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Carolinea. – 78 (2020)
(2020)
Es scheint passend, den folgenden Aufsatz mit einem bekannten Sprichwort einzuleiten: Habent sua fata libelli. Bücher haben ihr Schicksal und auch mittelalterliche
Handschriften erzählen zuweilen spannende Geschichten. Unter den Beständen der ehemaligen Dombibliothek Konstanz in der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart befinden sich zwei Handschriften des frühen 9. Jahrhunderts, welche auf den ersten
Blick nur für wenige Spezialisten für die Überlieferung des lateinischen Bibeltextes relevant scheinen, die aber neue Erkenntnisse zur Präsenz der karolingischen Herrscher im
Bodenseeraum vermitteln.
Vor genau zehn Jahren, am 31. Juli 2009, wurde das Nibelungenlied in das
UNESCO-Weltregister Memory of the World aufgenommen. Das Internationale
Programmkomitee traf in Bridgetown (Barbados) die Entscheidung, der Text sei
das berühmteste Heldenepos in mittelhochdeutscher Sprache und gehöre zum
kulturellen Erbe der Menschheit.
Das Register zeichnet mit der Anerkennung aber nicht ein literarisches Werk
aus, sondern dessen Überlieferungsträger. Es listet kulturell bedeutsame und historisch
wichtige Dokumente von außergewöhnlichem Wert in Archiven, Bibliotheken
und Museen und verpflichtet ihre Herkunftsländer, das ihnen anvertraute
Erbe vor Gedächtnisverlust und Zerstörung zu sichern. Zudem trägt es ihnen
auf, für die Verfügbarkeit der jeweiligen Dokumente zu sorgen und sie auf neuen
informationstechnischen Wegen weltweit zugänglich zu machen.
Mit dem Titel ausgezeichnet wurden die drei vollständigen Nibelungenlied-
Handschriften des 13. Jahrhunderts, die in der Bayerischen Staatsbibliothek in München, der Stiftsbibliothek St. Gallen und der Badischen Landesbibliothek
in Karlsruhe aufbewahrt werden. Die Handschrift C in der Badischen Landesbibliothek
ist die älteste und für die Überlieferungsgeschichte des Nibelungenlieds,
das um 1200 aufgeschrieben wurde, aber auf ältere mündliche Traditionen
zurückgeht, bedeutendste Handschrift. Die strophische Dichtung erzählt
die Geschichte des Drachentöters Siegfried bis zu seinem gewaltsamen Tod und
die Geschichte von Kriemhilds Rache bis zum vollständigen Untergang der Burgunden.
Was versteht man im Elsass unter Regionalsprache? Darauf gibt es unterschiedliche und widersprüchliche
Antworten. Auffallend ist, dass es in den heute gängigen Definitionen üblich geworden
ist, die deutsche Herkunftssprache nicht mehr beim Namen zu nennen. So wurde z. B.
die traditionelle Bezeichnung Elsasserditsch durch elsässisch ersetzt. Diese Vermeidungsstrategie
hat historische, kulturelle und sozialpsychologische Hintergründe, die im Folgenden analysiert
werden. Im Gegensatz hierzu plädiert der Autor für eine Definition von Regionalsprache,
die sich aus zwei sprachlichen Komponenten zusammensetzt, die er als Einheit betrachtet:
Aus der gesprochenen elsässischen Mundart und dem Standartdeutschen als Referenzsprache.
Geschichte vor dem 20. Jahrhundert ist in den Lehrplänen sämtlicher Schularten arg ausgedünnt. Das gilt insbesondere für die frühe Neuzeit, also das 16. bis 18. Jahrhundert, wo die Reformation Luthers im 16. Jahrhundert und der Dreißigjährige Krieg im 17. Jahrhundert kaum noch vorkommen. Das vom Gymnasium mitgebrachte Vorwissen von Studienanfängern im Fach Geschichte zu diesen Themen liegt jedenfalls bei null. Zum Dreißigjährigen Krieg lernt man allenfalls dessen Grobgliederung und erfährt dann theoretisch – in der Praxis leider meist nicht einmal das –, dass der Konflikt, den wir heute als den Dreißigjährigen Krieg bezeichnen, aus fünf Phasen bestand: 1) dem böhmischen Krieg 1618–1620; 2) dem spanisch-niederländischen Krieg 1621–1625, dessen Auswirkungen aber bereits heftig auch ins eigentliche Deutschland hinein ausstrahlten; 3) dem dänischen Krieg 1625–1629, der im sogenannten Restitutionsedikt von 1629 gipfelte; 4) dem schwedischen Krieg 1630–1635, der eigentlich mit dem Frieden von Prag 1635 hätte beendet sein sollen; 5) dem französischen Krieg, der 1635 begann und sich qualvolle 13 Jahre bis 1648 hinzog.
Die gebaute Umwelt prägt die menschliche Lebenswelt auf Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte.
Eine bewusste Auseinandersetzung mit ihr ist wesentlich für ein gelungenes zukünftiges
Miteinander. Wie gehen wir mit unserer Baukultur um? Das 2018 neu initiierte Auszeichnungsverfahren
»Baukultur Kraichgau« hat beispielgebende Architektur im Kraichgau aufgespürt,
um sie der Öffentlichkeit vorzustellen.
1316 stiftete die adlige Elisabeth von Bisingen zum Gedächtnis an ihren verstorbenen Ehemann dem Johanniterorden ein Haus in Lenzkirch. Es diente zwanzig Jahre lang als Unterkunft für Angehörige des Ordens und für Frauen in Not. Der
folgende Beitrag beleuchtet die Familienverhältnisse der Stifterin, die materielle Ausstattung des Hauses und seine Funktion für die Bewohner und den Orden. Er eröffnet damit an einem Beispiel aus unserer Region Einblicke in adlige Besitzverhältnisse, Geschlechterrollen und Jenseitsvorstellungen im späten Mittelalter.
