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Im Jahre 1726 stiftete der damalige Amtsschultheiß zu Lichtenau, Gottfried Christian Schulmeister, der Pfarrei Lichtenau ein dickes, in Leder gebundenes Buch nur aus leeren Seiten bestehend, damit die Pfarrer „alle vorfallenden Merkwürdigkeiten, sonderlich die, welche dieses Gericht angehen (damaliges Kirchspiel Lichtenau) darinnen aufgezeichnet werden möchten."
Die ersten Eintragungen in diese Chronik machte Pfarrer Johann Jacob Müller (Amtszeit: 1718-1753) Seine Aufzeichnungen hielten sich nicht an eine bestimmte Ordnung. Sogar die Jahreseinträge machten gelegentlich Sprünge nach vom und auch nach hinten. Entgegen der Absicht des Stifters bildete nicht die Lokalhistorie den Schwerpunkt der Chronik, sondern die weltpolitischen Ereignisse, besonders die Kriege (polnischer Erbfolgekrieg, österreichischer Erbfolgekrieg). Wie er, so haben es auch seine Nachfolger gehalten. Die Chronisten der Lichtenauer Pfarrchronik haben es aber durch ihre Ausflüge in die Weltpolitik möglich gemacht, den heutigen Leser nachempfinden zu lassen, welches Echo die große Politik bei einem Landpfarrer gefunden hat. Der Absicht dieser Arbeit entsprechend liegt also ihr Schwerpunkt im Aufsuchen der Passagen, welche die persönliche Note des Chronisten erkennen lassen. Doch wird es zu deren Verständnis nötig sein, auch das historische Umfeld dieser Abschnitte den besonderen Umständen entsprechend - mehr oder weniger umfangreich -
darzustellen. Berichte, die Geschehnisse im Kirchspiel Lichtenau selbst betreffen, sind in der Regel ganz zitiert worden, da hier die Chronisten als Augenzeugen auftreten. Pfarrer Müller war bei seinen persönlichen Stellungnahmen eher zurückhaltend.
Schöne Tage in Bretten
(2009)
Historische Staatsgrenzen zwischen deutschen Ländern bereiteten ihren Bürgern
oft bedrückende Erfahrungen, ihre Uberwindung glückliche Augenblicke. Das
wissen wir nicht erst als Zeitgenossen von Mauerbau und Wiedervereinigung.
Deutsche Kleinstaaterei gegen Ende des 18. Jahrhunderts machte beispielsweise
auch Friedrich Schiller, dessen 250ster Geburtstag heuer gefeiert wird, das Leben
schwer „Die Grenze", berichtet Andreas Streicher in seinen posthum erschienenen
Mitteilungen über Schillers Flucht aus Stuttgart, wurde „mit einer Freude betreten,
als ob rückwärts alles Lästige geblieben wäre und das ersehnte Eldorado bald erreicht
sein würde". Angenehme Gegenden und das muntere Wesen und Treiben
der rüstigen Bewohner beflügelten offenbar den jungen Dichter. Die unmittelbar
bevorstehende Ankunft im „freundlichen" Bretten verwandelte sein „bisher etwas
düsteres Gemüt zur gefälligsten Heiterkeit".
Schöne Tage in Bretten
(2009)
Historische Staatsgrenzen zwischen deutschen
Ländern bereiteten ihren Bürgern oft
bedrückende Erfahrungen, ihre Überwindung
glückliche Augenblicke. Das wissen wir nicht
erst als Zeitgenossen von „Mauerbau“ und
„Wiedervereinigung“. Deutsche Kleinstaaterei
gegen Ende des 18. Jahrhunderts machte beispielsweise
auch Friedrich Schiller, dessen
250ster Geburtstag heuer gefeiert wird, das
Leben schwer (Abb. 1). „Die Grenze“, berichtet
Andreas Streicher in seinen (posthum erschienenen)
Mitteilungen über „Schillers Flucht“
aus Stuttgart, wurde „mit einer Freude betreten,
als ob rückwärts alles Lästige geblieben
wäre und das ersehnte Eldorado bald erreicht
sein würde“. Angenehme Gegenden und das
muntere Wesen und Treiben der rüstigen
Bewohner beflügelten offenbar den jungen
Dichter. Die unmittelbar bevorstehende Ankunft
im „freundlichen“ Bretten verwandelte
sein „bisher etwas düsteres Gemüt“ zur „gefälligsten
Heiterkeit“.
