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Von S'Franke
(2010)
Fast 103 Jahre alt geworden wäre vor drei
Jahren Frau Bertha Frank, einst Landesprodukte-Handel Brettener Str.19 in Eppingen. Sie verstarb 2006 an ihrem Alterssitz
in den Vereinigten Staaten. Ihr Mann Arthur
im Außendienst, war sie Mutter und Verkäuferin in einem und sehr beliebt. Erzählt
ein Mädchen vom Geschenk eines Matzenbrotes beim Einkaufen von Mehl oder
Hühnerfutter (Muskator), kommt heute
noch der Protest der Buben: "unn mir
häwwe Gutsele kriegt". Indessen der Bub
(heute ist er 95), der damals die Enten freitags durchs "Knorre" Gässle hinab in die
nahe Elsenz trieb, bekam auch ein Matzenbrot und manchmal sogar ein "Fuffzigerle", was zu jener Zeit für ein Kind sehr
viel Geld bedeutete.
Wenn man von den Rheinauer Juden spricht, sind damit die Juden aus dem ehemaligen Neufreistett und aus Rheinbischofsheim gemeint. Die erste schriftliche Erwähnung der „Bischemer" Juden stammt aus dem Jahr 1717. Die Neufreistetter Juden wurden ein wenig später, nämlich im Zusammenhang mit der Stadtgründung, eingeladen, sich hier niederzulassen und sind urkundlich zum ersten Mal im Jahr 1756 erwähnt. Im Lauf der Geschichte war der Anteil jüdischer Einwohner an der Gesamtbevölkerung schwankend. Er betrug in Neufreistett z.B. bis zu 20% und war in beiden Gemeinden in der Zeit bis 1945 deutlich höher als der Anteil katholischer Bürger.
Untrennbar mit der frühen Ludwigsburger Stadtgeschichte ist die Gestalt der
Christina Wilhelmina von Grävenitz (1685–1744) verbunden. Sie war 24 Jahre
die Mätresse des Ludwigsburger Stadtgründers Eberhard Ludwig und prägte
dessen Regierungszeit wie kein anderer Mensch.
Mätressen verdankten in der Frühen Neuzeit ihren Aufstieg vor allem ihrem
Aussehen. Und wer könnte das Aussehen der Grävenitz besser beurteilen als ein
Zeitzeuge. Heinrich August Krippendorf hatte als ihr Privatsekretär über viele
Jahre sehr engen Kontakt zu ihr. Er schreibt aus der Retrospektive:
»Es war ... an der Grävenitz
gar nichts Schönes, außer der Busen und Hände. Ihre
Augen, Haar und Taille von der allergemeinsten Sorte, die Zähne die heßlichsten
von der Welt, der Gang negligent. Ihr Angesicht, welches jederzeit mit Farde so
starck übergeschmiert war, als ob sie einem [G]ipser die Arbeit verdungen, gliche
ohne diesem Anstrich einem alten Epitaphio, woraus das Gold gekratzt worden, indem es die Blattern gar grob verderbt hatten. Nechst diesem ist es schier unmöglich
zu glauben, wie Eberhard Ludwig die Grävenitz die letzten 12 Jahre ihres Dominats
über lieben können, denn sie ward durch eine ausgestandene Kranckheit so unförmlich dick, daß es Kunst brauchete, sie einzuschnüren, welches auch sehr selten und
nur bey den vornemsten Hoffestins geschahe.
Die Familie Kobell stammt ursprünglich aus Hessen. Der Name „Kobel" bzw. ,,Köbel" kann bis in das 17. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Im Zuge der Französisierung im 18. Jahrhundert wurde das „l" verdoppelt, wobei sich diese Schreibweise allerdings erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts durchsetzte. Als Stammvater gilt nachweislich Engelbert Kobell, Hochfürstlich Hessen-Darmstädtischer Schultheiß in Niederroßbach, der gegen Ende des 17. Jahrhunderts nach Frankfurt am Main übersiedelte. Sein Sohn Johann Heinrich erhielt dort 1716 die Bürgerrechte. Nach dem großen Brand von Frankfurt 1719 wanderte dieser jedoch mit seiner Familie nach Rotterdam aus. Mit Johann Heinrich Kobell d. Ä. spaltete sich die Familie fortan in eine deutsche und eine holländische Linie auf. Der um 1718 geborene Johann Heinrich d. J. blieb in Holland und war der Vater des späteren Marinemalers Hendrik Kobell sowie des Landschafts- und Tiermalers Jan Kobell. Sein etwa um ein Jahr älterer Bruder Balthasar wurde in Mannheim ansässig und stieg unter Kurfürst Carl Theodor als hoher Finanzbeamter bis zum
kurpfälzischen Hofkammerrat auf.
