020 Bibliotheks- und Informationswissenschaften
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Die Stadtbücherei
(2013)
Immer schon habe ich gern und viel gelesen. Manchmal, bereits als Kind und erst recht als Jugendliche, wenn ich der Ansicht war, ich hätte nun genug in der Gärtnerei meiner Eltern mitgearbeitet, war ich auf dem großen Gelände einfach unauffindbar. Welch' eine Befreiung dann der Beginn des Romanistik- und Germanistikstudiums in Heidelberg. Ich fand eine Bleibe in der Altstadt, zwischen dem Germanistischen Seminar, das sich damals im „Deutschen Haus“ am Marsilius-Platz befand, und der Universitätsbibliothek. Besonders gern saß ich im Grimm-Saal des Seminars; die „altdeutsch“ gestimmten hohen Wandgemälde bzw. Fresken mochte ich, auch wenn mir die kräftige Portion Kitsch durchaus bewusst war. Bei der tiefgreifenden späteren Renovierung des Raumes hätte man gleichwohl einen Teil der Bilder zur Dokumentation des vergangenen Zeitgeistes erhalten sollen. Inzwischen lebe ich schon lange im Stadtteil Rohrbach und komme auf meinen Wegen zum Stadtzentrum regelmäßig an der Stadtbücherei vorbei - vielmehr: Ich plane meine Stadtgänge so, dass ich eine Leserunde fast immer einlegen kann.
Digitalisierung, Erschließung und Onlinestellung der Urkunden des Universitätsarchivs Heidelberg
(2019)
Das Universitätsarchiv Heidelberg verwahrt 1.760 Urkunden aus den Jahren 1234 bis 1816, die in einem direkten Bezug zur Geschichte der Universität Heidelberg stehen. Sie wurden in einem von der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg geförderten Projekt von November 2016 bis Dezember 2018 bestandserhalterisch geprüft, erschließungstechnisch ergänzt, digitalisiert und letztlich im ersten Quartal 2019 ins Internet gestellt.
Eine 2014 aus den USA in das Universitätsarchiv Heidelberg rückgeführte Papsturkunde aus dem Jahr 1387 löste nicht nur ein beachtliches Presse-Echo aus, sondern hatte auch eine intensivere Beschäftigung mit dem Urkundenbestand des Universitätsarchivs zur Folge, zumal dieser zeitgleich Gegenstand einer Pilotstudie zum Thema Papier- und Pergamentgebrauch in einer Publikation des Heidelberger Sonderforschungsbereichs „Materiale Textkulturen“ war. Dabei fiel die unzureichende Erschließung der Urkunden ebenso ins Auge wie deren fehlende Digitalisierung. In der Folge wurde vom Universitätsarchiv ein auf zwei Jahre angelegtes und von der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg mit knapp 160.000 Euro gefördertes Digitalisierungs- und Erschließungsprojekt initiiert, das im November 2016 mit der Aufarbeitung der urkundlichen Überlieferung begann. 2017 waren zudem eine Reihe von Originalen in der Ausstellung „Päpste – Kurfürsten – Professoren – Reformatoren. Heidelberg und der Heilige Stuhl von den Reformkonzilien des Mittelalters bis zur Reformation“ im Kurpfälzischen Museum der Stadt Heidelberg zu sehen.
Der Erwerb einer Kiste und deren Aufstellung in der Heiliggeist-Kapelle stehen am Anfang der Geschichte des Archivs der Universität Heidelberg. Seit dem 8. Februar 1388 konnten die grundlegenden Privilegien der 1386 gegründeten Institution an diesem sakralen Ort in „archa uniu(er)sitat(is)“ eingeschlossen werden. Gemeinsam mit den Privilegien wurden auch die Gelder der Universität „sub custodia quatuor facultatum“ dort verwahrt. Zusammen mit dem Rektor besaßen die vier Dekane der Fakultäten Schlüssel zu dieser wertvollen Archivkiste, was zur Folge hatte, dass entnommene
Stücke bisweilen auch nach Amtswechseln in der Wohnung des jeweiligen Vorgängers verblieben und letztlich auf diese Weise der Universität verloren gehen konnten. Das mit zunehmender Verwaltungstätigkeit verbundene Anwachsen von Schriftstücken in Registratur und Archiv führte nicht nur zur Anstellung eines Syndikus am 3. Oktober 1553, sondern kurz darauf auch zur Verlagerung des Archivs, dem am 3. April 1555 die Sakristei des Augustinerklosters durch die kurfürstliche Kanzlei zugewiesen wurde – das dort lagernde Kirchengerät wurde allerdings erst fortgeschafft, als die Universität am 8. Februar 1557 den (neuen) Kurfürsten Ottheinrich in jener Angelegenheit um eine erneute Verfügung bat, welche dieser umgehend aussprach. Getrennt hiervon befand sich in der Wohnung des Rektors neben dem in Gebrauch befindlichen Annalen- und Matrikelband eine „parua cistella uniuersitat(is)“, in der bereits abgeschlossene Annalen- und Matrikelbände sowie andere häufiger benötigte Unterlagen aufbewahrt wurden. Am 21. Dezember 1604 beschloss der Senat jedoch, die alten Annalen- und Matrikelbände dem Archiv zuzuweisen, was angesichts des für Heidelberg und seine Universität sehr wechselvollen 17. Jahrhunderts eine wahrhaft vorausschauende Maßnahme war, die entscheidend für den Erhalt der wertvollen Dokumente gewesen sein dürfte.
Am 10. Juli 2012 wurde bei Sotheby´s in London ein einzelnes Pergamentblatt aus einer Handschrift, geschrieben um 800 n. Chr. in der Reichsabtei St. Nazarius zu Lorsch, für rund 120.000 Euro (93.650 GBP) ersteigert. Die heute weit verstreute Bibliothek dieses Klosters gehörte zu den kostbarsten Bücherschätzen der karolingischen Epoche. Wer sich für die Heidelberger (Vor-) Geschichte interessiert, weiß, dass die 764 gestiftete Abtei mit ihren beiden Niederlassungen auf dem Heiligenberg und ihren ausgedehnten Besitzungen auch südlich des Neckars eine wichtige Rolle gespielt hat. Was aber wissen wir über die Lorscher Klosterbibliothek? Baulich ist die Bibliothek längst verloren; sie mag ihren Standort im Winkel von Nordquerhaus und Chor eingenommen haben, wie es der im St. Gallener Klosterplan postulierte benediktinische Idealfall vorsieht. Der Lorscher Bibliotheksbestand ist seit 2012 fast vollständig digital erschlossen. Dieses Digitalisierungsprojekt wurde von der (für Lorsch zuständigen) Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen finanziert, von der Heidelberger Universitätsbibliothek angestoßen und in Zusammenarbeit mit der UNESCO-Welterbestätte Kloster Lorsch organisiert. Angestrebt wird bis 2014 die vollständige Abbildung und Kommentierung der ermittelbar in Lorsch geschriebenen und/oder aufbewahrten Codices und Handschriftenfragmente. Das sind nach heutigem Kenntnisstand circa 330 Handschriften. Insgesamt verteilt sich das Material auf nicht weniger als 68 in- und ausländische Bibliotheken und Archive. Im Team der Heidelberger Universitätsbibliothek sind die Kunsthistorikerin Alexandra Büttner für die Projektkoordination und der Mittellateiner Michael Kautz für die wissenschaftliche Bearbeitung zuständig.