„Niemand saß ‚zu Recht‘ im KZ“, stellte der Beirat der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ am 12. Dezember 2016 in einer öffentlichen Erklärung fest, „auch Menschen mit dem schwarzen und dem grünen Winkel nicht.“ Der Beirat, in dem Verbände von NS-Verfolgten, historische Forschungseinrichtungen, Museen, Gedenkstätten und andere Initiativen zusammengeschlossen sind, plädierte für eine „längst überfällige Erinnerung an verdrängte Opfer des NS-Unrechts“. Aktuell fordert eine Petition an den Deutschen Bundestag, diese Opfer endlich anzuerkennen. Zu diesen „verdrängten Opfern“ zählt Kilian Götz, der einzige Löffinger, der in einem Konzentrationslager ermordet wurde. Er ist bis heute nicht als Opfer des NS-Regimes anerkannt und rehabilitiert.
Freiburg - das VI. Viertel
(2019)
Wer heute durch die Eisenbahnstraße geht, kann sich nicht vorstellen, dass dort einmal in der
Nummer 43 eine Zement- und Baufabrik betrieben wurde, die die gesamte Länge der Poststraße
bis zur Rosastraße eingenommen hat und nach der Firma Brenzinger der bedeutendste „bauindustrielle Großbetrieb“
Freiburgs war. Das völlige Verschwinden dieser Firma und die daraus resultierenden Veränderungen im Straßenbild veranlassten mich, die Entwicklungen in dem Quartier
zwischen Bismarckallee, Eisenbahnstraße und Rosastraße bis zum Colombipark zu untersuchen,
exemplarisch dargestellt an der Eisenbahnstraße.
Die Freiburger Adressbücher
bilden für die Analyse die wichtigste Quelle. Diese sind 1798
erstmals erschienen und enthalten schon seit 1806 ein Häuserverzeichnis mit den Namen der Besitzer. Seit 1877 sind zusätzlich auch alle Bewohner in den einzelnen Stockwerken verzeichnet.
Ab 1838 sind historische Stadtpläne für einzelne Jahre verfügbar.
Die ersten Ausgaben zeigen
noch einzelne Häuser und geben damit wertvolle Aufschlüsse über den Fortgang der Bebauung.
Bilder aus dem Stadtarchiv Freiburg und einzelne Informationen aus den Akten der städtischen
Verwaltung im Stadtarchiv Freiburg runden das Gesamtbild ab.
Das leuchtende Kreuz in der Mitte des Wandbildes ist Zeichen des Menschensohnes, wenn er im Glanz seiner Herrlichkeit wiederkommt, um das Weltgericht zu halten. Von diesem himmlischen Glanz sind die Menschen umfangen, die aus dem
Mund Jesu die Worte hören dürfen: „Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, empfangt das Reich als Erbe, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist! Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen… Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan…”
Aus einem Reisetagebuch
(2019)
(Sebastián) Francisco de Miranda (y Rodríguez), am 28. März 1750 in der aufstrebenden Handelsniederlassung Caracas geboren, die 1777 zur Hauptstadt des spanischen
Generalkapitanats Venezuela aufstieg, und am 14. Juli 1816 im Gefängnis von La Carraca
bei Cádiz gestorben, war nicht nur der berühmte Wegbereiter und Vorkämpfer für die
Unabhängigkeit Ibero-Amerikas – el Precursor –, sondern zugleich ein Mann der Aufklärungszeit, der große Reisen unternahm und ein abenteuerliches Leben führte. [1]
Miranda,
ein Freimaurer und Liebhaber der Schönen Künste, war gebildet, hatte Latein studiert,
Griechisch gelernt und sprach neben Spanisch auch Englisch, Französisch und Italienisch. Er besaß eine beachtliche Bibliothek, verfasste viele Briefe, Anträge und Entwürfe,
führte Tagebuch und hinterließ ein voluminöses persönliches Archiv (63 Bände), das –
erst 1922 von Robertson wiederentdeckt – seit 2007 zum Weltdokumentenerbe der UNESCO gehört und
unter dem Namen Colombeia von der
Academia Nacional de la Historia de
Venezuela verwahrt wird. [2]
Der Beitrag behandelt die Geschichte Hockenheims nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Ernennung
zur Großen Kreisstadt im Jahr 2001. Er gibt einen Überblick, wie sich die Gemeinde
von einer nordbadischen Kleinstadt zu einer bedeutenden Großen Kreisstadt im Herzen des
Rhein-Neckar-Kreises entwickelte. Die dafür relevanten Faktoren werden erläutert. Dazu gehören
die Entwicklung der Wirtschaft , der Infrastruktur, des Wohnraums und des gesellschaftlichen Lebens in Hockenheim.
Der Scharfrichter, der mit der Schärfe des Schwertes richtet, wird, da er nach dem Spruch des „Hohen Gerichts“ richtet, auch als Nachrichter bezeichnet. Die lateinische Bezeichnung für ihn ist: „carnifex“. Für das „Römische Reich deutscher Nation“ gilt als früheste Nennung eines „professionellen Scharfrichters“ das Jahr 1276 für die Stadt Augsburg. Just in diese Zeit fällt auch die Loslösung der Straßburger Bürger von der bischöflichen Herrschaft des Straßburger Bischofs Walther von Geroldseck, ausgelöst durch die Schlacht bei Hausbergen im Jahre 1262. Damit kann man davon ausgehen, dass in der Folge mit diesem Jahr nicht nur die Reichsunmittelbarkeit, sondern auch der Blutbann verliehen worden ist. Wer die „Hohe Gerichtsbarkeit“ innehat, ist rechtlich befugt, einen Scharf- oder Nachrichter in seinen Dienst zu stellen. Der Straßburger Scharfrichter tritt im Jahre 1286 ans Licht der Geschichte.
