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Die Bismarcks in Baden
(2004)
Beim Gang über den Friedhof der alten
spätgotischen Vitus-Kapelle in Wasenweiler
nahe beim „Lilienhof im Kaiserstuhl" stutzt
man vor einem an exponierter Stelle aufgerichteten Hochkreuz ohne Korpus und liest
unter dem Wappen mit 3 Eichenblättern: Graf
August von Bismarck *5.4.1849 zu Konstanz
[gestorben] 14.3.1920 zu Stegen und darunter: Clara
Gräfin von Bismarck geb. Achenbach *1851
[gestorben] 31.3.1890. Zwei schlichte Steinplatten am
Boden rechts und links vom Kreuz tragen die
Namen Achenbach und v. Redlich. Ein Graf Bismarck in Wasenweiler am
Kaiserstuhl? Möglicherweise Verwandtschaft
zum ehemaligen deutschen Reichskanzler
Fürst Otto v. Bismarck? Wie kommt der auf
diesen Dorf-Friedhof bei Wasenweiler? In Konstanz geboren und im kleinen Schloß Weiler
der Grafen von Kageneck in Stegen bei
Freiburg gestorben?
Zugegeben: Der Name „von Bismarck" ist in
Baden nicht besonders beliebt, und eine
Erinnerung an „die Preußen" und den „Kartätschenprinz" weckt zunächst ungute Gefühle.
Freiburger und Touristen drängeln sich auf
der Plattform des Schaugerüstes in der Vorhalle des Freiburger Münsters, das anlä[ss]lich
der Beendigung der Restaurierungsarbeiten
für 6 Wochen den Interessierten gestattet, eine
der schönsten gotischen Vorhallen Deutschlands in ihrem bunten Figurenschmuck aus
der Nähe zu bestaunen, mit Engeln, Heiligen
und dem „betenden" Teufel auf gleicher Höhe
zu stehen. Die 5 Jahre dauernden, vom Erzbischöflichen Bauamt und dem Landesdenkmalamt finanzierten Arbeiten der Konservatoren, lassen den alten Glanz der zwischen
1270 bis 1290 geschaffenen Figuren aus dem
Heilsgeschehen neu erstehen. Die unglaublich
schöne Farbenpracht der 37 Großskulpturen,
die 64 Heiligen in den Portalbögen und die
zahllosen Kleinplastiken in den Nischen und
Giebeln zeugen von reicher Bildhauerkunst
und vermitteln gleichzeitig ein Bild mittelalterlicher Glaubensauffassung, wie man es
ähnlich in Paris oder Straßburg zu finden vermag. Hier ist die „biblia pauperum" - das Buch
des Alten und Neuen Testaments für den
leseunkundigen Menschen des Mittelalters - in
Stein geschrieben, in dieser Vorhalle wird die
Heilslehre zum Eintritt in König Salomons
Tempel oder das himmlische Jerusalem
lebendig.
„Ein Gnadenstuhl“? „Ist das ein Fahrzeug für Behinderte, der Beichtstuhl in der katholischen Kirche oder gar der elektrische
Stuhl in den USA zur Tötung von verurteilten Schwerverbrechern?“ Solche oder ähnliche Fragen stellen manche modernen Menschen, wenn ihnen der einst so geläufige Begriff „Gnadenstuhl“ einmal begegnet. Dabei umschreibt das vermutlich von
Luther geschaffene Wort (thronum gratiae Hebr. 4,16) einen der zentralsten Glaubensinhalte christlicher Religion und vermittelt seit dem frühen Mittelalter eine fassbare Vorstellung von der Trinität Gottes. Wenngleich auch die Bedeutung des Dreifaltigkeitsmysteriums den heutigen Christen kaum noch bewusst sein mag, so beginnen doch weiterhin bei der Ausübung des Glaubens alle liturgischen Handlungen mit der Anrufung „im Namen des Vaters und des Sohnes und des HI. Geistes“ und schließen ebenso. Seit dem 10. Jh. war der „Gnadenstuhl“ oder die „Dreifaltigkeitsssäule“ für den bildenden Künstler ein Versuch, die christliche Lehre von der Dreipersönlichkeit Gottes auf verständliche Weise anschaulich zu machen, für den Betrachter bot sie die Möglichkeit, über die Gnade der Erlösung vom irdischen Tod nachzudenken.