Anlass zu dieser Arbeit gab ein Artikel von Manuela Müller in der „Badischen Zeitung" vom
13. Oktober 2004. In der Reihe „Wohnen im Denkmal (8)" wurde dort über „Die Erbprinzenstraße 15/ Alternativer Lebensraum im bürgerlich-städtischen Wohnbau der Gründerzeit" berichtet. Die angeschlossene Info-Box für den Leser enthielt unter anderem folgende Daten:
"Geschichte
1882: Die Erbprinzenstraße entsteht, erste Häuser sind die Nr. 1, 2 und 4.
1883: Das Haus 15 wird für die „Stahlhandlung en gros" August Bühne und Companion erbaut.
1885: Johann Carl Christoph Schleip, aus Thüringen stammender Gutsbesitzer, Konzertmeister,
später Privatier erwirbt das Haus und vermietet es."
Diese Angaben stehen im Widerspruch zur schriftlich überlieferten Lebensgeschichte des Urgroßvaters meines Mannes, Johann Carl Christoph Schleip, die uns als Hochzeitsgeschenk der
Familienältesten, Sunniva Bayne,
vorliegt. Da auch in neuerer Literatur keinerlei Hinweise auf
die Entstehung der Erbprinzenstraße und der daran erbauten Häuser aufzufinden waren, war
davon auszugehen, da die bezüglich mehr oder weniger Unkenntnis vorherrschte. Eine Korrektur von Seiten der „Badischen Zeitung" wurde abgelehnt. Ich hielt es daher für meine
Pflicht, genauer zu recherchieren und die Dinge in den richtigen Kontext zu stellen, zumal da
Doppelhaus Erbprinzenstraße Nr. 13/15 1982/83 al Baudenkmal der Gründerzeit in die Liste
der Kulturdenkmäler Baden-Württemberg aufgenommen wurde und die Familie des Erbauers, Johann Carl Christoph Schleip, in engem Zu ammenhang mit dem bekannten „Grabmal
des Mädchens mit den immer frischen Blumen" auf dem Alten Friedhof in Freiburg steht.
Karl Schmider
(2020)
Es war im Herbst des Jahres 1993, als ich mich als 15-jähriger, schüchterner Bub auf den Weg von meinem Elternhaus über
die Kinzig auf die andere Seite meiner Heimatstadt Hausach machte. Ich stand kurz vor Beginn meiner kirchenmusikalischen C-Ausbildung und mein zukünftiger Lehrer, Bezirkskantor Matthias Degott in Gengenbach, hatte mir geraten, Kontakt mit einem gewissen Karl Schmider aufzunehmen, seinerzeit Kirchenmusiker an der Kirche St. Arbogast in Haslach. Während der dreijährigen Ausbildung zum nebenberuflichen Kirchenmusiker wird den Absolventen nämlich empfohlen, aktiv an einem Kirchenchor teilzunehmen, um dessen Aufgabenbereiche innerhalb der Liturgie und die wöchentliche Arbeitsweise mit solch einem Chor kennenzulernen
Die Naturverjüngung der Stieleiche (Quercus robur) wurde im Gebiet der trockengefallenen Aue des südlichen Oberrheins in unterschiedlichen Bestandestypen untersucht. Die Dichte des Jungwuchses verschiedener Größenklassen und der Verbissgrad wurden analysiert. Für einzelne Jungeichen wurden die Wasserspeicherleistung des Bodens, die Lichtverfügbarkeit, die umgebende Vegetation sowie Wuchshöhe und Verbissgrad erfasst. Die Unterschiede zwischen den Bestandestypen lassen sich durch die Parameter Lichtverfügbarkeit für die Krautschicht und die Wasserspeicherleistung der Böden charakterisieren. Diese beiden Parameter korrelieren im Untersuchungsgebiet. Die Verjüngungsdichte betrug durchschnittlich 588 Jungeichen je ha. Die geringste Dichte wurde mit 330 Jungeichen je ha in flächigen Gebüschen auf trockenen Standorten gefunden, die höchste mit 1460 Jungeichen je ha in offenen Mantelsituationen von Kiefernforsten. Die Jungwuchsdichten waren in Mantelsituationen jeweils höher als in zugehörigen flächigen Gehölzbeständen. Etwa 75 % der untersuchten Eichen waren kleiner als 40 cm. Der Anteil der Größenklasse von > 130 cm bei < 7 cm BHD betrug lediglich 5 % (weniger als 30 Individuen je ha). Diese Zahlen belegen einen geringen Erfolg der Naturverjüngung. Die Gründe für diesen Befund sind in der unzureichenden Lichtverfügbarkeit in Wäldern und Gebüschen auf geeigneten Böden und dem selektiven Verbissdruck durch das Rehwild (Capreolus capreolus) zu suchen. Lediglich 20 % der gefundenen Eichen waren unverbissen; 66 % waren mehrfach verbissen. Der Verbiss setzt schon unter 10 cm Wuchshöhe an. Alle Eichen größer 40 cm waren mehrfach verbissen. Eichen weisen mit zunehmender Lichtverfügbarkeit eine erhöhte Toleranz gegenüber Stressfaktoren auf. Das Verhältnis von Schaftdurchmesser geteilt durch die Wuchshöhe stellt ein Maß des bisherigen Beharrungsvermögens von Jungeichen dar. Abbkürzungen: BHD = Brusthöhendurchmesser; ha = Hektar; nFK = nutzbare Feldkapazität.
