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Er war ein Ur-Epfenbacher und wollte auch nie woanders sein. Bestimmt war er niemals mehr als drei Tage abwesend von seinem Dorf. Und geachtet war er nicht nur im Verein, sondern in der ganzen Dorfgemeinschaft. Seine hervorstechenden Eigenschaften: still, unauffällig, ausgleichend, nie im Vordergrund stehend, immer zupackend, fleißig. Wenn er Kritik übte, tat er dies ohne verletzend zu sein.
Helmut Ambiel war seit 1968 Mitglied des damaligen Arbeitskreises für Heimatpflege. Und als dieser im Oktober 1975 in den Verein für Heimatpflege überging, war Helmut Ambiel als Gründungsmitglied mit dabei und seitdem – also über 41 Jahre – im Vorstand tätig. Bei der Hauptversammlung 1998 wurde er zum Ehrenmitglied des Vereins ernannt.
Ernst-Lothar von Knorr (1896–1973) war ein hervorragender Geigenspieler und Komponist. Er wirkte darüber hinaus als Musikpädagoge und Direktor an der Jugend- und Volkshochschule in Berlin sowie an Musikhochschulen deutschlandweit. Seinen Berufs-weg als Hochschullehrer begann er nach seinem Kriegsdienst 1919 an der Heidelberger Musikakademie und beendete ihn 1969 ebendort als Leiter der Hochschule für Musik und Theater. Zudem war er Mitglied und Berater zahlreicher Musikverbände wie dem Berufsverband Deutscher Komponisten (BDK), dem Deutschen Komponistenverband (DKV) oder dem Verband Deutscher Musikerzieher und konzertierender Künstler (VDMK).
Nach mehr als 80 Jahren endlich bekannt: Die Schöpferin der schönen Plastiken im Villinger Stadtpark
(2018)
Am 1. Juli 1934 erhielt die Fayence-Manufaktur Kandern Richard Bampi einen Großauftrag der Stadt Villingen für sieben fast lebensgroße Plastiken. Sie sollten den neu zu schaffenden Kurpark schmücken, der im an das Kneipp-Freibad angrenzenden Gelände im Entstehen war. Im selben Jahr fand Richard Bampi mit Erna Kientz eine aus Freiburg stammende Künstlerin, von deren großem Geschick und Talent er wusste. Einige der Villinger Plastiken tragen die Signatur "EK", von der in Kandern nicht mehr bekannt war, als dass es das Markenzeichen von Erna Kientz-Vogel, Mitarbeiterin in der Werkstatt des Kanderner Keramikers Richard Bampi, war. Denn lange Zeit stand die falsche Schreibweise des Namens der Künstlerin dem Rechercheerfolg im Wege.
Die katholische Kirche mit ihren Gläubigen war die Institution in Meßkirch, die den Nationalsozialisten während ihrer 12-jährigen Herrschaft wohl die meisten Unannehmlichkeiten bereitete. Zu Beginn war es vor allem der Redakteur Albert Zimmermann von der katholischen Zentrumszeitung „Heuberger Volksblatt“, welcher schon lange vor 1933 offen gegen die Nationalsozialisten Stellung bezog. Leider ist dieser mutige Mann bis heute in Meßkirch verkannt, wie die Straßennamendebatte um die Jahreswende 2013/14 beweist. Vorgeschlagen von der SPD-Fraktion und vom gesamten Meßkircher Gemeinderat bereits beschlossen, wurde eine Albert-Zimmermann-Straße wenige Wochen später vom gleichen Gremium revidiert. Nach zum Teil polemischen Leserbriefen, die nachweislich falsche Behauptungen enthielten, wurde die
Straßenbenennung von den beiden anderen Gemeinderatsparteien nun abgelehnt. Bemerkenswert daran sind zwei Dinge: Einmal, dass der Vorschlag zur Zimmermannstraße von der Meßkircher SPD kam, der Partei, die zu Zimmermanns Zeiten seine erklärte Gegnerin war. Zum anderen, dass die CDU, deren Wurzeln in der von Zimmermann vertretenen katholischen Zentrumspartei liegen und für deren Überzeugungen er sein Leben lang eintrat, den Vorschlag ablehnte.
Mennoniten im Kraichgau
(2018)
Am 22. April 2017 fand auf Einladung des Mennonitischen Geschichtsvereins und des Heimatvereins Kraichgau die Tagung "Schweizer Brüder in fremder Heimat -Mennoniten im Kraichgau" im Sinsheimer Gemeindehaus statt. Die mit etwa einhundert Personen, die auch aus den USA angereist waren, gut besuchte Veranstaltung stand unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Astrid von Schlachta und Diether Götz Lichdi sowie der organisatorischen Leitung von Hartmut Glück. Die Tagung spannte den Bogen von der Lokalgeschichte zur allgemeinen Geschichte, von den Herkunftsgesellschaften in der Schweiz über die Einwanderung in den Kraichgau im 17. Jahrhundert und die Weiterwanderungen in Süddeutschland und den USA, bis zu den inneren Konflikten der Einwanderer und deren politischen
Anpassungsbemühungen im Dritten Reich.
Die von 1486 bis 1493 währende Doppelregierung Kaiser Friedrichs III. und
König Maximilians ist maßgeblich geprägt durch den Konflikt des Sohnes mit
den flämischen Städten. Indem der politisch noch recht unerfahrene Maximilian
den englischen Handel protegierte, schädigte er deren wirtschaftliche Prosperität.
Zugleich ignorierte er ihr Mitspracherecht in Fragen der Finanzpolitik und des
Steuerrechts. Auch die militärische Auseinandersetzung mit der französischen
Krone machte den Römischen König in Flandern denkbar unbeliebt. Als sich
Maximilian 1487/1488 in Brügge aufhielt, kam es zu einer dramatischen Zuspitzung
der Lage: Aus Angst vor einer Besetzung der Stadt durch heranrückende
deutsche Landsknechte schlossen die Einwohner ihre Stadttore und nahmen den
König am 5. Februar gefangen. Die königstreuen Magistrate Peter Lanchals und
Jan van Nieuwenhove wurden ihrer Ämter enthoben und wenige Tage später
enthauptet. Weitere Städte schlossen sich dem Aufstand (unter der Führung
Gents) an.
Martin Wallner †
(2018)
Am 25. Januar 2018 ist im hohen Alter von 98 Jahren Martin Wallner verstorben. Mit ihm ist nicht nur der älteste Mitarbeiter aus der Gemeinschaft derjenigen von uns gegangen, die im vergangenen Jahrhundert den Grundstein zum Werk über „Die Schmetterlinge Baden-Württembergs“ gelegt haben, sondern zugleich auch der letzte Vertreter ehrenamtlich tätiger Faunisten aus damaliger Zeit, die ihr Wissen über die Verbreitung der Arten dieser Tiergruppe in unserem Land zur wissenschaftlichen Auswertung kostenlos zur Verfügung stellten. Damit meine ich den mit autodidaktisch erworbenen, umfassenden Kenntnissen ausgestatteten, akribisch arbeitenden Naturbeobachter. Er gehörte von Anfang an zur Entomologischen Arbeitsgemeinschaft im Naturwissenschaftlichen Verein Karlsruhe e.V., die am 24. Mai 1967 im Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe (den ehemaligen Landessammlungen) ins Leben gerufen wurde.
Martin Butzer/Bucer wurde als Sohn eines wenig begüterten Küfers am Martinstag des Jahres 1491, also am 11. November, in Schlettstadt geboren. Schlettstadt (frz. Selestat), zwischen Colmar und Straßburg gelegen, war damals eine Reichsstadt, die im ausgehenden 15. Jahrhundert etwa 4000 Einwohner zählte, die von Handwerk, Weinbau und Landwirtschaft lebten. Das Haus der Familie befindet sich am westlichen Rande der Stadt, ganz am Rand, da, wo einst die ärmeren Handwerker wohnten. Das Haus steht übrigens noch unverändert, ist aber recht baufällig und
steht leider nicht unter besonderem Schutz.
Marliese Echner-Klingmann
(2018)
Das Licht dieser Welt erblickte sie im Januar 1937, ihr Vater fiel noch 1945, Eschelbronn - der Bauernhof ihrer Großeltern und das Heim ihrer eigenen Familie - war ihr Lebensraum. Erst vor wenigen Jahren zog sie sich in eine auswärtige Wohngemeinschaft zurück. Ihre Berufsausbildung zur Bürokauffrau ließ nicht vermuten, dass sie „solche" Spuren hinterlassen würde. Was zeichnete sie aus? Scharfe Beobachtung, Sensibilität, soziales Bewusstsein, Sarkasmus, Humor - und ein besonderes Gefühl für Sprache: Mundart wie Hochdeutsch gleichermaßen.
Schon öfter haben mich Freunde und Bekannte gefragt, was mich denn dazu bewogen hätte, seit mindestens 30 Jahren, zwar nicht anhaltend, doch immer wieder, über Stefan George und seinen Dunkelmännerkreis nachzudenken. Woher dieses seltsame Interesse stamme? Ob ich etwa schwul sei? Vermutlich war ich als Vaterloser, zumal in jüngeren, studentischen Jahren, inständig auf der Suche nach einem geistigen Vater, einem gütigen Lehrer, der mich anleitete und formte. Aber hätte ich mich auch einem selbsternannten „Meister“ unterworfen und das strenge Ritual der Initiation in den Männerbund akzeptiert? Einerseits faszinierte mich die Idee einer jungen Elite, einer „Runde“, eines Kreises der „Geistigen“ durchaus, die Vorstellung, und sei es nur für Momente, zu den Auserwählten zu zählen, zu den Wenigen, die einander bei Kerzenlicht Gedichte vorlasen, im Gegensatz zu den Vielen, die Schlagermusik hörten. Als ebenso arroganter wie unsicherer Jüngling konnte ich mich mit Versen Georges identifizieren, die von einer enormen Anmaßung zeugten, etwa: „Und heute bellt allein des volkes räude“ oder: „Euch all trifft tod. Schon eure zahl ist frevel“, oder „kein schlimmrer feind der völker als die mitte!“ (alle zitiert aus dem Band „Der Siebente Ring“). Das saß, das wirkte wie ein Faustschlag ins moralisierende Zeitgeistgeschwätz und könnte noch heute bei sogenannten guten Demokraten Empörung provozieren.
Der/die Kirchendiener/in hat für das Läuten nach der bestehenden Läuteordnung zu sorgen (Nur für den Notfall, falls die Läuteknaben durch irgendwelche Umstände ausfallen). So lautet § 3 Nr. 3 der Dienstanweisung für den damaligen Kirchendiener, die der Evangelische Kirchengemeinderat in Neuenburg/Baden am 15. Juli 1966 erlassen und unterschrieben hat. Vor gut fünfzig Jahren wurde in Neuenburg also noch von Hand geläutet. Nur im Notfall, wie der maschinenschriftlich eingefügte Klammerzusatz zur formularmäßigen Dienstanweisung bemerkt, musste der Kirchendiener einspringen. Im Regelfall fiel das Handläuten den „Läuteknaben“ zu. Wer das ist, wird in der Dienstanweisung als bekannt vorausgesetzt. Der Begriff erläutert sich im Grunde von selbst: eine Gruppe junger Menschen, die den Läutedienst ehrenamtlich, vielleicht auch gegen ein Taschengeld, übernahmen. Man könnte sie als Hilfskräfte ansprechen oder von einer Läutegruppe sprechen. Heute wird das Handläuten im Kirchturm mancherorts als Event angeboten: Es ist ein beeindruckendes Erlebnis, die Glocken eigenhändig zum Schwingen und Klingen zu bringen. Auch dies ist ein besonderer Teil unseres Gottesdienstes. Das Handläuten ist in der Regel samstags um 18:00 Uhr möglich. So annonciert die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Herrenhausen-Leinhausen in Hannover per Internet ihr Mitmach-Angebot.
