060 Allgemeine Organisationen, Museumswissenschaft
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Seit 1981 öffnet sich Schloss Bruchsal erstmals wieder im Hauptgeschoss für eine große Sonderausstellung. Zu sehen gibt es eine Vielfalt von Zeitzeugen, anhand derer bekannte und unbekannte Seiten der Säkularisation aufgeschlagen werden. Wer die prächtigen, lehrreichen und faszinierenden Stücke betrachtet, staunt, woher sie überall zusammengetragen wurden. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg veranstalten zusammen mit der Stadt Bruchsal die facettenreiche Präsentation beeindruckender Objekte, vor allem aus dem badischen, aber auch ausgewählte Beispiele aus dem württembergischen Gebiet. Der Blick auf die Säkularisationsjahre 1802-1806 - 200 Jahre danach - führt uns in eine spannende Phase der Geschichte des heutigen Baden-Württemberg. Eine der größten Umbruchzeiten, die es in der europäischen Geschichte gegeben hat, war in Gang. Der Name Napoleon steht für diese Zeit. Er hat die neue Ordnung eingeführt, zunächst in Frankreich, dann in ganz Mitteleuropa. Besitzungen und Rechtstitel der Klöster und geistlichen Herrschaften wurden in weltlichen Besitz umgewandelt. Neue Territorialgebilde entstanden. Schloss Bruchsal, als vorherige Residenz der Fürstbischöfe von Speyer war selbst ein Schauplatz der Säkularisation. Durch die Auflösung des kleinen eigenständigen geistlichen Staates verlor es seine zentrale Rolle als Hauptstadt.
1783 bis 1791 war Johann Peter Hebel Präzeptoratsvikar am Pädagogium in Lörrach. In der Lateinschule wohnte er auch, vermutlich im 1. OG. Am Lörracher Pädagogium sammelte Hebel grundlegende Erfahrungen als Pädagoge und schloss Freundschaften, die ihm ein Leben lang wichtig blieben. Davon zeugen Briefe an seinen engsten und vertrautesten Freund Friedrich Wilhelm Hitzig, Hebels Nachfolger am Pädagogium und Freund im Proteuserbund, und an Gustave Fecht, die ab 1788 im Pädagogium wohnte.
Ende November 2002 wurde das Museum am Burghof in Lörrach nach eineinhalbjähriger Schließung neu eröffnet. Anlässlich Lörrachs 900-Jahr-Feier wurden die Räume gründlich saniert, ein Lift an das Gebäude angebaut und die Dauerausstellung neu gestaltet. Thema der permanenten Ausstellung sind Gegenwart und Geschichte der RegioTriRhena, der Drei-Länder-Region zwischen Schwarzwald, Vogesen und Schweizer Jura. Die Wiedereröffnung des Museums bietet Anlass für einen Rückblick auf
die Entwicklung des Lörracher Museums in den vergangenen 120 Jahren.
Rastatt kann bis heute als Musterbeispiel für eine barocke Planstadt am Oberrhein gelten. Das mittelalterliche Rastatt, verkehrsgünstig im Mündungsgebiet der Murg in den Rhein gelegen, übersteht den Dreißgjährigen Krieg, wird aber im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 (wie auch andere Städte in der Rheinebene) nahezu vollständig von Franzosen zerstört.
Diese Zerstörung birgt den Keim zum Aufstieg zu einem Erinnerungsort in sich. Markgraf Ludwig Wilhelm entschließt sich
nämlich um 1700, das zerstörte Rastatt zu seiner befestigten Residenz auszubauen. Das bereits im Bau befindliche Jagdschloss wird nach Versailler Vorbild zur prächtigen Barockresidenz, die Stadt zu einer barocken Planstadt modernsten Stils gestaltet. Die Bedeutung des neuen Rastatt wird alsbald sichtbar: 1714 wird mit dem Rastatter Frieden der Spanische Erbfolgekrieg beendet. Napoleon lädt 1797 nach Rastatt, längst nicht mehr Residenzstadt, dafür aber zum bedeutendsten Verwaltungszentrum im mittelbadischen Kreis herangewachsen, zu einem internationalen Kongress ein. In Wien beschließt 1815 der Deutsche Bund, Rastatt zur Bundesfestung zu machen, deren Bau 1842/44 begonnen und 1849 nahezu fertig gestellt wird. Rastatt wird zum bedeutendsten Militärstandort am Oberrhein.