Kislau ist heute ein Begriff geworden. Was Dachau für Bayern und Oranienburg für Norddeutschland bedeutet, bedeutet Kislau für Baden. Dies wurde im Januar 1936 in einer Sonderausgabe des ‚Stürmer‘ behauptet. Dass sich im ehemaligen
Bischofsschloss Kislau im heutigen Bad Schönborn von 1933 bis 1939 ein Konzentrations- und Bewahrungslager befand, ist heute kaum bekannt. Während die später eingerichteten Konzentrations- und Vernichtungslager im kulturellen Gedächtnis stark verankert sind, wissen bislang nur wenige, dass bereits 1933 etwa 100 Konzentrationslager im Reichsgebiet errichtet wurden. Auch die Geschichte des badischen Konzentrationslagers Kislau ist noch nicht detailliert erforscht. Der 2012 gegründete Lernort Zivilcourage & Widerstand e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf dem Areal des ehemaligen Konzentrationslagers einen Lernort zu schaffen. Als frühes Lager steht Kislau an der Schnittstelle von Weimarer Republik und NS-Regime und damit von Demokratie und Diktatur. Am Beispiel Kislaus sollen in der Vermittlungsarbeit des Lernorts die Unterschiede beider Systeme herausgearbeitet und diskutiert werden. Hierfür bedarf es grundlegender Kenntnisse über die Geschichte des Ortes. In diesem Zusammenhang sind die Verfasserin und ihre Kollegin auch forscherisch tätig und versuchen, bestehende Forschungslücken sukzessive zu schließen.
Am 1. Juli 1818 erschien in Ludwigsburg die erste Ausgabe des »Ludwigsburger Wochenblatts«. Dieses war ein sogenanntes Intelligenzblatt, also eine Zeitung für amtliche und private Anzeigen. Es umfasste vier Seiten, war etwas größer als ein kleines Schulheft und kam von nun an jeden Dienstag heraus. Der Ludwigsburger Antiquar Friedrich Nast legte mit der Herausgabe dieses Wochenblatts den Grundstein für ein Zeitungsunternehmen, das in 200-jähriger Kontinuität bis heute als »Ludwigsburger Kreiszeitung« fortbesteht. Das 200-jährige Zeitungsjubiläum im Jahr 2018 – die LKZ ist heute die älteste noch existierende württembergische Zeitung mit Vollredaktion – bot Anlass, die Verlagsgeschichte gründlich zu erforschen. Aus der vielfältigen Zeitungsgeschichte sollen drei Themenbereiche herausgegriffen werden: Zum ersten soll die Vorgeschichte der Ludwigsburger Zeitungsgründung dargelegt und die Frage erörtert werden, was die erste Verlegerdynastie mitbrachte, damit ein so langlebiges und erfolgreiches Unternehmen daraus entstehen konnte. Zweitens gibt es einen kleinen Überblick über den Weg der Zeitung zwischen Zensur und Politik, auf dem die Zeitung als Medium auch die Entwicklung der Ludwigsburger Bürgergesellschaft begleitet und gefördert hat. Drittens folgt ein kurzer Einblick in die dramatische Geschichte der »Ludwigsburger Zeitung« im Dritten Reich.
Über 10 000 aus südwestdeutschen Heil- und Pflegeanstalten in grauen Bussen transportierte
Menschen wurden 1940 in der »Vernichtungsanstalt« Grafeneck im Rahmen des »Euthanasie-
Programms« des NS-Regimes getötet. Viele davon auch aus der Region Neckar-Odenwald. An
das Schicksal dieser Opfer einer mörderischen Politik zu erinnern, ihre Lebensgeschichten zu
ermitteln und festzuhalten und ihrer somit würdig zu gedenken, haben sich Arbeitsgruppen
in Buchen und Mosbach vorgenommen. Sie leisten damit ebenso wie der Verband der Odenwälder
Museen mit seiner ersten Buchpublikation Beiträge zu einer Gedenkkultur, die zunehmend
aufholt, was jahrzehntelang versäumt wurde.
Ein umfangreiches Kulturerbe, handverlesener Genuss und abwechslungsreiche Wander- und
Radtouren: die Landschaft lieblich, geprägt vom Wein- und Ackerbau, von Streuobstwiesen,
vom Wald und vielen kleinen Fachwerkdörfern. Hier ist das Radfahren, erst recht mit E-Motor,
und das Wandern ein Genuss. An den vielen Besenwirtschaften kommt keiner vorbei. Authentisch
einkehren, mittendrin sein und gelebte Gastfreundschaft genießen. Das ist das Land der
1000 Hügel.
Foto und Optik Singer
(2019)
In den alten Kirchenregistern erscheinen die Singer als Gewerbetreibende, als Landwirte, als Lehrer und als Musiker. Die Wiege des Firmengründers Josef Singer stand in dem bescheidenen elterlichen Hause in der Haus-Kraut-Gasse 15. Bei den kümmerlichen Einkünften, die damals der Vater als Briefträger bezog, lernte er schon als Schulkind das einfache und genügsame Leben kennen. Nach der Lehrzeit in der Blumenstockschen Uhrmacherwerkstätte, zog es ihn hinaus in die Ferne und nach längerer Wanderschaft findet er in Wien eine Bleibe. Vieles Neue und Interessante gibt es hier zu sehen und kennenzulernen. Als er zum Militärdienst eingezogen wird muss er zu einem Infanterieregiment nach Passau. Seine Absicht, sich danach in Paris und Hamburg umzusehen, konnte er nicht verwirklichen. Der Vater ist krank und ruft den Sohn zur
Unterstützung nach Hause.
