badens und der Pfalz thematisch nahe, der in drei Hauptvorträgen und sechs Kurzreferaten nachgegangen wurde. Die Tagung beschäftigte sich mit grundlegenden Fragen zum kirchlichen Liberalismus im 19. Jahrhundert, von denen ausgehend die Protestantenvereine und deren liberale Epiphänomene untersucht wurden. Schließlich sollten neben der primär historischen Fragestellung der Tagung auch die Auswirkungen des kirchlichen Liberalismus bis in die heutige Zeit thematisiert werden.
Der Augsburger Religionsfrieden fiel sowohl in der Kurpfalz als auch in Baden in eine konfessionelle Übergangssituation: Beide Territorien durchliefen seit Jahrzehnten eine Phase der Vorreformation mit spontaner Konfessionsveränderung auf der Gemeindeebene. In der Kurpfalz wie in Baden-Pforzheim ging die Entwicklung 1556, das heißt in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Religionsfrieden, in eine offene, obrigkeitlich gelenkte Reformation über. Von daher drängt sich ein Vergleich auf, und die Frage liegt nahe, ob die Reformationen in den beiden Nachbarterritorien nur in einem chronologischen oder auch in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Religionsfrieden standen.
Kleider machen Leute
(2019)
Als der Maler Rudolf Gleichauf (1826–1896) vor nun 150 Jahren – genauer am 15. Dezember
1869 – für die Fertigstellung von fünf Aquarellen mit Kostümdarstellungen aus St. Georgen eine
letzte Abschlagszahlung des festgesetzten Honorars von 2.300 Gulden aus der badischen Staatskasse erhielt, endete ein Projekt besonderer Art.
Denn über neun Jahre hinweg hatte Gleichauf auf dem Gebiet des damaligen Großherzogtums Baden ‚Trachten‘
als spezifische Kleidungsformen des ländlichen Raums erforscht und dokumentiert. In mehreren Reisen durchstreifte er dazu in großherzoglichem Auftrag das Staatsgebiet und fertigte zwischen 1861 und 1869 insgesamt 39 Aquarelle sowie eine darauf bezogene
105-seitige handschriftliche Beschreibung des Aussehens und der Kosten von 13 unterschiedlichen Kostümen an, die „Beschreibung Badischer Landestrachten“. Entgegen der ursprünglichen
Planung wurden nur wenige Motive als Lithografie reproduziert und der zugehörige Text blieb
bis heute unveröffentlicht.
Aus Anlass seines eigenen 100-jährigen Jubiläums legt das Badische Landesmuseum Karlsruhe, in dessen Besitz sich Aquarelle und Autograf heute befinden, 2019 eine kommentierte Edition dieses Werkes vor, dessen Zugang im Jahr 1869 zugleich den Auftakt einer eigenständigen
volkskundlichen Sammlung bildete.
Zeitgeschichte ist das, was wir nach landläufigem Verständnis selbst miterleben, umfasst damit also den Zeitraum von etwa zwei Generationen. Übertragen auf die Periodisierung der Geschichte würde dies bedeuten, dass wir erst ab dem Zeitraum
von etwa 1945 an auch von „kirchlicher Zeitgeschichte“ sprechen dürften. In einem erheblichen Maße kann die Erforschung der jüngsten Zeitgeschichte, also die selbst miterlebte, durch die geltenden Sperrfristen, in aller Regel 30 Jahre nach „Schließen“ einer Akte, behindert werden. Hier müssen oft ergänzende oder alternative Quellen zu den amtlichen Akten erschlossen werden, etwa die Berichterstattung in den Medien oder Unterlagen aus dem persönlichen Bereich.