In seinem Essay "Federbälle" geht Ernst Jünger auf das sinkende Niveau im Gebrauch der deutschen Sprache ein und schreibt: "Für die Finessen wird die Zahl der Empfänger zusehends kleiner; immer mehr Anspielungen fallen ins Leere, die Kenntnis der Bibel, der Mythen, der klassischen Sprachen, der älteren Geschichte und der Weltliteratur voraussetzen.
Aus solchen Gründen fällt auch das Chronogramm der Vergessenheit anheim ..."
Auf den folgenden Seiten soll versucht werden, einige Chronogramme aus dem badischen Raum wieder ins Bewußtsein zu rufen und deren Hintergrund zu erschließen.
Riegel am Kaiserstuhl
(2012)
Auf der Suche nach interessanten Themen für die Gestaltung des Jahresprogramms der Badischen Heimat haben sich die Verantwortlichen der Regionalgruppe Freiburg (Dr. Bernhard Öschger und Julia Dold) bereits mehrfach damit hervorgetan, dass sie – gerade auch zur Werbung jüngerer Mitglieder – beispielsweise Radtouren und Kanufahrten anboten oder die "Hebel- und Scheffelstuben" im weiteren Umkreis von Freiburg erwanderten. Ein ähnlich interessantes Erlebnis bietet auch eine Radtour auf völlig ebener Strecke von Wasenweiler über Balingen zum Kaiserstuhlstädtchen Riegel, dessen verschiedenste Facetten hiermit vorgestellt werden.
Eine viel beachtete Wanderausstellung mit dem Thema „Kelten an Hoch- und Oberrhein“ durchläuft zur Zeit einige Städte und Ortschaften Südbadens und findet aufgrund der dargestellten Funde und der Schautafeln mit entsprechenden
Erklärungen rege Beachtung. Siedlungsgeschichte, Handelsverbindungen, Handwerk und Münzkunde vermitteln durchaus
neue Erkenntnisse. Auch elsässische und Schweizer Institutionen zeigten sich für das Thema aufgeschlossen, hat doch die Region an Hoch- und Oberrhein zu beiden Seiten des Flusses eine gleiche und reiche Frühgeschichte. Der neue Präsident der Badischen Heimat, Dr. Sven v. Ungern-Sternberg hat die Schirmherrschaft über die kleine Wanderausstellung übernommen, die sich augenblicklich in Kirchzarten befindet und von Riegel und Mengen nach Kirchzarten kam und von dort auch nach Breisach weiter wandert.
Ein Helfer in der Not
(2012)
Allen Wanderern, die sich am Südschwarzwald, an seiner Landschaft und seinen Dörfern erfreuen, fallen immer wieder auch die kleinen Hofkapellen auf, die, – obwohl oft mehr als 200 Jahre alt. – auch heute noch gepflegt werden, – bilden sie doch im religiösen Volksglauben einen festen Bestandteil der Tradition. Mancher Wanderer wirft sogar einen schnellen Blick in das Innere dieser Kapellen und ist meist überrascht, welche Kleinkunst an den Bänken und auf den Altären, vor allem aber an den dargestellten Heiligenfiguren zu finden ist. Leider ist der Hintergrund der in der Volksfrömmigkeit entstandenen Legenden, der Bezug zu den Heiligen und dem Grund ihrer Verehrung in unserer entmythologisierten und säkularisierten Welt nahezu verloren gegangen. Die meisten Menschen mögen höchstens der oft naiven bäuerlichen Kunst noch ein Lächeln
abzugewinnen.
Das Freiburger Hungertuch zur Fastenzeit wieder vor dem Hochaltar im Münster unserer Lb. Frau
(2003)
Nach 4 jähriger Restaurationszeit hing in diesem Jahr wieder ein Fastentuch vor dem Hochaltar im Freiburger Münster. Es dürfte eines der ältesten und sicher das größte in Europa sein. Trotz technischer Schwierigkeiten konnte es wie in den 390 Jahren seit seiner Entstehung jetzt wieder im Hochchor aufgehängt werden.