Öffentliche Archive verwahren vor allem Unterlagen, die sie von der Verwaltung ihres Trägers bei Aktenaussonderungen
erhalten haben. Neben der schriftlichen Überlieferung ihres Trägers übernehmen die Archive aber auch weitere Unterlagen
von bleibendem Wert, soweit sie in das Sammlungsprofil passen. Das bedeutet, dass beispielsweise ein Gemeindearchiv nur
ortsgeschichtlich interessante Dokumente übernimmt, während eine überörtliche Überlieferung eher für die Kreis- oder
Landesarchive interessant wird. Durch die Übernahme solcher „hausfremden“ Archivalien sollen vor allem Überlieferungslücken geschlossen und vorhandene Archivbestände ergänzt werden. So können Akten von privaten Personen oder Vereinen weitere interessante Informationen zur Orts- und Kreisgeschichte enthalten, die man in Behördenakten nicht ohne weiteres finden würde.
Der Donaueschinger Wigalois
(2019)
Mit großzügiger Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kulturstiftung der Länder, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Wüstenrot Stiftung konnte die Badische Landesbibliothek Ende 2018 die ehemals Donaueschinger Wigalois-Handschrift (Cod. Don. 71) erwerben, ein nationales Kulturdenkmal von exzeptionellem
Wert. Damit kehrt ein um 1420 in der berühmten Lauber-Werkstatt im oberrheinischen Hagenau produzierter und höchst erzählfreudig illustrierter Artusroman in seinen ursprünglichen Sammlungs- und Überlieferungskontext zurück.
Hockenheim war im letzten Jahrhundert für den Tabakanbau und die Tabakverarbeitung eine der bedeutendsten Städte in der Rhein-Neckar-Region. Von Boden und Klima begünstigt, fanden
sich hier beste Bedingungen für den Anbau. Es folgten die notwendigen Tabakscheunen
in den Bauernhöfen, die auch das Ortsbild prägten. Für die Bevölkerung wurde die Arbeit bei
der Herstellung von Zigarren, Zigaretten oder losem Tabak zu einer wichtigen Einkommensquelle
– sei es in Heimarbeit oder in der Zigarrenfabrik. Damit war allerdings auch eine Reihe
sozialer Probleme verbunden, die gelöst werden mussten.
Das vergangene Jahr 2018 war ein Jahr der Erinnerung an das Ende des Ersten Weltkrieges, „La Grande Guerre“ der Franzosen. In vielen Veranstaltungen, in Beiträgen in Zeitungen und in spezieller Literatur wurde insbesondere an die
Ereignisse vom November 1918 in Deutschland erinnert, die durch die Ergebnisse der neueren historischen Forschung in ein neues Licht gerückt wurden, besonders im Blick auf ihre Bedeutung für die politische Entwicklung unseres Vaterlandes bis in unsere Tage. Dabei konnte leicht der Eindruck einer Sicht von oben auf die Ereignisse aufkommen. Denn in der Tat waren es im November 1918 und in den folgenden Monaten dramatische Ereignisse, die zunächst mit großer Geschichte und großen Namen in Erinnerung sind: nach über sechs Jahrhunderten war das einstmals große und gewaltige Osmanische Reich Geschichte geworden, das jahrhundertealte zaristische Russland verschwand von der Weltbühne, ebenso die ehemals glorreiche österreichisch-ungarische Doppelmonarchie, wie auch das kaiserliche Deutschland. Neue Staaten entstanden, andere erlebten eine Wiedergeburt: die Tschechoslowakei, die baltischen Staaten, Polen. In Deutschland brach die Revolution aus, es wurde geschossen, „alle Macht den Räten“ hieß eine Parole, rote Fahnen wehten in Berlin auf dem
Reichstag, auf dem Brandenburger Tor und auf dem Berliner Schloss. Die Republik wurde ausgerufen, dazu gleich zweimal.
Höchst unterschiedliche Namen, von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, von Philipp Scheidemann bis Prinz Max von Baden, sind in die Geschichte eingegangen.
1250 Jahre Kraichgau
(2019)
Der einleitende Text zum Jubiläumsheft »1250 Jahre Kraichgau« der Badischen Heimat erläutert
die historischen Hintergründe des Jubiläumsjahres, skizziert Potenziale und Herausforderungen
des Lebens im Kraichgau heute und hinterfragt zugleich die Entstehungs- und
Geltungsgeschichte des Kraichgau-Begriffs. Es wird deutlich, dass der Ausdruck über Jahrhunderte
immer wieder anders verstanden wurde und somit die Region eine »Landschaft mit
fließenden Grenzen« ist.
Das gedruckte Zeugnis für das gesprochene Wort stand im Fokus der Reihe >>Bücherfunde<< an der Badischen Landesbibliothek. Die Veranstaltung mit dem Titel >>Zwei Frauen im Badischen Landtag: Marianne Weber und Marie Bernays<< fand im Rahmenprogramm zur Ausstellung >>Schlaglichter - 100 Bücher des Jahres 1918<< statt und verwies, als Ausblick zum Ende der Ausstellung zum Umsturz im Jahre 1918, auf die Schaffung einer neuen Verfassungsordnung im März 1919. Zusätzlich passten diese »Bücherfunde« auch zum Gedenken an das Jahr 1968 und den mit diesem Jahr verbundenen Emanzipationsbestrebungen. Ein kurzes Wort des französischen Philosophen Michel de Certeau bringt das Anliegen der Veranstaltung auf den Punkt: »En 1968 on a pris la parole comme en 1789 la Bastille.« Das gilt in noch viel größerem
Maße für die Jahre 1918/1919 in Deutschland, als die Frauen erstmals das aktive und das passive Wahlrecht erhielten. Dank dieser Mitspracherechte im Wortsinn war es möglich, dass sie in der Öffentlichkeit das Wort ergriffen und zur Politik Stellung nahmen.