Bücherschätze
(2020)
Seit fünfzehn Jahren wird im Markgräfler Museum Müllheim eine wissenschaftliche Regionalbibliothek mit den Schwerpunkten Geschichte und Kunst des Markgräflerlandes aufgebaut. In kurzer Zeit ist sie auf rund 7000 Bände angewachsen. Ein bedeutender Neuzugang ist die »Badische Bibliothek« der Familie Blankenhorn, die Erich Blankenhorn ausgebaut und geordnet hat. 2016 hat die Familie dem Markgräfler Museum diese wertvolle Privatbibliothek als Schenkung übergeben – mit 772 lateinischen und deutschen Geschichtsbänden, religiösen Traktaten sowie Büchern zu wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und literarischen Themen der Region. Das älteste Werk datiert von 1599.
Das Neckarauer Heimatmuseum kann auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Seit 1997 ist es im ehemaligen Badehaus in der Rathausstraße hinter dem Neckarauer Rathaus untergebracht. Es wurde auf Betreiben des Firmengründers Friedrich Julius Bensinger als Betriebsbad der Rheinischen Gummi- und Celluloidfabrik, später „Schildkröt AG", um die
Jahrhundertwende erbaut und später der Stadt Mannheim und der Neckarauer Bevölkerung als Volksbad geschenkt. Bis in die 60er Jahre war es in Betrieb.
Der See-Elefant "Tristan"
(2017)
Zu vielen Präparaten, die in der Dauerausstellung des Naturkundemuseums Karlsruhe
(SMNK) gezeigt werden, gehört eine erzählenswerte Geschichte. Eines der wortwörtlich
herausragenden Objekte in der Ausstellung ist
die 1970 von Hauptpräparator Horst Köhler
geschaffene Dermoplastik von „Tristan“, einem
männlichen 4 m langen Südlichen See-Elefanten (Mirounga leonina), der lange Jahre in der
Wilhelma Stuttgart lebte. Die Dermoplastik von
„Tristan“ besticht durch die lebensnahe Ausführung in für See-Elefanten charakteristischer, halb
aufgerichteter Körperhaltung (Abb. 1). Nur wenige Naturkundemuseen zeigen Dermoplastiken
von M. leonina in ihren Schausammlungen, z.B.
das Naturhistorische Museum in Wien, die Grande Galerie de l‘Évolution in Paris oder das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig in
Bonn. Im Musée Zoologique de la Ville de Strasbourg ist ein recht eigenwilliges Präparat eines
See-Elefanten ausgestellt, während die Dermoplastiken von See-Elefanten im Museum Schloss
Friedensstein Gotha oder im Naturhistorischen
Museum der Burgergemeinde Bern präparatorische Maßstäbe setzen, an die das Karlsruher
Exemplar – vom schlechten Erhaltungszustand
abgesehen – durchaus heran reicht.
Die Basler Hebelstiftung
(2010)
Das Jahr 2010 ist für die Basler Hebelstiftung ein doppeltes Jubiläumsjahr. Sie feiert nicht nur gemeinsam mit den Hebelfreunden diesseits und jenseits des Rheins den 250. Geburtstag Johann Peter Hebels, sondern auch ihr 150-jähriges Bestehen. Ein solches Jubeljahr ist immer auch Anlass, einen Blick zurückzuwerfen. Das möchte ich hier gemeinsam
mit Ihnen tun und all jene Fragen beantworten, die Sie vielleicht beschäftigen, wenn Sie zum ersten Mal von dieser Stiftung und ihrem Wirken am Hebelfest in Hausen hören. Was hat Johann Peter Hebel mit Basel zu tun? Was und wer ist die Basler Hebelstiftung? Was tut eine Basler Stiftung Jahr für Jahr am 10. Mai im badischen Hausen?
Das Hus-Museum in Konstanz
(2015)
»Europa zu Gast« lautet das Motto des Konziljubiläums in Konstanz, das von 2014
bis 2018 das Kulturprogramm der Stadt bestimmt. Zum 600. Mal jährt sich das Konstanzer Konzil, das einen Höhepunkt der regionalen Geschichte darstellt. Die Feierlichkeiten
und Veranstaltungen ranken sich um die an die Geschichte angepassten Themenjahre.
