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Der letzte Offenburger Rabbi
(2000)
Im September 1938, wenige Wochen vor dem Novemberpogrom, kam ein junger Mann über die hohen jüdischen Feiertage (Rosch Haschana, Jom Kippur, Versöhnungsfest) in die Offenburger Gemeinde: Bernhard Gries, geb. 22.4.1917 in Landeshut (Schlesien). Sein Vater war Weingroßhändler in Hirschberg (Riesengebirge) und hatte zwei Söhne: Bernhard und Heinz.
Bernhard besuchte nach Oberrealschule und Abitur die Fraenkelsche Stiftung in Breslau, ein bekanntes Rabbinatsseminar, und machte dort eine Ausbildung zum Religionslehrer.
Die bürgerlichen Kollegien der Stadt Ludwigsburg beschlossen in ihrer Sitzung
am 15. Mai 1907 einstimmig, »dem Herrn Oberbaurat von Sehaal in Stuttgart in
Anerkennung seiner Verdienste um das Wohl der Stadt durch die Förderung von
Verkehrswegen und Beseitigung der Überschwemmungsgefahr für die Stadt das
Ehrenbürgerrecht der Stadt Ludwigsburg zu verleihen«. Die beiden Werke, an
deren Zustandekommen der neue Ehrenbürger einen hervorragenden Anteil
hatte, waren die Hochberger Neckarbrücke, eingeweiht 1903, und die Tälesbachkorrektion in Ludwigsburg, ausgeführt in den Jahren 1904 bis 1908.
Friedrich Wilhelm von Sehaal ist heute weitgehend unbekannt. Im Folgenden
wird versucht, anhand von archivalischen Aufzeichnungen und Zeitungsberichten
dem Lebensweg dieses Mannes nachzugehen, den die »Deutsche Bauzeitung«
1909 als einen der »besten technischen Beamten Württembergs« bezeichnete.
Im April dieses Jahres wurde landesweit des 100. Geburtstages von Dr. Gebhard
Müller (1900-1990), 1948 bis 1952 Staatspräsident von Südwürttemberg-Hohenzollern, 1953 bis 1958 Ministerpräsident von Baden-Württemberg, 1958 bis 1971
Präsident des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, gedacht. Am 14. April fand
im Weißen Saal des Neuen Schlosses in Stuttgart ein Gedenkakt statt, dem sich die
Eröffnung der Wanderausstellung »Gebhard Müller. Christ - Jurist - Politiker«
im Landtag anschloss. Am 17. April, Müllers Geburtstag, veranstaltete die Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg im Gobelin-Saal
der Villa Reitzenstein, dem Sitz der Landesregierung, ein Symposium mit dem
Titel »Gebhard Müller. Ein Leben für das Recht und die Politik«. Dabei referierte
der Verfasser über das Thema »Gebhard Müller - ein Politiker aus dem katholischen Milieu«.
Am Abend dieses Tages wurde am langjährigen Wohnhaus von Gebhard Müller
in Ludwigsburg, Schorndorfer Straße 25, durch Oberbürgermeister Dr. Christof
Eichert eine Gedenktafel angebracht, wobei meinerseits in einem kurzen Vortrag
das soziale Umfeld der Familie Müller vorgestellt wurde. Es sollte dabei das
Milieu in der Stadt Ludwigsburg verdeutlicht werden, in dem Gebhard Müller
seine Grunderfahrungen für das Leben erfuhr. Ohne diesen Hintergrund ist
Leben und Wirken des Ehrenbürgers von Füramoos (1953), New Orleans (1955),
Stuttgart (1975) und Tübingen (1978) nicht fassbar.