Der Oberrhein war eine der strategisch wichtigsten Regionen für die schwedischen Operationen während des Dreißigjährigen Krieges. Dennoch fehlen zu diesem Thema bis heute monographische Gesamtdarstellungen. Gewiss sind einzelne regionale und lokale Aspekte, dazu einzelne Zeitabschnitte gut erforscht. Man darf etwa auf die dreibändige Darstellung von Johann Baptist (Jean Baptiste) Ellerbach über den Dreißigjährigen Krieg im Elsass aus den 1920er Jahren verweisen oder auf eine Reihe von Monographien zum Dreißigjährigen Krieg in den württembergischen und fränkischen Territorien. Ganz zu schweigen von der fast unüberschaubaren Zahl von Stadtgeschichten und Ortschroniken,
die z.B. in der Badischen Landesbibliothek mehrere Dutzend Regalmeter
füllen. Aber diese Partikularerzählungen sind in der Regel nicht geeignet, um zu verstehen, warum das Kriegsgeschehen und die damit verbundenen politischen, wirtschaftlichen und religiösen Entwicklungen der Zeit überhaupt den Oberrhein erreicht haben und warum dieser in seiner Gesamtheit ein unverzichtbarer Brückenkopf für die schwedischen militärischen Operationen gegen Habsburg, die Spanier und teilweise auch gegen Frankreich wurde. Sie stellen, aus der lokalen Perspektive völlig plausibel, das Leiden und die Unverständlichkeit, die Schicksalhaftigkeit und Sinnlosigkeit des Kriegsgeschehens in den
Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Dieser Fokus wurde seit den 1960er Jahren auch durch die Dominanz wirtschafts-, sozial- und alltagsgeschichtlicher Konzeptionen in der deutschen und internationalen Geschichtsschreibung gefördert, die aus der Erfahrung der Staatsversessenheit der Historiographie und der politischen
Wirklichkeit des 19. und 20. Jahrhunderts eine „Geschichte von unten“
und eine „Geschichte vor Ort“ postulierten.
Im 19. Jahrhundert wanderten Millionen deutscher Staatsangehöriger nach Amerika aus. Die
staatliche Steuerbehörde der USA verzeichnete für die Jahre 1831–1900 eine Gesamtzahl von
mehr als 5 Millionen deutscher Einwanderer, die einen Anteil von 25–34 % der Gesamteinwanderung ausmachten.
Unter ihnen waren auch über 600 Auswanderer aus der ehemaligen Gemeinde Winzeln (heute Fluorn-Winzeln) im Landkreis Rottweil.
Durch Auswanderung, später
auch durch Abwanderung in die Industriestandorte Oberndorf und Schramberg, sank die Bevölkerungszahl von 1.396 Einwohnern im Jahr 1841 auf 756 im Jahr 1887. Die meisten Menschen
wanderten in den Zeitabschnitten zwischen 1852–1854, 1865–1869 und 1882–1883 aus.