Die Mennistenkonzession, das Toleranzedikt des Kurfürsten Karl Ludwig von 1664, markiert einen wichtigen Schritt in der Entwicklung von Freiheits- und Menschenrechten. Mit ihr wurde einer religiös nonkonformen Gruppe ein, wenn auch eingeschränktes, Existenz- und Bleiberecht zugestanden. Nachkommen der damaligen Einwanderer versammeln sich noch heute in den Mennonitengemeinden links und rechts des Rheins. Die Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Mennonitengemeinden (ASM) und der Verband deutscher Mennonitengemeinden (VdM) feierten unter dem Motto „Ohne Gewehr und Krieg. Menschen, die aufbauen“ das Jubiläum mit einer zentralen Veranstaltung am 8. November 2014 in Heidelberg.
Im Jahr 2013 feierten „evangelische Kirchen in aller Welt das 450jährige Jubiläum des Heidelberger Katechismus. Der HEIDELBERGER ist wie die Confessio Augustana und Luthers kleiner Katechismus ein wichtiger Lehr- und Bekenntnistext der Reformation“. „Ihn als wichtigsten Heidelberger Exportartikel zu bezeichnen, ist nicht übertrieben.“ Aber er ist ein „inzwischen weniger wahrgenommener Text. So wurde eine Ausstellung veranstaltet, um die Öffentlichkeit „für seine Wirkungsgeschichte zu interessieren.“
Die Stadtbücherei Heidelberg von der NS-Zeit bis zum Heidelberger "Library Spirit" der 1960er Jahre
(2016)
Am 6. Mai 2016 hat sich zum fünfzigsten Mal die Eröffnung des Gebäudes der Stadtbücherei Heidelberg in der Poststraße gejährt. Erst dieser Neubau hat die weitere, über viele Jahre so positive Entwicklung bis hin zu einer der besten deutschen Stadtbibliotheken möglich gemacht. Bis zur Bestimmungsübergabe des Hauses war es ein langer, oft schwieriger Weg. Dieser führte von der bibliothekarischen „Stunde Null“ im Jahr 1945 über eine solide Entwicklung Ende der 1940er und anfangs der 1950er Jahre sowie nach jahrelangen Bemühungen und Kämpfen zu dem neuen Büchereigebäude. Nach skandinavischen und anglo-amerikanischen Vorbildern konzipiert, wurde es zu der räumlichen Voraussetzung für die weitere Arbeit der Stadtbücherei; Mitte der 1960er Jahre galt es als eines der beispielhaften Büchereigebäude Deutschlands. Den Weg dorthin schildert der folgende Aufsatz. Er setzt die Ausführungen im Jahrbuch des Heidelberger Geschichtsvereins Jg. 11, 2006/07 über „Georg Zink und die Heidelberger Volksbibliothek und Volkslesehalle“ fort.
Im September 2014 befand sich das historische Studentenlokal „Zum Roten Ochsen“ in der Heidelberger Altstadt seit 175 Jahren im Besitz der Familie Spengel. In der bis heute nahezu unveränderten Gaststube wird diese Tradition spürbar. Als sei die Zeit stehen geblieben, hängen von der Decke historische Trinkhörner, stehen in den Regalen reich verzierte Bierhumpen, bedecken gut 400 Bilder zumeist von Personen oder Personengruppen die Wände, viele vom ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, manche zurückreichend bis in die Anfänge der Fotografie. Sie zeigen zahlreiche Studentenverbindungen, aber auch prominente Gäste und natürlich die ebenfalls nicht unbekannten Generationen von Gastwirten selbst. Zusammen mit 30 Gästebüchern legen sie ebenso ein beredtes Zeugnis von der bewegten Geschichte des Studentenlokals ab wie die zahllosen Ritzereien und Beschriftungen auf Tischen, Wänden und Decken.
Ihre Entführung im Jahre 1623 war der wohl größte Kulturverlust der Kurpfalz. Rund 3700 mittelalterliche und frühneuzeitliche Handschriften und etwa 13.000 Inkunabeln und Druckschriften aus der Heidelberger Heiliggeistkirche gelangten als Kriegsbeute der Katholischen Liga in die päpstliche Bibliothek. Diese Schätze sind heute unter der allgemein üblichen Bezeichnung Bibliotheca Palatina bekannt. Diese ist ein Sammelbegriff für die ursprünglich separaten Bestände der Heidelberger Universität, des Heidelberger Schlosses und der von Ulrich Fugger (1526–1584) übernommenen Bibliothek, die nach und nach, aber nie ganz vollständig, auf den Emporen der Heiliggeistkirchen vereinigt worden waren. Es handelt sich hauptsächlich um deutsche und lateinische Handschriften, aber auch um griechische, hebräische, arabische und türkische. Mit den 845 deutschsprachigen Handschriften kehrte 1816 ein wesentlicher Bestandteil der Bibliotheca Palatina nach Heidelberg zurück. Dort kam als Aufbewahrungsort solcher
Schätze – nach dem Ausscheiden von Hof und Kirche als Kulturträger – nur noch die aufblühende Universität infrage.
Mit dem Bürgerbuch von 1356 bewahrt das Stadtmuseum in der ehemaligen Tonofenfabrik in Lahr ein wertvolles Zeugnis der Stadt- und Sozialgeschichte. Das Buch verzeichnet in mittelhochdeutscher Sprache 376 Namen von Bewohnern der Stadt ab dem Jahr 1356 (Dis sint die Burgere in der stat zuo Lare). Dazu listet es in Nachträgen bis um 1410 noch einmal mehr als 230 Namen weiterer Neubürger und sogenannter „Ausbürger“ auf: Das sind Personen, die das Bürgerrecht besaßen, ohne im städtischen Rechtsbezirk ansässig zu sein. Sie lebten Mitte des 14. Jahrhunderts in der Region rund um Lahr, etwa in Offenburg, Friesenheim, Schopfheim, Ettenheim, Rheinau, Dinglingen, Hugsweier, Burgheim, Kippenheim, Schuttern, Sulz, Ichenheim, Kürzell, Schutterzell, Ottenheim, Allmannsweier, Nonnenweier, Meißenheim, Altenheim und Müllen. Den Stand der Erforschung von Herkunft, Inhalt und Zweck des Bürgerbuchs hat zuletzt der ehemalige Stadthistoriker Thorsten Mietzner zusammengefasst.
Wichtige und traditionsreiche Träger landeskundlicher Forschung drohen im Zuge der aktuellen Transformation zu Open Access übersehen und von digitalen Publikationswegen ausgeschlossen zu werden. Es ist Aufgabe der Landesbibliotheken, die Interessen dieser Zielgruppe zu vertreten und Angebote zu entwickeln. Die Badische Landesbibliothek bietet mit RegionaliaOpen einen erfolgreichen Open-Access-Publikationsservice an. Dieser integriert sich in das übrige Serviceangebot der Bibliothek, ergänzt die Landesbibliographie mit Volltexten und stärkt die Verbindung zu den regionalgeschichtlich arbeitenden Akteuren.