2015 ist das »Jahr der Gerechtigkeit« und dem böhmischen Theologen und Reformator
Jan Hus [1]
gewidmet, der am 6. Juli 1415 in Konstanz zum Tod auf dem Scheiterhaufen
verurteilt und hingerichtet wurde. [2] Aus diesem Anlass wurde 2014 am Todestag des Reformators das in den 1980er Jahren entstandene und jetzt umgestaltete Hus-Museum in
Konstanz neu eröffnet. Nur ausgesprochen wenige Exponate wurden dafür übernommen. Das Konzept hat sich grundlegend geändert und so spiegelt die Geschichte des
Hus-Museums sowohl die ambivalente Rezeption der Figur Hus wieder als auch aktuelle
Diskurse um die Ausstellbarkeit von Geschichte. Diese Museumsanalyse befasst sich mit
der Ausstellungsinszenierung des Hus-Museums vor seiner Umstrukturierung, bevor sie
diese mit der aktuellen Darstellung in Bezug setzt. Die Problematiken und Schwierigkeiten, denen das Museum sich für die Thematisierung der Causa Hus stellen musste, sind
einerseits spezifisch für diesen Ort, andererseits transportieren sie Fragen und Aufgaben
für die Vermittlung von Geschichte allgemein.
Im Bauland kannte man einst folgenden Spruch mit Bezug auf die für den 24, 25. und 26. Juli stehenden Heiligen: Christine, Jagowi, Sankt Anne is Ern! Schneid’t mer kee Korn, so schneid’t mer doch Keern. War das Korn zu diesem Zeitpunkt also witterungsbedingt noch nicht erntereif, so gingen die Bauern dennoch aufs Feld, um den vorzeitig zu schneidenden Grünkern („Keern“) spätestens jetzt einzubringen. Das bedeutete „Keernmachen“ und hatte seine Blütezeit um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, als das Bauland mit großem Personal- und Arbeitsaufwand gewissermaßen im Weltmonopol den Markt mit der schmackhaften „Suppenfrucht“ versorgte. Der glanzvollste Teil der Geschichte des Grünkerns, die im folgenden Beitrag in Erinnerung gerufen werden soll. Gewiss kein neues Thema in dieser Zeitschrift, hat sie doch grundlegende Arbeiten darüber von Heiner Heimberger (1900-1977) veröffentlicht. Die im Zeichen gestiegenen Ernährungsbewusstseins seit Jahren spürbare „Renaissance“ von Dinkel und Grünkern einerseits und die Eröffnung eines Museums in Walldürn-Altheim andererseits geben jedoch Anlass genug für diese kleine Betrachtung, die auch eine vernachlässigte Landschaft etwas ins Blickfeld rücken will.
Heckel und Arkadien
(2011)
In der Zeit vom 15. Mai bis 15. Oktober 1919 zeigten die Städtischen Sammlungen in Heidelberg die Ausstellung „Heidelberger Maler der Romantik“. Sie war die erste umfassende museale Präsentation zu diesem Thema. Was verstehen wir unter Heidelberger Malerei der Romantik? Für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts und teilweise darüber hinaus häufen sich die Namen von Künstlern, die, oft nur wenige Jahre, in Heidelberg lebten oder zumindest Heidelberger Motive malten. Was diese Maler ästhetisch verbindet, sind verwandte Kunstauffassungen (zum Teil im Sinne des Biedermeiers); eine Schule im engeren Sinn hat sich jedoch nicht ausgebildet. Biografisch waren die Vernetzungen unter den Künstlern so lose, dass man von einer „Künstlerkolonie“ sprechen könnte. Damals gab es am Ort kaum Möglichkeiten, zum Künstler ausgebildet zu werden, vor allem keine Kunstakademie; gebürtige Heidelberger gingen an die Akademien in Karlsruhe oder München, seltener nach Düsseldorf. Bevorzugte Sujets waren Heidelberger Stadt- und vor allem Schlossansichten, Landschaften und Porträts. Die Landschaftsmalerei Heidelberger Künstler erreichte ihren Höhepunkt mit dem Übergang von der idealen zur stimmungsvoll-realistischen Wiedergabe. Eine solche Malerei bediente den Geschmack des gehobenen Bürgertums, war aber auch am Hofe salonfähig. So ist es nicht erstaunlich, wenn etwa mit Ernst Fries ein Heidelberger Romantiker Hofmaler in Karlsruhe geworden ist. Das Kunstmäzenatentum des landgräflichen Hofes in Darmstadt hat für einzelne Künstler die fehlende Residenz am Neckar ersetzt.