Lothar Böhnert (1938-2018)
(2018)
Mit Lothar Böhnert verstarb im Alter von 80 Jahren eine herausragende Persönlichkeit des Breisgau-Geschichtsvereins. Lothar Böhnert wurde 1938 in Kenzingen geboren und wuchs in Müllheim auf. Nach dem Abitur am Bertold-Gymnasium in Freiburg studierte er in Freiburg Deutsch, Politik, Latein und Geschichte; für alle vier Fächer erwarb er die Lehrbefähigung. Nach einer ersten Station in Gaggenau wurde er 1971 Lehrer am Faust-Gymnasium in Staufen, dem er 31 Jahre lang bis zu seiner Pensionierung 2002 verbunden blieb. Seiner badischen Heimat ebenso wie dem Elsass war Lothar Böhnert schon aufgrund
familiärer Wurzeln tief verbunden. Daraus entsprang ein frühes Engagement für die in den 1970er-Jahren neu gegründete Ortsgruppe Bad Krozingen der Europa-Union.
Für Populisten (und ihre Anhänger) ist die Europäische Union immer noch weitgehend ein von den Bürgern abgehobenes Bürokratie-Monster. Für Millionen Menschen aber, gerade in strukturell schwachen Regionen, leistet sie seit 1991 mit dem Programm LEADER (Liaison Entre Actions de Developpement de l'Economie Rurale = Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung des ländlichen Raums) eine bürgernahe Unterstützung, um die ländlichen Regionen sozial, kulturell und wirtschaftlich zu stärken, wobei Entwicklungsinitiative und Projekte von den Akteuren der Region selbst ausgehen sollen. LEADER wird in Baden-Württemberg in kleineren, abgegrenzten Gebieten des ländlichen Raums durchgeführt (LEADER-Aktionsgebiete), die unter geographischen, wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten eine Einheit bilden und auch über Landkreisgrenzen hinaus angelegt sind. Das Aktionsgebiet Kraichgau wurde am 07. Januar 2015 erstmalig als Aktionsgebiet ausgewählt und umfasst in den drei Landkreisen Heilbronn, Karlsruhe und Rhein-Neckar-Kreis 17 Kommunen von Meckesheim bis Oberderdingen und von Kraichtal bis Gemmingen, mithin eine Fläche von rund 500 km. Es können nur Projekte gefördert werden, die innerhalb dieser 17 Städte und Gemeinden liegen.
Heidelberg war nach West-Berlin und Frankfurt am Main eines der größten Zentren der Studentenbewegung Ende des 1960er Jahre. Dies ist umso überraschender, da die Stadt mit damals knapp über hunderttausend Einwohnern sich von ihrer Größe her
weder mit Frankfurt noch gar mit Berlin vergleichen ließ. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bezeichnete Heidelberg 1968 gar als Brennpunkt der Studentenrevolte, die Neue Zürcher Zeitung sprach von einer Zitadelle des Aufruhrs. Dies hatte verschiedene Ursachen, eine davon war sicher die hohe US-amerikanische Militärpräsenz in Heidelberg und im nahe gelegenen Mannheim. Im Heidelberger Stadtteil Rohrbach befand sich über Jahrzehnte hinweg in der Campbell-Kaserne das US-amerikanische Hauptquartier für Europa USAREUR (United States Army Europe). Diese hohe militärische Präsenz von tausenden amerikanischer Soldaten auf dem Höhepunkt des Vietnam-Krieges inmitten einer Universitätsstadt führte zu einer enormen Politisierung der Heidelberger Studentenschaft.
Grenzüberschreitende Kulturkooperation ist eine spezielle Form regionaler Kulturarbeit. Im PAMINA-Raum ist dies von besonderer Bedeutung. In diesem Raum sind die Teilregionen
des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein, der Südpfalz und des Nordelsass zu einer europäischen Grenzregion zusammengefasst: Gerade »in einem Raum, der in der Vergangenheit zahlreiche Grenzverschiebungen erlebt hat, ist es wichtig das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Menschen zu stärken, indem man sich auf die gemeinsamen kulturellen Wurzeln bezieht. Zu früherer Zeit war das Gebiet des Eurodistrikts RegioPamina ein einheitlicher Raum und der Rhein ein verbindendes Element. Diese kulturellen Wurzeln gilt es verstärkt zu reaktivieren. Für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist der Kulturbereich besonders wichtig, da er es am ehesten schafft, auf Grenzen zu verzichten. Denn die vielfältigen Themen rund um die Kultur beschäftigen die Menschen ganz natürlich über Landesgrenzen hinweg und bringen sie zusammen.«
Die kulturelle Kooperation zwischen Baden und dem Elsass ist erst in den 1980er-Jahren in Gang gekommen, nachdem zuvor auf der staatlichen Ebene die institutionellen Voraussetzungen geschaffen worden waren. Ein besonders wichtiges Förderinstrument bilden die Interreg-Programme der Europäischen Union. In der Praxis stößt der Ausbau und die Vertiefung der kulturellen Projektarbeit jedoch immer wieder an Hindernisse und Grenzen. Vorschläge und Anregungen zur Verbesserung des kulturellen Austauschs werden zumeist nur unzureichend umgesetzt. Dennoch gibt es eine Reihe von zukunftsweisenden Vorzeigeprojekten, die hier vorgestellt werden.
Die Große Kreisstadt Bühl, am Oberrhein etwa in der Mitte zwischen Offenburg und Rastatt
gelegen, hat ca. 30 000 Einwohner und verfügt als typisches Mittelzentrum über ein Einzugsgebiet
von 80 000 bis 100 000 Menschen aus der unmittelbaren Region. Als starker Wirtschaftsstandort
bietet Bühl 24 000 Arbeitsplätze. Darüber hinaus machen die vielfältigen Kultureinrichtungen
mit ihren kulturellen Angeboten die Zwetschgenstadt auch zu einem kulturellen
Mittelzentrum in Mittelbaden.
Gerade das 100. Jubiläumsjahr des Kriegsbeginns 2014 und das Gedenken an 100 Jahre deutsche Revolution von 1918 führten zu einem Schub frischer sozialgeschichtlicher Untersuchungen zu den damaligen Ereignissen, auch jenseits der Fronten. Rege wird geforscht und publiziert. Doch während die Ereignisse in den größeren Städten im Mittelpunkt stehen, bleiben ländliche Regionen weitgehend außen vor. Selbst die grundlegende Darstellung des revolutionären Geschehens im Land Baden 1918/19 von Markus Schmidgall blickt vor allem auf die städtischen Zentren, voran Mannheim und Karlsruhe, während der ländliche Raum lediglich am Rande Erwähnung findet. Es scheint so, als wäre in den kleineren Orten nichts Erzählenswertes passiert. Dabei lebten 1918 in Baden über 62 Prozent aller Menschen in Gemeinden unter 5000 Einwohner, in der „Provinz“. Der Blick soll daher auf eine dieser kleinen Gemeinden, das Industriestädtchen Schiltach, gelenkt werden – ein
beispielhafter Blick auf die Ereignisse jenseits der politischen und ökonomischen Zentren.
Für die Zeitenwende 1918/1919, den Zusammenbruch des Kaiserreichs, die Revolution und die Einführung einer neuen
Staatsverfassung, hat sich in Kehl eine einzigartige Quelle erhalten, die es ermöglicht, die Geschehnisse vor Ort aus einer ganz persönlichen Perspektive zu rekonstruieren: das Tagebuch von Mathias Nückles V.
Karl A. Bühler
(2018)
Der Ruf, zwischen den Fronten zu stehen, sich nicht bedingungslos einer Seite zuzuwenden, folgte dem am 26. Februar 1904 in Ottenheim geborenen Pfarrer und Politiker Karl August Bühler bis zu seinem Lebensende. Aber vielleicht gerade deshalb war er als Theologe und Seelsorger wie auch später als Abgeordneter im baden-württembergischen Landtag und im Deutschen Bundestag für viele eine Vertrauensperson. Durch seine gradlinige Art, verbunden mit dem Mut, die Dinge unumwunden und genau so anzusprechen, wie sie sich ihm aus der ureigenen Sicht boten, wurde er natürlich auch zur Zielscheibe zahlreicher Kritiken. Dennoch schätzten die Menschen seine Gradlinigkeit, seine Verlässlichkeit und den unermüdlichen Einsatz für Gemeinschaft und Gemeinwohl. Als Pfarrer war er eine Vertrauensperson, der bedürftigen Menschen durch menschliche Zuwendung, durch Wort, Trost und Gebet, aber auch durch direkte praktische Hilfe unmittelbar beistand. Später als Politiker wurde er innerhalb der evangelischen Kirche als Pazifist und als Mahner für soziale Gerechtigkeit zu einem glaubwürdigen politischen Zeugen. Im politischen Alltag war er nicht nur ein kompetenter Botschafter seines Wahlkreises, sondern auch ein Politiker zum Anfassen. Er hat mit anderen immer auf Augenhöhe diskutiert und war sich nie zu schade, auch kleineren Ortsvereinen einen Besuch abzustatten. Verständlich, dass der verlässliche und außergewöhnliche Mann vor allem in seinem politischen Lebensabschnitt äußerst populär war. Karl A. Bühler war eine beeindruckende Persönlichkeit, in dessen beruflichen und politischen Stationen sich die Spuren der Hitler- und der Nachkriegszeit verbinden. Dank des vielseitigen und unermüdlichen seelsorgerischen Engagements und des späteren langjährigen beispielhaften Wirkens auf den politischen Bühnen wurde seine Zeit auf Erden zu einem überaus bewegten Leben. Heute jedoch ist Karl A. Bühler, der im Januar 1984 kurz vor Vollendung seines 80. Lebensjahres in Lörrach still gestorben ist, aus dem Bewusstsein der Politik und der Öffentlichkeit verschwunden. Deshalb soll mit dieser Arbeit der interessante und ungewöhnliche, mitunter auch komplizierte Lebensweg dargestellt werden, um so an den (fast) vergessenen Theologen und Politiker zu erinnern.
Siebzehn Jahre sind seit der letzten Veröffentlichung über die Erforschung des Kanzlerkellers in der ORTENAU 2001 vergangen, nachdem bereits 1997 eine erste Bestandsaufnahme erfolgt war. Im „Kanzlerkellerbericht I“ hieß 1997 der Untertitel: „Stadtarchäologische Aktivitäten einer Schüler-AG in einem Offenburger Gewölbekeller“, wobei der erlebnispädagogische Einsatz einer engagierten stadtarchäologischen Arbeitsgemeinschaft von Jugendlichen im Vordergrund stand. Der Kanzlerkellerbericht II aus dem Jahre 2001 trug die Untertitel: „Stadtarchäologische Arbeiten 1997–2000: Fluchtstollen – Tiefbohrung – Stadtkataster – Ausstellungen – Neue Vermessungen – Ein Kellermuseum.“ Darin war bereits das ganze Programm dieses Zwischenberichts enthalten, bei dem die Öffnung eines über zehn Meter langen, bisher unbekannten Geheimganges zur Stadtmauer mit seinen überraschenden Funden für genau soviel Aufregung bei allen Beteiligten sorgte wie die aufwändige Tiefbohrung zum Grundwasser im Brunnenschacht. Beides konnte neben neuen Vermessungsplänen und Veränderungen im tiefsten Keller in der Ausstellung „Stadtarchäologie Offenburg 1998“ einem größeren Publikum in der Hauptstelle der Volksbank Offenburg mit deren finanzieller Unterstützung in einer archäologischen Vernissage und anschließenden Ausstellung präsentiert werden.
