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Der Beitrag stellt die Vegetationsentwicklung im Wollmatinger Ried seit den Extremereignissen von 1999 und 2003 unter störungsökologischen und naturschutzfachlichen Gesichtspunkten dar. Der Bodensee ist der einzige große Voralpensee, dessen Ausflussschwelle noch nicht verändert und der noch nicht staureguliert ist. Das charakteristische Störungsregime (episodische Extremhochwasser- und Extremniedrigwasserphasen) ist ein wesentlicher Faktor für den Erhalt der biologischen Vielfalt (genetische Vielfalt, Artenvielfalt, Habitatvielfalt) im unteren Eulitoral (ca. 0,5 m unterhalb bis 0,2 m oberhalb der Mittelwasserlinie). Dabei spielen (i) die Dominanzschwächung des Schilfs (Phragmites australis) durch Hochwasser und (ii) die nachhaltige Besiedlung vorübergehend landfest gewordener Uferstreifen während einer Niedrigwasserphase eine wichtige Rolle. Zukünftig, im Zeichen des regionalen Klimawandels, dürfte die Vegetationsdynamik in der Grenzzone weitgehend durch (i) den langfristigen Seespiegeltrend (Absinken der Sommerwasserstände mit ca. 5 mm/Jahr) und (ii) ein stationäres Störungsregime (Frequenz, Stärke, Dauer) aus hydrologischen Extremereignissen bestimmt werden.
In der vorliegenden Untersuchung werden für vier Uferabschnitte Luftbildserien
der Jahre 1962, 1967, 1978, 1993, 1999 und 2000 ausgewertet, um die Entwicklung der aquatischen Röhrichtflächen über die letzten 40 Jahre in Abhängigkeit
von Witterungs- und Wasserstandsverhältnissen zu dokumentieren.
Der Bodensee weist im Jahreslauf charakteristische Wasserstandsschwankungen
auf, an deren durchschnittliche Ausprägungen die Uferröhrichte in ihrem Lebenszyklus angepasst sind. Die Extremhochwässer von 1965 und 1999 in der ersten
Hälfte der Vegetationsperiode führten jedoch unmittelbar zu starken Bestandsverlusten. Bereits ausgewachsene aquatische Röhrichtbestände werden durch extreme
Sommerhochwässer kaum beeinflusst, wie das Beispiel von 1987 belegt.
Entscheidend für die Tiefenausbreitung der aquatischen Röhrichte ist danach
der Eintrittszeitpunkt eines Hochwasserereignisses im Lebenszyklus der Röhrichtpflanzen sowie die Dauer der vollständigen Überflutung der Sprosse und nicht
dessen absolute Höhe.
Die Bestandsdynamik der aquatischen Röhrichte am Bodensee kann somit in
großen Zeiträumen als zyklischer Prozess von Regression und Regeneration verstanden werden, gesteuert durch die Häufigkeit und die Dauer von Frühjahrshochwässern. Sollte sich durch die laufende Klimaerwärmung die Häufigkeit von
frühen Extremhochwässern erhöhen, ist mit einer vollständigen Regeneration der
Röhrichtverluste von 1999 langfristig nicht zu rechnen.
Das Weltklima unterliegt zeitgenössisch einem durchgreifenden Wandel, wie er
in dieser Geschwindigkeit und in diesem Ausmaß seit mindestens tausend Jahren nicht
festgestellt werden konnte. Im vergangenen Jahrhundert stieg die mittlere Temperatur der Erde um etwa 0,7 °C an und sie dürfte
in den nächsten Jahrzehnten mit einer Rate von o,2°C/10 Jahre weiter steigen. Eine wesentliche Ursache wird in der globalen Zunahme von Treibhausgasen, vornehmlich des Kohlendioxids (C0 2) gesehen, dessen Konzentrationen von rd. 280
ppm (vorindustrieller Referenzwert um 1750) auf nunmehr 380 ppm gestiegen ist. Verantwortlich hierfür sind vor allem menschliche Aktivitäten, z. B. die Verbrennung fossiler
Energieträger, die Abholzung der Wälder und der Landnutzungswandel (IPCC 2001).