Exorzismus, Esoterik und Betrug - frühneuzeitliche Schatzgräberei in Vorarlberg und Liechtenstein
(2011)
In der Frühen Neuzeit erschien das sogenannte Schatzgraben – ähnlich wie etwa die Alchemie oder das Hüten von Alraunen – manchem als eine reale Möglichkeit, die eigenen
Lebensbedingungen rasch zu verbessern. Da
bei der Schatzgräberei aber nicht Grabungstätigkeiten, sondern magisch-religiöse Zeremonien im Vordergrund standen, wird dafür oft
gleichbedeutend der Ausdruck „Schatzbeten“
verwendet. Die begehrten Schätze stellte man
sich entweder wie Lebewesen vor, die man
anlocken und bannen konnte, oder man kannte
bestimmte Orte, wo sie verborgen sein sollten.
Beide Vorstellungen schlossen einander nicht
aus. Manchmal jedoch mussten solche Örtlichkeiten erst durch magische Rituale festgestellt werden. In einem nächsten Schritt galt
es, die Hüter der begehrten Reichtümer zu
bestimmen. Als solche kamen Teufel, die man
zur Preisgabe der Schätze zwingen musste,
oder Geister von Verstorbenen, die sich zu
Lebzeiten etwas zuschulden hatten kommen
lassen, in Frage. Da Letztere auf ihre Erlösung
warteten, konnte die Hebung der von ihnen
gehüteten Schätze als Belohnung für ein gutes
Werk verstanden werden.
In Vorarlberg fanden bereits um die Mitte des 16. Jahrhunderts - also zu einer Zeit,
die im deutschsprachigen Raum als ausgesprochen verfolgungsarm gilt - umfangreiche
Hexenverfolgungen statt. Nach einem Tiefstand zu Beginn des Jahrhunderts hatten diese
zwar allgemein seit etwa 1530 wieder leicht zugenommen, dennoch lässt sich bislang
um 1550 im weiten Umkreis keine ähnlich intensive Prozessserie wie in Vorarlberg feststellen. Der Schwerpunkt der Verfolgungen lag damals im Bregenzerwald. Hier sollen
sich ganze Hexen-Gesellschaften gebildet haben.
In der Literatur finden sich erste Hinweise darauf in einer Arbeit Hermann Sanders
aus dem Jahr 1893 über Vorarlberg zur Zeit des Bauernkriegs. Das Schicksal der dort
kurz erwähnten Anna Mätzlerin führt auch Meinrad Tiefenthaler in seinem Aufsatz
über »Hexen und Hexenwahn in Vorarlberg« aus dem Jahr 1962 an.
Der 22. November 1908 war für die Katholische Kirchengemeinde Mühlhausen ein ganz besonderer Tag. Im ehemaligen Pfarrweinberg wurde die neu errichtete Bernhardushalle feierlich eingeweiht. Festredner war Pfarrer Dor aus Langenbrücken. Ganz gezielt hatte Pfarrer Heinrich Geiler das Kirchenpatrozinium St. Cäcilia der Kirchengemeinde als Einweihungstag ins Auge gefasst. Kurz zuvor hatte er noch extra eine Heidelberger Baufirma, die das Türmchen auf dem Hallendach hätte fertig stellen sollen, wegen Terminschwierigkeiten gewechselt, um an diesem Tag ein bis in die Fahnenstange der Turmspitze vollendetes Gebäude der Öffentlichkeit präsentieren zu können. Das Patrozinium St. Cäcilia als Einweihungsdatum brachte zum Ausdruck, dass die neue Halle eine „Heimstätte“ für die ganze Kirchengemeinde sein sollte. Dies war durchaus nicht selbstverständlich. Denn das Gebäude wurde nicht von der Kirchengemeinde gebaut, sondern vom Katholischen Arbeiterverein für die Kirchengemeinde. Recherchen haben ergeben, dass damit die Bernhardushalle eines der ersten Gemeindezentren der Erzdiözese Freiburg, wenn nicht gar das erste ist. Zumindest existiert gegenwärtig nach Auswertung des Realschematismus der Erzdiözese und gezielter Nachfragen kein Gebäude in unserer Diözese, das vor 1908 zum Zweck eines Gemeindezentrums erbaut wurde.
Bei Durchsicht der Bauakten im Pfarrarchiv Mühlhausen stieß der Autor auf einen
Originalbrief des späteren badischen Revolutionärs Hecker vom 31.3.1842 mit der
Bitte um die Ausstellung eines Taufscheines:
„Großherzogliches Hochwürdiges Pfarramt.