»Ohne seine jüdischen Mitbürger ist Ludwigsburg ein Stück ärmer geworden.« Mit diesem Satz endet das Vorwort von Werner Heinrichs in dem von ihm herausgegebenen Buch »Geschichte der jüdischen Gemeinde Ludwigsburg«. Insbesondere vor dem Hintergrund der in letzter Zeit verstärkt auftretenden Relativierungsversuche hinsichtlich des Holocaust und der Zeit des Nationalsozialismus ist es wichtig, die mahnende Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen aufrechtzuhalten und mit objektiven Quellenbelegen aufzuzeigen, dass das Dritte Reich kein weit entferntes Phänomen in Berlin oder München war. Diskriminierung, Demütigung, Verfolgung und Ermordung lassen sich bis auf die kommunale Ebene der Verwaltung zurückverfolgen. Die folgenden Ausführungen sollen einen Eindruck vom jüdischen Leben in
Ludwigsburg geben, bis dieses durch Rassenwahn und Menschenverachtung unwiederbringlich zerstört und vernichtet wurde. Die Zerstörung der Ludwigsburger Synagoge am 10. November 1938 symbolisiert das Ende der jüdischen Gemeinde Ludwigsburg. In der Folge emigrierten viele noch in Ludwigsburg verbliebene jüdische Bürgerinnen und Bürger. Wem dies nicht gelang, der wurde in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert. Von den mehr als 50 zwischen 1940 und 1944 deportierten Ludwigsburger Juden überlebten lediglich vier Personen die nationalsozialistische Mordmaschinerie.
Das Sinfonieorchester Villingen-Schwenningen hat längst seinen Platz als hochklassiges, bodenständiges Orchester gefunden, das aus musizierbegeisterten Menschen besteht, die aus der Region stammen, für die Region spielen und sich ihre
Offenheit für immer neue Impulse und gemeinsame Projekte mit kreativen Kräften vor der eigenen Haustür bewahrt haben. Dies ist vor allem einem Mann zu verdanken: Jörg Iwer, der Musikalische Leiter des Orchesters, der den Klangkörper in knapp 20 Jahren zu dem geformt hat, was er heute ist. Jetzt legt er den Taktstock nieder, die Wege des Orchesters und seines langjährigen Dirigenten trennen sich Ende 2017. Die Tätigkeit von Jörg Iwer in der Doppelstadt war von einer langen Pause unterbrochen: Er war als Musikalischer Leiter von 1991 bis 2001 tätig, dann stellte er andere Tätigkeiten in den Fokus, kehrte aber 2009 wieder zurück.
Johann Peter Hebel war als Gymnasiallehrer und Prediger nach Karlsruhe berufen worden. Er machte in der Lutherischen Landeskirche Badens als Pastor Karriere und wurde mit dem Titel Prälat der oberste Geistliche seiner Kirche. Nach dem fürstlichen Erlass einer Verfassung im Juli 1818, als es galt, die zwei Kammern der Ständeversammlung zu besetzen. Auf katholischer Seite wurde – als Bistumsverweser – der Freiherr von Wessenberg ernannt, auf evangelischer Seite Hebel, der als Prälat den Rang eines Landesbischofs besaß. Die Kirchen waren für ihn – anders als für den Freiburger Rechtsprofessor Rotteck – keine Repräsentanten des (damals noch als verfassungswidrig geltenden) Demokratie-Prinzips, sondern des Gemeinwohls.
Schlagen wir in den musikalischen Lexika der vergangenen 250 Jahre nach, dann finden wir unter Bode nur einen Vertreter dieses Namens: Johann Joachim Christoph Bode (1730–1797), Hautboist in einem kurhannovrischen Regiment in Celle, dann Redakteur, Buchdrucker und zeitweise gemeinsam mit Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) Buchhändler in Hamburg. Hier betätigte er sich auch als Übersetzer von Opern- und Oratorientexten. 1773 brachte er die deutsche Ausgabe von Charles Burney‘s bedeutender Schrift „Tagebuch einer musikalischen Reise“ heraus. Ab 1778 lebte er als Geschäftsführer und Gesellschafter der Witwe des dänischen Staatsministers von Bernstorff in Weimar. Geehrt mit Hofrat- und Geheimrattiteln der Höfe von Sachsen-Meiningen, Sachsen-Gotha und Hessen-Darmstadt war Bode Zeit seines Lebens mit bekannten Persönlichkeiten wie dem Reformpädagogen Johann Bernhard Basedow (1724–1790), den Dichtern Heinrich Wilhelm von Gerstenberg (1737–1823), Friedrich Gottlieb Klopstock (1724–1803) sowie Lessing befreundet und pflegte außerdem Kontakt zu den Weimarer Größen Herder, Goethe und Schiller. Als engagierter Freimaurer bekleidete er in der Hierarchie des Ordens hohe Ämter und stand den Illuminaten nahe. Neben seinen schriftstellerischen Tätigkeiten widmete er sich auch der Komposition und veröffentlichte 1754 und 1757 in Leipzig „Zärtliche und schertzhaffte Lieder mit ihren Melodijn“. So lag es auf der Hand, ihm, der sich während seiner Hamburger Zeit auch als Virtuose auf dem Violoncello und dem Fagott profiliert hatte, sämtliche unter Bode bekannten Werke zuzuschreiben, ganz gleich, ob Instrumentalwerke oder Lateinische Kirchenmusik, wobei sich die Frage stellt, welche Beweggründe der Lutheraner Johann Joachim Christoph Bode, der sich zeitlebens im lutherisch geprägten Umfeld
in Hamburg und Weimar bewegte, gehabt haben sollte, lateinische Kirchenmusik (Messen, Miserere, Motetten) zu komponieren.
Johann Heinrich Jung-Stilling gehörte zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Literaten seiner Zeit. Seine Werke hatten auch in denjenigen Landschaften des deutschen Südwestens, die Anfang des 19. Jh. zum Großherzogtum Baden zusammengefügt wurden, eine breite Leserschaft. Jung-Stilling war in Baden nicht nur literarisch wirksam. Er war dort gegen Ende seines Lebens auch wohnhaft und nahm persönlich Einfluss auf kirchliche Zusammenhänge. In zwei Abschnitten wird im Folgenden der
Einfluss Jung-Stillings in Baden nachgezeichnet. Zunächst wird Jung-Stillings Wirken zu Lebzeiten in Baden betrachtet. In einem zweiten Abschnitt geht es um die Frage, wie die Bedeutung Jung-Stillings für die Badische Erweckungsbewegung ab
den 1820er Jahren zu bewerten ist.
Individuum und Dynastie
(2018)
SUBSISTE VIATOR
AD GLORIOSUM MORTIS, ET MARTIS TROPHÆUM
QVOD
LUDOVICO WILHELMO
LUDOVICUS GEORGIUS
EX FILIALI AMORE ET GRATIDVDINIS AFFECTV
PARENTI EXSTRVXIT […]
Mit diesen Worten wendet sich die Inschrift auf dem im Jahr 1753 errichteten
Epitaph für Markgraf Ludwig Wilhelm in der Stiftskirche von Baden-Baden
(Abb. 3) an den Rezipienten. Subsiste viator: Diese bereits in griechischen Grabepigrammen
verbreitete rhetorische Formel fordert den Besucher auf, seine Wanderung
zu unterbrechen und innezuhalten, um der Taten des Verstorbenen und
zugleich der eigenen Sterblichkeit zu gedenken.
Wolfgang Hug war ein außerordentlicher Mensch und ein außerordentlicher Lehrer und Historiker. Vor allem hat er Geschichte und Vergangenheit nicht nur vorbildhaft erforscht, sondern er hat vielen Generationen von Studierenden Geschichte auch zu lehren gelehrt. Viele, die das eine können, können das andere nicht. Wolfgang Hug konnte beides. Ich habe ihn leider nicht mehr als Lehrer und Kollegen, sondern nur noch als emeritierten Professor, der ab und zu an „seiner“ Hochschule vorbeischaute, kennengelernt. Näher sind wir uns erst im Kirchengeschichtlichen Verein der Erzdiözese Freiburg gekommen, dessen Mitglied er bis zuletzt war. Zuweilen hat er mir großzügigerweise auch geschichtsdidaktische Zeitschriften, Bücher und Fachliteratur ins Postfach legen lassen, von denen er glaubte, dass er sie nicht mehr benötige. Ge- freut hat mich, als er mich nach der Verabschiedung seines verdienten Kollegen und Nachfolgers Gerhard Schneider, bei der ich, noch nicht lange im Amt, am 20. Juli 2008 ein paar ehrende und wertschätzende Worte im Schlossbergrestaurant sprechen musste, brieflich im Nachhinein lobte. Ich hätte, wie er es formulierte, genau getroffen, was den Scheidenden auszeichnet, ich hätte es „auf eine überaus gewinnende Art zum Ausdruck gebracht“.
Immenstein als Grenzstein
(2018)
Fährt man von dem ehemaligen römischen Meilenstein am Bühler Rathaus (das Original steht im Bühler Stadtmuseum)
eine römische Meile Richtung Steinbach, trifft man an der B 3 alt bei einem alten Wegekreuz unweit der Affentaler Winzergenossenschaft auf einen alten großen Sandstein, auf dem allerdings nur noch wenige Buchstaben zu erkennen sind. Er markiert die Grenze zur alten Steinbacher Mark.
Anfang Oktober 1956, also außerhalb der Musiktage, sprach im Fürstenberg-Gymnasium der Meßkircher Komponist und Musiklehrer Ludwig Fischer-Schwaner mit Tonbeispielen über Musik in der Stunde unserer Zeit, die Strömungen der zeitgenössischen Tonkunst analysierend und die „Bedeutung der
Musik für das Menschsein“ hervorhebend. Auf diese Weise vertiefte er das, was Paul Hindemith 1928 speziell für Donaueschingen, jener „Stätte ernstester und
selbstloser Arbeit“, festgestellt hatte: dass es ihre wichtigste Aufgabe sei, „weiteste Kreise unseres Volkes zur neuen Musik zu erziehen“.
Die Lösslandschaft des Kaiserstuhls ist geprägt von
Terrassen und Böschungen. Die vorliegende Untersuchung versucht, anhand der Kulturgeschichte die Anfänge der Terrassierung zu klären. Diese reichen wahrscheinlich in die fränkische Zeit zurück, markiert durch
die erstmalige urkundliche Erwähnung des Weinbaus
im Jahr 769 n. Chr. Mit Hilfe des digitalen Geländemodells konnte berechnet werden, dass rund 322 ha historische Terrassen heute mit Wald und rund 29 ha mit
Magerrasen bewachsen sind. Die Terrassenlandschaft
war früher wesentlich ausgedehnter als heute, wenngleich rund 73 % aller heute bewaldeten Terrassen
überwiegend auf klimatisch begünstigten, südlichen
und westlichen Hanglagen angelegt wurden. Anhand
der kulturgeschichtlichen Daten und dem Alter der
Bäume konnte gezeigt werden, dass die Nutzungsaufgabe und Wiederbewaldung mit verschiedenen Kriegsereignissen und dem daraus abgeleiteten Mangel an
Arbeitskräften zusammenhängen dürfte.
Auf den Terrassen hat sich ein Wald entwickelt, in
dem 16 Baumarten erfasst werden konnten. Die Rotbuche dominiert die Bestände. Neben der Robinie sind
Esche und Bergahorn besonders häufig, welche auch
die meisten Exemplare mit großem Brusthöhendurchmesser stellen. Nach einem zu erwartenden starken
Rückgang der Esche durch das Eschentriebsterben ist
künftig mit einer weiteren Zunahme der Rotbuche zu
rechnen. Der Kaiserstuhl ist ein herausragendes Beispiel für eine terrassierte Kulturlandschaft in Baden-Württemberg.
Im Zeitraum von 2015 bis 2018 erfassten die Autoren
Heuschrecken in 18 Naturschutzgebieten und in vier
weiteren ausgewählten Gebieten des Landkreises
Freudenstadt und verglichen die Ergebnisse mit älteren
Erfassungen. Insgesamt konnten 18 Langfühlerschrecken und 23 Kurzfühlerschrecken nachgewiesen werden. Mit insgesamt 41 Heuschrecken-Arten sind dies
rund 60 % der baden-württembergischen Arten. Elf
Arten sind in der „Roten Liste der gefährdeten Heuschrecken in Baden-Württemberg“ und weitere neun
in der Vorwarnliste aufgeführt. Davon galt eine Art als
„ausgestorben oder verschollen“, zudem gelten zwei
Arten als „stark gefährdet“, acht Arten als „gefährdet“,
und neun Arten sind landesweit merklich zurückgegangen und daher auf der „Vorwarnliste“. Für zwei Arten,
die Alpine Gebirgsschrecke (Miramella alpina) und die
Lauchschrecke (Mecostethus parapleurus), ist Baden-Württemberg in besonderem Maße verantwortlich, da
sich hier die Hauptvorkommen von Deutschland befinden und die Bestände daher von bundesweiter Bedeutung sind. In den letzten drei Untersuchungsjahren
zeigten der Sumpfgrashüpfer (Chorthippus montanus)
und die Alpine Gebirgsschrecke deutliche Arealverluste
und einen starken Rückgang der Individuenzahlen. Die
letztmals 2004 im Kreis nachgewiesene Rotflügelige
Ödlandschrecke (Oedipoda germanica) ist zwischenzeitlich dort ausgestorben.
