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Von den württembergischen Königinnen ist die erste, Königin Charlotte Auguste
Mathilde, die unbekannteste geblieben. Dabei war sie als geborene Prinzessin
von Großbritannien und Irland nach der Rangordnung des europäischen Adels
durchaus mit den späteren Königinnen Katharina und Olga, beide geborene
Großfürstinnen von Russland, zu vergleichen. Ihr Heimatland stieg während
ihrer Lebenszeit zur Weltmacht auf. Sie selbst heiratete 1797 Herzog Friedrich II.
von Württemberg, der 1803 zum Kurfürsten erhoben wurde und 1806 die Königswürde annahm. So war Charlotte Mathilde zwar schließlich Königin in einem
relativ kleinen Land, aber sie war immerhin Königin.
Die geringere Popularität der Monarchin gegenüber ihren Nachfolgerinnen
dürfte zwei Gründe haben. Zum einen war sie mit König Friedrich verheiratet,
der als schwierige Persönlichkeit galt.
In seine Zeit fiel die Säkularisation und
Mediatisierung, aber seine Regierungsjahre waren auch von schweren Krisen,
ausgelöst durch Kriege und eine Reihe von Missernten, bestimmt. Neben dem
willensstarken, autoritären König verblasste die Gemahlin etwas, weil sie sich nicht
direkt in die Politik ihres Ehemannes einmischte. Dabei nahm sie interessiert
Anteil an den politischen Entwicklungen, denn sie war an einem bedeutenden
europäischen Hof aufgewachsen. Als das Herzogtum Württemberg im Zweiten
Koalitionskrieg zwischen Frankreich und Österreich massiv von französischen
Truppen bedroht wurde, bat Charlotte Mathilde ihren Vater König Georg III.,
für Württemberg Partei zu ergreifen und ihren Gemahl zu unterstützen. Außerdem spielte der Umstand eine Rolle, dass König Friedrich bereits aus seiner
ersten Ehe drei Kinder hatte, der Erbprinz bei der zweiten Eheschließung also
bereits geboren war.
Ohne Zweifel gehörte das Schloss Solitude mit seinen weitläufigen Parkanlagen
zu den spektakulären barocken Bauwerken in Deutschland. Obwohl vom Park und
seinen Gebäuden nur noch Spuren übrig geblieben sind, erstaunt es heute noch,
welche gewaltige Anlage hier innerhalb weniger Jahre gebaut worden ist. Herzog Karl
Eugen steht mit seiner geradezu manischen Baulust auch im Vergleich mit seinen
Zeitgenossen als Ausnahmeerscheinung da. Alle paar Jahre fasste er ein neues Bauprojekt ins Auge, so dass er schließlich über eine stattliche Anzahl an repräsentativen
Herrschaftssitzen verfügte. Dazu zählt in erster Linie das Residenzschloss Ludwigsburg mit dem kleineren Jagdschloss Favorite und dem Schlösschen am Eglosheimer
See, das im 19. Jahrhundert den Namen Monrepos erhalten sollte. Daneben entstand auf der Schwäbischen Alb das Jagdschloss Grafeneck, auf dem Einsiedel bei
Tübingen ließ Karl Eugen neben dem alten herzoglichen Jagdschloss ein repräsentatives Gebäude errichten, und in der Nähe von Stuttgart unterhielt er ein kleineres
Schlösschen Floride in dem Bereich, wo sich heute der Stadtteil Fasanenhof befindet.
In diese imposante Reihe der Schlösser fügt sich das Schloss Solitude ein, zu dem
im November 1763 der Grundstein gelegt wurde. In einem weitläufigen Waldgebiet
in der Nähe des Dorfes Gerlingen ließ der Herzog ein Schloss in der Einsamkeit mit
zahlreichen Nebengebäuden und einer weitläufigen Parkanlage erbauen. Die Ähnlichkeit mit dem Seeschloss bei Eglosheim dürfte nicht auf Zufall beruhen. Das Seeschlösschen war seit 1760 unter der Leitung des Architekten Philippe de la Guêpière
gebaut worden. Schon kurz nach Baubeginn verlor Herzog Karl Eugen das Interesse
an dem kleinen Schloss mit seinem rechteckigen See, vermutlich deshalb, weil er nun
auf der Solitude eine wesentlich größere Anlage erbauen ließ. Bei beiden Schlössern
stand die Absicht im Vordergrund, abgelegene Orte abseits der Residenzen zu schaffen,
in die man sich zurückziehen konnte. Das drückt sich bereits im Namen Solitude
aus. Indessen machte Herzog Karl Eugen die Verbindung des Ludwigsburger Residenzschlosses mit dem Jagdschloss auch optisch deutlich, indem er die beiden Schlösser
durch eine schnurgerade Allee miteinander verbinden ließ. Noch heute zeichnet sich
die Solitude-Allee deutlich in der Landschaft ab und ist damit zu einem prägenden
landschaftlichen Element im Mittleren Neckarraum geworden. Fast das gesamte
Ensemble der Alleen im Raum Ludwigsburg blieb erhalten, wodurch die Barockzeit
bis heute im Großraum Ludwigsburg signifikante Spuren hinterlassen hat.
Zu den legendären Gestalten des »Wilden Westens« gehört der Revolverheld William
Bonney (1859–1881), den man allgemein »Billy the Kid« nannte. Er verdankt seine
Berühmtheit einer bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzung in der kleinen Stadt
Lincoln im US-Bundesstaat New Mexico im Sommer 1878. Drei Jahre nach diesem
bewaffneten Konflikt wurde Billy the Kid von Sheriff Pat Garrett erschossen. Im
Nachhinein verklärten ihn Schriftsteller, Musiker und Filmleute zu einem »Robin
Hood des 19. Jahrhunderts« und schufen so den Mythos, der den Westernhelden bis
heute umgibt. Inzwischen sind Hunderte von Büchern über Billy the Kid erschienen,
und auch der Bürgerkrieg im Lincoln County (»Lincoln County War«) konnte durch
neuere Forschungen genauer rekonstruiert werden. Auslöser dieses gewalttätigen
Konflikts war der Nachlass des auf der Domäne Monrepos geborenen Emil Fritz.
Aber es gibt noch weit mehr Bezüge zum Königreich Württemberg, die mitten hinein
führen in die unmittelbare Umgebung der königlichen Familie.
Trotz einer sehr kurzen Regierungszeit verdient Herzog Ludwig Eugen von Württemberg auch in Ludwigsburg Interesse. Nicht die zwei Sommer, die er in der Residenz
Ludwigsburg verbrachte, sind dafür ausschlaggebend, auch nicht die Tatsache, dass
er in Ludwigsburg verstarb und in der katholischen Gruft beigesetzt wurde. Im
Schloss hängt ein Gemälde, das ihn zu Pferd zeigt: Es ist das größte Ölbild eines
württembergischen Herrschers in den weitläufigen Räumen des Schlosses. Obwohl
die Wirkung dieses Bildes beeinträchtigt ist, weil es in einem Gang hängt und dadurch
die beabsichtigte Fernwirkung verloren hat, stellt es den Herzog in die Reihe der
württembergischen Landesherren. Ein weiteres Gemälde findet sich in der Reihe der
regierenden Herzöge in der Ahnengalerie.
Im 1984 erschienenen Buch »900 Jahre Haus Württemberg« ist Herzog Ludwig
Eugen – im Gegensatz zu seinem Bruder und Nachfolger Herzog Friedrich Eugen, der
ebenfalls nur zwei Jahre lang regierte – nicht vertreten. Dabei fällt die Regierungszeit
Ludwig Eugens in eine Phase starker Umbrüche sowohl im Herzogtum Württemberg
als auch in ganz Europa. Der Herzog sah sich mit politischen Fragen konfrontiert, die
sich als Folge der Französischen Revolution, aber auch durch eine schwere Krisensituation stellten. Es begann sich ein neues Verständnis von Staatsgewalt und Obrigkeit zu
entwickeln. Obwohl sich die eigentlichen Auseinandersetzungen erst nach 1797 in der
Regierungszeit des Herzogs Friedrich II. (seit 1803 Kurfürst, seit 1806 König) abspielten,
nahmen sie doch schon in der kurzen Zeit des Herzogs Ludwig Eugen ihren Anfang.