Hugo Damian von Schönborn, Erbauer der Residenz von Bruchsal, Fürstbischof von Speyer und Konstanz
(2002)
Es ist schon erstaunlich, was eine Familiensippe an Persönlichkeiten hervorzubringen imstande ist. Die v. Schönborn sind dafür ein besonders prägnantes Beispiel. Mehr als 7 Bischöfe in relativ kurzer Zeit verzeichnet das Lexikon, 4 davon entstammen dem gleichen Elternpaar, sind untereinander Brüder. Man ist allzu gern bereit, Nepotismus und verwandtschaftliche Hilfen zu unterstellen, Prunk- und Bausucht auf Kosten der Bauern zu kritisieren, - das alles ist gewiß auch nicht zu leugnen, - aber wenn man die Leistungen dieser mächtigen kirchlichen Potentaten und Fürstbischöfe betrachtet, ihren Kunstsinn und ihr Gespür für
den Einsatz der richtigen Männer am richtigen Ort, auch ihre wirtschaftlichen Fähigkeiten, ihre oft musische und gute theologische Ausbildung näher untersucht, so kann man nicht umhin, staunend anzuerkennen, daß sich hohe Intelligenz, Durchsetzungsvermögen und Sachverstand in ganz ungewöhnlicher Weise in einer Familie zusammen geballt haben.
Am 24. Juni 1832 wurde in der Spitalkirche in der Stadt Baden der erste Gottesdienst der neugegründeten evangelischen Kirchengemeinde mit ihrem ersten Pfarrer Christoph Schmezer gefeiert. Im Folgenden soll jedoch die Vorgeschichte der evangelischen Kirchengemeinde in den Blick kommen. Ich beginne darum gut 300 Jahre vor der Gemeindegründung, im 16. Jahrhundert, weil ich den oft zu hörenden Satz: „Vor dem 19. Jahrhundert war Baden rein katholisch“ so nicht stehen lassen möchte. Wer sich mit der Vorgeschichte der evangelischen Gemeinde in Baden differenzierter beschäftigt, erfährt nämlich, dass es acht Mal einen Konfessionswechel in der Stadt gegeben hat.
Die im Jahr 2012 abgeschlossene Ausweisung von
drei neuen Naturschutzgebieten im Regierungsbezirk
Karlsruhe in Baden-Württemberg ist Gegenstand des
Beitrags. Flora und Fauna der Gebiete sowie deren
enge Verzahnung mit der historischen bzw. noch gegebenen Nutzung werden beschrieben, die wesentlichen
Inhalte der Verordnungen werden vorgestellt. Abschließend wird für die Beibehaltung eines dialogorientierten
und bürgernahen Unterschutzstellungsverfahrens plädiert. Das Ergebnis ist ein maßgeschneiderter und umfassender Schutz, der vor Ort während des Verfahrens
Akzeptanz gefunden hat.
2014 wurde im Regierungsbezirk Karlsruhe, Landkreis
Rastatt, das 63 ha große Naturschutzgebiet „Hilpertsau“
auf der gleichnamigen Gemarkung der Stadt Gernsbach ausgewiesen. Das Gebiet ist ein repräsentatives,
vergleichsweise gut erhaltenes Wiesental des Schwarzwaldes. Seine Schutzwürdigkeit begründet sich mit den
vorhandenen, in Baden-Württemberg bestandsgefährdeten Biotoptypen (Nasswiesen, Magerwiesen und
Borstgrasrasen, Streuobstwiesen, naturnahe Bachläufe, Quellen, in untergeordnetem Maß Hohlwege,
Trockenmauern und Steinriegel). Die 2012 nachgewiesenen Arten aus den Gruppen der Fledermäuse,
Vögel, Schmetterlinge und Heuschrecken werden
genannt. Zwei vom Aussterben bedrohte Fledermausarten (Große Bartfedermaus und Graues Langohr,
Myotis brandtii und Plecotus austriacus), neun stark
gefährdete Arten (Wendehals (Jynx torquilla), Waldlaubsänger (Phylloscopus sybillatrix), Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii), Nordfedermaus (Eptesicus
serotinus), Breitfügelfedermaus (Eptesicus nilsonii),
Kleiner Abendsegler (Nyctalus leisleri), Großes Mausohr (Myotis myotis), Mauereidechse (Podarcis muralis)
und Sumpfschrecke (Stethophyma grossum)) sowie
weitere gefährdete Arten betonen die Schutzwürdigkeit
des Gebietes. Die Gefährdungen – im Wesentlichen
Aufgabe oder Intensivierung der Wiesennutzung, Vernachlässigung der Obstbäume und Freizeit-Aktivitäten
– sowie die Grundzüge künftiger, naturschutzfachlich
ausgerichteter Pflege werden vorgestellt.
Das Brombacher Tal südlich des Ortes Brombach
(Stadt Eberbach, Rhein-Neckar-Kreis) ist im Geltungsbereich
der neuen Naturschutzgebiets-Verordnung ein
landschaftlich reizvolles, von Wald umgebenes Wiesental
des bodensauren Odenwaldes.
