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„Du bist die Erfüllung meiner Träume. Ich liebe dich. Ich könnte es aber jederzeit auch bleiben lassen. Also liebe ich dich in voller Freiheit!“ – Wäre das nicht eine befremdliche Liebeserklärung? – „I can’t stop lovin’ you.“ – Würde man dem Evergreen nicht eher vertrauen? Wäre das andere nicht sogar unheimlich? – Denn nur einem Teufel steht die volle Bandbreite aller Optionen offen. Je nach Laune kann er dann und wann auch als Engel erscheinen. Ein Engel kann immer nur Engel sein. – Wenn Ferdinand, wie Luise hofft, ihrer Unfreiheit, ja: Unfreiheit, vertraut hätte und nicht dem diktierten Brief, dann hätte „Kabale und Liebe“ nicht tödlich zu enden brauchen. Dann hätte er gewusst, dass seine Luise so etwas überhaupt nicht kann, dass sie gar nicht die Freiheit hat, ihn derart schmählich zu verraten und zu betrügen.
Curt Balke
(2006)
Als Curt Balke vor nunmehr 50 Jahren, am 26. September 1955, im Alter von 72 Jahren gestorben war, widmete ihm die „Freiburger Turnerschaft von 1844“ einen ehrenden Nachruf, der mit den Worten schloss: „Mehr als 35 Jahre war Curt Balke ,unser Architekt‘. Er war nicht nur unser Berater in allen baulichen Fragen, er war auch ein Turner mit Leib und Seele, ein feinsinniger Mensch und alle Zeit ein guter Kamerad.“
Die Ahnen der Familie Ebner
(2006)
Während meiner Kinder- und Jugendzeit wurde ich durch die Ahnenbilder tagtäglich auf meine Vorfahren aufmerksam. So versuchte ich einiges über sie in Erfahrung zu bringen. Das Geschlecht der Ebner läßt sich bis ins 15. Jahrhundert in Tiefenhäusern nachweisen. Johann Michael Ebner, mein fünffacher Urgroßvater, war Vogt und Gastwirt in Immeneich und Einungsmeister der Einung Wolpadingen in der Grafschaft Hauenstein.
Drei Portrait-Büsten in weißem Marmor und eine in Terrakotta stellte der junge, hochbegabte Bildhauer Friedrich Schildhorn 1913 bei der internationalen Kunstausstellung im Münchener Glaspalast aus. Damit hatte er einen ersten Höhepunkt seiner künstlerischen Laufbahn erreicht und zugleich einen Platz unter den besten Kunstschaffenden seiner Zeit erworben.
Elisabeth Alexiewna, geborene Prinzessin Luisa Maria Augusta von Baden, war die Gemahlin des russischen Kaisers Alexander I.
und regierte Russland 25 Jahre lang. Im Jahr 2004 feierte man den 225. Geburtstag der Kaiserin. Nach Darstellung deutscher und russischer Zeitgenossen galt sie als die schönste königliche Frau Russlands, ja ganz Europas. Sie war hoch gebildet und hatte einen starken Charakter. Jeder, der Elisabeth Alexiewna kannte, bewunderte ihre Schönheit. Katharina die Große verglich sie mit der griechischen Göttin Psyche. Der große russische Dichter Alexander Puschkin war von der Schönheit der Kaiserin begeistert und schrieb heimlich Gedichte für sie. Der große deutsche Komponist Ludwig van Beethoven widmete ihr seine einzige Polonaise für das Klavier, das Opus Nr. 89.
Die BADISCHE HEIMAT erscheint in einem vierteljährlichen Rhythmus, deshalb ist es der Schriftleitung erst im Heft 4/2006
möglich, zu dem zunächst von der Landesregierung geplanten Verkauf der Handschriften der Badischen Landesbibliothek
Karlsruhe Stellung zu nehmen. Im nachhinein schien es der Schriftleitung sinnvoll und notwendig, ad usum et memoriam
Lectoris zumindest eine Chronologie der Diskussion um die Handschriftenaffäre an Hand der Presseberichte und -kommentare zu erstellen. Der Handschriftenstreit betrifft ja nicht nur die Badische Landesbibliothek, sondern auch die Stadt Karlsruhe, den
Badischen Landesteil und die BADISCHE HEIMAT, sondern letztlich auch das kulturelle Erbe des ganzen Bundeslandes. Sehr schnell stellte sich heraus, dass der Streit um die Handschriften eine kulturpolitische Dimension annahm, die weit über die Grenzen des Bundeslandes hinausging.
Einfach so …
(2006)
Im Vorfeld zu dieser Veranstaltung habe ich nachgefragt, ob es für diesen Hurst-Abend einen besonderen Anlass gibt – ob etwa eine Auszeichnung vorgesehen ist, irgendwo zwischen Wanderstockplakette vom Schwarzwaldverein und Nobelpreis, oder ob Harald Hurst ein runder Geburtstag ins Haus steht, zu dem sich die Gratulanten versammeln. Die Antwort war: Nein, man feire einfach so – und diese Antwort hat mir gefallen.
Unter denen, die 1933 oder später ihr deutsches Vaterland verließen, sich vor den neuen Herren in Sicherheit zu bringen
suchten, waren auch Photographen, meist jüdische Photographen, deren Namen man schon kannte oder noch kennen lernen sollte. Unter ihnen waren Alfred Eisenstaedt, der in die USA entwich; Gisèle Freund, die nach Paris ging; Andrei Friedmann, der dasselbe tat und sich dann Robert Capa nannte; Helmut Gernsheim, der in London unterkam; Kurt Hübschmann, dem unter dem Namen Hutton dasselbe gelang; Erich Salomon, der sich in Holland verbarg, bis er von den anderen Deutschen aufgespürt
und im KZ umgebracht wurde; und Felix H. Man.
Eine badisch-preußische Ehe
(2006)
Vor 150 Jahren, 1856 – war es wirklich eine „gute alte Zeit“? Sechs Jahre zuvor hatte die Revolution das Großherzogtum erschüttert, Soldaten hatten gemeutert, Großherzog Leopold war mit seiner Familie geflüchtet. Die Preußen mußte er um Hilfe bitten, und Wilhelm, Prinz von Preußen, der Bruder des preußischen Königs, sorgte mit seinen Truppen als Zwingherr für die nachfolgende Reaktion. Mit mehr als einem Drittel des Staatshaushalts von 20 Millionen Gulden berechnete man später die Revolutionsschäden, davon allein 1,5 Millionen Gulden für die preußische Besatzung.
Wirken in Wirren
(2006)
Seine schillernde Biographie ist allein schon faszinierend. Mit brillanter Gelehrsamkeit ausgestattet und politischem Ehrgeiz
erfüllt, wußte er zu überzeugen, wenn auch seine Wirkung begrenzt schien. Als badischer Unterrichtsminister war er wohl am erfolgreichsten, sicher auch als Hochschullehrer, der zu allen Zeiten seine Hörer gefangen hielt. Ein demokratischer Liberaler und zugleich kritischer „Antiparlamentarier“, wie einige ihn gescholten haben, mit Mussolini sympathisierend und in skeptisch abwehrender Distanz zu Hitler, drum ein Gegner der Rassenideologie, und doch Promotor einer Völkerpsychologie, die andere für „angepaßt“ hielten, charakterfest mit opportunistischen Zügen, auf jeden Fall eine bemerkenswerte Persönlichkeit.
Zur Verabschiedung von Herrn Adolf Schmid als
Landesvorsitzenden der Badischen Heimat werde ich
in meiner Rede den Rückblick auf seine Tätigkeit mit
kritischen Ausblicken auf die nähere Zukunft des Vereins
verbinden.
Zum siebzigsten Geburtstag von Herrn Adolf
Schmid habe ich im Jahre 2004 im Heft 2 der Badischen
Heimat wichtige Positionen seiner Vereinspolitik
gewürdigt. Ich greife deshalb bei dieser Gelegenheit
auf meine damaligen Ausführungen zurück.
»Bedeutendster deutscher Lyriker zwischen Romantik und Realismus und Hauptvertreter des schwäbischen Biedermeier« heißt es im Wilpertschen »Lexikon der Weltliteratur« über Eduard Mörike. Mörike, der zu seinen Lebenszeiten sich trotz des stetig wachsenden Ruhms still und unspektakulär im Hintergrund hielt, ist jedoch literarhistorisch ganz so eindeutig, wie in der genannten Beurteilung geschehen, nicht einzuordnen. Viel zu eng gefasst jedenfalls ist der regional und literaturgeschichtlich stark eingrenzende Begriff »Hauptvertreter des schwäbischen Biedermeier«. Bernhard Gugler, Professor für Mathematik in Stuttgart, ein Freund aus späten Jahren, schreibt 1875 in seinem Nachruf auf Mörike nicht von ungefähr: »Es ist öfters und von verschiedenen Seiten gesagt worden, kein Lyriker erinnere so sehr an die lyrischen Gedichte Goethes wie Mörike. Das mag hoch klingen; wer indes Mörikes Muse genauer kennt, wird unbedingt zustimmen. [...] Eines kommt noch hinzu, was in Goethes Liedern nicht voll anklingt: der Humor. In Mörikes Natur lag neben der tiefsten Empfindung der Sinn für das Heitere und Witzige, der sich aber immer mit Grazie ausspricht.«
Marbach am Neckar ist zwar als Schillerstadt bekannt, aber auch andere Männer und Frauen, die es später zu Ruhm brachten, wurden hier geboren. Einer der wichtigsten ist der am 17. Februar 1723 geborene Mathematiker, Astronom, Geograph, Kartograph und Erfinder Tobias Mayer. Auf einer Stadtansicht des 19. Jahrhunderts wird Marbach am Neckar in der Bildunterschrift die Geburtsstadt von Friedrich Schiller und Tobias Mayer genannt! Tobias Mayer verbrachte jedoch nur wenige Monate in Marbach, dann zogen seine Eltern nach Esslingen. Da Mayer aus armer Familie stammte und seine Eltern früh starben – bereits 1737 wurde er Vollwaise –, konnte er zwar die Lateinschule, aber keine Universität besuchen. Er eignete sich trotzdem erstaunliche Kenntnisse an, unter anderem in Augsburg und Nürnberg. Seit 1751 war Tobias Mayer Professor für Ökonomie und Mathematik in Göttingen. Er machte sich durch seine geografischen und astronomischen Forschungen sowie als Kartenzeichner, insbesondere seiner Mondtafeln, einen Namen. Mayers größter Erfolg war eine Siegbeteiligung bei einem englischen Preisausschreiben zur Bestimmung des Längengrades auf hoher See, wo seine Mondtafeln Anwendung fanden. Das Preisgeld betrug 20 000 Pfund Sterling, von denen Tobias Mayers Witwe 1763 3000 Pfund erhielt. Der hochbegabte Naturwissenschaftler war bereits am 20. Februar 1762 gestorben.
Poesie und Zensur
(2006)
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Großherzogtum Baden in seinen Grundfesten erschüttert. Im Vormärz politisierten sich weite Teile der Bevölkerung, um schließlich
in der Revolution von 1848/49 die alte Staatsordnung umzustürzen. Diese Entwicklungen führten zu einer vorher nicht gekannten Intensivierung der Berichterstattung in der
Presse und einer wachsenden Nutzung der Literatur für politische Zwecke - trotz der im
Vor- wie im Nachmärz herrschenden Zensur.
Beliebt waren u. a. politische Gedichte und Lieder, welche in großer Zahl erschienen und als wirksame Propagandainstrumente dienten. Mit ihnen konnten Autoren Teile
der Bevölkerung erreichen, welche durch umfangreiche Abhandlungen und Traktate nicht
zu politisieren waren. Entsprechend scharf ging die obrigkeitliche Zensur im Vormärz
gegen ungenehme Dichter und ihre Werke vor, die systematisch unterdrückt wurden. In
den Jahrzehnten nach der Revolution dominierten die autoritären Regime des Großherzogtums Baden, des deutschen Kaiserreiches und schließlich der nationalsozialistischen
Diktatur, unter denen die republikanische politische Lyrik als Teil der demokratischen
Traditionen Deutschlands negiert und verdrängt wurde.