Nur eineinhalb Jahre lang, vom 20. Oktober 1793 bis zum 20. Mai 1795, regierte
Herzog Ludwig Eugen das Herzogtum Württemberg, ein mittelgroßes Territorium
im deutschen Südwesten. Nicht nur diese kurze Regierungszeit hat das Andenken
dieses Herzogs rasch verblassen lassen, sondern auch andere Umstände in seinem
Leben. Er war katholisch und Landesherr in einem rein protestantischen Land. Er
war unstandesgemäß verheiratet und hatte keine Söhne. In seiner Regierungszeit brachen dramatische Konflikte auf, aufgrund derer er mit den mächtigen württembergischen Landständen in heftige Auseinandersetzungen geriet, obwohl er eigentlich als
notorisch gutmütig galt. Deshalb dürfte die Trauer in Württemberg eher verhalten
gewesen sein, als er im Mai 1795 unvermutet einen Schlaganfall erlitt und innerhalb
weniger Minuten verstarb.
Seit dem späten 17. Jahrhundert verbreitete sich die neue Frömmigkeitsbewegung
des Pietismus in den protestantischen Territorien des Deutschen Reiches. Dazu
parallel lief eine radikale Strömung, die von der Überzeugung getragen war,
dass wahres Christentum nur außerhalb der verfassten Kirche möglich sei. Diese
Richtung wird in der historischen Forschung unter dem Begriff »radikaler
Pietismus« gefasst, während man im Herzogtum Württemberg allgemein vom
Separatismus sprach. Im Rahmen dieses Aufsatzes soll der radikale Pietismus
unter einer verengten Perspektive dargestellt werden, nämlich mit der Fokussierung auf Ludwigsburg und seine Umgebung. Obwohl es sich von der personellen
Stärke der Bewegung her gesehen nie um mehr als eine Randerscheinung handelte,
hat der radikale Pietismus in der württembergischen Kirchen- und Geistesgeschichte
tiefe Spuren hinterlassen. Die im Zentrum des Landes gelegene zeitweilige Residenzstadt Ludwigsburg konnte davon ebensowenig unberührt bleiben wie das
Umland.
Noch heute kann man wohl kaum das weitläufige Barockschloss Ludwigsburg und
seinen Park besuchen, ohne sich vorzustellen, wie es wohl ausgesehen haben mag,
als hier noch der württembergische Landesherr seine Residenz unterhielt. Überblickt
man die gesamte Geschichte des Schlosses bis zum Ende der Monarchie im Jahr 1918,
so geht man allgemein von drei wichtigen Phasen seiner Residenzfunktion aus. Gleich
nach der Erbauung des Schlosses unterhielt Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg einen glänzenden Hof, der wesentlich durch seine Mätresse Christiane Wilhelmine von Grävenitz mit geprägt wurde. Bislang ist über das Hofleben während
der Regierungszeit des Schlossgründers wenig bekannt. Falls es einschlägige Q!uellen
gibt, sind diese noch nicht ausgewertet worden.
Fast noch prachtvoller ging es zu, als der junge Herzog Carl Eugen nach 1744 einen
der glänzendsten Höfe in Europa unterhielt, was ihm zeitweise unter Einsatz großer
finanzieller Mittel gelang. Dazu gibt es eindrückliche Beschreibungen, beispielsweise die panegyrischen Berichte des Hofdichters Joseph Uriot. Die im Archiv des Hauses Württemberg erhaltenen Hofdiarien setzen in der Zeit nach 1750 ein, bleiben
aber freilich für das 18. Jahrhundert lückenhaft. Trotzdem könnte man bei Hinzuziehung aller Quellen wahrscheinlich ein relativ dichtes Bild des Hoflebens gewinnen.
Die Feststellung, dass der Adel im Mittelalter Herrschaft ausübte, ist, so WERNER HECHBERGER, „einer der trivialsten Sätze der deutschen Rechts-, Verfassungs- und Sozialgeschichte [...]. Schon etwas weniger trivial ist die Frage, wie diese Herrschaft überhaupt entstanden ist.“ Wie sich adlige Herrschaft in der Region Baar im 13. Jahrhundert entwickelt hat, möchte ich im Folgenden analysieren. Die sich damals neu strukturierenden Herrschaftsverhältnisse sollten die Baar über lange Zeit entscheidend prägen. Nachdem sich zu Beginn des Jahrhunderts die Grafen von Urach und der Stauferkönig Friedrich II. um das Erbe der Zähringer gestritten hatten, waren Mitte und Ende des Jahrhunderts geprägt vom Kampf zwischen den Häusern Sulz/Wartenberg und Fürstenberg, um den es in diesem Aufsatz vor allem gehen soll. Im ersten Teil werde ich die Herrschaftshäuser der Fürstenberger, der Sulzer und der Wartenberger im Hinblick auf ihre Bedeutung und ihren Bezug
zueinander und zur Region Baar vorstellen. Im zweiten Teil werde ich die Rivalität der Fürstenberger und Wartenberger um Burgen, Städtegründungen und geistliche Einrichtungen darstellen und abschließend das Spannungsfeld im Bereich
Landgrafschaft und Grafschaft sowie die Auflösung des Konflikts beschreiben.
Der aus Heilbronn stammende Apotheker Gustav Mayer war zweifellos die schillerndste politische Figur im Amtsbezirk Sinsheim während der Revolution von 1848/49. Er kam aus gut situierten bürgerlichen Verhältnissen. Die Familie Mayer
war seit Generationen in Heilbronn ansässig gewesen und gehörte zu den Honoratioren der Stadt. Wie sein älterer Bruder Friedrich (Fritz) ergriff der am 22. August 1810 geborene Gustav Mayer den väterlichen Beruf des Apothekers. Nach seiner Heirat mit Amalie Eberbach (1836 in Großgartach), die ihm später in schweren politischen Zeiten aufopferungsvoll zur Seite stand, erwarb Mayer um 1840 die Apotheke in Meßkirch. Der Württemberger Mayer nahm damals die badische Staatsbürgerschaft an und verdiente sich als Mitglied des Meßkircher Gemeinderates seine ersten politischen Sporen.
Bei Ihrer Großmutter auf dem Buffett stand eine Hebel-Büste. „Von dem Langweiler da oben lese ich bestimmt nichts“, hatte sich Liselotte Reber-Liebrich damals als kleines Mädchen gedacht. Doch da sollte sie sich gründlich irren. Johann Peter Hebel wurde sehr wohl ein Thema ihres Lebens, ein wichtiges sogar. Bis 2006 war sie über zwanzig Jahre lang die Präsidentin der Basler Hebelstiftung, publizierte als Autorin viele Beiträge über Hebel, hielt Reden bei den Hebel-Feiern, was zu einer „lebenslänglichen Beschäftigung“ mit dem alemannischen Dichter führte. Mit Liselotte Reber-Liebrich aus Riehen wurde also
eine ausgesprochene Hebel-Kennerin mit der Hebel-Plakette 2007 ausgezeichnet.
Als einer der letzten Vertreter des Alten Reiches verkörpert Carl Theodor Anton Maria von Dalberg (* 08. Februar 1744 in Mannheim – † 10. Februar 1817 in Regensburg) wie
kaum eine andere Persönlichkeit den durch die gewaltigen Umbrüche und die Neuordnung durch Napoleon ausgelösten Aufstieg und Fall. Vor der Säkularisation war Dalberg
Erzbischof von Mainz, Fürstbischof zu Worms und letzter Fürstbischof von Konstanz. Als
»Parteigänger« Napoleons versuchte er die alte Reichsverfassung und die »Einheitskirche«
Deutschlands zu bewahren. In der Gründung des Rheinbundes unter Napoleon erblickte
Dalberg die Chance, die deutsche Einheitskirche, deren Neuordnung nach dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 immer noch anstand, zu erhalten. Als Kurerzkanzler des
Heiligen Römischen Reiches und später Fürstprimas des deutschen Rheinbundes, Großherzog von Frankfurt und Erzbischof von Mainz, später Regensburg, wurde er einer der
mächtigsten Männer Deutschlands in kirchlichen und weltlichen Angelegenheiten. In dieser Funktion war er der einzige geistliche Fürst, der die Säkularisation zunächst überstand. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. bis 18. Oktober 1813 mit der Niederlage
Napoleons gab er alle politischen Ämter auf, blieb letztlich aber Erzbischof von Regensburg und Bischof von Konstanz.
