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Adlige, Begine, Bettlerin
(2013)
Die Verehrung der Heiligen verweist den gläubigen Menschen auf Alternativen zum alltäglichen Leben und macht deren Lebensform als Weg zum Heil konkret, also wahrnehmbar. Ein solches Leitbild verkörperte Elisabeth von Thüringen seit ihrem frühen Tod 1231. Schon wenige Monate, nachdem die junge Landgräfin in der Nacht vom 16. zum 17. November 1231 gestorben war, bemühte sich ihr Beichtvater Konrad von Marburg darum, die singuläre Stellung seiner ihm anvertrauten Beichttochter durch ein offizielles Heiligsprechungsverfahren zum Ausdruck zu bringen. Er entwarf einen kurzen Lebensabriss Elisabeths und schickte ihn an die Kurie, zusammen mit Aufzeichnungen von Wunderberichten, die nach Zeugenverhören notiert wurden. Dieses Beweismaterial wurde in mehreren Schritten noch ergänzt, zumal man an der Kurie einem vorbildhaften Lebenswandel mehr Aufmerksamkeit schenkte als Wundern. Deshalb erhielten die Aussagen von vier Dienerinnen Elisabeths, die sie zum Teil seit ihrer Kindheit begleitet hatten, einen besonderen Stellenwert. „Unter Eid“ berichteten sie ausführlich über Begebenheiten aus dem Leben ihrer Herrin. Alle späteren Lebensbeschreibungen Elisabeths beziehen sich auf diese Befragung der Dienerinnen im Rahmen des Kanonisationsverfahrens.
Weibliche Wohngemeinschaften im spätmittelalterlichen Offenburg und ihr langer Weg in den Alltag
(2018)
Mit dem Begriff „Wohngemeinschaften“ verbindet sich üblicherweise die moderne Vorstellung einer Studenten-WG oder
einer Senioren-WG: Die Jüngeren teilen sich eine Wohnung, die Älteren ein Haus, mit Einzelzimmern und Gemeinschaftsräumen. Dieser Beitrag will die Aufmerksamkeit auf eine ganz andere Gruppe lenken – eine Gruppe, die nicht durch das Alter definiert ist, sondern durch das Geschlecht. Es sind alleinstehende Frauen in Offenburg, die diese neue Lebensform des gemeinschaftlichen Wohnens schon vor über 700 Jahren gesucht und gestaltet haben. Sie nannten sich „Beginen“. Mindestens zehn ihrer Hausgemeinschaften sind uns aus dem 14. und 15. Jahrhundert bekannt. Leider ist die Quellenlage zu ihrer Geschichte sehr spärlich. Von keinem einzigen Haus kennen wir den genauen Gründungsvorgang. Und nur wenige Urkunden gewähren uns einen konkreten Einblick in das Leben dieser neuartigen Wohngemeinschaften. Sie bilden die Grundlage der folgenden Untersuchung.
Heiligenleben und Alltag
(2010)
Dis ist von dem heiligen leben der seligen frowen, genant die Rickeldegen, und waz grozer wunder unser lieber her mit ir gewurcket het. Und mit irme eigen namen wz su Gerdrut genant. So beginnt die Schrift, die im Mittelpunkt der Untersuchung stehen soll. Sie nimmt ganz selbstverständlich das seit dem Frühmittelalter geläufige literarische Muster auf, mit dem ein Heiligsprechungsprozess in Gang gesetzt wurde: Vita et Miracula bildeten die Grundlage für den Prozess, an dessen Ende die Aufnahme in das Verzeichnis der Heiligen stand. Diesem Programm will ich einen zweiten Aspekt hinzufügen, der sozusagen quer dazu steht: Offenburger Alltagsleben. Dabei interessieren nicht so sehr die großen Wunder, sondern die kleinen Alltagsgeschichten, in denen sich das Leben einer Frau widerspiegelt mit all seinen Zwängen und Möglichkeiten. Zugegebenermaßen verengt dieser Blick das überlieferte Bild der Offenburger Heiligen in ungebührlicher
Weise. Denn in erster Linie widmet sich die Schrift dem spirituellen Leben einer Frau, ihrer Askese und ihrem Ringen um eine neue Lebensform. Meine Engführung soll Einblicke bieten in das Tagesgeschehen einer kleinen Stadt des 14. Jahrhunderts, in der Gertrud fast 30 Jahre lang gelebt hat.
Wie kann man nur eine Heilige vergessen? - War Gertrud überhaupt eine Heilige? Im amtlichen Verzeichnis aller von der Kirche anerkannten Heiligen, dem Martyrologium Romanum, ist ihr
Name nicht enthalten.[1] Es wurde 1583 von Papst Gregor XIII.
veröffentlicht, im Rahmen von Ordnungsmaßnahmen, die er
während seines dreizehnjährigen Pontifikats auf verschiedenen
Feldern des kirchlichen Lebens ergriffen hat.