Für die USA war der 17. Januar 2006 ein besonders wichtiger Gedenktag der Nation: Erinnerte man sich doch hier des 300. Geburtstags eines für die Geschichte des Landes überragenden Mannes, des großen Erfinders, Politikers und Staatsmanns Benjamin Franklin ( 1706-1790) aus Philadelphla. Seine Bedeutung für die (späteren) Vereinigten Staaten von Amerika, aber
auch für Europa und darüber hinaus, war derart groß, dass die Fülle seiner Tätigkeiten und Leistungen später noch einmal erläutert werden soll. Für George Washington (1732-1799), den bekannten Feldherrn des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges und späteren ersten Präsidenten der USA, gab es eigentlich kein richtiges „Erinnerungsdatum". Dafür hatte dann aber der Kunstmarkt Anfang 2006 mit einem Paukenschlag gesorgt: Beim Auktionshaus Christie wurde völlig überraschend ein vorzügliches, lebensgroßes Porträt George Washingtons (vom amerikanischen Maler Charles Willson Peale, 1741-1827) angeboten - und dann über einen Händler einem nicht genannten Bieter zum spektakulären Preis von 21,3
Millionen US-Dollar zugeschlagen.
Beim Verfassen - wie beim Lesen dieser Darstellung - steigen blankes Entsetzen und furchtbare Angst, Sprachlosigkeit und Empörung, Mitleid bis zur Unfassbarkeit in uns auf. Vor unserem inneren Auge enthüllen sich Fakten, welche der gesamten Menschheit unsäglicher Schmerz und ewige Mahnung zugleich sein müssten. Wie konnte es sein, dass Menschen, welche als Ärzte den hippokratischen Eid, zu helfen und zu heilen, abgelegt haben, in menschenverachtender Art und Weise anderen unsägliche Leiden und grausamsten Tod zugefügt haben, in einer Art und Weise, wie sich selbst Wölfe oder andere wilde Tiere gleicher Art nicht untereinander vernichten? Eines der zahllosen, schrecklichen Beispiele, wie unmenschlich
Menschen sein können, ist der KZ-Arzt Erich Wagner. Er lebte nach dem II. Weltkrieg zuerst unerkannt und unentdeckt in der Ortenau. Mitten unter uns, in Lahr: Verborgen blieb das verbrecherische Vorleben nicht weniger freundlicher Hausärzte von nebenan, die niemand fragte, woher sie eigentlich gekommen waren ... Wagner, dessen Frau ebenfalls Ärztin war und
eine Kassenzulassung besaß, hatte sich in Lahr um eine Privatzulassung bemüht und diese 1958 auch erhalten.
,,Mörder" waren sie fast alle nicht, denn ihre braunen Kollegen von der Paragraphenfront hatten rechtzeitig im Krieg das Strafgesetzbuch geändert - kurz nach dem Überfall auf die Sowjetunion. Und nach dem Krieg hatten diese Experten, nunmehr in Bonn, wieder alles so arrangiert, dass man sie allenfalls als „Gehilfen" belangen konnte. ,,Täter" waren nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur die Herren Hitler, Hirnmler, Heydrich - denn die waren schon lange tot. Nur diese Haupttäter hätten grundsätzlich aus niedrigen Beweggründen gehandelt. Alle anderen, soweit sie nicht Exzesstäter waren, töteten nur „auf Befehl" und waren damit keine Mörder. Schon früh, gleich nach dem Krieg, wurde auf die unvorstellbaren Verbrechen des Berufsstandes hingewiesen, der schon kraft seines Berufseides diese Taten nicht hätte begehen dürfen. Dem Nürnberger Prozess 1946 folgten einige Prozesse gegen bestimmte Gruppen, u.a. gegen Ärzte. Aus dem Nürnberger Ärzteprozess stammen die Unterlagen, die im März 1947 in Heidelberg veröffentlicht wurden (Alexander Mitscherlich und Fred Mielke, Das Diktat der Menschenverachtung). In der Dokumentation ging es um die Tätigkeit von 23 SS-Ärzten und deutschen Wissenschaftlern: Medizinische Versuche in den Lagern, das „Euthanasie"-Programm und die „Jüdische Skelettsammlung für das Anatomische Institut der Reichsuniversität Straßburg". Der rassistische Alltag der Erbgesundheitsgerichte mit zehntausenden Verfahren kam dabei nicht vor.
Dr. Leo Wolff aus Appenweier
(2006)
In Appenweier lag wie in anderen Landorten ähnlicher Größe die Betreuung der Kranken durch ausgebildete Helfer bis ins 19. Jahrhundert hinein im Wesentlichen in den Händen der Chirurgen, Wundärzte oder Barbiere, die wie die Hebammen einer gewissen staatlichen Aufsicht unterstanden. Für einen Arzt, der an einer Universität studiert hatte, besaß das Dorf offensichtlich noch wenig Anreiz. Als 1810 das zweite Landamt Offenburg in Appenweier eingerichtet wurde, war damit auch ein Physikat, die Stelle eines Bezirksarztes, verbunden. Dr. Jessele aus Offenburg übernahm diese Aufgabe, er war aber nicht bereit, seinen Wohnsitz aufs Land zu verlegen, auch nicht, als ihm das Ministerium mit einer Gehaltskürzung gedroht
hatte. Die Gemeindeverwaltung jedoch bemühte sich sehr, ihre Einwohner ordentlich medizinisch zu versorgen, und bot jedem qualifizierten Manne, wenn er sich im Ort niederließ, freie Wohnung im Rathaus mit Keller, Nebengebäude, Garten und Holzlieferung; er musste dafür allerdings die Ortsarmen ohne Entgelt behandeln. Erst 1829 hatten die Gemeindeväter
Erfolg. Wie sehr der Gemeinderat die ärztliche Arbeit schätzte, zeigt, dass er später die Leistungen um ein Wartegeld von 500 M erhöhte.
Die erste Jahreshälfte 1974 dürfte vielen vor allem durch die politischen Skandale auf internationaler und nationaler Ebene in Erinnerung geblieben sein: dem Rücktritt des spionagegeschädigten Bundeskanzlers Willy Brandt im Mai des Jahres und der Watergate-Affäre mit der anschließenden Abdankung des US-Präsidenten Nixon. Manch einer mag sich auch nostalgisch an Deutschlands Auftritt als große Fußballnation zurückerinnern, als man Anfang Juli 1974 die Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land gewinnen konnte. Doch noch zu Anfang jenes Jahres rauschten andere Themen durch den Blätterwald der Boulevardpresse: Da gab es einen smarten jungen Israeli namens Uri Geller, der in Wim Thoelkes Sendung „3 x 9" auftrat, auf ungewöhnliche Art und Weise Uhren reparierte, Schlüssel unbrauchbar machte und dafür sorgte, dass sich in Deutschlands Küchenkommoden die Gabeln verbogen. Und es trat ein Mann ins Rampenlicht, der Tausende von Leuten
dazu brachte, in ein Dorf am Rande des Schwarzwalds zu fahren und ihn zu konsultieren: Josef Weber, der „Wunderheiler von Schutterwald".
Wenn man sich mit der Geschichte Offenburgs in der Zeit des Dritten Reiches befasst, stößt man immer wieder auf den Namen Rombach. Allerdings verbergen sich hinter diesem Namen zwei Personen, die nicht mit einander verwandt gewesen sind. Beiden Rombachs gemeinsam war die stark ausgeprägte nationalsozialistische Gesinnung; was sie unterschied, waren das Temperament und die Rigorosität, mit der sie diese Gesinnung in die Tat umsetzten. Beide waren Funktionsträger des nationalsozialistischen Regimes, pflegten aber einen unterschiedlichen politischen Stil, vermutlich als Folge einer divergierenden sozialen Herkunft und Sozialisation. Bevor ich auf das Verhältnis der beiden lokalen NS-Leute eingehe,
möchte ich einen Blick auf die Biographie des Offenburger Oberbürgermeisters werfen. Dabei werde ich an mehreren Stellen aus Wolfram Rombachs Lebenserinnerungen zitieren, die er Mitte der 1960er Jahre schrieb und später dem Stadtarchiv Offenburg zur Verfügung stellte. Bis zu seinem Tod blieben sie gesperrt.
Heinrich Hansjakob gibt in den „Erinnerungen einer alten Schwarzwälderin" wieder, was er von Erzählungen im elterlichen Gasthaus, der „Stadtwirtschaft" in Haslach über seine Ahnen in Erfahrung bringen konnte. Er unterließ es aber, alle Angaben einer genauen Überprüfung in den Pfarrbüchern und Gemeindeakten zu unterziehen, und gab sie weiter, wie sie auf ihn gekommen waren: mehr dichterisch ausgestaltend und mit eigenen Kommentaren versehend als historisch-kritisch hinterfragend. Auf diese Weise mussten sich zwangsläufig Ungenauigkeiten, Lücken und Fehler einschleichen, die nur eine genaue Überprüfung der Akten (teilweise) korrigieren kann. So wusste er nicht (er übernimmt an dieser Stelle die Erzählung selbst), dass sein Vorfahr, der so plastisch beschriebene „Vogelhans" in Althornberg, Johann Faller, Vogt in Gremmelsbach war, während andererseits die Akten keine Angabe zu dessen Liebe zu den Vögeln und zum Handel mit Wild machen. Hansjakob wäre aber nicht Hansjakob gewesen, wenn er sich nicht gerühmt hätte, in seiner Ahnenreihe einen Vogt gehabt zu haben. Mit Sicherheit hätte er sich auch über seine Leistungen für seine Vogtei ausgesprochen.
Konrad Schmider (1859-1898)
(2006)
Die Stadt Wolfach gedenkt in diesen Tagen ihres Sohnes Konrad Schmider, der am 6. Juli 1898 beim Ausmalen de Schlosses in Mannheim auf tragische Weise ums Leben kam. Schmider, der nur 39 Jahre alt war, wurde 1859 geboren. Im gleichen Jahr starb in Haslach der unter dem Namen „Der närrische Maler von Haslach" bekannte Künstler Carl Sandhaas. Diese rein zufällige, fast nahtlose Aneinanderfügung zweier Künstlerlebensläufe wäre interessant genug, um Vergleiche anzustellen. Ich möchte nur auf einen einzigen Punkt aufmerksam machen. In der Biographie von Carl Sandhaas ist davon die Rede, er habe in seiner Münchener Zeit die Nähe des Malers Peter Cornelius gesucht. Damit sind wir auf den vielleicht bekanntesten Namen gestoßen, den man zuerst nennt, wenn man von den so genannten ,,Nazarenern" spricht. Wer waren diese Nazarener? Und
weil nun unser Konrad Schmider der jüngsten Gruppe dieser Kunstrichtung angehört, müssen wir zunächst den Begriff „Nazarener" erklären. Dann will ich versuchen, Ihnen in mehreren Schritten meine „Gedanken zum Umgang mit dem Lebenswerk eines Nazareners" vorzutragen.
Thomas Marktanner 1928-2006
(2006)
Am 14. Februar 2006 starb im Alter von 77 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit Thomas Marktanner aus Langenargen. Er war ein ausgewiesener Kenner der heimischen Schmetterlinge und als sachkundiger Beobachter und gewissenhafter Faunist „unser Mann am Bodensee“. Thomas Marktanner wurde am 16. August 1928 in Eisenharz-Argenbühl geboren. Sein Vater, Josef Marktanner, war Landwirt und Dorfpolizist und hat, nicht zuletzt als Vereinsvorstand, das öffentliche Leben in diesem Ort über viele Jahre maßgeblich beeinflusst, seine Mutter Anna, geb. Walser, eine eher stille Frau, die sich zur Dichtkunst hingezogen fühlte. Beides, die Fähigkeit, in der Natur Geschautes der Öffentlichkeit zu vermitteln, als auch die Lyrik, die sich damit verbindet, in seine Betrachtungen einfließen zu lassen, hat der Sohn von den Eltern geerbt und an seine Zuhörer weitergegeben.
Bernd Haisch 1941-2005
(2006)
Völlig überraschend verstarb am 24. August 2005 Bernd Haisch. Gerade hatte er eine Hüftoperation gut überstanden und
hoffte, wieder seinem botanischen Hobby nachgehen zu können, als ihn der Tod ereilte. Bernd Haisch kam am 28.
August 1941 in Blankenloch bei Karlsruhe zur Welt. Hier besuchte er die Volksschule. Danach begann seine Ausbildung
in der Vermessungsverwaltung. Schließlich folgte ein Besuch in der Ingenieurschule (Fachhochschule). Im Staatlichen Vermessungsamt war er zuletzt als Oberamtsrat tätig.