Wenn einer - nicht irgendeiner, sondern ein Besonderer - sein sechzigstes Lebensjahr vollendet hat, dann kann man sich ein Bild, kann man ein Bild von ihm machen; zumal wenn er selber immer wieder Bilder von Menschen gemacht hat. Aber kann man auch dem Anspruch genügen, dem er selber immer genügt, und den kein anderer als der alte Hegel formulierte? Von einem vollkommenen Porträt müsse man, wie Hegel meinte, sagen können, es sei „gleichsam getroffener, dem Individuum
ähnlicher als das wirkliche Individuum selbst“. Der Porträtist, um den es hier geht, ist, wie gesagt, diesem Anspruch immer gerecht geworden . Der Porträtist des Porträtisten aber, der nur Worte und oft auch keine hat, ist sich seiner Sache nicht so sicher. Klaus Ringwald wurde am 6. August 1939 in Schonach im Schwarzwald geboren. Dort ging er auch zur Schule, zur sogenannten Volksschule, und begann dann in Triberg eine Lehre als Schnitzer, die er, noch nicht 17 Jahre alt, mit der Prüfung zum Gesellen abschloß. Als solcher arbeitete er erst einmal weiter, ging aber mit 21 Jahren an die Kunstschule Wolkenstein im Grödnertal, in Südtirol. Über München, wo er zwei Jahre lang bei Prof. Karl Baur (1881-1968) mitarbeitete, kam er nach Nürnberg zu Prof. Hans Wimmer (1907-1992), dessen Schüler, dann sogar Meisterschüler er wurde. Das waren wieder vier und nochmals zwei Jahre.
Erwin von Steinbach
(2000)
„Man könnte behaupten, im Sinne einer Verallgemeinerung, ein Mythos sei eine Geschichte, eine symbolträchtige Fabel, einfach, treffend, in der eine Vielfalt von mehr oder minder vergleichbaren Situationen zusammengefasst wird . . . Ein Mythos hat keinen Urheber. Sein Ursprung muß dunkel sein und sein Sinn teilweise auch. Indessen bleibt das bedeutendste Merkmal des Mythos die Gewalt die er auf uns ausübt, meistens ohne daß wir uns dessen bewußt sind." Denis de Rougemont in „Amour et Occident" - Liebe und Abendland, 1939. Ich möchte hinzufügen, daß ein Mythos, wenn schon sein Ursprung geheimnisvoll ist, auch kein Ende hat, kein Ende haben darf, wenn er als Mythos weiter bestehen soll. Der Ursprung des Mythos Erwin von Steinbach ist recht deutlich in der Baugeschichte des Straßburger Münsters eingetragen. Erst nach Beginn der Tätigkeit Erwins am Riesenbau, verzweigt sich sein Baumeisterschicksal, verliert sich beinahe seine Baumeisterspur. Es werden ihm andere, neue Aufgaben gestellt, sein Wirken verschwindet im Dunkel der Jahrhunderte und wird allmählich durch den Mythos ersetzt. Ein Mythos, der zum Teil auch aus der Notwendigkeit entsprungen sein könnte, einen Menschen für die Errichtung des gewaltigen Kirchenbaues gewissermaßen verantwortlich zu machen.
Die erhaltenen Acherner Kirchenbücher reichen zurück bis ins Jahr 1673. Die Stürme, die immer wieder das Land am Oberrhein verheerten, verwehten die zuvor geschriebenen Einträge. Wahrscheinlich lebten die ,,Peter" seit alter Zeit in Achern. Sie waren Bauern und Handwerker, von anderen Familien nicht unterschieden. Ihr Name hatte für Achern und die umliegenden Orte keine herausragende Bedeutung; frühe Urkunden nennen ihn nicht. Die Kirchenbücher kennen zwei „Peter"-Stämme: die heute noch in Achern lebenden Handwerker - und die Handelsleute, von denen nun die Rede sein wird.
Vor mehr als 30 Jahren, im Ortenau-Jahrbuch 1967, veröffentlichte Wilhelm Gräßlin seinen Aufsatz über den Korker Dekan Gottlieb Bernhard Fecht. Das Revolutions-Gedenken gibt Anlass, sich dieses Mannes zu erinnern, der wie wenige das Schicksal der heute weithin vergessenen badischen Reformer verkörperte. Geduldig, durch staatliche Schikanen weder
verbittert noch entmutigt, setzten sie ihre ganze Kraft ein, den Absolutismus der Monarchen mittels der „Constitution", der „Verfassung", in Schranken zu weisen - um am Ende dann doch zu scheitern.