2013 wurden die vorhandenen Lebensräume sowie die
Vögel, Reptilien, Amphibien, Heuschrecken, Schmetterlinge
sowie die im Brombach selbst lebenden Organismen
kartiert.
Die Ergebnisse belegen, dass das Tal als Lebensraum
sehr seltener, in drei Fällen in Baden-
Württemberg vom Aussterben bedrohter Tierarten
höchst schützenswert ist und die naturschutzfachlichen
Kriterien eines landesweit bedeutsamen Naturschutzgebietes
erfüllt.
Von zentralem naturschutzfachlichem Interesse war
der Nachweis mehrerer Exemplare der vom Aussterben
bedrohten Äskulapnatter (Zamenis longissima; alle
Angaben zur Gefährdung beziehen sich auf die Roten
Listen Baden-Württembergs). Der Nachweis sowohl
von zwei Jungtieren als auch von zwei geschlechtsreifen
Tieren belegt, dass die Äskulapnatter sich im
Brombachtal fortpflanzt. Damit wäre dies das erste Naturschutzgebiet
Baden-Württembergs, welches einen
Beitrag zum Schutz dieser extrem seltenen Art leistet.
Als weitere, vom Aussterben bedrohte Arten wurden
der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling Maculinea
teleius (neben seiner Schwesterart, dem gefährdeten
Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling M. nausithous)
sowie im Brombach die Köcherfliege Diplectrona felix
nachgewiesen. Fünf im Gebiet lebende Arten sind stark
gefährdet: die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii),
die Breitflügel-Fledermaus (Eptesicus serotinus),
das Große Mausohr (Myotis myotis), die Sumpfschrecke
(Stethophyma grossum) sowie im Brombach die
Köcherfliege Adicella reducta.
Das Brombacher Tal zeichnet sich darüber hinaus
durch eine artenreiche Schmetterlings- und Heuschreckenfauna
aus: 34 Schmetterlingsarten, davon 11 auf
der Roten Liste oder der Vorwarnliste, sowie 20 Heuschreckenarten,
davon 6 auf der Roten Liste oder der
Vorwarnliste, sind für ein derart kleines Gebiet hervorragende
Ergebnisse. Ebenfalls beeindruckend war
die Artenzahl und Individuendichte der im Brombach
lebenden Organismen.
Ursache hierfür ist der mindestens seit Mitte des 20.
Jahrhunderts fehlende Eintrag von Düngemitteln von
angrenzenden Landnutzungen. Derzeit wird das Tal
von Schafen beweidet, Äcker oder Gärten gibt es nicht.
Am 10. Februar 2011 konnte das Natur- und Landschaftsschutzgebiet (NSG/LSG) „Hochholz-Kapellenbruch“ 20 Jahre nach der ersten Ausweisung als Schutzgebiet mit einer neuen Verordnung versehen und um
121 ha NSG-Fläche erweitert werden. Zwanzig Jahre
beharrliche Naturschutzarbeit hatten zu einer beeindruckenden naturschutzfachlichen Aufwertung dieses Teils
der Kinzig-Murg-Rinne zwischen Malsch (bei Heidelberg) und Wiesloch geführt: wo 1991 noch überwiegend
Ackerfächen auf anmoorigen Böden bestellt wurden,
fnden sich heute ausgedehnte Wiesen und Hochstaudenfuren. Weiter ist das Gebiet charakterisiert durch ein
Grabensystem mit gut entwickelten Schilf- und Röhrichtsäumen sowie Schwarzerlen-Eschen-Auwälder und Eichen-Hainbuchen-Sternmierenwälder. Detaillierte vegetationskundliche Kartierungen (Rösch 2009) legten es
nahe, nun auch den zentralen, bisher als LSG geführten
Bereich des Gebietes als Naturschutzgebiet auszuweisen. Die Unterschutzstellung würdigt das Erreichte,
richtet die land- und forstwirtschaftliche Nutzung auf
das naturschutzfachliche Ziel aus, reduziert Störungen
durch Freizeit-Aktivitäten und hilft, den zur Pfege dauerhaft erforderlichen Einsatz von Naturschutzmitteln zu
sichern. Die Wiederbesiedlung mit gebietstypischen
Vogelarten, die teilweise nur noch als Wintergäste zu
beobachten waren, ist angelaufen und wird weiter beobachtet werden.
