Filtern
Erscheinungsjahr
Dokumenttyp
Sprache
- Deutsch (6383) (entfernen)
Gehört zur Bibliographie
- nein (6383) (entfernen)
Schlagworte
- Geschichte (1075)
- Zeitschrift (950)
- Baden (337)
- Freiburg im Breisgau (294)
- Karlsruhe (214)
- Kirchengeschichte (203)
- Villingen im Schwarzwald (197)
- Biografie (194)
- Katholische Kirche. Erzdiözese Freiburg (180)
- Villingen-Schwenningen-Villingen (170)
Ein unbekannter Gartenplan
(2019)
Während einer Recherche im Fürstlich Quadt’schen Archiv in Isny stieß ich vor
einigen Jahren auf einen aufgerollten Gartenplan, der zwischen zahlreichen anderen verstaubten Rollen in einem Wandregal lagerte.[1]
Beim Öffnen der Rolle fiel sofort die große
Qualität der kolorierten Federzeichnung ins Auge, dann aber zur großen Überraschung
auch diese Signatur: Entworfen und gezeichnet von M. F. Weyhe aus Düsseldorf. Wie sich zeigen
sollte, war es ein beachtenswerter Fund, denn der Urheber des Plans war kein Unbekannter, sondern der angesehene Gartenkünstler Maximilian Friedrich Weyhe (Bonn 1775–
1846 Düsseldorf ), der Plan aber ein unbekanntes Werk, das aus unerfindlichen Gründen
vor mehr oder weniger als zweihundert Jahren in der Versenkung verschwunden und nur
durch den oben erwähnten glücklichen Zufall wieder ans Tageslicht gelangt ist.
Die Geschichte der evangelischen Kirche in der Weimarer Republik wird häufgi unter dem Blickwinkel der kirchenpolitischen Auseinandersetzungen wahrgenommen, in denen konservativen Kräfte sich zunehmend durchsetzten und liberale und sozialistische Pfarrer wie Hermann Maas oder Erwin Eckert in das Fadenkreuz der Kirchenleitung gerieten und mit disziplinarischen Maßnahmen gemaßregelt wurden. In der konservativ-nationalistischen Grundhaltung des Großteils der Pfarrerschaft sehen viele Forscher eine Ursache für ihre Anfälligkeit für Gedankengut, wie es von völkischen Gruppen und den Nationalsozialisten vertreten wurde. Schon 1932 traten die der NS-Ideologie oder eher -Propaganda nahe stehenden evangelische Christen mit einer eigenen Kirchenpartei auf, die 1933 in die „Glaubensgemeinschaft Deutsche Christen“ mündete. Doch die Geschichte der evangelischen Kirche in der Weimarer Zeit ist keineswegs eindimensional. Den rückwärtsgewandten Tendenzen und Träumen eines nationalen und völkischen Christentums und einer neu erwachenden umfassenden Volkskirche sowie der Trauer über die verlorene Monarchie stand ein verstärktes soziales Engagement der Kirche gegenüber, auch eine Öffnung für andere, bisher weitgehend marginalisierte Gruppen wie die Frauen und die Arbeiterbewegung.
Seit 100 Jahren in Geltung
(2019)
Am 14. August 1919 trat „Die Verfassung des Deutschen Reichs“ in Kraft, besser bekannt als „Weimarer Reichsverfassung“ (WRV). Sie war die erste republikanische Reichsverfassung und trat nach dem Ende des ersten Weltkrieges und dem damit verbundenen Zusammenbruch der Monarchie an die Stelle der Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871. Trotz der staatsrechtlichen Umbrüche der Jahre 1933, 1945 und 1989/90 sind Teile dieser Verfassung bis heute in Kraft geblieben und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vollgültiges Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, die nicht etwa gegenüber den anderen Artikeln des Grundgesetzes auf einer Stufe minderen Ranges stehen. Es handelt sich um Bestimmungen, die das institutionelle Verhältnis des Staates zu den Religionsgemeinschaften betreffen, welche durch Art 140 zum Bestandteil des Grundgesetzes vom 23. Mai 1949 erklärt worden sind.
