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Im Jahre 1683 wurde der Freiburger Stadtregierung ein Fall von Inzest in Zarten bekannt: Der Witwer Barthel Kühnlin sollte mit seiner unmündigen, 12 Jahre alten Tochter Maria Unzucht getrieben haben. Der Fall kam vor den Rat der Stadt Freiburg; der begann, von Amts wegen (ex officio) in dieser Sache eine Untersuchung durchzuführen. Der in Freiburg ansässige Bürger unterstand, wenn er nicht Geistlicher oder Student war, allein der Freiburger Gerichtsbarkeit, da die Stadt vom Landgericht eximiert war und mit ihrer nächsten Umgebung seit ihrer Gründung einen eigenen Gerichtsbezirk bildete. Es gab zwei Gerichte in Freiburg, das Gericht von Bürgermeister und Rat, und das Stadtgericht. Letzteres war, wie es im neuen Stadtrecht von 1520 festgehalten wurde, für alle Zivilangelegenheiten zuständig. Nach mehrmaligen Änderungen gehörten seit 1464 zur Blutgerichtsbarkeit 24 Ratsherren, drei geheime Räte als Ankläger und zwei Turmherren, die das Gefängniswesen verwalteten und Untersuchungsrichter waren.
Nicht dass zwei Geißen die Geschicke der „Stadt und Herrschaft Tryberg" beeinflusst, gar verändert hätten, so wie der
Sage nach einst Gänse durch ihr Geschnatter die Geschicke der Stadt Rom. Die Rolle der Geißen war viel bescheidener: einige
Tage Aufregung in einem Bürgerhaus, Anrufung des Gerichts, ein Gutachten des Scharfrichters und Kleemeisters (Abdeckers),
die Entscheidung des Gerichts - und die Sache war ausgestanden. Hat das Ganze außer ein bisschen Unterhaltungswert für
die Nachwelt noch Bedeutung? Trifft die Feststellung eines namhaften Historikers, Paul Kirn, wonach „alle Texte, Gegenstände oder Tatsachen, aus denen Kenntnis der Vergangenheit gewonnen werden kann", Geschichtsquellen sind, auch in diesem Fall zu?
Im Nachgang zu einem im Wiener Stadt- und Landesarchiv ergebnislos verlaufenen Rechercheauftrag, der den mutmaßlichen Wohnsitz des Komponisten, Musikpädagogen und Kapellmeisters Franz (Xaver?) Gebel (geb. um 1783/84 in Milin/Fürstenau bei Breslau, gest. 1843 in Moskau) betraf, erhielt ich im Dezember 2017 von Frau Oberarchivrätin Dr. Michaela Laichmann (Magistrat der Stadt Wien) einen irritierenden brieflichen Hinweis zu einer Nachlassakte, die im Zuge der besagten Nachforschungen im Bestand des sogenannten Magistratischen Zivilgerichts zum Vorschein gekommen war: Gemäß schriftlicher Auskunft der Magistratsabteilung 8 war man bei der routinemäßigen Konsultation der einschlägigen archivalischen Findmittel auf eine Verlassenschaftsabhandlung gestoßen, in deren Mittelpunkt das Ableben einer gewissen Barbara Gebel
stand, die in dem genannten Dossier explizit als Musikerswitwe bezeichnet wird.
Zwei Kaiser, eine Memoria?
(2015)
Der Speyerer Dom ist einer der bedeutendsten Erinnerungsorte Europas. Seit seiner Stiftung am Anbruch des zweiten Jahrtausends ist er ein christlicher Sakral- und Memorialbau einzigartigen Rangs. Das hat der Dom vor allem seinen Kaiser- und Königsgräbern zu verdanken. Nach der Bestattung seines Stifters, dem ersten Salierkönig Konrad II. (1024–1039), wurde der Dom mit den Begräbnissen der übrigen salischen Herrscher, Heinrich III. (1039–1056), Heinrich IV. (1056–1106) und Heinrich V. (1106–1125), zunächst zur dynastischen Grabkirche und entwickelte sich dann bis in das 14. Jahrhundert mit weiteren
Königssepulturen zur hervorragendsten Herrschergrablege des Heiligen Römischen Reichs. Dementsprechend wurde an diesem symbolträchtigen Ort die liturgische Memoria der toten Herrscher in besonderem Maße gepflegt. Noch Ende des 15. Jahrhunderts sprach der Humanist und Speyerer Domvikar Jakob Wimpfeling bei einer von Kaiser Maximilian I. angeordneten Seelmesse für die verstorbenen Könige in seiner Lobrede vor dem Habsburger und seinem Gefolge sowie weltlichen und geistlichen Dignitären mehrerer europäischer Herrschaftsterritorien vom Dom als dem ruhmvollsten Begräbnisort (sepulture gloriosissimum locum), an dem das Gedächtnis jener Könige rege sei (Hic crebra est illorum regum memoria).