Hermann Ehrhardt, ein 1881 in Diersburg (Hohberg) geborener Pfarrerssohn, war eine wichtige Figur in einer entscheidenden Phase der neueren deutschen Geschichte. Im Zeitraum vom Ende des I. Weltkrieges und der Hohenzollern-Monarchie im November 1918 bis zur Beendigung des Kapp-Putsches im März 1920 durch einen Generalstreik war Ehrhardt ein bestimmender Akteur in einer politisch aufgewühlten Umbruchphase. Das von Ehrhardt gegründete und befehligte Freikorps „Marinebrigade Ehrhardt“ war immer da, wo es galt, „das rote Pack“ im Kampf um die Macht in der jungen Weimarer Republik zu bekämpfen. Der rechtsnationale Marineoffizier und Antisemit Hermann Ehrhardt – bereits während des Kapp-Putsches im März 1920 trugen die Mitglieder seiner Marinebrigade ein Hakenkreuz auf dem Stahlhelm – setzte auch nach Auflösung seines Freikorps 1920 den Kampf um die Restaurierung der bis 1914 geltenden Macht- und Herrschaftsverhältnisse im Reich fort. Die Ermordung des Zentrumspolitikers Matthias Erzberger, den rechte politische Kreise als Unterzeichner des Waffenstillstands vom 11.11.1918 als „Novemberverbrecher“ diffamierten, wurde von zwei
Mitgliedern der von Ehrhardt gegründeten geheimen „Organisation Consul“ durchgeführt. Weitere politische Morde gehen ebenfalls auf das Konto von Ehrhardts Terrororganisation. Obwohl in Diersburg und Weil am Rhein aufgewachsen, ist Ehrhardt in der Region kaum bekannt.
Helios in Heidelberg
(2018)
Die Verlegung des am Rande der Altstadt gelegenen Hauptbahnhofs war schon am Anfang des 20. Jahrhunderts in Erwägung gezogen, aber nie verwirklicht worden. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Problem wieder aufgegriffen. Der weiter nach Westen verlegte neue Standort sollte mit der Stadt durch eine Prachtstraße verbunden werden, an der Geschäfte, Restaurants und Cafés die Passanten zum Bummeln und Verweilen einladen sollten. Wie wir heute wissen, wurde aus der Kurfürstenanlage (Namensgebung 1959) allerdings vor allem nur eine stark befahrene vierspurige Verkehrsader. Mit der Anlage des Bahnhofgebäudes setzte der Architekt einen städtebaulich ordnenden Akzent, der zwischen der Hauptrichtung der Gleise (etwa Nordwest-Südost) und der geplanten Prachtstraße (etwa Ost-West) vermitteln und zudem als optisches Ende dieser Straße fungieren sollte.
Als offizielles Landesfest Baden-Württembergs finden die Heimattage jährlich seit 1978 in einer anderen Region des Bundeslandes statt, die sich den Bürger/-innen mit all ihren Facetten präsentieren. Vor allem sollen sie dazu anregen, sich mit dem Heimat-Begriff intensiv zu beschäftigen. Die Heimattage 2018 in Waldkirch stehen unter dem Motto »Stadt, Land – alles im Fluss« – hier hinter verbirgt sich ein abwechslungsreiches Programm mit mehr als 250 Veranstaltungen.
Nur wenige Tage nach Ausrufung der Zweiten Französischen Republik am 25. Februar 1848 und einen Tag nach der Volksversammlung in der Mannheimer Aula fand im Vereinslokal der Harmonie am 28. Februar eine Bürgerversammlung statt, in der wie in Mannheim eine Petition an die Zweite Kammer des Badischen Landtags formuliert wurde, die eine allgemeine Volksbewaffnung mit freier Wahl der Offiziere, die Freiheit der Presse und die Einrichtung von Schwurgerichten forderte. Mit dem Rechtsprofessor Karl Theodor Welcker war die Universität hier durch einen Hauptredner vertreten. Einen Tag später wurde sie selbst Ort einer Volksversammlung, als die Petition am 29. Februar in der offenbar vollbesetzten Aula (heute Alten
Aula) der Universität Heidelberg gebilligt wurde – unter dem Vorsitz des bedeutenden Rechtswissenschaftlers Carl Mittermaier. Entsprechende Eingaben richtete auch der große Senat der Universität Heidelberg an den Großherzog und die Erste Kammer, in der die Universität zugleich mit einem Sitz vertreten war.
Der studentische Verein „Heidelberger Lupe e.V. – Verein für Historische Forschung und Geschichtsvermittlung“ wurde im Frühjahr 2016 gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, die Regionalgeschichte Heidelbergs im Nationalsozialismus zu erforschen und didaktische Zugänge und Methoden für den Schulunterricht zu entwickeln. Er entstand aus einer Projektidee in Kooperation mit dem Arbeitsbereich Minderheitengeschichte und Bürgerrechte in Europa am Lehrstuhl für Zeitgeschichte (Historisches Seminar der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg) und mit der Jüdischen Kultusgemeinde Heidelberg. Er ist ein Zusammenschluss aus Studierenden und Absolventinnen und Absolventen der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg sowie der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Bereits im Sommersemester 2015 hatte ein Teil der Gruppe im Rahmen eines Seminars eine Ausstellung mit dem Titel „Herausgerissen – Deportation von Heidelbergern 1940“ konzipiert. Mit ihr beleuchteten wir die Deportationen der Heidelberger Juden und Sinti im Jahr 1940 anhand von regionalhistorischen Quellen und Orten. Die Ausstellung war im Foyer des Rathauses zu sehen und wird seither als Wanderausstellung an Heidelberger Schulen verliehen.
Die Hautflügler (Hymenoptera) in einem Garten in Heidelberg-Neuenheim wurden untersucht. Die Aculeata,
Symphyta, Evanioidea und fast alle Ichneumonidae
wurden bis zur Art bestimmt, viele Braconidae, fast alle
Ceraphronoidea, Proctotrupoidea, Platygastroidea und
Cynipoidea konnten nur bis zur Gattung, die meisten
Chalcidoidea sogar nur bis zur Familie bearbeitet werden. Insgesamt wurden Vertreter von 36 Familien festgestellt. 599 Arten konnten identifiziert werden.
Hans Appenzeller [Kreuz]
(2018)
Es gibt Orte im Kraichgau, bei deren Nennung dem Heimatforscher spontan ein (und nur ein!) Name einfällt. Für Sinsheim-Steinsfurt gilt dies für Hans Appenzeller, der am 5. November 2017 im Alter von 97 Jahren verstarb. Geboren wurde er am 20. Februar 1920 in Grombach (heute Stadtteil von Bad Rappenau). Hans Appenzeller erwarb sich im Lauf seines Lebens in den verschiedensten Bereichen Verdienste. In seiner Gemeinde und darüber hinaus übernahm er Verantwortung in kirchlichen und politischen Angelegenheiten.
Glauben malen
(2018)
Die bis heute grundlegende Arbeit zu Johann Pfunner ist Hermann Ginter zu verdanken, der 1926 in seiner Freiburger Dissertation auf das Leben und Werk des Künstlers ausführlich eingeht und ein Werkverzeichnis aufführt. Es folgte im Jahr 1976 eine an der Universität Freiburg eingereichte Magisterarbeit von Irene Streit. Ansonsten gab es in den 70er- bis 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts eine Reihe von Aufsätzen in einschlägigen Zeitschriften wie z.B. in der Vierteljahresschrift „Badische Heimat“ oder dem Jahrbuch „Schau-ins-Land“ des Breisgau-Geschichtsvereins, hauptsächlich von Professor Hermann Brommer und Pfarrer Manfred Hermann verfasst. Insbesondere Brommer hat sich intensiv mit Johann Pfunner
beschäftigt und hätte – wie er selbst sagte – gerne eine zusammenfassende Darstellung über dessen Lebenswerk geschrieben, was ihm jedoch aufgrund seines Alters und Todes nicht mehr vergönnt war. Brommers gesammelte Informationen und Unterlagen bildeten die Basis zu weiteren Nachforschungen über Johann Pfunner. Dennoch sollte es Jahre dauern bis das Gesamtwerk des Künstlers erstmals umfassend ermittelt, fotografiert, beschrieben, chronologisch geordnet und interpretiert werden konnte. Die vorliegende Kurzfassung präsentiert die Ergebnisse in Wort und Bild.
Anlässlich der 64. Jahrestagung 2017 der Kommission für geschichtliche Landeskunde
in Baden-Württemberg in Reutlingen befasste sich eine Arbeitsgruppe
mit der Verbindung von Geschlechter- und Landesgeschichte. Die Anwendung
der Kategorie Geschlecht erfordert zunächst zu klären, worin ihre Erklärungskraft
im Allgemeinen und in der Landesgeschichte im Besonderen besteht. Es
ist der Verdienst der Frauengeschichte, die sich in den 1970er Jahren in den USA
und Europa entfaltete, den zuvor überwiegend männlich besetzten Geschichtsraum
mit Frauen angereichert sowie weibliche Handlungsspielräume und
Sichtweisen überhaupt erst sichtbar gemacht zu haben. Natürlich wurde auch
schon zuvor über einzelne Frauen, vorzugsweise Angehörige der Dynastien, geforscht
und geschrieben. Doch in der Regel waren es männliche Autoren, deren
Frauenbild die Darstellung ihrer Protagonistinnen sichtlich einfärbte. Erkennbar
wurde erst mit der Frauengeschichte, dass das, was man dachte und wie man
handelte, in der Regel nicht alle, sondern eben zumeist auch nur Mann betraf.
Es ist meistens Zufall, wenn sich Angaben darüber finden, wann in den einzelnen Orten die Reformation eingeführt wurde. Aber bereits 1522 und noch mehr 1523 beklagte sich das Domkapitel allenthalben über Zehntverweigerungen, die zwar mit der neuen Lehre nichts zu tun hatten, aber doch ein Zeichen dafür sind, wie viele Menschen sich bereits innerlich von der alten Kirche getrennt hatten. Wie die Verhältnisse in dieser Hinsicht in jenen Jahren in Wössingen waren, ist nicht bekannt. Wir wissen, dass die Wössinger sich am Bauernkrieg beteiligt hatten, denn der Markgraf hat 1527 von ihnen „der burischen aufrurhalben 200 fl begehrt." Das Domkapitel wollte dies verhindern und nahm die Wössinger wieder in Gnaden auf, hat ihnen also ihre Beteiligung am Bauernkrieg verziehen.
An der ehemaligen badisch-württembergischen Landesgrenze im oberen Kinzig- und Schiltachtal rumort noch immer eine
vor mehr als anderthalb Jahrhunderten getroffene verkehrspolitische Entscheidung, sowohl in den Köpfen wie in der lokalen Presse und Geschichtsschreibung. Es ging und geht um die günstigste Linienführung der vom Großherzogtum Baden in den 1860er Jahren geplanten Schwarzwaldbahn, genauer: wie sie aus dem Kinzigtal über das wie ein Sperrriegel ansteigende
Gebirge nach Villingen geführt werden sollte.
Geschichte vor Gericht?
