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Seit einigen hundert Jahren steht im Süden der Gemarkung des Dorfes Stebbach
nahe der ehemaligen Grenze zu Württemberg in der Eselshohl, einem rund 200 m
langen Abschnitt des Niederhöf er Weges, ein schmuckloses, grob aus Sandstein
gehauenes Steinkreuz. Zwischenzeitlich schien es verschwunden zu sein, denn
Jahrzehnte lang war es nicht mehr zu sehen. Irgendwann - vermutlich in den 60er
Jahren des vergangenen Jahrhunderts - war das Steinkreuz aufgrund äußerer Einwirkungen
oder mangelnder Standfestigkeit umgefallen, ohne dass jemand davon
Notiz genommen hätte, und rutschte die Böschung des Hohlwegs, sich tiefer in die
Erde eingrabend, bis zur Sohle hin ab. Jeglichen Einflüssen, selbst modernsten
landwirtschaftlichen Maschinen, ja sogar dem den Sandstein angreifenden und so
zerstörend wirkenden sauren Regen trotzend, überstand es unbeachtet und überwuchert
von üppigem Pflanzenwuchs im Kraichgauer Lös. Erst im Februar 1998
wurde es von Wolfgang Rein, einem Stebbacher Landwirt, der den genauen Standort
des Steinkreuzes kannte, auf Bitten von Günter Walter aus Stetten ausgegraben
und damit wieder zugänglich gemacht.
Der Glaube an verborgene Kräfte und an das übersinnliche war in der Frühen Neuzeit ab 1500 in Mitteleuropa weit verbreitet und regte die Phantasie der gesamten Bevölkerung an. Einen Zauberer- und Hexenglauben gab es schon in der Antike und im Mittelalter, doch gegen Verdächtige kam es nur vereinzelt zu Prozessen oder gar zu Hinrichtungen. Erst als der Dominikaner und Inquisitor Heinrich Kramer sein Traktat ,Hexenhammer' 1486 veröffentlicht, ein Werk, das Hexenverfolgungen auf der Grundlage der Hexenbulle (1484) von Papst lnnozenz VIII. legitimiert, ist die Grundlage für eine systematische Hexenjagd bereitet.
Gemmingen gehört zu jenen Dörfern im Kraichgau, die nur wenige Jahre nach der Gründung des Klosters Lorsch durch Schenkungen im Jahre 769 urkundliche Erwähnung fanden. Anlässlich des 1250. Jubiläums der ersten Nennung des Dorfes 2019 wurden mehrere Führungen angeboten, die an historisch wichtigen Stationen Halt machten, um über Ereignisse aus der Gemminger Ortsgeschichte zu informieren.
In der Nacht auf den 1. Juli 1897 traf den gesamten Amtsbezirk Eppingen mit
einem verheerenden Hagelunwetter die seit Menschengedenken schlimmste
Naturkatastrophe. Begleitet von orkanartigen Sturmböen zog von Westen her kurz
nach Mitternacht eine riesenhafte Gewitterfront herauf, die sich in Hunderten von
Blitzen, wolkenbruchartigem Regen und zerstörendem Hagelschlag mit vernichtender
Gewalt austobte.
Das Unwetter hatte bereits bei Karlsruhe und im Raum Bruchsal gewütet, bevor
es das Eppinger Umland verwüstete und weiter nach Osten zog. Auch im
Heilbronner Kraichgau und in über neunzig Gemeinden des württembergischen
Unterlandes hinterließ es seine zerstörerischen Spuren.
Bildung war im Mittelalter und auch noch zu Beginn der Neuzeit ein Privileg der
begüterten Schichten. Nur der Adel und das wohlhabende städtische Bürgertum
konnten es sich leisten, ihre Nachkommenschaft von der täglich anstehenden
Arbeit freizustellen. Längst hatte man in diesen Kreisen erkannt, dass die schulische
Bildung in einer immer komplizierter werdenden Welt das Fundament für ein
Studium oder eine spätere berufliche Laufbahn darstellte.
Die Funktion der als Lateinschulen angelegten Bildungseinrichtungen bestand in
erster Linie darin, den Nachwuchs für die Kirche und die Verwaltung des Staates
heranzuziehen. Ihre Zöglinge bildeten eine Elite in einer ansonsten des Lesens und
Schreibens unkundigen Bevölkerung.
Der Aufstieg der Kahns zu einer großbürgerlichen Familie erfolgte ziemlich genau in zeitlicher Parallelität zur politischen und gesellschaftlichen Emanzipation der Juden im badischen Staat zu Beginn und in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Bis dahin
besaßen die Juden lediglich den Status von Schutzbürgern, die als geduldete Untertanen der Willkür ihres Schutzherrn auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren. Da ihnen der Erwerb von Grundbesitz und die Betätigung in der Landwirtschaft sowie
in den meisten handwerklichen Berufen in aller Regel untersagt war, mussten sie - abgesehen von einer kleinen, städtischen Oberschicht, die zu Wohlstand gekommen war - ihr Dasein mit armseligem Schacherhandel bestreiten. Alleine die bedauernswerten Umstände, unter denen der Großteil der jüdischen Bevölkerung lebte und litt, zwangen zu politischem Handeln.