Jacob Samson von Rathsamhausen zu Ehenweyer (1666-1731) wurde im August 1699 bei der Ortenauischen Reichsritterschaft immatrikuliert, nachdem er durch die 1698 geschlossene Ehe mit der verwitweten Sophia Dorothea von Löwen geborenen von der Grün ( 1679-1739) Grundherr zu Nonnenweier, Allmannsweier und Wittenweier geworden war. Einer der ersten Juden, die sich zu seinen Lebzeiten in Nonnenweier niederließen, war Wolf Wertheimer, der seinen im Herbst 1720 verstorbenen Sohn Lipmann um ein Jahr und fünf Monate überlebte und wie dieser auf dem ältesten Teil des jüdischen Friedhofs von Schmieheim begraben liegt.
Siegfried Rietschel
(2000)
Hoch über der Elbe in Dresden steht auf der Brühlschen Terrasse ein Denkmal des einst namhaften Bildhauers und Kunstprofessors Ernst RietscheI. Bei genauerem Hinsehen kann der Betrachter erstaunt und zugleich fragend feststellen, daß Ihm diese etwas verschmitzt wirkenden Gesichtszüge und dieses angedeutete Lächeln bekannt zu sein scheinen. Natürlich, geht es ihm durch den Kopf, der Siegfried Rietschel aus Karlsruhe. Da haben offensichtlich die von vielen Soziologen, Psychologen und Ideologen noch heute abgelehnten Gene bewirkt, daß beim Nachfahren noch in der 4. Generation signifikante Merkmale der Physiognomie, möglicherweise aber auch der Wesensart, zumindest andeutungsweise erhalten geblieben sind.
Bruno Epples Spiegelbilder
(2000)
Ich habe ihn gesehen, dort in seinem Atelier, manches Mal, und er hat auch davon erzählt. Er arbeitet diszipliniert, Stunde um
Stunde. Das Atelier hat ein großes Fenster, hinaus in den Garten. Dennoch ist er ganz bei sich selbst, schöpfend aus seinen inneren Bildern. Musik ist sein Vorhang, literarische Texte aus Kassetten. Das schirmt ihn ab, birgt ihn bei sich selbst.
Fridlini vor 1000 Jahren
(2000)
„Es kam das Fest des heiligen Fridolin. Da strömte aus allen Himmelsrichtungen eine unübersehbare Schar von Leuten nach Säckingen zu seiner Kirche, um seine Hilfe zu erflehen.“ Jahr um Jahr könnte mit solchen Worten ein aktueller Bericht über die Feierlichkeiten zum Fest des hl. Fridolin in Säckingen beginnen - der eben zitierte fährt fort: „Auch ein Lahmer wurde von seinen Eltern in die Kirche gebracht. Während dort nun alle der heiligen Messe beiwohnten, lag dieser Mann der Länge
nach auf dem Grab des Heiligen. Durch Gottes Gnade und durch die Verdienste des heiligen Fridolin gewann er die lang ersehnte Gesundheit wieder, so daß er in derselben Stunde über den Dienst der Zunge, das Fühlen der Hände, den Schritt der Füße und die aufrechte Haltung des ganzen Leibes verfügte. Welch ein Lob sich dort aus den Stimmen der Geistlichkeit und des ganzen Volkes erhob, als dieses großartige und vielfache Wunder ... geschehen war, bedarf keiner Worte.“ So weit Balther, der um das Jahr 970 aufgezeichnet hat, was er aus schriftlich und mündlichen Nachrichten über Leben und Wirken des Säckinger Gründers und Patrons in Erfahrung gebracht hatte. Mit diesem Wunder hält er die erste Heilung fest, die sich der Überlieferung nach auf die Fürsprache des hl. Fridolin nach seinem Tode ereignet hatte. Das Datum dieser Begebenheit nennt Balther nicht. Wir wissen nur, daß das Fridolinsfest am Todestag des Heiligen gefeiert wurde, am 6. März. Und eine Jahreszahl würde schließlich nichts zur Sache tun, Balther geht es allein darum, von diesem Wunder zu berichten. Indirekt sagt er uns Heutigen viel mehr. Er bezeugt, daß dieser Tag im 10. Jahrhundert schon mit großer Feierlichkeit in Säckingen begangen wurde, und zwar in der Kirche über dem Grab des Heiligen, von den Chorfrauen des Säckinger Stifts, den Klerikern, die dort ihren Dienst taten, den Bewohnern des Ortes und vielen Pilgern von nah und fern.