(2018)
Die jüngsten Anklagen zu Verbrechen des Nationalsozialismus haben die Staatsanwaltschaften in Dortmund und Frankfurt vor wenigen Monaten bekannt gegeben. Das jüngste Urteil zu Verbrechen des Nationalsozialismus stammt aus dem Jahr 2016: Das Landgericht Detmold verurteilt im Juni den früheren SS-Wachmann Hanning wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 170 000 Fällen im Konzentrationslager Auschwitz. 70 Jahre zuvor, im Herbst 1946, sprach der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg sein Urteil gegen die Hauptkriegsverbrecher. Der Prozess war einer der ersten, mit denen Verbrechen der Nationalsozialisten mit den Mitteln des Strafrechts geahndet wurden. In den Jahrzehnten dazwischen antworten die Besatzungsmächte in den vier Zonen, ausländische Staaten, die Bundesrepublik Deutschland und die DDR auf unterschiedliche Weise auf die Gewaltverbrechen der Nationalsozialisten und ihrer Helfer.
Die Nephrologie, die sich mit der Diagnostik, Therapie und Prävention von Nieren- und Hochdruckkrankheiten befasst, ist eine relativ junge Disziplin innerhalb der Inneren Medizin. Zu den Aufgaben der Nephrologie gehört insbesondere die
Durchführung extrakorporaler Blutreinigungsverfahren (Dialyse), um den Verlust der Organfunktion bei chronischem und akutem Nierenversagen ersetzen zu können. Der erste Dialyseversuch am Menschen wurde bereits 1924 von Georg Haas in
Gießen durchgeführt. Allerdings war die Behandlungsdauer nur sehr kurz und der Patient überlebte nicht lange. Es dauerte viele weitere Jahre bis sich durch technische Weiterentwicklungen der künstlichen Niere (Dialysemembran), Etablierung
von OP-Techniken für Gefäßzugänge („Shunt“) und Optimierung der Dialysemaschinentechnik die Hämodialyse als etabliertes, routinemäßiges Verfahren in der Therapie von Patienten mit Nierenversagen durchsetzen konnte.
Bei der Frage von Pfarrer Markus Wittig, welche Frau im 20. Jahrhundert als eine Reformatorin der Moderne gelten könne, kam mir vor einigen Monaten direkt Gerta Scharffenorth in den Sinn. Was braucht es, um als Reformatorin der Moderne zu
gelten? Der Titel der Vortragsreihe bringt es auf den Punkt: neue Impulse in Kirche und Theologie. Gerta Scharffenorth hat in ihrem langen Leben ihre Erfahrung, ihren Glauben und ihre Theologie miteinander verwoben und dies auf nachhaltig wirksame Weise in der Kirche fruchtbar gemacht. Nicht umsonst wurde sie als erste Frau in den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland gewählt. Sie hat die längste Zeit ihres Lebens in Heidelberg gelebt und war dem Theologischen Studienhaus Heidelberg eng verbunden. Auch deswegen, weil das nach ihrer Ankunft in Heidelberg nach dem Ende des Krieges ihre erste Arbeitsstelle war. Wer war diese beherzte und mutige Kirchenfrau des 20. Jahrhunderts, die vor fast auf den Tag genau drei Jahren kurz vor ihrem 103. Geburtstag starb? Lassen Sie mich mit zwei Schlaglichtern beginnen: Als Gerta Scharffenorth ihren 100. Geburtstag mit einem Empfang im Gemeindehaus in Heidelberg-Schlierbach beging, versammelte sich ein bunter Reigen eindrücklicher Gratulantinnen und Gratulanten. Mit Wolfgang Huber und Klaus Engelhardt waren gleich zwei ehemalige Ratsvorsitzende der EKD anwesend. Auf einen bewegenden Gottesdienst folgte eine Reihe von Grußworten – sieben an der Zahl. Jedes ein Zeugnis von den nachhaltigen Spuren, die Gerta Scharffenorth während ihres langen Lebens gelegt hatte. Am Ende dieses Reigens stand die Jubilarin auf und ging selbst ans Mikrofon.
Ohne Manuskript. Mit Klarheit und Charme ging sie auf jedes der Grußworte ein, substantiell, treffend und gewitzt. Am Ende schloss sie nachdenklich, dankbar und schmunzelnd: Jetzt bin ich also 100. Was das bedeutet, kann ich selbst am allerwenigsten fassen. Dass ich einmal so alt würde, hätte ich nie gedacht […]. Das hat mich seinerzeit sehr beeindruckt.
Das Großherzogtum Baden war im Jahrzehnt nach der Revolution von 1848 dabei, sich zum „Reaktionsstaat par excellence“ zu entwickeln. Die Wende zum „liberalen Musterländle“ zeigte sich aber 1859, als das Parlament die Konvention mit der römischen Kurie ablehnte. Die Erinnerung an die Reformversuche des letzten ordentlich gewählten Bischofs des aufgelösten Bistums Konstanz, Ignaz Heinrich von Wessenberg, war immer noch lebendig. Konfessionsübergreifend lehnten liberale Protestanten, Katholiken und Juden 1859 das Konkordat, das die bisherige Regierung mit dem römischen Papst verhandelt hatte, ab. Die neue von Großherzog Friedrich berufene Regierung ordnete das Verhältnis von Kirche und Staat neu. Sie stellte das gesamte Schulwesen unter staatliche Aufsicht. Damit wurde die Aufsicht der Ortspfarrer über die örtlichen Volksschulen beendet. Dagegen opponierte vor allem der katholische Klerus, an der Spitze der Freiburger Erzbischof. Auseinandersetzungen, ausgetragen in Zeitungsartikeln, Flugblättern, Eingaben, Versammlungen, nicht zuletzt in Predigten und Hirtenbriefen, waren auch in Heidelberg die Folge.
Im Zug der Schulreform der 1860er Jahre erließ die Regierung des Großherzogtums Baden am 8. März 1868 ein Gesetz den Elementarunterricht betreffend, mit dem die freiwillige Vereinigung der örtlichen Konfessionsschulen zu konfessionell gemischten Gemeinschaftsschulen geregelt wurde. Die Schulreform wurde von den badischen Protestanten begrüßt, während der Freiburger Erzbischof sie mit seinen konservativen Gefolgsleuten, den „Ultramontanen“ bzw. „Klerikalen“ bekämpfte. Liberale Katholiken befürworteten die Reform. Leimen gehörte zu den ersten Gemeinden, die eine
Gemeinschaftsschule einführten. Hier waren die Umstände dafür besonders günstig. Seit 1837 war die politische Gemeinde von der vorgesetzten Behörde aufgefordert worden, das katholische Schulhaus neu zu bauen. Das gab 1841 den Anstoß zum Kauf des Seligmannschen Hauses, in dem a) sämmliche Schulen, b) die Lehrer mit ihren Wohnbedürfnissen und c) die Gemeinde mit Versammlungs-Zimmer und Registratur untergebracht wurden. Die Amtsräume der Gemeinde befanden sich hauptsächlich im Ostteil des ersten Stockes. Im Erdgeschoss fanden zwei Schulräume Platz und in den restlichen Räumen wurden Lehrerwohnungen eingerichtet. Das Zusammenleben von Lehrern und Schülern unter einem Dach hatte im Lauf der nächsten zweieinhalb Jahrzehnte offenbar zur Folge, dass gegenseitige konfessionelle Vorurteile abgebaut wurden.
Gib das Beste an Denken, Wissen und Arbeiten, […] warmes menschliches Empfinden
und Verstehen! […] Alle Frauenarbeit […] sollte in diesem Gedanken
wurzeln, denn es [sind] Teile des Besten und Reichsten, was weibliches Menschentum
dem Dasein zu geben hat.
Diese Aufforderung, die sich auf die Mitarbeit von Frauen im weiten Feld der
Sozialen Arbeit bezieht, würde die geneigte Leserschaft heutzutage vermutlich
schwerlich einer progressiven feministischen Öffentlichkeitsarbeit zuordnen.
Doch entstammen diese Worte aus dem Jahr 1907 tatsächlich einer emanzipativ
gesinnten Zeitungsrubrik namens Beiträge zur Frauenfrage, die von Seiten der
bürgerlichen Frauenbewegung bestückt wurde und einmal wöchentlich im
Mannheimer General-Anzeiger erschien, um über den Status quo der angestrebten
Gleichberechtigung von Frau und Mann vor Ort sowie im In- und Ausland zu informieren.
Diese Geschichte handelt nicht von der Schönheit eines Gartens oder vom Nutzen eines Biotops. Ihr Thema ist das genaue Gegenteil. Sie beschreibt den Verlust von beidem und versucht zu verstehen, warum in diesem Fall Garten und Biotop an Bedeutung und Wert verloren und nach und nach einem Baugebiet Platz gemacht haben. Sie führt zurück in die unmittelbare Nachkriegszeit, als die Menschen ihren Alltag neu ordnen mussten und als Kriegsheimkehrer und Flüchtlinge die Ortsansässigen vor große Herausforderungen stellten. Diese Geschichte spielt in Reichenbach: damals ein überschaubarer
Ort, heute eine immer beliebter werdende und wachsende Wohnstätte am Rande der Stadt.
Freud und Leid
(2018)
In der kleinen Gemeinde Freudental im Stromberg steht am südlichen Dorfrand das Schloss der Gräfin Christina Wilhelmina von Würben, besser bekannt unter ihrem Geburtsnamen von Grävenitz. Als langjährige Mätresse Herzog Eberhard Ludwigs von Württemberg ging sie unter zweifelhaftem Ruf in die Geschichte ein, noch heute als »Landesverderberin« verkannt. Für den Ort Freudental war sie aber als Bauherrin des heutigen Schlosses von großer Bedeutung. Die dreiflügelige Gebäudegruppe umfasst einen schmalen Ehrenhof und steht an der Stelle des ehemaligen Unteren Schlosses. Die Anlage besteht aus dem 1729/31 erbauten neuen Schlossgebäude mit seinem markanten Mansardwalmdach, dem nordwestlich anstoßenden Kavaliersbau und den nordöstlich schräg stehenden Ökonomiebauten. Nach Süden schließt der rechteckige Schlossgarten an, der sich heute überwiegend in Form eines englischen Landschaftsparks präsentiert. Die Strukturen seiner barockzeitlichen Entstehung sind aber noch immer ablesbar. Jenseits des Parks führt eine Allee über Bietigheim nach
Ludwigsburg. Daraus resultiert, dass die Gartenseite und nicht der Ehrenhof als Zufahrt und Haupteingang zum Gebäude angelegt ist.
Im mittelbadischen Raum sowie im angrenzenden Elsass, vor allem in Straßburg, und im angrenzenden Württemberg, hier
sei vor allem Freudenstadt genannt, bestanden bzw. bestehen zahlreiche, traditionsreiche Freimaurerlogen. Sie sind sich meist seit Jahrzehnten über Landesgrenzen hinweg treu verbunden. So pflegt zum Beispiel die Lahrer Freimaurerloge „Allvater zum freien Gedanken“, welche in diesem Jahr ihr 150-jähriges Stiftungsfest feiert, (seit einigen Jahren wieder) regelmäßigen Austausch mit den Logenbrüdern von Zürich. Traditionell sind im badischen Raum die Logen in Baden-Baden, Freiburg, Karlsruhe und Lahr, aber auch Freudenstadt, stets in lebhaftem Austausch.
„Drei Töchter kann man verheiraten, die anderen sollen ins Kloster gehen", wird Otto I. von Mosbach (reg. 1410-1461) zitiert – konnte doch mehrfache Ausgabe standesgemäßer Mitgift die Stammfamilie gefährden. Die Aufnahme in ein Kloster war ehrenhaft für Person und Familie – Verhandlungssache – und ohnehin stand jede ledige Frau in der Munt des Familienpräses. Dass sich Frauen ins Kloster gesehnt hätten, weil sie dort, und nur dort, die Kulturtechniken lesen, schreiben, rechnen lernen konnten, ist ein Postulat, das für die Frauenklöster der Region jedenfalls nicht bezeugt ist.
