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Das Laubmoos Ulota macrospora Baur & Warnst, wurde an 18 Fundstellen im nordwestlichen Teil des Nordschwarzwalds
(Baden-Württemberg, Südwestdeutschland) festgestellt. Die Art Ist weltweit nur von wenigen Fundstellen in Europa
bekannt und galt in Baden-Württemberg seit 1893 als verschollen. Das Moos wird abgebildet. U. macrospora wächst im
Gebiet vor allem auf Borke von Fagus sylvatica an luftfeuchten Standorten in Buchenwäldern. Die Vergesellschaftung der Art
wurde untersucht. Häufige Begleitmoose sind Ulota crispa, U. bruchii, Metzgeria temperata, Microlejeunea ulicina, Radula complanata, Orthotrichum affine, Frullania dilatata und Flypnum cupressiforme. Außerdem wurde die Phänologie der
Sporophyten von U. macrospora, U. bruchii und U. crispa in Mischbeständen untersucht, wobei sich deutliche Unterschiede ergaben. Dadurch wird die Auffassung gestützt, dass es sich bei U. macrospora um eine eigenständige Art handelt.
Die Laubmoose Orthotrichum acuminatum H. Philib. und O. consimile Mitt. wurden zum ersten Mal in Baden-Württemberg (Deutschland) nachgewiesen. O. acuminatum war bisher aus Deutschland nicht bekannt. Die Fundstellen liegen im
nordwestlichen und nördlichen Randgebiet des Nordschwarzwalds. O. acuminatum besiedelt Borke am Stamm von Castanea sativa am Rand eines Gehölzes im Bereich von Wiesen in einem tief eingeschnittenen Bachtal und ist mit Ulota crispa,
U. bruchii, Orthotrichum lyellii, O. affine, Radula complanata und Frullania dilatata vergesellschaftet. O. consimile wächst
zusammen mit O. pulchellum, O. obtusifolium und O. affine auf Borke an dünnen Ästen von Sambucus nigra in einer feuchten
Wiese in einem Bachtal.
Das Laubmoos Crossidium aberrans J. M. Holzinger & E. B. Bartram (Pottiaceae) wurde zum ersten Mal in Deutschland
nachgewiesen. Die Fundstelle liegt im Kaiserstuhl in Baden-Württemberg (Südwestdeutschland). Das Moos wird beschrieben, außerdem werden die Ökologie, die Vergesellschaftung und die Gefährdung der Art behandelt. Die Arbeit enthält einen Bestimmungsschlüssel für die aus Mitteleuropa bekannten Taxa der Gattung Crossidium Jur. Im Jahr 1984 wurde
Crossidium aberrans auch auf den Balearen (auf Mallorca) gesammelt.
Das Laubmoos Rhynchostegiella jacquinii (Garov.)
Limpr. (Brachytheciaceae) wurde an 52 Fundstellen
¡m westlichen Teil von Baden-Württemberg (Südwestdeutschland) beobachtet. Die verwandte Art R. curviseta (Brid.) Limpr. ließ sich in dieser Region an vier
Fundorten feststellen. R. jacquinii wird abgebildet. Das
Moos wächst im Gebiet vor allem an basenreichen,
zeitweise überfluteten Blöcken, Steinen und Felsen
an Bächen in Klingen und Schluchten im Bereich von
Laubwäldern. R. curviseta besiedelt dagegen hauptsächlich zeitweise überschwemmte Sekundärstandorte (meist ältere, basenreiche Blockmauern) an Bächen. Die Vergesellschaftung der beiden Arten wurde
untersucht. Häufige, charakteristische Begleitmoose
sind Platyhypnidium riparioides, Brachythecium rivulare, Amblystegium tenax, Hygrohypnum luridum,