Ein hübsches 12-zeiliges Gedichtautograph
Ferdinand Freiligraths auf einem
Albumblatt gelangte unlängst über den
österreichischen Autographenhandel in die
Lippische Landesbibliothek in Detmold, die
in ihrem Literaturarchiv eine der umfangreichsten
Sammlungen zu diesem im Jahre
1810 in der lippischen Residenz geborenen
Dichter bewahrt. Das Blatt trägt am Schluss
in der markanten ausgeschriebenen Hand
des Lyrikers eine dreizeilige Widmung, seine
Unterschrift sowie Ort und Datum. Da das
Gedicht keinen Titel aufweist, liegt die
Zuordnung nicht unmittelbar auf der Hand.
Bei näherem Hinsehen handelt es sich
jedoch um die Übersetzung zweier Strophen
des 18-strophigen Gedichts „Epistle to
William Simson“, das der schottische Dichter
Robert Burns (1759–1796) im Mai 1785
verfasst hat. Schon als junger Mann von
diesem fasziniert, hatte Freiligrath die
Epistel übersetzt und ihr den unverfänglichen
Titel „An einen Freund“ gegeben.
Bevor einiges zum Entstehungsumfeld
dieser poetischen Reminiszenz zu sagen ist,
folgen zunächst die Verse:
Die Neubauten oder Neugestaltungen der Bezirksämter des einstigen Großherzogtums Baden waren durchweg lange und sorgfältig geplante Vorhaben. Wie alle anderen öffentlichen Bauten oder städtebaulichen Gestaltungen der Jahre von 1870 bis 1900 ist ihnen bis heute recht wenig Beachtung geschenkt worden. Dem beginnenden Funktionalismus der Nachkriegszeit gar galten sie als der Architektur unwürdige Produkte einer geringgeschätzten wilhelminischen Epoche. Bis in die 1960er Jahre und den Beginn einer intensiven Auseinandersetzung der Denkmalpflege mit dem architektonischen Bestand sah man in diesen
baulichen Hinterlassenschaften des späteren 19. Jahrhunderts zweifelhafte Werke. Die Umstände und Hintergründe der Ausstattung und des Baues der Bezirksamtsgebäude in Donaueschingen und Villingen werden damit nicht nur zu einem Teil regionaler Verwaltungsgeschichte, sondern fügen sich auch in die Architekturgeschichte der Baar.
Vorausgegangen ist diesem Essay ein Vortrag im Museum, der fraglos ziemlich kühn in seiner Ankündigung war: Ist das Markgräflerland eine „Kunstprovinz" oder ist die Kunst hier im Markgräflerland doch nur provinziell? Zum Begriff „Kunstprovinz". Diese erste Frage ist ein wenig Lockvogel-Attrappe und sollte rasch beseitigt werden. Dem Begriff
,,Kunstprovinz" haftet heute ein unauslöschliches Odium des Pejorativen, des Unfreien, Stubenhockerischen, Verengten an. Das war aber nicht immer so. Die berühmtesten Kunstprovinzen erblühten im Italien der Renaissance, in der Toscana. (Ganz nebenbei: Unter deren herrlichen Früchten lässt sich ja auch ziemlich viel von musealem Kunst-Dörrobst finden). Heute
spricht man, um dem Missverständnis vorzubeugen, bei solchen Kunstprovinzen lieber von Kunstlandschaften, Regionen oder von Schulen. Wahrscheinlich drückt sich in dieser Zurückweisung des Begriffes „Kunstprovinz" auch der Zweifel aus, ob in einer Landschaft, in ihrem „Blut und Boden", überhaupt noch derartige Wirkungsmacht steckt. Jedenfalls haben jüngere Kunstregionen mit etwas weniger kunstgeschichtlichem Strahlenglanz auszukommen. Die Pleinairisten von Pontoise, die das Silberlicht der Erlen so hingebungsvoll perfektionierten, wussten sich bereits zu bescheiden.