Ich ersuche ein Hochwürdiges Pfarramt mir gefälligst umgehend meinen Taufschein
zuzusenden und die Gebühren per Postnachnahme auf mich zu erheben.
Ich bin geboren zu Eichtersheim den 29 ten September 1811 ehelicher Sohn des
Hofrath Jos. Hecker und seiner Ehefrau Wilhelmine geborene Freiin von Lüder.
Mannheim den 11 42 3 ergebenst Dr. Hecker Obergerichtsadvocat u procurator"
,,Im Jahre 1805 d. 7ten Merz ist dahier das alte kleine Kirchlein abgerissen worden,
und sodann mit den gottesdienstlichen Handlungen in das Rathhaus in die Schulstube
gezogen, und eine neue Kirche erbaut worden welche viermal größer ist, als
die alte, und d. 8. December 1805 sind wir wieder in die neue Kirche eingezogen",
heißt es in einem Protokoll von 1808 im Hofbuch der Gemeinde Mühlhausen.
Jahrzehnte waren vergangen, ehe der Kirchenbau in Mühlhausen 1805 möglich
wurde. Bereits im Mai 1762 hatte sich Pfarrer Wendelin Gerau an das bischöfliche
Vikariat in Worms wegen einer Erweiterung der Pfarrkirche gewandt.
Der Kirchplatz in Mühlhausen
(2005)
2003/2004 wurde der Kirchplatz in Mühlhausen im Rahmen der Ortssanierung
durch die kath. Kirchengemeinde und die politische Gemeinde neu gestaltet. Dabei
wurden auch archäologische Grabungen (Dr. L. Hildebrandt, Wiesloch) vorgenommen.
Im Pfarrarchiv Mühlhausen sind Bauakten über den Kirchplatz ab1802 erhalten.
Die baulichen Veränderungen auf dem Kirchhof ab 1800 sind daher gut nachzuvollziehen.
- Bei der Durchsicht wurde übrigens als Deckblatt eines Faszikels ein
Brief von Friedrich Hecker entdeckt. -
Wie ein Rund umgibt die Eppinger
Altstadt den Kirchhügel, auf dem sich
die Stadtpfarrkirche „Unsere Lieben
Frau“ erhebt. Obwohl immer wieder
Brände die Stadt heimgesucht haben,
sind die mittelalterlichen Straßenführungen bis heute weitgehend erhalten.
Dieser Beitrag, der ursprünglich als Vortrag gehalten wurde, beschäftigt sich
mit der wechselvollen Geschichte der
Bebauung auf und um den Kirchhügel
sowie mit der Funktion von Gebäuden,
soweit mir davon Nachrichten zugänglich waren. Bei der Bemühung von
Originalquellen stößt man immer wieder
auf Überraschungen, und man wird
gezwungen, liebgewonnene bisherige
Auffassungen in Frage zu stellen. Viele
Fragen können auch nicht endgültig
beantwortet werden.
Die Ottilienbergkapelle
(2015)
Einzelfunde belegen, dass der Ottilienberg seit der Steinzeit von Menschen aufgesucht bzw. besiedelt wurde. Auch lässt sich eine nicht eindeutig datierbare alte Befestigung des Berges mit einer Stein-Erde-Ringmauer ausmachen. Darauf deuten Pfostenlöcher hin, die 1952 und 1973 bei Erdarbeiten für die Gebäude am Südwestrand ausgemacht werden konnten. Reste des alten wohl vorgeschichtlichen Randwalles mit drei Pfostenreihen und vorgeblendeter Trockensteinmauer sind
nur am Abschnittswall erhalten geblieben. 1 Die übrigen Reste dieser Befestigungsanlage fielen spätestens der Verschanzung des Berges im Zuge des Ausbaus der Eppinger Linien 1695 - 1697 zum Opfer. Damals wurde die Bergkante abgeböscht
und der heute noch bestehende doppelte Ringwall geschaffen.