Zwei Karrieren
(2017)
Wie wirkten sich die politische Entwicklung Deutschlands von 1930 bis 1950 und die Umbrüche von 1933 und 1945 auf die Mitarbeiter der Heidelberger Stadtverwaltung aus? In dieser Zeit veränderte sich die personelle Zusammensetzung der Stadtverwaltung mehrfach einschneidend wie sonst kaum in einer anderen Epoche. Die folgende Untersuchung stellt zunächst die allgemeinen, vor allem die quantitativen Veränderungen in der Personalstruktur dar und beschreibt dann exemplarisch den wechselvollen beruflichen Werdegang zweier städtischer Beamten.
Auch 2013 konnten wieder neue Naturschutzgebiete
im Regierungsbezirk Karlsruhe ausgewiesen werden:
Das NSG „Streuobstwiesen Kleingemünd“ ist geprägt
durch einen teilweise sehr alten, 16 Hektar großen
Obstbaumbestand mit einem reichen Angebot an
Baumhöhlen und mulmigen Stammabschnitten sowie
das Fehlen intensiver Nutzungen. Sie zeichnen sich
durch das Vorkommen einer vom Aussterben bedrohten
Insektenart – des Körnerbocks Megopis scabricornis
– und weiterer in Baden-Württemberg gefährdeter
Tierarten aus, darunter der Wendehals (Jynx torquilla),
der Kleine Abendsegler (Nyctalus leisleri), das Große
Mausohr (Myotis myotis), die Breitflügel-Fledermaus
(Eptesicus serotinus) sowie die Sumpfschrecke (Stethophyma
grossum). Damit erfüllt das Gebiet die naturschutzfachlichen
Kriterien eines landesweit bedeutsamen
Naturschutzgebietes. Über die aktuellen
Artvorkommen hinaus hat das Gebiet überregionale
Bedeutung als Trittsteinbiotop für wandernde Arten
und für Arten, deren Verbreitungsareal sich aktuell auf
Grund des Klimawandels verschiebt. Seine Gefährdung
liegt im Wegfall oder der Intensivierung der Mahd
und der Zunahme privater Nutzungen.
Das NSG „Sauersbosch, Pfrimmersbach- und Märzenbachtal“
blickt auf eine bewegte Kulturgeschichte
zurück und ist eng mit der Gründung der Zisterzienserinnen-
Abtei des Klosters Lichtental im Jahr 1245
verbunden. Drei Bachtäler prägen das Gebiet, die
überregional bedeutende Lebensräume, Pflanzen- und
Tierarten aufweisen. Herausragend sind die großflächigen
Grünlandbiotope in sehr gutem Zustand. Diese
sind ausgebildet als Borstgrasrasen, Pfeifengras-Wiesen
und Magerwiesen bzw. -weiden mittlerer Standorte
sowie die verschiedenen Offenlandbiotope feuchter bis
nasser Standorte, insbesondere Nasswiesen, Kleinseggenriede
basenarmer Standorte und Waldsimsen-
Sümpfe. Als Besonderheit kommt die Stein-Zwenke
(Brachypodium sylvestre) als dealpine Art im Gebiet
häufig vor. 25 Brutvogel-, sieben Fledermaus-, 71 Wildbienen-,
23 Heuschrecken- und 31 Tagfalter- und Widderchen-
Arten zeichnen das Gebiet aus. Faunistisch
bedeutend sind insbesondere die Fledermäuse mit der
Bechstein-Fledermaus (Myotis bechsteinii), die Tagfalter
mit dem letzten Vorkommen des Goldenen Scheckenfalters
(Euphydryas aurinia) im Regierungsbezirk
Karlsruhe und die Baumsaft-Schwebfliege Brachyopa
bimaculosa, die weltweit erstmals aus dem Gebiet
beschrieben wurde. Das Gebiet hat eine sehr große
Bedeutung für die Bewahrung der Artenvielfalt und
Lebensräume in sehr hoher Qualität und ist ein Musterbeispiel
für die Schönheit und Eigenart einer durch
Wiesen geprägten Kulturlandschaft.