László Trunkó †
(2022)
László Trunkó wurde am 8. Mai 1935 in der zentralungarischen Kleinstadt Szolnok als einziger Sohn des promovierten Juristen István Trunkó und der Erzieherin Erzsébet Trunkó geb. Riszner, geboren. Der Vater war ab 1940 am obersten
Verwaltungsgerichtshof in Budapest beschäftigt. Er wurde 1950 als „Klassenfeind“ von den Kommunisten aus dem Staatsdienst entlassen. Die Familie verarmte daraufhin. László Trunkó nahm 1953 unmittelbar nach seinem Abitur sein
Geologiestudium mit Schwerpunkt Paläontologie an der Eötvös-Loránd-Universität auf. Der mit Staatsgewalt niedergeschlagene ungarische Volksaufstand, der am 23. Oktober 1956 mit einem friedlichen Protest der Studenten der Universitäten in Budapest begonnen hatte, zwang ihn zur Flucht nach Deutschland. Dort wurde er sofort als politischer Flüchtling anerkannt, setzte sein Geologiestudium an der Georg-August-Universität Göttingen fort und schloss es 1960
mit der Diplomprüfung ab. Bereits ein Jahr später wurde er auf der Grundlage seiner für die Diplomarbeit gesammelten Daten promoviert. László Trunkó arbeitete damals unter anderem über oligozäne Foraminiferen (Grossheide & Trunkó 1965; Trunkó 1965).
Albert Hauser
(2009)
Noch rankt sich so manche Legende und Anekdote um die ersten Helden im Fahrradsattel. Einige wenige Namen strahlen bis heute hell, aber die meisten sind aus unserer Erinnerung entschwunden. Sie alle sind jedoch ein wichtiger und unverzichtbarer Teil einer überaus spannenden und wechselvollen Sportgeschichte. Zu den Pionieren des Radsports in der Ortenau zählt auch der Altenheimer Albert Hauser. Allerdings fällt es schwer dessen Leben, insbesondere die sportlichen Lebensstationen nachzuzeichnen. Schriftliche Unterlagen über ihn sind, wenn überhaupt, überaus spärlich und auch nur verstreut archiviert vorhanden. Nachkommen aus seiner Ehe mit Berta Maurer sind keine hervorgegangen. Die wenigen Zeitungsartikel in denen er erwähnt ist, geben die im Radrennsattel errungenen sportlichen Erfolge und Leistungen lediglich im „Telegrammstil" bekannt. Zeitgenossen, die die sportiven „Heldentaten" Hausers noch miterlebt haben, sind entweder bereits gestorben oder können sich nur noch an einige wenige Sequenzen seiner sportlichen Stationen erinnern. Und so ist nicht nur Albert Hauser selbst, sondern auch der größte Teil seiner zum Teil herausragenden Sporttriumphe im Lauf der Jahre in Vergessenheit geraten. Insofern ist es heute sehr schwer noch ein authentisches Bild der einstigen Radrennsportlegende zu rekonstruieren. Und dabei war Albert Hauser in den Jahren zwischen 1925 und 1935 in aller Munde.
Dr. med. vet. Heinz Krüger
(2021)
„Tiere haben oft Schmerzen, die sie uns nicht mitteilen können. Deshalb habe ich als Tierarzt eine Grundsatzbereitschaft, gleich an welchem Tier.“ Dieser Satz war für den am 19. September 2019 verstorbenen Ottenheimer Tierarzt Dr. Heinz Krüger sein ganzes, über 35 Jahre dauerndes Berufsleben die selbstauferlegte Verpflichtung gegenüber der Kreatur. Kranken Tieren zu helfen, sie wieder gesund zu machen, das war seine Berufung. Deshalb fühlte er sich bei seiner Arbeit mit allen Tieren ganz besonders verbunden. Die Freude war immer dann besonders groß, wenn er seinen großen und kleinen Freunden mit seiner medizinischen Kunst helfen konnte. Über viele Jahre hinweg war der Veterinär aus Leidenschaft ein mobiler „Viehdoktor“ und als einziger im gesamten Ried unterwegs. Sein Kombi-Pkw war fahrende Praxis, Apotheke und Büro in einem.
Mit sogenannten „Stolpersteinen“ des Bildhauers Gunter Demnig wird an die Menschen erinnert, die während der Zeit des Nationalsozialismus' entrechtet, verfolgt, vertrieben, deportiert, ermordet oder in den Suizid getrieben wurden. Stolpersteine sind kleine quaderförmige Betonsteine die niveaugleich in das Straßen- oder Gehwegpflaster vor der einstigen Wohnung des betreffenden Opfers eingelassen werden. Auf deren Oberseite ist eine Messingplatte, auf der sich Name, Geburtsjahr und Angaben zum Schicksal des Opfers befinden. Mittlerweile gibt es in Deutschland und in 17 weiteren europäischen Ländern über 50.000 solcher Steine. Damit sind Stolpersteine zum größten dezentralen Mahnmal der Welt geworden. Erinnerungen an die Zeit der Entrechtung, Ausgrenzung und Vernichtung während des Nationalsozialismus' sind so lebendig geblieben. Und es sind Steine, vor denen man sich verneigt, denn wer den Namen liest, der beugt sich unweigerlich hinunter. In Mannheim in D 7, 8 vor dem heutigen Elisabeth-Gymnasium erinnert beispielsweise solch ein kleiner Pflasterstein an die in Nonnenweier geborene Prof. Dr. Jenny Dreifuß. „Hier lehrte Jenny Dreifuß, Jg. 1893, vor der Deportation Flucht in den Tod 22.10.1940“ ist in die kleine Messingtafel eingraviert. Es ist ein kleiner Pflasterstein, der an eine außergewöhnliche Frau und an eine große Geschichte über Leid und Ungerechtigkeit erinnert.
Dr. jur. Bertold Moch
(2019)
Wie an vielen Orten in Deutschland wurde auch in Nonnenweier die Geschichte jüdischen Lebens durch den Holocaust beendet. Denn auch der heutige Ortsteil der Gemeinde Schwanau war nach 1933 Tatort. Auch hier geschahen Verbrechenan den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die das nationalsozialistische System zu ihren Feinden erklärt hatte, nebenan und für alle offensichtlich. Nach der „Machtübernahme“ durch die Nationalsozialisten wurden die Juden systematisch erfasst, schikaniert, schrittweise entrechtet, ausgegrenzt und ihrer Lebensgrundlage beraubt. Die Synagoge fiel in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 einem Brandanschlag zum Opfer, und am 22. Oktober 1940 wurden alle noch in Nonnenweier lebenden Juden in das südfranzösische Internierungslager Gurs abtransportiert. Mit der Deportation der „rassisch minderwertigen Bevölkerung“ ist auch die Überlieferung ihrer Geschichte in Nonnenweier verloren gegangen, sodass jüdisches Leben in der Riedgemeinde heute nur noch sehr lückenhaft nachzuvollziehen ist. Denn nur wenige konnten vorher fliehen und sind so den Vernichtungslagern entkommen. Dem Wunsch der Nationalsozialisten entsprechend sollten die systematisch verfolgten, entrechteten, vertriebenen und dem planmäßig orgamsierten Völkermord zum Opfer gefallenen Menschen auch in Nonnenweier dem kollektiven Gedächtnis entrissen und die Erinnerung an sie nachhaltig ausgelöscht werden. Damit dies nicht geschieht, ist es unser aller Aufgabe, an das Leid, Unrecht und die Verbrechen an diesen Menschen zu erinnern und dafür zu sorgen, dass sie nicht vergessen werden. Dabei geht es jedoch nicht um Schuldzuweisungen. Das ist heute sicherlich auch nicht mehr möglich, da Schuld immer und grundsätzlich an den jeweils Handelnden gebunden ist. Aber auch wenn Schuld nicht vererbbar ist, so geht es um die Übernahme von Verantwortung. Dies ist sehr wohl Pflicht der Erben. Verantwortung setzt jedoch Bewusstsein voraus, was wiederum auf Wissen basiert. Deshalb ist es wichtig, das Wissen um das Geschehene weiterzugeben, damit die Spuren der Opfer sichtbar gemacht werden können, um sie so in das „kulturelle Gedächtnis“ zurückzuholen. In dieses „kulturelle Gedächtnis“ von Nonnenweier gehört auch Dr. jur. Bertold Moch, der bereits 1933 durch die nationalsozialistischen Antisemiten entrechtet und vertrieben wurde. Deshalb sollen die nachfolgenden Zeilen den überaus bewegten Lebensweg aufzeigen, den der in Nonnenweier geborene Rechtsanwalt allein nur deshalb auf sich nehmen musste, weil er Jude war. Sie sollen aber auch ein Erinnerungszeichen sein, dass so etwas niemals wieder geschehen darf.