Mehr als ein dreiviertel Jahrhundert nach der Auflösung des Vereins schlummerte die Bibliothek der Gesellschaft Eintracht Bretten an verschiedenen Standorten; die letzten dreißig Jahre davon im Keller des Amtsgerichts, bis sie schließlich Ende 2019 bei Inventarisierungsarbeiten wiederentdeckt wurde. In einer ehemaligen Arrestzelle standen vier prall gefüllte Bücherschränke mit zum Teil lieblos bis zur Decke gestapelten Büchern, alle mit Schutzumschlag und Signatur versehen, ziemlich verstaubt, doch auf den zweiten Blick in einem überraschend guten Erhaltungszustand. Mit tatkräftiger Unterstützung des Vereins für Stadt- und Regionalgeschichte Bretten konnte die Büchersammlung durch das Stadtarchiv und unter Beteiligung des Stadtmuseums im November 2020 schließlich geborgen werden. Am Ende dieser Aktion waren es mehr als 2.000 Bücher, Journale und Zeitschriften, die zur weiteren Bearbeitung und Begutachtung in die „Vogtey“, das
Vereinsgebäude der Vereinigung Alt Brettheim am Kirchplatz, verlagert wurden. Nach einem Pressebericht über den wiederentdeckten „Bücherschatz“ meldete sich die Direktorin der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, Dr. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen, und bekundete ihr Interesse, diesen „hochinteressanten und wichtigen kulturgeschichtlichen Schatz“ zu übernehmen. Bis zu dieser Veröffentlichung war die Brettener Gesellschaft Eintracht und ihre Bibliothek der Fachwelt bislang völlig unbekannt. Weder in der Landesbibliografie noch in der Wikipedia-Liste der badischen Lesegesellschaften ist sie aufgeführt. Auch in der lokalen stadtgeschichtlichen Literatur wurde die Gesellschaft Eintracht Bretten bislang nur am Rande erwähnt.
Zu den Beständen des Stadtarchivs Bretten gehört ein kulturgeschichtlich wertvolles Büchlein mit dem barock ausladenden Titel Andächtige Uebung der Todangst-Bruderschaft Unseres am H. Kreuz sterbenden Erlösers Jesu Christi, welche zu gemeiner Auferbauung und zu Erlangung eines seligen Sterbstündleins aufgerichtet und gehalten wird zu Bretten in der Pfarrkirche zum H. Martyrer Laurentius, Welche im Jahr 1771 von einem hiesigen Bürger gestiftet, von Ihro
Hochfürstlichen Eminenz Franz Christoph genehmigt, und 1772 den 1. Jenner angefangen, nachgehends aber von Jhro Päbstl. Heiligkeit Pius VI. im Jahr 1775 den 11. Merz bestättiget, und auf den ersten Sonntag jeden Monats nebst zwey Titularfesten mit vollkommenen Ablässen begnädiget worden. 1776. Das Andachtsbüchlein hat ein Format von 13x8,5 cm, umfasst 56 paginierte Seiten und ist in Kursiv gedruckt.
Gegenstand dieses Aufsatzes ist der Catalogus Librorum Omnium ad Bibliothecam Universitatis pertinentium, ein um ca. 1610 mangelegtes Verzeichnis über den Buchbestand der allgemeinen Bibliothek der Universität Freiburg. Der Katalog – er soll im Folgenden kurz CL genannt werden – schließt auf fol. 14r bis 64r einer Papierhandschrift an ein Stipendiatenverzeichnis der
Stiftung des R[everendus] D[omi]n[us] Ioannis Zim[m]erman’s alias Neuburgeri an. Der CL, auf dessen Systematik später noch genauer eingegangen werden soll, führt unter der Rubrik Libri Haeretici et Prohibiti und Supplementum Haereticorum et Librorum Prohibitorum reformatorische und häretische Schriften auf (Abb. 1 und 2).
Kirche und Kleinstadt
(2015)
Das gotische Liebfrauenmünster in der westlichen Altstadt von Neuenburg am Rhein stürzte 1497 ein, als der Fluss, der schon seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts an dem Steilufer nagte, dieses endgültig untergrub und so Kirche, Rat- und Salzhaus sowie die Schule verschwinden ließ. Nur der Münsterturm blieb lange als stummer Zeuge stehen, bevor auch er den Stadtzerstörungen durch Menschenhand zum Opfer fiel. Dreißigjähriger Krieg und Spanischer Erbfolgekrieg sowie die Europäischen Bruderkriege des 20. Jahrhunderts haben, was immer die Bewohner der Stadt Neuenburg wiederaufgebaut hatten, grundlegend zerstört. Doch jedes Mal waren die Fluchtkisten gepackt und so haben die 417 Urkunden des Pfarrarchivs Neuenburg am Rhein bis heute überdauert, werden sie doch inzwischen als Depositum in dem Erzbischöflichen Archiv Freiburg im Breisgau verwahrt.
Am 10. Januar 2011 beging die Erzdiözese Freiburg die formale Eröffnung des Erhebungsverfahrens für den Heiligsprechungsprozess des seligen Bernhard von Baden, Landespatron im badischen Teil des Erzbistums. Am 21. November 2012 fand es mit einem von Erzbischof Robert Zollitsch geleiteten Gottesdienst im Freiburger Münster seinen Abschluss auf diözesaner Ebene. Im Zuge unserer Arbeiten als Mitglieder der Historikerkommission stießen wir auf eine Quelle, die bislang von der Bernhardsforschung völlig unberücksichtigt blieb. Es handelt sich um einen fragmentarischen Nachruf auf den Seligen, der vom Augsburger Bürger Sebastian Ilsung († 1468 oder 1469) aufgeschrieben wurde. Er gehört zum Bestand der Bibliotheca Palatina unter der Signatur „Cod. Pal. germ. 677“ der Universitätsbibliothek Heidelberg und wird digitalisiert auf deren Internetseite unter der persistenten URL http:/ /digi.ub.uni-heidelberg.de/ diglit/cpg677/0005 verfügbar gemacht. Bei dem Codex handelt es sich um eine Handschrift, deren Erstellung der Augsburger Lohnschreiberin Clara Hätzlerin zugeordnet werden kann und die vermutlich von Sebastian Ilsung in Auftrag gegeben wurde oder sich in seinem Besitz befand. Eigenhändig fügte Ilsung zwei Texte an, nämlich die auf den Seiten 45v/46v befindlichen Exequien auf die Kaiserin Eleonore, sowie den hier erstmals edierten Nachruf auf Bernhard von Baden. Auf die Existenz des Textes verweisen in anderen Zusammenhängen und demzufolge ohne darauf einzugehen Franz Fuchs und Inta Knor.
Thesaurus Librorum
(2013)
Die Begegnung mit der europäischen Buchkultur in repräsentativen Ausstellungen ist eine Möglichkeit, die eigenen Wurzeln in der Geschichte zu erkennen. Angehörige anderer Kulturkreise, die solche Angebote annehmen, sehen darin eine Möglichkeit, die Identität der Europäer zu verstehen, wie sie in Bild und Sprache gewachsen ist. Begegnungen dieser Art werden deshalb von nationalen und europäischen Einrichtungen angeregt, von öffentlichen und privaten Sponsoren gefördert und in einem respektablen Maß von interessierten Mitbürgern begeistert aufgenommen. Initiatoren, Ideengeber und Veranstalter machen ihre Erfolgsbilanz dabei nachhaltig öffentlich, wie das Beispiel der Dokumentation der Ausstellung „Pracht auf Pergament - Schätze der Buchmalerei von 780 bis 1180“ beweist. Ein sehr sorgfältig gestalteter, reich bebilderter Katalog sorgt für eine zusätzliche Breitenwirkung, nutzt Vorbilder und dient der Wissenschaft als Fundus, um weitere Projekte dieser Art in jeweils aktualisierter Präsentationsmethode (Audioguides, Digitalisate, 3D- Technik) voranzubringen. Fragestellungen zur Bildungsgeschichte aus Mittelalter und früher Neuzeit können an realen Objekten illuminierter Handschriften, aber auch unter dem Blickwinkel des frühen Buchdrucks neben dem wissenschaftlichen Nachwuchs auch eine breite Öffentlichkeit ansprechen. Unabhängig von einer aktuellen Ausstellung bietet sich für Interessenten ein Besuch der zentral gelegenen Bibliothèque du Grand Séminaire de Strasbourg (Priesterseminar) als schönes Beispiel der Pflege hochwertigen und zeitlosen Kulturguts an.