Auch 2013 konnten wieder neue Naturschutzgebiete
im Regierungsbezirk Karlsruhe ausgewiesen werden:
Das NSG „Streuobstwiesen Kleingemünd“ ist geprägt
durch einen teilweise sehr alten, 16 Hektar großen
Obstbaumbestand mit einem reichen Angebot an
Baumhöhlen und mulmigen Stammabschnitten sowie
das Fehlen intensiver Nutzungen. Sie zeichnen sich
durch das Vorkommen einer vom Aussterben bedrohten
Insektenart – des Körnerbocks Megopis scabricornis
– und weiterer in Baden-Württemberg gefährdeter
Tierarten aus, darunter der Wendehals (Jynx torquilla),
der Kleine Abendsegler (Nyctalus leisleri), das Große
Mausohr (Myotis myotis), die Breitflügel-Fledermaus
(Eptesicus serotinus) sowie die Sumpfschrecke (Stethophyma
grossum). Damit erfüllt das Gebiet die naturschutzfachlichen
Kriterien eines landesweit bedeutsamen
Naturschutzgebietes. Über die aktuellen
Artvorkommen hinaus hat das Gebiet überregionale
Bedeutung als Trittsteinbiotop für wandernde Arten
und für Arten, deren Verbreitungsareal sich aktuell auf
Grund des Klimawandels verschiebt. Seine Gefährdung
liegt im Wegfall oder der Intensivierung der Mahd
und der Zunahme privater Nutzungen.
Das NSG „Sauersbosch, Pfrimmersbach- und Märzenbachtal“
blickt auf eine bewegte Kulturgeschichte
zurück und ist eng mit der Gründung der Zisterzienserinnen-
Abtei des Klosters Lichtental im Jahr 1245
verbunden. Drei Bachtäler prägen das Gebiet, die
überregional bedeutende Lebensräume, Pflanzen- und
Tierarten aufweisen. Herausragend sind die großflächigen
Grünlandbiotope in sehr gutem Zustand. Diese
sind ausgebildet als Borstgrasrasen, Pfeifengras-Wiesen
und Magerwiesen bzw. -weiden mittlerer Standorte
sowie die verschiedenen Offenlandbiotope feuchter bis
nasser Standorte, insbesondere Nasswiesen, Kleinseggenriede
basenarmer Standorte und Waldsimsen-
Sümpfe. Als Besonderheit kommt die Stein-Zwenke
(Brachypodium sylvestre) als dealpine Art im Gebiet
häufig vor. 25 Brutvogel-, sieben Fledermaus-, 71 Wildbienen-,
23 Heuschrecken- und 31 Tagfalter- und Widderchen-
Arten zeichnen das Gebiet aus. Faunistisch
bedeutend sind insbesondere die Fledermäuse mit der
Bechstein-Fledermaus (Myotis bechsteinii), die Tagfalter
mit dem letzten Vorkommen des Goldenen Scheckenfalters
(Euphydryas aurinia) im Regierungsbezirk
Karlsruhe und die Baumsaft-Schwebfliege Brachyopa
bimaculosa, die weltweit erstmals aus dem Gebiet
beschrieben wurde. Das Gebiet hat eine sehr große
Bedeutung für die Bewahrung der Artenvielfalt und
Lebensräume in sehr hoher Qualität und ist ein Musterbeispiel
für die Schönheit und Eigenart einer durch
Wiesen geprägten Kulturlandschaft.
Die wirtschaftliche Entwicklung ist im Mittelalter von der Zeit des
Städtewesens weg, d. h. vom 11. Jahrhundert an, in entscheidender Weise
von der Industrie beeinflußt worden.[...]
Das deutsche Wirtschaftsgebiets des Mittelalters seinerseits
entsprach in seiner industriellen Leistung durchaus der Gestaltung in
ganz Europa. Es hat ebenfalls wohl in allen seinen Landschaften Industrien
von mehr als landschaftlicher Bedeutung aufgewiesen, dagegen sehr wenig
Industriezweige von wirklich gemeineuropäischer Bedeutung und ebenso
wenige wirkliche Industriebezirke.[...]
Umreißen wir nun den Bereich der Bodenseeleinwand näher:
Er hat in der heutigen Schweiz etwa die Kantone St. Gallen, Appenzell und
Thurgau sowie die angrenzenden Teile von Schaffhausen und Zürich umfaßt.
Rapperswil, Winterthur und wohl auch Schaffhausen sind hier die
westlichsten Punkte des eigentlichen Leinwandgebiets.