Cratoneuron filicinum, Thamnobryum alopecurum,
Eurhynchium hians, Fissidens pusillus, F. gracilifolius,
F. crassipes und Didymodon spadiceus.
In einer tief eingeschnittenen Bachklinge am nordwestlichen Rand des Nordschwarzwalds nordöstlich Bad Herrenalb südlich Karlsruhe (Baden-Württemberg) wurde ein Vorkommen epiphyller Moose entdeckt. Der Fundort liegt an einer dauernd luftfeuchten, geschützten Stelle im Bereich von Weißtannen-Fichten-Buchenwäldern. An der Fundstelle wachsen die Lebermoose Microlejeunea ulicina, Metzgeria temperata, Metzgeria furcata, Lophocolea bidentata und die Laubmoose Hypnum andoi und Dicranoweisia cirrata auf lebenden Nadeln von Abies alba und Picea abies und auf den wintergrünen Blättern verschiedener Angiospermen und Farne (krautige Pflanzen, Sträucher; Schwerpunkt auf Rubus-Blättern). Am häufigsten sind Metz. temperata und Micr. ulicina, die an einigen Abies alba-Zweigen fast alle Nadeln besiedeln. Auf älteren
Rubus-Blättern wurden maximal 199 Pflanzen von Metz. temperata und Micr. ulicina pro Teilblatt gezählt. Aus Mitteleuropa lagen bisher kaum Beobachtungen epiphyller Moose vor. Es wird diskutiert, ob die neuen Funde mit den gegenwärtigen Klimaänderungen zusammenhängen, besonders mit dem Anstieg der Lufttemperatur in den Wintermonaten (Seltenheit von Frostperioden). Der zeitliche Ablauf der Besiedlung der Nadeln und jungen Zweige von Abies alba wurde ermittelt, indem die Moosvegetation auf 113 Jahrestrieben, die sich in den Jahren 2000–2007 gebildet haben, untersucht wurde. Bereits im 4. Jahr wachsen Metz. temperata und Micr. ulicina auf fast allen Nadeln der Jahrestriebe. Später können H. andoi-Sprosse von der Borke der Zweige auf die Nadeln wachsen, und ab dem 8. Jahr führen größere Nadelverluste zu einem raschen Rückgang der epiphyllen Moose. Im 4. Jahr bedeckt Metz. temperata auf der Borke der meisten Triebe schon Flächenanteile über 50 %, während Micr. ulicina häufig über 10 % einnimmt. Auf der Borke älterer Triebe (ab dem 6. Jahr) können größere H. andoi-Bestände vorkommen. Metz. temperata und Micr. ulicina bilden an der Fundstelle häufig spezialisierte asexuelle Diasporen (thalloide Brutkörper, Cladien), die unter konstant feuchten Bedingungen eine rasche Besiedlung kurzlebiger Substrate erlauben. Die epiphyllen Moose wachsen auf den Blättern von Angiospermen und Farnen ungleichmäßig verteilt, weil ihre Diasporen vom abfließenden Niederschlagswasser verfrachtet werden und sich an Stellen mit Haaren oder
Spreuschuppen sammeln.
In dieser Arbeit werden die Verbreitung, Ökologie, Vergesellschaftung und Gefährdung von 26 seltenen Erd- und Felsmoosen im nordwestlichen Teil von Baden-Württemberg dargestellt. Das Untersuchungsgebiet umfasst den Kraichgau
und die angrenzenden Landschaften (Strom- und Heuchelberg, Neckarbecken, nördliche Oberrheinebene, Bergstraße
und Vorbergzone des Nordschwarzwalds). Von besonderem Interesse ist die Moosflora der Lössgebiete am Westrand des
Kraichgaus, hier wurden Crossidium crassinerve, Funaria pulchella, Pterygoneurum lamellatum, P. subsessile, Tortula brevissima und andere in Mitteleuropa seltene Moose festgestellt. Die Besiedlung neu entstandener Lössflächen mit den Arten Pterygoneurum subsessile und Fissidens bambergeri wurde untersucht, indem zwei Dauerflächen über einen Zeitraum von sechs Jahren beobachtet wurden. In den oft tief in die Schichten des Muschelkalks eingeschnittenen Tälern des Neckarbeckens kommen steile, felsige Trockenhänge vor. Hier wachsen u.a. Crossidium squamiferum, Leptobarbula berica, Pottia caespitosa, P. commutata, P. mutica, Tortella densa, Tortula atrovirens, T inermis und Trichostomum triumphans. Die Unterscheidung