Karl A. Bühler
(2018)
Der Ruf, zwischen den Fronten zu stehen, sich nicht bedingungslos einer Seite zuzuwenden, folgte dem am 26. Februar 1904 in Ottenheim geborenen Pfarrer und Politiker Karl August Bühler bis zu seinem Lebensende. Aber vielleicht gerade deshalb war er als Theologe und Seelsorger wie auch später als Abgeordneter im baden-württembergischen Landtag und im Deutschen Bundestag für viele eine Vertrauensperson. Durch seine gradlinige Art, verbunden mit dem Mut, die Dinge unumwunden und genau so anzusprechen, wie sie sich ihm aus der ureigenen Sicht boten, wurde er natürlich auch zur Zielscheibe zahlreicher Kritiken. Dennoch schätzten die Menschen seine Gradlinigkeit, seine Verlässlichkeit und den unermüdlichen Einsatz für Gemeinschaft und Gemeinwohl. Als Pfarrer war er eine Vertrauensperson, der bedürftigen Menschen durch menschliche Zuwendung, durch Wort, Trost und Gebet, aber auch durch direkte praktische Hilfe unmittelbar beistand. Später als Politiker wurde er innerhalb der evangelischen Kirche als Pazifist und als Mahner für soziale Gerechtigkeit zu einem glaubwürdigen politischen Zeugen. Im politischen Alltag war er nicht nur ein kompetenter Botschafter seines Wahlkreises, sondern auch ein Politiker zum Anfassen. Er hat mit anderen immer auf Augenhöhe diskutiert und war sich nie zu schade, auch kleineren Ortsvereinen einen Besuch abzustatten. Verständlich, dass der verlässliche und außergewöhnliche Mann vor allem in seinem politischen Lebensabschnitt äußerst populär war. Karl A. Bühler war eine beeindruckende Persönlichkeit, in dessen beruflichen und politischen Stationen sich die Spuren der Hitler- und der Nachkriegszeit verbinden. Dank des vielseitigen und unermüdlichen seelsorgerischen Engagements und des späteren langjährigen beispielhaften Wirkens auf den politischen Bühnen wurde seine Zeit auf Erden zu einem überaus bewegten Leben. Heute jedoch ist Karl A. Bühler, der im Januar 1984 kurz vor Vollendung seines 80. Lebensjahres in Lörrach still gestorben ist, aus dem Bewusstsein der Politik und der Öffentlichkeit verschwunden. Deshalb soll mit dieser Arbeit der interessante und ungewöhnliche, mitunter auch komplizierte Lebensweg dargestellt werden, um so an den (fast) vergessenen Theologen und Politiker zu erinnern.
Gedenkorte, Gedenktafeln oder Gedenksteine im öffentlichen Raum und an Gebäuden bewahren die Erinnerungen an bedeutende Personen oder an Ereignisse im Wandel der Zeiten. In Nonnenweier weist in der Schmidtenstraße ein Gedenkstein darauf hin, dass auf der gegenüberliegenden Straßenseite bis 1938 die ehemalige Synagoge stand. Mit einer Skulptur in der Wittenweierer Straße, direkt am Rathaus wird an die am 22. Oktober 1940 stattgefundene Deportation jüdischer Mitbürger in das südfranzösische Internierungslager Gurs erinnert. Beide Denkmäler halten nicht nur die Erinnerung an das einstige jüdische Leben im Dorf wach. Sie rufen damit auch die Schicksale der ehemaligen jüdischen Mitbürger ins Gedächtnis zurück, die im Dritten Reich deportiert, planmäßig umgebracht, in den Tod getrieben wurden oder in Folge von Misshandlungen starben. Und letztlich zeugen sie vom geschehenen Unrecht, als ab 1933 auch in Nonnenweier Menschen nur deshalb systematisch entrechtet wurden, weil sie der jüdischen Glaubensgemeinschaft angehörten.
Von meinem hundert Jahre alten handgeschriebenen Stammbaum konnte ich ableiten, dass ich in der sechsten Urenkelgeneration von einem Levi abstamme, der, um
1710 geboren, in Eppingen, einer Kleinstadt in Südwestdeutschland
lebte. Das Vorwort zu dieser Stammtafel
beginnt mit einer stilistisch gedrechselten
Feststellung:
"Weitsichtige Familien führen Buch über
ihre Generationen, ein Brauch, der schon
im Buch der Bücher, der Bibel, vorkommt,
wo detaillierte Beschreibungen von einzelnen Personen und ihren Nachfahren zu finden sind. Unter den Israeliten war es yichus, eine Ehre, wenn über eine Familie
gut gesprochen wird. In diesem Sinne verdient die Familie Frank von Eppingen diese
Anerkennung wegen ihres beispielhaften
Bürgersinns und ihrer Humanität."
Die direkte Abstammungslinie der Franks
wird in der Stammtafel mit dem Geburtsjahr
jeder Person wie folgt aufgeführt: Levi (um
1710), Isaak (um 1735), Levi (1765) und
lsaak (1793). Von der Zeit ab wurden die
Namen weltlich, und die Kette setzt sich fort
mit Namen wie Wolf, Julius, Arthur und
schließlich mir, Werner Ludwig, jetzt als
Werner Louis Frank bekannt.
100 Jahre Melanchthonhaus
(2003)
Es möchte bald die protestantische Welt einem ihrer größten Wohltäter an dem Ort, an dem er geboren, ein würdiges Denkmal errichten. Dieser Wunsch und dieses Lebensziel faszinierten zeit seines Lebens den Berliner Kirchenhistoriker und christlichen Archäologen Prof. Dr. Nikolaus Müller (1857-1912). Auf seine Anregung und sein Engagement ging der Bau des heutigen Melanchthonhauses am Marktplatz der großen Kreisstadt Bretten zurück. An jenem Platz, an dem ursprünglich Melanchthons Geburtshaus stand, war nach dessen Zerstörung infolge des orleanischen Erbfolgekrieges im Jahre 1689 ein Neubau errichtet worden, der lange Zeit als Melanchthons Geburtshaus galt. Im Blick auf den 400. Geburtstag Melanchthons im Jahr 1897 suchte Nikolaus Müller in ganz Deutschland, vor allem aber in Baden viele Verbündete, um seinen Plan eines Melanchthon-Gedächtnishauses umsetzen zu können. Mit großem diplomatischen Geschick gelang es ihm, den badischen Landesherrn, Großherzog Friedrich I., für seine Sache zu gewinnen, der später auch das Protektorat für das Melanchthonhaus übernahm. Gleichzeitig gewann Müller Politiker, Kirchenleute und andere Honoratioren für dieses Projekt. Darüber hinaus begann er eine äußerst umfangreiche Sammlungstätigkeit, die Bücher und Handschriften, Gemälde,
Graphiken und Medaillen und überhaupt alles umfasste, was in irgendeiner Beziehung zu Melanchthon und seiner Zeit stand. Diese Sammlung bildet heute den Grundbestand der vielfach erweiterten Sammlung der Bestände des Melanchthonhauses.
Melanchthon wurde in der Gelehrtenwelt des europäischen Humanismus, die vor allem eine literarische Bewegung war, die sich an der Antike orientierte, groß. Bereits im Alter von 21 Jahren wurde er zum Professor für Griechisch an die Universität nach Wittenberg berufen. Schon bald geriet er jedoch in den Bannkreis der Reform-Ideen Martin Luthers und wurde in Folge zu einem der wichtigsten Mitstreiter für die Sache der Reformation. Melanchthon gilt heute als Reformator und Universalgelehrter von europäischem Rang.
Bei Recherchen in den digitalisierten Beständen des Generallandesarchivs stieß ich auf drei Seiten im Fundus der Glasnegative Wilhelm Kratts, die Nachzeichnungen von mittelalterlichen Fensterbildern enthielten: Paare in frommer Haltung und in spätmittelalterlicher Adelstracht, ergänzt um eine große Zahl von Wappen. Die archivalischen Informationen verorteten die Darstellungen in der evangelischen Kirche in Mahlberg, und auf allen drei Seiten prangte mehrmals prominent das Geroldsecker Wappen. Die Darstellungen waren mir vollkommen unbekannt, und eine nochmalige Durchsicht der einschlägigen Literatur zeigte auch, dass sie der Geroldseckerforschung bislang nicht aufgefallen waren. Meine Suche nach den Zeichnungen blieb sowohl in Mahlberg als auch in Karlsruhe erfolglos, und erst nach ausgiebigen Recherchen gelang es mir, die Originale im Hessischen Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden ausfindig zu machen.
Am 1. Juli 1704, im Spanischen
Erbfolgekrieg, überschritt
der französische Marschall
Tallard den Rhein bei
Kehl und rückte mit etwa
29.000 Mann über Waldkirch
durch das Prechtal
nach Hornberg. Sein Ziel war
zunächst die Hochebene von
Hardt zwischen Rottweil und
Villingen, dann wollte er über
Tübingen und Urach nach
Ulm ziehen, um sich mit den
Bayern zu vereinigen. Er hatte
dabei die Absicht, Villingen
zu erobern und in der Stadt
ein Hauptdepot für die weiteren
militärischen Operationen
zu schaffen.
