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Das "Oppidum de Bretheim"
(2003)
Die heutige Große Kreisstadt Bretten ist eine moderne Stadt mit rund 28 000 Einwohnern. Es handelt sich bei ihr - so die
Webseite der Kommune - um ein „aufstrebendes Mittelzentrum", dessen Wirtschaftsstruktur ein „Branchenmix mit zahlreichen innovativen Firmen" kennzeichnet. Neben der Modernität steht in Bretten aber die Tradition. Offensichtlich blickt das 767 im Lorscher Codex erstmals erwähnte Breteheim mit Stolz auf seine mehr als 1200-jährige Vergangenheit und begründet seine Identität in nicht unwesentlichem Maße über die Geschichte.
Das Bürgerbuch von 1356
(2016)
Das Lahrer Bürgerbuch von 1356 gilt seit langem in der Ortsgeschichtsschreibung als eine der wertvollsten Quellen zur Stadtgeschichte. Das im Lahrer Stadtarchiv verwahrte Original zog deshalb schon häufig das Interesse der Historikerinnen und Historiker auf sich. Franz Josef Mone machte 1857 den Anfang und stellte das Bürgerbuch ausführlich vor. Auch Philipp Ruppert widmete ihm 1882 einen Abschnitt in seiner „Geschichte des Hauses und der Herrschaft Geroldseck“. 1912 beschäftigte sich der Pfarrer und Heimatforscher Heinrich Neu mit der Quelle. 1928 erschien die Dissertation von Marta Paulus, die sich des Bürgerbuchs unter namenskundlichen Gesichtspunkten annahm. Eine neue Stufe erklomm die Bürgerbuchforschung dann nach dem Zweiten Weltkrieg durch die intensive Beschäftigung von Winfried Knausenberger mit der Quelle. Knausenberger stellte in über zehnjähriger Arbeit besonders familienkundliche und topographische Aspekte in den Mittelpunkt. Seine Arbeiten förderten eine große Zahl von Details ans Tageslicht, litten aber unter methodischen Mängeln. Oft fehlten eine systematische Herangehensweise und eine leitende Fragestellung. Obgleich niemand, der sich mit dem Lahrer Bürgerbuch beschäftigt, an Knausenbergers umfangreichem Werk vorbeikommt, hat es aus diesen Gründen in der Stadtgeschichtsschreibung kaum Spuren hinterlassen.
Das Frankenreich der merowingischen und karolingischen Könige führt zurück in die Zeit des frühen Mittelalters, des 5./6. bis 9./10. Jahrhunderts. Es entstand im 5./6. Jahrhundert al Germanenreich der „Völkerwanderungszeit” auf dem
Boden des spätantik-römischen Gallien. Mit der fränkischen Großreichsbildung König Chlodwigs I. (482 – 511) begann die Zeit der merowingischen Herrscherdynastie und damit eine Epoche des Übergangs von der Spätantike zum Frühmittelalter, die geprägt war durch ein erbliches, Teilungen unterworfenes Königtum an der Spitze eines römisch-germanischen Vielvölkerstaates christlich-barbarischer Prägung. Gesellschaftliche Wandlungen gerade im 7. Jahrhundert schufen die Voraussetzungen für das europäische Frühmittelalter.
Das Generallandesarchiv in Karlsruhe verwahrt in seiner Abteilung 64 eine Reihe von Anniversarien und Nekrologien vornehmlich aus dem badischen Raum. Neben Anniversarien bedeutender Kirchen, wie etwa des Konstanzer oder des Basler Münsters, finden sich auch solche kleiner Dorfkirchen. Zu diesen gehört das Seelbuch der Pfarrkirche und Leonhards-Bruderschaft zu Steinmauern bei Rastatt. Interessanterweise wird diese Quelle in der Literatur zur Geschichte der Pfarrei Steinmauern nicht erwähnt. In der ortskundlichen Literatur dagegen wird das Seelbuch abgehandelt. So wird in der 1926 erschienenen Ortsgeschichte von Steinmauern u.a. über die Stiftungsgegenstände, die Stifter und die Flurnamen, die das Seelbuch nennt, berichtet. In ähnlicher Weise, aber ausführlicher, befaßt sich das 1982 erschienene Heimatbuch mit dieser Handschrift.