von Crossidium squamiferum var. pottioideum und C. squamiferum var. squamiferum wird diskutiert. Pottia caespitosa war bisher aus Baden-Württemberg nicht bekannt und P. commutata wurde erstmals in Deutschland beobachtet. Tortella densa bildet vereinzelt auf ständig bewegten, steinschuttreichen Böden kugelige bis linsenförmige oder scheibenförmige, vom Substrat losgelöste Kolonien („moss balls“). Die Alluvionen in der Rheinebene werden von Aloina brevirostris, Barbula tomaculosa, Ephemerum cohaerens, Weissia rostellata, W. squarrosa und anderen bemerkenswerten
Moosarten besiedelt. Barbula tomaculosa wurde zum ersten Mal in Deutschland und in Mitteleuropa nachgewiesen. Das
Moos wird beschrieben. Die Unterscheidung der beiden nah verwandten Arten Weissia squarrosa und W. brachycarpa
wird diskutiert. Außerdem wurde die Phänologie der Sporophyten beider Arten untersucht, wobei sich deutliche Unterschiede ergaben. Rhynchostegium megapolitanum, das bisher aus Baden-Württemberg nur von wenigen Stellen bekannt war, wurde im Untersuchungsgebiet an über 120 Fundorten beobachtet.
In einem Gebiet in der nördlichen Oberrheinebene südlich Karlsruhe (Südwestdeutschland) wurden die epiphytischen Vorkommen des diözischen Laubmooses Leucodon sciuroides (HEDW.) SCHWÄGR. (Leucodontaceae) untersucht. Zusätzlich wurden Herbarproben von L. sciuroides bearbeitet, die während des 19. Jahrhunderts im Untersuchungsgebiet an epiphytischen Standorten gesammelt wurden. In 32 aktuellen Beständen und 9 Herbarproben wurde die Länge der Sekundärsprosse und die Frequenz der Sprosse mit asexuellen Diasporen (Bruchästen), Antheridien, Archegonien und Sporophyten bestimmt, wobei 6733 Sprosse untersucht wurden (davon 6055 in den aktuellen Beständen). Das Moos wurde im Gebiet an 108 Bäumen beobachtet, wobei der Verbreitungsschwerpunkt in der Rheinniederung liegt. Im Gegensatz zu anderen Regionen Südwestdeutschlands wächst die Art vor allem im Bereich von Wäldern und nur vereinzelt an
freistehenden Bäumen. Bruchäste wurden in etwa 80 % der bearbeiteten aktuellen Bestände nachgewiesen und kamen dabei an 14,5 % aller untersuchten Sprosse vor. Dagegen wurden nur in 46,9 % der heutigen Bestände und an 7,2 % der Sprosse Gametangien beobachtet, wobei Sprosse mit Archegonien deutlich häufiger (n = 267; 4,4 %) als Sprosse mit Antheridien vorkamen (n = 170; 2,8 %). Im Untersuchungsgebiet wurden nur in einem Bestand (an einem Baum) Sporenkapseln festgestellt, wobei es sich gleichzeitig um die einzige nachgewiesene gemischtgeschlechtige Population handelt. Leucodon-Sprosse mit weiblichen Gametangienständen sind größer als Sprosse mit männlichen Gametangienständen und bilden häufiger Bruchäste, sie haben daher Konkurrenzvorteile und bessere Ausbreitungsmöglichkeiten. In den untersuchten Beständen wurde eine positive Korrelation zwischen dem Vorkommen
von Bruchästen und Gametangien festgestellt. Die Bruchäste können sich aber an kleineren Sprossen bilden. Eine Auswertung der alten Herbarproben und Literaturquellen ergab, dass die Art im Gebiet seit dem 19. Jahrhundert zurückgegangen ist und dass die Häufigkeit der Sporophyten und gemischtgeschlechtigen Bestände deutlich abgenommen hat. In den heutigen Populationen ist die Länge der Sekundärsprosse und die Frequenz der Gametangienstände wesentlich geringer als in den Herbarproben aus dem 19. Jahrhundert. Als Ursache für diese Veränderungen kommt vor allem
eine hohe Belastung mit Luftschadstoffen in Frage. Die Verbreitung von L. sciuroides im Gebiet zeigt, dass die heutige Seltenheit der Art stärker von den begrenzten Ausbreitungsmöglichkeiten der Diasporen bestimmt wird als von der Anzahl der geeigneten Habitate.