Im Jahre 1962 veröffentlichte das Journal
,L'Arche’, das Presseorgan der in Frankreich lebenden Juden, ein außerordentlich
langes Gedicht unter dem Titel ,Stebbach -
Eppingen im Land’. Sein Autor: Emmanuel
Eydoux.
Ungewöhnlich daran war nicht nur, dass
dieser Text, der eher einer Erzählung in
Strophenform als einem Gedicht glich, in
einer französischen Zeitung und in französischer Sprache publiziert wurde, sondern
auch, dass sein Verfasser sich mit den örtlichen Gegebenheiten und manchen familiären Verhältnissen in Stebbach ganz gut
auszukennen schien. Obwohl niemand im
Dorf den Namen Emmanuel Eydoux jemals
gehört hatte, war eines aber bald klar: Ein
Ortsfremder konnte das Gedicht nicht
geschrieben haben! War man in der Lage,
es zu übersetzen, so ergaben sich schnell
konkrete Hinweise, dass sich hinter dem
Pseudonym Emmanuel Eydoux der französische Philosoph und Schriftsteller
deutsch-jüdischer Herkunft Roger Emmanuel Eisinger verbarg.
Im August 1878 verfasste der ‚obrigkeitlich entlassene Bürgermeister‘
Adolf Heinrich Raußmüller ein Gutachten, dessen Grundlagen die älteste
Urkunde über die Verleihung der
Stadtrechte an Eppingen von 1303,
die Urkunden über den Erwerb von
Mühlbach von 1365 und 1372, Dokumente über die Waldteilung zwischen
Eppingen und Kleingartach sowie die
schriftlich niedergelegten Privilegien
der Stadt Eppingen gewesen sein
müssen „so derselben von Ihrer Kurfürstlichen Durchlaucht Herr Karl
Theodor, Pfalzgraf bei Rhein und Herzog in Ober- und Niederbayern … unterm 10. Oktober 1781 gnädigst
ertheilet worden.“ Der Verfasser nennt
weder den Anlass noch den Adressaten
bzw. Auftraggeber des Gutachtens,
doch der Inhalt lässt keinen Zweifel
aufkommen: Das ‚Gutachten‘ beschäftigt sich mit den althergebrachten
Nutzungsrechten am Eppinger Wald
und sollte vermutlich der Klärung noch
offener Fragen dienen.
Harte Arbeit und Ausdauer, Durchsetzungskraft, Beharrungsvermögen und Leidensfähigkeit, ein fester Glaube gepaart mit einem ausgeprägten Sendungsbewusstsein, ein klares Bekenntnis zum menschlichen Miteinander, Zivilcourage und eine
gehörige Portion Eigensinn kennzeichnen Leben und Wirken des Missionars, Seelsorgers und Pfarrers Christian Günther. Trotz jahrelang erduldeter härtester beruflicher und psychischer Belastungen führte dieser leutselige Mann seine
Kirchengemeinde Gemmingen durch die schweren Jahre des Dritten Reiches und widerstand unbeugsam, unbeirrbar und unerschütterlich der Versuchung, dem enormen Druck der damaligen Machthaber nachzugeben, ein mit der nationalsozialistischen Weltanschauung verbundenes Christentum als neue, germanisch-christliche Heilsbotschaft zu verkünden.
Steigt man am Eppinger Bahnhof in den Personenzug Richtung Sinsheim, so
kommt man nach nur wenigen Kilometern Fahrt auf der Strecke durch das obere
Elsenztal an einem stillgelegten Bahnhof vorbei. Schon lange hält hier kein Zug
mehr und es ist schon Jahrzehnte her, dass Fahrgäste zusteigen konnten. Das Gebäude,
so zeigt es die in Stein gemeißelte Zahl, wurde 1900 erbaut und trägt auf den
dem Schienenstrang zugewandten Seiten den Schriftzug „Stebbach", der einem
Fahrgast den Hinweis geben könnte, dass er sich nun im gleichnamigen Kraichgaudorf
befände. Ein ortsunkundiger Reisender müsste sich aber verwundert fragen,
wo denn überhaupt das Dorf sei, auf das in großen Lettern hingewiesen wird. Entlang
der Bahnstrecke wird er es nicht finden, denn Stebbach liegt ungefähr zwei
Kilometer entfernt von seiner ehemaligen Bahnstation.