Im Jahr 1401 zeichnet der Notar Conrad Kruß auf Befehl des Speyrer Bischofs Raban v. Helmstatt (amtierend 1396-1438) alle Zinse auf, die der Speyrer Kirche im Bruhrain zustanden. Erfasst werden die Amter Bruchsal, Grambach, Kislau, Rotenberg und Udenheim (das spätere Philippsburg). Dieses Zinsbuch hat sich im Generallandesarchiv Karlsruhe unter der Signatur G LA 67 /290 erhalten. Es ist eine einzigartige Quelle zur Geschichte der einzelnen Ortschaften - sind doch
minutiös alle zinspflichtigen Einwohner und viele Gewann-Namen überliefert. Deshalb ist es besonders zu begrüßen, dass Hubert Kamuf in dem vorhergehenden Artikel die Mühlhausen betreffenden Teile in einer Transkription vorgelegt hat. Aus
dem Wunsch nach einer Wertung über die Ortsgeschichte hinaus entstand diese Kurzpublikation. Der Referent setzt sich schon seit längerer Zeit intensiv mit den Burgen, Wüstungen und Adelsgeschlechtern der Region auseinander. Die beiden
Arbeiten ergänzen sich und sind aufeinander abgestimmt.
Das spätmittelalterliche Heidelberger Spital, eine größere Anlage, befand sich auf dem Gelände des heutigen Kornmarkts im Zentrum der Altstadt. Sein Gründungsdatum ist unbekannt, ein Baubeginn der Hospitalhalle in der Mitte des 13. Jahrhunderts anzunehmen. Möglicherweise war dessen Konzeption Folge eines beträchtlichen Bevölkerungswachstums, sicherlich aber ein wichtiger Beitrag zum Ausbau der städtischen Infrastruktur. Ein Zusammenhang mit der Entwicklung Heidelbergs zur kurpfälzischen Residenz ist wahrscheinlich.
Herrschaft bedeutet immer auch, Einnahmen zu erzielen und diese zu verwalten. Trotz aller technischen und wirtschaftlichen Veränderungen über die Jahrhunderte hinweg unterscheidet sich das Mittelalter in dieser Hinsicht nicht wesentlich von modernen Gesellschaften. So war es auch für die Pfalzgrafen bei Rhein im späten Mittelalter von zentraler Bedeutung, ihre Position in der Region, im Reich und auch in Europa mit einer materiellen Basis zu stützen.
Der Abt als Dorfchronist
(2012)
Philipp Jakob Steyrer, von 1749 bis 1795 Abt des Benediktinerklosters St. Peter auf dem
Schwarzwald, hat während seiner langen Regierungszeit gewissenhaft ein Tagebuch geführt,
von dem allerdings nur die Jahrgänge bis 1772 erhalten sind. Auf den überlieferten knapp
4.000 Seiten hält der Abt in flüssigem Latein alltägliche und besondere Vorkommnisse aus dem
Stift St. Peter fest, aber auch bedeutende politische, militärische, kulturelle und andere Ereignisse
aus Freiburg, aus dem Breisgau, aus der Habsburger Monarchie und aus dem übrigen
Weltgeschehen. Sein Tagebuch ist damit eine wichtige zeit- und geistesgeschichtliche Quelle
für die Abtei St. Peter und ihre historische Epoche.
Zu Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts trafen für die ehemals wohlhabende Amtsstadt Marbach mehrere Ereignisse zusammen, die zu einem Niedergang
führten, der noch heute Auswirkungen hat: Der Stadtbrand im Jahr 1693 sowie der
Bau von Schloss und Stadt Ludwigsburg.
Seit 1677, bis 1693 unter Vormundschaft, regierte in Württemberg Herzog Eberhard Ludwig. 1697 schenkten ihm Stadt und Amt Marbach 50 Dukaten zur Hochzeit, ohne zu ahnen, was er wenige Jahre später zu ihrem Nachteil ersann. Der absolutistische Herrscher legte 1704 den Grundstein des Ludwigsburger Schlosses, dem
der planmäßige Ausbau der gleichnamigen Siedlung folgte. Diese vom Herzog begünstigte Ansiedlung, die auch auf Kosten von Marbach einen eigenen Amtsbezirk
erhielt, sollte in den Folgejahren zu einem großen Hindernis für die Entwicklung der
1693 abgebrannten Amtsstadt Marbach und zu einer finanziellen Belastung für das
ganze Amt werden. Außer Marbach, das noch an den Folgen der Zerstörung von
1693 litt, waren auch Stuttgart, das um seinen Charakter als Residenzstadt nicht zu
Unrecht fürchtete, und Markgröningen, das seinen jahrhundertealten Amtssitz an
die junge Stadt abtreten musste, betroffen.
