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Der Ruster „Musikbaron"
(2004)
Nicht sehr schmeichelhaft ist es, was über den „Musikbaron" Franz Friedrich Sigismund August Böcklin von Böcklinsau in der 1812 bis 1814 erschienenen zweiten Auflage von Franz Ludwig Gerbers „Lexikon der Tonkünstler" steht. Umgekehrt hat „The New Grove", eines der bedeutendsten Musiklexika unserer Zeit, dem Musikbaron einen in positivem Grundton gehaltenen Artikel von deutlich mehr als einer halben Spalte gewidmet - und somit den Schluss nahegelegt, dass er nicht ganz unbedeutend gewesen sein dürfte.
Manchmal gibt es auf komplizierte Fragen Antworten, die so einfach sind, daß man sich nur wundern kann, warum man nicht selbst darauf gekommen ist. Es gibt aber auch Fragen, die scheinen so banal, daß niemand auf die Idee kommt, sie zu stellen. Für die Frage nach „Zwangsarbeitern in kirchlichen Einrichtungen“ gilt beides: Gestellt hatte sie fast ein halbes Jahrhundert lang niemand, sondern sie wurde erst im Sommer des Jahres 2000 aktuell — dann aber sogleich mit großer öffentlicher Resonanz, verbunden mit weitreichenden Vorwürfen — und die Antwort darauf war so einfach wie naheliegend. Ausgelöst hatte die Debatte eine Sendung des Fernseh-Magazins „Monitor“, in der an einigen Fallbeispielen aufgezeigt wurde, daß auch in kirchlichen Einrichtungen — so etwa im Kloster Ettal — Zwangsarbeiter eingesetzt worden sind. Die folgenden Wochen waren erfüllt von hektischer Betriebsamkeit in der Deutschen Bischofskonferenz, in Diözesan- und Ordensleitungen, in kirchlichen Archiven aller Art, aber auch in den Redaktionsstuben von Massenmedien, die, teils aus echtem Aufklärungsinteresse, teils aus purer Sensationslust, hier ein lohneswertes Betätigungsfeld für Recherche und Berichterstattung sahen. Bis heute vermag niemand so recht zu erklären, warum die ganzen Jahre zuvor keiner wissen wollte, ob es auch in kirchlichen Einrichtungen Zwangsarbeiter gegeben habe, obwohl doch das Thema „Zwangsarbeit“ schon längst Gegenstand der historischen Forschung geworden war.
„Freiburg hat, was alle suchen“. Mit diesem nicht gerade zurückhaltenden Slogan machte die Stadt Freiburg vor einigen Jahren Tourismuswerbung. Ich weiß nicht, ob der Spruch noch offiziell in Gebrauch ist, aber mit seiner Anwendung auf die Freiburger Musikgeschichte gäbe es ohnehin gewisse Schwierigkeiten. Was Freiburg nämlich, anders als von dieser Werbung verheißen, nicht zu bieten hat, sind die ganz bedeutenden Ereignisse oder die ganz großen Namen in seiner Musikgeschichte. Allerdings dürften hiernach wohl auch kaum alle suchen, sondern höchstens ein paar Spezialisten — was die Glaubwürdigkeit des zitierten Werbespruchs zusätzlich in Frage stellt. Daß es in dieser ansonsten in vielerlei Hinsicht sehr begünstigten Stadt an großen Musikerpersönlichkeiten und bedeutenden Ereignissen mangelt, hat die örtliche Geschichtsschreibung schon längst dazu veranlaßt, ihr Augenmerk auf die „sekundären Bedeutsamkeitsmerkmale“ zu richten. Und hier gibt es denn doch manches Interessante zu erzählen. Zum Beispiel, daß Felix Mendelssohn Bartholdy im Jahr 1837 auf seiner Hochzeitsreise ein paar Tage in Freiburg logierte — in einem Hotel am Münsterplatz, nur ein paar Schritte von hier — und sogar ein bißchen komponiert hat.