Frauen der Illenau
(2018)
Die Acherner kennen die Geschichte ihrer Illenau, schließlich galt sie lange Zeit als eine der fortschrittlichsten Heil- und Pflegeanstalten Deutschlands. Sie wurde 1842 bei Achern als Zufluchtsort geistig kranker und nervlich angeschlagener Menschen eröffnet. Im Kapitel „Die Lage der Geisteskranken“ wird aufgezeigt, wie mit Menschen vor dem 19. Jahrhundert umgegangen wurde, die eine Geisteskrankheit aufwiesen, beziehungsweise wie sie behandelt wurden, wenn sie nicht ganz dicht waren. In der Illenau wurden diese Menschen als Menschen behandelt und nicht wie Tiere weggesperrt. Dies war einer der Gründe, warum die Illenau zu einer international anerkannten Einrichtung wurde.
1984 wurde an der Rheinschiene ab Klasse 3 mit Französisch begonnen. Im Schuljahr 2003/04
führte Baden-Württemberg als erstes Bundesland das frühe Fremdsprachenlernen ab der
1. Klasse ein. Der aktuelle Plan des Kultusministeriums sieht vor, ab dem Schuljahr 2018/19
den Fremdsprachenunterricht um zwei Jahre zu verkürzen. Das bedeutet: Die eingeschulten
Grundschüler werden nach 15 Jahren frühem Fremdsprachenbeginn nicht mehr Französisch
in Klasse 1 und 2 lernen können. Somit steht ab dem Schuljahr 2020/21 die Fremdsprache erst
wieder ab Klasse 3 auf dem Stundenplan. Wie es zu dieser umstrittenen Entscheidung kommen
konnte, soll hier im Einzelnen erläutert werden. Ein Blick zurück wird dabei behilflich sein.
Flusspferde am Oberrhein
(2018)
Wie alle großen Kraichgauer Adelsfamilien bildeten sich auch bei den Helmstatt Linien heraus: Haupt- und Seitenlinien, kurzlebige und mit männlichen Erbenreich gesegnete, in Helmstadt, in Neckarbischofsheim, in Grambach u.a. – und damit sind die Linien in Lothringen noch gar nicht genannt. Auch die alte Neckarbischofsheimer Linie wurde schließlich im 18. Jahrhundert von Verwandten aus Oberöwisheim beerbt. Trotzdem bildete das „Steinhaus" in Neckarbischofsheim mindestens seit dem 15. Jahrhundert den Bezugspunkt für alle Linien, denn hier schloss man für die Ganerbenburg die Burgfrieden und hier lag das gemeinsame Archiv. Die gemein brieff, die wichtigen Urkunden, sollten nach der Stammeseinung von 1458 hier im Gewölbe verwahrt werden. Spätestens seit 1752 gab es hier auch einen gemeinschaftlichen Archivar, der z.B. die Lothringer Linie des Hauses – die immer erbberechtigt blieb - bei Bedarf mit Urkundenabschriften versorgte. So brachte die Lothringer Familie auch ihr Archiv in den Kraichgau mit, als sie vor der Revolution in Frankreich floh. An dieser Stelle setzte nun eine Art Parallelgeschichte für das Helmstatt-Archiv ein, eine Kette des Missgeschicks, die eine doch an sich ruhige Archivgeschichte bis
ins 20. Jahrhundert begleiten sollte. Die Lothringer Familie verlor wohl auf der Flucht eine oder mehrere Kisten mit Schriftgut.
Die am 22. August 1818 erlassene badische Verfassung wird mit einigem Recht als die freiheitlichste des deutschen Frühkonstitutionalismus bezeichnet. Sie war Voraussetzung für eine Entwicklung, die Baden zu dem Land werden ließ, in dem im 19. Jahrhundert liberales und demokratisches Gedankengut schnell und nachhaltig Fuß fassen konnte. Heute gültige demokratische Normen formulierten seinerzeit die Abgeordneten im Badischen Ständehaus erstmals hier in Karlsruhe, von wo sie in die anderen deutschen Länder wirkten.
Eine etwas vernachlässigte Quelle, die Auseinandersetzung mit der Zeit vor der
Reformation betreffend, hat uns der Zürcher Chorherr Felix Hemmerli (1388–
1458) hinterlassen, der zu den eher unterbewerteten Literaten des 15. Jahrhunderts
gehört. Erst in jüngster Zeit wurde eine sich auf Archivstudien stützende,
modernen Ansprüchen genügende Studie zu seiner Person vorgelegt. Von Sebastian
Brant rezipiert, sind drei Inkunabeldrucke (bzw. über 450 Exemplare)
der Hauptwerke Hemmerlis bekannt, der mit rund 40 Schriften unter den Autoren
seiner Generation quantitativ hervorragt, wobei er für die Mentalitätsgeschichte
der Geistlichkeit, des Adels und des Landvolks in Schwaben gleichermaßen
wie für kirchenrechtliche und kulturgeschichtliche Fragen (etwa für das
Bäderwesen) von Interesse ist.
Eugen Bolz 1881–1945
(2018)
Eugen Bolz war ein gläubiger Katholik und überzeugter Parlamentarier. Bereits im Januar 1912 wurde er mit gerade einmal 31 Jahren in den Reichstag gewählt. Ende desselben Jahres schickten ihn die Zentrumswähler als ihren Vertreter auch in den Halbmondsaal, den württembergischen Landtag in Stuttgart. Allerdings konnte er zunächst keine große parlamentarische Aktivität entwickeln, da bereits am 1. August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach.
Dem Zeller Stadt-Archiv wurde vor einiger Zeit von privater Seite eine Akte mit dem Schriftverkehr über eine Vormundschaft in Zell-Oberentersbach übergeben. Vormundschaften gibt es bis heute und wird es auch künftig geben. Immer wieder sind Personen auf diese Unterstützung angewiesen. Der Begriff „Vormund“ wurde allerdings in jüngster Zeit durch den Begriff
„Gesetzlicher Betreuer“ ersetzt, und statt von einem „Mündel“ spricht man heute von einem „Betreuten“.
Ernst Leube
(2018)
Betritt man Ludwigsburgs »Alten Friedhof« vom Eingang an der Schorndorfer Straße aus, stößt man 20 Schritte hinter der alten neogotischen Friedhofskapelle – heute Mahnmal für die Toten des Zweiten Weltkriegs – auf eine Familiengruft. Drei Grabsteine stehen in Nord-Süd-Ausrichtung nebeneinander, deren Zusammengehörigkeit durch eine gemeinsame, mit Efeu überwucherte Umfriedung erkennbar ist. Im »Verzeichnis der Begräbnis-Plätze für Erwachsene auf dem Friedhof in Ludwigsburg vom 19.11.1870 an« ist die Lage der Gruft mit »Feld A, Reihe III« bezeichnet. Links auf der Gruft sieht man die von einem antikisierenden Henkelpokal gekrönte Grabstele von Luise Leube, welche die Inschrift »Luise Leube/geb. Dieterich/Witwe des/Oberst Max von Leube/*6. Oct. 1816/† 3. März 1905/in Ulm« trägt. Rechts auf der Gruft steht ein schlichtes, hohes Kreuz auf einem quaderförmigen Unterbau. Auf einer hellen Platte am Sockel liest man: »Marie Leube/geb. den 28. September 1840/gestorben den 12. Juli 1861«. Neben dem Grab Marie Leubes sieht man eine kleine, etwa 50 cm hohe, auf dem Boden liegende, mit Moos überwucherte Steinplatte. Kratzt man das Moos behutsam ab, liest man auf dem Stein den Namen »Adolph« ohne weitere Angaben zum Geburts- oder Todestag.
Erinnern und Gedenken
(2018)
Geschichtsunterricht ist idealerweise quellenbasiert. Lässt sich doch nur aus Quellen lernen, was die Zeitgeschichte ausmacht und was unsere Identität bis heute nachhaltig prägt. In der 9. Klasse des Gymnasiums ist die NS-Zeit Pflichtprogramm. Dieses Thema kann fächerübergreifend unter Einbezug von Religion, Kunst und Musik unterrichtet werden. So wird die Gleichschaltung des gesamten Alltags im Nationalsozialismus deutlich. In Gemeinschaftskunde der 9. Klasse bezieht sich der Bereich „Recht und Gesetz“ darauf. Da das NS-Regime Gesetzesänderungen auf dem Boden
der Verfassung vollzog, wirft dies vor allem aus heutiger Sicht die Frage auf, ob das, was auf dem Boden des Gesetzes geschieht, auch immer „Recht“ ist.
In einer Zeit, die bald ohne Zeitzeugen sein wird, die uns das Geschehene vor Augen führen, muss verstärkt daran gearbeitet werden, die Erinnerungskultur am Leben zu erhalten. Dabei sind Ansätze gefragt, die unsere schnelllebige Zeit überdauern und dem raschen Konsum von Bildern trotzen. Da Quellen alleine mitunter nicht für sich sprechen, ist die intensive Beschäftigung mit einem Projekt eine Möglichkeit, Nachhaltigkeit zu schaffen.
Erhalten oder verändern?
(2018)
In den Jahren 2011/12 wurde im Zuge der Innenrenovierung der Friedenskirche von 1910 in Heidelberg-Handschuhsheim deren Innenraum umgestaltet: Eingebaut wurde eine große, unregelmäßige Stufenanlage aus weißem Stein, die bei Chorkonzerten durch zusätzliche Podeste aus Holz ausgeglichen und ergänzt werden muss. Nach der Umgestaltung folgen nun der alte Taufstein von 1910, ein moderner dunkler Altar aus Bronze, ein Ambo aus gleichem Material als Kanzel und die Orgelempore als Prinzipalien in einer Linie hintereinander. Auch der ursprüngliche Kirchenraum hatte in noch strengerer Weise eine Architekturkonzeption entsprechend dem sogenannten Wiesbadener Programm von 1891/92 aufgewiesen. Die jetzige Neugestaltung war auf der einen Seite innerhalb der Kirchengemeinde sehr umstritten, wurde andererseits aber mit zwei Architekturpreisen ausgezeichnet. ‒ Die noch konsequenter nach dem Wiesbadener Programm im Jugendstil erbaute Lutherkirche von 1907 in der Karlsruher Oststadt wurde von April 2017 bis zum Sommer 2018 ebenfalls renoviert, richtiger: saniert, jedoch nicht umgestaltet, sondern in ihrer ursprünglichen Raumgestaltung erhalten. Die „Innneraumsanierung“
wurde durch die Denkmalstiftung Baden-Württemberg finanziell gefördert.
Seit der Gründung des Arbeitskreises Genealogie im Heimatverein Kraichgau in Weingarten im Jahre 1991 hatte Emil Schumacher dessen Leitung inne, ehe er sie nach 22 Jahren gesundheitshalber im Jahr 2013 abgab. Für die vierteljährlich einmal in Rohrbach / Sinsheim stattfindende Arbeitssitzung legte er zusammen mit den Teilnehmern die Themen fest, besorgte die Referenten und leitete die Sitzungen. Wenn die Zahl der Teilnehmer über all diese Jahre hinweg sich in der Regel zwischen 20 und 25 bewegte, ist dies ein Zeichen dafür, dass er seine Arbeit zu ihrer großen Zufriedenheit erledigte.
In den Jahresbänden 2015 und 2016 der Ortenau haben wir schon über unsere Nachforschungen, den Klerus der Diözese
Straßburg und natürlich auch der Ortenau betreffend, gesprochen, sodass wir ohne weitere Angaben die chronologische
Folge der Priester darstellen können. Die meisten waren schon bekannt; andere wieder erscheinen hier zum ersten Mal.
Schutterwald war der Pfarrei Hofweier bis zur Gründung einer eigenen Pfarrei, mit dem H. Jakobus als Kirchenpatron, unterstellt.
Augustin Bea (*1881), Kardinal aus der Gesellschaft Jesu, starb am 16. November 1968 in Rom. Ebendort war ich wenige Wochen zuvor, am 2. Oktober, für die Diözese Aachen in das „Pontificium Collegium Germanicum et Hungaricum“ („Päpstliches Deutsch-Ungarisches Kolleg“) aufgenommen worden. Ich stand also ganz am Anfang meiner römischen Erfahrungen, als ich mich am Vormittag des 19. November zusammen mit anderen Germanikern auf den Weg nach Sankt Peter machte, um dort an dem Requiem für Kardinal Bea teilzunehmen.