Die Welt des Bruno Epple
(2000)
Fast jeder Künstler ist geprägt durch seine Heimat, seine Herkunft, sein Umfeld. Mancher befreit sich davon, entwächst, oft bleibt er entwurzelt. Für viele ist dies der Grund, auf dem ihr Werk gedeiht, der Nährboden für ihre innere Welt. Erlebnisse erweitern den Horizont, glückliche oder schmerzliche Erfahrungen tragen zum Reifen bei. Bruno Epples Bildwelt ist zweifellos aus diesem Quell gespeist. Er ist ihr immer treu geblieben, hat sich zu ihr bekannt, selbst auf die Gefahr hin, als provinziell eingeengt zu gelten. Seine Bildthemen sind die kleinen Leute vom See, die Menschen zwischen Geburt und Tod, die Arbeitswelt der Fischer, Bauern und Handwerker, die Spiele der Kinder im Kreis des Jahres, die mythische Welt und die reale Welt, die südwestdeutsche Landschaft.
Im Jahre 1232 teilte sich das Grafenhaus der Habsburger in zwei Linien, die albertinische, später herzoglich-österreichische und zu Macht und Ansehen aufsteigende und die weniger erfolgreiche, die rudolfinische oder Laufenburger Linie. Die unterschiedliche Entwicklung wurde eingeleitet durch die überragende Persönlichkeit des späteren Königs Rudolf I. von der älteren albertinischen Linie, dem es gelang, sich und seinen Nachkommen eine dominierende neue Basis im Südosten und an der Spitze des Reiches zu sichern. Obwohl auch Phasen kontroverser und gegensätzlicher Beziehungen zwischen beiden
Habsburg-Stämmen bestanden, ist ihr Verhältnis lange Zeit durch ein Empfinden der Familieneinheit bestimmt. Dazu muß auch die bisher nicht als solche erkannte Übertragung der Landgrafenfunktion und der Klostervogtei über das Rheininselkloster Rheinau durch König Rudolf an einen Vertreter der Nebenlinie der Grafen von Habsburg-Laufenburg im Jahre 1288 gezählt werden. König Rudolf fällte diese Entscheidung im Zuge seiner Revindikationspolitik zur Wiedergewinnung der im Interregnum dem Reich verloren gegangenen Gebiete und Rechte. Darunter zählt auch die Schaffung neuer Rechtsbezirke, in denen in königlichem Auftrag ein Landgraf die Hochgerichtsbarkeit auszuüben
hat, welche seit dem Verschwinden der alten Gaugrafschaftsverfassung vielfach ungeregelt praktiziert worden war. So ist die Entstehung der seit Ende des 13. Jahrh. in Erscheinung tretenden Landgrafschaften Nellenburg (Hegau), Stühlingen und Klettgau zu erklären. Die in zwei Teile getrennte frühere Baar wurde durch Verzicht des Grafen Hermann von Sulz und
nachfolgender Belehnung des Grafen Heinrich von Fürstenberg mit der ganzen Landgrafschaft durch König Rudolf von Habsburg am 13. Jan. 1283 vereinigt, bzw. neu geschaffen. Dieser Vorgang geschah aufgrund des vorausgehenden
Ehnheimer Reichsspruches vom Dez. 1282, wonach keine Grafschaft geteilt oder veräußert werden durfte.
Am 18. August 1999 war es 1150 Jahre her, daß der erste deutsche Schriftsteller starb, der mit einem Teil seiner Werke heute noch ein Publikum erreicht: Walahfrid Strabo von der Reichenau. Er hat sich für seine deutsche Muttersprache interessiert, wie die sachkundigen Ausführungen zur Herkunft des Wortes „Kirche“ in seiner Liturgiegeschichte zeigen; wie fast alle seiner europäischen Zeitgenossen konnte er sich literarisches Schreiben aber nur in der „Vatersprache“ Latein vorstellen. Walahfrid ist wohl im Jahr 807 im alemannischen Raum geboren und wurde im Kloster Reichenau erzogen. Der gelehrte lateinische Beiname, mit dem man sich zu seiner Epoche - der „Karolingischen Renaissance“ - gern schmückte, hat bei Walahfrid einen bitteren Beigeschmack; denn „Strabo“ (oder „Strabus) heißt „der Schieler“, und das war Walahfrid auch. Seine erste große Stunde kam, als er nach dem Tod des Reichenauer Klosterlehrers Wetti (824) den Auftrag bekam, die aufwühlenden Visionen, die der Verstorbene kurz vor seinem Tod hatte, in lateinischen Versen darzustellen. Walahfrid erledigte die Aufgabe bravourös; seine Visio Wettini vom Jahr 825 ist sein erstes Erfolgsbuch geworden.