Der Davidenhof in Seewangen
(2009)
Nachdem „der Allmechtig Gott kurtz verflossner zeit den Ehrwürdigen Geistlichen Herren Georgen Hen[n]er seeligen gewesten Probsten des würdigen Gottshauses zu Riedern, vsser disem zeitlichen Jammerthal zue seinen Göttlichen gnaden beruoffen“ hatte, ersuchte die „gantze kirchen gemeind daselbsten“ den Bischof von Konstanz, Jakob Fugger (1567–1626), anlässlich der bevorstehenden Ernennung des Chorherrn Peter Hug zum Nachfolger des verstorbenen Propstes am 28. Juli 1607, die drei Jahre später ins Werk gesetzte Vergrößerung der Riederner Pfarr- und Propsteikirche Sankt Leodegar zu veranlassen: „Dieweil zu diser zeit bey vns des Volcks vil, hergegen die kirchen also klein, Inmassen zu ettlichen mahlen vil Mannß vnd Weybs Personen so der heilligen Mesß vnd zu erhören das wort Gottes zubesuochen vnd demselben bey zuwohnen begehren, nicht in die kirchen khommen könnden, sondern, ohn angesehen das vnser ettliche einen feren weg zur kirchen haben, solche Artzney Leybs vnd der Seelen vnderweilen entmanglen müessen, Als gelangt an E. Fr. g. vnser vnderthenigs demüettiges bitten, die wöllen gnedige anordnung thuon, das solche kirchen ettwas grösser gemacht werden möge, darmit vnsere Seelen desto baß gespeist werden mögen.“
Der Hohe Tag
(2011)
Vor vielen Jahren fand ich in der Freiburger Universitätsbibliothek, sowie im dortigen Stadtarchiv verschiedene Schriftstücke zur Geschichte der Riegeler Pfeiferbruderschaft und weil ich selbst einmal ein Spielmann war, so hat mich dieses Thema doch immer brennend interessiert, lange wollte ich etwas dazu schreiben doch nie ist etwas daraus geworden, bis mich Peter Ziegler, Vorsitzender des Geschichtsvereins darauf ansprach bei der Vorstellung des letzten Riegeler Almanach mit der Frage: Stimmt es, dass unsere Pfeiferbruderschaft älter ist als jene zu Breisach? Nun, dem will ich heute nachgehen und habe die Quellen einmal befragt.
Der Oberrhein im Mittelalter
(1995)
Das Thema eines Schwerpunktprogramms der philosophischen Fakultät der Universität
des Saarlandes lautete vor einigen Jahren: "Grenzregionen und Interferenzräume".
Das Forschungsziel war eine nähere Untersuchung des Problemkomplexes
'Grenzen und Grenzziehung' für den Raum Saarland-Lothringen-
Luxemburg. In Analogie zu dieser Problematik sollen hier für den oberrheinischen
Raum nun folgende Fragen erörtert werden: In welchem Maße war der
Oberhein zwischen Basel und Straßburg in mittelalterlicher Zeit eine natürliche,
eine politische, eine wirtschaftliche oder eine kulturelle Grenze?
(„Und von dem Brunnen, von dem sie gesagt hatten [sie hätten ihn „verunreinigt“], den schöpfte man aus, da fand man nichts darin.“). Mit diesem prägnanten und zugleich entlarvenden Satz endet ein undatiertes, aber wahrscheinlich zwischen 10. und 14. Februar 1349 verfasstes Schreiben von Schultheiß, Bürgermeister und Rat der Stadt Offenburg an deren Kollegen in Straßburg, in dem diese detailliert über den Verlauf, das Ergebnis und die Folgen der um die Weihnachtstage 1348 in Offenburg durchgeführten Untersuchung zu einer angeblichen „Brunnenvergiftung“ durch die Juden ihrer Stadt und einer Nachbargemeinde informiert werden. Scheinbar nüchtern wird darin berichtet über die Gefangensetzung aller Offenburger Juden, die Anklage und zielgerichtete Befragung einzelner Beschuldigter, sowohl „freiwillig“ als auch unter Folter, die auf diese Weise erhaltenen Aussagen der Beschuldigten zu deren angeblichen Taten, ihren Zielsetzungen und Motiven, sowie über die gerichtlichen Beratungen, die Verurteilung und anschließende Vollstreckung der Urteile, die am Ende die Ermordung und Auslöschung der kompletten jüdischen Gemeinde in Offenburg bedeutete.