Biotopverbund an der Stillen Musel durch Stillgewässerentwicklung und Beweidung mit Karpatenbüffeln
(2019)
Auf der Baar führt der Schwarzwald-Baar-Kreis ein Naturschutzgroßprojekt (chance.natur – Bundesförderung Naturschutz, siehe Beitrag von THOMAS KRING
in diesem Band) zur Stärkung des Biotopverbunds durch (KRING 2013). Eine der wichtigen Achsen des Biotopverbunds dort, die Feuchtgebietslebensräume entlang der „Stillen Musel“, wurde in der Planungsphase des Projekts aufgrund
heftiger Proteste des Bauernverbands aus der Förderkulisse gestrichen, da hier landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen vorherrschen. Um abseits von landwirtschaftlich strittigen Bereichen Maßnahmen für den Biotopverbund realisieren zu können, wurden bei der Stiftung Naturschutzfonds (SNF) Mittel für mehrere Projekte beantragt. Das hier vorgestellte Projekt wurde zunächst zur Entwicklung von Brutgewässern für die Krickente sowie zur Stärkung von Laichhabitaten von Amphibien begonnen. Später stellte sich heraus, dass durch eine Beweidung mit Karpatenbüffeln (Wasserbüffel) weitere positive Effekte erreicht werden können. Die Größe des Projektgebiets beträgt ca. 8 Hektar.
Helmut Maurer
(2019)
Am 29. Dezember 2018 ist der Konstanzer Mittelalterhistoriker und langjährige Leiter des dortigen Stadtarchivs Helmut Maurer im Alter von 82 Jahren gestorben. Mit ihm verliert die südwestdeutsche Landesgeschichte einen ihrer prominentesten Vertreter. Die im Jahr 2017 zu seinem 80. Geburtstag erschienene Festschrift „Konstanz und der Südwesten des Reiches im hohen und späten Mittelalter“ enthält ein Schriftenverzeichnis mit 14 Monographien und über 200 Aufsätzen. Der Titel der Festschrift umschreibt zugleich den räumlichen und zeitlichen Haupthorizont von Maurers Forschungstätigkeit.
Das Alter einer Stadt wird in der Regel bestimmt anhand urkundlicher Zeugnisse. Im Fall
Hockenheims ist dies die erste nachweisliche Erwähnung im Lorscher Codex im Jahr 769.
Archäologische Funde aus der Jungsteinzeit, der Bronzezeit, der Eisenzeit, der Zeit der
Kelten, der Römer, der Alamannen und der Franken, lassen auf eine viel ältere Besiedlung des
Raums Hockenheim schließen.
Im 19. Jahrhundert entstanden quer durch den Kraichgau ganze Gruppen von Bauwerken,
die moderne Anforderungen erfüllen und zugleich zur Identität ihres Ortes, der Region und
des Landes Baden beitragen sollten. An ausgewählten Beispielen, insbesondere Kirchenbauten,
lassen sich dabei zwei unterschiedliche Wege, aber auch »Verwandtschaftsbeziehungen«
untereinander erkennen, was diesen Baudenkmalen einen festen Platz in der überregionalen
Kulturgeschichte zuweist. Der Artikel stellt hierfür einige der aussagekräftigsten Objekte vor
und lädt zu eigenen Entdeckungen ein.
Zwischen den Muschelkalktälern von Neckar, Enz und Glems, der fruchtbaren Gäufläche des Langen Feldes und der Keuperlandschaft liegt am nördlichen Ende die Stadt Asperg. Das Lange Feld im Süden, der Neckar im Osten und die Enz
im Westen geben den Rahmen für den rebenbestandenen Hohenasperg mit 356 Metern über Normalnull, an dessen Südfuß
auf der früher stark versumpften, heute jedoch entwässerten Wasserscheide von Enz und Neckar die Stadt Asperg sich hinzieht und zwar entlang der zum Hohenasperg hinaufführenden Königstraße, welche unmittelbar auf der Wasserscheide liegt. Der heute langgestreckte Ort liegt in einer Niederung zwischen dem Asperg und dem Siechenberg, auf dessen Rücken sich das Kleinaspergle erhebt. Die Durchgängigkeit der Landschaft, eine ausgesprochene Boden- und Klimagunst sowie die auch heute noch verkehrsgünstige Lage machen diese Landschaft zu einer historischen und wirtschaftlichen Kernlandschaft des gesamten Neckarlandes und damit Württembergs überhaupt.
Diese Heldengeschichte nimmt gleich zwei Mal ein gutes Ende: Natürlich heiratet
Ritter Wigalois schließlich die gerettete Königin und wird Herrscher von Korntin.
Weniger vorhersehbar war, dass die verschollene Handschrift mit den 30 wunderbaren
Illustrationen tatsächlich einmal nach Baden-Württemberg zurückkehren würde.
Der »Hohe Odenwald«
(2019)
Der folgende Beitrag befasst sich mit der Gegenwart und Vergangenheit einer Landschaft des
Odenwaldes, die heute »Hoher Odenwald« heißt, früher den etwas frostigen Namen »Winterhauch« trug. Das Gebiet umfasst die Gesamtgemeinde Waldbrunn im Neckar-Odenwald-Kreis. Auf dem Gemeindegebiet erhebt sich der Katzenbuckel, mit 626 m ü. NN die höchste Erhebung des gesamten Odenwaldes. Trotz der einstigen Abgelegenheit kann die Region mit
einer reichhaltigen Geschichte aufwarten. Davon soll nachfolgend die Rede sein.
Die Geschichtsquellen mit Aussagen zu den Beziehungen zwischen Triberg, Straßburg und dem Elsass sind in den Archiven
unter sehr verschiedenen Registern festgehalten, auch wo man sie nicht erwartet. So sei gleich zu Beginn zugegeben, dass sich unter weiteren unvermuteten Titeln noch Hinweise verstecken könnten. Dennoch versetzen die gefundenen, oft sehr knappen Angaben den Forscher in die Lage, ein Mosaik zustande zu bringen, das eine Vorstellung von den Beziehungen beider Städte und ihres Umlandes ermöglicht. Alles andere wäre verwunderlich, da doch vom Elsass Wein in die Schweiz, nach Belgien und England exportiert wurde, wenn seine Metropole Straßburg, mit 25 000 Einwohnern, mittelalterlichen Maßstäben zufolge eine Großstadt, dazu Bischofstadt und Warenumschlagplatz, ihre Handwerker und Kaufleute keine wirtschaftlichen Beziehungen zum Umland bis Triberg unterhalten haben sollten. Wo Handel getrieben wurde, herrschte Wohlstand, das war in aller Geschichte so, daher war auch der Wochen- und Jahrmarkt der Stadt und Herrschaft Triberg ein begehrtes Privileg für die Untertanen, für die Fernhändler die Grundlage, ihre Waren hier anbieten zu dürfen.