Riedböhringen! In meiner Erinnerung ist eine Fahrradtour aufbewahrt, die ich 1954 als Student von Freiburg über den Schwarzwald zum Bodensee unternahm mit dem Ziel der Insel Reichenau. Es war wohl in den Pfingstferien. Dies war nicht ganz ohne Mühen, denn wir hatten damals noch keine Mountainbikes, sondern mussten uns schon plagen mit den schweren Fahrrädern ohne differenzierte Gangschaltung — das Höllental hinauf, bis die Baar-Höhe geschafft war, die dann in mehr oder weniger sanfte Wellenbewegungen überging. Ich wollte der ‚alten‘ Donau, der ,Feldberg‘-Donau, entlangfahren, also Richtung Blumberg Kurs nehmen. So gelangte ich durch Riedböhringen, das erste und bisher einzige Mal. Nein, ich wusste 1954 nichts von Pater Augustin Bea, mir war auch nicht bekannt, dass Riedböhringen im Mittelalter zum Kloster Reichenau gehörte und dass der heilige Genesius, ein sonst wenig bekannter Märtyrer, als Kirchenpatron über die Reichenau nach Riedböhringen gekommen ist. Und zur Reichenau wollte ich ja fahren. Selbstverständlich ist dann die große Gestalt des Riedböhringer Augustin Kardinal Bea in der Medienöffentlichkeit und in der wissenschaftlichen Welt bekannt geworden — auch außerhalb der theologischen Disziplin, und nicht zuletzt in der landesgeschichtlichen Forschung, und ich habe 2003 in unserer Zeitschrift „Freiburger Diözesanarchiv“ (Band 123,126-147) einen grundlegenden Beitrag von Dr. Bernd Mathias Kremer veröffentlicht, dem ja dieser Ort Riedböhringen viel zu verdanken hat.
Karl Siegfried Bader hat den ersten, 1957 erschienenen Band seiner insgesamt drei Bände umfassenden „Studien zur Rechtsgeschichte des mittelalterlichen Dorfes" mit folgender Widmung versehen: SORORIBUS FRATRI. Im Vorwort dieses ersten Bandes seines großen Werkes findet sich dazu die nachfolgende Erläuterung: ,,Ein Buch über das mittelalterliche Dorf sollte, meine ich, nur schreiben, wer dörfliches Dasein aus eigenem Erleben kennt. Obwohl mehr als 30 Jahre mich von meiner in Dörfern der Baar und des Schwarzwaldes verbrachten Jugend trennen, denke ich doch dankbar an die vielen Anregungen zurück, die ich dort, im elterlichen Hause und in der dörflichen Nachbarschaft, je und je empfangen habe. In Gesprächen mit meinen in der Heimat verbliebenen und dorthin zurückgekehrten Geschwistern sind die Erinnerungen immer wieder aufgefrischt und manche Fragen deren Lösung in diesem Buch versucht wurde, erörtert worden. Die Widmung versteht sich daher von selbst."
Interessante Einblicke in ein Frauenleben habe ich angekündigt. Genauer formuliert könnte es heißen „Interessante Einblicke in ein Donaueschinger Frauenleben". Die Frau, die während 27 Jahren Einträge in dieses Büchlein gemacht hat, war nämlich eine gebürtige Donaueschingerin und verbrachte auch den Großteil ihres Lebens hier. Magdalena von Engelberg war die Gattin des Mitbegründers und späteren Direktors unseres Vereins, Joseph Meinrad von Engelberg. Ihre Aufzeichnungen entstanden in den Jahren um die Gründung und die erste Phase der „Gesellschaft der Freunde vaterländischer Geschichte und Naturgeschichte an den Quellen der Donau".
Ein Haus- und Arzneibuch des 15. Jahrhunderts aus der Bibliothek des Sammlers Joseph von Laßberg
(2006)
Vor 200 Jahren, am 19. Januar 1805, konstituierte sich die „Gesellschaft der Freunde vaterländischer Geschichte und Naturgeschichte an den Quellen der Donau"', die heute noch als „Verein für Geschichte und Naturgeschichte der Baar" floriert.
Joseph Freiherr von LAßBERG, ( 1770- 1855) gehörte zu den Gründern der Gesellschaft. LAßBERG, der besonders als Handschriftensammler und früher Germanist bekannt wurde, war damals als Landesoberforstmeister bei der Fürstlich Fürstenbergischen Zentralverwaltung in Donaueschingen tätig. In der neu gegründeten Gesellschaft war er daher für das Gebiet der Naturgeschichte im Allgemeinen und die Forstwirtschaft im Besonderen zuständig. Joseph von LAßBERG, der – wie seine Bibliothek zeigte – ohnehin enzyklopädisch interessiert war, sammelte natürlich nicht nur literarische Handschriften im engeren Sinne, wie zum Beispiel seine berühmte 'Nibelungenlied'-Handschrift (C), sondern auch fachliterarische.
Laudatio für Herrn Prof. Dr. Günther Reichelt zur Verleihung der Ehrenmitgliedschaft im März 2005
(2006)
Der Mensch, so schreibt der Dichter Robert Gernhardt, sei „unbegrenzt belobbar". Und am besten wirke auf sein Gemüt eine „tägliche Dosis Frischlob". Gerne hätte ich es übernommen, im Namen unseres Vereines einen zu loben, der sich ganz
besonders um diesen Verein verdient gemacht hat. Aber - der zu Lobende hat es sich verbeten, gelobt zu werden. Ich werde also lediglich schildern, was sich so der Reihe nach alles ereignet hat, seit der Verein für Geschichte und Naturgeschichte und
der Herr Prof. Dr. Reichelt aufeinander getroffen sind, denn um ihn, um unseren langjährigen Schriftleiter geht es nun.
Der wohl bedeutendste und berühmteste Abt des Klosters St. Georgen soll nachfolgend vorgestellt und seine Verdienste aufgezeigt werden. Als im Jahr 1084 das Kloster St. Georgen gegründet wurde, stellte auf die Bitten der Stifter das Kloster Hirsau unter Leitung seines Abtes Wilhelm einige Mönche zur Verfügung. Auf der abgelegenen Stelle, dem „Scheitel Alemanniens“ wie es im Gründungsbericht heißt, errichteten sie eine hölzerne Kapelle und dann Hütten für sich. Die
ersten Vorsteher und Äbte der jungen Gemeinschaft versahen ihr Amt nur kurz. 1088 rief der Abt Wilhelm den unfähigen St. Georgener Abt Heinrich nach Hirsau zurück. Er sandte den Prior Theoger vom Kloster Reichenbach nach St. Georgen, der Cella St. Georgii, damit er dem dortigen Konvent als Abt vorstehen sollte. Doch auf den Schwarzwaldhöhen hatte Theoger keinen
guten Anfang.
Als ich begann mich mit dem Werk von Guido Schreiber zu befassen, viel mir zunächst die unglaubliche Fülle von Bildern auf. In der Tat hinterließ er ein Werk von mehreren tausend Bildern. Oft entstanden mehrere an einem Tag, selten gab es Wochen ohne Zeichnung oder Aquarell. An manchen Tagen nahm er einen Ort als Anregung für mehrere Bilder. Meist sind die Bilder signiert und datiert oft noch mit Ortsangabe versehen. Auch die undatierten lassen sich auf Grund von Papierformat, Zeichenstil und Motiv einem Entstehungsjahr zuordnen. So lassen sich die über 800 Orte, an denen er seine Motive fand, ziemlich genau datieren und sein Leben lässt sich wie ein Reisebilder-Tagebuch lesen.
Die Zahl junger Mädchen, die schon als kleine Kinder ins Kloster gebracht und
dort aufgezogen wurden, muss auch im ausgehenden Mittelalter noch groß gewesen
sein. Im frühen Mittelalter primär als Akt der Schenkung - Oblation genannt - an Gott
verstanden, wurde die Übergabe an eine monastische Institution im Spätmittelalter vor
allem durch das weibliche Erbrecht und die Rolle der Aussteuer bei der Verheiratung
adliger Töchter bedingt. Männliche Nachkommen, die ihren Erbanspruch durchsetzten,
teilten den Familienbesitz zwar auf, schmälerten ihn aber prinzipiell nicht; hingegen
brachten verheiratete Töchter ihn im Erbfall in fremde Hände. Dies und die Tatsache,
dass adlige Familien aus wirtschaftlichen Erwägungen häufig eine Gesamtsumme festlegten, die weiblichen Nachkommen bei der Heirat als Mitgift ausbezahlt werden konnte,
hatte für die jungen Frauen oft drastische Folgen: Wollte man die Höhe der Aussteuer,
welche eine standesgemäße Eheschließung erst ermöglichte, nicht durch Aufsplitterung verringern, musste die Heiratserlaubnis auf eine oder höchstens zwei Töchter beschränkt werden. Im Hinblick auf die ökonomische Situation der meisten adligen Familien im Spätmittelalter war eine solche Begrenzung sinnvoll, denn mit dem Klostereintritt
war ein Erbverzicht verbunden; dieser wurde mit einer Leibrente abgegolten, die nur einen Bruchteil der üblichen Mitgift ausmachte. Dabei wurde der zukünftige Stand der
Töchter schon häufig im Alter von fünf bis sechs Jahren festgelegt, was dem in verschiedenen monastischen Quellen angegebenen Aufnahmealter für Kinder in den Klöstern
entsprach.
„So wie die Kirche Heilsanstalt ist, um der Welt, der Schöpfung, das Heil zu bringen, so auch die Pfarrei für ihren Teil. Ja wir können sogar sagen, dass gerade die Pfarrei der Ort ist, an dem die Kirche mit Vorzug auf die Welt trifft, soweit es sich um das Alltagsleben der Menschen handelt, angefangen vom Eintritt des Menschen in die Welt bis zum letzten Hauch, vom Leben in der Familie, der Unterweisung der Kinder bis zur Durchdringung des großen und kleinen Alltags, von Handel und Wandel mit christlichem Geist.“ Diese Aussage steht als pastorale und theologische Herausforderung im Zentrum eines Büchleins des aus dem Erzbistum Freiburg stammenden Jesuiten Constantin Noppel (1883-1945), der sich ausgehend vom zeitgenössisch populären Leib-Christi-Motiv um eine Vermittlung von Theologie und Pastoral und näherhin um eine ekklesiologische Grundlegung der Pfarrei und des kirchlichen Lebens bemühte.
Fürstliches Vorbild?
(2006)
Wer die Rastatter Hofkirche betritt, stößt direkt hinter dem Eingang auf eine in den Fußboden eingelassene Inschrift; sie lautet: „Bettet für die grose Sünderin Augusta MDCCXXXIII“. Diese Worte wurden auf Verlangen der Markgräfin Franziska Sibylla Augusta von Baden (1675-1733) in der Kirche angebracht, in der sie sich bestatten ließ. Immer wieder sind sie Anlass gewesen, über die bemerkenswerte, schillernde und für viele rätselhafte Person der Markgräfin Näheres zu erfahren. Einige Autoren begaben sich angesichts dieser Formulierung auf die Suche nach jenen „großen Sünden“, auf die sie angeblich hinweist. Das Ergebnis waren mehr oder weniger wilde Spekulationen, die in Romanen vor allem des 19. Jahrhunderts nachgelesen werden können. Darin sagte man Sibylla Augusta Lüsternheit und Herrschsucht, amouröse Abenteuer und Machtgier nach und suchte nach Hinweisen auf Intrigen und Missgunst am Rastatter Hof. Diesen Vorwürfen ist mehrfach vehement entgegengetreten worden. Für die folgenden Überlegungen hat dabei ein Argument besondere Bedeutung: Wer die Grabinschrift als Hinweis auf ein durch besondere Sünden oder Verfehlungen belastetes Leben der Markgräfin lese, missverstehe ihre Frömmigkeit und die barocke Religiosität insgesamt. Vielmehr geben diese Worte gerade Zeugnis von einer innigen Gläubigkeit und von ihrem ängstlichen Bemühen, den religiösen und kirchlichen Vorschriften zu genügen.
Die letzten elsässischen Literaten, deren Schaffen in den ersten Dezennien des 20. Jahrhunderts begann, sind – in der Bundesrepublik ziemlich unbemerkt – von der Bühne abgetreten. Der Lyriker und Erzähler Bernd Isemann war zwar von Geburt Elsässer, in Schiltigheim bei Straßburg geboren, hat aber 1918 Colmar als Wohnsitz verlassen und die größte Spanne seines Lebens in Deutschland verbracht, wo auch die Mehrzahl seiner Schriften erschienen ist. Er gehörte einst, während seines Studiums in Straßburg, zu der Gruppe junger Schriftsteller um die Zeitschrift Der Stürmer, die ihr Erscheinen ab 1902 der Initiative des achtzehnjährigen René Schickele verdankte. Sie bemühte sich, die literarische Entwicklung im Elsaß aus der
Provinzialität der „Heimatliteratur“ und des Epigonentums herauszuführen und den Anschluß an die europäische Moderne zu finden.