Hans von Schellenberg wurde am 19. Februar 1551 - vermutlich zu Hüfingen - geboren, wo er zusammen mit seinen jüngern Geschwistern, dem Bruder Eberhart und den beiden Schwestern Clara und Anna, im Schloß seines Vaters, Gebhart von Sehellenberg, aufwächst. Seine Mutter ist die Schaffhauserin Barbara von Fulach, so daß er oft betont, er sei auch ein halber Schaffhauser und ein halber Eidgenosse. Der Vater holt für seine Kinder einen Hauslehrer in sein Schloß, der die beiden Brüder in moribus und literarum studiis unterrichtet. Danach schreiben sich Hans und Eberhart 1564 an der Universität Ingolstadt ein und hören dort Vorlesungen über Rhetorik, Dialektik und Geschichte. Drei Jahre später beginnt Hans von Sehellenberg mit dem Studium der Rechte und besucht Vorlesungen über Philosophie. 1569 finden wir die beiden Brüder in den Matrikeln der Hochschule Freiburg. Es folgen weitere Studien in Italien (wo für den Bruder Eberhart 1572 sein junges Leben in Rom endet), in Burgund und angeblich andern Orten, so daß sich Hans von Sehellenberg „nicht nur zierlich in Latein ausdrückte, sondern auch die französische und italienische Sprache zum besten verstand und sprach“. Über den Aufenthalt in Italien erzählt er oft ausführlich und begeistert in seinen Briefen, dagegen findet er für Frankreich weniger schmeichelhafte Worte, wenn er sagt,„dass er die Franzosen nie gern an seinem Leib gehabt habe“.
"Theologen, Maler, Musiker"
(2000)
Anläßlich einer der jährlichen Routinefahrten in den „traumhaft-sonnigen Blütenfrühling“ nach Weinheim an der Bergstraße -
das wie ein „Stadtmärchen“ aus Franken imponiert und als „wunderschönes altes Städtchen“ von K. Demmel besungen wird,- von „den Göttern herrlich bedacht mit jedem Gut“ , - wo froh bewegtes Leben der Corpsburschen auf der Wachenburg oder Burg Windeck (ehemalige Lorscher Klosterfeste, sagenumwoben) und mit lustigem studentischen Treiben in den engen Fachwerkgassen zur Pfingstzeit das „Städtchen“ jährlich romantisiert - sendete der SWR im Autoradio Kammermusik von Ermanno Wolf-Ferrari -; apropos kam dabei noch der Hinweis auf väterliche Wurzeln des Komponisten in Weinheim. Ein new look! - , der spätestens dann zur Evidenz wurde, als man im Weinheimer Stadtarchiv genealogische Hinweise im Text- und Bildband vom Leben des Malers und Komponistenvaters August Wolf fand, dessen Vorfahren Theologen und fürstliche
Bedienstete waren (2A).
In Karlsruhe, der Residenz des Großherzogtums Baden, waren im 19. Jahrhundert zahlreiche bedeutende Druckereien angesiedelt, unter denen die Hasper’sche, was den Fortschritt - nicht die Größe - anbelangt, eindeutig herausragt. Der Druck des ersten badischen Papiergeldes, aller badischen Briefmarken sowie vieler anderer fälschungssicherer Druckerzeugnisse stammen von Wilhelm Hasper. F. Wilhelm Hasper wurde am 31. Juli 1796 in Annaberg in Sachsen geboren, wo bereits sein Vater eine kleine Druckerei betrieb. Er besuchte vier Klassen des dortigen Lyzeums und mußte seinem unbemittelten Vater nach Beendigung der Schulstunden schon ab dem zehnten Lebensjahr bei der Arbeit zur Hand gehen. Seine Lehre trat er
1810 bei dem Buchdrucker C. Tauchnitz in Leipzig an, den Hasper später selbst als „Vater der teutschen Typographie“ bezeichnet.