Ein Blick auf die Gemarkungsgrenzen zeigt, dass der Ort Rohrbach sehr wahrscheinlich wie auch Mühlbach und Sulzfeld als eine frühmittelalterliche Ausbausiedlung von Eppingen entstanden ist. Seinen Name hat der Ort durch seine Lage an einem mit Rohr, also mit Schilf, bewachsenen Bach erhalten. Zur Unterscheidung von anderen Orten gleichen Namens kamen sowohl die Zusatzbezeichnung „bei Eppingen“ als auch „am Gießhübel“ auf. In einer Grenzbeschreibung, die das Stift Odenheim 1727 anfertigen ließ, ist vor und nach der Gießhübelmühle nicht die Elsenz eingezeichnet, sondern ein „Gihsübelgraben“ bzw. „Gihsübelgrabenbach“, und die Äcker gegenüber der Straße nach Rohrbach in Richtung Eppingen werden als „Gihsübeläcker“ bezeichnet. Es scheint so, als wäre in diesem Bereich „Gieshübelgraben“ eine andere Bezeichnung für die Elsenz. Die Bezeichnung könnte sich entweder auf eine kanalisierte Elsenz als Mühlkanal oder auf einen frühmittelalterlichen Bestrafungsort durch Untertauchen beziehen.
Über die Einführung der Reformation in der Stadt Eppingen und damit auch in dem von der Stadt abhängigen Dorf Mühlbach sind nur wenige Nachrichten auf uns gekommen. Den Forschungsstand haben 1985 Michael Ertz und 2003 Hermann Ehmer zusammengefasst. Mittlerweile kann der Prozess jedoch detaillierter wiedergegeben werden. Vom Autor werden erstmals ausgewertet das Lagerbuch der Kurpfälzer Kollektur Bretten von 1543/44 und das 2013 bei der Verzeichnung des Katholischen Pfarrarchives Eppingen entdeckte Gerichtsprotokollbuch der Stadt Eppingen von 1548–1557.
Krieger, Künstler, Kavalier
(2014)
Samstag, 2. Februar 1667. Samuel Pepys, Staatssekretär im englischen Marineamt, notiert in sein berühmtes Tagebuch: „This day I hear that Prince Rupert is to be trepanned. God give good issue to it“. Immer wiederkehrende, starke Kopfschmerzen, die Folge einer alten Schussverletzung, hatten keine andere Wahl gelassen: eine riskante Operation, bei der ein Loch in den Schädelknochen gebohrt wird, um einen chronischen Abszess zu sanieren. Ohne Betäubung – mehrere Männer müssen den Patienten festhalten. Vier Tage später trifft Pepys zwei Mediziner, die der Meinung sind, Rupert werde die Trepanation nicht überleben – „he will not recover it“. Gleichwohl: der 47-Jährige erholt sich rasch, der Kopfschmerz verschwindet, und am 3. April trifft ihn Pepys wieder bei guter Gesundheit: „pretty well as he used to be“ – nur die Perücke sehe etwas seltsam aus: „something appears to be under his periwigg“. Der Patient bedankt sich für die ärztliche Kunstfertigkeit, indem er eines dieser chirurgischen Instrumente technisch verbessert. Neurochirurgen unserer Tage haben Einzelheiten des Eingriffs anhand von zeitgenössischen Dokumenten geprüft und festgestellt, dass ihre Londoner Kollegen absolut professionell und nahezu modern gearbeitet hatten. So ist Rupert auch in die Medizingeschichte eingegangen.
Nur eine blassgraue Eintrittskarte vom 5. November 1948 ist erhalten, dazu ein Zettel mit dem Programm des ersten musica-viva-Studiokonzerts im Rathaussaal, zwei Kompositionen von Paul Hindemith. „Die junge Magd“ für Alt, Flöte, Klarinette und Streichquartett nach Gedichten von Georg Trakl sowie die Kammermusik Nr. 1 op. 24. Den Heidelberger Ohren werden allein schon mit der Instrumentierung bislang unerhörte Klänge präsentiert: ein Bläserquartett und ein Streichquartett kombiniert mit Klavier, dazu Akkordeon, eine Sirene, eine mit Sand gefüllte Blechbüchse sowie andere nicht ganz salonfähige Instrumente. In den zwölf Jahren nationalsozialistischer Rassen- und Kulturpolitik war dergleichen als „entartete Musik“ und undeutsch verpönt und verboten, jetzt in der jungen Demokratie merkt man, wie vieles man auf allen Feldern der Kultur versäumt hat. Man ist begierig nach dem Neuen.