Seit den Veröffentlichungen von Caroline Klausing (Die Bekennende Kirche in Baden. Machtverhältnisse und innerkirchliche Führungskonflikte 1933–1945, Stuttgart 2014) und Rolf-Ulrich Kunze („Möge Gott unserer Kirche helfen!“ Theologiepolitik, Kirchenkampf und Auseinandersetzung mit dem NS-Regime. Die Evangelische Landeskirche Badens 1933–1945, Stuttgart 2015) reißt die Diskussion um die Geschichtsschreibung der Evangelischen Kirche in Baden in der Zeit des Nationalsozialismus nicht ab. Beide Beiträge können als quellenbasierte Ausführung der von Klaus Scholder 1973 aufgestellten These eines „badischen Sonderwegs“ zwischen „intakter“ und „zerstörter“ Landeskirche verstanden werden.
Klausing und Kunze argumentieren, in der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur seien Badische Bekenntnisgemeinschaft und Kirchenleitung trotz vieler Konflikte nicht zu trennen; es könne nicht von einer oppositionellen im Gegensatz zu
einer regierenden Kirchenleitung gesprochen werden. Auch die Stellung innerhalb der Reichskirche (mit Ein- und Austritt im Sommer bzw. Herbst 1934) zeige, dass Baden eher zu den intakten als zu den zerstörten Landeskirchen gerechnet werden müsse. In der sich anschließenden lebhaften Forschungsdebatte wurde die Notwendigkeit erkannt, die badischen Entwicklungen mit anderen (evangelischen) Kirchen im Südwesten zu vergleichen. Einen ersten länderübergreifenden Vergleich versuchte die Oberrheinische Sozietät unter der Leitung von Johannes Ehmann am 18. Oktober 2018 in Heidelberg. Neben Rolf-Ulrich Kunze und Caroline Klausing konnte Christoph Picker für einen länderübergreifenden Blick gewonnen werden: er stellte die Entwicklung der Pfälzischen Landeskirche im Nationalsozialismus vor. Die Diskussion
in der sehr gut besuchten Sozietät zeigte Konsens, Diskussionen und Forschungsanliegen der Kirchengeschichtsschreibung auf.
Gipsabbau in Hochhausen
(2019)
Seit Ende des 18. Jahrhunderts wird im Elzmündungsraum Gips abgebaut. Das Zentrum der
Gipsgewinnung befand sich anfänglich in Haßmersheim, wo in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
im Laufe der Jahre mehr als 30 kleine Gipsgruben am »Hühnerberg« und im Gewann
»Einöde« angelegt wurden. In den 1840er-Jahren wurden weitere Gipsbergwerke in Neckarzimmern
und Obrigheim eröffnet. Ende des 19. Jahrhunderts lag das Zentrum der lokalen
Gipsindustrie dann für etwa 15 Jahre in Hochhausen.
In Heft 4/2018 der Badischen Heimat erschien der Aufsatz »Ein Standpunkt zur ›Stadtpunkte‹-
Tafel in Mannheim« A 1, 2-3 von Hans-Otto Brinkkötter (S. 584–589). Der folgende Text ist
eine Replik des Leiters des Mannheimer MARCHIVUM Ulrich Nieß auf die Kritik des Autors
an Textformulierungen und Bildern auf der Stadtpunkte-Tafel zu Friedrich Engelhorn.
Nach längerer Pause hat die Arbeitsgruppe Regionalbibliographie ihre jährliche
Sitzung wieder einmal in Hamburg abgehalten; eingeladen hatte die Staats- und
Universitätsbibliothek Carl von Ossietzky. Gleich zu Beginn konnten die Sitzungsteilnehmer
mit Freude zur Kenntnis nehmen, dass die Virtuelle Deutsche Landesbibliographie
(VDL) nun auf der Startseite des Karlsruher Virtuellen Katalogs
(KVK) in der Rubrik „Deutschland“ ein eigenes Kästchen zum Anhaken bekommen
hat. Damit ging ein lange gehegter Wunsch der Arbeitsgruppe in Erfüllung,
für dessen Umsetzung der KIT-Bibliothek zu danken ist, die bereits im vergangenen
Jahr der Startseite der VDL ein frisches, zeitgemäßes Layout gegeben hatte.
Die VDL ist ein Beleg für die erfolgreiche Vernetzung der Landesbibliographien
und die gemeinsame Präsentation ihrer Datenbestände im Internet. Unter
einer einheitlichen Rechercheoberfläche können alle internetbasierten Landesbibliographien
gleichzeitig abgefragt werden. Damit ist die VDL insbesondere für
länderübergreifende Fragestellungen ein überaus nützliches Suchinstrument.
Die Platzierung auf der KVK-Hauptseite erhöht die Präsenz der VDL als einer wichtigen
länderübergreifenden Rechercheplattform zur Landesgeschichte und Landeskunde.
Schon in den ersten Tagen belegten die Zahlen der Nutzungsstatistik
(Anfragen, Volltitelabrufe) den Wert dieser Maßnahme. Auch für den KVK ergibt
sich dadurch ein Mehrwert, weil deutlich mehr unselbständig erschienene Literatur
in die Suche des Nutzers einbezogen werden kann, denn rund zwei Drittel
der in den Landesbibliographien nachgewiesenen Literaturstellen sind Aufsätze
und Artikel.
Neben den Berichten aus allen Bundesländern, die vollzählig in Hamburg
vertreten waren, wurden zahlreiche Einzelaspekte aus der praktischen Arbeit
behandelt.