Schon seit mehreren Tagen
war die Stadt von französischen
Truppen umschwärmt,
und am 16. Juli begann die
Belagerung. Laufgräben wurden
ausgeworfen und die Stadt
beschossen. Schon waren Breschen
gelegt und die Villinger
erwarteten den Sturm – da
zog am 22. Juli der Feind
ab. Tallard sah sich in seiner
Hoffnung, die kleine Stadt
in zwei Tagen zu erobern,
getäuscht und die sechstägige
Belagerung hatte ihn in seiner
Hauptaufgabe, dem schnellen
Vormarsch nach Bayern,
aufgehalten.
Das Forschungsprojekt „Das Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts" bietet eine bequeme Bestandsaufnahme zur Barockliteratur in zahlreichen einschlägigen Bibliotheken. Bei diesem Projekt wurden schon viele Druckwerke erfasst, die bisher unbekannt geblieben und allenfalls über eine langwierige Suche in wenig erschlossenen Bibliotheken zu finden waren. Auf diesem Wege ließen sich jetzt auch einige neue Arbeiten von Quirin Moscherosch zu Tage fördern. Sie bestätigen in vielen Punkten das Gesamtbild des Autors, so wie es zuletzt W.E. Schäfer gezeichnet hat, teilweise korrigieren und ergänzen sie dieses Bild. Zudem liefern diese Funde weitere Bausteine für eine bisher noch ausstehende umfassende Bibliographie des Autors, der als jüngerer Bruder des Satirikers Johann Michael Moscherosch in dessen Werken -
unter dem Pseudonym Reiner von Sittewald - mit seinen ersten Gelegenheitsgedichten bekannt wurde.
Im 17. Jahrhundert besaß in den gebildeten Gesellschaftsschichten Gelegenheitsdichtung in dem auf Repräsentation bedachten öffentlichen Leben einen hohen, heute für Nichtfachleute kaum mehr nachvollziehbaren Stellenwert. Anlässe dazu boten zum einen persönliche Lebens- und Berufsstationen wie Geburt, Hochzeit, Namens- oder Festtage (z. B. Neujahr),
Genesung von Krankheiten, Tod sowie Universitätsexamina, Amtseinführungen, Ehrungen, Reisen. Und zum anderen waren Schreibanlässe öffentliche und politische Ereignisse wie Vertragsunterzeichnungen (z.B. Friedensschluss), Kircheneinweihungen sowie Naturereignisse (z.B. Auftreten von Kometen), um nur einige Beispiele zu nennen. Erwähnt seien auch noch die zahlreichen Porträtdrucke der Barockzeit mit ihren Begleitversen. Solche „Casualcarmina" sind in Archiven und Bibliotheken in großem Umfang vorhanden. Und es tauchen immer wieder, als Einzeltexte oder in zeitgenössischen oder später angelegten Sammlungen von Gelegenheitsschriften, irgendwo neue Funde auf.
Der Beitrag und die Bedeutung des Straßburger Fischers und Ratsherrn Leonhard Baldner (1612-1694) für die Zoologie des Oberrheins - u. a. beschrieb er als erster die Metamorphose des Neunauges und die Fischlaus (Argulus, ,,Pou de poisson")- ist einer breiten Öffentlichkeit erst relativ spät bekannt geworden. Denn sein Vogel- Fisch- und Thierbuch war bis 1974 nur in Manuskriptform verbreitet. Von seinem Lebenswerk, in niederalemannisch-elsässischer Sprache verfasst und mit Abbildungen bekannter Straßburger Maler versehen, ließ er im Laufe der Zeit mehrere Abschriften herstellen. Sie sind zum größten Teil bis heute erhalten, ausgenommen sein als „Das große Fischbuch" bekannte Handexemplar, das 1870 bei der Zerstörung der Straßburger Stadtbibliothek verbrannte.
Die Hauptwerke des hanau-lichtenbergischen Pfarrers und Dichters Quirin Moscherosch sind inzwischen zwar erfasst und beschrieben worden, [1] doch ist noch immer mit kleineren bisher
unbekannten oder wenig bekannten Texten und Versen aus seiner Feder zu rechnen. [2]
Hinweise auf drei solche Texte sind uns aus verschiedenen Quellen bekannt geworden.
Zum ersten hat Fritz Roth[3] schon 1970 ein lateinisches Gedicht verzeichnet, das Quirin Moscherosch auf den Tod von Dorothea Diana von Salm, Wild- und Rheingräfin, verfasst hat.
Unter den Badischen Hoffotografen, die in dem Band "Gut Licht" (2003) aufgeführt werden, fehlt der Name J. Kraemer. Das mag daher kommen, dass Julius Kraemer weniger durch seine Fotografien als durch seine Lichtdrucke bekannt geworden ist. Seit 1872 betrieb er in Kehl ein "»Atelier spez. für Lichtdruck", die spätere "»Kunstanstalt für Photographie und Lichtdruck J. Kraemer in Kehl a. Rhein". Karl Julius Kraemer, so der Eintrag im Kirchenbuch, wurde am 13. September 1840 in Kehl geboren3. Sein Vater, Franz Karl Kraemer, war Bürger und Handelsmann in Kehl, verheiratet mit Karoline Julia Kraemer, geb. Semerau. Es ist noch unbekannt, wie J. Kraemer zur Fotografie kam.
Beim Betreten der alla hopp!-Anlage in Sinsheim fallen mehrere alte Torbögen auf, der älteste von 1604. Angaben zu den früheren Standorten und den ehemaligen Besitzern fehlen. Der größte und prächtigste jedoch liefert wenigstens einen Namen: Stoffel Killinger. Und die Jahreszahl: 1614. Es ist aber ganz klar, dass die alla hopp!-Anlage nicht der ursprüngliche Standort ist. Das Wissen, wo sich die Torbögen, darunter etliche aus der Zeit vor dem Brand von 1689, zunächst befanden und wann sie an ihren jetzigen Standort gebracht wurden, ging im Laufe der Zeit von nicht einmal 50 Jahren verloren. Dabei ist es ganz einfach: „Schau nach bei Ratzel“.
David Heinz Gumbel hat jahrzehntelang an der New Bezalel Akademie in Jerusalem unterrichtet und dadurch eine ganze
Generation von Silberschmieden in Israel so geprägt, dass er als „Father of Silversmiths“ bezeichnet wurde. Werke von ihm
sind weltweit in Synagogen und berühmten Museen vertreten und erzielen immer noch sehr hohe Preise. Trotzdem ist er in
seiner Heimat praktisch unbekannt. Er – und seine Familie – haben es aber verdient, dass man sich an sie erinnert. Heinz Gumbel wurde am 10. Oktober 1906 in Sinsheim geboren. Eigenartigerweise gaben seine Eltern in der Geburtsanzeige im Landboten keinen Namen für ihn an, sondern schrieben nur: „Der zweite Junge ist heute glücklich angekommen. Dies zeigen hocherfreut an Sigmund Gumbel u. Frau. Im Geburtsregister wird er als Heinz Detlev eingetragen und wurde anscheinend in Deutschland immer Heinz genannt. Nach seiner Emigration nach Jerusalem änderte er seine Vornamen zu David Heinz.
Auf einer Tagung im März 2010 in Bad Herrenalb, bei der der „Fall“ des „nichtarischen“ Pfarrers Kurt Lehmann (er zählte nach den Gesetzen des NS-Staates als „Halbjude“) eine besondere Rolle spielte, kam es immer wieder zur Frage der Kontinuität im Verhalten der Badischen Landeskirche in ihrer Haltung zum NS-Staat bis 1945 und, damit in unmittelbarem Zusammenhang stehend, der anschließenden Auseinandersetzung der Landeskirche mit ihrem Verhalten (und ggf. einem etwaigen Versagen) gegenüber den Übergriffen des NS-Staates. Symptomatisch für das Verhältnis der Kirche zu einer etwaigen Schuld schien dabei ihre Handlungsweise gegenüber den „nichtarischen“ Pfarrern Ernst (Vater) und Kurt Lehmann (Sohn) zu sein.
Haslach im Kinzigtal, November 1944. Amerikanische Panzer stehen kurz vor Straßburg. Da geht ein älterer Herr zum Haslacher Postamt und gibt für seinen Sohn Telegramme auf. In sein Tagebüchlein notiert er „5 Telegramme abgesandt. Führer - Himmler - Goebel - Gauleiter u. Gestapo/Straßburg, 56,- Mark". Die Telegramme kamen an. Die meisten landeten beim „Reichsführer der SS und Chef der deutschen Polizei", Heinrich Himmler. Sie liegen jetzt im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde.