Es scheint passend, den folgenden Aufsatz mit einem bekannten Sprichwort einzuleiten: Habent sua fata libelli. Bücher haben ihr Schicksal und auch mittelalterliche
Handschriften erzählen zuweilen spannende Geschichten. Unter den Beständen der ehemaligen Dombibliothek Konstanz in der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart befinden sich zwei Handschriften des frühen 9. Jahrhunderts, welche auf den ersten
Blick nur für wenige Spezialisten für die Überlieferung des lateinischen Bibeltextes relevant scheinen, die aber neue Erkenntnisse zur Präsenz der karolingischen Herrscher im
Bodenseeraum vermitteln.
Keines der einschlägigen Denkmalinventare, weder Adolf von Oechelhäusers
Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden1, noch die beiden Dehio-
Handbücher Baden-Württemberg2 erwähnen das bedeutende klassizistische
Erinnerungsdenkmal des Eberhard von Gemmingen, noch das ( erst 2002 wieder
entdeckte) Epitaph des Ottheinrich (1.) von Gemmingen in der ev. Pfarrkirche
Hoffenheim.
Bei Oechclhäuser mag das daran liegen, dass der lnventarisator bei seiner sonstigen
Akribie die damals (1909) relativ neue (1841 vollendete) neugotische Kirche nicht
der Begehung wert erachtete; er erwähnte lediglich kurz die Vorgängerbauten, aber
weder die bedeutende Walcker-Orgel noch das Gemmingen-Denkmal.
Wohl in der Nachfolge von Oechelhäuser erwähnte Georg Dehio im Handbuch
der Deutschen Kunstdenkmäler Baden-Württemberg I (1964) Hoffenheim nicht.
Erst in der Neuauflage von 1993 findet die Kirche als früher Bau der Hübsch-
Schule Beachtung- das Gemmingen-Denkmal nicht.
Johann Heinrich Jung-Stilling, der fast vier Jahre ältere, und Johann Friedrich Mieg lebten zur selben Zeit. Sie waren beide von der Aufklärung geprägt. Mieg war dies zeitlebens und als ihr entschiedener Vertreter. Jung-Stilling dagegen setzte sich – bis zu einer geistig-geistlichen Wende im Alter von etwa 50 Jahren – als frommer Aufklärer mit der aufklärerischen Vernunftlehre und mit einzelnen ihrer Vertreter entschieden auseinander. Beide waren Freimaurer, Jung-Stilling nur wenige Jahre, Mieg dagegen war es gleichsam lebenslang und dazu ein eifriges Mitglied im Illuminatenorden. Der Unterschiede sind auch in anderer Hinsicht viele: Mieg stammte aus einer alten, großen Theologen- und Akademikerfamilie; Jung-Stilling ist aus einfachen dörflichen Verhältnissen in höchste Gesellschaftsschichten aufgestiegen. Mieg war von Studium und Beruf nur Theologe, Jung-Stilling dagegen Mediziner, Staatswirtschaftler und als Laientheologe Erweckungsschriftsteller. Mieg war einmal verheiratet, und die Ehe blieb kinderlos. Jung-Stilling war dreimal verheiratet und dreimal verwitwet und dabei bis 1799 Vater von insgesamt 13 Kindern, von denen sechs allerdings sehr
früh starben. Mieg hinterließ ein relativ kleines schriftstellerisches Oeuvre. Jung-Stilling aber kennzeichnet eine sehr umfangreiche schriftstellerische Hinterlassenschaft. Jung-Stilling stand vielfach in Verbindung mit den Großen seiner Zeit wie mit seinem bürgerlichen Umfeld. Mieg stand eher im Gegensatz zu seiner Zeit oder zumindest zu den herrschenden Verhältnissen, wenngleich in Beziehung mit zahlreichen, teilweise auch prominenten Zeitgenossen.