Bei Ihrer Großmutter auf dem Buffett stand eine Hebel-Büste. „Von dem Langweiler da oben lese ich bestimmt nichts“, hatte sich Liselotte Reber-Liebrich damals als kleines Mädchen gedacht. Doch da sollte sie sich gründlich irren. Johann Peter Hebel wurde sehr wohl ein Thema ihres Lebens, ein wichtiges sogar. Bis 2006 war sie über zwanzig Jahre lang die Präsidentin der Basler Hebelstiftung, publizierte als Autorin viele Beiträge über Hebel, hielt Reden bei den Hebel-Feiern, was zu einer „lebenslänglichen Beschäftigung“ mit dem alemannischen Dichter führte. Mit Liselotte Reber-Liebrich aus Riehen wurde also
eine ausgesprochene Hebel-Kennerin mit der Hebel-Plakette 2007 ausgezeichnet.
Hermann Eris Busse
(2007)
Am 15. August 1947 starb Hermann Eris Busse, der langjährige Geschäftsführer und Schriftleiter der Badischen Heimat. Seiner
Bedeutung für die Geschichte des Landesvereins und seiner Persönlichkeit sind sich in Baden nur noch wenige bewusst. Sein 60. Todesjahr soll daher Anlass sein, an das Leben und Werk Hermann Eris Busses zu erinnern und es kritisch zu beleuchten.
Carl Theodors Kinder
(2007)
In der Kapelle von Schloss Zwingenberg am Neckar befindet sich ein Epitaph mit lateinischer Inschrift, deren Übersetzung lautet: „Hier ruht die vortreffliche Mutter der Grafen von Heydeck, Josepha, die im dreiundzwanzigsten Lebensjahr, nachdem sie dem Erdkreis einen Grafen und drei Gräfinnen geboren hatte, am 27. Dezember 1771 zu den himmlischen Wonnen einging“. Bei der Verstorbenen handelt es sich um Josepha Seiffert, die als 16-jährige Schauspielerin und Ballett-Komparsin die Mätresse des 38-jährigen Kurfürsten von der Pfalz Carl Theodor wird. Wenige Jahre später stirbt die junge Frau, nachdem sie dem Fürsten zwischen Januar 1768 und Dezember 1771 drei Töchter und einen Sohn geboren hat. Schon
eh das erste Kind zur Welt kommt, erhebt Carl Theodor die aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammende Josepha
in den Adelsstand, 1769 macht er sie zur Gräfin von Heydeck.
Der Vortrag wurde gehalten am 6. Mai 2007, am Hebelabend der Trachtengruppe Weil am Rhein e. V. und des Kulturamts der Stadt Weil am Rhein. Sehr geehrte, liebe Gäste, wenn ich heute Abend über Hebels naturwissenschaftliche Beobachtungen spreche, will ich keine großen Theorien entwickeln. Mir ist daran gelegen, nahe an Hebels Werk heranzugehen und im Bekannten Unerwartetes zu entdecken.
Vorbemerkung: Der Verfasser hat zu dem von Michael Brunner und Marion Harder-Merkelbach herausgegebenen Band »11oo Jahre Kunst und Architektur in Überlingen (850-1950)« einen Beitrag über »Kunstwissenschaftler in Überlingen« beigesteuert.
Der vorgesehene Umfang schloss den Abdruck autobiographischer Texte und einschlägiger biographischer Darstellungen, auf die der Verfasser während seiner Recherchen
stieß, leider aus. Da es sich dabei jedoch meistenteils um unbekannte Arbeiten und nachgelassene Texte handelt, die im Kontext biographischer Forschung der Kenntnis wert
sind, schien es sinnvoll, dieses notgedrungene Versäumnis in einer umfangreicheren
Form nachzuholen. Dies wird in diesem Beitrag versucht. Wie bereits die Beschränkung
auf das 20. Jahrhundert einerseits und auf die deutsche Bodenseeseite andererseits belegt, kann es sich hierbei nur um einen Ausschnitt handeln. Von daher erklärt sich auch
die auffällige Prägung des ausgewählten Personenkreises durch die politische Geschichte
des 20. Jahrhunderts.
Im Frühjahr des vorvergangenen Jahres ist dem Rosgartenmuseum in Konstanz
und seiner Leiterin Frau Elisabeth von Gleichenstein etwas gelungen, was einer kleinen
Sensation gleichkam. Im Museum waren vom 27. Februar bis zum 17. April 2005 neben
vielen anderen Exponaten alle europäischen Abschriften einer illustrierten spätmittelalterlichen Geschichtschronik versammelt, die nicht nur den Bodenseeraum, sondern auch
die Stadt Konstanz »in aller Welt« berühmt gemacht hat. So verkündet es jedenfalls eine
wichtige Abschrift der Chronik, die noch heute im Rosgartenmuseum Konstanz verwahrt
wird. Es heißt dort im Eingang der Handschrift in Abwandlung des 18. Psalms: In omnem
terram exiuit nomen Constancie, et divulgatum est nomen eius in univma terra. Die Übersetzung
lautet: Ȇber die ganze Erde erging der Name von Konstanz, und dieser Name wurde auf
der ganzen Welt verbreitet«. Nach Auffassung der Abschrift haben wir es also bei dem
in der Chronik niedergelegten Ereignis durchaus mit einem für die damalige Zeit »welthistorischen« Ereignis zu tun. Es trug sich nicht nur in Konstanz zu, sondern war auch
Impulsgeber für eine umfangreiche und vielfältige Tätigkeit im Bereich der regionalen
wie lokalen Historiographie. Es sei in diesem Zusammenhang nur an die Schreibstube
des Chronisten Gebhard Dächer (ca. 1425-1471) erinnert, die im Rahmen der Richental-Rezeption eine ebenso wichtige wie vielfältige Rolle spielt, auf die hier aber nicht näher
eingegangen werden kann.
Am 28. November 1486 vollendete der zu jenem Zeitpunkt am Hof des Konstanzer Bischofs
Otto von Sonnenberg (1474-1480 Electus, 1480-1491 Amtsinhaber) als procurator (Sachwalter, Fürsprech) tätige Augustin Tünger den ersten (und wohl auch einzigen Band) seiner „Facetire Latinre et Gerrnanicre", eine in gesamt 54 Textstücke umfassende Sammlung von anekdotischen Erzählungen, die dem Grafen Eberhard V. (,,im Bart") von Württemberg (1445-1496)
gewidmet war. Ungeachtet der Tatsache, dass das schmale literarische Oeuvre des Konstanzer Würdenträgers für die Entwicklung des Genre als durchaus bedeutsam eingestuft wird
und der Autor somit auch in biographischer Hinsicht näher untersucht zu werden verdiente, hat
sich die Forschung mit Tüngers Leben und Wirken bislang nur am Rande beschäftigt und im
Rahmen erster Sondierungen eine ganze Reihe von Resultaten zutage gefördert, die sich bei
näherem Hinsehen als eher fragwürdig erweisen und korrekturbedürftig sind. Die folgenden
Ausführungen sollen anhand der Herkunftsproblematik verdeutlichen, dass eine vertiefte Diskussion dieser Frage nicht zuletzt auch bei der Klärung der literaturgeschichtlichen Zusammenhänge, in denen der Dichter anzusiedeln sein dürfte, hilfreich sein kann.
Im 17. Jahrhundert besaß in den gebildeten Gesellschaftsschichten Gelegenheitsdichtung in dem auf Repräsentation bedachten öffentlichen Leben einen hohen, heute für Nichtfachleute kaum mehr nachvollziehbaren Stellenwert. Anlässe dazu boten zum einen persönliche Lebens- und Berufsstationen wie Geburt, Hochzeit, Namens- oder Festtage (z. B. Neujahr),
Genesung von Krankheiten, Tod sowie Universitätsexamina, Amtseinführungen, Ehrungen, Reisen. Und zum anderen waren Schreibanlässe öffentliche und politische Ereignisse wie Vertragsunterzeichnungen (z.B. Friedensschluss), Kircheneinweihungen sowie Naturereignisse (z.B. Auftreten von Kometen), um nur einige Beispiele zu nennen. Erwähnt seien auch noch die zahlreichen Porträtdrucke der Barockzeit mit ihren Begleitversen. Solche „Casualcarmina" sind in Archiven und Bibliotheken in großem Umfang vorhanden. Und es tauchen immer wieder, als Einzeltexte oder in zeitgenössischen oder später angelegten Sammlungen von Gelegenheitsschriften, irgendwo neue Funde auf.
In den Abendstunden des 3. Januar 2008 verstarb in Freiburg Erzbischof emeritus Dr. Dr. Oskar Saier nach längerer Krankheit. Schon einige Wochen zuvor hatte er die Gewissheit erlangt, dass er seine schwere Krebserkrankung nicht würde besiegen können und dass ihm hier auf Erden keine ärztliche Kunst mehr helfen konnte. Das Hochfest der Geburt unseres Herrn und Erlösers durfte er, wenn auch schon sehr geschwächt, noch ein letztes Mal feiern.
Dieses Verzeichnis der kirchenmusikalischen Kompositionen Peter von Winters soll den
Grundstein legen für eine genauere Erfassung und Untersuchung seiner Werke. Es ist
anzunehmen, dass ein Großteil der von Winter geschriebenen Kirchenstücke im folgenden
genannt wird, da die Münchner Archive wohl die Mehrheit dieser Kompositionen enthalten.
Schließlich wurde geistliche Musik nicht in ähnlicher Weise verbreitet wie beispielsweise
Opern. Einige Stücke Winters jedoch, z.B. das beliebte Requiem in c-Moll, fanden ihren Weg
in die größeren europäischen Musikbibliotheken.
Die Haltung des Freiburger Pastoraltheologen Linus Bopp (1887-1971) zum und im Nationalsozialismus
(2007)
Die Freiburger Albert-Ludwigs-Universität, zu deren historischen Kernfächern die (Katholische) Theologie gehört, kann 2007 auf ihr 550-jähriges Bestehen zurückblicken. Ein Jubiläum dieser Art ist immer auch ein Anlass zum historischen Rückblick. Dabei hängt die Qualität eines solchen Rückblicks wesentlich von der Bereitschaft ab, sich auch kritischen Phasen und Ereignissen zu stellen, zu denen zweifelsohne die Zeit des Nationalsozialismus gehört. Dieser Aufsatz richtet den Blick auf Linus Bopp, der in diesen Jahren Professor für Pastoraltheologie an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg war. Zunächst soll ein kurzer Überblick über seine Person und sein Werk gegeben werden (1). Danach wird Bopps Haltung zum Nationalsozialismus im Kontext der gegenwärtigen kirchengeschichtlichen Forschung thesenartig umschrieben (2). In einem dritten Schritt ist darauf zu schauen, in welche Richtung die Weichen in Bopps pastoraltheologischem Denken vor 1933 gestellt waren (3). Anschließend wird geschildert, wie der Freiburger Pastoraltheologe im „Dritten Reich“ zu einem „Brückenbauer“ wurde, aber auch, wie er zum nationalsozialistischen Regime zunehmend auf Distanz gegangen ist (4). Überlegungen, wie sich der Freiburger Theologieprofessor Bopp nach Ende des Zweiten Weltkriegs über den Nationalsozialismus geäußert hat und wie diese Erfahrungen sein (pastoraltheologisches) Denken beeinflusst und verändert haben, schließen diesen Beitrag ab (5).
Seit Friedrich Walters Aufsatz „Karl Maria von Weber in Mannheim und Heidelberg 1810 und sein Freundeskreis“ von 1924 sind mehr als 80 Jahre vergangen. Walters Verdienste um eine gründliche, an den Quellen orientierte Darstellung bleiben unbestritten. Er machte die Bedeutung von Webers Aufenthalt vor dem Hintergrund der Mannheimer Musikszene um 1800 verständlich und bettete ihn durch eine Fülle lokalhistorischer Details in sie ein. Manche späteren Fehldeutungen lassen sich
im Rückgriff auf Walter ausräumen.