Vor fast genau 16 Jahren, im März 1999, fand
an derselben Stelle im Theater am Ring eine
Tagung statt, die neben dem Stadtarchiv Villingen-
Schwenningen dieselben Mitveranstalter
hatte: die Abteilung Landesgeschichte des Historischen
Seminars der Universität Freiburg sowie das
Alemannische Institut Freiburg. Mein Beitrag zu
dieser Tagung galt damals der Wirkungsgeschichte
einer anderen Urkunde, der Villinger Marktrechtsurkunde
aus dem Jahre 999, die damals nach
1899 zum zweiten Mal im Verlauf der Villinger
Geschichte den historischen Anlass für ein Jahrhundertjubiläum
bot. Das Referat endete mit dem
Ausblick, dass die beiden großen Stadtbezirke,
Villingen und Schwenningen, im Jahr 817 zum
ersten Mal schriftlich belegt sind: „Die nächste
Jahrhundertfeier wird es 2017 geben, oder vielleicht
ist dann das Interesse an Jahrhundertfeiern
gänzlich verschwunden."
Wir wollen im Folgenden die frühe schriftliche
Überlieferung zum Ort Villingen vorstellen und so
diese dem vornehmlich aus der Archäologie gewonnenen Bild des früh- und hochmittelalterlichen
Ortes zur Seite stellen. Über vierhundert Jahre verstreut ist das zugegebenermaßen lückenhafte Quellen material, das die frühesten schriftlichen Hin -
weise zur Existenz des Ortes Villingen liefert. Die
erstmalige Nennung des Ortsnamens „Villingen“
geschieht in der Urkunde Kaiser Ludwigs des
Frommen (814–840) vom 4. Juni 817. Es folgt
über 180 Jahre später das berühmte Diplom Kaiser
Ottos III. (984–1002) vom 29. März 999, in der
der Herrscher dem Grafen Berthold (991/96–
1024) das Markt-, Münz- und Zollrecht in
Villingen verlieh. Ins 11. und 12. Jahrhundert zu
datierende Belege zu Villingen hängen mit den
Überlieferungen der Klöster St. Georgen und
St. Peter im Schwarzwald zusammen.
Am Rande der Offenburger Altstadt hat sich ein erstaunliches Zeugnis der mittelalterlichen Stadtgeschichte erhalten, das aus der Ferne der Jahrhunderte unmittelbar zu uns spricht. Gut geschützt im westlichen Kreuzgang des alten Franziskanerklosters Unserer Lieben Frau erzählt uns eine schlichte Holztür mit einer barocklateinischen Inschrift stolz von ihrem Überleben ,,im zerstörenden Feuer des Krieges in den Trümmern des eingeäscherten Klosters". Dass diese „tapfere Tür" die Katastrophe der Totalzerstörung Offenburgs im 17. Jahrhundert bis heute überlebt hat, ist schon ein historisches Phänomen an sich. Was sie aber so besonders wertvoll macht, ist nicht ihr Alter und ihr Material. Von größter Bedeutung und in dieser Form wohl einzigartig ist die lateinische Barockinschrift im oberen Teil der Tür. Sie gibt bis heute einige Rätsel auf, die selbst unter der Lupe wissenschaftlicher Durchleuchtung zum Teil bestehen bleiben werden.
Ein Blick auf die Gemarkungsgrenzen zeigt, dass der Ort Rohrbach sehr wahrscheinlich wie auch Mühlbach und Sulzfeld als eine frühmittelalterliche Ausbausiedlung von Eppingen entstanden ist. Seinen Name hat der Ort durch seine Lage an einem mit Rohr, also mit Schilf, bewachsenen Bach erhalten. Zur Unterscheidung von anderen Orten gleichen Namens kamen sowohl die Zusatzbezeichnung „bei Eppingen“ als auch „am Gießhübel“ auf. In einer Grenzbeschreibung, die das Stift Odenheim 1727 anfertigen ließ, ist vor und nach der Gießhübelmühle nicht die Elsenz eingezeichnet, sondern ein „Gihsübelgraben“ bzw. „Gihsübelgrabenbach“, und die Äcker gegenüber der Straße nach Rohrbach in Richtung Eppingen werden als „Gihsübeläcker“ bezeichnet. Es scheint so, als wäre in diesem Bereich „Gieshübelgraben“ eine andere Bezeichnung für die Elsenz. Die Bezeichnung könnte sich entweder auf eine kanalisierte Elsenz als Mühlkanal oder auf einen frühmittelalterlichen Bestrafungsort durch Untertauchen beziehen.