In den Jahren 2007-2009 wurden im Nordschwarzwald an 47 Fundstellen epiphylle Moose beobachtet. Die
Höhenlagen der Fundorte reichten von etwa 150 m bis 770 m, wobei die meisten Stellen zwischen 400 und 500 m liegen. Die epiphyllen Moose wachsen an dauernd luftfeuchten, geschützten, aufgelichteten, aber kaum der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzten Stellen am Rand oder in der Nähe von Bächen in tief eingeschnittenen, meist steilen Schluchten und Klingen im Bereich von Wäldern. Insgesamt wurden 19 epiphyll wachsende Moosarten nachgewiesen. Am häufigsten sind die beiden Lebermoose Metzgeria temperata und Microlejeunea ulicina, daneben wurden Hypnum
andoi, Metzgeria furcata, Lejeunea cavifolia und Lophocolea bidentata mehrfach auf lebenden Blättern beobachtet. Die Höhenlagen der epiphyllen Vorkommen von Micr. ulicina, Metzg. temperata und Lejeunea cavifolia unterscheiden sich deutlich. Die Besiedlung der lebenden Blätter erfolgt vor allem durch vegetative Diasporen. Dabei ist ein hoher Diasporen-Eintrag aus benachbarten, auf Borke wachsenden Beständen der Moosarten wichtig. Micr. ulicina, Metzg. temperata und
Metzg. furcata bilden sehr häufig spezialisierte vegetative Diasporen (Cladien, thalloide Brutkörper). Die epiphyll wachsenden Pflanzen der übrigen Moosarten sind hauptsächlich aus Sprossfragmenten hervorgegangen. Unter konstant feuchten Bedingungen können sich die thalloiden Brutkörper, Cladien und Sprossfragmente auf den Oberflächen der kurzlebigen Blätter schnell etablieren und sofort weiterentwickeln. Die epiphyllen Moose wurden auf lebenden Blättern von
58 Gefäßpflanzenarten (Angiospermen, Gymnospermen, Farne) beobachtet. Trägerpflanzen mit langlebigen, immergrünen oder wintergrünen Blättern werden bevorzugt, insbesondere Abies alba und verschiedene Rubus-Arten. Daneben werden die Blätter von Lamium galeobdolon, Oxalis acetosella, Picea abies, Galium odoratum, Luzula sylvatica, Viola reichenbachiana, Hedera helix und Dryopteris dilatata öfters besiedelt. Im Herbst 2008 fanden sich Metzg. temperata und
Micr. ulicina auch auf den Blättern verschiedener sommergrüner Trägerpflanzen, etwa auf Fagus sylvatica, Quercus petraea, Frangula alnus, Circaea lutetiana, Chaerophyllum hirsutum, Senecio ovatus, Athyrium filix-femina und Thelypteris limbosperma. Sie können daher junge Blätter schon innerhalb weniger Monate besiedeln. Es wird diskutiert, ob die neuen Nachweise epiphyller Moose im Schwarzwald mit den gegenwärtigen Umweltveränderungen (Klimawandel, Änderung
der Schadstoffbelastung der Luft) zusammenhängen.
Die Villinger Münsterkanzel gehört im weiten Umkreis zu den bedeutendsten Leistungen der altdeutschen Bildhauerkunst um 1500. Vor allem ihre Reliefplastik, die in 7 eindrucksvollen Szenenbildern die Passion Christi vergegenwärtigt, ist von überragender Qualität. Aber auch unter kunsthistorischem Aspekt sind die Kanzelreliefs, die bereits mehr der Frührenaissance als der ausgehenden Spätgotik angehören, ein hochinteressantes Zeitdokument. „Renaissance" ist hier zu verstehen als eine von der Antike und Italien völlig unabhängige ‚Wendung der deutschen Kunst hinweg von der Spätgotik', eine Entwicklung, die allerdings nur von einer ganz kleinen Gruppe von Plastikern jener Zeit vollzogen wurde. Ihr ist der Meister der Villinger Kanzel ohne jeden Zweifel zuzurechnen. Ebenso eindeutig ist seine Herkunft aus dem oberrheinischen Kunstkreis, wobei eine Schulung in Straßburg, wahrscheinlich bereits vor 1480, naheliegt. Auch die Tatsache, dass sich die Kanzel von den in Schwaben üblichen Kanzeltypen unterscheilet, lässt an oberrheinische Herkunft denken.