Auf dieser Schreibmaschine des damaligen Durbacher Ratschreibers Josef Lauinger wurde die traurige Mitteilung über den Absturz eines tschechischen Verkehrsflugzeugs in die Welt berichtet. Ein schlichter grauer Grabstein auf dem alten Friedhof in Offenburg mit der Aufschrift „Hier ruht Heinrich Schliestedt, Vorstandsmitglied des Deutschen Metall-Arbeiter-Verbandes, geb. 18. Jan. 1883, gest. 13. August 1938 durch Flugzeugabsturz in Durbach“ erinnert heute noch an das furchtbare Unglück in Durbach.
Das 12. Jahrhundert zählt zweifellos zu den besonders fruchtbaren und ereignisreichen Zeiten der europäischen Geschichte. Damals fanden in allen wichtigen Belangen
durchgreifende Veränderungen statt; innerhalb weniger Generationen verwandelte sich
die Lebens- und Gedankenwelt so fundamental wie davor nicht und danach auf Jahrhunderte hinaus nicht mehr. Ein anhaltendes Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum ermöglichte einerseits das Entstehen der europäischen Städtelandschaft und ihres Bürgertums, andererseits trug es die Entfaltung der höfischen und ritterlichen Kultur. In der
Kunst und der Architektur erlebte die Romanik ihre späte Blüte, doch wurde sie bereits,
von Nordfrankreich ausgehend, von der Gotik abgelöst. Die Dialektik, also die Kunst des
rationalen Argumentierens, war die Leitwissenschaft dieser Zeit; sie erlaubte es, das
Recht, die Philosophie und die Theologie zu verwissenschaftlichen. Zugleich organisierte sich der Wissenschaftsbetrieb selbst in den ersten Universitäten. Auf der politisch-herrschaftlichen Ebene setzte der allmähliche Aufstieg der Nationalstaaten ein; und mit
den Kreuzzügen griff Europa erstmals weit über seine Grenzen hinaus.
„Die Gegensätze der grossen Revolution, der Widerspruch zwischen der theoretischen Freiheitsphrase und der praktischen
Gewissenstyrannei spiegelte sich in den Geschicken des Strassburgers Priesterseminars während jener unruhigen Zeiten mit
drastischer Deutlichkeit wider. Die praktische Folge war, dass die treugläubigen Professoren und Seminaristen in der Verbannung ein kümmerliches Dasein fristen musssten.“ Das Problem entstand, als am 21. Januar 1791 der Vorstand des Seminars, mit Ausnahme Franz Anton Brendels, Professor des Kirchenrechts, den Eid zur Zivilkonstitution des Klerus
verweigerte. Nachdem Brendel, aus Lohr am Main (Unterfranken) gebürtig, am 6. März im Münster zum konstitutionellen
Bischof gewählt worden war, wurde er am selben Tag von Regens Hirn und den Seminaristen nicht als Bischof anerkannt. Bald hernach mussten sie selbstverständlich dem konstitutionellen Seminar den Platz räumen.
In der Dorfmitte, „Am Durbach“, zwischen Haus-Nummer 3 und 4, zweigt ein ausgebauter Weg, der „Schmiedweg“ (die
Schießgasse) nach Appenweier. Er führt zwischen den beiden Wohngrundstücken 3 u. 4 vorbei, und danach, südlich, gegenüber der Sackgasse „Im Stück“ und dem Friedhof, steht das schmale Transformatoren-Haus. Von hier wurde bis 1989 die
elektrische Versorgung von Ebersweier geregelt und heute (seit 1993) nun zweckentfremdet, doch sinnvoll, dient es als Unterschlupf von gefährdeten Tierarten.
Geschichte erfahren
(2019)
Schon der Name des Geschichts- und Heimatvereins unterstreicht den Satz von Marcel Proust: Folgt man den Spuren fremder und vergangener Kulturen, lernt man die eigene Region besser zu erfassen und zu verstehen. Zumal in einer Stadt,
wo auf dem Magdalenenberg, dem größten hallstatt zeitlichen Grabhügel Mitteleuropas sich das Bild eines keltischen Fürstenhofes bietet. Wen reizt dies nicht zu „erfahren”, wo dieses Volk herkam und an welchen anderen Orten es seine Spuren hinterließ. Schließlich kommt das Wort „Erfahrung” von „fahren”, was zeigt, dass der Mensch seit je das Bedürfnis hatte, sich zu bewegen, um damit seinen Erfahrungsschatz zu vergrößern. Der Autor hatte das Glück und Privileg, Mitglieder des GHV Villingen seit nunmehr 10 Jahren auf den „Fährten” – kommt auch von „fahren” – fremder Völker und Zeiten begleiten zu dürfen. Auch wenn uns heute schnelle Jets und komfortable Reisebusse schnell ans Ziel unserer Wünsche bringen, so fühlt sich der geschichtsbewusste Reisende doch in der Tradition eines Phänomens, das wie kein anderes die Kultur der Menschheit weiter gebracht hat.
Im Rhein-Neckar-Kreis gibt es 210 evangelische und katholische Kirchengebäude, ein beträchtlicher
Teil findet sich in den Städten und Gemeinden des Kraichgaus. Sie waren und sind über
viele Jahrhunderte hinweg ein prägendes Element, ein Ausdruck der Heimat, und sie bewahren
ein reiches historisch-künstlerisches Erbe aus allen Kunstepochen. Die folgenden Beispiele
sollen anregen, sich intensiver mit dem Zusammenwirken von Kunst und Kirche vom Mittelalter
bis heute auseinanderzusetzen und natürlich die Gotteshäuser zu besuchen.