Die Taxordnung von 1669
(2020)
1669 erließ die Stadt Marbach eine Taxordnung, die Anfang 1670, also vor 350 Jahren, der Bürgerschaft durch Verlesen kundgetan wurde. Das Schriftstück hat sich glücklicherweise trotz des Stadtbrandes 1693 bis heute erhalten. Tax ist ein anderes Wort für Gebühren oder Steuern, das heißt, in der Taxordnung wurden für Waren und Dienstleistungen sowohl Preise und Löhne als auch Abgaben festgelegt. Wie war die Situation in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts? Besonders
traumatisch war der Dreißigjährige Krieg, der Württemberg besonders stark zerstört hatte. Nach dem Friedensschluss im Jahr 1648 konnte endlich der Wiederaufbau beginnen und die Einwohnerzahl nahm langsam wieder zu. Ein Großteil der Felder und Weinberge lag brach, viele Gebäude waren zerstört und die Finanzkraft der einst blühenden Wirtschaft war für lange Zeit geschwächt. Die Kriegshandlungen, Hunger und Seuchen hatten die Bevölkerung stark dezimiert.
Im August 1878 verfasste der ‚obrigkeitlich entlassene Bürgermeister‘
Adolf Heinrich Raußmüller ein Gutachten, dessen Grundlagen die älteste
Urkunde über die Verleihung der
Stadtrechte an Eppingen von 1303,
die Urkunden über den Erwerb von
Mühlbach von 1365 und 1372, Dokumente über die Waldteilung zwischen
Eppingen und Kleingartach sowie die
schriftlich niedergelegten Privilegien
der Stadt Eppingen gewesen sein
müssen „so derselben von Ihrer Kurfürstlichen Durchlaucht Herr Karl
Theodor, Pfalzgraf bei Rhein und Herzog in Ober- und Niederbayern … unterm 10. Oktober 1781 gnädigst
ertheilet worden.“ Der Verfasser nennt
weder den Anlass noch den Adressaten
bzw. Auftraggeber des Gutachtens,
doch der Inhalt lässt keinen Zweifel
aufkommen: Das ‚Gutachten‘ beschäftigt sich mit den althergebrachten
Nutzungsrechten am Eppinger Wald
und sollte vermutlich der Klärung noch
offener Fragen dienen.
Das Zinsbuch des Heiliggeist-Spitals von 1456/57 enthält einen Nachtrag aus dem Jahr 1480, der besagt: Dis hus ist halb hinwegk gerunnen von der grosse gúss im jor 1480 da die brugken ouch hinweg runnen vnd ander gross schad geschach. Das hier erwähnte zerstörte Haus des Heiliggeist-Spitals gehörte zu den ca. 20 Häusem und Scheunen, die ein Hochwasser 1480 in der Wiehre verwüstete und bei dem auch zwei Menschen um Leben kamen. Der Rat der Stadt Freiburg forderte kurze Zeit später, das sich all die so handwerck trybent in jars frist darzu schickent, in die statt ... zú ziehn. An einen Fortbestand der Wiehre war folglich zunächst nicht gedacht. Dem Kloster Adelhausen, den Pflegern des Gutleuthauses und den vom Rat angesprochenen Handwerkern ist es zu verdanken, dass der südlich der Dreisam gelegene Wiehrebach doch wieder hergerichtet wurde, und die Siedlung weiter bestehen konnte: Sie baten den Magistrat im August des gleichen Jahres - unter Vorlage älterer Besitzurkunden - um die Erlaubnis zur Wiederherstellung des Wiehrebachs. Diese Naturkatastrophe öffnet nicht nur den Blick auf die komplexen Besitzverhältnisse auf dem südlichen Uferstreifen der Dreisam, wie sie sich im ausgehenden 15. Jahrhundert darstellten, sondern macht auch deutlich, wie eng die Existenz der Wiehre zu dieser Zeit an wasserwirtschaftliche Anlagen gebunden war und wie anfällig diese Anlagen gegen größere Hochwasserereignisse waren.