Das im 18. Jahrhundert in Bruchsal befindliche Schriftgut des Bistums und Hochstifts Speyer wurde nach der 1793 erforderlich gewordenen Flüchtung der Registraturen der in Speyer verbliebenen Verwaltungsstellen mit diesem vereinigt und nachfolgend auf das Generallandesarchiv Karlsruhe, das 1817 neu gegründete Landesarchiv Speyer, das Erzbischöfliche Archiv Freiburg und das Archiv des Bistums Speyer aufgeteilt.
Professor Felix Heinzer, der seit 2006 an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg das Seminar für Lateinische Philologie des Mittelalters leitet, ist der Entdecker der Bohun-Handschrift im Archiv der Abtei Lichtenthal. Er arbeitete damals als Assistent in der Badischen Landesbibliothek mit am 1987 gedruckten Katalog „Die Handschriften von Lichtenthal“. Mit seinem Beitrag zufrieden, überließ ihm Dr. Gerhard Stamm den Anhang „Die heute noch im Kloster Lichtenthal befindlichen Handschriften des 12. bis 16. Jahrhunderts“. Dieser endet mit der Beschreibung von zwei Handschriften, die als Eigentum des Klosters im Archiv sind, während die anderen als zu betreuendes Säkularisationsgut in der historischen Bibliothek stehen.
Lassen Sie mich an den Anfang meines Referats eine Begründung dafür stellen, warum ich ausgerechnet dieses Thema gewählt habe. Nun, dafür gibt es einen ganz einfachen Grund: Ich musste, als ich mich vor mehreren Monaten festgelegt habe, eine Fragestellung finden, die einerseits mit dem Generalthema des Archivtags harmonierte, anderseits zum Thema meines Kollegen von der Evangelischen Landeskirche in Baden passte und schließlich allgemein genug war, mir eine hinreichende Flexibilität und Gestaltungsfreiheit zu erhalten. Keiner Begründung bedarf es wohl, dass ich die Ausländerseelsorge — wir könnten auch, etwas fürnehmer, Migrantenpastoral dazu sagen — überhaupt zum Thema meines Vortrags mache. Immerhin gehört die Sorge für die Fremden — und somit auch deren Seelsorge — zu den zentralen Aufgaben, die uns als Christen gestellt sind: Ich verweise auf das Evangelium nach Matthäus, Kapitel 25, Vers 35. Und wenn wir Archivare uns mit dem Problem der „Überlieferungsbildung und -sicherung für Migranten“ befassen, dann tun wir damit zunächst einmal nicht mehr, als eine unserer zahlreichen Pflichten zu erfüllen.
Die Handschrift L 89 mit dem „both der göttlichen myltigkeit“ befindet sich in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe. Äbtissin Barbara Veus, die das Kloster Lichtenthal in der schwierigen Zeit von 1551 bis 1597 regierte, widmet in einer Schlußschrift dieses Buch dem Konvent mit dem Hinweis, sie habe es für ihn zusammen mit einer Mitschwester geschrieben. Leider fügt sie nicht hinzu, ob sie es unmittelbar aus dem Lateinischen ins Alemannische übertragen oder aus einer bereits vorhandenen Übertragung übernommen hat. Ihre Ausbildung als Tochter des Badischen Kanzlers Hieronymus Veus und die gelegentlich originelle Wortwahl lassen jedoch vermuten, daß sie die Übersetzerin war. Als Vorlage diente wahrscheinlich die Edition des Kölner Kartäusers Johannes Landsperg von 1536. Dies ergibt sich durch einen Vergleich mit der deutschen
Übertragung von Michael Sintzel.
Die aus der Abtei Lichtenthal stammende Handschrift L 89 der Badischen Landesbibliothek enthält Auszüge einer alemannischen Übertragung des Legatus divinae pietatis der hl. Gertrud von Helfta. Sie ist datiert mit 1566 und wurde weithin geschrieben von Äbtissin Barbara Veus (1551-1597), was aus der dem Konvent gewidmeten Schlussschrift hervorgeht. Eine mit dem Monogramm S B genannte Mitschreiberin ist Sr. Salome Beck. Etwa 20 Blatt wurden von einer dritten unbekannten Hand geschrieben. Leider lässt die in der Schlussschrift enthaltene Widmung an den Konvent dyß buoch habent ich und euwer liebe mitschwester euch geschryben nicht er- kennen, ob der Text die Kopie einer anderen, vielleicht gar einer bestimmten Handschrift ist, oder ob es sich um eine ganz oder teilweise selbständige Über- tragung aus dem Lateinischen handelt. Über die Herkunft der Schreiberinnen liegen nur bei Barbara Veus nähere Angaben vor. Sie ist eine Tochter des Hieronymus Veus, der Doktor beider Rechte, zeitweilig Rektor der Universität Freiburg und nach 1518 Kanzler des Markgrafen Philipp I. von Baden war. Der Inhalt der L 89 entspricht ziemlich genau der lateinischen Edition des
Legatus divinae pietatis, die 1536 in Köln unter dem Titel Insinuationum divinae pietatis libri quinque herausgegeben wurde und wegen der vorangestellten Apologetica des Kartäusers Johannes Lansperg gelegentlich unter dessen Namen überliefert ist. Sie weicht von der 1875 durch die Benediktiner von Solesmes veröffentlichten „Originalfassung" ab, die in verkürzter Form in verschiedenen deutschsprachigen mundartlichen Fassungen bereits seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu finden ist. Dieser Unterschied ist schon in einem relativ kleinen Textvergleich erkennbar.
Transkriptionsrichtlinien "Digitalisierung und Volltexterkennung der ehemals Reichenauer Inkunabeln"
(2024)
Im Rahmen des Projektes „Digitalisierung und Volltexterkennung der ehemals Reichenauer Inkunabeln“ digitalisierte die Badische Landesbibliothek die 243 Titel umfassende Inkunabelsammlung aus der ehemaligen Bibliothek des Klosters Reichenau und erschloss diese mit Hilfe des Texterkennungssystems Transkribus. Die Digitalisate und Volltexte sind über die Digitalen Sammlungen der Badischen Landesbibliothek verfügbar. Nachfolgende Transkriptionsrichtlinien wurden innerhalb des Projektes für die computergestützte Transkription von Inkunabeln und Frühdrucken definiert. Insbesondere liegen sie dem
Trainingsmaterial der auf der Transkribus-Plattform veröffentlichten Texterkennungsmodelle „Latin Incunabula (Reichenau)“ (Modell-ID 61337), „Latin/German Bilingual Incunabula (Reichenau)“ (Modell-ID 61316) und „German Incunabula (Reichenau)“ (Modell-ID 61285) zu Grunde. Das Projekt wurde von der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg gefördert.
Aufgeschreckt durch den Verkauf der Fürstlich Fürstenbergischen Bibliothek und die Vernichtung ihres Zusammenhangs auf mehreren Versteigerungen, haben sich viele, denen die mittelalterliche Kultur am Herzen liegt, auch für das Schicksal des Nibelungenlieds interessiert. An sich war man ja nicht besorgt, da das Land Baden-Württemberg, als es 1992 die
Handschriften der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek erwarb, sich ein Vorkaufsrecht hat einräumen lassen. Gesetzlich ist ohnehin ein Verkauf ins Ausland nicht möglich, denn die Handschrift gehört zum „geschützten Kulturgut“. Unruhig wurde man jedoch, als der Wissenschaftsminister, Klaus von Trotha, ankündigte, das Land wolle sein Vorkaufsrecht aufgeben, wenn das Land Bayern das Nibelungenlied erwerben wolle. Die bayerische Regierung winkte allerdings alsbald ab. Seither ist die Öffentlichkeit über den derzeitigen Stand nicht informiert. Es müssen ja nicht alle Verhandlungen auf dem Markt stattfinden. Freilich ist nach den bisherigen Erfahrungen einiges Mißtrauen hinsichtlich der Zukunft des kostbaren Kodex angebracht.