Am 1. Advent 1930 trat die neue Agende, das „Kirchenbuch für die Vereinigte evangelisch-protestantische Landeskirche Badens“, in Kraft. Bis dahin war offiziell die Agende von 1877 gültig. Dieser lange Zeitraum ihrer Verwendung war keineswegs vorgesehen und tatsächlich wurde die Benutzung der 1877er Agende schon lange nicht mehr praktiziert. Schon 1909 hatte die Generalsynode den Wunsch ausgesprochen, es möge die Agende [vom Jahre 1877] einer Revision in der Weise unterzogen werden, daß sie in ihrem Inhalt nach den jetzt vorhandenen kultischen Bedürfnissen erweitert und ergänzt und in ihrer Form dem liturgischen Geschmack und Takt unserer Zeit entsprechend überarbeitet werde. Vorgesehen war eine grundlegende Überarbeitung der Agende, ein Ergebnis wurde wegen des Arbeitsaufwandes nicht vor der nächsten Generalsynode, die erst für 1914 einberufen wurde, erwartet. Anstelle des verstorbenen Heinrich Bassermann übernahm Johannes Bauer, Universitätsprofessor und Direktor des praktisch-theologischen Seminars in Heidelberg, der dem kirchlichen Liberalismus zuzuordnen ist, schließlich diese Aufgabe, die er im Einvernehmen mit dem Oberkirchenrat ausführte.
1643 erschien in Merians Topographia Sueviae eine Beschreibung des württembergischen Kurorts Bad Boll: „Ein Fleck, bey einer kleinen Meil von Göppingen, vnd in selbigem Ambt gelegen,
so vmbs Jahr 1596 vnd folgende, in die 160. wol erbawte Häuser, mit Schifersteinen bedeckt:
sonderlich aber ein schöne, grosse, vnd weite Kirch, zween Prediger, ein Rath- vnd Badhauß,
Mühl, vnnd etliche Wirtshäuser, gehabt. […] Vnd von diesem Flecken hat das berümbte, vnd bey
einer guten viertel Stund davon, gegen Kirchheim vnder Teck / gelegnes Bad / den Nahmen / daß
man es ins gemein das Bollerbade nennen thut“. Das östlich von Göppingen gelegene Bad Boll war schon bald Anziehungspunkt für zahlreiche Besucher, nachdem dort 1595 Schwefel- und
Thermalquellen in fossilienreichem Gestein gefunden worden waren, deren Eignung als Mineralbrunnen der Herzog Friedrich I. (1557–1608) von Württemberg sofort erkannte und den Ort
zum Heilbad ausbauen ließ. Noch im gleichen Jahr wurde die Quelle gefasst und durch das von
dem Renaissancehofbaumeister Heinrich Schickhardt (1558–1635) errichtete Badehaus für den
Kurbetrieb nutzbar gemacht.
Berufswechsler
(2019)
Die mittelalterlichen Kloster- und Domschulen haben für den Nachwuchs an Lehrern und Sängern selbst gesorgt. Als das Schulwesen aus dem Bereich der Kirche heraustrat und städtische
Schulen gegründet wurden, musste das Lehrpersonal anderweitig rekrutiert werden. Wo und wie,
ist weitgehend unbekannt. Frühe Spuren führen zur mittelhochdeutschen Lyrik. Ihnen wird im
Folgenden nachgegangen.
In Friedrich Dürrenmatts 1949 uraufgeführter Komödie „Romulus der Grosse“ verkündet Spurius Titus Mamma: „Die Germanen kommen!“, woraufhin Achilles antwortet: „Die kommen schon
seit fünfhundert Jahren, Spurius Titus Mamma“.
Diese durchaus lakonische Antwort auf die
Bedrohung Roms durch die Germanen ließe sich auch auf die Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkt
einsetzende Wanderungsbewegung von Nord nach Süd über den Rhein übertragen, wenn man das
Wort „Germane“ durch „Deutsche“ ersetzt, denn ein signifikanter Teil der heutigen Einwohner
der Schweiz – vor allem des deutschsprachigen Landesteils – hat Vorfahren, die irgendwann im
19. und 20. Jahrhundert aus den Staaten des Deutschen Bundes, dann aus dem Deutschen Reich
und seit 1949 aus der Bundesrepublik Deutschland eingewandert sind. Dies geschah nicht immer
gleichförmig, sondern in Wellen, die sich nach dem Konjunkturverlauf richteten, von den Weltkriegen bestimmt wurden und abhängig waren von innenpolitischen Diskursen zur vermeintlichen
„Überfremdung“ des Landes.
Hingewiesen sei hier nur auf die aktuelle Zuwanderungsdebatte in
der Schweiz mit der Annahme der von der Schweizer Volkspartei lancierten sogenannten Masseneinwanderungsinitiative im Februar 2014, welche die Zuwanderung wieder durch Höchstzahlen und Kontingente steuern will. Auslöser war die starke Zunahme der Arbeitsmigration aus
den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im Zuge des 2002 in Kraft getretenen und 2007
vollständig umgesetzten Abkommens über die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und
der EU. Dies war übrigens nicht zum ersten Mal der Fall, begleiten politische und gesellschaftliche Diskussionen über Ausländer und Zuwanderungszahlen die Schweizer Geschichte doch spätestens seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen.
Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 war ein außerordentliches Interesse des Staates an den Kirchenbüchern entstanden. Deren Auswertung hatte das fatale Ziel, die „Rassezugehörigkeit der Volksgenossen“ über Abstammungsnachweise festzustellen, damit „sich die Volksgemeinschaft im nationalsozialistischen Staat konstituieren konnte.“ Kein Vierteljahr nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde am 7. April 1933 das so genannte Berufsbeamtengesetz erlassen, das von den Staatsbediensteten den Nachweis der „arischen“ Herkunft verlangte. Mit
diesem Gesetz wurde es ermöglicht, jüdische und politische unliebsame Beamte in den Ruhestand zu versetzen oder zu entlassen. In den Folgejahren wurden zahlreiche Durchführungsbestimmungen erlassen, die auch Richter, Lehrer, Hochschullehrer und Notare als Beamte im Sinne dieses Gesetzes benannten und schließlich auch Angestellte und Arbeiter des Öffentlichen Dienstes, aber auch der Reichsbank und Reichsbahn einbezogen. Der Nachweis der „arischen“ Herkunft wurde durch beglaubigte Abschriften christlicher Taufen und Trauungen von Eltern und Großeltern aus den Kirchenbüchern erbracht und in einem „Ahnenpass“ eingetragen (s. Abb. 1 bis 3). War ein solcher Nachweis nicht zu erbringen oder belegte der Kirchenbuchauszug Informationen über die Taufe eines Juden, so war die „Nichtdeutschblütigkeit“ ermittelt. Die
„Rassezugehörigkeit“ wurde also durch die Konfession der Vorfahren nachgewiesen – ausschlaggebend war demnach nicht, ob es sich um „bekennende“ Juden handelt, sondern ob sich unter den Vorfahren auch Konvertiten befinden.
Gleichgültig, wen man als den wichtigsten Träger der Reformation bewertet, ob Fürstenreformation oder – wie G. D. Dickens es sehen wollte – die Glaubensneuerung als „urban event“, als Magistratsreformation, nie ist bezweifelt worden, dass zwischen ihr und der Intensivierung und Ausweitung der öffentlichen Gewalt ein enger Zusammenhang – genauer – eine Wechselwirkung – bestand: Auf der einen Seite die Schaffung eines lutherischen Kirchenregiments unter Nutzung des politischen Potentials, auf der anderen die Stabilisierung der politischen Macht durch das Obrigkeitsverständnis der Reformatoren; im Ergebnis: Der frühneuzeitliche Obrigkeitsstaat auf dem Fundament eines konfessionell homogenen Untertanenverbandes. Geradezu paradigmatisch wird dies in der Vorrede zur Großen Kirchenordnung des Herzogtums
Württemberg von 1559 zum Ausdruck gebracht: Wie wir uns dann vor Gott schuldig erkennen [… ] wie auch des Gott, der Allmechtig, in seinem gestrengen Urteil von uns erfordern würdet, vor allen dingen unser undergebne Landtschafft mit der reinen Leer des heiligen Evangelii, so den rechten friden des Gewissens bringt unnd die hailsame waid z(o)m ewigen Hail unnd Leben ist, versorgen.
„Die Kanzel ist das Thermopylä der Christenheit, da wird die Schlacht verloren oder gewonnen.“
(2019)
In den frühen 1960er Jahren standen Kirche und Gesellschaft am Beginn einer Ära der Reformen und der Aufbrüche. Mit dem Rücktritt Konrad Adenauers als Bundeskanzler und dem Beginn der Regierungszeit Ludwig Erhards im Oktober 1963 endete in der Bundesrepublik endgültig die Nachkriegszeit. In der katholischen Kirche hatte kurz zuvor im Oktober 1962 unter Führung des reformorientierten Papstes Johannes XXIII. das Zweite Vatikanische Konzil begonnen mit seinem Versuch, die katholische Kirche für die Moderne zu öffnen. In der bisher gesamtdeutschen EKD hatte der Mauerbau vom August 1961 die Teilung des Protestantismus in Ost und West verschärft, in den DDR-Landeskirchen begann eine eigenständige Entwicklung, die am Ende des Jahrzehnts 1969 zur Gründung des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR führte. Auch in der Badischen Landeskirche endete 1964 mit dem Dienstbeginn von Hans-Wolfgang Heidland als Landesbischof eine Ära: die 18jährige Bischofszeit von Julius Bender, der sein Amt kurz nach Kriegsende Anfang 1946 angetreten hatte.