Dem folgenden Beitrag gingen Recherchen zur Ermittlung der historischen Bauherrendaten voraus, die ich zu Beginn diesen Jahres im Auftrag der Denkmalschutzbehörde in Mannheim durchgeführt habe und mit denen die Liste der Baudenkmale insbesondere im Stadtteil Oststadt ergänzt wurde. Ergebnis der Nachforschungen war eine umfangreiche Sammlung mit bereits in der Öffentlichkeit bekannten und bisher weniger bekannten Namen von Persönlichkeiten, deren Leben und
Wirken mit der Stadt Mannheim verbunden ist. Dies brachte mich auf die Idee, die Geschichte einer Persönlichkeit mit der
Geschichte des Hauses, in dem sie wohnte und lebte, zu verbinden – sei diese Persönlichkeit der Bauherr bzw. die Bauherrin, der Eigentümer bzw. die Eigentümerin oder schlicht und einfach ein Bewohner bzw. eine Bewohnerin des Hauses gewesen.
„,Das feige Verhalten der Bevölkerung nimmt in der letzten Zeit überhand, so dass mit den schärfsten Mitteln eingegriffen werden muss. Ich befehle, ab sofort in den Häusern, an denen weisse Tücher oder Fahnen geflaggt werden, die männliche Bevölkerung über 14 Jahre an Ort und Stelle zu erschiessen. Wer diesen Befehl nicht ausführt, wird erschossen.‘“
Wir schreiben den 28. März 1945, die amerikanischen Truppen nähern sich Mannheim, und es ist nur noch eine Frage von wenigen Stunden, bis sie die Stadt – einnehmen, besetzen, befreien? Von Befreiung mag man kaum reden in Bezug auf die Person, um die es im Folgenden vor allem geht. Wie immer: In dieser Situation ergeht der eben zitierte Befehl
des Generalmajors Pettersdorf, kommandierender Wehrmachtgeneral dieses Abschnitts.
Es wird wohl so gewesen sein, wie es die — gewöhnlich gut informierte — Autorin beschrieben hat: „An einem hellen Maimorgen rollten die Reisewagen aus dem Rastatter Schloßhof, hinab zur Murg und über die Brücke und auf der Badener Straße weiter nach Süden. Die große Reise begann.“ Die Reise ging nach Rom, und die Reisende war die regierende Markgräfin Sibylla Augusta von Baden, die von ihrem ältesten Sohn, dem Erbprinzen Ludwig Georg, und von einigem Hofstaat begleitet wurde. Irgendwann in jenem Mai des Jahres 1719 kam sie an; in einem Auszug aus den Diarien des Papstes Clemens XI. heißt es, sie sei „venuta come pellegrina per visitare li santuarie di questa citta“. Das heißt, dass sie zumindest die sogenannten ,sieben Kirchen‘ besuchte und somit einer Tradition folgte, die der hl. Philipp Neri 1552 begründet und die Papst Sixtus V. mit seiner Bulle ,Egregi Populi Romani Pietas‘ 1586 bekräftigt und befestigt hatte.
Der Sommer 1947 versank in einer großen Dürre. Ein erheblicher Teil der ersehnten Ernte ging verloren. Nach dem schrecklichen Hungerwinter 1946 auf 1947 trieb die Ernährungslage einer weiteren Katastrophe entgegen. Als Erzbischof Gröber am 1. April 1947 sein 75. Lebensjahr vollendete — keine Jubelfeier, sondern nur in kleinen Kreis—, war er von der Zuspitzung der allgemeinen Notlage sehr bedrückt, von den Folgen des verlorenen Krieges, vom Auseinanderreißen seiner Diözese in zwei Besatzungszonen, die eine hinreichende Kommunikation erheblich erschwerte. Freiburg, die Bischofsstadt, blieb gezeichnet vom furchtbaren Bombenangriff des 27. November 1944, der Wiederaufbau konnte nur ganz zaghaft beginnen. Das erzbischöfliche Palais am Münsterplatz, Gröbers Wohnsitz, war zunächst verschont geblieben, stand freilich inmitten brennender Häuser. Dem Funkenflug und den aus dem Brandschutt züngelnden Flammen suchte Dr. Bernhard Welte, Gröbers Sekretär und Hausgenosse seit 1934, noch bis in die Nacht zum 29. November mit einigen beherzten Buben zu wehren, in Eimern Wasser heran schleppend, hilflos und bald erschöpft, frierend in der aufziehenden Kälte, unzureichend gekleidet und mit schlechtem Schuhwerk, das unter den Brandbedingungen litt. Es war alles vergeblich, spätestens, als die Wasserzufuhr versagte. Da war nichts mehr zu retten. Das Palais geriet, ausgehend von den Nebengebäuden in der Schusterstraße, voll in Brand. Dr. Welte und die hilfsbereiten Buben mußten sich in Sicherheit bringen.
Dieser Beitrag über den vielseitigen Graphiker, Künstler, Professor und Briefmarkengestalter V. K. Jonynas erfolgt als
Ergänzung des Aufsatzes „Johann Peter Hebel in der Philatelie – Ich bin bekanntlich in Basel daheim“, abgedruckt in: Badische Heimat, Band 3/2004, Seite 340 bis 349. Zu diesem Beitrag betrieb ich keine Archivforschung, sondern stützte mich lediglich auf die Literatur. Dennoch laufe ich nicht Gefahr, Allzubekanntes für die Leserinnen und Leser zu veröffentlichen.
Der Kippenheimer Höfer-Fund
(2007)
Mit der offiziellen Übergabe von mehreren hundert professionell restaurierten und archlvisch erschlossenen Originalunterlagen als Depositum an das Kreisarchiv des Ortenaukreises am 24. September 2004 fand ein Projekt des Fördervereins Ehemalige Synagoge Kippenheim e.V. seinen erfolgreichen Abschluss, das in Zusammenarbeit mit dem Hauptstaatsarchlv Stuttgart und durch die großzügige Förderung der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg einen in Form und Umfang einzigartigen Bestand zur Geschichte des Ortenauer Landjudentums der Forschung zugänglich macht. Mitte der 1990er-Jahre hatte der Kippenheimer Metzgermeister Hans Höfer während Renovierungsarbeiten auf dem Dachboden seines Hauses, verborgen unter alten Schindeln und teilweise eingewickelt in Einschlagpapiere, zahlreiche Dokumente und Schriftstücke gefunden, die sich der Familiengeschichte der im 19. Jahrhundert in diesem Haus lebenden jüdischen Familie Weil/Weill zuordnen ließen. Hans Höfer wandte sich mit seinem überraschenden Fund an den Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim e.V. Nach einer längeren Vorlaufphase, in der das Material erstmals gesichtet wurde und vor allem Fragen zu den Besitzverhältnissen und der endgültigen Aufbewahrung geklärt werden mussten, konnte der Bestand zwischen 2003 und 2005 archivisch aufgearbeitet werden.
Mit dem Leben des jungen Hermann Hesse verbinden sich die Orte Calw, wo
er geboren und aufgewachsen ist, Maulbronn, an dessen Klosterschule er fast
zugrunde ging, oder Tübingen, wo er eine Buchhändlerlehre absolvierte und
erste Gedichte veröffentlichte. Diese Städte liegen im Herzen von Altwürttemberg und waren wichtige Lebensstationen von Hermann Hesse, auf die er
in seinen Werken immer wieder zurückgriff. Das alles suggeriert, dass Hesse
ein waschechter Schwabe sei.
Die Wurzeln des Widerstandes
(2007)
Wenn Theodor Haecker heute aus historischer Perspektive überhaupt noch Beachtung findet, dann als kompromissloser Gegner des nationalsozialistischen Regimes, als Mentor der jungen Leute, welche die „Weiße Rose“ bildeten, und die ihren Mut allzu oft mit dem Leben bezahlten. Diese Feststellung korrespondiert mit der Tatsache, dass er als Autor in der Gegenwart beinahe nur noch durch die „Tag- und Nachtbücher“ präsent ist, also mit seiner insgeheim und in vehementester Form verfassten Abrechung mit der NS-Herrschaft, deren Erstveröffentlichung im Jahre 1947 rund zwei Jahre nach Haeckers Tod erfolgte. Die „Tag- und Nachtbücher“ verdanken ihren — wenigstens im Vergleich zu Haeckers sonstigem literarischem Schaffen — noch erheblichen Bekanntheitsgrad vor allem der verdienstvollen Neuausgabe, die von Hinrich Siefken 1989 besorgt wurde. Indessen sind etwa die Tagebücher des Dresdner Romanisten Viktor Klemperer, die aus der Sicht des Historikers als „Primärquelle“ gewisse Parallelen zu den „Tag- und Nachtbüchern“ aufweisend, zweifellos heute ungleich mehr Menschen bekannt als Haeckers Notate. Dies hat sicherlich nicht zuletzt damit zu tun, dass Klemperers Schilderungen zumeist eine direkte Spiegelung der alltäglichen Lebenswelt in einer totalitären Diktatur darstellen, also für historisch interessierte Laien ohne große Schwierigkeiten zugänglich sind.
Da steht man jahrelang im Zentrum Freiburgs am Bertoldsbrunnen, wartet auf die Straßenbahn, schaut den vorbeieilenden Menschen zu, prüft die Auslagen der Geschäfte, achtet auf das Stimmengewirr der vielen ausländischen Studenten – und übersieht über so lange Zeit eine an der Hausmauer des Kapfererhauses in der Salzstraße angebrachte Tafel, auf der es heißt:
In diesem Hause verbrachte seine Jugend Georg Hauger (1792–1859), ein Mitkämpfer von Andreas Hofer, dessen Gebeine er 1823 aus Mantua nach Innsbruck entführte, wo er in der Hofkirche heute neben ihm ruht.
Mit dem Frieden von Baden und Rastatt endete 1714 am Oberrhein eine fast hundertjährige Periode von Kriegen, die 1618 mit dem Böhmisch-Pfälzischen Krieg begonnen hatte. Vor allem die „Devastierungspolitik“ Ludwigs XIV. im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688–1697) hatte am Oberrhein eine systematische Zerstörung von Dörfern, Städten, Kirchen und Herrschaftssitzen zur Folge. Das 18. Jahrhundert wurde zu einer Zeit des Wiederaufbaus. Im Bereich der Sakralarchitektur
waren es vor allem Architekten und Bauhandwerker aus Vorarlberg, die tätig wurden und die barocke Kulturlandschaft um
Rhein und Schwarzwald prägten.
Kein Kriminalfall hat im badischen Großherzogtum jemals mehr Aufsehen erregt: Vor hundert Jahren, am 6. November 1906, war die Medizinalratswitwe Josefine Molitor auf der nachtdunklen Kaiser-Wilhelm-Straße in Baden-Baden hinterrücks erschossen worden. Ihre begleitende Tochter Olga hatte nur eine dunkle Gestalt mit flatterndem Mantel davoneilen sehen, ansonsten gab es keine Tatzeugen. Verdacht richtete sich bald gegen den Schwiegersohn der Getöteten, den in Amerika lebenden 25-jährigen Rechtsanwalt Karl Hau. Er konnte in London festgenommen und ausgeliefert werden. Im Zuge der Vernehmungen bestritt Hau mit Nachdruck jegliche Beteiligung an dem Verbrechen. In der Öffentlichkeit entbrannte ein lange währender Meinungsstreit, ob der Angeklagte schuldig oder aber Opfer eines Justizirrtums sei.
Hellmut Gnändinger war Leiter des ehemaligen Staatlichen Forstamts Ottenhöfen von 1954 bis 1974. Das Geschlecht der Gnändingers stammt aus der Landschaft um die Quellen der Oder, dem ehemaligen Österreichisch-Schlesien mit den einstigen Herzogtümern Troppau, Jägerndorf und Teschen, einem Gebiet im Altvatergebirge, das nach den Schlesischen Kriegen dem Hause Österreich noch verblieben war. Nach dem für Österreich und Deutschland verlorenen Krieg wurde 1918 dieser Teil Schlesiens durch den Versailler Vertrag der neu gegründeten Tschechoslowakei angeschlossen. Versuche der deutschen Bevölkerungsteile, sich anlässlich der Nationalratswahlen am 4. März 1919 noch politischen Einfluss zu bewahren, wurden mit der Erschießung von 400 deutschstämmigen Männern, Frauen und Kindern durch Tschechen verhindert. Der deutsche Bevölkerungsteil war damit eingeschüchtert und die Jugend teilweise auch bereit, ins Reich auszuwandern.