Unter der Inventar-Nummer 78/ 167 verfügen die Stadtgeschichtlichen Sammlungen Baden-Baden über einen „Schatz“, der manches Licht in das Alltagsgeschehen der mittelbadischen Region im letzten Jahrhundert bringen kann. Es handelt sich um die Tagebücher bzw. die Aufzeichnungen des Bankiers „Franz Meyer, einziger Sohn des Joseph Meyer + Margaretha, geb. Kapferer aus Freiburg“. Franz Meyer - er benutzt nur selten seinen Namen „Simon“ - hatte Bankniederlassungen in Rastatt, Baden(-Baden) und Karlsruhe. Außerdem besaß er über seinen Vetter, Heinrich Kapferer aus Freiburg, Verbindungen beim internationalen Finanzverkehr nach dem elsässischen Saint Blaise, Paris und London. Franz Meyer selbst bezeichnet seine später als „Tagebuchaufzeichnungen“ titulierten Notizen als „Tag und Familien Buch“. Nach dem Tod des Vaters Joseph am 23. Mai 1871 hatte Herrmann Franz Alois Meyer die beiden Bände geerbt. 1897 gingen diese an die Meyer-Tochter Fanny Goebel von Hassart. Als diese dann am 2. August 1903 starb, wurden die Aufzeichnungen als letztem der lebenden Kinder Franz Meyers, Clementine Freifrau von Villiez übergeben. Der Baron von Villiez, letzter Enkel des Verfassers, kam schließlich 1916 in den Besitz des „Tag- und Familienbuches“. Über weitere Stationen folgte 1975 schließlich die vorläufige Endstation für Meyers Aufzeichnungen, als die Stadt Baden-Baden diese erwerben konnte.
Der Neckar-Odenwald-Kreis richtete im Oktober 1999 ein eigenes Archiv ein. Mit dem Aufbau des Kreisarchivs, das organisatorisch zum Fachbereich Kreisentwicklung des Landratsamtes in Mosbach gehört, endete die „archivlose" Zeit des Kreises. Es konnte damit begonnen werden, die archivwürdigen Unterlagen der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde sowie
der kommunalen Selbstverwaltung aus der Zentralregistratur und den Sachgebietsregistraturen des Landratsamtes in das nahe Kreisarchiv zu überführen statt wie bisher in das bis dato zuständige Generallandesarchiv in Karlsruhe. Zeitgleich mit dem Beginn des Archivaufbaus wurde Diplom-Archivar (FH) Alexander Rantasa als Kreisarchivar eingestellt. Als Facharchivar mit Marburger Ausbildung übernahm er die Leitung des neuen Kreisarchivs. Zwei Mitarbeiterinnen in Vollzeit bzw. Teilzeit sind ebenfalls im Archiv beschäftigt.
Das schützenswerte Kulturgut „Film", als Geschichtsquelle auch von Historikern in wachsendem Maße geschätzt, stellt das visuelle Gedächtnis unserer Epoche dar. Das gilt auch und besonders für Baden-Württemberg, dessen Landeskinder - weltläufig und allen technischen Neuerungen aufgeschlossen - sich früh des neuen Mediums bedienten und große Bestände
wertvollen historischen Filmmaterials schufen und hinterließen. Doch leider liegen wichtige Dokumente dieser kulturellen Überlieferung verborgen in Archiven oder in Privatbesitz, wo sie der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) wurde das HAUS DES DOKUMENTARFILMS in Stuttgart deshalb mit dem Aufbau der Landesfilmsammlung Baden-Württemberg betraut. Als Kooperationspartner wirken Vertreter der Archive des Landes, des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg, der Landesbildstelle und des SWR mit. Ziel und Aufgabe der Landesfilmsammlung ist die Sicherung des Kulturgutes „Film" in Baden-Württemberg, denn Filme sind unverzichtbare Zeitdokumente und Quellenmaterialien zur Lokal- und Landesgeschichte. Landesbezogene historische und aktuelle Filme
werden katalogisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Seit Oktober 1999 wurden die Druckwerke der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek in Donaueschingen in verschiedenen Auktionshäusern versteigert oder anderweitig auf dem Antiquariatsmarkt angeboten. Die Donaueschinger Bibliothek war seit 1855 auch Standort der umfangreichen Büchersammlung des Gelehrten Joseph Maria Christoph Freiherrn von Laßberg (1770-1855). Das Land Baden-Württemberg hat große Anstrengungen unternommen, die wichtigsten
Teile der Laßbergschen Bibliothek zu erwerben und für die Öffentlichkeit zu bewahren. Diese Bücher haben in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe eine neue Heimat gefunden, wo sich bereits ein Teil seines Nachlasses, seiner Handschriften, vor allem die deutschsprachigen Schätze des Mittelalters und deren Abschriften, und auch viele seiner Inkunabeln befinden.
Der Name Fürstenberg hat für viele deutlich an Glanz und Ausstrahlung verloren; seit langem galt er vor allem als Programm und Garant für Kultur auf höchstem Anspruchsniveau. Durch den Ausverkauf wertvollsten Kulturgutes ist ein ungeheurer Traditionsbruch zu beklagen, Zug um Zug wird versilbert, was in Generationen gesammelt, bewahrt und gepflegt wurde. Die Sotheby's-Auktion vom Juli 1994 in London war eine spektakuläre „Glanznummer" in diesem denkwürdigen Kulturgeschacher, etliche andere bleiben in trauriger Erinnerung. Ein wenig Hoffnung und ein bißchen Genugtuung sind geblieben. Das Land Baden-Württemberg hat bereits 1993 1050 für die Landeskultur besonders bedeutsame Handschriften aus der Fürstlich-Fürstenbergischen Hofbibliothek gekauft und 1999 seltene Musikalien mit 7532 Drucken, dazu 1110 Bände aus der Laßberg-Bücherei für die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe erworben - für insgesamt 54,3 Millionen DM. Die öffentliche Diskussion um die „Verteilung" dieses Kulturerbes war sehr erregt, viele bibliophile Kostbarkeiten aus dem alten Baden sind vor allem in der anglo-amerikanischen Welt angekommen, sicher auch mancher „antiquarische Schrott". Aber wer beurteilt dies im Detail?
Sehr geehrte Damen und Herren, heute können wir einen freudigen Tag für unser Land in der Badischen Landesbibliothek
feiern: Historische Dokumente, ein Teil südwestdeutscher Geschichte, bleiben im Original für Wissenschaft und Forschung, für die Öffentlichkeit erhalten. Bibliotheken und Archive werden häufig als Gedächtnis unserer Gesellschaft zitiert. Deshalb ist es gut, daß das Erbe Laßbergs an gedruckten Büchern in der Badischen Landesbibliothek zugänglich bleibt. Und zwar im Kontext, im Zusammenhang mit Laßbergs Nachlaß, seinen deutschen Handschriften und mittlerweile knapp 1000 neu erworbenen Bänden aus Laßbergs Bibliothek. Laßbergs gedruckte Bücher, das möchte ich besonders hervorheben, sind neben seltenen Rara nicht einfach Drucke, die es anderen Ortes auch gibt, sondern sie zeigen die Spuren seiner Arbeit, insbesondere seiner Beschäftigung mit dem Mittelalter und dessen deutscher Literatur. Sie sind damit wichtige und einzigartige Quellen, vergleichbar mit dem Briefwechsel. Damit nenne ich bereits ein Thema, das im Mittelpunkt unserer Ausstellung steht.