Ihm und den anderen Führern des Großdeutschen Reiches wird darin aus Haslach die Wende im längst aussichtslosen Krieg versprochen - die schon oft angekündigte, immer wieder versprochene Wunderwaffe. Himmler solle sofort eine Kommission von fähigen Physikern schicken, die bei Harry Hasso in Haslach, Ringstraße 2, den Alpha-Omega-Motor besichtigen sollen. Er benötige nur am Anfang ein wenig Energie und laufe dann endlos. Einmal in Gang gesetzt, löse das rotierende Gerät die Probleme des Dritten Reiches.
Die Liebe siegt in Offenburg
(2003)
Im Jahr 1895 wurde Friedrich Walter Traube in Köln geboren. [1] Er ging in
Offenbµrg zur Schule und „trat ins Bankfach ein", wie er in einem Lebenslauf später schrieb. Doch zunächst kam der Krieg, und Fritz Traube wurde
Soldat. Von August 1914 bis Oktober 1919 sei er Infanterist gewesen, dabei dreimal verwundet und mit einigen Orden dekoriert worden. Nach Entlassung aus der englischen Kriegsgefangenschaft war er ab 1919 wieder in
Offenburg in einer Bank tätig. 1926 trat er in die NSDAP ein, doch im Mai
1929 trat er vorübergehend aus. Erst im Juli 1930 trat er wieder ein,[2] und
1931 auch in die SS. Im erwähnten Lebenslauf [3] schrieb er 1940, er sei deren „Begründer im Kreis Offenburg".
Ende Mai 1935 lag an den Zeitungsständen außerhalb Deutschlands wieder die wöchentliche Illustrierte für Arbeiter, seit 1925 unter dem Namen AIZ bekannt, die seit 1933 nicht mehr in Deutschland erscheinen durfte - wie so viele Zeitungen und Zeitschriften. Nun erschien sie in Prag, mittlerweile im 14. Jahrgang. Die Nummer 21 vom 23. Mai 1935 hatte für ein kommunistisches Blatt ein ungewöhnliches Titelbild: Das ganze Blatt füllte ein SS-Mann in voller Montur, daneben waren zwei seiner Ausweise abgebildet. Daraus war zu erkennen, dass er aus Offenburg stammte und ein zwar sehr junger, doch schon „alter Kämpfer" war: „Der SS-Sturmbann II/86 bescheinigt hiermit dem SS-Mann Hans Bächle, daß er während der Kampfzeit 1931/32 als Angehöriger der H.J. während seiner Freizeit als Gehilfe auf der Geschäftsstelle der Ortsgruppe Offenburg der NSDAP (Völkische Buchhandlung) dem damaligen Geschäftsführer Otto Sorge wertvolle Dienste durch sein
stets hilfsbereites Einspringen bei dringenden Arbeiten geleistet hat. Bächle konnte trotz seiner Jugend zu wichtigen Arbeiten für die Bewegung herangezogen werden und hat sich stets als durchaus zuverlässig bewiesen. (. .. ) 8.9.34 Sorge, SS-Truppführer im Stabe II/86, s.Zt. Geschäftsführer der Ortsgruppe Offenburg der NSDAP. Der Führer des Sturmbanns II/80, m.d.F b. Göring, SS-Sturmführer." Die Schlagzeilen darunter - Das Geständnis eines SS-Mannes - ,,Ich war Wächter im Gestapo-Gefängnis Columbiahaus!" - Grosser Bildbericht im Innern dieses Blattes. - verwiesen auf den längeren Beitrag im Heft. Auch er war mit Fotos anschaulich gestaltet. Die Originale dieser Fotos sind jetzt, 2004, wieder aufgetaucht - im Nachlass jenes schwarz uniformierten einstigen Jünglings. Sie lagen jahrzehntelang in einer Nähmaschine am Rande Offenburgs, in einer Blechdose.
,,Mörder" waren sie fast alle nicht, denn ihre braunen Kollegen von der Paragraphenfront hatten rechtzeitig im Krieg das Strafgesetzbuch geändert - kurz nach dem Überfall auf die Sowjetunion. Und nach dem Krieg hatten diese Experten, nunmehr in Bonn, wieder alles so arrangiert, dass man sie allenfalls als „Gehilfen" belangen konnte. ,,Täter" waren nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur die Herren Hitler, Hirnmler, Heydrich - denn die waren schon lange tot. Nur diese Haupttäter hätten grundsätzlich aus niedrigen Beweggründen gehandelt. Alle anderen, soweit sie nicht Exzesstäter waren, töteten nur „auf Befehl" und waren damit keine Mörder. Schon früh, gleich nach dem Krieg, wurde auf die unvorstellbaren Verbrechen des Berufsstandes hingewiesen, der schon kraft seines Berufseides diese Taten nicht hätte begehen dürfen. Dem Nürnberger Prozess 1946 folgten einige Prozesse gegen bestimmte Gruppen, u.a. gegen Ärzte. Aus dem Nürnberger Ärzteprozess stammen die Unterlagen, die im März 1947 in Heidelberg veröffentlicht wurden (Alexander Mitscherlich und Fred Mielke, Das Diktat der Menschenverachtung). In der Dokumentation ging es um die Tätigkeit von 23 SS-Ärzten und deutschen Wissenschaftlern: Medizinische Versuche in den Lagern, das „Euthanasie"-Programm und die „Jüdische Skelettsammlung für das Anatomische Institut der Reichsuniversität Straßburg". Der rassistische Alltag der Erbgesundheitsgerichte mit zehntausenden Verfahren kam dabei nicht vor.
Dass erst im Jahre 1961, über 160 Jahren nach seinem Gebrauch, erstmals ein bis
dahin noch unbekannter Manufakturmarkentyp auffiel, war schon ein Anlass zur
Verwunderung. Obendrein wurde er entdeckt von einem Kunsthistoriker und Privatforscher einer Porzellanmanufaktur, der diese Marke fälschlicherweise zugeschrieben worden war und für die sie infolgedessen abgelehnt werden musste.
Ernst Kramer aus Fulda war es, der das Zeichen für die fuldische Porzellanmanufaktur zurückwies und es richtigerweise der Ludwigsburger Manufaktur als deren
erste F-Marke zuordnete. Kramer hatte damit für Ludwigsburg einen bis dahin
unbekannten Markentyp entdeckt. Sein Fund schloss eine Lücke, da nunmehr
nicht nur für die Herzöge Carl Eugen und Ludwig Eugen, sondern auch für einen
dritten der vier württembergischen Regenten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Verwendung einer eigenen Manufakturmarke nachgewiesen war.
Bei dem Markenfund von 1961 wurde ein F einer - pinselbedingt serifenlosen -
Linearantiqua-Schrift von einer Krone überdeckt, sofern man die von
den Marken der 35-jährigen Manufakturzeit unter Herzog Carl Eugen von Württemberg bekannte und auch bei der Kramer-Marke noch verwendete Ludwigsburger »Krone« als eine solche bezeichnen darf. Denn sie ist streng genommen ein
kronenähnlicher Herzogshut, ein Mixtum aus Krone und Fürstenhut.
Die Form des gemarkten Stückes in Zusammenhang mit dem Dekor - einer
polychromen Blütenmalerei - gab die Sicherheit, dass das Stück und damit die
Marke aus Ludwigsburg stammen musste. Denn eine Tasse identischer
Form und in stilistisch gleicher Malerei war mit Doppel-C-Marken des Herzogs
Carl Eugen im Württembergischen Landesmuseum Stuttgart bekannt. Nach dieser Information und auf Zuraten von Mechthild Landenberger, der damals in diesem Museum für Keramik zuständigen Konservatorin, schrieb Kramer die Marke
dem Herzog Friedrich II. zu. Dieser war am 23. Dezember 1797 durch den Tod
seines Vaters Herzog von Württemberg geworden, wurde 1803 Kurfürst und am
1. Januar 1806 durch Napoleons Gnaden als Friedrich 1. erster König von Württemberg.
Anlässlich des Todes von Herzog Carl Eugen von Württemberg, dem Gründer, Eigner und langjährigen Förderer der Ludwigsburger Porzellan-Manufaktur, wurde im
Rahmen einer aufwendigen landesweiten Inventur auch in diesem Betrieb der Stichtagsbestand für alle Waren und Produktionsmittel ermittelt. Dabei wurden neben
einer Vielzahl damals erstellter Inventare für Rohmaterialien, Halb- und Fertigwaren
in einer separaten Liste die noch vorhandenen »Bossier-Formen und Modelle« aufgenommen, die für eine Porzellan-Manufaktur ein wesentlicher Aktivposten waren.