Wenn man das Datum der Einweihung des Denkmals 1907 zum Maßstab nimmt, dann hat sich Willstätt etwas spät auf seinen bekanntesten Bürger besonnen. Moscherosch und Grimmelshausen sind ungefähr zur gleichen Zeit gestorben, 1669 und 1676. Ihre Hauptschriften sind 250 Jahre später ungefähr zur gleichen Zeit in Neuauflagen zugänglich geworden, die ersten vier „Gesichte" Moscheroschs durch die Ausgabe von Heinrich Dittmar, die in Berlin 1830 verlegt wurde, der „Simplicissimus" von Grimmelshausen durch Karl Eduard von Bülow in Leipzig 1836. Es war der romantischen Bewegung zu verdanken, insbesondere dem erfolgreichen Romantiker Ludwig Tieck, dass man sich für so alte deutsche Erzählungen populärer Art interessierte. Auf dem politischen Feld war es der Auftrieb des nationalen Gedankens, der, durch die Befreiungsbewegung verstärkt, sich für Zeugnisse deutscher Vergangenheit erwärmte. Vor dieser Zeit waren nur einzelne Textauszüge aus den Satiren Moscheroschs und - zahlreicher noch - modernisierte Nacherzählungen bekannt. Das gleiche Bild im Fall von Grimmelshausen. Die Schicksale des Simplicissimus waren zwar in Umrissen bekannt, aber ein wortgetreuer Nachdruck fehlte. Nun waren die Professoren der ersten Generation der Germanistik, die ja eine späte Wissenschaft ist, und ein Teil des Lesepublikums mit solchem Behelf nicht mehr zufrieden. Man wünschte die Vollständigkeit eines Werkes im Nachdruck und die Zuverlässigkeit seiner Textgestalt. Grimmelshausen war da eigentlich im Nachteil: sein wahrer Name war zunächst nicht bekannt. Man wusste nicht, welche Schriften ihm sonst noch zuzuordnen seien und wo er landschaftlich einzuordnen sei. Bei Moscherosch lagen die Dinge einfacher. Sein Name ließ sich hinter dem Decknamen Philander von Sittewalt leicht erraten. Man kannte Familie und Abstammung aus Willstätt und wusste auch, welche Werktitel ihm zugehörten.
Reinhold Schneider nannte Lichtenthal sein „Heimatkloster“ in einem Sinn, der weit über die Gemeinschaft der Schwestern hinaus in der Geschichte der zu badischen Markgrafen berufenen Zähringer gründet. Unsere Abtei ist deren „Hauskloster“ im Osten der Stadt Baden-Baden. „Maison Messmer“, Reinhold Schneiders Elternhaus, war noch in seiner Jugend das Quartier und der Verhandlungsort europäischer Fürsten und Staatsmänner. Er erlebte die Beziehung von Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Viktoria zur Fürstenkapelle des Klosters. Als religiöse „Heimat“ empfand er Lichtenthal unbewusst in der Jugend durch seine Mutter. Sie war Erbin des katholischen Hauses Messmer. Ihrem Ehevertrag gemäß wurden er und sein Bruder katholisch getauft und lernten so auch das Kloster kennen. Nach dem Verlassen des Elternhauses in jungen Jahren wurde der Glaube in Reinhold Schneider „verschüttet“ und brach erst zwanzig Jahre später in Erkenntnis der nationalsozialistischen Verführung wieder in ihm auf. Er erkannte im gekreuzigten und verherrlichten Jesus Christus den Herrn der Geschichte. Dies zog ihn wieder nach Lichtenthal, das sich ihm nun für sein im Glauben gefundenes neues Leben als geistige „Heimat“ erwies. Zum 50. Todestag des Dichters, am 6. April 2008, der bei seinem jähen Heimgang 1958 der Ostersonntag war, soll seine Beziehung zu unserem Kloster Lichtenthal der Öffentlichkeit erschlossen werden. Er schrieb seit 1944 Briefe an uns Zisterzienserinnen und kam zu Besuchen und Arbeitsaufenthalten.
Um die Bedeutung von Orten, Städten, Landschaften für Hausensteins biographischliterarischen Haushalt richtig einschätzen zu können, ist es sinnvoll, von einem Beispiel der heutigen „Ortseinschätzung“ auszugehen. Exemplarisch bieten sich dazu Stellen an aus dem Roman von Richard Ford „Unabhängigkeitstag“ von 19951. Als Frank Bascombe, ein
geschiedener Immobilienmakler, das Strandhaus seiner Freundin Sally besuchte, hatte er das Gefühl, „schon einmal hier gewesen zu sein“. „Bloß dass nichts mir ein Zeichen gab, nichts mir zunickt. Das Meer bleibt verschlossen und das Land auch“. Und Frank Bascombe fährt in seinen Betrachtungen fort: „Ich weiß nicht genau, was mir die Kehle zuschnürt, die Vertrautheit des Ortes oder die halsstarrige Weigerung, sich erkennen zu geben“.
Im 19. Jahrhundert verfassten zahlreiche Pfarrer Autobiographien sowohl für den engeren Familienkreis als auch für eine mögliche Publikation. Diese Memoiren bieten oft schillernde Einblicke in das Leben einer Pfarrfamilie, lassen aber nicht
selten einen Blick über die Mauern des Pfarrgartens vermissen. Bei solchen Pfarrern indes, die durch sittlich-moralische oder politische Gründe in Konflikte mit der weltlichen und kirchlichen Obrigkeit kamen, war dies gelegentlich anders und politische
sowie soziale Verhältnisse traten durchaus in den Blick. Das ist beispielsweise bei solchen Pfarrern der Fall, die in den Jahren 1848/49 politisch durch freisinnige Gedanken auffielen und deshalb Konsequenzen, wie etwa Strafversetzungen, zu erleiden
hatten. Bei allen Selbstzeugnissen ist freilich der subjektive Blickwinkel zu berücksichtigen und zu fragen: Welche Erinnerungen erscheinen dem Verfasser berichtenswert und wie hat er sein Leben beschrieben? Folgt er religiös-literarischen Schablonen, wie sie etwa die pietistische Autobiographie prägen, oder zeichnen sich seine Aufzeichnungen durch Originalität aus?
In diesem Jahr hätte Oskar Wickert seinen hundertsten Geburtstag feiern können. 1906 in
Forchheim geboren, verbrachte er seine Kindheit
und Schulzeit in Karlsruhe. Am dortigen Goethegymnasium machte er das Abitur und studierte
anschließend an der Badischen Landeskunstschule,
der heutigen Kunstakademie.
Im Jahr 1929 legte er die Staatsprüfung für das
künstlerische Lehramt an höheren Lehranstalten
ab. Zwei Jahre später folgte das Assessorexamen.
Eine besondere musikalische Begabung befähigte
ihn als junger Lehrer in Baden-Baden an der
Richard-Wagner-Schule vorwiegend Musikunterricht zu erteilen und in Karlsruhe ein renommiertes Doppelquartett zu leiten. Sein Instrument war
das Klavier.
Bildung war im Mittelalter und auch noch zu Beginn der Neuzeit ein Privileg der
begüterten Schichten. Nur der Adel und das wohlhabende städtische Bürgertum
konnten es sich leisten, ihre Nachkommenschaft von der täglich anstehenden
Arbeit freizustellen. Längst hatte man in diesen Kreisen erkannt, dass die schulische
Bildung in einer immer komplizierter werdenden Welt das Fundament für ein
Studium oder eine spätere berufliche Laufbahn darstellte.
Die Funktion der als Lateinschulen angelegten Bildungseinrichtungen bestand in
erster Linie darin, den Nachwuchs für die Kirche und die Verwaltung des Staates
heranzuziehen. Ihre Zöglinge bildeten eine Elite in einer ansonsten des Lesens und
Schreibens unkundigen Bevölkerung.
Die Vergangenheit ist für uns Nachfahren der Familie Gomer, der Auswanderer
von einst, die aus Adelshofen, dem neippergischen Reichsritterschaftsort im
Kraichgau, stammen, besonders wichtig.
Die Geschichte der deutschen Auswanderung nach Russland reicht viele Jahrhunderte
zurück.
In der Geschichte der russischen Zaren wird schon im 17. Jahrhundert die sog.
Deutsche Vorstadt als Stadtteil von Moskau erwähnt. In ihr wohnten deutsche
Fachkräfte. Diese geschlossene Ausländersiedlung hatte später für die russische
Geschichte eine weit größere Bedeutung als die der übrigen Ausländer. In ihr fand
der zukünftige Zar Peter der Große auch seine große Liebe Anna Mons, die Tochter
eines deutschen Goldschmiedemeisters.
Fluchtpunkt Jerusalem
(2007)
Die Forschung zur Kirchlichen Zeitgeschichte Badens hat in den letzten drei Jahrzehnten eine bemerkenswerte Blüte erlebt. Die besonderen Entwicklungen in Baden mit einerseits seiner liberalen politischen Tradition, die sich auch auf innerkirchliche
Demokratisierungs- bzw. Partizipationsprozesse auswirkte, und andererseits seiner religionspolitisch-theologischen Gemengelage nach der Verbindung aus fortschrittlichen, konservativ-positiven, pietistisch-erwecklichen, religiös-sozialistischen und auch deutsch-christlichen Kräften, die je eigene und doch auch gemeinsame Mentalitäten herausbildeten, sind für Historiker ein reizvolles Forschungsfeld. Neben diversen Einzelstudien zum 19. und 20. Jahrhundert stellt ohne Zweifel die sechsbändige Quellensammlung zur badischen Landeskirche im Dritten Reich einen editorischen Meilenstein der badischen Kirchengeschichte dar.
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland wird gegenwärtig von demokratischen Parteien gestellt, die sich als christlich oder sozial oder als beides bezeichnen. Die christlichen Parteien vertreten programmatisch ein christliches Menschenbild, das
sie den anderen absprechen, aber dennoch von ihnen einfordern, sogar von Nichtchristen, die Bürger der BRD sein oder werden wollen. Was diese programmatische Forderung inhaltlich bedeutet, wird zumeist nicht erläutert, sondern als bekannt vorausgesetzt.
Als „Zeitzeuge“ soll ich erzählen, wie ich die Kriegs- und Nachkriegszeit und die Kirche in dieser Zeit erlebt habe. Ich will es versuchen. Es ist allerdings für mich gewöhnungsbedürftig, Zeitzeuge für Nachgeborene zu sein. Es ist ein deutliches
Zeichen des Alters! Allzu viel darf man von mir nicht erwarten, wenn es um die Kriegs- und unmittelbare Nachkriegszeit geht. Ich bin 1934 in Freiburg geboren und in Lahr in einem kleinbürgerlichen Elternhaus aufgewachsen. Am Kriegsende war ich 11 Jahre, gehöre also zu der bevorzugten Generation, die am Kriegsgeschehen nicht mehr aktiv beteiligt war. Es sind darum nur Kindheitserinnerungen, die ich aus der Kriegszeit weitergeben kann. Auch in den ersten Jahren der Nachkriegszeit war ich noch ein Junge, dann Heranwachsender, der allerdings in der kirchlichen Jugendarbeit, vor allem durch die Schülerarbeit, als Jugendleiter und als Helfer im Kindergottesdienst entscheidend geprägt worden ist und intensive Erfahrungen mit Kirche gemacht hat. Als ich 1953 mit dem Theologiestudium begonnen habe, waren immer noch Nachwirkungen des Krieges zu spüren. Man freute sich, wenn man am Studienort ein nahrhaftes Paket von zu Hause bekommen hat. Man begegnete noch Kommilitonen, die spät aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden waren oder als Flakhelfer die letzte Kriegszeit erlebt und in dieser Zeit sich dann für den Beruf des Pfarrers entschieden hatten. In die Studienzeit fallen auch die ersten Begegnungen mit der Landeskirche – durch den damaligen Ausbildungsreferenten Heidland, später mit Oberkirchenrat Hof.
An Allerheiligen (1. November) 1007, vor genau 1000 Jahren, wird in einer zu Frankfurt am Main ausgestellten Urkunde König Heinrichs II. (reg. 1002-1024) mit dem darin erwähnten Sülchgaugrafen »Hessinus« der erste Angehörige der in Südwestdeutschland weit verbreiteten, wohlhabenden und einflussreichen, von der Mittelalterforschung nach ihrem Leitnamen bezeichneten Hochadelssippe der »Hessonen« fassbar. Als in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts die Zeit der Einnamigkeit zu Ende ging und beim Adel die Zubenennung nach den damals aufkommenden Burgsitzen in Mode kam, begannen diese Hessonen sich nach und nach u. a. von Rimsingen, von Blansingen, von Eichstetten, von Üsenberg, von Nimburg, von First, von Sülchen, von Backnang, von Wolfsölden, von Winnenden, von Beilstein und von Schauenburg zu nennen. Wohl im letzten Drittel des 11. Jahrhunderts fiel der für die Hessonen des mittleren Neckarraumes zunächst namengebende Burgberg von Backnang durch die Verheiratung einer Hessonentochter namens Judith an die (Veroneser) Markgrafen von Lintburg (= Limburg bei Weilheim/Teck), die nachmaligen Markgrafen von Baden, denen die Backnanger Stiftskirche St. Pankratius bis weit ins 13. Jahrhundert hinein als Grablege diente.