Auch im digitalen Zeitalter liegen sie in Buchhandlungen aus: Werbekataloge, die das Lesepublikum über Neuerscheinungen und das lieferbare Programm eines Verlags informieren. Das Angebot allein sagt bereits viel über das werbende Unternehmen aus, Käuferansprache und Gestaltgebung ergänzen gezielt die Außenwirkung. Der vorliegende Beitrag stellt den ehemaligen Baden-Badener Herbert Stuffer Verlag anhand seines Prospektarchivs vor und zeigt, dass Verlagskataloge mehr als nur eine Produktpalette abbilden.
Seit ihrer Erfindung im Jahr 1870 haben Sammelbilder über ein Jahrhundert hinweg eine nicht zu überschätzende Bedeutung als Medium der Werbung gehabt. Bildinhalte, Herstellungstechniken und Vertriebswege haben sich gewandelt. Immer gleich blieb das Erfolgskonzept, die Zielgruppe durch Sammeln, Tauschen, Ordnen, Kleben an eine Marke zu binden. Auch regionale Firmen in Baden haben sich diese Marketingstrategie zu Eigen gemacht. August Batschari Cigaretten in Baden-Baden stieg 1930 ins Zigarettenbildergeschäft ein. Die Badische Landesbibliothek stellt auch solche Massenmedien als Quellen bereit und bittet um Mithilfe beim Ausbau ihrer Sammlung.
Anlässlich des Jubiläums zum 1.300-jährigen Bestehen des Benediktinerklosters auf der Reichenau digitalisiert die Badische Landesbibliothek die ca. 240 Titel umfassende Inkunabelsammlung aus der ehemaligen Klosterbibliothek und erschließt diese in maschinenlesbarer Form. Ermöglicht wird dieses Projekt, das nicht nur von hoher landesgeschichtlicher Bedeutung ist, sondern mit einem Umfang von ca. 70.000 Seiten auch quantitativ neue Maßstäbe hinsichtlich der computergestützten Volltexterkennung von Wiegendrucken setzt, durch die Förderung der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg. Es ist angesiedelt in den Abteilungen Regionalia und Sammlungen.
Die Badische Landesbibliothek hat im März 2023 die Lernwerkstatt eröffnet, eine offene Lernumgebung, die auf „Lernen im Austausch“ abzielt. Die Lernwerkstatt kombiniert eine freie Lernfläche mit einem Seminarraum – auf beiden Flächen findet ein breites Veranstaltungsprogramm statt. Die Lernwerkstatt ist die räumliche Heimat der Teaching Library, die seit 2010 Schulungen und Workshops im Bereich wissenschaftliches Arbeiten und Informationskompetenz anbietet.
Raum für Veränderung
(2023)
Seit zwölf Jahren ist die Badische Landesbibliothek in der Vermittlung von Informationskompetenz aktiv. Mit der Eröffnung der Lernwerkstatt im Frühjahr 2023 hat sie nicht nur einen neuen Lernort innerhalb der Bibliothek geschaffen, sondern auch ihr Programmangebot stark vergrößert. Die Lernwerkstatt ist ein Lernort, der mit seiner technischen und räumlichen Ausstattung
sowie mit seinem Veranstaltungsprogramm das „Lernen im Austausch“ fördert. In diesem Artikel werden Konzeptionierung und Umsetzung dieses Lernortes vorgestellt.
Wie verändert sich das Lernen von Jugendlichen heute? Mit welchen pädagogischen Konzepten können Bibliothekspädagoginnen und -pädagogen arbeiten, um Jugendliche zu begeistern? Diesen Fragen ging eine Fortbildung der Fachkommission Bibliothekspädagogik des Landesverbands Baden-Württemberg im dbv nach, die am 2. Mai 2022 per Zoom angeboten wurde. Als Referentinnen konnten Prof. Britta Klopsch, Prof. Anne Sliwka, Janina Beigel sowie Joana Kling gewonnen werden. Im Zentrum stand die Überlegung, wie eine auf schulische Kooperationen ausgerichtete Bibliothekspädagogik beziehungsweise -didaktik des 21. Jahrhunderts gestaltet sein könnte, damit sie den Anforderungen der heutigen und der kommenden Zeit genügt, und die Bedürfnisse von Jugendlichen anspricht.
gemeinsam.flexibel.kreativ
(2023)
Im März 2023 hat die Badische Landesbibliothek die Lernwerkstatt eröffnet. Die Lernwerkstatt ist eine offene Lernlandschaft mit der Idee, »Lernen im Austausch« zu fördern. Gezielt wurde daher die Raumkonzeption mit einem breiten Veranstaltungsprogramm kombiniert. Seit über zehn Jahren bietet die Teaching Library der Badischen Landesbibliothek Workshops und Schulungen zu Informationskompetenz und wissenschaftlichem Arbeiten für Schülerinnen und Schüler der Kursstufe sowie Studierende an. Bis zur Covid-19-Pandemie hatte sich das Team auf Präsenzschulungen konzentriert, die von Lehrkräften und Dozierenden bevorzugt wurden. Nach der kompletten Umstellung auf Online-Schulungen während der Pandemie kristallisierte sich zuletzt eine Mischung aus Online- und Präsenzveranstaltungen heraus. Dieser Prozess löste auch interne Diskussionen darüber aus, wie sich das Angebot an das sich verändernde Lernverhalten anpassen
könnte. Denn die Pandemie und die durch diese beschleunigte Digitalisierung im Bildungsbereich haben dauerhafte Veränderungen im Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer bewirkt, die bei der inhaltlichen wie didaktischen Planung eines Workshop- und Veranstaltungsprogramms berücksichtigt werden müssen. Der ohnehin geplante Umzug des bis 2022 genutzten Schulungsraums war daher eine gute Gelegenheit, über die Neugestaltung nachzudenken. Bereits zuvor waren flexible Raumgestaltung und Laptops für interaktive Didaktik Standard. In einem zweijährigen Planungsprozess wurde ein Konzept für einen neuen Lernort mit Veranstaltungsprogramm entwickelt, um diese Fragen zu beantworten.
Die Geschichte einer Kirchen- oder Pfarrgemeinde lässt sich zuverlässig nur mit Hilfe der schriftlichen Überlieferung schreiben, die im Wesentlichen auf den in einem Pfarrarchiv vorhandenen Akten, Amtsbüchern und Urkunden beruht. Pfarrchroniken, die in vielen Landeskirchen verpflichtend waren bzw. sind, oder persönliche Berichte der Pfarrer sind in Baden eher selten anzutreffen, können aber Teil der pfarramtlichen Überlieferung sein. Auch Printerzeugnisse der Gemeinde wie das Gemeindeblatt sind Teil der amtlichen Überlieferung. Zu den Pfarramtsakten können privatrechtliche Unterlagen von kirchlichen Vereinen, etwa dem Kirchenchor oder dem Diakonieverein, hinzutreten; auf sie hat das Pfarramt nur bedingt einen Zugriff, denn es bedarf der unmittelbaren Entscheidung der rechtlichen Vertreter der Vereine, ob diese Unterlagen zur Verwahrung an ein Pfarrarchiv übergeben werden. In den letzten Jahrzehnten wurden gern auch sog. Zeitzeugen zu Vorgängen in der Gemeinde befragt. So wertvoll Zeitzeugenberichte – wenn sie überhaupt schriftlich fixiert wurden – sein können, so bedürfen sie doch immer der Verifzierung anhand der „amtlichen“ Überlieferung. Für Nachlässe aus privater Hand ist ein Pfarrarchiv in der Regel nicht der geeignete Ort; diese oder auch Predigtsammlungen sollten an ein zentrales Archiv, für den Bereich der badischen Landeskirche ist dies das Landeskirchliche Archiv, gegeben werden.