Von der kulturellen Leistung des Elsaß im Mittelalter zeugen heute noch
- jedermann verständlich und eindrücklich genug - eine Fülle von Baudenkmälern
im ganzen Lande. Von ihr berichten schriftliche Zeugnisse in
langer Reihe ebenso unmißverständlich. So ist man sich denn auch allgemein
bewußt, daß das Elsaß im Mittelalter ein reiches und blühendes Land, ein
Kerngebiet des deutschen kulturellen und künstlerischen Lebens war, vom
Frühmittelalter weg bis weit über die Reformationszeit hinaus. Weniger
bekannt und kaum gewürdigt ist die wirtschaftliche Leistung des Elsaß im
Mittelalter. Und doch ist es klar, daß die kulturelle Blüte nur in einem
wohlhabenden Lande möglich war und daß der Wohlstand nur durch entsprechende
wirtschaftliche Leistungen geschaffen werden konnte. Wo haben
wir diese zu suchen?
Aus einer zähen Überlieferung an Ort und Stelle, aus chronikalischen und
urkundlichen Nachrichten des Mittelalters über den Bergbau im Kinzigtal
und seiner weiteren Umgebung hat sich die landesgeschichtliche Literatur des
18. und frühen 19. Jahrhunderts die Meinung gebildet, daß sich in dem
kleinen Tal des Prinzbaches, einem linksseitigen Zufluß der Kinzig, im Mittelalter
eine reiche Bergstadt befunden habe. Davon berichten 1766 REINHARD, 1816 KOLB. Wahrheit und Dichtung gehen wie in den meisten historischen
Darstellungen jener Zeit dabei bunt durcheinander. [...] Solche handgreiflichen Irrtümer und Obertreibungen
haben der Überlieferung vom Bestand einer Stadt Prinzbach in den Augen einer kritischen historischen Forschung der Folgezeit ebenfalls jede
Glaubwürdigkeit entzogen.
[...] Der dritte aber war ein schöner, junger Mann, der am besten tanzte weit und breit, und daher den Namen Tanzbodenkönig hatte. Er war ein armer Mensch gewesen und hatte bei einem Holzherren als Knecht gedient; da wurde er auf einmal steinreich; die einen sagten, er habe unter einer alten Tanne einen Topf voll Geld gefunden, die anderen
behaupteten, er habe unweit Bingen im Rhein mit der Stechstange, womit die Flößer zuweilen nach den Fischen stechen, einen Pack mit Goldstücken heraufgefischt, und der Pack gehöre zu dem großen Nibelungenhort, der dort vergraben liegt; kurz, er war auf einmal reich geworden und wurde von jung und alt angesehen wie ein Prinz. [ ... ] Diese Schilderung eines Mannes, der seiner Mit- und Nachwelt bemerkenswert erschien, weil er binnen kurzer Frist zu ungewöhnlich großem Reichtum und einem entsprechend hohen Sozialprestige gekommen war, ist nachzulesen bei Wilhelm Hauff in dessen 1828
postum veröffentlicher Erzählung „Das kalte Herz". Natürlich sollte man sich hüten, diese literarische Gestalt kurzerhand mit einer historischen Person zu identifizieren. Aber ganz zweifellos erinnert sie an einen Typus, den es im Nordschwarzwald tatsächlich einmal gegeben hat, an den Typus des - wenn man so will - ,,Proto-Unternehmers", der in den Regionen um Nagold und Enz, Kinzig und Murg in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gleich mehrfach anzutreffen war.
Wie alt ist Gondelsheim?
(2007)
Die Gondelsheimer sind ein vorsichtiges Volk: Obgleich sie möglicherweise ein 900jähriges Jubiläum feiern könnten, ziehen sie es vor, ganz sicherzugehen, und begnügen sich mit einem 750jährigen. Darin unterscheiden sie sich von anderen Gemeinden, die in dieser Hinsicht viel weniger zimperlich sind und urkundliche Ersterwähnungen für sich reklamieren, die einer kritischen Prüfung nicht standhalten - und damit am Ende, wenn dergleichen „Hochstapeleien" herauskommen, dem Spott einer schadenfrohen Nachbarschaft ausgeliefert sind. In Gondelsheim dagegen gibt man sich bescheiden und feiert das 750jährige Jubiläum in dem sicheren Bewusstsein, dass der Ort ohnehin sehr viel älter ist, dass man - unter Berücksichtigung dessen, was die archäologische Forschung beizutragen hat - gut und gern auf
eine 1500jährige Geschichte zurückblicken kann.