Manfred Markus Jung
(2000)
Seine Handschrift, nach vorn strebend, mit weichen Zügen, in warmen, runden Schwüngen füllt sie das Papier. Da ist nichts Flüchtiges, Verwischendes. Die Anfangsbuchstaben seines Namens sind aus der Tiefe geholt, so als ob er zuerst Luft holt, bevor er loslegt. Als ob er zuerst eine Schreibstrecke des Nachdenkens bräuchte, um anzufangen. Die kleinen ns sind
gerade an der Kippe. Sie schließen sich nicht, wie es vorgeschrieben wäre, sie sind leicht dem u zugeformt. Eine behutsame Offenheit, nicht mit der Tür ins Haus fallend, aber auch nicht verschlossen. Spätestens wenn die Gedichte Stimme werden, sich vom Geschriebenen in den Raum lösen, dann liegt alles offen. Er wählt fast immer schwarze Stifte, ob Kuli oder Feder. Schwarz. Was man schwarz auf weiß... Es hat etwas Gesetztes. Vielleicht auch er. Vor allem aber, man muß diese Texte auch immer wieder sehen. Mundart wird bei ihm zu Lesart.
Johannes Kaiser
(2000)
Am 15. Mai 1976 im Kolpingsaal in Freiburg lernte ich Johannes Kaiser kennen. Er trug neben seinem allerersten Gedicht „Z’Obe an de Wiese“ dieses „Abschid“ vor, mit dem er den 1. Preis beim Wettbewerb „Jungi Mundart“ in der Sparte Lyrik errungen hatte. Ich war hin- und hergerissen. Hingerissen von diesem Gedicht, das Gefühle genauso zum Ausdruck bringen konnte, wie ich sie gerne ausgedrückt hätte, es aber nicht konnte. Diese ersten beiden Strophen: hinreißend. Und dann
dieses Jüngelchen da vorne, sanft wie ein Engel, lang gewelltes Haar, genauso wie ich es auch in meiner schon lange zurückliegenden Jugend getragen hatte. Ich war ja schon 21 geworden, und er war ganze vier Jahre jünger, ein absoluter Jungspund also, und dann so ein reifes Gedicht! Gerade deswegen war ich auch so hergerissen, neidisch auf dieses gelungene Gedicht, wo doch alle meine Versuche bisher im bloßen Benennen großer Gefühle stecken geblieben waren. Neidisch auch auf das Alter und den Erfolg des soviel Jüngeren und auf was weiß ich noch alles mehr. Das setzte sich
eine ganze Weile so fort. Er war der Igel, immer schon da, wohin ich mich gerade erst aufmachte. Er las vor mir in Hausen, kam im Radio, im Fernsehen, veröffentlichte seinen ersten Gedichtband: „Singe vo dir und Abraxas“, 1980, in einem richtigen Verlag, im Verlag Moritz Schauenburg, Lahr. Ich wollte, wenn ich schon nicht schneller sein konnte, wenigstens schnellstens nachziehen, schrieb ich inzwischen doch auch gute Gedichte, und zwar in einer ganz anderen Art. Aber mein Vater bremste mich wohlweislich. Du hast Zeit. Hast du überhaupt schon genug Gedichte, zu denen du voll stehen kannst?
Herr Bürgermeister, lieber Peter Ratzel meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man über Ludwig Ratzel sprechen
soll und nach Attributen sucht, hat man es nicht schwer. Eigenschaften, die man gemeinhin von einem guten Politiker erwartet, waren ihm in hohem Maße zu eigen. Hart in der Vertretung der erarbeiteten Überzeugung, bei der Auseinandersetzung aber stets fair und nach der Entscheidung versöhnlich und nicht nachtragend. Das war es, was ich an dem Menschen Ludwig Ratzel in der langen Zeit gemeinsamer politischer Arbeit am meisten schätzte. Kurz nach Kriegsbeginn wurde Dr. Ratzel zu einer Luftwaffenerprobungsstelle abkommandiert. Mit etwas Glück hätte ich ihn schon 1941 auf dem Feldflughafen Cazaux in Südfrankreich, kennenlernen können, wo er bei der Luftwaffe und ich damals im Arbeitsdienst war. Daß wir dort zur gleichen Zeit waren, erfuhren wir erst später bei einem Gespräch.