Der Bestand Abt. 150.014 Karl Heinrich Mann (1912–1982) ist kein Nachlass im eigentlichen Sinne, sondern eher eine Sammlung historischer Unterlagen über Heidelberg und insbesondere die Providenzkirche, an der Mann von 1959 bis 1978 tätig war. Der Nachlass mit einem Umfang von 0,2 lfd. Metern, 18 Verzeichnungseinheiten und einer Laufzeit von 1645 bis 1981, ist zu einem unbekannten Zeitpunkt vor dem Jahr 1999 in das Landeskirchliche Archiv übernommen worden. Er beinhaltet 16 Handakten von Pfarrer Heinrich Mann mit Leichenpredigten bedeutender Persönlichkeiten in der Pfarrei und der Gemeinde. Karl Heinrich Mann wurde am 4. September 1912 in Leipzig geboren. Nach dem Schulbesuch in Leipzig studierte er von 1932–1937 Theologie in Leipzig und Marburg und legte nach bestandener I. Theologischer Prüfung und Vikariat in Sebnitz mit Besuch des Prediger-Kollegs St. Pauli in Leipzig im Mai 1939 vor dem Evangelisch-Lutherischen Landeskirchenamt in Sachsen das II. Theologische Examen ab. Seine erste Pfarrstelle war an der Heil- und Pflegeanstalt Untergöltzsch. Von Mai 1939 bis August 1945 diente er in der Wehrmacht, nahm am Polen- und Westfeldzug teil und kam anschließend in Kriegsgefangenschaft in Kreuznach und Attichy (Frankreich).
Durch Vermittlung von OKR i.R. Gerhard Vicktor konnte der Landeskirchlichen Bibliothek durch Dr. Klaus Hommel aus Heidelberg eine wertvolle Bibelausgabe als Geschenk übergeben werden, nämlich eine Bibel des Frankfurter Verlegers Balthasar Christoph Wust (des Älteren) aus dem Jahre 1665. Nach Angaben des Titelblattes handelt es sich aber um eine Wittenberger Bibelausgabe, denn ihr wurde ein Vorwort von 1660 vorangestellt, das die Wittenberger Theologen für eine in Wittenberg im Oktavformat 1661 gedruckte Bibelausgabe verfasst hatten. Woher kam diese Verbindung des Frankfurter Verlegers nach Wittenberg? Balthasar Christoph Wust wurde 1630 als Sohn des Wittenberger Buchhändlers Christian Wust geboren. 1554 heiratete er die Tochter des Frankfurter Buchdruckers Kaspar Rödel; 1656 übernahm er dessen Druckerei. Um seinen Betrieb vor dem Konkurs zu retten, ging er 1668 eine Verlagsgemeinschaft mit Johann David Zunner ein. 1680 beschäftigte er immerhin 24 Setzer und Drucker, stand aber 1684 abermals vor einem Bankrott. Wust starb im Jahre 1704.
Wenn auch heute weniger von „Apologetik“ gesprochen wird, so ist sie doch ein wichtiger Aspekt im kirchenleitenden Handeln und der theologischen Wissenschaft in der Auseinandersetzung zwischen Welt- und Zeitgeist einerseits und mit den Bekenntnissen andererseits, wie sie in den Kirchen vorgegeben sind. Institutionell wird diese Aufgabe heute überregional wahrgenommen durch die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin. Der Bestand Abt. 060. Apologetische Zentrale der Landeskirche mit einer Laufzeit von 1916 bis 1939 umfasst 42 Verzeichnungseinheiten mit einem Umfang von 0,60 lfd. Metern. Er stammt von dem Begründer und Leiter der Apologetischen Zentrale der Landeskirche Professor Dr. Albert Weckesser und gibt Einblick in die Arbeit dieser Stelle innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Baden während der Zeit vom Ersten Weltkrieg bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges.
Der Bestand D. Hermann Maas hat einen Umfang von 1,90 lfd. Metern und eine Laufzeit von 1861 bis 2011 mit 210 Verzeichnungseinheiten. Er setzt sich wie folgt zusammen: 1. Aus dem eigentlichen Nachlass in Gestalt von Handakten und Originaldokumenten, einer umfangreichen Sammlung von Gegenständen, von denen sich einige als
Ausstellungsexponate zurzeit im Adolf-Schmitthenner-Haus in Heidelberg befiden und einer umfangreichen Bibliothek, die in der Landeskirchlichen Bibliothek in Karlsruhe untergebracht ist. 2. Ferner zählt zum Bestand das Archiv der Hermann-Maas-Stiftung mit Studienzentrum und Gedenkstätte sowie 3. die Sammlung von Unterlagen von Schuldekan i. R. Albrecht Lohrbächer, welche am 18. November 2010 dem Landeskirchlichen Archiv übergeben worden ist und
einen Umfang von ca. 0,30 lfd. Metern hat. 4. Am 30. April 2014 folgte der Zugang der Verwaltung der Hermann-Maas-Stiftung vom Evangelischen Dekanat Heidelberg. Auf Initiative von Walter E. Norton (London) wurde im Jahr 1988 zum Gedenken an Prälat D. Hermann Maas die Hermann-Maas-Stiftung ins Leben gerufen und ein „Archiv“ angelegt, das wesentlich von Pfarrer i. R. Werner Keller aufgebaut und betreut worden ist und in den Räumen des Adolf-Schmitthenner-Hauses in Heidelberg untergebracht war. Während den Renovierungsarbeiten wurde das Archiv in das Hermann-Maas-Haus nach Heidelberg-Kirchheim ausgelagert.
Als vor drei Jahren die für genealogische Recherchen einschlägigen Findmittel, die Bestände 155. Filme, Kirchenbücher; 045.02, Familienbücher sowie Badische evangelische Ortssippenbücher als PDF-Dokumente auf der Website des Landeskirchlichen Archivs (www.archiv.ekiba.de) veröffentlicht wurden, erwies sich diese Onlinestellung schnell als eine für potentielle Archivbenutzer äußerst nützliche Arbeitshilfe für den häuslichen Schreibtisch: Diese Findmittel beantworten dem genealogisch Recherchierenden etliche Fragen nach der Überlieferung, dem Standort, der Laufzeit usf. der von ihm gesuchten Quellen bzw. Literatur. Einzige Voraussetzung dafür ist ein Internetzugang. Auch den Mitarbeitenden des Archivs erbrachte die Erstellung dieser Findbücher eine immense Erleichterung der täglichen Arbeit. Gleiches sollte nun auch für die bisher in Papier- bzw. Karteikartenform vorliegenden Findmittel der beiden wichtigsten Bestände des Landeskirchlichen Archivs, der Spezial- und Generalakten, umgesetzt werden. Im Frühsommer 2013 wurde ein bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für eine solche Retrokonvertierungsmaßnahme gestellter Antrag bewilligt und mit der Eingabe der Daten in die Archivsoftware AUGIAS begonnen. In diesem Zusammenhang wurden offensichtliche Fehler der alten Repertorien bereinigt (z. B. Doppel- und Fehlsignaturen; fragwürdige Aktentitel und Laufzeiten), eine Fehlbestandsliste angelegt, Akten aus dem Zwischenarchiv und der Registratur übernommen sowie eine Neuordnung der Aktenzeichen nach dem derzeit gültigen Aktenplan vorgenommen.
Theodor Achtnich wurde am 10. Mai 1857 in Christiansfeld, Kreis Hadersleben, in
Schleswig-Holstein (heute Dänemark) geboren.
Er besuchte das Pädagogium der
evangelischen Brüdergemeine in Niesky mit anschließendem Studium am Theologischen Seminar der Evangelischen Brüder-Unität und an der Königlich Preußisch
Vereinigten Friedrichs-Universität Halle. Von Weihnachten 1882 bis Ostern 1884
war er Vikar bei Dekan Karl Friedrich Ledderhose in Mannheim-Neckarau. Am 25.
