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In diesem Aufsatz wird die Zeit vor der Union seit 1803 geschildert; es werden dabei weniger die theologisch-kirchlichen Vorbereitungen der Union behandelt, die bereits verschiedentlich dargestellt wurden. Neu ist vielmehr, dass das zeitgleiche gesellschaftliche Leben in Karlsruhe neben die Vorbereitungen der Kirchenvereinigung in den Blick genommen wird, wobei vier Hauptpersonen im Mittelpunkt stehen. Dadurch ergeben sich Gegensätzlichkeiten bei Gleichzeitigkeit aber auch bisher kaum
beachtete Gleichbehandlungen der beiden Konfessionen schon in diesen Jahren. Neu herangezogene Quellen lassen immer wieder neue Entdeckungen machen, die im Blick auf Hebel und Ewald fast so etwas wie Entmythologisierungen darstellen.
Überhaupt stellt sich heraus, wie wenig die Kirchenvereinigung in diesen Jahren ein Thema war, selbst bei den mit der Vorbereitung Beauftragten, wohl nur mit einer Ausnahme, Sander. – Das internationale Geschehen als weiterer zeithistorischer Hintergrund bleibt unberücksichtigt.
Jubiläen geben Anlass sich zu erinnern. Der Erinnerung und Vergewisserung dienen
Veranstaltungen wie Feiern oder Tagungen und Seminare, mehr noch aber Veröffentlichungen. Das war ebenfalls bei den zurückliegenden Unionsjubiläen der Fall, insbesondere bei dem 100-Jahre-Jubiläum der Union 1921, doch auch bei den anderen
genannten.
Im Allgemeinen handelt es sich um historische Rückblicke, wobei die Vorgeschichte meist mit einbezogen wird, leider so gut wie nie die konkrete Nachgeschichte. Oft werden Bezüge zur Reformation 1517 und zum Reichstag zu Worms 1521
hergestellt. – Im Folgenden wird eine bibliographische Übersicht geboten, keine
tiefergehende inhaltliche Analyse.
Neuanfang nach 1945?
(2019)
In der deutschen Nachkriegsgeschichte spielte immer wieder die Frage eine Rolle: Wie konnte es dazu kommen, dass ehemalige überzeugte Nationalsozialisten nach dem Kriegsende 1945 in Politik und Regierung bald ihre Tätigkeit in herausgehobener Position fortsetzen konnten? Zwei der bekanntesten Beispiele waren Hans Globke und Hans Filbinger. Globke, Jurist und hoher Regierungsbeamter im Dritten Reich, war unter Bundeskanzler Adenauer ein einflussreicher Politiker; bei der Entnazifizierung 1947 aufgrund unwahrer persönlicher Angaben als „unbelastet“ eingestuft, wurden seine – auch judenfeindlichen ‒ Verstrickungen in das NS-Regime erst spät, zu spät, öffentlich bekannt. Filbinger, als NSDAP-Mitglied vielfach aktiver Marinerichter im Dritten Reich, einschließlich der Verhängung von politischen Todesurteilen, war nach 1945 dann CDU-Politiker und baden-württembergischer Ministerpräsident, der erst 1978 zurücktreten musste, als seine Vergangenheit bekannt geworden war („Filbinger-Affäre“). Zwei andere Beispiele: Das „Rosenberg-Projekt“ des Bundesjustizministeriums untersuchte personelle und sachliche Kontinuitäten nach der NS-Zeit. Daran schließt sich jetzt eine institutseigene Studie „Die Bundesanwaltschaft und die NS-Zeit“ an.