Migration ist kein auf die Moderne beschränktes
Phänomen. Gerade die spätmittelalterliche Gesellschaft war – gemessen an ihrer Verkehrs- und
Transportinfrastruktur – außerordentlich mobil.
Und heutigen Verhältnissen ganz ähnlich folgten
die Wanderungsbewegungen primär wirtschaftlichen Überlegungen. Namentlich Handwerker
und Gesellen waren in großer Zahl zwischen den
Städten des Reichs unterwegs und dank ihrem
Spezialwissen begehrte Fachkräfte und gleichzeitig
aus demographischen sowie militärischen und fiskalischen Gründen willkommen. Während große
Reichsstädte entsprechend ihren weit gespannten
Beziehungen über ein ausgedehntes Einzugsgebiet
von Zuwanderern verfügten, beschränkte sich dieses
im Fall einer vorderösterreichischen Landstadt wie
Villingen auf einen Umkreis von 30 bis 40 Kilometer. Konkret zogen also Leute beispielsweise von
Schwenningen, Kirnach oder Hüfingen nach Villingen,1 während Leute von Villingen beispielsweise
nach Straßburg, Basel oder Zürich auswanderten.
In den Rheinischen Beiträgen zur Gelehrsamkeit, einer in Mannheim verlegten wissenschaftlichen Zeitschrift, erschienen 1781 unter der Überschrift „Briefwechsel eines pfälzischen Blinden“ in mehreren Folgen Schreiben eines blinden Mannheimers. Von diesen Briefen wurde versichert, sie seien eigenhändig niedergeschrieben und nicht etwa diktiert worden, was mehr als vier Jahrzehnte vor Entwicklung der Braille-Blindenschrift verständlicherweise für Aufsehen und Bewunderung sorgte: „Wie!
ein Brief … von Ihrer eigenen Hand? noch dazu … mit aller orthographischen Genauigkeit? Wer sollte das von einem Blinden
glauben?“
Maria Rigel
(2007)
Maria Rigel wurde 11. 9. 1869 in Adelsheim geboren, wo ihr Vater als Notar tätig war. Sie besuchte von 1876–1883 die Volksschule zu Adelsheim, ab 1883–1884 die Höhere Mädchenschule in Mannheim und von 1884–1887 das Klosterinstitut in Offenburg. Der Besuch der höheren Schule gab ihr die Möglichkeit, das Lehrerinnenseminar in Karlsruhe zu besuchen. Hier legte Maria Rigel 1889 die 1. Lehrerinnenprüfung ab und wurde am 5. 8.1889 als Volkschulkandidatin in den badischen
Schuldienst aufgenommen. 1890 bestand sie die 2. (höhere) Lehrerinnenprüfung. Die erste planmäßige Anstellung als Hauptlehrerin erfolgte 1902 in Mannheim, 1924 wurde sie hier als Oberlehrerin und am 1. 10.1927 als Rektorin in der K-5 Schule ernannt.
Das politische Wirken von Friedrich Daniel Bassermann, einem der führenden liberalen Politiker im Vormärz und während der Revolution 1848/49, Abgeordneten der Zweiten Badischen Kammer, Mitglied des Vorparlaments und der Paulskirche und schließlich Reichsminister, ist in der biographischen Literatur ausführlich gewürdigt worden. Aus der darin weniger dokumentierten frühen Lebensphase haben sich in Privatbesitz einige Schriftstücke erhalten, die die Abgeltung der
Militärpflicht des 21jährigen Friedrich Daniel Bassermann betreffen und die jüngst dem Mannheimer Altertumsverein für seine archivalischen Sammlungen überlassen wurden. Die vier Dokumente aus dem Jahr 1832 sind geeignet, seine Biographie um einen bisher nicht bekannten Aspekt zu ergänzen.
Nachdem wir das Palais Lanz aus kunstgeschichtlichem Blickwinkel betrachtet haben, soll der Bau nun mit der Geschichte gefüllt werden, die ihm als Wohnhaus gerade den besonderen Reiz verleiht. Denn für seine Bewohner war es „unser neues Haus“ und nicht allein ein Statussymbol, das nach außen wirken sollte. Der Bauherr wollte sich in seinen ersten eigenen vier Wänden wohlfühlen, und anscheinend erfüllte sich dieser Wunsch für die gesamte Familie: Das Palais, dessen Größe auf den ersten Blick so erschlagend wirkt, war ein lebendiges Heim, das neben Karl und Gisella Lanz und ihren fünf Kinder von unzähligen Dienstboten bewohnt wurde.
Inmitten der Mannheimer Oststadt erhebt sich ein Bauwerk, das mit gutem Recht einen ganz besonderen Platz in der deutschen Architekturgeschichte beanspruchen darf: Es handelt sich um das wahrscheinlich einzige erhaltene Stadtpalais nach Pariser Art, das im zweiten deutschen Kaiserreich zwischen 1871 und 1914 erbaut worden ist. Die Rede ist vom Palais Lanz, das meist als Villa bezeichnet wird, wobei sich dieser Begriff nicht nur aufgrund der Dimensionen, sondern der Gesamtanlage
und des Baustils eigentlich verbietet. Hier wurde zwischen 1907 und 1913 kein stattliches Wohnhaus, sondern ein riesiger französischer Palast mit einer prachtvollen Werksteinfassade inmitten eines geometrisch angelegten Gartens errichtet und durch unerhört aufwändig gestaltete Stallgebäude komplettiert.
Das Mannheimer Herschelbad
(2007)
Bernhard Herschel hatte der Stadt Mannheim 500 000 Goldmark für den Bau einer „Zentral- Bade- und Schwimmanstalt“ hinterlassen. Er starb im Jahr 1905. Otto Beck, damaliger Oberbürgermeister und Freund des Großkaufmanns, hatte den großzügigen Stifter dazu angeregt. Der Wunsch nach einer solchen Badeanstalt fiel in die Zeit einer wahren Bevölkerungsexplosion. Im Jahr 1895 zählte die Stadt Mannheim noch 91 000 Bürger und bereits im Jahr 1910 über 200 000
Einwohner. Mit der Friesenheimer Insel 1895 sowie Käfertal und Waldhof im Jahr 1897 hatte eine Welle der Eingemeindungen begonnen.
Der Junge mit der Ballonmütze deutet auf eine Stelle im Buch. Das kleinere Mädchen hält es aufgeschlagen vor sich. Er scheint ihr etwas zu zeigen oder vorzulesen. Aufmerksam und ernst betrachten sie ein Bild oder einen Text. Die Figuren lehnen an einer von Efeu umrankten Mauer. Eine Katze schaut neugierig nach hinten in den Schulhof. Das Kleid des Mädchens, die Kniebundhosen und der Lederranzen des Jungen verweisen auf eine vergangene Zeit, ebenso die Jahreszahl 1917.
Im Stadtarchiv Altötting tauchte im Juni 2005 ein Foto auf, das eine Gruppenaufnahme aus dem Jahr 1840 zeigt. Es handelte sich um die spätere Ablichtung eines Familienbildes, das ursprünglich im Daguerreotypie-Verfahren entstanden war. Dieses Verfahren ermöglichte ab 1839 die ersten fotografischen Aufnahmen. Das nebenstehende Bild entstand anlässlich des 70. Geburtstags des Altöttinger Komponisten Max Keller im Oktober 1840 und zeigt sieben Personen. Ganz links ist Constanze Mozart im Alter von 78 Jahren zu sehen. Dieser sensationelle Fund fand weltweite Beachtung.
Erstaunliche Vierzehnmal besucht der deutsche Kaiser Wilhelm II. Donaueschingen. Erstmals am 26. April 1900. Zeugnisse und Denkmäler seiner Visiten sind noch heute zu sehen: etwa der Brunnen mit der Jagdgöttin Diana (Mai 1904), das Donauquell-Tempelchen an der Brigach und - in den Fürstlich Fürstenbergischen Sammlungen - zahlreiche Trophäen. Sogar in der ehemaligen „Königlich-Bayerischen Hofgewehrfabrik" in München hängt ein kapitales Rothirsch-Geweih, ein 17-Ender oder ungerader Achtzehner, versehen mit dem Hinweis: ,,Erlegt von Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1902 ".
Und das ewige Licht ...
(2007)
Der Vater von Wilhelm Hausenstein stirbt früh; der Trauergottesdienst findet in Karlsruhe, in St. Stephan, statt. Auf den Sohn, der im evangelischen Glauben der Mutter aufgewachsen ist, macht dieser Raum und macht die ganze heilige Handlung einen tiefen Eindruck. „Am meisten aber berührt ihn das rubinrot glühende Licht der Ampel in der Kirche.“
Der Obertitel meines Vortrags – „Zeitgeschichte in Lebensbildern“ – ist nicht meine Erfindung. Er stammt vielmehr von einer
wertvollen, mittlerweile auf elf Bände angewachsenen Publikationsreihe, herausgegeben von Jürgen Aretz, Rudolf Morsey und Anton Rauscher. Sie hat noch einen Untertitel: „Aus dem deutschen Katholizismus des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts“. Dieser Untertitel trifft auch für den Gegenstand des heutigen Vortrags zu, betrifft allerdings nur eine Perspektive. Die Hauptperspektive ist, da wir es mit Juristen zu tun haben, der Bereich des Rechts, und zwar seiner Wissenschaft sowohl als auch seiner Praxis. Nicht unwichtig ist aber noch ein dritter Aspekt: Karl Siegfried Bader und Julius Federer sind badische Juristen, um genau zu sein: sie sind alemannisch-badische Juristen. Als fränkischer Badener lege ich Wert auf diese Spezifizierung.
Der letzte Palatin
(2007)
Die heute Hundertjährigen – und das sind nicht wenige – könnten sich daran erinnern, dass für sie als Elfjährige die Monarchie ihrer Kinderzeit plötzlich verschwunden war und sie als Republikaner in einer grauen Nachkriegszeit aufwuchsen. In ihrem Geburtsjahr 1907 feierte man aber noch, oder wieder einmal die wilhelminische Monarchie in ihrer ganzen
Prachtentfaltung, und die Beerdigung des letzten Palatins diente für ein grandioses pompes funèbres. Als Palatin, als Quasipfalzgraf, so hatte man Moltke (1891 †) und Bismarck (1898 †) als die Getreuen das alten Kaisers empfunden, und nun war auch der letzte „Führer des heroischen Zeitalters“ dahingegangen, so tönte es in den Zeitungen, jener Proklamationsszene im Versailler Schloss Januar 1871, deren Bild in jedem Schulbuch an die Gründung des Deutschen Reiches erinnerte.
Wilhelm Hausenstein und das Morgenland? Über diesen Titel, dieses Thema wird sich zunächst, und zu Recht, auch der wundern, der Hausenstein kennt – ihn, der doch ein durchaus abendländischer, ein westlicher Mensch war, der auch die Grenzen Westeuropas kaum je überschritt; eigentlich nur einmal, und erst spät, nämlich 1929, als er nach Jugoslawien reiste. Da erst ging ihm, wie er schrieb, „das Morgenland auf“.
„Nachrichten aus der Heimat“
(2007)
Kann jemand erklären, weshalb der Autor Wolfgang Duffner nicht bekannter ist? Dafür, dass sie nicht viel Wind um sich zu machen verstehen, erhalten andere Autoren mitunter viel Aufmerksamkeit und Sympathie. Daran allein kann es also nicht liegen. Dabei nahm dieser Autor gleich mit seinem ersten Buch für sich ein. Duffner hat es, fast 50jährig, 1985 vorgelegt; es hieß „Das neue Rollwagenbüchlein“ und enthielt Prosaminiaturen, über die es länger nachzudenken lohnt, als es braucht sie zu lesen. In dieser Sammlung springt Duffner in regionaler Geschichte und Geographie umher wie Hebel in seinen Kalendergeschichten, behandelt Merk- und Denkwürdigkeiten, häuft Anekdoten auf Phantasien, ohne sich vor Wunderlichem zu scheuen – vor allem aber leiht er seinen Figuren immer dann all seine List, wenn es darum geht, Aufmüpfigkeit zu proben und Rechte einzufordern.