Mai 1884 wurde er in Gnadenfeld zum Diakonus der Evangelischen Brüdergemeinde
ordiniert und wurde Dozent am dortigen Theologischen Seminar, bis er im Juli 1886
nach bestandenem Kolloquium mit Probepredigt unter die Pfarrkandidaten der evangelisch-protestantischen Landeskirche aufgenommen wurde.
Am 31. März 1886 wurde Theodor Achtnich Pfarrverweser in Kandern und verheiratete sich am 25. November desselben Jahres mit der Kaufmannstocher Hermine
geborene Stern aus Mannheim.
Tagebücher „dienen der Niederschrift von Alltagsbegebenheiten und Erfahrungen, Empfindungen und Gedanken etc., die mit der Person des Tagebuchführenden in einem […] Zusammenhang stehen.“ Die Aufzeichnungen folgen einem chronologischen Fortgang, auch wenn nicht notwendiger Weise Kalenderdaten angegeben werden. Die einzelnen Eintragungen erfolgen i.d.R. schubweise und lassen sich daher deutlich voneinander unterscheiden. Typisch für Tagebücher ist ihre „offene Form“, d.h. sie sind prinzipiell nicht abgeschlossen oder können jederzeit wieder aufleben. Ein Bezug einer Eintragung zu früheren Eintragungen muss nicht bestehen. Die aktuellen und konkreten Aufzeichnungen werden oft durch Reflexionen über die beschriebenen Ereignisse ergänzt. Tagebücher weisen typischerweise einen unsystematischen oder fragmentarischen Charakter auf. Doch können durch nachträgliche Überarbeitungen im Zuge einer Reinschrift für eine Öffentlichkeit Bearbeitungen erfolgen, die den ursprünglichen Inhalt erheblich verändern können, wenn etwa späteres Wissen in Urteile und die Darstellung von Zusammenhängen einfließt. Im Folgenden sollen zwei Tagebücher vorgestellt werden, die von Frauen verfasst wurden, die beide in einem – wenn auch sehr unterschiedlichen – Bezug zur Evangelischen Landeskirche in Baden standen. Diese Tagebücher drängen gewissermaßen die Frage auf, welche Relevanz die Tagebucheintragungen für das Verständnis der Rolle von Frauen in der Landeskirche haben. Das erste Tagebuch stammt von der Karlsruher Künstlerin Clara Faisst und umfasst die Jahre des Ersten Weltkrieges. Das zweite Tagebuch verfasste Gertrud Hammann in der Zeit ihres Aufenthaltes in Gurs im Jahre 1940. Beide Tagebücher befinden sich in den Beständen des Landeskirchlichen Archivs.
Der Nachlass des Prälaten Hans Bornhäuser fand, nachdem bereits 2008 kleinere Teile eines „Nachlasses Bornhäuser“ durch den verstorbenen Prälat i.R. Gerd Schmoll übergeben worden waren, im Februar 2013 mit der Übernahme des Hauptnachlasses von der Witwe Ilse Bornhäuser in Freiburg seinen Weg in das Landeskirchliche Archiv Karlsruhe.
Der Bestand beinhaltet 283 Verzeichnungseinheiten mit einem Umfang von insgesamt 1,9lfden. Metern und
einer Laufzeit von 1900 bis 1987. Er umfasst Dokumente aus dem beruflichen wie aus dem persönlichen Leben.
Hans Bornhäuser entstammte einer religiös geprägten Familie: Am 21. Februar 1908 wurde er als erstes Kind des Pfarrers
Wilhelm Bornhäuser und dessen Frau Helene geb. Gonser in Uiffingen bei Boxberg geboren. 1910 wurde der Vater an die Stiftsanstalten in Freiburg versetzt, wo Hans Bornhäuser seine Kindheit und Jugend verbrachte. 1926 nahm er das
Studium der Theologie, Philosophie und Geschichte an der Universität Marburg auf, wo sein Onkel Karl Bornhäuser als Theologieprofessor wirkte. Während seiner Studienzeit verbrachte Hans Bornhäuser einige Semester an der Theologischen Schule in Bethel und an der Universität Erlangen.
Der „Familiennachlass Schmitthenner“ ist der überarbeitete und erweiterte Bestand „Abt. 150.028. Nachlässe von Schmitthenner, Adolf (1854-1907) und Schmitthenner, Karl Ludwig Wilhelm (1858-1932)“, der im Jahrbuch für badische Kirchen- und Religionsgeschichte vorgestellt wurde. Der neue Bestand mit ca. 5 laufenden Metern und 670 Verzeichnungseinheiten hat eine Laufzeit von ca. 1738-2011. Neben den schriftlichen Archivalien gehören zum Nachlass auch Bilder, Fotos und Alben, welche dem Bestand entnommen und der Bilder- und Fotosammlung des Landeskirchlichen Archives (Abt. 08.154.) zugeführt wurden. Die Bücher des Nachlasses wurden geschlossen in den Bestand der
Landeskirchlichen Bibliothek aufgenommen. Elf Ölgemälde wurden in die Grafik- und Gemäldesammlung des Landeskirchlichen Archives (Abt. 08.153.) überführt. Zum Familiennachlass Schmitthenner gehören ferner ein Familienbecher (VZE Nr. 667) und weitere Gegenstände, die als Realien unter VZE Nr. 665 erschlossen sind, z. B.: Lederetui, Brille, Brosche, Druckklischees, Haare von allen den lieben Meinigen (VZE Nr. 107), Wandteller, eine Medaille und ein Abdruck des Petschafts mit dem Schmitthenner-Wappen.
Der Bestand Abt. 064. enthält die Handakten der langjährigen Vorsitzenden der Liturgischen Kommission der Evangelischen Landeskirche in Baden, Frieder Schulz und Heinrich Riehm. Frieder Schulz, geboren am 19. Juli 1912 in Bruchsal und verstorben am 25. Dez. 2005 in Heidelberg, war 23 Jahre lang, von 1955 bis 1978, Direktor des Peterstifts, des Predigerseminars der badischen Landeskirche in Heidelberg und seit 1956 Mitglied der Liturgischen Kommission der Evangelischen Landeskirche in Baden. Die „Handakten Frieder Schulz“ kamen im Februar 1999 als dienstliche
Akten aus der Tätigkeit als Landeskirchlicher Beauftragter für liturgische Ausbildung, Forschung und Praxis sowie seiner Mitarbeit im Rahmen der Liturgischen Kommission der Landeskirche in das Archiv. Heinrich Riehm, geboren am 22. Aug.
1927 in Haßmersheim und im Ruhestand seit 1. Sept. 1992, war 1965 zur Übernahme einer Professur an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Graz für ein Jahr beurlaubt. Bis Ende 1995 hatte er den Vorsitz der Liturgischen Kommission der Evangelischen Landeskirche in Baden. Der vorliegende Bestand „Liturgische Kommission“ dokumentiert durch Protokolle und dazugehörige Unterlagen die umfangreiche und gründliche Arbeit, welche in der badischen Landeskirche und darüber hinaus von Heinrich Riehm und Frieder Schulz vor allem in liturgischer, aber auch in kirchenmusikalischer Hinsicht geleistet worden ist. Unter ihrer Regie entstanden Gottesdienstordnungen, Agenden und Gesangbücher in Zusammenarbeit mit der EKD, weiteren protestantischen Kirchen in Europa und der Ökumene. Im Petersstift waren sie im Fach Liturgik für die liturgische Ausbildung badischer Theologen verantwortlich.