Sie wurde auf drei eng beschriebenen Seiten zum 24. Oktober 1793 zusammengestellt, vom Kassierer Eberhard Johann Friedrich Wider bewertet und vom damaligen
Direktor der Manufaktur, Joseph Jakob Ringler, gegengezeichnet.
Als 52. Zeile dieser Liste findet man etwa in der Mitte der Einzelposten: »6 zu
Gruppen, alß Leda, Diana, Juno und dergleichen«, was bedeutet, dass die Modellhohlformen zu sechs, leider nur teilweise aufgezählten Themen gefunden und erfasst
worden waren. Die Zeilen des Inventariums sind wohl geordnet; ihre Inhalte sind
nach Themen oder Größen zusammengefasst. Ausnahmen hierzu bilden nur die
Schlusszeilen, die bezeichnet wurden mit »unterschiedlichen Galanten Kindern«
oder »unterschiedlichen Historischen Fygurn«.
Georg Kerner
(2015)
»Ich lebe vollkommen im Jetzt – nicht in der Vergangenheit und auch nicht in der
Zukunft.« – »Ich tue gern Dinge, die mir Angst machen.« – »Ich besitze ein beinahe
unkontrollierbar nervöses Wesen.«
»Die 8 Monate, die ich jetzo in [der] Toskana bin, sind die unruhigsten meines revolutionären Lebens – denn ich liege Tag und Nacht auf der Straße, und meine Reisen in
den letzten 2 Monaten sind ein wahrer und harter Winterfeldzug – dabei bin ich nur
krank, sobald einige Tage von Ruhe eintreten und befinde mich sogleich wiederum besser,
wenn es wieder zu Pferd geht. […] allein, lieber Gott, ich werde so bleiben, und das
Schicksal hat mich dazu verdammt, auf dem nämlichen Punkt mich herumzudrehen.«
Die ersten drei Zitate stammen von dem australischen Filmschauspieler Heath Ledger,
der 2008 mit 28 Jahren an einem Medikamentenmix gestorben ist. Das letzte Zitat
steht in einem Brief, den Georg Kerner 1799 an Louise Scholl, die Schwester seiner
ehemaligen Braut Auguste Breyer, geschrieben hat.
Diese Gegenüberstellung soll gleich zu Beginn die Ruhelosigkeit Georg Kerners
– und damit seine Modernität – aufzeigen. Er sei, meinte ein Freund, »einem Kometen
zu vergleichen, der eine Welt von elektrischem Feuer in sich trug«. Bei Kerner ging
es immer ums Ganze, ging es um Leben oder Tod. Sein Leben lang suchte er die
Gefahr – und dafür war er in die richtige Zeit geboren.
Es war eine besondere Beziehung, die die damalige Amtsstadt Eppingen
mit ihrem Landesherrn, Großherzog
Friedrich I. von Baden, verband. Mehrmals besuchte der Großherzog die
Amtsstadt im Kraichgau während seiner
langen Regierungszeit von 1856 –
1907. Doch bereits vorher, während seiner Zeit als Prinzregent von 1852 –
1856, in der er die Regierungsgeschäfte für seinen regierungsunfähigen Bruder Ludwig II. führte, besuchte er Eppingen. Während seiner Zeit als Großherzog weilte er insgesamt noch viermal zu
Besuch in seiner Amtsstadt:
- 1864 unterbrach er eine mehrtägige Dienstreise für einige Stunden,
bevor er noch am Abend seine Reise
fortsetzte.
- 1869 (9. September) weilte er zur
Feier seines Geburtstages und zur
Einweihung des Neubaus der Höheren Bürgerschule in Eppingen.
- 1878 (19./20. September) besuchte er am ersten Tag seine Truppen
beim Manöver und am zweiten Tag u.
a. den beinahe fertig gestellten Neubau der Evangelischen Stadtkirche.
- 1879 (15. Oktober) nahm er teil an
den Feierlichkeiten anlässlich der Eröffnung der Eisenbahnstrecke Grötzingen-Bretten-Eppingen.
Die früheste urkundliche Nennung des Familiennamens Neff (Neeff, Neef,
Nef) in Pfalzgrafenweiler (Pfg.) fand sich in Musterungslisten von 1587 des
Amtes Dornstetten. In diesem Jahr und erneut in 1603 ist jeweils ein Hans
Neff aus Pfalzgrafenweiler genannt. Für den Amtsort Dornstetten selbst sind
bereits ab 1558 folgende Neff in den Musterungslisten enthalten: 1558 Hans,
1560 Paulin, 1563 Paulin, 1566 Paulin und Peter, 1583 Hans und Peter, 1597
Hans und Michel, 1603 Mathias.
Vor 80 Jahren veröffentlichte GEORG TUMBÜLT, der Donaueschinger Archivrat, und in dieser Funktion auch Vorsitzender der Abteilung Geschichte des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar, in dieser Zeitschrift einen Aufsatz über
die frühe Geschichte der ehemaligen fürstenbergischen Residenzstadt Meßkirch. Darin weist er erstmals auf die erste Nennung des Ortes im Jahr 1075 als ‚Messankirche‘ hin. TUMBÜLT hatte damit den Schlüssel zur Deutung des Ortsnamens
in der Hand: ‚messan-‘ ist der Genetiv eines weiblichen Substantivs nach der althochdeutschen a-Deklination, der Nominativ lautet ‚messa‘. Die bis dahin bekannten alten Belege waren (in Auswahl): ‚de Meschilchi‘ (im Jahr 1202) – ‚Missekilch‘ (1241) – ‚Messekilch‘ (1261, 1278, 1332, 1354) – ‚de Messekilke‘ (1273) – ‚de Missechilchen‘ (1274). Bei der Suche nach einem alten Wort, das ein Femininum ist und Formen mit i wie mit e zeigt, stößt man im Althochdeutschen auf lat./ahd. ‚missa‘, ahd. ‚messa‘ (mhd. und nhd. ‚messe‘). Das Wort bedeutet ‚die Messe im Gottesdienst‘. Meßkirch hieß also ursprünglich ‚Messe-kirche‘. Damit wäre der bis dahin unangefochtene ‚Messo‘ erledigt gewesen.
Gnade sei mit uns und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen. Als Wort der Heiligen Schrift ist uns für diesen Gedenkgottesdienst ein Wort aus dem 1. Timotheusbrief gegeben: So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland, welcher will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Gott, segne unser Reden und Hören. Amen. Liebe Gemeinde, diese Worte aus dem 1. Timotheusbrief verlocken, darüber nachzudenken, wie eigentlich das Verhältnis unseres Geburtstagsjubilars zur Obrigkeit gewesen ist, auch wenn es in Baden einen König nie gegeben hat, für den zu beten hier aufgefordert wird. Johann Peter Hebel und die Obrigkeit – das wäre schon ein Thema für sich, aber gewiss keines für eine Predigt. Eher lohnt es sich, mit Hilfe Hebelscher Geschichten einen anderen Gedanken unseres Predigttextes auszulegen: Gott will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit
kommen.
Sehr geehrte Frau Lehmann, sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass die Evangelische Stadtkirchengemeinde Durlach gemeinsam mit der Evangelischen Erwachsenenbildung Karlsruhe und Durlach und dem Freundeskreis Pfinzgaumuseum/Historischer Verein Durlach des 70. Jahrestages der Reichspogromnacht mit einer außerordentlich eindrucksvollen Veranstaltungsreihe gedenkt. Im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe bin ich gern heute zu Ihnen nach Durlach gekommen. Dies gibt mir die Gelegenheit, öffentlich und im Namen unserer Evangelischen Landeskirche in Baden zu jener schweren Schuld zu stehen, die unsere Kirche in den Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft auf sich geladen hat. Darum ist es mir ein besonderes und persönliches Anliegen, Ihnen, verehrte Frau Lehmann, die Grüße unserer
Kirchenleitung zu überbringen und sie in ihrem Namen um Vergebung zu bitten für das, was die badische Kirchenleitung Ihrem Vater an schwerem Unrecht zugefügt hat.