Bereits 1804 hatte der damalige Kurfürst Karl Friedrich am Florentinerberg in unmittelbarer Nähe der Stiftskirche eine Antiquitätenhalle, das Museum Paleotechnicum, erbauen lassen, in der die bis dahin bekannten römischen Altertümer
ausgestellt waren. 1846 musste das Gebäude jedoch einem neuen Dampfbad weichen. Sämtliche Ausstellungsstücke wurden
in die Großherzogliche Altertümersammlung (heute Badisches Landesmuseum) nach Karlsruhe verbracht.
Im Juli 1892 wurden auf Initiative des Stadtrates und Kunstdruckereibesitzers Stanislaus Kah die "Städtischen historischen Sammlungen", begründet. In 125 Jahren ist eine veritable Sammlung entstanden, von der ein Großteil im Verborgenen ruht. Zum Jubiläum wird ausgepackt, was sonst mit der Verschlossenheit des Depots vorliebnehmen muss. Gezeigt wird das Objekt mit der Inventarnummer 1, die älteste Urkunde von 1467, römische Fundstücke oder ein Schatz seltener Goldmünzen aus der Oos.
Augustin Kardinal Bea
(2003)
„Nach Papst Johannes XXIII. wird er in der Erinnerung vieler als die eindrücklichste Gestalt des Zweiten Vatikanischen Konzils fortleben“, stellte Prof. E. Schlink, der lutherische Konzilsbeobachter fest. Ähnlich äußerte sich der Erzbischof von Westminster, Kardinal C. Heenan, der sagte: „Am Ende wurde Kardinal Bea allgemein, wenn nicht als der gewandteste, so gewiß als der erfahrenste und überzeugendste Redner des Konzils betrachtet“. — Über vierzig Jahre liegen seit dem Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962—1965) zurück. Die Zeitzeugen, die dieses kirchengeschichtliche Ereignis bewußt erlebt haben, sind spärlicher geworden. Der größte Teil der Konzilsväter ist verstorben und die Aufbruchstimmung, die die Konzilszeit kennzeichnete, scheint der Resignation gewichen zu sein. Die Nachkonzilsepoche ist von einem massiven Säkularisationsschub bestimmt, der zu einer Entleerung der Gotteshäuser führte und in dem viele Kräfte versuchen, kirchliche Bezüge aus unserer Gesellschaft zu verdrängen. Diese Tendenzen lösten fast unvermittelt die Phase ausgeprägter Kirchlichkeit ab, die als Reaktion auf das menschenverachtende Naziregime Staat und Gesellschaft in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts prägte. Die die politische Diskussion um das Verhältniss von Kirche und Staat im Aufklärungszeitalter bestimmenden Gedanken scheinen in ihrer antikirchlichen Variante erst jetzt in voller Wucht zum Durchbuch zu kommen.
Eigentlich war alles vorbereitet: Auf einem traumhaften Grundstück zwischen alten Olivenbäumen und Eichen sollte gebaut werden. Das weiche Licht Südfrankreichs, der unbeschreibliche Duft, der über dieser mediterranen Landschaft liegt - hier an der Cote d'Azur im Örtchen Mougins sollte es entstehen: Das kleine, aber feine Museum des Baden-Badener Kunstsammlers Frieder Burda. Die renommierte Sammlung zeitgenössischer Kunst mit heute rund 1000 Werken hatte längst internationale
Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Viele Jahre hat Frieder Burda eher still gesammelt, jetzt war es an der Zeit, die wertvollen
Schätze der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mougins schien der ideale Platz: Pablo Picasso hat hier seine letzten zwölf Lebensjahre verbracht.
Spiegel der Ortsgeschichte
(2002)
Im Bruchsaler Stadtteil Untergrombach kommt man bei der Fahrt von der Ortsmitte nach Obergrombach an einem markanten, auf die Obergrombacher Straße hinauskragenden Fachwerkhaus vorbei. Ein erster Blick zur hohen Giebelfront sagt auch dem Nichtbaukundigen, dass hier ein Haus steht, das nicht in das Schema der sonst üblichen Fachwerkhäuser passt. Dem ist so, nicht ohne Grund hat die Stadt Bruchsal dieses bei der Eingemeindung im Jahre 1971 in einem sehr desolaten Zustand
befindliche Haus für einen stattlichen Betrag in den heutigen Zustand gebracht. Es wurde damit ein Fachwerkbau von hohen historischen Wert erhalten, der einige Besonderheiten ausweist, die im folgenden erörtert werden.