Abgesehen von kirchenmusikalischen Beiträgen im Umfeld des Hofes oder in bürgerlichen Kreisen der größeren Städte wies die kirchenmusikalische Praxis zur Zeit der Union 1821 mit Blick auf das Orgelspiel und den Gemeindegesang große Defizite auf, die auch das neue Unionsgesangbuch von 1836 nicht auffangen konnte. Das änderte sich erst, als 1880 im Zusammenhang mit der Herausgabe eines neuen Gesangbuchs (1883) ein Kirchenchorverband gegründet wurde, der nicht nur den Gemeindegesang befördern sollte, sondern eine Vielzahl von Kirchenchören überall im Lande hervorbrachte und mit geeigneter Chorliteratur versorgte. Zur gleichen Zeit entstanden auch die Posaunenchöre, die zu einem besonderen Markenzeichen der Kirchenmusik in Baden avancierten. Zur Verbesserung des Orgelspiels wurden Fortbildungsveranstaltungen organisiert, die zur Keimzelle einer Professionalisierung im Bereich der Kirchenmusik wurden. 1919 wurde mit Hermann Meinrad Poppen der erste Landeskirchenmusikdirektor in Baden bestellt, dessen Bemühungen es u. a. zu verdanken ist, dass 1931 in Heidelberg das Kirchenmusikalische Institut (heute Hochschule für Kirchenmusik) gegründet werden konnte. Seit den 1950er Jahren hatte Baden durch bekannte Vertreter des Neuen Geustlichen Liedes wie Martin Gotthard Schneider und Rolf Schweizer maßgeblichen Anteil an der Etablierung des neuen Liedguts in den Gottesdiensten der Gemeinde und im Evangelischen Gesangbuch von 1993.
Kind und Spiegel seiner Zeit
(2015)
1925 ließ Dr.-Ing. Emil Gutmann im Verlag der Konkordia A. G. Bühl ein „Deutsches Lesebuch für Gewerbeschulen" erscheinen, eine „Probe-Ausgabe", so das Titelblatt, ein Buch von 322 Seiten, mithin einen stattlichen Band. Der Herausgeber betrat Neuland und nahm damit ein Wagnis auf sich. Gutmann war sich mit seinen beiden von ihm genannten Mitarbeitern, August und Karl Zimmermann, der Schwierigkeiten wohl bewusst. Denn an badischen Gewerbeschulen gab es bisher keinen systematischen Deutschunterricht. Sorgfältig auszuwählen waren die Themen, die einen Lehrling angehen konnten, erst recht die Auswahl einschlägiger Lesestücke. Man konnte ja nicht ohne Weiteres voraussetzen, dass technisch interessierte und technikbegeisterte junge Menschen an Literatur ein sonderliches Gefallen hätten. Es dürfte auch nie vorgekommen sein, dass ein Lehrling die Gesellenprüfung wegen mangelnder literarischer Kenntnisse nicht bestand.
Karlsruhe - Baden - Europa
(2000)
Am 7. Oktober 1825, also vor gerade 175 Jahren, wurde in Karlsruhe eine „polytechnische Schule“ errichtet, die älteste TH Deutschlands, durch Großherzog Ludwig gegründet. Es war die Geburtsstunde einer erstaunlichen Entwicklung, eines erfolgreichen und großartigen Beispiels menschlicher Leistungskraft auf technisch-naturwissenschaftlichem Feld, zu der wir
nur herzlich gratulieren können. Wir freuen uns, daß wir gerade heute an diesem stolzen badischen Jubiläumstag in Karlsruhe sind. In unserem Baden-Kalender war dieses historische Datum schon lange angestrichen.
Johann Peter Hebel war schon im Jahre 1801 mit einem größeren katechetischen Projekt befaßt, nachdem er von Geheimrat Nikolaus Friedrich Brauer den Auftrag erhalten hatte, den Katechismus Johann Gottfried Herders für den Schulgebrauch in
Baden zu bearbeiten. Zu einer Publikation dieser Bearbeitung, die in Hebels Nachlass bedauerlicherweise nicht überliefert ist, kam es allerdings nicht. Dass sich Hebel der ihm übertragenen Aufgabe nur widerwillig stellte und er der Herderschen Vorlage
sehr kritisch gegenüberstand, ist ersichtlich aus einem Brief an seinen Freund Friedrich Wilhelm Hitzig vom 14. April 1801