Ein aufgebockter Leiterwagen, dessen Räder fehlen. Zwei gebrannte Lehmziegel aus einem Trümmerhaufen. Und ein Paar unscheinbare Lederstiefel, das bei genauer Betrachtung einen Mikrokosmos an Bedeutungen offenbart. Diese drei Museumsdinge, die sich ihrer Herkunft, Machart und
Materialität nach unterscheiden, verbindet manches. Sie befanden sich über Jahrzehnte in Familienbesitz, bevor sie als Schenkungen dem Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm (DZM)
anvertraut wurden. Ihre Vorbesitzer*innen brachten sie aus ihrer alten Heimat im südöstlichen
Europa mit in ihre neue Heimat Deutschland. Sie haben heute kaum einen materiellen Wert, aber
es haften Erinnerungen, Gefühle und teils traumatische Erlebnisse an ihnen, die bei der Übergabe
an das Museum überliefert wurden. Und: Die Objekte und ihre einstigen Eigentümer*innen haben eine (erzwungene) Migration hinter sich.
Anhand dieser drei Objekte möchte ich in diesem Beitrag auf folgende Aspekte eingehen:
Welche Rolle spielen „Heimat“ und „Migration“ für die Ausstellungs- und Sammeltätigkeit des
Donauschwäbischen Zentralmuseums? Welchen Widerhall erzeugt der am DZM etablierte Umgang mit den kontroversen und gefühlsbeladenen Begriffen bei den Museumsbesucher*innen?
Und schließlich: Welche Chancen und Grenzen ergeben sich durch die Thematik des Hauses für
interkulturelle Vermittlungsformate? Zunächst aber ist zu klären, wen wir überhaupt meinen,
wenn wir von „den“ Donauschwaben sprechen.
Die Schwierigkeiten, die sich bei einer Suche nach Hebelvertonungen stellen, beleuchten die Besonderheit der kompositorischen Rezeption. Hebel wurde fast ausschließlich von Musikern aus dem alemannischen und schwäbischen Raum vertont, beziehungsweise von Komponisten, die eine besondere Beziehung zu diesem Landstrich hatten. Es sind nur wenig bekannte Namen darunter.
Neuanfang nach 1945?
(2019)
In der deutschen Nachkriegsgeschichte spielte immer wieder die Frage eine Rolle: Wie konnte es dazu kommen, dass ehemalige überzeugte Nationalsozialisten nach dem Kriegsende 1945 in Politik und Regierung bald ihre Tätigkeit in herausgehobener Position fortsetzen konnten? Zwei der bekanntesten Beispiele waren Hans Globke und Hans Filbinger. Globke, Jurist und hoher Regierungsbeamter im Dritten Reich, war unter Bundeskanzler Adenauer ein einflussreicher Politiker; bei der Entnazifizierung 1947 aufgrund unwahrer persönlicher Angaben als „unbelastet“ eingestuft, wurden seine – auch judenfeindlichen ‒ Verstrickungen in das NS-Regime erst spät, zu spät, öffentlich bekannt. Filbinger, als NSDAP-Mitglied vielfach aktiver Marinerichter im Dritten Reich, einschließlich der Verhängung von politischen Todesurteilen, war nach 1945 dann CDU-Politiker und baden-württembergischer Ministerpräsident, der erst 1978 zurücktreten musste, als seine Vergangenheit bekannt geworden war („Filbinger-Affäre“). Zwei andere Beispiele: Das „Rosenberg-Projekt“ des Bundesjustizministeriums untersuchte personelle und sachliche Kontinuitäten nach der NS-Zeit. Daran schließt sich jetzt eine institutseigene Studie „Die Bundesanwaltschaft und die NS-Zeit“ an.
50 Jahre GHV
(2019)
Die Gründungsversammlung des Geschichts- und Heimatvereins Villingen fand am 10. Juni 1969 mit ca. 200 Personen statt. Dr. Nepomuk Hässler wurde zum 1. Ehrenmitglied ernannt und erhielt gleichzeitig das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Hans Brüstle wurde erster Vorsitzender und in einem ersten Schritt wurden 7 Arbeitsgemeinschaften gebildet. Bereits am 1. August nahm der Verein öffentlich Stellung gegen Pläne der Stadt wegen des Abrisses des historischen Baudenkmals „Mauer am Spitalgarten”. 1973 wurde die „Aktions- und Arbeitsgemeinschaft Stadtplanung- und sanierung Villingen” gegründet. Am 12. 11. 1976 trat Hans Brüstle als Vorsitzender zurück, Dr. Faas wurde erster Vorsitzender. Hans Brüstle wurde zum ersten Ehrenvorsitzenden ernannt, verstarb aber leider schon am 2. Dezember 1976. 1981 lud der Verein zum Festakt aus Anlass des 75. Geburtstags von Hans Hauser ein und ernannte ihn zum Ehrenmitglied. Von 1983 bis 1986 arbeitete der Arbeitskreis Innenstadt als „Initiative Münsterplatz” an Ideen und Planung für die Neugestaltung des
Münsterplatzes.
Obwohl Andreas Morgenstern erstmals das Thema „Kriegsende und Neubeginn“ 1918/19 in Schiltach behandelt, mit neuen
Quellen zur Existenz eines „Arbeiter- und Volksrats“, soll die Darstellung hier hinterfragt werden. Sie, die sich als „beispielhafter Blick“ in die badische „Provinz“ versteht, wartet nicht nur mit überraschenden Thesen zur Kriegswahrnehmung und zur Tätigkeit des „Volksrats“ auf, sondern zieht auch eine „Bilanz“, die äußerst pessimistisch erscheint: Dass in dem
2000-Einwohner-Städtchen „die Fundamente der Demokratie sich […] brüchig gestalteten“; dass „die Zahl ihrer aktiven Unterstützer hier wie anderswo gering (war)“; dass „Gleichgültigkeit bis hin zur Ablehnung bei einem bedeutenden Teil der
Bevölkerung gedeihen (konnte)“. Diese Aussagen erinnern an den Slogan der „Republik ohne Republikaner“, wofür Schiltach
nun offenbar ein „Beispiel“ sein soll.