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat anlässlich des 200. Jubiläums der Badischen Verfassung eine Ausstellung im Generallandesarchiv Karlsruhe unter dem Titel »Demokratie wagen? Baden 1818–1919« ausgerichtet und einen entsprechenden Begleitband herausgebracht. Ausstellung und Begleitband entwickeln einen »Gang durch die badische Demokratiegeschichte« unter den Aspekten der politischen Partizipation der badischen Bevölkerung und der Durchsetzung und Geltung allgemeiner Bürger- und Menschenrechte. Ausstellung und Begleitband verstehen sich als historisch-politischer Beitrag zur Bildungsarbeit des Landearchivs. Unmittelbarer Anlass sind die aktuellen Gefährdungen der Demokratie
und der individuellen Freiheitsrechte.
Obwohl biografisch-kunsthistorisch gut dokumentiert, birgt der Heidelberger Bergfriedhof versteckte Details, die sich erst nach vielfachem Hinschauen offenbaren und nach einigen Recherchen ihre Geschichte erzählen. Im Gräberfeld O steht ein Grabstein, ringsum mit Ornamenten des Historismus verziert, der aber eine erst 1939 angelegte Grabstelle markiert. Die Rückseite führt dann in ein anderes Jahrhundert. Zu sehen ist das Porträt eines Verbindungsstudenten, darunter die Inschrift: „August Stöpel / cand. rer. nat. / 1858−1881 / Gest. in Göttingen“.
Die am Landgericht in Mannheim A 1, 2–3 angebrachte Stadtpunkte-Tafel soll an Friedrich
Engelhorn erinnern, der dort ein 1961 abgerissenes Palais errichtet hatte. Die vom Mannheimer
Institut für Stadtgeschichte gestaltete Tafel wird allerdings Engelhorn nicht gerecht. Neben
diversen eklatanten Fehlern sind vor allem negative Wertungen aneinandergereiht, während
wichtige Fakten aus seinem Leben und nicht zuletzt zum Wohle Mannheims verschwiegen
werden. Trotzdem erfolgte bisher keine Korrektur.
Ein Park auf dem Geisberg
(2018)
„Ein Park auf dem Geisberg? Noch nie gehört!“ Stimmt! Der Park ist längst untergegangen, wenn auch die Anlage, auf der er sich befand bis heute erkenntlich ist durch die Terrassierung und durch die bis vor einigen Jahren noch vollständige Ummauerung. Zwar darf man sich den Park nicht als einen Landschaftspark vorstellen, vielmehr ist er eine kleine private Anlage. Vielleicht eher bekannt ist dem einen oder anderen der Älteren unter den Lesern die „Wirtschaft zum Waldhof“. Sie existierte bis Ende der 60er Jahre und wurde von Geisberg-Wanderern und von den Bewohnern des Tals gern aufgesucht. Die Wirtschaft befand sich allerdings nicht auf dem Gipfel des Geisbergs, sondern an seiner Ostflanke; genauer gesagt im Harmersbachtal, das bei den Höhenhäusern beginnt und sich hinunter nach Welschensteinach erstreckt. Das Gebäude der „Wirtschaft zum Waldhof“, das gegenüber liegende ehemalige Herrenhaus und das ehemalige Leibgeding Haus sowie mehrere Ökonomiegebäude gehörten einst zum „Hofgut Waldhof“.
Ein gärtnerisches Kleinod
(2018)
Die im Ottenheimer Gewann „Hundelgrün“ am südwestlichen Dorfende angelegte Streuobstwiese sowie der Lehr- und Versuchsgarten des Schwanauer Obst- und Gartenbauvereins sind nicht nur ein gärtnerisches Kleinod, sondern auch eine einzigartige Einrichtung im gesamten Ried. Denn die inmitten der Ottenheimer Schrebergartenkolonie gelegene Anlage birgt viele kleingärtnerische Schätze. Zum einen stehen auf der im Dezember 1994 angelegten Streuobstwiese rund 50 Obstbäume mit alten, anderenorts bereits längst verschwundenen Apfel- und Birnensorten. Und in dem direkt neben der Streuobstwiese angelegten Lehrgarten wird die reiche Vergangenheit der Gemüselandschaft im Ried wieder lebendig. Gemeinsam mit dem im östlichen Bereich angrenzenden Teil eines ehemaligen Altrheinschluts bildet die Gesamtanlage ein wichtiges Kleinbiotop und somit auch ein Rückzugsgebiet für diverse Tier- und Pflanzenarten.
Der im Schwarzwald geborene Erwin Mülhaupt (1905‒1996) hat von seinen mehr als 90 Lebensjahren, von kurzen vorübergehenden Arbeitsaufträgen vorher und nachher abgesehen, nur zehn Jahre, und zwar von 1933 bis 1943, als Pfarrer in einer Gemeinde verbracht: als Pfarrer des Kirchspiels Haag im Kirchenbezirk Neckargemünd mit den drei Filialen Schönbrunn, Moosbrunn und Allemühl und mit drei Kirchen. Mehr als doppelt so lange, nämlich 21 Jahre, von 1949 bis 1970, war Mülhaupt Professor für Kirchengeschichte an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal. Es liegen drei verschieden lange autobiographische Texte von ihm vor: ein kurzer von 1949, verfasst zum Dienstantritt in Wuppertal; ein langer von 1975 als Rückblick auf 50 Jahre theologische Existenz; und ein aus Anlass der Diamantenen Hochzeit geschriebener von 1993.
Dreipfeil gegen Hakenkreuz
(2018)
Dr. Günther Wüst
(2018)
Alte Sprachen also. Der Schuldienst in Mannheim (1963-1979) schloß gelegentlich fachfremden Unterricht in Biologie,
Erdkunde, Geschichte, Religion, Musik und Sport bis zur Oberstufe nicht aus – ein breites Spektrum, das sich in späteren ehrenamtlichen Engagements des Geehrten wiederfindet. Die Bestallung (1979) zum Regierungsschuldirektor am Oberschulamt Karlsruhe als Referent für alte Sprachen endete 1984 mit der Berufung zum Direktor des neugegründeten Gymnasiums Neckargemünd und ergab 1992 die Initiative - ein markantes Stichwort in dieser vita – zur Gründung des Gymnasiums Bammental. Einbindung ins Gemeindeleben blieb nicht aus. Schon 1969, fast gleichzeitig
mit dem Dirigat des kath. Kirchenchors Wiesenbach übernahm Günther Wüst die Berichterstattung über Ereignisse in
Bammental für die Rhein-Neckar-Zeitung, 1969 den Vorsitz des kath. Kirchengemeinderates Wiesenbach. Der Aufbau der Heimatmuseen in Bammental und Wiesenbach 1983/86 forderte seine Mitarbeit. Aus dem engen Kontakt mit Kommunen und Vereinen entwickelte sich intensives
Interesse an der Orts- und Regionalgeschichte. Das Resultat: Eine große Zahl an Broschüren, Aufsätzen in Schriftenreihen und viele Bücher.
Dr. Franz Lipp (1855–1937): Außenminister der Münchner Räterepublik 1919 mit Gengenbacher Wurzeln
(2018)
Gengenbach, das friedliche Idyll im Schwarzwald, bot einst der Witwe von Kurt Eisner, dem ermordeten Ministerpräsidenten
der Münchner Republik, Asyl im „Haus an der Stirn“. Rohtraud Weckerle-Geck, die Tochter des Offenburger Publizisten und früheren SPD-Reichstagsabgeordneten Adolf Geck, hat über die Geschichte dieser solidarischen Flüchtlingshilfe geschrieben: „Im Jahr 1919 hatte mein Vater der Witwe von Kurt Eisner in Gengenbach ein Wohngrundstück besorgt. Er tat dies als Freund des Vaters von Frau Eisner, Herrn Josef Belli, mit dem er die Sozialistengesetz-Zeit durchgekämpft hatte. Das Haus in Gengenbach ging im Dritten Reich wie üblich an einen Nazi über, der trotz aller Bemühungen der Erbengemeinschaft Eisner, insbesondere der in einer Ecke darin hausenden Tochter Freya, nach vielen Prozeßgängen erst Ende Oktober 1960 das Haus verließ unter Hinterlassung von über 1000 DM Mietrückstand […]“
Dr. Arnold Scheuerbrandt
(2018)
Der Vater war gefallen, die Mutter kam mit Sohn und Tochter aus Berlin in den Kraichgau. Zuwanderer. Und Siedlungsgeschichte mit allen Aspekten sollte Arnold Scheuerbrandts Lebensthema werden. Er studierte Geographie in Heidelberg, promovierte am Institut für Geographie und blieb dort als Dozent. Seine besondere Freude waren die großen internationalen Exkursionen in den Sommerferien, die seine Frau (Fachfrau) mit betreute. Vorweggenommen sei der Abschied aus dem Institut: Arnold Scheuerbrandt und der gleichzeitig emeritierte Dr. Horst Eichler boten eine Party für jeden, der jemals eine Lehrveranstaltung der beiden Wissenschaftler besucht hatte. Zweihundert kamen. Im Heimatverein Kraichgau übernahm Arnold Scheuerbrandt Vorträge, Exkursionen und in der Reihe der Veröffentlichungen die Verantwortung für die „blauen Bände" 10/1989 -16/1999, war damit auch Mitglied des Vorstandes. Gesundheitliche Gründe bedingten inzwischen den weitgehenden Rückzug auch vom Bad Rappenauer Heimatboten.
Doppelt genäht hält besser
(2018)
Er hätte sicher ebenso fruchtbar für seine Geburtsregion Bauland wirken können oder wohin immer ihn sein Lebensweg geführt hätte, doch da seine Ehefrau aus Eppingen stammte und er dort eine Anstellung an der später nicht zuletzt auf seine Anregung hin Hartmanni-Gymnasium genannten "Vollanstalt" erhielt, profitierten eben Eppingen und der Kraichgau von Bernd Röckers Schaffensdrang.
Dokumente der Familie Rohan
(2018)
Mitglieder der Familie Rohan emigrierten im Verlauf der französischen Revolution von 1789 in das Ausland und lebten schließlich in Österreich, zu dem damals auch das Land Böhmen gehörte. Dort erwarben sie Grundbesitz, darunter im Jahr 1820 die Herrschaft Swijany mit dem Schloss Sychrov (bei Reichenberg). Die emigrierten Rohans, von denen heute noch viele Nachkommen weit verstreut in Europa leben, können als nächste Verwandte des am 16. Februar 1803 in Ettenheim verstorbenen Kardinals Louis de Rohan gelten. Insbesondere Fürst Camille von Rohan (1801-1892) interessierte sich sehr stark für die Familiengeschichte. Unter ihm und seinem Vorgänger Fürst Charles-Alain wurde das Schloss Sychrov umgebaut und sehr stark vergrößert. Es „sollte jedenfalls in erster Linie die große Vergangenheit der Familie, die ausschließlich die Bretagne und Frankreich betraf, heraufbeschwören“, schreibt Inge Rohan in ihrer Veröffentlichung „Schloss Sychrov. Ein neugotisches Denkmal der Familie Rohan“ (Salzburg 1996). Nach der Machtübernahme der Kommunisten im Jahr 1945 musste die Fürstin Margarethe von Rohan mit ihren Kindern Böhmen verlassen. Das Schloss und das Familienarchiv wurden verstaatlicht.
In den Jahren 2010 und 2017 wurden insgesamt vier Geländebegehungen an der Mörburg unternommen. Sie sollten erstmals systematisch Aufschluss über die Geländespuren liefern und über die Oberflächenfunde an Keramik die Laufzeit der Burg bestimmen. Das 725. Jubiläum (1293 ist Schutterwald als Waldstück genannt) und die Jahrestagung des Historischen Vereins für Mittelbaden in Schutterwald geben nun Gelegenheit, die Ergebnisse vorzustellen.
In ganz Europa erfuhr die bruderschaftliche Bewegung ab dem 13., besonders
aber im 14. und 15. Jahrhundert einen Aufschwung. Straßburg stellte keinen
Sonderfall dar – die Zahl der Bruderschaften, gleich welcher Natur, wuchs stetig.