Die Entstehung fast aller spätgotischen Predigtkanzeln fällt im deutschen Sprachgebiet in die Zeit
zwischen ca. 1460 und 1520. Dies trifft auch für
die Villinger Münsterkanzel zu, die im Hinblick
auf die Tätigkeit ihres Meisters im nahen
Mönchweiler ab 1511 [1] höchstwahrscheinlich kurz
vor 1510 errichtet wurde.
Während fast alle spätgotischen Kanzeln hinsichtlich ihrer Bauweise - dreiteiliger Aufbau des Bauwerks aus Stützzone, Kanzelkorb (auch Kanzelkorpus genannt) und Kanzeltreppe - grundlegende
Gemeinsamkeiten aufweisen, gibt es bei ihrer
skulpturalen Ausschmückung, welche die Kanzel in
aller Regel erst zu einem Kunstwerk erhebt, reichste Vielfalt.
Konstanz am Bodensee
(2019)
»Ein paar KZ-Leute gingen heute an mir vorüber in ihren breit weiß-blau-gestreiften
Sträflingsanzügen. Sie bekommen alle die bei uns beschlagnahmten Anzüge. Überall sieht
man die nach dem ›Konstanzer Hof‹ weisenden Tafeln in Schablonenschrift: Centre
d’acceuil des prisonniers et déportés«, notierte der Konstanzer Lehrer Herbert Holzer am
15. Juni 1945 etwa zwei Monate, nachdem für Konstanz der Krieg zu Ende gegangen war. [1]
Dass Überlebende der nationalsozialistischen Verfolgung und Zwangsarbeiter aus allen
Herren Länder im Sommer 1945 im Konstanzer Stadtbild präsent waren, wundert angesichts der Tatsache nicht, dass die französische Besatzungsmacht rund 3 000 Verschleppte
oder Displaced Persons (DPs) in Konstanz und Umgebung sammelte, um sie zu repatriieren. Unter ihnen befanden sich auch jüdische DPs überwiegend aus Ost-und Südost-Europa. Aufgrund dieses Sachverhalts entwickelte sich Konstanz zu einem Zentrum jüdischen Lebens in der französischen Besatzungszone (FBZ), und zwar in dreifacher Hinsicht.
Erstens blieb Konstanz als Grenzstadt in den ersten Nachkriegsjahren Sammelpunkt für
ehemalige jüdische KZ-Häftlinge und Überlebende des Holocausts. Zweitens wurde es Sitz
der jüdischen Hilfsorganisation »American Joint Distribution Committee (AJDC)« in der
FBZ, die sich um die Versorgung dieses Personenkreises kümmerte. Schließlich wurde
Konstanz zum Sitz des einzigen jüdischen Zentralkomites (ZK) in der gesamten FBZ, das
sich vor allem für die Juden im Südteil der FBZ zuständig fühlte, wo schwerpunktmäßig
ähnliche Sammelpunkte für jüdische DPs in Konstanz-Egg, Gailingen, Biberach-Jordanbad, Saulgau, Lindau, Ravensburg und Freiburg eingerichtet wurden.
Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer hat am 14. Dezember 2017 die Ausstellung »Biosphärengebiet Schwarzwald – Zukunft mit Tradition« eröffnet. Die Schau gibt einen Einblick in das Biosphärengebiet und welche besonderen Eigenschaften das Schutzgebiet im Schwarzwald hat, heißt es in einer Pressemitteilung des Regierungspräsidiums Freiburg. Vom baden-württembergischen Umweltministerium nahm Karl-Heinz Lieber, Abteilungsleiter Naturschutz, teil.
Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer: »Mit der internationalen Anerkennung hat die UNESCO bestätigt, was wir alle wissen: Der Schwarzwald spielt in der weltweiten Spitzenklasse der Schutzgebiete oben mit. Dass es heute im Schwarzwald so aussieht, ist Ergebnis jahrhundertelanger Nutzung der Landschaft und ihrer Ressourcen. Die Ausstellung zeigt Besuchern und Einheimischen, wie schön unsere Landschaft ist und weshalb sie schützenswert ist und zeigt auf, wie die Dinge zusammenhängen. Sie leistet einen Beitrag zur Identifikation mit dem Biosphärengebiet und macht Lust, das Biosphärengebiet
selbst zu entdecken.«
Karl Hirth wurde am 23. März 1869 in Villingen als „ehelicher Sohn des Schusters Fridolin Hirth und der Franziska Konstanzer“ geboren. Er hatte acht Geschwister. Sein Vater hatte seine Werkstatt in der Rietstraße heutige Nummer 21 und war ein begeisterter Krippensammler. Der mündlichen Familienüberlieferung folgend besaß er mehrere Krippen. Mit dem Aufbau seiner Hauskrippe war Fridolin Hirth Wochen vor Weihnachten beschäftigt, wobei er die Hälfte seines Wohnzimmers vom Fenster bis zur Tür für seine Krippe ausgeräumt hat. Die Krippenlandschaft baute er jedes Jahr neu auf. In Wandnischen seiner Wohnung richtete er kleinere Krippen ein. Eine Krippe war im Wandschrank des Wohnzimmers das ganze Jahr über aufgestellt.
Nach seinem Tod 1890 soll seine Witwe Teile dieser Krippensammlung „an Herren aus der Schweiz“ verkauft haben, ein anderer Teil ging später an Karl Kornhaas.
Nicht nur unbeschwertes Feiern unter dem Vorzeichen der Heimattage, auch kritisches
Hinterfragen von problematischen Aspekten der Regionalgeschichte gehören in Bruchsal
erklärtermaßen zum Spektrum der Heimattageveranstaltungen 2015. Am Beispiel der
Deportation nach Gurs 1940 (75. Jahrestag) wie auch der Kriegszerstörung von Bruchsal
1945 (70. Jahrestag) umreißt der Beitrag die entsprechenden Bemühungen der Stadt und ihre
historischen Hintergründe.
Was will, was kann und was soll Ortsgeschichte? Zum einen: Informieren über charakteristische, singuläre Ereignisse und Entwicklungen, über ansässige Vereine und Institutionen, über Bau- und Kunstdenkmale sowie historisch beachtenswerte Persönlichkeiten einer Gemeinde. Damit vermag Ortsgeschichte einen Aha-Effekt zu erzeugen, etwa wenn sie optisch Vertrautes durch inhaltlich Relevantes erklärt. Oder aber sie ermöglicht, sofern das geschilderte Ereignis noch in die eigene Erinnerungszeit des jeweiligen Lesers fällt, ein erneutes Gewärtigwerden von Selbsterlebtem. Zum anderen aber soll Ortsgeschichte möglichst auch Mosaiksteine liefern für ein größeres Ganzes, lokale Puzzleteile zum Gesamtbild der Regional- oder sogar Landesgeschichte, indem sie Entwicklungen grundsätzlicherer Natur illustriert und aussagekräftige Beispiele für diese bereitstellt.
1250 Jahre Kraichgau
(2020)
Landauf, landab, im Kraichgau wie im ganzen Südwesten von Deutschland, begehen 2020 Städte und Gemeinden ihre 1250-Jahr-Feiern: 2015 Bensheim, 2016 Schwetzingen, 2017 Bretten gemeinsam mit seinem Stadtteil Diedelsheim, 2018 Östringen, 2019 Gemmingen, Odenheim, Helmsheim, Richen und Singen bei Remchingen, 2020 schließlich Sinsheim, Walldorf, Heidelsheim, Menzingen und Neibsheim. Die Aufzählung ließe sich für die kommenden Jahre beliebig fortsetzen, ebenso wie sie rückblickend weit entfernt ist von jeder Vollständigkeit. Eine Zeitung sprach unlängst von einer regelrechten „Ballung von 1250-Jahr-Feiern“.