Ist nicht die Kirche als Institution, einschließlich ihrer hauptamtlichen >>Diener<< also der Pfarrer, zur politischen Zurückhaltung oder zumindest zur Überparteilichkeit verpflichtet? Diese Frage ist eine eingehende Erörterung wert. Gleichwohl erschien 1996 ein Aufsatz- und Katalogband mit dem Titel: >>Protestantismus und Politik<<, in dem neun badische Pfarrer (und drei weitere Persönlichkeiten der badischen Kirchengeschichte) vorgestellt wurden, von Gottlieb Bernhard Fecht (1771-1851), gewählter Abgeordneter und liberaler Oppositioneller in der Heinz Kappes (1893-1988), religiös-sozialistischer und sozialdemokratischer Kommunalpolitiker in Karlsruhe in der Weimarer Republik. Unter den neun 1996 dargestellten Pfarrern befinden sich ebenfalls zwei der vier hier behandelten Theologen, nämlich Wilhelm Karl und Friedrich Mayer.
Erhalten oder verändern?
(2018)
In den Jahren 2011/12 wurde im Zuge der Innenrenovierung der Friedenskirche von 1910 in Heidelberg-Handschuhsheim deren Innenraum umgestaltet: Eingebaut wurde eine große, unregelmäßige Stufenanlage aus weißem Stein, die bei Chorkonzerten durch zusätzliche Podeste aus Holz ausgeglichen und ergänzt werden muss. Nach der Umgestaltung folgen nun der alte Taufstein von 1910, ein moderner dunkler Altar aus Bronze, ein Ambo aus gleichem Material als Kanzel und die Orgelempore als Prinzipalien in einer Linie hintereinander. Auch der ursprüngliche Kirchenraum hatte in noch strengerer Weise eine Architekturkonzeption entsprechend dem sogenannten Wiesbadener Programm von 1891/92 aufgewiesen. Die jetzige Neugestaltung war auf der einen Seite innerhalb der Kirchengemeinde sehr umstritten, wurde andererseits aber mit zwei Architekturpreisen ausgezeichnet. ‒ Die noch konsequenter nach dem Wiesbadener Programm im Jugendstil erbaute Lutherkirche von 1907 in der Karlsruher Oststadt wurde von April 2017 bis zum Sommer 2018 ebenfalls renoviert, richtiger: saniert, jedoch nicht umgestaltet, sondern in ihrer ursprünglichen Raumgestaltung erhalten. Die „Innneraumsanierung“
wurde durch die Denkmalstiftung Baden-Württemberg finanziell gefördert.
Der im Schwarzwald geborene Erwin Mülhaupt (1905‒1996) hat von seinen mehr als 90 Lebensjahren, von kurzen vorübergehenden Arbeitsaufträgen vorher und nachher abgesehen, nur zehn Jahre, und zwar von 1933 bis 1943, als Pfarrer in einer Gemeinde verbracht: als Pfarrer des Kirchspiels Haag im Kirchenbezirk Neckargemünd mit den drei Filialen Schönbrunn, Moosbrunn und Allemühl und mit drei Kirchen. Mehr als doppelt so lange, nämlich 21 Jahre, von 1949 bis 1970, war Mülhaupt Professor für Kirchengeschichte an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal. Es liegen drei verschieden lange autobiographische Texte von ihm vor: ein kurzer von 1949, verfasst zum Dienstantritt in Wuppertal; ein langer von 1975 als Rückblick auf 50 Jahre theologische Existenz; und ein aus Anlass der Diamantenen Hochzeit geschriebener von 1993.
Als Jung-Stilling 1806 ins Karlsruher Schloss einzog, weil der Großherzog ihn als Seelsorger in seiner Nähe haben wollte, hatte er schon ein für ihn stets unter Gottes Führung stehendes Leben hinter sich, zuletzt vor allem als erwecklicher Schriftsteller. 1796 hatte Karl Friedrich
nach der Lektüre von Jung-Stillings Heimweh-Roman Verbindung zu ihm aufgenommen. Nach dem Tod seines Gönners 1811 wirkte Stilling weiterhin als Schriftsteller und pflegte viele persönliche Kontakte, darunter zu bedeutenden Zeitgenossen. Er starb als Rufer in einer Zeit,
in der für ihn das Weltende nahe war.