„Straßentumult in Karlsruhe“
(2007)
Liberales Baden? Da blickt man in erster Linie auf die Zeit Großherzog Friedrichs I. (1852–1907) zurück, als der Liberalismus
regierende Partei wurde. Historikern schien freilich schon die Zeit vor der Revolution 1848, der Vormärz in Baden anders akzentuiert zu sein als anderswo, durch bekannte Professoren und Journalisten, durch Abgeordnete der II. Kammer, durch eine qualifizierte Beamtenschaft, den sogenannten „Geheimratsliberalismus“ geprägt, ein „Testfeld für Fortschrittlichkeit“ trotz des bundesdeutschen Metternich-Systems, eine „Schule des vormärzlichen Liberalismus“ trotz Obrigkeitsstaat, so Franz Schnabel.
Wilhelm Hausenstein
(2007)
„Baden – das ist nicht ein Staat. Baden – das ist eine zähe, vertrauliche und etwas verzwickte Familie.“ Und dieser Familie blieb er immer verbunden, auch in seiner zweiten Heimat München, auch als Diplomat in Paris. Der Schwarzwälder war ein Repräsentant deutscher Kultur, wie man ihn nach dem nicht nur staatlichen, sondern auch geistigen Zusammenbruch einer nationalistischen Diktatur Ende des II. Weltkriegs suchte. Seinen Lebensweg fünfzig Jahre nach seinem Tod zu verfolgen
heißt, sich der Markierungen zu erinnern, die er setzen konnte.
In dreifacher Weise hat Wilhelm Hausenstein in den Schriften wie „Badische Reise“ (1930), „Badisches Tagebuch“ (1941) und „Lux Perpetua“ (1947) „Badisches“ nicht nur zum Thema gemacht, sondern für seine Zeit exemplarisch beschrieben. An erster Stelle ist hier sein Loblied auf „Das Badische“ zu nennen, das als „Charta“ des Badischen gelten kann. An zweiter Stelle ist zu verweisen auf das „Schlüsselwort“ Liberalität, mit dem Hausenstein die badische Eigenart verschiedentlich zu charakterisieren versuchte. Und schließlich verdanken wir Hausenstein die einfühlsamsten, die Architektur der badischen Residenz würdigenden Texte.
Im Lebenslauf des Schriftstellers Wilhelm Hausenstein (1882–1957) ergaben sich immer wieder Berührungspunkte zur Stadt Baden-Baden. Die ersten Besuche des jungen Schülers galten dem todkranken Vater, der in der Kurstadt vergebens Heilung erwartete. Nach dem Tode des Vaters nahm die Mutter in Karlsruhe Wohnung, von nun an fuhr sie mit ihrem Buben an vielen
Wochenenden nach Baden-Baden, um die dort lebenden Tanten Flora und Anna zu besuchen.
In der Öffentlichkeit wird vielfach die Ansicht vertreten, Juristen hätten sich nur ganz vereinzelt gegen das NS-Regime widersetzt. Dieser Eindruck ist nicht nur bezogen auf den aktiven Widerstand unzutreffend, sondern auch für den wesentlich breiteren Bereich der Widersetzlichkeit, der Opposition und Verweigerung im Alltag. Hier hat die zeitgeschichtliche Forschung die Kenntnis über die Einzelheiten widerständigen Verhaltens in letzter Zeit erheblich erweitert. Für den südwestdeutschen Bereich ist dies im wesentlichen der zur Universität Karlsruhe gehörenden Forschungsstelle Widerstand gegen den Nationalsozialismus im deutschen Südwesten zu verdanken. Sie hat sich im Rahmen des vom Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg geförderten Projekts „Justizgeschichte Badens und Württembergs, 1919–1953“ bereits
wiederholt mit dem Wirken badischer Juristen während der NS-Diktatur befasst.
Im Dorf- und Uhrenmuseum in Gütenbach befindet sich eine Flötenspieluhr mit der Signatur „Mathias Siedle“. Die Uhr hat 48
Pfeifen, zwei Zugregister und ein 24-Stundenwerk; auf einer Walze sind acht Melodien gespeichert. Das Besondere an dieser Flötenspieluhr ist die Reinheit des Klangs, ein warmer und weicher Ton, die exakte Präsentation der Stücke ohne Nebengeräusche, eine „mechanisch und musikalisch gute Spieluhr […]“.
Die Freiherrn v. Soetern-Dagstuhl waren ein uraltes Geschlecht der mittelrheinischen Reichsritterschaft, das als Wappen im roten Felde eine silberne Wolfsangel in Gestalt eines „Z“ führte. Der berühmteste Vertreter dieser Familie war der Fürstbischof von Speyer und nachmalige Kurfürst von Trier. Philipp Christoph v. Soetern, eine geistig hochbedeutende
Persönlichkeit, welche in die Geschichte der deutschen Lande am Rhein z. Zt. des Dreißigjährigen Krieges bestimmend eingriff. Schon das Äußere Philipp Christoph war ungewöhnlich: das bleiche Gesicht mit hoher Stirn und mächtigen Augenbrauen, welche funkelnde Augen beschatteten, verriet gebieterische Strenge, die seltsam geformte starke Nase, der dünne Bart, das kohlschwarze Haar gaben einen unheimlichen Eindruck. Die Rede des Bischofs soll lebhaft, geist- und [sentenzenreich] gewesen sein, nur im engsten Kreise Vertrauter pflegte der Kirchenfürst seine angeborene strenge Zurückhaltung abzulegen
und eine herzgewinnende Liebenswürdigkeit zu zeigen.
Einblicke in seine frühen Vorstellungen vom Aufbau eines demokratischen Gemeinwesens verschafft uns Leo Wohleb mit seiner Festrede anlässlich der Verfassungsfeier in der städtischen Festhalle von Donaueschingen am 11. August 1931. Die Thematik seiner Rede orientierte er an der Nassauer Denkschrift des Reichsfreiherrn vom Stein (1757–1831) mit dem Grundgedanken der Staatsauffassung von der Selbstverwaltung. Stein hatte diese nach dem Zusammenbruch Preußens im Jahre 1806 entwickelt und darin die Überzeugung vertreten, dass ein Volk sich dem Staate in Zeiten der Not verweigere, wenn man es vom Staatsgeschehen fernhalte. Die vordringliche Aufgabe sei es deshalb, „Persönlichkeit und Staat miteinander zu verbinden, das Volk zum Staat hinzuführen, ohne es ihm zu unterwerfen“.
„Die kümmerliche Entfaltung des Freiburger Buchwesens hat zum provinziellen Milieu der
Stadt Freiburg im Spätmittelalter beigetragen''. So wird in der neuesten Freiburger Stadtgeschichte behauptet. Damit wird die Meinung Friedrich Kapp bestätigt, das „am Ende des 15.
Jahrhundert da Auftreten der Buchdruckerkunst in einigen kleinen deutschen Städten [darunter auch Freiburg] des Bemerkenswerten so gut wie nichts bietet". Auch Vera Sack berichtet über Freiburg: ,,So fasste auch der Buchdruck hier relativ spät in den 90er Jahren des 15.
Jahrhunderts Fuß und florierte nicht sonderlich '. Dies alles deutet auf einen eher marginalen
ja desolaten Zustand des Freiburger Buchwesens in der Frühzeit de Buchdrucks, der Inkunabelzeit hin. Sind diese Annahmen über die Bedeutung des Buchwesens in Freiburg berechtigt?
Durch welche Kriterien werden sie bestätigt? Durch die Anzahl der Drucker, die Zahl ihrer Publikationen und ihre Auflagen? Durch ihren Inhalt und durch die Qualität ihrer Werke? Durch
die Darstellung der geistigen Strömungen ihrer Zeit oder durch ihre Rezeptionsgeschichte, d.h.
ihre Nachwirkung?
Der Begriff „Incunabel" für den frühen Buchdruck, al er „noch in den Windeln lag", wurde von dem Münsteraner Domdechanten Bernhard von Mallinckrodt vor über 350 Jahren geprägt. Er hat sich für die „Wiegendrucke", die frühen Drucke bis zum Jahr 1500 durchgesetzt.
Die moderne Kommunikationswissenschaft sieht in dieser Zeit den Übergang von einem
scriptographischen Kommunikationsmittel, das nur dem Individuum oder einer kleine Gruppe
dient, zu einem typographischen Medium da durch eine Möglichkeit der Vervielfältigung
alle Bereiche der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit erfassen kann.
Die Damen Malterer
(2007)
In den Beständen de Freiburger Augustinermuseums befindet ich ein um da Jahr 1320 entstandener Bankbehang, der sogenannte Malterer-Teppich, aus dem Besitz des ehemaligen
Klosters St. Katharina in Adelhausen. Er wurde gestiftet von dem reichen Freiburger Geschäftsmann und Ratsherrn Johann Malterer und seiner Schwester Anna, die Nonne im Adelhauser Kloster war. Die Wappen der beiden rahmen einen Zyklus von elf Bildern ein, auf denen weibliche List thematisiert wird. Es werden verschiedene Episoden dargestellt, worin jeweils ein verdienter und großer Mann wegen seiner Liebe einer Frau verfällt und
sich dabei lächerlich macht. Da es im Folgenden um Schicksale und Handlungsspielräume der
Damen aus der Familie Malterer gehen soll, sei - nicht ohne ein gewisses Schmunzeln - die
Frage aufgeworfen, wie weit die realen Maltererdamen ihre Männer dominierten.
„Ein trüber Geist hat sich ins Haus geschlichen
und hält den Rundgang in dem weiten Raum.
Kein Freudenstrahl will mehr die Brust durchdringen,
sie seufzt gefangen, wie im schweren Traum.
Mein Herr und Gott, o lass’ mich nicht verzagen,
an dir nicht wanken und auf dich vertraun.
Als Glaubende in froh und trüben Tagen
mit Mut und Hoffnung in die Zukunft schaun“.
Ohne ihn wäre die Kunstszene in Villingen-Schwenningen, ja im ganzen Schwarzwald und
über die Grenzen hinaus, sicherlich sehr viel ärmer.
Seine Werke gehören seit mehr als fünf Jahrzehnten
zu den eindrucksvollsten, die in diesem Raum entstanden sind und den Weg zu zahlreichen
Kunstfreunden im deutschen Sprachraum gefunden haben. Aber viele seinen Arbeiten sind auch
Gott sei Dank „vor Ort“ geblieben und geben
Zeugnis vom vielseitigen Schaffen und Können
eines in seiner Heimat verwurzelten äußerst fleißigen Künstlers. Die Rede ist von Wolfgang Kleiser,
freischaffender Bildhauer aus Hammereisenbach
im Schwarzwald. Dort, genauer gesagt in Urach,
kam er vor 70 Jahren zur Welt. Dort wuchs er auf
und lebt und arbeitet seither in Hammereisenbach.
Dort mitten im Schwarzwald, ist er zu Hause. Aber
er fühlt sich im so genannten ländlichen Raum
durchaus nicht eingeengt.
Das Fußballfieber hatte 2006, als die besten Kicker
der Welt in Deutschland ihren Meister suchten, die
ganze Nation ergriffen. Eine wahre Euphorie
schwappte durchs Land. Ein Rausch in schwarzrot-gold! Auch in Villingen gab es kaum ein anderes Thema als die WM.
Bei den älteren Fußballfans, besonders denen des
FC 08 Villingen, taucht beim Thema Nationalelf
immer ein Name auf: Hermann Gramlich. Aber
kaum einer der alten Nullacht-Hasen nennt ihn
bei seinem richtigen Namen, alle sprechen nur
von „Wu“. Von diesem „Wu“, der dreimal das
Trikot der Deutschen Nationalmannschaft trug,
schwärmen die Nullachter, die 2008 dem hundertsten Geburtstag ihres Club feiern können, noch
heute.
Der Weg zu Hinrich Zürn gestaltet sich nicht ganz einfach: sein Atelier- und Wohnhaus liegt im Kraichgau zwischen Gemmingen, Stebbach und Richen auf dem gräflichen Gut Schomberg, unterhalb der Burg Streichenberg. Durch den Gemminger Steinbruch führt ein Feldweg in die Senke unterhalb der Burg, wo die Familie eine ehemalige Mühle bewohnt, deren Mauern aus dem 17. und 18. Jahrhundert stammen. Nachdem die Mühle 1963 ihren Betrieb einstellen musste, konnten Hinrich Zürns Eltern sie 1972 pachten. Nach den Jahren des Studiums und Unterwegs-Seins ist Hinrich Zürn mit seiner Frau Britta und den drei Kindern Jakob, Carlotta und Grete in das Haus seiner Kindheit zurückgekehrt: 2005 konnten sie das unter Denkmalschutz stehende Gebäude erwerben und umbauen, so dass nun drei Generationen darin ihren Platz finden.