Die Freiherren von Schauenburg sind in Staufen nicht unbekannt: An der Fassade des Rathauses ist ihr Wappen angebracht, und man kann der Aufschrift entnehmen, dass die Stadt von 1627 bis 1722, also beinahe 100 Jahre lang, unter ihrer Herrschaft stand. Allerdings zeigt sich nicht auf den er ten Blick, wie sie ihre Herrschaft ausgeübt und welche nachhaltigeren Spuren sie in der Stadt und im Stadtbild hinterlassen haben. Auch in der Ortsliteratur und in den Akten und Urkunden des Stadtarchivs Staufen lassen sich nur wenige direkte Zeugnisse schauenburgischer Präsenz in Staufen finden. Selbst in dem großen Urkundenbestand der Freiherren von Schauenburg, der in den letzten Jahren erschlossen worden ist, sind nur ganz wenige Stücke vorhanden, die die Art und Weise schauenburgischer Herrschaftsausübung in Staufen dokumentieren könnten.
Vier Frauen spielen im Leben des Reformators Philipp Melanchthon (1497–1560) eine besondere Rolle: Mutter Barbara, geborene Reuter (1477 – 1529), die ihn die Frömmigkeit lehrte; Caritas Pirckheimer (1467 – 1532), Äbtissin des Nürnberger Clarissenkonvents, die sich standhaft der Reformation verweigerte; Frau Katharina (1497 – 1557), deren anfangs unwilliger Ehegatte und am Ende betrübter Witwer er gewesen ist; und Tochter Anna (1523 – 1547), die nach kinderreicher, aber unglücklicher Ehe mit 24 Jahren verstarb. Aus der Betrachtung der vier Frauenschicksale ergibt sich zugleich ein Weg durch entscheidende Stationen der Biographie Melanchthons.
Am 4. April 1556 machte Kurfürst Ottheinrich, soeben mit dem Ableben seines Vorgängers und Onkels Kurfürst Friedrich II. in die pfälzische Kurwürde eingerückt, durch einen zu Alzey gezeichneten Erlass die Reformation lutherischer Prägung für
die Kurpfalz verbindlich. Wenig später, am 1. Juni desselben Jahres, schloss sich die Markgrafschaft Baden-Pforzheim, die spätere Markgrafschaft Baden-Durlach, durch einen entsprechenden Erlass von Markgraf Karl II. an. Damit war die reformatorische Entwicklung im deutschen Südwesten gewissermaßen vervollständigt und zu einem ersten vorläufigen Abschluss gebracht. Grundlage reformatorischer Maßnahmen in beiden Territorien war die von dem Stuttgarter Propst Johannes Brenz erarbeitete württembergische Kirchenordnung des Jahres 1553, die Herzog Christoph im Jahr
1555 mit einer Anzahl weiterer reformatorischer Gesetzestexte für den Gebrauch seines kurfürstlichen Nachbarn, des damals noch regierenden Kurfürsten Friedrich II. von der Pfalz, hatte zusammenstellen lassen, ein Corpus, das den Kern der späteren
Großen Württembergischen Kirchenordnung von 1559 bildet.
Symbol und Konfession
(2017)
Symbol und Konfession. Es legt sich nahe, den Wörtern auf den Grund zu gehen – ad fontes. Die Maxime der Humanisten ist kein Mythologem auf Vergangenheit. Sie zielt auf Gegenwart. Sie nimmt das Gegebene als Gewordenes wahr. Wer es unternimmt, das Gegebene auf seine Quellen zu befragen, hat ihm das Prädikat der Unhinterfragbarkeit schon entzogen. Die Reformation hat hinterfragt: den Zustand der Kirche, die herrschende Lehre, die kirchliche Hierarchie, die gegebenen Machtverhältnisse. Das nahm vor 500 Jahren seinen Anfang. Ad fontes.
Religionsverantwortung
(2013)
Mit dem Stichwort Religionsverantwortung übersetze ich denjenigen Begriff und Sachverhalt, den Philipp Melanchthon zum Ausgangpunkt einer reformatorischen Verhältnisbestimmung von Religion und Obrigkeit gewählt hat. Dabei stellt sich
zunächst ein grammatisches Problem: Geht es bei der Religionsverantwortung um die Verantwortung, die der Religion selber zukommt, die sie zu übernehmen und wahrzunehmen hätte? Und wenn ja, dann aber wofür? Für das Heil? Für Sitte und Moral? Für Werte und Normen? Für die Welt? Für die gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftliche, kulturellen Verhältnisse, in welchen wir leben? Oder ist unter Religionsverantwortung eher diejenige Verantwortung zu verstehen, welche – aber von wem? – für Bestand, Entfaltung und Ausübung von Religion überhaupt erst zu übernehmen ist? Und wenn aber wiederum dies letztere sollte gemeint sein: Wer hat dann diese Verantwortung zu übernehmen? Ist es die Gemeinschaft der
Religiösen, also das, was im Staatskirchenrecht die Religionsgesellschaft heißt? Sie ganz allein und sie ganz für sich, ohne jeden Anspruch auf öffentlich-rechtliche Unterstützung und Wirksamkeit – das französische, das laizistische Modell, Religion und Kirche als Vereins- oder Privatangelegenheit? Oder liegt diese Verantwortung bei den Gläubigen selber, bei jedem Einzelnen unter ihnen, so dass der Fromme selber, sie oder er, jeweils für die Religion, für ihren Bestand und ihre Ausübung in Pflicht zu nehmen ist – Herzensreligion, Herzenskirche, das privatistisch-pietistische Modell?
Die württembergische Landesvermessung (1818-1848) schuf ein das gesamte Königreich erfassendes Liegenschaftskataster mit einem Verzeichnis sämtlicher Flurstücke und einem großmaßstäblichen Flurkartenwerk im Maßstab 1: 2500. Auf der Grundlage dieses 15 572 Flurkarten umfassenden Kartenwerks sollte die Oberflächengestalt des Landes topographisch aufgenommen werden. Es wurden zwei bedeutende kartographische Werke geschaffen: der »Topographische Atlas des Königreichs Württemberg« im Maßstab 1: 50 000 und als thematische Ergänzung dazu im selben Maßstab der »Geognostische Atlas von Württemberg«. Einer der sieben für die Aufnahmen der Blätter des Topographischen Atlasses verantwortlichen Topographen war Heinrich Bach. Bach hat anschließend an den Aufnahmen für die geologischen Atlasblätter selbst mitgewirkt und darüber hinaus diese Arbeiten wissenschaftlich und organisatorisch begleitet. Ferner hat er dank seines zeichnerischen Talentes viele Ansichten von Dorfkirchen geschaffen. Im nachfolgenden Beitrag sollen seine Arbeiten und Leistungen zur Landesbeschreibung näher vorgestellt werden.
Das Judengrab von Steinach
(2017)
Wie kommt die Ruhestätte eines Juden auf einen christlichen Friedhof? Steinach war in seiner langen Geschichte nie Heimstätte von Angehörigen mosaischen Glaubens. Außerdem bestatteten die Juden ihre Toten traditionsgemäß auf Sammelfriedhöfen außerhalb christlicher Siedlungen. Nachforschungen im Archiv der Gemeinde bestätigten die Existenz eines Juden: Nikolaus Klein, 22 Jahre, geboren in Bukarest, gestorben in einem Transportzug am 5. März 1945. Handschriftlich hat
jemand nach Ende des Krieges die wenigen Angaben in die Lageskizze der Ehrengräber eingetragen. Vom Internationalen
Suchdienst in Bad Arolsen liegt eine Bestätigung vor. Damit konnte zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass Nikolaus Klein
nicht zu den Häftlingen der drei Haslacher Außenlager des KZs Natzwiller-Struthof im Elsass gehörte. Zeitzeugenberichte untermauerten das Ganze zusätzlich. Seinen Weg in die Vernichtung nachzuzeichnen, gestaltete sich indessen viel schwieriger.
In der Öffentlichkeit wird vielfach die Ansicht vertreten, Juristen hätten sich nur ganz vereinzelt gegen das NS-Regime widersetzt. Dieser Eindruck ist nicht nur bezogen auf den aktiven Widerstand unzutreffend, sondern auch für den wesentlich breiteren Bereich der Widersetzlichkeit, der Opposition und Verweigerung im Alltag. Hier hat die zeitgeschichtliche Forschung die Kenntnis über die Einzelheiten widerständigen Verhaltens in letzter Zeit erheblich erweitert. Für den südwestdeutschen Bereich ist dies im wesentlichen der zur Universität Karlsruhe gehörenden Forschungsstelle Widerstand gegen den Nationalsozialismus im deutschen Südwesten zu verdanken. Sie hat sich im Rahmen des vom Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg geförderten Projekts „Justizgeschichte Badens und Württembergs, 1919–1953“ bereits
wiederholt mit dem Wirken badischer Juristen während der NS-Diktatur befasst.