Neues von Joß Fritz?
(2002)
Wenn sich der Nachruhm eines Menschen daran messen lässt, wie stark er noch fast 500 Jahre nach seinem Tod die Gemüter erhitzt, polarisiert und manchmal sogar Emotionen hochschlagen lässt - dann ist der Nachruhm von Joß Fritz, dem Bundschuhführer aus Untergrombach bei Bruchsal, zweifellos immens. Er ging mit seinen drei Aufstandsversuchen -
1502 im Hochstift Speyer, 1513 bei Freiburg und 1517 am gesamten Oberrhein - dem deutschen Bauernkrieg von 1525 voraus, er hat ihn (ideologisch und praktisch) wohl auch mit angebahnt. Zwar ist er stets gescheitert, aber immer konnte er seinen Häschern entkommen, und noch einmal tauchte er 1524, am Vorabend des Bauernkrieges, im Hegau auf, um zu verkünden, er könne nicht sterben, ehe der Bundschuh nicht seinen Fortgang genommen habe. Schon zu Lebzeiten hat dieser Rebell und Aufrührer als eine Ikone der Revolution gegolten. Die Behörden seiner Zeit sahen ihn, naheliegender Weise, deshalb als einen Unbelehrbaren an, als einen Wiederholungstäter, und so schrieb ein Freiburger Amtmann nach dem zweiten Aufstandsversuch 1513 über Joß Fritz den bezeichnenden Satz: ,,Der hat sollichs verborgen feur jetzt widerumb anzundt".
Eines der winzigsten, aber gerade deshalb sozialgeschichtlich besonders bedeutsamen Gebäude von Bruchsal konnte durch das gemeinsame Engagement eines Handwerker-Konsortiums, der Stiftung der Volksbank Bruchsal-Bretten und der Stadt Bruchsal gerettet und im Juni 2017 in umfassend saniertem Zustand der Öffentlichkeit übergeben werden. Das ehemalige Handwerkerhaus in der Bruchsaler Klosterstraße, im frühen 20. Jahrhundert bewohnt von einem Schusterehepaar mit insgesamt 13 Kindern, beherbergt nun eine Ausstellung zur Geschichte der Schuhmacherei, die original erhaltenen Gerätschaft en sowie im Obergeschoss eine Dokumentation zu Entwicklung und gegenwärtiger Bedeutung der Genossenschaften in der Region.
1250 Jahre Kraichgau
(2019)
Der einleitende Text zum Jubiläumsheft »1250 Jahre Kraichgau« der Badischen Heimat erläutert
die historischen Hintergründe des Jubiläumsjahres, skizziert Potenziale und Herausforderungen
des Lebens im Kraichgau heute und hinterfragt zugleich die Entstehungs- und
Geltungsgeschichte des Kraichgau-Begriffs. Es wird deutlich, dass der Ausdruck über Jahrhunderte
immer wieder anders verstanden wurde und somit die Region eine »Landschaft mit
fließenden Grenzen« ist.
Wer zu orts-, familien- und personengeschichtlichen Themen recherchiert, der weiß oder ahnt, welche Herausforderung der Umgang mit historischen Zeitungsbeständen darstellt. Äußerst reizvoll zwar in berechtigter Erwartung wesentlicher Suchergebnisse, aber in der puren Masse doch auch erschlagend! Bemisst man den Umfang einer durchschnittlichen
Zeitungsausgabe mit acht Druckseiten und rechnet für die Durchsicht einer Einzelseite nur ganze dreißig Sekunden – und das ist wirklich sehr wenig für eine halbwegs sorgfältige Analyse der oftmals unübersichtlich strukturierten, auf Artikelüberschriften meist verzichtenden älteren Presseerzeugnisse –, so braucht es für jedes Exemplar mindestens vier Minuten und pro Jahrgang einer Tageszeitung demnach gut und gerne zwanzig Stunden. Mit vertretbarem Aufwand war daher bisher die Durchsicht vieler Jahrgänge oder mehrerer unterschiedlicher Blätter kaum zu bewerkstelligen.