Das Tympanon am Hauptportal des Münsters Unserer Lieben Frau in Freiburg, geschützt durch die Vorhalle des Westturmes, zeichnet die Fülle seiner Szenen aus; zusammen mit Figuren der Archivolten und Gewände umspannen sie das Ganze der Heilsgeschichte seit Adam und Eva. Der Mittelpfosten des Portals setzt sich im Bogenfeld fort im Kreuze Christi, zu dessen Seiten sich die Teilung der Auferstandenen in Erlöste und Verdammte vollzieht. Das Thema des Jüngsten Gerichts beschließt die Heilstaten Gottes. Die Bilderzählung beginnt auf der linken Seite des unteren Streifens mit Judasszenen und Passion Christi. Dagegen nimmt seine rechte, die südliche Hälfte ein Weihnachtsbild ein. In dessen Mitte liegt Maria auf einem Bett — hinter ihr das Kind in der Krippe, aus der Ochs und Esel futtern. Josef sitzt rechts davon am Fußende, rechts außen schließt sich die Verkündigung der großen Freude an den Hirten mit seinen Tieren an; nach links — wo wir byzantinischer Tradition gemäß die Bildformel „Bad des Erlöserkindes“ erwarten dürfen — beschließt die Szene die hohe Gestalt einer einzeln stehenden gekrönten Leuchterfigur. Ihrer Deutung und Bedeutung gilt unsere Untersuchung.
Am Ende des 7. Jahrhunderts schenkte Herzog Etticho seiner Tochter Odilia die Hohenburg im Elsass; sie gründete dort auf dem steilen 826 m hohen Felsplateau, heute Mont St. Odile, ein Kloster, als dessen erste Äbtissin sie um 720 im Ruf der Heiligkeit starb. Der Konvent litt nach einer anfänglichen Blüte sehr unter Herzog Friedrich II. von Schwaben. Jedoch der Besuch seines Sohnes, des Kaisers Friedrich Barbarossa, 1153 auf dem Odilienberg leitete mit dem Wiederaufbau die Wende ein. Als Vogt des Klosters berief Barbarossa eine Verwandte aus der bayerischen Benediktinerinnenabtei Bergen, Bistum Eichstätt, und setzte diese Nichte um 1160 als Äbtissin des nun so genannten Klosters Hohenburg ein. Dieser hochadeligen Relindis gelang es, nicht nur die zerstörten Gebäude wieder aufzurichten, sondern den Konvent zu neuer geistlicher Blüte zu führen und der Augustinerregel zu unterstellen. An die wieder hergestellte Kirche 1155-65 lehnt sich — nun unter Relindis' Mitwirkung — die Kreuzkapelle an: ein quadratischer Raum, dessen Kreuzgratgewölbe über breiten Gurtbogen liegen, die selbst die Kreuzform aufnehmen und abbilden. Sie ruhen über einem mit Eckmasken ornamentierten Kapitell auf einer untersetzten Mittelsäule auf. Diese trägt wie ein Stamm und wird zugleich selber getragen.
Das Bild der Madonna im Rosenhag, 116 x 76 cm, in neugotischem Goldrahmen, Freiburger Privatbesitz, blieb bisher ebenso unveröffentlicht wie die anderen Kopien des 19. Jahrhunderts. Auf Leinwand gemalt, hat es auf der Rückseite „J. Schultis / nach M. Schongauer“ signiert (Abb. 1). Von diesem Freiburger Maler wissen wir nur, dass er als Bruder Simeon mit der Beuroner Malerschule um 1878 in Monte Cassino arbeitete. Später wandte er sich nach Stil und Form der Neugotik zu und erhielt um 1893 den Auftrag, drei Fresken mit der Legende des hl. Bernhard in der Kirche des Cistercienserinnenklosters Lichtenthal bei Baden-Baden zu malen. In der Folge des II. Vatikanischen Konzils wurden sie 1965 zerstört. Eine kurze Beschreibung soll zur Einordnung des Freiburger Bildes verhelfen, obgleich der Zustand beschädigt und die Qualität mäßig ist. Maria sitzt frontal auf einer Rasenbank, die von Akelei, Erdbeerstauden und Lilien gerahmt wird. Auf ihrem linken Arm trägt sie das göttliche Kind, dessen rechtes Ärmchen ihren Hals unter den lang herabfallenden Haaren umschlingt. Sie hat ihm über den Zipfel ihres karminroten, grünlich gefütterten Mantels, den sie über einem zinnoberroten Gewand trägt, ein weißes Tuch ausgelegt. Die eng anliegenden Ärmel eines blauen Unterkleides werden sichtbar.