Den ersten Nachweis für eine Handwerksbruderschaft in Straßburg stellt eine
Urkunde über die Bruderschaft der Kürschnergesellen aus dem Jahr 1404 dar.
Danach sind im 15. und 16. Jahrhundert mindestens 25 weitere Handwerksbruderschaften
in der Stadt entstanden – unter ihnen die Bruderschaft der Zimmerleute.
Sie wurde am 29. November 1508 vom Stadtrat zugelassen und gründete
sich am Großen Spital, wo sie einen St. Anna-Altar in der St. Erhardskapelle bauen ließ.
Die theologischen Thesen, die Martin Luther 1518 in Heidelberg vortrug und mit Theologieprofessoren der Universität diskutierte, fanden seit 1520 durch den Druck weite Verbreitung im gesamten Reich und werden bis heute vielfältig als ein Schlüsseltext für seine frühe Theologie rezipiert. Auch der genaue Ablauf der Heidelberger Disputation ist ereignisgeschichtlich in der Forschung bereits mehrfach detailliert untersucht worden. Weniger im Blickpunkt stand dagegen bisher die persönliche Interaktion Luthers mit seinem Heidelberger Publikum und die Wirkung, die er, vermittelt durch diese Zuhörer, im südwestdeutschen Raum entfalten sollte. Luthers Charisma ist vielfältig belegt. Es ist daher anzunehmen, dass er im persönlichen Kontakt stärkere Überzeugungskraft entfalten konnte, als dies durch eine rein schriftliche Vermittlung seiner Theologie möglich gewesen wäre. Diese Möglichkeit zur persönlichen Überzeugung eines südwestdeutschen Publikums sollte sich – abgesehen von dem Verhör Luthers in Worms 1521, bei dem auch zahlreiche Adlige aus dem Südwesten anwesend waren, das aber eine vollkommen andersartige Ausrichtung hatte – später nicht noch einmal bieten: Das Wormser Edikt beschränkte ab 1521 Luthers persönlichen Wirkungskreis auf Kursachsen. Die Heidelberger Disputation war insofern eine einmalige Gelegenheit, um Personen, die später zu Schlüsselfiguren der südwestdeutschen Reformation avancierten, persönlich zu beeindrucken und für seine Ideen zu gewinnen. Neben der Disputation bot der Aufenthalt in Heidelberg zudem Gelegenheit, bei persönlichen Treffen und Abendessen Bekanntschaften zu schließen und Sympathien zu gewinnen: ein Netzwerk, das vermutlich dazu beitrug, Luther eine verlässliche Basis für künftige Kooperationen zu schaffen, die dann über schriftlichen Austausch und durch die Vermittlung Dritter fortgeführt werden konnten.
Das Prinzenschlössle oder Ichtratzheimsche Haus in Ettenheim, aus dem der Herzog von Enghien im Morgengrauen des 15. März 1804 auf Befehl von Napoleon Bonaparte entführt worden war, der Prinzengarten mit dem barocken Gartenhäuschen und die Fensterscheibe im Museum, in die der Herzog für seine Geliebte Charlotte de Rohan-Rochefort ein Gedicht eingraviert hatte - sie halten alle die Erinnerung an den französischen Prinzen wach, der am 21. März 1804 wie vorausgeplant im Schlossgraben von Vincennes bei Paris erschossen wurde. Weitgehend unbekannt und auch in der Heimatliteratur nicht beachtet ist jedoch ein monumentales Ölgemälde im Vorraum zum Bürgersaal. Thema dieses Bildes ist die Verhaftung eines jungen, adligen Mannes durch französische Soldaten. Es ist anzunehmen, dass der Künstler die Entführung des Herzogs von Enghien darstellen wollte.
Das ehemalige Benediktinerkloster St. Trudpert im Münstertal liegt südlich von Freiburg/Breisgau unterhalb des Belchenmassivs. Der Name Münster, ursprünglich von monasterium (Kloster) abgeleitet, wurde der Name des Tals und der untergegangenen Stadt Münster, einer Bergmannsstadt, die aufgrund des Silberabbaus große Bedeutung hatte. Auch das Kloster St. Trudpert hatte hieraus seinen Reichtum bezogen. Die Vögte des Klosters, die Herren von Staufen, mussten Mitte des 14. Jahrhunderts aus Geldnot die Stadt Münster erneut verpfänden, was zum Unmut der Freiburger Bürger führte, die hier Besitz hatten. Sie stürmten die Stadt und zerstörten die Vogtsburg. Der immer weniger rentabel werdende Silberabbau im 16. Jahrhundert, Naturkatastrophen sowie die Ereignisse des Dreißigjährigen Krieges sorgten für den Untergang der Stadt und die Zerstörung des Klosters.
Im Zuge einer Biotopkartierung wurden im Jahr
1999 sieben Standorte auf der Gemarkung Gingen/
Fils (Landkreis Göppingen) mit Bodenfallen beprobt.
Die damit erfassten Insekten, Spinnen und anderen
Arthropoden gelangten an das Staatliche Museum für
Naturkunde in Stuttgart, wo sie nach und nach ausgewertet werden. Die Bearbeitung der Spinnen (Araneae) ist jetzt abgeschlossen, und die Ergebnisse werden hier präsentiert. Insgesamt wurden 479 Spinnen
erfasst, die zu 68 Arten gehören. Die Liste wird ergänzt
durch 50 Nachweise, die über viele Jahre hinweg
durch Zufallsfunde und Sichtbeobachtungen gemacht
wurden. Daraus ergibt sich für die Gemarkung Gingen
eine Artenzahl von 118. Im Atlas der Spinnentiere Europas (Arachnologische Gesellschaft 2018) sind für
das Messtischblatt TK25 Nr. 7324 (Geislingen an der
Steige-West) weitere 57 Spezies verzeichnet, so dass
hier nun aktuell 175 Artnachweise vorliegen. Obwohl
Gingen damit im landesweiten Vergleich gut arachnologisch untersucht ist, kann mit zahlreichen weiteren
Arten gerechnet werden.
Dieser Beitrag bezieht seine Grundlagen aus unterschiedlichen Quellen. Die hier vorgestellte Zusammenfassung wurde im Jahr 2012 und später mit verschiedenen Schwerpunkten den Gaiberger Bürgern präsentiert. Sie war Grundlage eines neuen
Bandes zur Ortsgeschichte, eines großformatigen Kalenders, bis hin zu einem Theaterstück das mit fünf Zeitakten von mehr als 80 Darstellern im Ortszentrum aufgeführt wurde.
Das Jubiläum gab Anlass zu einer Tagung, die unter der Leitung von Präsident Jean Marie Woehrling am 26. Mai 2018 im FEC (Foyer de l’Etudiant Catholique) stattfand. In zahlreichen
Beiträgen und persönlichen Zeugnissen von engagierten Akteuren aus der Politik, dem Verbandswesen, der Kulturszene und dem Bildungsbereich wurde der langjährige Einsatz der Gesellschaft zugunsten der Zweisprachigkeit und der Bewahrung der regionalen Kultur des Elsass gewürdigt. Es wurde nicht nur Bilanz gezogen über das, was in der Vergangenheit – trotz aller Hindernisse und Schwierigkeiten – faktisch erreicht werden konnte, sondern auch Forderungen und Bekenntnisse formuliert, das Engagement auch in Zukunft mit Leidenschaft weiterzuführen.
Ein Blick auf die Gemarkungsgrenzen zeigt, dass der Ort Rohrbach sehr wahrscheinlich wie auch Mühlbach und Sulzfeld als eine frühmittelalterliche Ausbausiedlung von Eppingen entstanden ist. Seinen Name hat der Ort durch seine Lage an einem mit Rohr, also mit Schilf, bewachsenen Bach erhalten. Zur Unterscheidung von anderen Orten gleichen Namens kamen sowohl die Zusatzbezeichnung „bei Eppingen“ als auch „am Gießhübel“ auf. In einer Grenzbeschreibung, die das Stift Odenheim 1727 anfertigen ließ, ist vor und nach der Gießhübelmühle nicht die Elsenz eingezeichnet, sondern ein „Gihsübelgraben“ bzw. „Gihsübelgrabenbach“, und die Äcker gegenüber der Straße nach Rohrbach in Richtung Eppingen werden als „Gihsübeläcker“ bezeichnet. Es scheint so, als wäre in diesem Bereich „Gieshübelgraben“ eine andere Bezeichnung für die Elsenz. Die Bezeichnung könnte sich entweder auf eine kanalisierte Elsenz als Mühlkanal oder auf einen frühmittelalterlichen Bestrafungsort durch Untertauchen beziehen.
Die Ortschaft Ebersweier, im Herzen der Ortenau gelegen, feierte im Jahr 2015 die Ersterwähnung des Ortsnamens, der
800 Jahre zuvor als „Ebirswilre“ dokumentiert wurde. Im Zuge der Gemeindereform vereinigte sich Ebersweier zum 1. Januar
1973 mit der Gemeinde Durbach. Damit erlosch zwar die Gemeinde Ebersweier als selbstständige Gebietskörperschaft,
doch die Ebersweierer blieben auch weiterhin eine lebendige Dorfgemeinschaft. „Die halten zusammen, so werden die Ebersweierer charakterisiert“, konstatierte unlängst Bürgermeister Andreas König. Der besondere Gemeinschaftssinn ist geradezu bezeichnend für den Ort Ebersweier. Dieser Zusammenhalt bewirkte auch, dass das Jubiläumsjahr mit den verschiedenartigsten Veranstaltungen einen tiefen Eindruck hinterlassen hat. Vom großen Festwochenende im Juli 2015 waren auch viele auswärtige Besucher begeistert.
»Kaum ein Zeitalter der deutschen Geschichte, so ist immer wieder geurteilt worden, war in sich bedeutender, brachte tiefergehende Umstürze mit sich und hatte weiterreichende Folgen und Auswirkungen als das Zeitalter der Reformation.« So
schrieb Gerhard Bott 1983 im Ausstellungskatalog anlässlich des 500. Geburtstags von Martin Luther. Denn über Jahrhunderte hinweg war die Kirche der Träger der geistigen Kultur ebenso wie des Sozialwesens, da beides bei ihr angesiedelt
war. Ein sehr weites, immer wieder spannendes Forschungsfeld, das zahlreiche Veranstaltungen im Jubiläumsjahr der Reformation unter verschiedenen Gesichtspunkten beleuchteten. Vorliegender Beitrag spannt den Zeitbogen von ca. 1500 bis
zur beginnenden Einführung der Reformation in Württemberg 1534.
Die Ortenau. – 98 (2018)
(2018)
Die Orangerie in Munzingen
(2018)
Über den Architekten der zum Munzinger Schloss gehörenden, um 1750 erbauten Orangerie ist nichts bekannt. Als Baumeister des »Pflanzenhauses« kommt zwar der Basler Architekt Johann Jakob Fechter in Betracht, der zur gleichen Zeit das Schloss im Rokokostil umgestaltete. Allerdings zeigt die Munzinger Orangerie keine Ähnlichkeit mit den von Fechter konzipierten Orangerien in Basel und Ebnet (das dortige »Pomeranzenhaus« ist bereits im 19. Jahrhundert wieder abgerissen worden), wahrscheinlich ist sie nicht von Fechter entworfen worden.
Die im Stadtarchiv Freiburg vorhandenen Inventarien geben über den Pflanzenbestand der damaligen Orangerie Aufschluss, in der Hauptsache handelte es sich, wie der Name sagt, um
Zitruspflanzen. Die Nutzung des Baus zur Überwinterung der Exoten wurde bis zur Jahrhundertwende 1900 beibehalten. Danach dauerte es über 80 Jahre, bis das zwischenzeitlich
unter Denkmalschutz gestellte Gebäude verkauft und unter Wahrung der orangerietypischen Fassade zu einem Wohnhaus umgebaut wurde. Die Orangerie Munzingen ist das stattlichste, aus dem 18. Jahrhundert stammende Beispiel dieses Bautypus im südlichen Baden, sie weist bereits klassizistische Züge auf.