Im Frühjahr des vorvergangenen Jahres ist dem Rosgartenmuseum in Konstanz
und seiner Leiterin Frau Elisabeth von Gleichenstein etwas gelungen, was einer kleinen
Sensation gleichkam. Im Museum waren vom 27. Februar bis zum 17. April 2005 neben
vielen anderen Exponaten alle europäischen Abschriften einer illustrierten spätmittelalterlichen Geschichtschronik versammelt, die nicht nur den Bodenseeraum, sondern auch
die Stadt Konstanz »in aller Welt« berühmt gemacht hat. So verkündet es jedenfalls eine
wichtige Abschrift der Chronik, die noch heute im Rosgartenmuseum Konstanz verwahrt
wird. Es heißt dort im Eingang der Handschrift in Abwandlung des 18. Psalms: In omnem
terram exiuit nomen Constancie, et divulgatum est nomen eius in univma terra. Die Übersetzung
lautet: Ȇber die ganze Erde erging der Name von Konstanz, und dieser Name wurde auf
der ganzen Welt verbreitet«. Nach Auffassung der Abschrift haben wir es also bei dem
in der Chronik niedergelegten Ereignis durchaus mit einem für die damalige Zeit »welthistorischen« Ereignis zu tun. Es trug sich nicht nur in Konstanz zu, sondern war auch
Impulsgeber für eine umfangreiche und vielfältige Tätigkeit im Bereich der regionalen
wie lokalen Historiographie. Es sei in diesem Zusammenhang nur an die Schreibstube
des Chronisten Gebhard Dächer (ca. 1425-1471) erinnert, die im Rahmen der Richental-Rezeption eine ebenso wichtige wie vielfältige Rolle spielt, auf die hier aber nicht näher
eingegangen werden kann.
Nicht erst seit 1955, als im Zeichen des bundesdeutschen „Wirtschaftswunders" Vereinbarungen mit Italien über die Anwerbung von Arbeitskräften getroffen wurden, oder seit der Beschäftigung italienischer Arbeiterinnen und Arbeiter in der deutschen Bau-, Ziegel- und Textilindustrie im
ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert reisten Italiener auf der
Suche nach Arbeit und Einkommensmöglichkeiten über die Alpen nach
Norden.[2] Bereits zwischen dem 16. und ] 8. Jahrhundert wanderten Tausende von Hausierern, Kaufleuten und Handwerkern aus Italien in deutsche
Territorien ein.[3] Einzelne ließen sich auch in der Reichsstadt Offenburg
nieder. Hier konnten bislang für die zweite Hälfte des 17. und das 18. Jahrhundert über zwanzig italienische Männer ermittelt werden, die entweder
alleine oder mit ihren Familien in der Stadt lebten. Sofern genauere Herkunftsangaben vorliegen, stammten die Zuwanderer aus Oberitalien, insbesondere aus den Gebirgstälern am Südrand der Alpen sowie aus dem Gebiet der drei großen oberitalienischen Seen, dem Lago Maggiore, Lago di
Lugano und Lago di Como.[4]
Von Jägern und Gejagten
(2020)
Im Jahr 1828 veröffentlichte der württembergische Kameralbeamte und leidenschaftliche Wanderer Friedrich Ludwig Bührlen (1777–1850) sein Buch „Bilder aus demSchwarzwald“. Unter anderem schilderte er darin die Eindrücke und Beobachtungen einer 1825 in Begleitung seines Sohnes unternommenen Wanderung. Sie führte ihn von Sindelfingen nach Straßburg und von dort aus zurück bis Freudenstadt. Am 27. September 1825 passierte Bührlen das Dorf Besenfeld im Murgtal und hielt dazu später fest, dass er und sein Sohn vor dieser Gegend „einige Schauer gehegt [hätten], weil erst neulich in der Nähe von hier der berüchtigte Wilderer und Räuber Rothenbühler aufgegriffen worden“ sei. Die „Schauer“ scheinen allerdings mit einem gerüttelt Maß Sensationslust und Neugierde durchmischt gewesen zu sein: Bührlen bedauerte ausdrücklich, dass er wegen der späten Stunde keine Gelegenheit fand, den Sonnenwirt Berger aus Besenfeld, dem die Festnahme gelungen war, aufzusuchen, „um die näheren Umstände aus seinem eigenen Mund zu hören“.