Evolution und Evaluation
(2000)
Der Titel mag befremden oder irritieren. Ersteres läßt sich aufklären, letzteres ist durchaus beabsichtigt. Ein Wortspiel, gewiß, aber ein sehr bewußt gewähltes. Denn beide Bezeichnungen sprechen Schlüsselbegriffe für die aktuelle Museumsentwicklung an. In der gebotenen Kürze sei dies erläutert, bevor ich mich meinem konkreten, im Untertitel verschlüsselten Thema
bezogen auf das Karlsruher Naturkundemuseum zuwende. Das Wort Evolution steht für kontinuierlich fortschreitende Entwicklung in Kosmologie, Biologie und Philosophie. Ich werde mich hüten, fachfremd wie ich bin, auf die naturwissenschaftlich-phylogenetische Diskussion des Evolutionsbegriffs einzugehen. Ebensowenig soll Evolution in philosophischer Perspektive als allumfassend-naturgesetzliche Erklärungsgrundlage für Wissen, Bewußtsein und moralisches Verhalten und deren sich ausdifferenzierendes und sublimiertes Fortschreiten thematisiert werden.
Man kennt sich nicht mehr aus in unserm Vaterland". Mit diesen Worten resümierte bei der Übernahme des fürstbischöflichen Meersburg in das markgräfliche Baden ein badischer Kommissar die umwälzenden Veränderungen durch die immensen Gebietszugewinne, die seit 1802 in die Tat umgesetzt wurden. Aufklärerische Utopien und territoriale Verluste an Frankreich waren der Auslöser für die staatliche Umstrukturierung des deutschen Südwestens. Herrschaftliche Wechsel ereigneten sich in kurzen Zeitabständen. Im Breisgau regierte von 1801 an sogar der oberitalienische Herzog von
Modena, der für seine verlorengegangenen Besitzungen entschädigt worden war. Was durch die Einführung der Reformation 1534/35 im württembergischen und badischen Territorium und in der Kurpfalz gelang - die Auflösung und Eingliederung zahlreicher Klosteranlagen - fand am Anfang des 19. Jahrhunderts in weit umfangreicherem Maße statt. Mächtige und reiche Klöster mussten schließen, ihr Vermögen wurde eingezogen und neue Nutzer zogen in die nach dem Auszug der ehemaligen Bewohner leerstehenden Gebäude ein. Kirchengut wurde vereinnahmt, sortiert und verteilt oder zu purem Geldwert „versilbert". Der Aufbruch in eine neue Ordnung zog sich über mehrere Jahrzehnte hinweg.
Kunst im Naturmuseum
(2001)
Heute ist es eine rechte Seltenheit, dass Natur und Kultur zusammenfinden, in diesem Fall das Naturmuseum und die Kunst. Während einstens diese beiden tragenden geistigen Lebensbereiche, allerdings bei Dominanz der Geisteswissenschaften, miteinander verwoben waren, sind sie inzwischen so etwas wie gegensätzliche, bis zu einem gewissen Grade verfeindete Brüder geworden. Selbstredend war das noch weitgehend anders bei Altmeister Goethe, dem derzeit vielerorten gefeierten
Jubilar. Bei einer profunden humanistischen Bildung (schon mit zehn Jahren führte er lateinische Gespräche mit seinem Vater) waren für ihn die Bereiche Kunst mit der Bildenen Kunst, Literatur, Dichtung, Theater und Musik einerseits und die Natur einschließlich der damaligen Naturwissenschaften andererseits zwei mächtige, einander gegenüberstehende, aber
nicht bekämpfende Größen, die bis zu einem gewissen Grade die beiden Seiten ein und derselben Medaille bildeten. “Wer Kunst und Wissenschaft fördert darf sich sagen, dass er gränzenlose Folgen vorbereitet,” schrieb Goethe 1822 der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt am Main, Kunst als Synonym für die Kultur und Wissenschaft für die Naturwissenschaften. Beide Komplexe wurden somit als gleichwertige Elemente nebeneinander gestellt.