Im Jubiläumsjahr 500 Jahre Reformation geht die Baden-Badener Ausstellung eigene Wege. Während sonst das Geschehen des 16. Jahrhunderts, beginnend mit Luthers Thesenanschlag 1517, der Bedeutung der Reformation in unserer Zeit gegenüber gestellt wird, werden hier die 500 Jahre in einer einzelnen Stadt insgesamt in den Blick genommen. Es war eine »Reformation mit Hindernissen«, weil auf die reformatorische Bewegung eine Rekatholisierung folgte, die Markgrafschaft Baden-Baden lange rein katholisch geprägt war und erst seit 1832 eine evangelische Gemeinde in der Kurstadt existiert, die bis heute als Minderheit besteht.
Am 21. November 1808 fand in Heidelberg eine Feier zur Vereinigung zweier bis dahin bestehender Gymnasien, des reformierten und des katholischen Gymnasiums, und damit die Eröffnung eines neuen Großherzoglichen Gymnasiums statt. Aus diesem Anlass hielt als Mitglied der über ein Jahr vorher innerhalb des badischen Innenministeriums konstituierten „Generalstudienkommission zur Vereinheitlichung des konfessionell gegliederten höheren badischen Schulwesens“ der Reformierte Johann Ludwig Ewald eine Rede. In Erinnerung an das 1546 gegründete erste reformierte Gymnasium illustre in Heidelberg gab die Nachfolgeschule, das Kurfürst-Friedrich-Gymnasium, 1996 zum
450jährigen Jubiläum der Gründung eine umfangreiche Festschrift heraus, in der sich allerdings nur ein Aufsatz mit der Schulgeschichte beschäftigt. Aus den ersten zwei Jahrzehnten der Schulgeschichte gibt es acht Quellenschriften, welche für das Aufsatzthema relevant sind. Überwiegend handelt es sich um Gelegenheitsschriften geringen Umfangs; von ihnen beleuchten sechs ausschließlich die Heidelberger Schulsituation und deren Bildungsziele. Die ersten vier dieser Quellen wurden bisher in der Literatur nicht berücksichtigt. Daher erscheint dieser Aufsatz gerechtfertigt.
Am Mittwoch, dem 14. Februar 1880 verfasste der Dossenheimer Ortsgendarm Schumacher folgende an den Bezirk Heidelberg des Großherzoglichen Gendarmerie-Corps gerichtete Meldung: „Angeblicher Straßenraub“ – Dem Bezirk melde ich gehorsamst, daß mir der 65 Jahre alte evangelische Pfarrer Jakob Theodor Plitt von Dossenheim die Anzeige gemacht hat [vermutlich mündlich am 12. d. M.], er sei am 11. d. M. Abends zwischen 7 und 8 Uhr auf der Straße zwischen Handschuhsheim und Dossenheim von einem ihm unbekannten Manne angefallen und seiner Baarschaft bestehend in 37 Mark, sowie seines Stockes beraubt worden. Nähere Erhebungen haben jedoch durch Zeugen ergeben, daß Pfarrer Plitt sehr stark betrunken gewesen sei und kaum den Weg von Heidelberg nach Dossenheim hat zu Fuß zurücklegen können. Es ist daher eher möglich, Pfarrer Plitt hat unter solchen Umständen vorbesagte Gegenstände verloren und können solche von irgend einer Person aufgefunden worden sein, da auf dieser Strasse immer ein sehr lebhafter Verkehr stattfindet. Es ist umso mehr anzunehmen, da Pfarrer Plitt eine goldene Uhr bei sich getragen
und solche nicht entwendet wurde und ebenso dessen Perücke, die er getragen, etwa 40 Schritte oberhalb der Stelle, wo er angefallen worden sein will, auf der Strasse gefunden wurde. – Auch hat bis jetzt trotz genauer Nachforschung keine Spur entdeckt werden können und kann auch Pfarrer Plitt nicht das geringste Signalement des Thäters angeben, um irgend eine Spur bekommen zu können, überhaupt glaubt in Dossenheim sowie Umgegend Niemand, daß hier ein Raubanfall stattgefunden hat. – (gez.) Schumacher Gendarm